In der vorliegenden Arbeit wurde die Methode der Organisationsaufstellung (OA) über eine Literaturrecherche und Interviews mit Organisationsberatern auf ihre Eignung zur Initiierung und Begleitung von Veränderungsprozessen hin untersucht.
Um herauszufinden, wie Organisationsberater, die mit dieser innovativen Methode arbeiten, eine akzeptierte Beratungskonzeption und -praxis gefunden haben, wurden vier Experteninterviews durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich OS eignen, um im Rahmen von Changemanagement die Einnahme neuer Perspektiven zu fördern. Das konkrete Projektmanagement zur Umsetzung von Veränderungsprozessen beginnt nach erfolgter Aufstellung. Das innovative Potential der Methode der Organisationsaufstellungen ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft und bietet vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten.
Die vorliegende Arbeit besteht aus zwei Forschungsteilen und ist wie folgt strukturiert: Bevor eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Methode der Organisationsaufstellung erfolgt, wird im ersten Kapitel die Einordnung des Forschungsvorhabens beschrieben. Die Literaturrecherche erstreckt sich auf die Kapitel 2-4.
Im zweiten Kapitel werden Möglichkeiten und Ansatzpunkte für Wandlungsprozesse im Unternehmen, unter Zuhilfenahme kreativer Methoden aufgezeigt. Im dritten Kapitel wird die Organisationsaufstellung im Kontext weiterer kreativer Methoden eingeordnet, bevor im Kapitel vier Einsatzmöglichkeiten dieser Methode im Kontext von Organisationsberatung dargestellt werden. Daran schließt sich der empirische Forschungsteil im Kapitel fünf, mit der Planung, Durchführung und Auswertung von qualitativen Interviews mit Organisationsberatern, die diese Methode bereits anwenden, an.
Die kritische Würdigung des Forschungsvorhabens erfolgt im Kapitel sechs. Im Kapitel sieben werden die Ergebnisse zusammengefasst und in Kapitel 8 das Resümee gezogen. Das Verzeichnis der Abkürzungen ist im Kapitel 9 zu finden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Einordnung der Forschungsmethode in den Gesamtkontext
1.1 Durchführung des Forschungsvorhabens
1.2 Forschungsteil Literaturrecherche Forschungsteil I LITERATURRECHERCHE
2 Veränderungsprozesse in Organisationen
2.1 Klassische Managementansätze im Vergleich zu Systemischen
2.2 Komplexität als Merkmal systemischer Betrachtungsweise
2.3 Mitarbeiter im Spannungsfeld impliziter und expliziter Ordnungskräfte
2.4 Unternehmerischer Wandel: Eine komplexe Herausforderungen für Führungskräfte
2.5 Rolle, Haltung und Handwerkszeug von Organisationsberatern
3 Methodenauswahl in der Organisationsberatung
3.1 Verbal orientierte Methoden „klassische Workshop-Methoden“
3.2 Systemische Beratungsmethoden
3.2.1 Verbal orientierte Methoden
3.2.2 Handlungsorientierte Methoden
3.3 Widerstand
3.4 Methodenauswahl in Abhängigkeit vom Auftrag
4 Aufstellungsarbeit im Beratungskontext
4.1 Organisationsaufstellungen – Stand der Entwicklung
4.1.1 Konstruktivismus
4.1.2 Phänomenologie
4.2 Aufstellungsarbeit nach Hellinger?
4.3 Organisationsstruktur-Aufstellungen nach der SySt Methode
4.4 SySt®-Grammatik
4.5 Grundkategorien von Interventionsformen nach SySt
4.6 Aufstellungsformen
4.6.1 Tetralemmaaufstellung
4.6.2 Aufstellung des ausgeblendeten Themas
4.6.3 Glaubenspolaritätsaufstellung
4.6.4 Neunfelderaufstellung
4.7 Wie wird Aufstellungsarbeit in Lösung überführt?
5 Forschungsteil II EMPIRISCHE FORSCHUNG
5.1 Das Experteninterview
5.2 Interviewplanung und Leidfadenentwicklung
5.3 Datenerhebung
5.3.1 Anzahl und Auswahl der Interviewpartner
5.3.2 Zugang zum Untersuchungsfeld
5.3.3 Durchführung der Interviews
5.3.4 Aufbereitung der Audiomitschnitte
5.3.5 Vorgehensweise zur Analyse und Interpretation der Interviews
5.4 Auswertung der Interviews nach MEUSER&NAGEL
5.4.1 Settings in denen das Angebot der Organisationsaufstellung (OA) angenommen wird:
5.4.2 Widerstände, Vorbehalte und Fehlannahmen in Bezug auf die Methode
5.6.3 Aspekte bei der Suche nach einer akzeptierten Beratungspraxis
6 Kritische Würdigung
6.1 Methodische Herangehensweise und Durchführung
7 Ergebnisse und Auswertung
8 Resümee und Ausblick
9 Verzeichnis der Abkürzungen
10 Literaturverzeichnis
11 Digitalisierter Anhang
11.1 Interviewleitfaden
11.2 Audiodateien
11.3 Transkripte
11.4 Interviewauswertung
Einleitung
In der Organisationsberatung von Unternehmen stehen Berater vor der Frage, wie unternehmerischer Wandel (Changemanagement) initiiert, begleitet, reflektiert und evaluiert werden kann. Um mit der Eigendynamik von sich ständig wandelnden Unternehmen umgehen zu können, bedarf es Methoden, die emotionale Aspekte einbeziehen und sich zugleich von therapeutischen Settings abgrenzen.
Mit der Methode der Organisationsaufstellung stehen Instrumente zur Analyse und Bearbeitung von Managementthemen nach neuen, von klassischen Ansätzen abweichendem Vorgehen, zur Verfügung.
Diese Methode zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl die komplexe‚ interne Gemengelage (soziale Bezüge, Kommunikation und Zusammenarbeit) als auch externe Einflüsse in die Lösungsfindung miteinbezieht. Basierend auf einer Denkhaltung, die den Fokus auf Lösungen legt, das Gesamtsystem mit allen Geschäfts- und Arbeitsbeziehungen in Blick behält, wird davon ausgegangen, dass die Klientin das Wissen um Lösungen in sich trägt und nur „Geburtshelfer“ benötigt, um ihre eigenen Lösungsquellen zu erschließen.
Über die Masterarbeit soll herausgefunden werden,
1 für welche Settings das Angebot der Organisationsaufstellung (OSA) von Kunden angenommen wird,
2 mit welchen ‘Widerständen‘, Vorbehalten und Fehlannahmen auf Seite der Kunden zu rechnen ist,
3 und wie Berater, die mit der Methode arbeiten, eine akzeptierte Beratungs-konzeption und -praxis gefunden haben.
Über eine Literaturrecherche und Interviews mit Organisationsberatern, die diese Methode bereits anwenden, soll ein vertiefter Zugang zu Organisationsaufstellungen gefunden werden, um die Methodenkompetenz von Beratern auf diesem Gebiet zu erweitern.
Die vorliegende Arbeit besteht aus zwei Forschungsteilen und ist wie folgt strukturiert:
Bevor eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Methode der Organisationsaufstellung erfolgt, wird im ersten Kapitel die Einordnung des Forschungsvorhabens beschrieben.
Die Literaturrecherche erstreckt sich auf die Kapitel 2-4.
Im zweiten Kapitel werden Möglichkeiten und Ansatzpunkte für Wandlungsprozesse im Unternehmen, unter Zuhilfenahme kreativer Methoden aufgezeigt.
Im dritten Kapitel wird die Organisationsaufstellung im Kontext weiterer kreativer Methoden eingeordnet, bevor im Kapitel vier Einsatzmöglichkeiten dieser Methode im Kontext von Organisationsberatung dargestellt werden.
Daran schließt sich der empirische Forschungsteil im Kapitel fünf, mit der Planung, Durchführung und Auswertung von qualitativen Interviews mit Organisationsberatern, die diese Methode bereits anwenden, an.
