Die Berliner Blockade


Exposé / Rédaction (Scolaire), 2000

14 Pages, Note: 1,4


Extrait


Inhalt

1. Die Berliner Blockade hat eine Vorgeschichte

2. Die Währungsreform

3. Operation Vittles

4. Die Berliner Blockade vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949

5. Schlussbetrachtung

6. Quellen:

1. Die Berliner Blockade hat eine Vorgeschichte

Bereits während des 2. Weltkrieges gab es in den USA und Großbritannien Vorstellungen über eine Aufteilung Deutschlands als antikommunistisches Bollwerk. Der eigentliche Beginn des Kalten Krieges kam mit der Verkündung der sogenannten Truman-Doktrin. Der amerikanische Präsident Truman begründete darin, „daß es die Politik der Vereinigten Staaten sein muß, die freien Völker zu unterstützen, die sich der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen widersetzen“.1

Zwei Tage vor dieser Botschaft Trumans an den amerikanischen Kongress tagte in Moskau die Konferenz der alliierten Außenminister. Dort zeigte sich, dass die Westmächte die deutschen Westzonen in ihre Politik der „Eindämmung des Kommunismus“ mit einbeziehen wollten. Die kompromisslose Haltung der Westmächte brachte das Scheitern der Konferenz - die Weichen für eine Spaltung Deutschlands waren gestellt.

Vom „Marshall-Plan“ vom 5. Juni 1947 bis zur Londoner Konferenz vom 23.Februar 1948 - die wirtschaftliche und politische Einbindung der Westzonen in die „rollback“- Politik beherrschte die Vorstellung der westlichen Verbündeten. Das völlige Abgehen der Westmächte von den Vereinbarungen der Anti-Hitler-Koalition wird durch die Einberufung der Londoner Konferenz und durch die Londoner Empfehlungen vom 7.Juni 1948 markiert: die Nichteinladung der Sowjetunion zu den Londoner Beratungen über die Zukunft Deutschland entgegen den Potsdamer Beschlüssen, die Weigerung der Westmächte ihre Beschlüsse mitzuteilen sowie der Beschluss, die westlichen Zonen zusammenzufassen zu einem einheitlichen Staatsgebilde durch die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung sind dabei die wichtigsten Eckpunkte. Das einseitige Vorgehen der Westmächte führte schließlich zur Auflösung des Alliierten Kontrollrates: das Organ der obersten Gewalt in Deutschland bestand nicht mehr.

2. Die Währungsreform

Am 18. Juni 1948 ordneten die drei Westmächte für den 20. Juni 1948 die Einführung der D-Mark in den Westzonen an. Am 20. Juni führten sie die separate Währungsreform durch, die unter dem Namen „bird-dog“2bereits 1947 in den USA mit dem Druck von neuen Banknoten für den „Tag X“ vorbereitet worden war.

Durch die einseitige Währungsreform in den Westzonen bestand für die sowjetische Besatzungszone die akute Gefahr, mit den dort wertlos gewordenen Geldscheinen überschwemmt zu werden.3 Um dies zu verhindern, sperrten die sowjetischen Besatzungsbehörden am 19. Juni 1948 den Personenverkehr zu den Westzonen und ließen den Güterverkehr streng kontrollieren. Von diesen Maßnahmen war auch Berlin betroffen. Am 23.Juni 1948 reagierte die sowjetische Militäradministration Deutschlands (SMAD) mit der Anordnung der Einführung einer eigenen Währung für den 24.Juni für die gesamte sowjetische Besatzungszone (SBZ) einschließlich Groß- Berlins.

Berlin, das aufgrund des Potsdamer Abkommens und wegen seiner engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit der sowjetischen Besatzungszone nicht nur von der Sowjetunion als Bestandteil der SBZ betrachtet wurde, wurde in diese neue Ost- Währung mit einbezogen. Als die West-Alliierten daraufhin die Einführung der West- Mark in den Westsektoren Berlins befahlen - obwohl sie dem Obersten Chef der SMAD noch am 18.Juni 1948 schriftlich versichert hatten, „sie würden mit Rücksicht auf „besondere Viermächtevereinbarungen“ die Westzonenwährung in den Berliner Westsektoren nicht einführen“4wollen - reagierten die sowjetischen Behörden mit der Sperrung des gesamten Güterverkehrs zwischen den Westzonen und Berlins.