Die kritische Würdigung des Forschungsvorhabens erfolgt im Kapitel sechs.
Im Kapitel sieben werden die Ergebnisse zusammengefasst und in Kapitel 8 das Resümee gezogen.
Das Verzeichnis der Abkürzungen ist im Kapitel 9 zu finden.
Auf den letzten Seiten ist die Bibliografie zu finden.
Eine CD mit dem digitalen Anhang befindet sich auf dem Buchrücken.
„Ich sehe was, was du nicht siehst.“ Niklas Luhmann (1990)
1 Einordnung der Forschungsmethode in den Gesamtkontext
Die Untersuchung folgt einem qualitativen Forschungsdesign.
Auf welchen Entscheidungen die Wahl des Forschungsformats und der Erhebung der Daten basiert wird im Folgenden dargestellt.
1.1 Durchführung des Forschungsvorhabens
MAYRING bringt die Anforderungen wie folgt auf den Punkt: „Qualitatives forschen darf nicht verschwommen sein; die Vorgehensweisen müssen offen gelegt und systematisiert werden wie qualitative Techniken auch. Nur so lassen sie sich vernünftig, gegenstandsangemessen einsetzen, nur so lassen sie sich auch untereinander kombinieren und mit qualitativen Analyseschritten dort, wo es notwendig ist, verbinden.“ (Mayring, 2002, S. 65)
Während quantitative Forschung auf objektiv messbare Wirklichkeit ausgerichtet ist, ist qualitative Forschung auf die subjektive Wahrnehmung und das erleben von Einzelnen ausgerichtet. Die qualitative Forschung, kann zur Theoriebildung genutzt werden. Die Datenerhebung ist gekennzeichnet durch offene, weniger strukturierte Methoden in denen der Forscher direkt in Kontakt mit dem Probanden steht und sich zu Forschungszwecken häufig direkt in deren Umfeld begibt. (Voelker, 2011, S. 51)
Qualitative Untersuchungsverfahren zielen darauf, „Lebenswelten und soziales Handeln im Alltag der verschiedensten Bereiche von Erziehung und Bildung zu untersuchen“ (Roth 1991, S. 54). Der Begriff qualitativ meint zum einen eine Wiederanknüpfung an hermeneutisches Verstehen und Sinnauslegung, zum andern aber eine stärkere Berücksichtigung der strengeren Maßstäbe der empirischen Methoden auf intersubjektive Nachvollziehbarkeit, Prüfbarkeit und qualitatives Niveau der Aussagen (Flick u.a. 1991, 1995; Bilanz bei König/Zedler 1995 und Friebertshäuser/Prengel 1997 Zit.n. Gudjons, 2003, S. 66)
Die Methoden der empirischen Datenerhebung haben laut BORTZ & DÖRING die Funktion, Ausschnitte der Realität die in einer Untersuchung interessieren, möglichst genau zu beschreiben oder abzubilden.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, den Kenntnisstand darüber, wie organisatorischer Wandel in Organisation methodisch(-didaktisch) durch Organisationsaufstellungen gefördert werden kann zu verbessern.
Um ein umfassendes Bild der praktischen Anwendung von Organisationsaufstellung zu erhalten wurde die im ersten Teil durchgeführte Literaturrecherche, in einem zweiten Forschungsschritt durch Experteninterviews ergänzt.
Der übergeordnete Kontext dieses Forschungsvorhabens bildet die Disziplin der Organisationspädagogik. „Organisationspädagogik ist eine Subdisziplin der Pädagogik. Ihr Ausgangspunkt ist, somit der pädagogische bzw. erziehungswissenschaftliche Diskurs bzw. der Diskurs über das Pädagogische.“ (Reinmann, 2012, S. 5)
Im Unterschied zu anderen pädagogischen Subdisziplinen fokussiert sie vorrangig die Organisation, die als zielbezogenes, kollektives Arrangement des Organisierens und Lernens gefasst werden kann. (Göhlich, 2006, S. 2)
GRÖHLICH umreißt den Sinn und Zweck der Organisationspädagogik mit folgenden Kernaussagen (Göhlich, 2006, S. 2):
- „Organisationspädagogik ist am Lernen in Organisation nicht ausschließlich in analytischer oder funktionaler Hinsicht interessiert. „Organisationspädagogik reflektiert darüber hinaus in normativer Hinsicht die Ziele des Lernens und ist an der effektiven und humanen Gestaltung von Organisationen interessiert.
- Damit verbunden ist ein Reflexionsverhältnis, das für konflikthafte, widersprüchliche und dysfunktionale Phänomene, aber auch für die jeweilige Perspektivität der Forschungszugänge sensibilisiert. Insgesamt ist das organisationspädagogische Projekt einem empirisch-analytischen ebenso, wie einem pädagogisch-gestaltungsorientierten Wissenschaftsverständnis verpflichtet.
- Dem pädagogischen Erkenntnisinteresse entsprechend fragt die Organisationspädagogik nicht nur nach der strukturellen, sondern auch nach der prozessualen und kulturellen Verfasstheit von Organisationen. Dementsprechend gehören Kultur- und Praxistheorien zu den organisationspädagogisch relevanten Referenztheorien.“ (ebd.)
Die Ausführungen GRÖHLICHS verdeutlichen, dass Organisationen von der Organisationspädagogik u. a. lernen können, wie Lernprozesse und Wissensmanagement organisiert werden. Insofern kann die Bedeutung der Organisationspädagogik für Organisationen mit Veränderungsbedarf nicht hoch genug angesiedelt werden. Forschungserkenntnisse der Organisationspädagogik können daher eine Lernquelle für Organisationsberater und Führungskräfte von Organisationen darstellen.
1.2 Forschungsteil Literaturrecherche
Über die Literaturrecherche erfolgte die Einordnung der Methode der Organisationsaufstellung in dem Kontext beraterischer Praxis zur Begleitung von Veränderungsprozessen.
Bei der verwendeten Literatur handelte es sich überwiegend von Experten und Dozenten empfohlene deutschsprachige Literatur, Originaltexte dienten zur Vertiefung der Materie. Masterarbeiten und Dissertationen wurden hinzugezogen. Literaturempfehlungen aus Artikeln und Fachbüchern wurden aufgegriffen.
Die Literaturrecherche hat den IST-Zustand aufgezeigt, um darüber hinaus zu gehen war es für die Fragestellung wichtig in Experteninterviews, nach der praktischen Anwendung der Methode ihrenMöglichkeiten und Grenzen zu forschen. Erfahrungen und ‚Hindernisse’ im praktischen Einsatz, sowie die Resonanz von Kunden wurden erfragt.
Die Befragung von Experten stellt einen Teil an praktischen Erfahrung zur Verfügung, die notwendig waren, um die Beratungspraxis bei der Anwendung von Organisationsaufstellung für Berater, die zukünftig mit dieser Methode arbeiten werden, aufzuhellen. Konkret ging es darum, herauszufinden, wie Beratern der Zugang zum Feld gelungen ist und in welchen Settings diese Methode einsetzt wird.
Zielsetzung war es die Methodenkompetenz von Beratern auf diesem Gebiet zu erweitern. Dazu wurden Erfahrungen von Beratern, die mit Organisationsaufstellungen arbeiten ausgewertet, um für die Beratungspraxis praxisorientiert Empfehlungen für methodische Zugänge zum Feld zu schaffen.
Begründung der qualitativen Forschung
Organisationsaufstellung wird als unendlich vielseitige, handlungsorientierte, in verschiedenen Settings anwendbare Arbeitsmethode um organisatorische Veränderungs- oder auch Lernprozesse zu initiieren, zu reflektieren und zu begleiten verstanden. Diese komplexe Arbeitsmethode zeichnet sich insbesondere durch Erkenntnisgewinne, die sich nonverbal übermitteln aus.
Übertragen auf dieses Forschungsvorhaben sollte herausgefunden werden, ob die beschriebenen prototypischen Grammatiken von SPARRER & VARGA von KIBÈD wie bspw. Tetralemmaaufstellung, Glaubenspolaritätsaufstellungen und verdecktes Arbeiten in der Beratungspraxis bei der Begleitung von Veränderungsprozessen angewandt werden. Desweiteren besteht großes Interesse, wie Berater einen Zugang finden, um die Methode der Organisationsaufstellung einzusetzen und mit welchen Zugangsbarrieren (bspw. Widerständen) zu rechnen ist.
Nur der qualitative Forschungsansatz eignet sich diese organisationspädagogischen Fragestellungen in dieser Vielschichtigkeit zu beantworten.
Forschungsteil I LITERATURRECHERCHE
2 Veränderungsprozesse in Organisationen
Um sich der Fragestellung, wie unternehmerischer Wandel initiiert werden kann, anzunähern, erfolgt eine theoretische Auseinandersetzung zur Komplexität von Organisationen1. Betrachtungsweisen unterschiedlicher Systemtheoretiker werden mit einem klassischen Managementansatz verglichen. Um die Komplexität systemischer Ansätze zu verdeutlichen, werden implizite und explizite Ordnungskräfte erläutert.
Ziel ist es, darzustellen, warum systemisch geprägte, kreative Ansätze und Methoden im Vergleich zu klassischen Managementansätzen der Organisationsentwicklung besser geeignet sind, nachhaltige Veränderungen in Organisationen herbeizuführen.
2.1 Klassische Managementansätze im Vergleich zu Systemischen
Klassische Managementansätze mit einer Steuerung durch „Machen/Agieren“ (Steinle, 2005, S. 7) wurden schon vor zehn Jahren bspw. von STEINLE als zunehmend inadäquat eingeschätzt. Kennzeichen klassischer Managementansätze ist eine Identifizierung und Benennung zentraler Funktion des Managements sowie eine „logisch-genetische Ordnung diese Aktivitäten in einer Prozessfolge“(ebd.), bestehend aus Planung, Organisation, Führung und Kontrolle.
KÖNIGSWIESER knüpft an die klassische Betrachtungsweise an und stellt den Unterschied zum systemischen Ansatz heraus. Demnach werden Organisationen in der traditionellen, betriebswirtschaftlichen Organisationslehre als zielorientiert und rational zu gestaltende Gebilde, innerhalb derer Menschen „zweckrational agieren“ betrachtet. Im Bezugnahme auf den Systemtheoretiker WEIK beschreibt sie den Unterschied zur systemischen Herangehensweise wie folgt:“ Systemische Organisationstheorie erschüttert dieses Bild, indem sie die Komplexität und Dynamik, die Ambivalenz und Widersprüchlichkeit, das Prozesshafte und Konfliktträchtige als Wesensmerkmale von Organisationen hervorhebt.“ (Königswieser, 2011, S. 31)
LEHMANN verweist darauf, dass Systemtheoretische Ansätze vielfältig sind und verschiedenste Analyseebenen betrachten.
„Obwohl es kaum empirische Untersuchungen darüber gibt, ob der systemische Ansatz und systemische Methoden die besten Möglichkeiten bieten, sich mit der Komplexität von Organisationen auseinander zu setzen, wird heute, laut Lehmann, allgemein davon ausgegangen, dass der systemische Ansatz und systemische Methoden die besten Möglichkeiten bieten, sich mit Komplexität auseinander zu setzen (z.B. Ashby, 1970; Bateson, 1981; Beer, 1995; Luhmann, 1987, zit. n. Lehmann, 2006, S. 1).
Es wäre „ein Missverständnis […] anzunehmen, es gäbe die Systemtheorie oder die Definition für den Begriff System.“ (Sagebiel, Vanhoefer, 2006, S. 41 f., zit. n. Luhmann,1984, S. 15) LUHMANN unterstreicht dies mit folgender Aussage: „Systemtheorie ist heute ein Sammelbegriff für sehr verschiedene Bedeutungen und sehr verschiedene Analyseebenen“ (ebd.).
2.2 Komplexität als Merkmal systemischer Betrachtungsweise
Für den Systemtheoretiker Niklas LUHMANN bedeutet Komplexität von Systemen, dass es unüberschaubar viele Möglichkeiten gibt . Die Prämisse von Organisation ist das Unbekanntsein der Zukunft. Der Erfolg der Organisation liegt in der Behandlung dieser Ungewissheit (Martens & Ortmann, 2006, S. 428 f.).
In diesem Zusammenhang verwendet LUHMANN den Begriff der Kontingenz: „Kontingenz“ bezeichnet die prinzipielle Offenheit und Ungewissheit menschlicher Lebenserfahrungen. LUHMANN erklärt, dass banale Entscheidungen, beispielsweise darüber, welches Kleidungsstück heute ausgewählt wird, in einer gegebenen Situation „so- oder-auch- anders, aber nicht beliebig“ (ebd.) hätten ausfallen können. Zu einer sozialen Angelegenheit wird Kontingenz dann, wenn mehr als ein psychisches oder soziales System beteiligt ist. In diesem Fall verwendet er den Begriff der „doppelten Kontingenz“ (ebd.) und erklärt diesen wie folgt: “Zwei black boxes bekommen es, aufgrund welcher Zufälle miteinander zu tun“ (ebd.). Er zeigt auf, dass jedes Zusammentreffen zweier Beteiligter eines Systems immer „so-oder-auch-anders verlaufen“ (ebd.) könnte, mit der „Überfülle an Möglichkeiten“ (ebd.) zusammenhängt. Die Entscheidungsfreiheit, die diese Möglichkeiten mit sich bringen, wird dann als bedrohlich empfunden, wenn der Variantenreichtum die betroffenen Entscheider überfordert. Hinzu kommt, dass Reaktion, Aussage, Handlung und insbesondere Entscheidungen, einer beteiligten Person, immer Reaktionen anderer Systemteilnehmer auslösen, die wiederum unendlich vielfältig ausfallen können. Je mehr Personen in einem System aufeinander treffen, desto kontingenter und komplexer werden Systeme und umso dringender werden formelle und informelle Regeln und Ordnungskräfte gebraucht, um ein Chaos zu vermeiden und zielgerichtete Handlungsfähigkeit zu erhalten (ebd.).
2.3 Mitarbeiter im Spannungsfeld impliziter und expliziter Ordnungskräfte
In diesem Kapitel wird beschrieben, welche Ordnungskräfte für Verhaltens- und Interaktionsweisen Mitarbeitern in Organisationen zur Orientierung zur Verfügung stehen und wie sie wechselseitig innerhalb eines lebendigen Systems (einer Organisation) auch nonverbal interagieren. Ziel ist es, zu verdeutlichen, woran es liegt, dass jede Organisation eigenen, von außen nicht sichtbaren, Spielregeln und unternehmens- spezifischen Verhaltenskodexen folgt und aus diesen ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit generiert.
KAISER-NOLDEN betrachtet Organisationen „als sich selbst organisierende, soziale Systeme“ (Kaiser-Nolden, 2010, S. 241) und sieht den Mensch (jeder für sich schon ein komplexes System) im Spannungsfeld impliziter und expliziter Ordnungskräfte.
Unternehmen sind als komplexe Systeme zu betrachten, sie „ überdauern nur, solange ihre Mitarbeiter austauschbar sind“. Demnach sind Unternehmen mehr als die Menschen, die in ihnen ihrer Arbeit nachgehen, sondern zeichnen sich durch „Rituale, Erwartung und Erwartungs-Erwartungen“ aus, die sich sechs Ordnungskräften zuordnen lassen (ebd.).