»Infolge einer technischen Störung an der Eisenbahnstrecke«, so erklärte die OstBerliner Nachrichtenagentur ADN am Vormittag des 24. Juni 1948, »war die Transportverwaltung der sowjetischen Militäradministration gezwungen, in der Nacht (...) sowohl den Passagier- als auch den Güterverkehr auf der Strecke BerlinHelmstedt in beiden Richtungen einzustellen«. Wenige Stunden zuvor war von den Sowjets bereits das Großkraftwerk Golpa-Zschornewitz abgeschaltet worden, das Berlin mit Strom versorgte. Es folgte die Unterbrechung des gesamten Straßenverkehrs sowie die Einstellung aller Lebensmittellieferungen aus der sowjetischen Besatzungszone für die drei Westsektoren.

Und als auch noch der Binnenschiffahrtsverkehr zwischen der Hauptstadt und den Westzonen eingeschränkt wurde, war Berlin kurzzeitig vollständig zu Lande wie zu Wasser vom Westen abgeschnitten. Die SMAD erklärte, dass diese Maßnahmen nur vorübergehender Natur wären und forderte die Westmächte dazu auf die unrechtmäßige Einführung der Westmark in den Westsektoren Berlins wieder rückgängig zu machen. Zugleich erklärte sich die Sowjetunion bereit, die Versorgung Berlins - auch der Westsektoren - zu übernehmen.

Berlin hatte nun 2 verschiedene Währungen und die wirtschaftliche Spaltung der Stadt hatte somit bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen, während die politische Spaltung schon bald darauf folgen sollte. Bereits im Vorfeld dieser Ereignisse und der Diskussionen um die Währungsreform hatte der spätere SPD-Bürgermeister von West-Berlin Ernst Reuter betont: „Wer die Währung hat, hat die Macht.“5 Die Grundlagen für die nun folgende sogenannte Berliner Blockade durch die Sowjetunion und die sogenannte Luftbrücke durch die Westmächte waren damit gelegt. Der Kalte Krieg hatte begonnen.

3. Operation Vittles

Am 26.Juni 1948 startete die Operation Vittles, wie die Luftbrücke zwischen den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren Berlins von den Militärs der USA genannt wurde. Auf dem Flughafen Tempelhof landeten die ersten Transportmaschinen mit Gütern für die amerikanische Garnison. In den nächsten Tagen folgten weitere Transportgeschwader aus Westeuropa, den USA und von Luftbasen aus dem Pazifik, woher sie der amerikanische Militärgouverneur General Lucius D. Clay per Funkspruch geordert hatte.

Bis zum 2. Juli versammelte er eine Luftflotte von 52 viermotorigen Douglas Skymasters C-54 und über 100 zweimotorigen Dakotas C-47, die bei rund 450 Einsätzen pro Tag mehr als 1000 Tonnen Fracht nach Berlin transportierten. Am

28.Juni 1948 schloss sich die Royal Air Force des Vereinigten Königreichs von Großbritannien der amerikanischen Militäroperation an, während Frankreich die Luftbrücke lediglich billigte ohne sich an ihr selbst zu beteiligen. General Clay forderte ständig weitere Transportmaschinen an, um die Frachtrate auf 3000 Tonnen pro Tag zu erhöhen. Diese Menge galt damals als Minimum um die Versorgung der Westberliner Bevölkerung sicher zu stellen.

Auf dem Höhepunkt der Luftbrücken-Aktion befanden sich etwa 400 anglo- amerikanische Flugzeuge rund um die Uhr im Einsatz. Auf der Strecke von Wiesbaden/Frankfurt am Main nach Westberlin flogen die Amerikaner allein, während sie gemeinsam mit den Briten von Hamburg aus eine sogenannte Kohlebrücke nach Berlin-Gatow durchführten. Teilweise landeten diese Maschinen auch zu Wasser auf der Havel. Der mittlere Luftkorridor von Berlin nach Hannover war einzig und allein für die Rückflüge der alliierten Transportflugzeuge vorgesehen. Noch während der Luftbrücke wurden die Berliner Flughäfen Tempelhof und Gatow ausgebaut und in Tegel ein dritter Flugplatz eingerichtet. In den Spitzenzeiten der Operation Vittles starteten und landeten die Transportmaschinen im Abstand von ein bis zwei Minuten auf den Flugplätzen Berlins.