Diese sind laut KAISER-NOLDEN:
1. Ziele
2. Prozesse
3. Strukturen
4. Rollen
5. Interaktion oder Kulturen
6. Referenzrahmen
und werden im folgenden kurz erläutert:
1. Ziele: Organisation verwirklicht und re-inszeniert ihren ureigenen Sinn und Zweck fortlaufend durch Ziele, die in vielen Organisationen als Strategiejahresziele und Kennzahlen vorliegen. Jeder Unternehmensberater, der sich schon einmal darüber gewundert hat, warum diese expliziten Ziele einen geringen Anteil an der gelebten Organisationsalltag ausmachen, wird zustimmen, dass es auch implizite Ziele gibt. (Kaiser-Nolden, 2010, S. 242) Implizite Ziele haben nach Aussicht von KAISER-NOLDEN häufig mit den Gründern, der Entstehungsgeschichte und der Unternehmenskultur und der Krisenbewältigung einer Organisation zu tun. Implizite Ziele und Vorgehensweisen lassen sich bspw. daran erkennen, dass ein Verstoß gegen übliche Vorgehens- und Arbeitsweisen Irritationen auslösen.
2. Prozesse: Um Ziele zu erreichen werden explizite Prozessbeschreibungen definiert, die dafür sorgen sollen, die „enorme Bandbreite an Verhaltensweisen und Interaktiontionen“ der Mitarbeiter so zu reduzieren, dass „Der Laden genauso tickt, wie er tickt.“ (ebd.)
3. Strukuren: Die Struktur einer Organisationen, häufig durch ein Organigramm abgebildet, sowie die beschriebenen Prozesse können immer nur einen Teil der organisationalen Wirklichkeit abbilden. Neben offiziellen Strukturen tragen informelle Strukturen zum Gelingen von Unternehmen bei, ohne dass diese explizit beschrieben oder greifbar wären. Offiziell gesetzte Strukturen “ transportieren Erwartungen an die Interaktion: wer interagiert mit wem, um Entscheidungen herbeizuführen? Welche Einheit bereitet welche Entscheidung vor und trifft sie letztendlich? Auf welchen Wegen wandern (und manchmal auch „wabern“) Information durch die Organisation?“ (ebd.)
4. Rollen: Eingenommene Rollen - seien Sie formal benannt oder informell besetzt -wecken -bezogen auf eine Position oder Einheit - Erwartungen. Vom Seelsorger wird bspw. erwartet, dass er bei Krisen ansprechbar ist, zuhört, Trost spendet und vertrauliche Informationen nicht weitergibt (ebd.).
5. Kulturen: Ungeachtet der Tatsache, dass Organisationen versuchen, „ihre Unternehmenskultur explizit zu machen, z. B. durch die Formulierung von Unternehmenswerten und Führungsgrundsätzen, wirken hier vor allem implizite Erwartungen und Erwartungs-Erwartungen organisierend auf die zwischenmenschlichen Interaktion.“ (Kaiser-Nolden, 2010, S. 243)„Je nach Organisationsgröße ist die Beschreibung einer einzigen Unternehmenskultur nicht ausreichend, es existieren häufig mehrere „Sub-Kulturen“ (ebd.).
6. Referenzrahmen: In einer Organisation vorherrschende Deutungsmuster prägen den Referenzrahmen.“ Worauf wird geachtet? Wie wird miteinander umgegangen? „ Was wird aktiv in die gemeinsame Aufmerksamkeit gezogen?[] Was bedeutet es, dass der Vorstand auf einer Betriebsversammlung gesprochen oder eben nicht gesprochen hat?“ (ebd.)
KAISER-NOLDEN hebt einerseits hervor, dass Organisation insbesondere durch implizite Ordnungskräfte, die sich in den sechs beschrieben Kontexten entfalten, ihre Anpassungsfähigkeit und Flexibilität bei Veränderungsdruck immer wieder neu generiert. Andererseits verweist sie auf die Individualität von Menschen und die „Komplexibilität zwischenmenschlicher Beziehung“ für das Geschehen in Organisationen: „Akteure des Geschehens sind Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen, Ängsten, Charaktereigenschaften, Abneigungen, Fähigkeiten, Erinnerungen und Visionen. [..] Um mit dieser Komplexibilität umgehen zu können, bilden Menschen wiederholbare Muster des Handelns, Verhaltens und Denkens aus.“ (Königswieser, 2011, S. 32f.)
Demnach bildet jeder Mensch ein Subsystem innerhalb „seiner“ Organisation („seines kognitiven, psychischen Systems“) und orientiert sich an unternehmenstypischen Spielregeln und Ritualen, die es zu dekodieren gilt. „Das kann er aber nur, wenn er die Struktur des sozialen Systems auch in sich trägt, ist er anschlussfähig, kann er kommunizieren und verstehen“(ebd.). Um über Systemgrenzen hinweg in einen Informationsaustausch zu treten, bedarf es daher eines Transformationsprozesses. Transformationsprozess in diesem Sinne bedeutet, dass es eines sozialen Prozesses des Informationsaustausches bedarf, um Informationen des eigenen Systems in ein fremdes System zu überführen. Für den Organisationsberater bedeutet dies, das von außen in das „Dunkel des Innengeschehens eines Systems“ nicht hineingeschaut werden kann. (ebd.) Organisationen können sich aus sich selbst heraus verändern und weiterentwickeln, indem sie mit ihrer Umwelt interagieren, von ihr lernen und sich anpassen.
2.4 Unternehmerischer Wandel: Eine komplexe Herausforderungen für Führungskräfte
Es ist eine Führungsaufgabe, die Kreativität bei den Mitarbeitern zu wecken. Durch ständig verändernde Umweltbedingungen brauchen Unternehmen kreative Mitarbeiter, die in der Lage sind, zu improvisieren, mit unerwarteten Problemen umzugehen und neue Herausforderungen zu meistern. Diese Fähigkeit kann durch kreative Ansätze in der Unternehmensberatung gefördert werden.
Unternehmerischer Wandel und kreative Methoden stehen in einem Spannungsverhältnis. Um bei Menschen Veränderungen im Denken und Handeln zu erreichen, müssen diese mental in Bewegung gebracht und gleichzeitig emotional angesprochen werden. PÖPPEL beschreibt die Basis – das ´Feld` auf dem Kreativität wachsen und zu neuem Wissen führen kann - wie folgt:
„Ein kreativer Prozess sollte zu etwas Neuem führen, und das Neue ist immer neues Wissen. Das Schaffen neuen Wissens kann nicht aus dem Nichts entstehen; es muss eine Basis bereitstehen, auf der das Neue entstehen kann. Ohne schon vorhandenes Wissen oder Können ist Kreativität ein blinder Prozess, in dem manch Neues entsteht, das jedoch keinen Bezug zur Realität hat.“ (Pöppel, 2007, S. 20)
Die Rolle von Führungskräften als reine „Macher“ hat sich zu „Designern von Kommunikationsprozessen“ (Stey & Groth, 2007, S. 173) gewandelt. Sie müssen sich in der Organisation, mit Blick nach innen und außen, in Zeiten des schnellen Wandels wettbewerbsfähig halten und Auswirkungen von Veränderungen frühzeitig proaktiv vorwegnehmen. ( Mattes , 2009, S. 31) Die Anforderungen, die in diesem Zusammenhang an Führungskräfte gestellt werden, sind immens hoch. „Neben Fach- und Prozesswissen sind dies vor allem „weiche“ Attribute wie Offenheit, Umsicht und Einfühlungsvermögen“ (ebd) und Fähigkeit zur Kommunikation über Hierarchieebenen hinweg.
ROEHL stellt fest, dass „kluge, gut gemeinte und exzellent implementierte Veränderungsstrategien“ in der Praxis häufiger scheitern, als sie gelingen“ und sieht den Erfolg von Veränderungsprozessen an genau denjenigen Stellen besonders gefährdet, an denen sie an die „tiefer verankerten Routinen des Systems stoßen und dort Veränderungsdruck entfalten. Die Routine reagiert aufgrund ihrer Eigendynamik eigenständig und kreativ, sie immunisiert sich gegen die Zumutung des Wandels.“ (Roehl, 2014, S. 46)
Jeder Veränderungsprozess, der eine gewisse Tiefe aufweist, erfordert eine Veränderung von Arbeitsabläufen oder auch „identitätsrelevante Routinen“ (Roehl, 2014, S. 43 f) und gerät früher oder später in die „heikle Zwischenphase“ in der das Alte nicht mehr gültig scheint (aber noch fortwirkt), das Neue jedoch noch nicht erkennbar (aber ersehnt) ist.“(ebd.) Nach Auffassung ROEHLS, der sich in seinen Ausführungen auf die Theorie U. von SCHARMER bezieht, entscheidet das Aushalten und die Gestaltung dieser Zwischenphase, ob der Veränderungsprozess nachhaltig erfolgreich ist. Routinen können nicht per Anordnung der Führungskraft abgestellt, sondern müssen in der heiklen Zwischenphase gegen neue Routinen ausgetauscht werden. (Roehl, 2014, S. 44)
In Zeiten des Wandels besteht die Schwierigkeit für Führungskräfte weniger aus der Steuerung von Maschinen, sondern in der Führung von Menschen.
Für Manager wie Berater stellt sich die Frage, wie sie mit ihren Teams so arbeiten können, dass notwendige, organisatorische Veränderungsprozesse gelingen. „Wie können diese „komplizierten Menschen“ dazu gebracht werden, auf eine gemeinsame Organisationsrealität hinzuarbeiten?“ (Mattes, 2009, S. 32). Ein gemeinsames Bild von der Organisationsrealität, bildet den Startpunkt an dem nachhaltige, organisatorische Veränderungsprozesse ansetzen. Um dort hin zu gelangen, bedarf es einer Kommunikation, die den Austausch der Sichtweisen aller Beteiligten sicherstellt. Für die Art der Kommunikation, die in diesem Zusammenhang von Nöten ist, beschreibt LUHMANN einen Kommunikationsbegriff, der weit mehr als die Informationsübertragung umfasst. Demnach wird Kommunikation als Einheit drei zusammenhängender Operationen der Selektion von Informationen, Mitteilungen und dem Verstehen definiert. Erst durch das Verstehen wird Kommunikation vollendet. (Lehmann, 2006, S. 433). Bezogen auf Veränderungsprozesse in Organisationen geht es einerseits darum, die verschieden Perspektiven einzufangen, und andererseits darum diese zu verstehen.
Der innere Ort, von dem aus wir wahrnehmen und wirksam werden, „der Quellort“ ist Ausgangspunkt unserer Aufmerksamkeit und all unserer Handlungen - von SCHARMER als „blinde Flecke“ bezeichnet - ist uns nicht bewusst. (Scharmer, 2014, S. 33) Das ist so entscheidend, weil der Austausch unterschiedlicher Betrachtungsweisen dabei hilft „blinde Flecken“ zu erhellen und damit in einem Team Wege und Möglichkeiten erkannt werden können, die für den Einzelnen nicht zugänglich wären. Das Phänomen der „blinden Flecken“ bedeutet, dass nur das vom Betrachter wahrgenommen wird, was im begrenzten Erlebnis- und Erfahrungshorizont bekannt und vorstellbar ist. (K. E. Weick, 2010, S.14). Der Austausch von unterschiedlichen Wahrnehmungen einer Sache oder eines Problems ist kennzeichnend für das systemische Denken und wird als „Mehrbrillenprinzip“ bezeichnet ( Köingswieser, 2011, S. 11).
Einen Weg, die komplexe Aufgabe von Wandlungsprozessen in Unternehmen zu bewältigen, kann die Beauftragung von Organisationsberatern, die kreative Methoden der Organisationsentwicklung beherrschen, sein. Denn insbesondere kreative Methoden sind geeignet, bisher „unsichtbare Dimensionen“ sozialer Interaktionen, wie sie in Teams und Arbeitsgruppen ablaufen, „zu erhellen“ (Scharmer, 2014, S. 14). Zukünftige Möglichkeiten, die entstehen wollen, besser wahrzunehmen und sich mit ihnen zu verbinden. (Scharmer, 2014, S. 34)
2.5 Rolle, Haltung und Handwerkszeug von Organisationsberatern
Bevor Unternehmensberater in eine Organisation eintreten, um einen Unternehmenswandel zu begleiten, ist es hilfreich, sich nicht nur theoretisch mit der Komplexität des Vorhabens auseinander zu setzen, sondern eine achtsame Haltung einzunehmen und die eigene Rolle im Prozess zu klären um sie immer im Auge behalten zu können.
Zuerst einmal ist die Rolle im System zwischen Klient und zu beratender Organisation zu klären:
KÖNIGSWIESER bezeichnet die um Beratung anfragende Organisationen als das Klientensystem (KS) und die Organisationsberatung als das Beratersystem (BS) und weist darauf hin, das im Beratungsprozess diese zwei sozialen Systeme aufeinandertreffen und für die Zeitdauer des Beratungsprojekt ein neues gemeinsames System das Berater-Klienten-System (BKS) entsteht. (Köingswieser, 2011, S. 36 )
„ Für das Beratersystem sind die Mitglieder des Klientensystems die eigentlichen Experten für ihre Aufgaben, und sie können daher auch nicht einfach „belehrt“ werden. Das Berater System bringt in erster Linie Prozess Know-how und kontextbezogenes Fach Know-how ein, vor allem aber die wichtige Außensicht.“ (ebd., S. 37)
Sind die Rollen geklärt, besteht die Aufgabe im Beratungsprozess darin, eine Kommunikationsbasis zu schaffen, die allen Beteiligten erlaubt, eine gemeinsame Sicht auf die Wirklichkeit zu konstruieren und dabei neue Handlungsoptionen zu eröffnen. In einem Organisationsentwicklungsprozess haben Berater die Aufgabe, das Bild der Wirklichkeit zu verändern und die Anschlussfähigkeit, dieser Veränderung an reales, praktisches Handeln zu sichern. (von Amen, 2007, S. 34)
Wie kann das gelingen?
Um die Fragestellung näher zu beleuchten, werden verschiedene Haltungen, Denkweisen und Konzepte, die als Navigationshilfen zur Begleitung in Veränderungsprozessen für Führungskräfte und Berater herangezogen werden können im Folgenden dargestellt:
a) ALBERT EINSTEIN:
„Hätte ich ein Problem zu lösen, von dem mein Leben abhängt, so würde ich 90% der Zeit einsetzen, das Problem zu entdecken und 10% es zu lösen.“ (Leutschaft, 2012, S.5) Albert Einstein berühmter Ausspruch bringt eine Haltung auf den Punkt, mit der auch heute – 60 Jahre nach seinem Tod – komplexe Probleme in der klassischen Organisationsberatung angegangen werden. Ohne intensive, systematische Problemanalyse nach kurzer Anliegenklärung des Thementrägers den Blickwinkel unverzüglich und mögliche Lösungen zu legen, wie es im Rahmen von Aufstellungsarbeit überwiegend gehandhabt wird, gilt in der klassischen Managementlehre, wo weiterhin das „Hohelied auf die Problemanalyse“ gesungen wird, gewissermaßen als unbedachtes, übereiltes Vorgehen.
Allerdings gibt es zur Lösungsorientierung und Würdigung des Problems auch in der systemischen Organisationsberatung unterschiedliche Meinungen darüber, inwieweit auf die Problemdarstellung des Thementrägers eingegangen werden sollte. „Einige sehen darin die Gefahr, in einer Problemorientierung verhaftet zu bleiben, und plädieren dafür, sich möglichst rasch auf den Lösungsfokus zu konzentrieren. Andere argumentieren, dass es zu Störungen im Prozess kommen könnte, wenn der Berater dem Problemerleben des Thementrägers nicht zunächst Raum gibt, um Verständnis und Einfühlung zu signalisieren.“ (Schmidt, 2005, S. 101 zit. n. von Amen, 2007, S. 287) SCHMIDT plädiert im Zusammenhang mit Aufstellungen dafür, dies von der Erwartungshaltung der Klienten abhängig zu machen: „In den meisten Fällen sind diese zu Beginn so sehr in das Problemerleben absorbiert und glauben so intensiv daran, dass man zunächst das Problem verstehen müsse, um dann zu einer Lösung zu kommen, dass es die Beziehung sehr belasten würde, wenn man nur die Stellung eines Lösungsbildes vornehmen würde. Außerdem erleben die meisten KlientInnen ein starkes Bedürfnis danach, zunächst darzustellen, wie es bisher war (Funktion der Würdigung des Bisherigen); dieses würde dann sehr frustriert, die Motivation für lösungsorientiertes Handeln meist drastisch reduziert.“ (ebd.)
b) CARL WEICK:
WEICK begegnet komplexen Situationen mit seinem Konzept der „Achtsamkeit“.