Die Sowjetunion protestierte einerseits energisch gegen den „Missbrauch der Luftwege“, die sie als Verstoß werteten gegen die früheren gemeinsamen Übereinkommen der Alliierten - andererseits arbeitete sie in der Berliner Zentrale für Flugsicherheit mit, als einzigem noch gemeinsam arbeitendem Kontrollratsorgan, und achtete dort sowohl auf die Einhaltung der Flugvorschriften als auch für die Sicherheit der englisch-amerikanischen Transportflüge. Die außerordentliche Flugdichte stellte eine erhöhte Unfallgefahr dar und bedeutete eine Gefährdung des Luftraums über ganz Berlin und die sowjetische Besatzungszone. Wiederholt ereigneten sich Notlandungen und Abstürze, so bei Rathenow, Erfurt und Langensalza, aber auch über dem dicht besiedelten Wohnbezirk Berlin-Friedenau im amerikanischen Sektor. Insgesamt stürzten während der Operation Vittles mehr als 25 Maschinen ab.

Bei dem gefährlichen Luftversorgungsunternehmen fanden 78 Männer den Tod, vor allem britische und amerikanische Piloten. An sie erinnert das Luftbrückendenkmal und eine in den Travertinsockel des Denkmals eingelassene Bronzetafel mit der Aufschrift: "Sie gaben ihr Leben für die Freiheit Berlins im Dienst der Luftbrücke 1948/49". Mit seinen drei aufstrebenden Bögen symbolisiert das Denkmal die drei Luftkorridore in den Westen, die einzigen von der sowjetischen Besatzungsmacht während der Blockade vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 nicht kontrollierten Zugangswege zur Stadt. Durch die Korridore wurden mit mehr als 277.000 Flügen 2.324.257 Tonnen Güter, von Lebensmitteln bis zur Kraftwerkskohle, in die Stadt eingeflogen.

Neben dem Luftbrückendenkmal erinnern noch zwei "Rosinenbomber", wie die 380 Versorgungsflugzeuge der Westalliierten genannt wurden, an den "Airlift", bei dem zuletzt alle 62 Sekunden ein Lufttransporter in Berlin landete.

Die täglich beförderte Gütermenge konnte von 2.185 Tonnen im Juli 48 auf 12.900 Tonnen gesteigert werden - so der Tagesrekord am 16. April 1949. Wenig später beendeten die Sowjets die Blockade. Ein bleibendes Resultat der Luftbrücke war der Flughafen Tegel. In nur 90 Tagen entstand im Sommer 1948 die damals längste Landebahn Europas. An Arbeitskräften - 50 Prozent davon waren Frauen - bestand kein Mangel. Die Alliierten zahlten gut. Dazu gab's täglich eine warme Mahlzeit - üppiger Luxus.

Als einer der prominentesten Köpfe der Blockadezeit galt Gail S. Halvorsen, wie der Mann im Cockpit der Transportmaschine vom Rosinenbombertyp „Douglas C-47 Skytrain“ hieß. Als "Mr. Candy Bomber" eroberte der Pilot, der zudem als erster Flieger des Rosinenbomberschwarms in Tempelhof landete, vor 50 Jahren die Herzen vieler Kinder: Am Samstag, den 21. August 1948 wirft Gail S. Halvorsen beim Landeanflug auf Berlin-Tempelhof erstmals Schokolade an kleinen selbstgebastelten Fallschirmen ab. In der Flugschneise fanden sich von diesem Zeitpunkt an ständig die Kinder ein und warteten auf Schokolade und Gail Halvorsen. Dieser findet bei seinen amerikanischen Pilotenkollegen Nachahmer - die Aktion „Little Vittles“ war damit geboren.

Operation Vittles hatte aber einen bedrohlichen militärstrategischen Hintergrund: die Sowjetunion betrachtete die Luftbrückenaktion der USA als Militärprovokation. Die USA würden die Berliner Krise aufputschen, um ihre Luft- und Flottenstützpunktsystem rings um die neu- entstandene sozialistische Staatenwelt auszubauen. Dazu würde die US-Air Force moderne Flugkontrollsysteme erproben sowie neuartige Be- und Entladesysteme und die Treibstoffversorgung in der Luft für ihre strategischen Bomber vom Typ B-29 testen.