Achtsamkeit bedeutet, Routinen immer wieder zu hinterfragen und stetig dabei zu üben „das Radar“ auf kleinste Veränderungen, Unregelmäßigkeiten einzustellen. Es geht darum, eine offene, mentale Grundhaltung zu entwickeln, die Wahrnehmung zu schärfen, achtsam zuzuhören, sowie Beiträge und Gedanken von Menschen, die nicht mit uns übereinstimmen, in die Diskussion einzubinden.
„Glauben ist sehen. Man sieht, was man zu sehen erwartet. Man sieht Dinge, für die man fertige Schubladen hat und mit denen man umzugehen weiß. Alles andere liegt im Nebel. Und in diesem Nebel verbirgt sich die allmähliche Entwicklung des unerwarteten Ergebnisses, dessen negative Auswirkungen unsere besten Absichten untergraben können.« (Weick u. Sutcliffe 2003, S.60)
Die Entwicklung der Fähigkeit einer fantasievollen, gedanklichen Vorwegnahme möglicher, vielleicht bisher nicht ausreichend geübter Achtsamkeit kann über die Anwendung von fünf Grundprinzipien geübt werden. Vorreiter der Anwendung dieser Prinzipien sind High Reliability Organizations (HROs). Der Begriff HRO´s stammt aus den USA und meint Organisationen mit hoher Zuverlässigkeit, Flexibilität und Widerstandsfähigkeit. (Weick, 2010, Einleitung)
Diese Prinzipien sind:
1. Konzentration auf Fehler
Die Aufmerksamkeit ist darauf ausgerichtet, Fehler über kleinste Hinweise oder Signale schon bei ihrer Entstehung zu entdecken, um ihre negativen Auswirkungen möglichst einzugrenzen. Dafür bedarf es der Zusammenarbeit über Hierarchien hinweg. Aufgetretene Fehler werden wie kostbare Schätze behandelt, weil sie den Teams Lernfelder eröffnen. (Weick & Sutcliffe, 2010, S. 11)
2. Abneigungen gegen Vereinfachungen
Wird vereinfacht, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass Probleme, Situationen und Tatbestände vorschnell auf Grundlage bisheriger Erfahrungen und Muster in bestehenden „Schubladen“ klassifiziert werden. Diese Vereinfachung kann dazu führen, dass Probleme, die scheinbar nach bekannten Mustern in Erscheinung treten, eben nicht hinterfragt und differenziert untersucht werden (ebd., S.11-13).
3. Sensibilität für betriebliche Abläufe.
Sensibilität für betriebliche Abläufe ist auf der operativen Ebene im situativen Kontext im höchsten Maße vorhanden. Ein erfahrener Facharbeiter vor Ort kann eine kritische Situation üblicherweise besser einschätzen, als sein übergeordneter Abteilungsleiter vom Bürostuhl aus.
4. Streben nach Flexibilität.
„Flexibilität ist eine Mischung aus der Fähigkeit, Fehler frühzeitig zu entdecken, und der Fähigkeit, das System durch improvisierte Methoden am Laufen zu halten“ (Weick & Sutcliffe, 2010, S. 15) Dieses Prinzip erweitert alle vorhergegangenen Prinzipien um die Komponente der Verarbeitung von Fehlern. Trotz aller Sorgfalt unterlaufen Mitarbeitern oder Teams immer wieder Fehler. Dieser Umstand darf nicht zur Resignation führen, weil Resignation wertvolle Energien blockiert. (ebd.).
5. Respekt vor fachlichem Wissen und Können
Dieses Prinzip verdeutlicht, wie wichtig es für die fachliche Beurteilung von kritischen Situationen ist, sich über Hierarchien hinwegzusetzen. Das bedeutet, dass Unternehmen Überlegungen anstellen sollten, wie das Wissen aller Mitarbeitenden aktiv im Sinne des Unternehmens genutzt werden kann. Hierzu bedarf es des Erkennens von speziellen Kompetenzen bei Mitarbeitern und des Wissenstransfers, damit ihr Wissen geteilt werden kann. (Bergmann, 2009, S.63)
WEIK arbeite über die von ihm definierten Prinzipien darauf hin, dass Organisationen vom Normalbetrieb auf einen Veränderungsmodus umstellen. Eine wesentliche Fähigkeit erfolgreicher Unternehmensführung ist die Wahrnehmung von Veränderungen. Veränderungen kündigen sie sich durch schwache Signale an und schleichen jenseits der gewohnten Wahrnehmungsmuster in die Realität ein. Nur solche Unternehmen werden als selbständige Einheiten überleben, die mit Überraschungen umgehen können. (Weick & Sutcliffe, 2010, S. 12) Das verlangt besondere Fähigkeiten von Führungskräften. Die Aufstellungsarbeit knüpft an die Achtsamkeitsschule von WEIK an, indem sie die repräsentierende Empfindung / Wahrnehmung von körperlichen Signalen zur Initiierung von Veränderungsprozessen nutzt.
Der erfahrene Leiter von klassischen Organisationsaufstellungen GERHARD STEY bringt das Dilemma von Führungskräften, die nach klassischen Managementverständnis agieren, wie folgt auf den Punkt: „Wahrnehmungen von Veränderungen widersprechen allerdings einer anderen Anforderung an Entscheider: Sie dürfen nicht bei jedem Gegenwind umsteuern, sondern müssen stabil »Kurs halten«. Zusammen mit dem alltäglichen Entscheidungszwang neigen sie dann dazu, ihre Aufmerksamkeit eher auf die Signale zu fokussieren, die ihre Ziele, Pläne und deren Prämissen stützen und filtern alles andere aus. Das Selbstbestätigungsfeedback wird zum handlungsleitenden Reflexionsmodus, der Tunnelblick grenzt möglicherweise entscheidende Wirkungszusammenhänge aus. Das erhöht das Risiko des Scheiterns – für das Unternehmen und das Management.“ (von Amen, 2007, S. 293).
c) PETER SENGE
SENGE hat das Konzept des Aufbaus einer „Lernenden Organisation“ in fünf Disziplinen entwickelt, was er als lebenslanges Studieren und Übungsprogramm versteht. Es besteht aus (Senge, Kleiner, & Smith, 2008, S. 6 f, Lauterbach, 2015):
1. „Personal Mastery: Man lernt, sein persönliches Können stetig auszuweiten, um Ergebnisse zu erzielen, die einem wirklich wichtig sind und schafft eine Organisationsumwelt, die alle Mitglieder ermutigt, sich möglichst in die Richtung ihrer selbstbestimmten Ziele und Absichten zu entwickeln.
2. Mentale Modelle: Man reflektiert über seine inneren Bilder von der Welt, bemüht sich um ihre kontinuierliche Klärung und Verbesserung und erkennt, wie sie die eigenen Handlungen und Entscheidungen beeinflussen.
3. Gemeinsame Visionen: Man fördert das Engagement in einer Gruppe, indem man gemeinsame Bilder von der angestrebten Zukunft entwickelt.
4. Team-Lernen: Man entwickelt neue Kommunikationsformen und kollektive Denkfähigkeiten.
5. Systemdenken: Man entwickelt eine Denkweise und eine Sprache, mit der man Kräfte und Wechselwirkungen, die das Verhalten der Systeme steuern, begreifen und beschreiben kann“.
SENGE betont die Bedeutung des lebenslangen Lernens, sowohl von einzelnen Akteuren als auch von Teams die in Organisationen wirksam werden.
STEY teilt die Sichtweisen von SENGE und führt aus: „Aus Sicht des Unternehmens reicht es allerdings nicht aus, wenn einzelne Manager diese Fähigkeiten besitzen. Das Managementboard als Ganzes ist nur dann reaktions- und antizipationsfähig, wenn es sich auf eine gemeinsame Wirklichkeit bzw. eine gemeinsame Wirklichkeitskonstruktion bezieht. Das wiederum verlangt zum einen Kommunikationsformen, die sowohl das Überschreiten der Fraktionierungen zwischen den Disziplinen und damit den sie vertretenden Personen mit den jeweiligen Interessen zugunsten einer Gesamtsicht ermöglichen: Wirklichkeitskonstruktion als Teamaufgabe.“ Die Aufstellungsarbeit bietet ein Setting, in dem mentale Modelle reflektiert und kollektiv gelernt werden kann.
d) NIKLAS LUHMANN
Für LUHMANN ist ein Kommunikationsbegriff, der lediglich die Informationsübertragung umfasst, unzureichend. Erst durch das Verstehen wird Kommunikation vollendet. Er beschreibt „Kommunikation“ als emagente Einheit dreier zusammenhängender Operation der Selektion von 1) Informationen, 2) Mitteilungen und 3) Verstehen. (vgl. Lehmann, 2006, S. 433)
e) OTTO SCHARMER
SCHARMER „ein anthroposophisch geprägter Ökonom und Unternehmensberater, hat ein Modell für die Veränderung von Teams und Organisationen beschrieben, die „Theorie U“. Der zentrale Gedanke ist, dass sich Situationen so entwickeln werden, wie wir an sie herangehen, das heißt Veränderungen werden von unser Sicht und unserer Achtsamkeit geprägt“ (Lauterbach, 2015, S. 183). SCHARMER selbst sieht die Vorgehensweise nach seiner Theorie U als einen Versuch „die unsichtbare Dimension des sozialen Prozesses zu erhellen“ (Scharmer, 2014, S. 42) und spricht von einer ganzheitlichen Sicht auf die Dinge „die die feineren mentalen und spirituellen Quellen in den Prozess der sozialen Realitätsentstehung mit einbezieht“. (ebd.)
STEY„Schon jetzt werden viele Managemententscheidungen letztlich intuitiv getroffen. Das »Bauchgefühl« entscheidet. Aber Intuition wird in den Organisationen als etwas Privates begriffen, das nicht weiter zu befragen sei. Aufstellungen ermöglichen, den Prozess der Intuition zu beobachten und zu kommunizieren. Oder anders gesagt: Aufstellungen bilden ein sensorisches Fundament für eine entwickelte Intuition.“ (von Amen, 2007, S. 295)
f) FALKO VON AMEN & JOSEF KRAMER
AMEN & KRAMER beschreiben einen Aktionsraum, den die wir nicht sehen und anfassen können, und verwendet den von J. L. MORENO in Bezug auf die Methode des Psychodramas geprägten Begriff „Surplus Reality“ (Moreno 1959, S. 111). Surplus Reality wird als Oberbegriff für handlungsorientierte Methoden verwendet, die „die Wirklichkeit des Klientensystems, z. B. in Form eines Rollenspiels, einer Organisationsaufstellung oder eines Planspiels“ (von Amen, 2007, S. 27), quasi duplizieren. „Jede Form der Beratung steht vor dem Problem, auf Strukturen und Prozesse, Themen und Ereignisse zugreifen zu müssen, die an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit stattgefunden haben (oder noch stattfinden werden).
Die klassische Lösung dieses Problems besteht darin, mit den Mitteln der Sprache einen Reflexionsraum zu eröffnen, in dem die zu bearbeitenden Themen besprochen und analysiert werden.“(ebd.)
AMEN & KRAMER betonen, dass neben der Aufstellungsarbeit auch andere handlungsorientierte Methoden überaus geeignet sind, nonverbale Reflektionsräume u.a. im Sinne von Wiek, Scharmer und Senge zu eröffnen.
Fundiert ausgebildete und erfahrene Organisationsberater greifen situativ abgestimmt auf das Gruppengeschehen, die jeweilige Zielsetzung und die augenblicklich zu meisternde ‘Hürde‘, gleich einem Handwerker in ‘ihre‘ Werkzeugkiste. Organisationsberatung ist teilweise mit einer Altbausanierung vergleichbar. Ein Handwerker, der mit einer Altbausanierung beauftragt ist, profitiert, genau wie ein Organisationsberater, von seiner Erfahrung in unterschiedlichsten Situationen. Sein langfristiger Erfolg hängt aber auch immer vom technischen know how, der Beachtung der Bausubstanz, der Vorausschau auf mögliche erwünschte oder unerwünschte Folgen, die sein Handeln auslösen (ggf. tangierter, weiterer Gewerke), und möglicher Umwelteinflüsse, ab. Patentrezepte für erfolgreiche Beratung - respektive Altbausanierung - sind zwar vielfach gesucht, aber nie gefunden worden, weil jeder Altbau –wie jede Organisation sich von anderen Organisationen unterscheidet. Selbst wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht und sind beim gleichen Organisationszweck durchaus Gemeinsamkeiten wie bspw. ähnlich gelagerte Problemstellungen vorzufinden. Was in einer Situation erfolgreich war, kann in einer anderen Situation das Haus zum Einsturz bringen und manches Mal tauchen im Fundament oder anderswo noch völlig unerwartete Überraschungen auf.
Die Schilderungen verdeutlichen, dass Berater gefordert sind, ihr Vorgehen einerseits auf den jeweiligen Beratungskontext abzustimmen und entsprechend der Fragestellung eine geeignete Methode zur Bearbeitung anzubieten, als auch den Prozess immer im Blick zu halten. Nach welchen Kriterien die Auswahl von Methoden erfolgen kann und wo die der Forschungsfrage zu Grunde liegende Methode der Organisationsaufstellungen einzuordnen ist, wird im folgenden Kapitel exemplarisch beschrieben.
3 Methodenauswahl in der Organisationsberatung
„Wer nur einen Hammer besitzt, so sagte Watzlawick einmal, ist immer auf der Suche nach Nägeln.“ (von Amen, 2007, S. 39, Schmidt, Simon, & Weber, 2005, S. 148) Die Kategorisierung von Methoden oder auch Werkzeugen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten und Kategorien zeigt, „welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die verschiedenen Werkzeuge aufweisen“ (Roehl H. W., 2012, S. 9). Nach Einschätzung von VON AMEN & KRAMER ist die Reflexion des eigenen Methodeneinsatzes in der Organisationsberatung „nicht immer so weit vorangeschritten“ (von Amen, 2007, S. 24).
So, wie der Handwerker seinen Werkzeugkasten sortiert, so sollte auch jeder Organisationsberater die von ihm gewählten und beherrschten Methoden für sich klar einordnen können und Kategorien bilden, die es ihm ermöglichen ‘seine‘ Methoden spontan abzurufen, situativ anzupassen und gegebenenfalls eigene Varianten/ Ableitungrn und Kombinationen zu entwickeln. Mehrfache Kategorisierungen sind laut ROEHL möglich und machen die Vielfalt aus.
Zu berücksichtigen sind immer folgende vier Kriterien (vgl. H. Roehl, 2012, S. 10):
- Der Aufwand für die mit dem Werkzeug verbundene Vorbereitungs-, Durchführung- und Nachbereitungszeit,
- Die Gruppengröße: Das Spektrum reicht hier von der Kleingruppe bis hin zur Großgruppen,
- Den Freiheitsgrad im Bezug auf die Vorgehensweise. Hier unterscheiden sich klar strukturierte ins Detail festgelegte bis hin zu schwach strukturierten, offenen Vorgehensweisen,
- Das mit der Methode verbundene Gemeinschaftsleben. Hat das Werkzeug wenig oder viel Einfluss auf das Gemeinschaftsleben? Wie weit ist die Methode geeignet, ein starkes emotionales Erleben zu fördern?