Operation Vittles erwies sich nicht zuletzt als wahrer Segen für die amerikanische Flugzeug- und Rüstungsindustrie. Die US- amerikanische Zeitung „New York Herald Tribune“ berichtet am 24.Ferbuar 1949: „Der kalte Krieg ist ein Segen für die Flugzeugindustrie geworden, weil die bewaffnete Macht heute den einzigen großen Markt für die Produktion von Flugzeugen bietet. Nach einem katastrophalen Jahr 1947 hatten die meisten Flugzeugfabriken 1948 genügend Regierungsaufträge , um eine profitreiche Erzeugung zu erlauben.“6

Zunächst wurden noch die alten „Weltkriegsveteranen“ für die Luftbrücke herbeigeholt, um diese dann durch eine neu produzierte Generation moderner Transport- und Kriegsflugzeuge zu ersetzen. Darunter der sogenannte Stratosphärenbomber Boeing C-97, der 25 Tonnen Last transportieren konnte und im Mai 1949 zum ersten Male Westberlin anflog.

Ebenso profitierten die grossen amerikanischen Ölgesellschaften von der Operation Vittles. Allein auf dem Rhein-Main- Flughafen in Frankfurt wurden monatlich mehr als 20 Millionen Liter Flugbenzin verbraucht. Vor diesem Hintergrund erscheint es denkbar, dass die Operation Vittles nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Interessen bis zum 30. September 1949 weitergeführt wurde - beinahe fünf Monate über die förmliche Beendigung der Berliner Blockade am 12. Mai 1949 hinaus. Die insgesamt 462 Tage dauernde Luftbrücke verschlang nach vorsichtigen Schätzungen eines britischen Militärhistorikers 350 Millionen Dollar, sowie 17 Millionen englische PfundSterling und 150 Millionen D-Mark.

4. Die Berliner Blockade vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949

Allgemein wird die „Berliner Blockade“ als Zeitraum bezeichnet, der sich vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 erstreckt. Tatsächlich aber hatten Blockademaßnahmen der Sowjetunion gegen die Westsektoren Berlins bereits im März des Jahres 1948 begonnen, vermutlich auch als Reaktion auf ihre Ausgrenzung bei der Londoner Konferenz durch die westlichen Verbündeten.

Donnerstag, 24.Juni 1948 Den Auftakt zur Blockade bildet die Sperrung der wichtigen Autobahn zwischen Berlin und Helmstedt am durch das sowjetische Militär. Transporte über den Interzonenschiffsverkehr und die Eisenbahn laufen noch. Ebenso findet der Personenverkehr ungehindert statt. Es kommt zunächst nur zur teilweisen Blockade. Trotzdem erfahren Berlins Hausfrauen die ersten Auswirkungen: der Kochstromverbrauch muss um ein Viertel und der Stromverbrauch für die Beleuchtung sogar um die Hälfte gesenkt werden, weil die BEWAG alle Stromlieferungen in die Westsektoren einstellen muss.

Freitag, 25.Juni 1948 Braunkohlelieferungen in die Westsektoren werden von den Sowjets verboten. Als Gegenblockade der amerikanischen Militärregierung wird eine Gasleitung gekappt, die auch den sowjetischen Marschall Sokolowski betrifft. Inzwischen gibt es in Berlin zwei Währungen: Westmark und Ostmark gelten im Westen, die Ostmark nur im Osten. Obwohl noch genug Lebensmittel in den Westberliner Läden sind, wird die Rationierung verschärft und es gibt 10gr Nährmittel statt 50gr Kartoffel. Die Operation Vittles beginnt, die ersten amerikanischen Flugzeuge landen mit Lebensmitteln auf dem Flughafen Tempelhof.

Samstag, 26.Juni 1948 Die Lieferung von Medikamenten in die jeweils anderen Sektoren wird von Ost und West verboten. In den Westberliner Kliniken müssen Röntgendurchleuchtungen wegen der Einschränkung der Stromversorgung auf das nötigste Maß beschränkt werden, ebenso wie der U- Bahnverkehr. Montag, 28.Juni 1948 Eine der Blockademaßnahmen der Sowjets war, die Frischmilchversorgung Westberlins einzustellen. Sie wurde alsbald wegen der Gefährdung von Säuglingen, Kindern und Kranken wieder zurückgenommen. Noch ist die Blockade nicht so dicht: 7 Frachtkähne mit 1200 t Mehl aus Westdeutschland treffen in Berlin ein.

Mittwoch, 30.Juni 1948 Die Luftbrücke wird in beide Richtungen ausgeweitet. Die ersten beiden Flugzeuge treffen mit Waren und Industriegütern aus Berlin in Frankfurt ein.

Juli 1948 Die Sowjetunion hatte die Blockade nur unzureichend vorbereitet. In den Westsektoren lagern Nahrungsmittel und Mehl in großen mengen, die für den Ostteil der Stadt bestimmt sind. Die Auslieferung dorthin wird von den Westberliner Stadtkommandanten verboten. Weniger die Lebensmittelknappheit belastet die Westberliner als der Mangel an Kohlen und damit an Strom und Gas. Der Strommangel erzwingt die Schließung von Lebensmittelfabriken und anderen Betrieben sowie die Entlassung von über 35.000 Mitarbeitern. Der britische Stadtkommandant verbietet AEG Strom aus dem Ostsektor zu beziehen im Tausch gegen Turbinen und Ersatzteilen. Der sowjetische Stadtkommandant erlässt den Befehl Nr.80, wonach Westberliner sich im Ostsektor zur Lebensmittel- und Brennstoffversorgung eintragen lassen können. Mit grossem Propagandaaufwand kündigt die ostzonale Deutsche Wirtschaftskommission eine Hilfsaktion der Sowjetunion an, die die Lieferung von 100.000 t Getreide für Westberlin anbietet. Die Blockade hat Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens: so beantragt das Institut für Bienenkunde 210 kg Kristallzucker für 21 Bienenvölker.

August 1948 Trotz der Blockade steht Siemens weiterhin mit Ostberliner Firmen in engen Geschäftsbeziehungen, die von der britischen Militärregierung weitestgehend untersagt werden. Der Handel Westberliner Firmen mit der ostzonalen Handelsgesellschaft Groß-Berlin geht weiter: z.B. liefert die Zehlendorfer Spinnfabrik 10 t Zellstoff um 1000 t. Kohle zu erhalten. Neidvoll blicken viele Westberliner, die inzwischen gelernt haben mit Trockenkartoffeln auszukommen, in den Ostensektor, wo Höchstpreise für Kartoffeln auf 7,5 Pfennig/Pfund festgelegt werden.

Herbst/Winter 1948 Blockade heißt auch weiterhin nicht, dass die Westberliner von der Umwelt abgeschnitten wären: neben der Möglichkeit im Ostsektor einzukaufen, decken sich die Westberliner bei häufigen Hamsterfahrten ins Umland ein oder fahren gar nach Sachsen oder Mecklenburg. Allein in einem Zeitraum von 4 Wochen gelangen so ca. 100.000 t Gemüse und Kartoffeln aus der SBZ nach Westberlin. Gerade einmal 400 t Kohle stehen den Westberliner Kliniken in diesem Winter zur Beheizung der Räume zu. In Betrieben, die keine Kohle zur Raumbeheizung zur Verfügung haben werden Holzroste, Strohmatten und Strohschuhe für die Arbeiter ausgegeben. Inzwischen wurden 2500 t Kohle pro Tag eingeflogen, womit für den Westsektor der Kohlenvorrat 50 Tage lang hält. Frischgemüse und frisches Obst ist in den Westsektoren Mangelware, auch wenn es sich viel Westberliner im Ostsektor oder im Umland beschaffen. Aus Gewichts und Platzgründen für den Lufttransport nach Westberlin werden Kartoffeln und Gemüse in Westdeutschland und dem westlichen Ausland getrocknet. Zur Behebung des Vitaminmangels werden vom West- Berliner Magistrat für 4 Millionen Mark Vitamintabletten aus Westdeutschland angefordert.