Weitere strukturierende Zugänge beziehen sich auf die Dimensionen des Werkzeugeinsatzes. Leitfragen sind hier unter anderem (vgl. H. Roehl, 2012, S. 16 f.):
- Für welche Phase des Changemanagementprozesses ist das Instrument geeignet? Das Spektrum reicht von der Bestandsaufnahme, über den Wandel vorbereiten, Zusammenhänge verstehen, Zukunft-Szenarien entwickeln bis hin zur Evaluation von angestrebten Veränderungen.
- Ist das Instrument vor allem Zahlen,- Sprach,- Text, oder Bildbasiert?
- Welches Instrument passt zur Unternehmenskultur?
- Welcher institutionelle Bezugspunkt soll bearbeitet werden: Vergangenheit, aktuelle organisationinterne Analyse oder geht es darum, sich nach außen oder in die Zukunft zu orientieren?
VON AMEN & KRAMER kategorisieren Beratungsmethoden nach ihrem Fokus:
Während bei Zeitlinien,- Wunder- und Skalierungsfragen überwiegend die Anliegen eines einzelnen Teilnehmers im Mittelpunkt des Beratungsprozesses stehen, bearbeiten Aktionssoziometrie, Planspiele und dem Unternehmenstheater Gruppenthemen.( von Amen, 2007, S. 17). Organisationsaufstellungen können, sowohl für die Bearbeitung von Fragestellungen einzelner Teilnehmer, als auch zur Bearbeitung von Gruppenthemen in Frage kommen und werden im Kapitel 4 ausführlich beschrieben.
AMEN & JOSEF KRAMER führen aus, dass es eines veränderten Aktionsraumes bedarf, einer kreativen Aktionsphase, die über die verbale Dimension hinaus geht, um die Wirklichkeit neu zu konstruieren, lebendig, erlebbar und gestaltbar zu machen durch
- Inszenierung,
- Beobachtung,
- Reflexion und
- probehandelnde Transformation.
Die duplizierte Wirklichkeit der Organisation ist der Realität der Organisation einerseits ähnlich genug, um für die Kunden anschlussfähig zu sein. Andererseits eröffnet sie gerade dadurch neue Sichtweisen und Beobachtungsmöglichkeiten, die von der Realität der Organisation unterscheiden. (von Amen, 2007, S. 27)
In den folgenden Kapitel, werden ausgewählte Methoden dieser Kategorien exemplarisch beschrieben.
Eine Einteilung erfolgt in Anlehnung an VON AMEN & KRAMER in drei übergeordnete Kategorien, die sich weiter ausdifferenzieren. (siehe Abbildung Nr.1 ):
1. Verbal orientierte „klassische“ Workshop-Methoden
2. Verbal orientierte systemische Beratungsmethoden
3. Handlungsorientierte, systemische Methoden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung Nr.1: Beratungsmethoden modifiziert nach VON AMEN & KRAMER, 2007. S. 16)
3.1 Verbal orientierte Methoden „klassische Workshop-Methoden“
Verbal orientierte Methoden sind weit verbreitet und haben Workshop-Charakter. Diese bilden eine ‘Brücke‘ des mündlichen Austausches zwischen Beratern und Teilnehmern, die lange Zeit im klassischen Frontalunterricht von Bildungseinrichtungen nicht vorgesehen war. "Klassische" Workshop-Methoden sind bspw. Diskussion in Klein- oder Großgruppen, Kleingruppenarbeit mit Präsentation von Gruppenergebnissen durch Teilnehmer, Brainstorming zur gemeinsamen Ideensammlung. Verbal orientierte Methoden finden sowohl in der Schul- und in der Erwachsenenbildung, als auch in der Organisationsberatung Anwendung.
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Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus dieser Arbeit?
Der Fokus liegt auf der Organisationsberatung und wie unternehmerischer Wandel (Changemanagement) initiiert, begleitet, reflektiert und evaluiert werden kann. Es wird untersucht, in welchen Settings die Methode der Organisationsaufstellung (OSA) von Kunden angenommen wird, mit welchen Widerständen zu rechnen ist und wie Berater eine akzeptierte Beratungspraxis gefunden haben.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit besteht aus zwei Forschungsteilen: einer Literaturrecherche (Kapitel 2-4) und einer empirischen Forschung (Kapitel 5). Die Einordnung des Forschungsvorhabens erfolgt im ersten Kapitel. Die Kapitel 2-4 umfassen eine Literaturrecherche zu Wandlungsprozessen, kreativen Methoden und Organisationsaufstellungen. Kapitel 5 beinhaltet die Planung, Durchführung und Auswertung von Experteninterviews. Es folgen eine kritische Würdigung (Kapitel 6), Ergebnisse und Auswertung (Kapitel 7), Resümee und Ausblick (Kapitel 8), Verzeichnis der Abkürzungen (Kapitel 9) und das Literaturverzeichnis.
Was sind die zentralen Themen der Literaturrecherche?
Die Literaturrecherche behandelt Veränderungsprozesse in Organisationen, den Vergleich klassischer und systemischer Managementansätze, die Rolle von Mitarbeitern im Spannungsfeld impliziter und expliziter Ordnungskräfte, die Komplexität als Merkmal systemischer Betrachtungsweise und die Rolle, Haltung und Handwerkszeug von Organisationsberatern. Außerdem geht es um die Methodenauswahl in der Organisationsberatung, einschließlich verbal orientierter und systemischer Methoden, sowie die Aufstellungsarbeit im Beratungskontext, insbesondere Organisationsstruktur-Aufstellungen nach der SySt Methode.
Was wird im empirischen Forschungsteil untersucht?
Der empirische Forschungsteil konzentriert sich auf Experteninterviews mit Organisationsberatern, die die Methode der Organisationsaufstellung bereits anwenden. Untersucht werden Settings, in denen das Angebot der Organisationsaufstellung angenommen wird, Widerstände und Fehlannahmen in Bezug auf die Methode sowie Aspekte bei der Suche nach einer akzeptierten Beratungspraxis.
Welche Forschungsmethoden werden angewendet?
Die Untersuchung folgt einem qualitativen Forschungsdesign. Es werden Literaturrecherche und Experteninterviews durchgeführt.
Was ist das Ziel der Organisationspädagogik im Kontext dieser Arbeit?
Die Organisationspädagogik soll Organisationen helfen, Lernprozesse und Wissensmanagement zu organisieren. Forschungserkenntnisse der Organisationspädagogik können eine Lernquelle für Organisationsberater und Führungskräfte von Organisationen darstellen.
Was sind die sechs Ordnungskräfte nach KAISER-NOLDEN?
Die sechs Ordnungskräfte sind: 1. Ziele, 2. Prozesse, 3. Strukturen, 4. Rollen, 5. Interaktion oder Kulturen, 6. Referenzrahmen.
Was sind die fünf Disziplinen der "Lernenden Organisation" nach SENGE?
Die fünf Disziplinen sind: 1. Personal Mastery, 2. Mentale Modelle, 3. Gemeinsame Visionen, 4. Team-Lernen, 5. Systemdenken.
Was ist die "Theorie U" nach OTTO SCHARMER?
Die "Theorie U" ist ein Modell für die Veränderung von Teams und Organisationen. Der zentrale Gedanke ist, dass sich Situationen so entwickeln, wie wir an sie herangehen, d.h. Veränderungen werden von unserer Sicht und unserer Achtsamkeit geprägt.
Wie kategorisieren VON AMEN & KRAMER Beratungsmethoden?
VON AMEN & KRAMER kategorisieren Beratungsmethoden nach ihrem Fokus und dem benötigten Aktionsraum. Zu den Kategorien gehören verbal orientierte "klassische" Workshop-Methoden, verbal orientierte systemische Beratungsmethoden und handlungsorientierte, systemische Methoden.
- Citation du texte
- Annelen Schulze Höing (Auteur), 2015, Unternehmerischer Wandel am Beispiel von Organisationsaufstellungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1044706