Winter/Frühjahr 1949 Trotz aller Kontrollen versorgen sich immer noch zahlreiche Westberliner im Umland mit Brennstoffen und bringen sie mit der S-Bahn, die im 20- Minuten-Takt fährt, in die Westsektoren. Die Fahrten lohnen sich, denn in Potsdam kostet ein Zentner Briketts 18 Ostmark, das sind weniger als 3 Westmark. Um die Sowjets zur Aufhebung der Blockade zu bewegen, greifen die westlichen Militärregierungen zur verschärften Gegenblockade, die eine strenge Einschränkung der Ausfuhr von Waren aus den Westsektoren nach Ost-Berlin vorsieht. Tatsächlich aber geht der Handel zwischen Westsektoren und Ostsektoren bzw. SBZ auf hohem Niveau weiter. Die Menschen in der SBZ hungern und sind unterversorgt, weil sie einen großen Teil der Lebensmittel nach Ostberlin liefern müssen. Hier aber quellen die Lager über und Lebensmittel verderben tonnenweise. Während dessen fordern die Westberliner, die ungeliebten Trockenkartoffeln durch Nudeln, Mehl und eiweißhaltige Lebensmitteln zu ersetzen. Vorerst beendet wir die Verschickung erholungsbedürftiger Berliner nach Westdeutschland.

Seit dem Beginn am 20. September 1948 waren 15426 Kinder zu Pflegeeltern, zu Verwandten oder in Kinderheime der Westzonen geflogen worden. Wichtigstes politisches Ereignis im März 1949 ist die Bekanntgabe der „Dritten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens“ durch die drei westlichen Stadtkommandanten, mit der die D-Mark zur alleingültigen Währung im Westteil wurde.

Ostern 1949 Am Karfreitag werden 3 Ausflugsdampfer aus Potsdam auf Westberliner Gewässern von der Westberliner Wasserschutz- Polizei beschlagnahmt. Entgegen allen Verboten bringen Westberliner Angestellte am Karsamstag mit Handwagen Kohle aus den „HO“7-Abgabestellen des Ostsektors in den Westteil der Stadt. Ostersonntag sind viele Hausfrauen in den Ostteil der Stadt gekommen, um sich für wenige Ostpfennige Osterkuchen backen zu lassen. Am Ostermontag gehen viele Westberliner in die Ostberliner HO-Gaststätten, um dort ausgiebig zu speisen. Die Ausflugslokale im Osten sind überfüllt. Auf der anderen Seite wird das Netz der Straßensperren zwischen den beiden Teilen Berlins zunehmend dichter. Für den Fahrzeugverkehr stehen nur noch vier Straßenübergänge zur Verfügung.

9.Mai 1949 Mit dem „Befehl Nr. 56“ ordnet der sowjetische Oberkommandierende das Ende der Verkehrsbeschränkungen an, „ die ab 1. März 1948 für die Verbindung, den Verkehr und den Handel zwischen Berlin und den westlichen Zonen sowie zwischen der östlichen Zone und den westlichen Zonen festgesetzt wurden.“8

Am 12.Mai 1949 um 0.01 Uhr ist die Berliner Blockade beendet.

5. Schlussbetrachtung

Für den ersten Tag der Blockade wie für die gesamte elfmonatige Blockadezeit gilt was neuere geschichtliche Forschungen bestätigen: die Blockade war keineswegs so vollständig, wie westliche Propaganda glauben machen wollte. Zwischen Ost- und West-Berlin gab es einen regen Handel, betrieben mit sowjetischer Duldung und Unterstützung.

„Ein halbes Jahrhundert nach der Berliner Blockade muß es zudem nicht nur gestattet sein, sondern ist es geradezu geboten, zu fragen, inwieweit die Westsektoren Berlins zwischen Juni 1948 und Mai 1949 tatsächlich blockiert waren. Bei der Version der DDR, die anfangs von Transportsperren sprach, später dann von einer „Selbstblockade“ West- Berlins, handelte es sich zwar um ideologisch begründete Propaganda, der allerdings nicht von vornherein und ungeprüft jeder Wahrheitsgehalt abzusprechen ist. (...) Die Sperrung der direkten Straßen-, Eisenbahn- und Schiffahrtsverbindungen zwischen den Westsektoren Berlins und den Westzonen rechtfertigt noch nicht den Begriff der Blockade, zumindest nicht in dem Sinn, die Westsektoren wären „isoliert“ und - abgesehen von den Luftkorridoren - von der Außenwelt abgeschnitten gewesen.“9

Trotz aller Einschränkungen, die die Blockade den Westberlinern zumutete, war es ihnen möglich - wenn auch unter schwierigen Umständen - sowohl in den Ostsektor als auch ins sowjetisch besetzte Umland zu fahren und sich dort mit Lebensmitteln, Kohle und anderen Gütern zu versorgen.

Auch wenn der Ostsektor eine vermeintliche Überlegenheit über den Westen propagierte, bezog während der Blockade nicht einmal jeder zwanzigste Westberliner seine Lebensmittel aus der Zone. Die 322 Tage dauernde Luftbrücke erlebte der Osten im Propagandarausch. Dem Wort Luftbrücke war in den Ostzeitungen immer ein "angeblich" vorangestellt: Alles gelogen, um Berlin auszuplündern. Statt dessen schrieben die Zeitungen tagtäglich über die Überlegenheit des Ostens gegenüber dem Westen.

Die Zeitungen waren voll von "Hilfsangeboten". Doch ob tatsächlich Westberliner Schüler in die geheizten Ostschulen kamen, wurde verschwiegen. Im wahren Leben war es nur eine verschwindend kleine Minderheit der Westberliner, die die gereichte Hand ergriffen. Es waren weniger als fünf Prozent der 920.000 Westberliner Familien, die ihre Lebensmittelkarten in Geschäften des Ostsektors eintragen ließen und dort Kohle einkauften. Die Mehrheit zog es vor, die Zähne zusammenzubeißen, statt sich im Osten einen Stempel in den Ausweis verpassen zu lassen, der später als Option für den Osten erkennbar war.

Im Osten war die Versorgungslage drei Jahre nach Kriegsende zwar auch nicht gerade rosig, aber zumindest ungebrochen. „Weil es bei seiner Verwandtschaft im vornehmen Schmargendorf "bestimmte Ängstlichkeiten" gab, in den Osten zu fahren, machte sich der heute 58jährige Laurenz Demps aus Prenzlauer Berg einmal in der Woche mit seinen Eltern auf den Weg nach "drüben", mit der Ringbahn über Treptow und Neukölln. Frische Kartoffeln und Stearinkerzen wurden gegen Milch- und Eipulver oder Trockenmohrrüben getauscht.“10 Kleiner und großer Tauschhandel funktionierten zwischen Ost und West - auch während der Blockade.

6. Quellen:

Barbara Bollwahn: Die Luftbrücke ist nichts weiter als Bluff.

in TAZ-BERLIN Nr. 5527 Seite 31 vom 09.05.1998

Gerhard Keiderling: Die Spaltung Berlins. Berlin 1985

Volker Koop: Kein Kampf um Berlin? Bonn 1998

Ders.: Tagebuch der Berliner Blockade. Bonn 1998

[...]


1 Europa-Archiv,2.Jg.,August 1947, S.820

2am 25.11.1947 brachte der US-Frachter „American Farmer“ 4800 Kisten neuer Banknoten für den „Tag X“; es folgten bis zum Mai 1948 weitere 18 000 Kisten neuen Geldes.

3Tatsächlich wurden Grenzgängern über 90 Mio. illegal eingeführten alten Geldes abgenommen

4 Gerhard Keiderling: Die Spaltung Berlins S.18

5 Gerhard Keiderling: Die Spaltung Berlins S.16

6 New York Herald Tribune vom 24.2.1949 - zitiert in: Gerhard Keiderling: Die Spaltung Berlins S.27

7HO = Handelsorganisation: Ostläden, die nur für Westberliner eingerichtet worden waren

8 Volker Koop: Tagebuch der Berliner Blockade Bonn 1998, S.234

9 Volker Koop: Kein Kampf um Berlin? Bonn 1998, S.10

10 Barbara Bollwahn: Die Luftbrücke ist nichts weiter als Bluff. in TAZ-BERLIN Nr. 5527 Seite 31 vom 09.05.1998

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Die Berliner Blockade
Note
1,4
Auteur
Année
2000
Pages
14
N° de catalogue
V104487
ISBN (ebook)
9783640028191
Taille d'un fichier
362 KB
Langue
allemand
Mots clés
Berliner, Blockade
Citation du texte
Sebastian Hudelmaier (Auteur), 2000, Die Berliner Blockade, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104487

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