Zum Leben und Werk von Erich Fried


Presentation / Essay (Pre-University), 2001

6 Pages


Excerpt


Erich Fried

Lebenslauf

1921 wurde Erich Fried als einziges Kind jüdischer Eltern geboren; der Vater war Spediteur, die Mutter Grafikerin

1938 wird seine Schulausbildung durch den Einmarsch deutscher Truppen beendet, der Vater von der Gestapo ermordet.

Im August flieht Fried nach London und hilft seiner Mutter und 70 anderen gefährdeten Personen ins englische Exil.

1944 erscheint sein erster Gedichtband „Deutschland“.

Hochzeit mit Maria Marburg

Geburt des Sohnes Hans

1946 Trennung von Maria

ab 1950 Kommentator bei BBC

1952 Heirat mit Nan Spencer - Eichner

1958 Geburt des Sohnes David

ab 1959 übersetzt er Werke von T.S. Eliot, Shakespeare und Dylan Thomas

1961 Geburt der Tochter Katherine

1962 Trennung von Nan

1963 erste Lesung vor der „Gruppe 47“

1965 Heirat mit Catherine Boswell, Geburt der Tochter Petra

1966 der Gedichtband „und Vietnam und“ erscheint Æ öffentliche Diskussionen.

1968 kündigt er bei BBC wegen ihrer Einstellung zum Kalten Krieg. In den folgenden Jahren reist Fried viel und nimmt an Diskussionen und Vorträgen zu politisch brisanten Fragen (Prager Frühling, Israel-Palästina-konflikt, Polizeiübergriffe, Haftbedingungen, politische Gefangene) teil

1969 Geburt der Zwillinge Klaus und Tom

1977 die CDU verbietet Fried-Gedichte im Unterricht, sie werden aus Schulbüchern entfernt

1979 die „Liebesgedichte“ erscheinen

1982 ist ein schicksalhaftes Jahr für Erich. Zunächst wird er selbst zum ersten Mal am Krebs operiert, kurz darauf stirbt seine Mutter

1983 „Es ist was es ist“ erscheint

Erich Fried bekommt den „Bremer Literaturpreis“

1985 2. Krebsoperation

1986 „Österreichischer Staatspreis für Verdienste um die österreichische Kultur im Ausland“ wird Fried übergeben Verleihung der „Carl-von-Ossietzky“-Medaille in Berlin verliehen von der Liga für Menschenrechte

1987 in Jugoslawien bekommt er den „Goldenen Schlüssel der Stadt Smederevo“ im Darmstädter Staatstheater wird ihm der „Georg-Büchner-Preis“ verliehen, er wird vom Publikum sowohl bejubelt als auch ausgepfiffen

1988 in NRW verteidigt die SPD Erich Frieds „Wo liegt Nicaragua“, dass die CDU in den Schulen verbieten will

am 3. November, bei Dreharbeiten für die ARD, wird Fried ins Krankenhaus eingeliefert und wiederum am Krebs operiert, er fällt ins Koma. 18 Tage später stirbt er

am 9. Dezember wird er in London beerdigt

Der Mensch Erich Fried

1. Seine Kindheit

Erich Fried wurde am 06.Mai 1921 als Kind jüdischer Eltern in Wien geboren.

Die Eltern schrieben beide Gedichte, der Vater (Hugo Fried) wollte sogar Dichter werden, hatten aber nie Erfolg. Fried wurde von Familienlesungen des Vaters zwar literarisch angeregt, aber seine Abneigung gegen den Vater und dessen Misserfolg haben ihn jahrelang davon abgehalten, Schriftsteller zu werden. Der Vater ist oft sehr ungerecht zu seinem Sohn, schimpft ihn wegen seiner Gehbehinderung einen Krüppel oder droht, ihn sogar umzubringen. Doch der Gerechtigskeitssinn Frieds lässt ihm Jahre später dem Verhältnis zu seinem Vater noch etwas positives abgewinnen: „ Mein Vater hat meinen Wiederstandsgeist geweckt, weil ich mit seiner Art, mich zu erziehen, nicht einverstanden war.“

Seine Mutter (Nellie Fried geb. Stein) beschreibt Fried als mutige und fleißige Frau, die keine harte Arbeit scheute, um die Familie aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig war sie aber auch übertrieben ehrgeizig, besitzergreifend und eifersüchtig und erschwerte ihrem Sohn so das Leben.

Er sah die Situation schon als kleines Kind so klar, dass er mit 6 ½ Jahren (!) folgendes schrieb:

KINDERGEDICHT

Ein Kind

ist kein Rind Ein Kind

ist geschwind wie der Wind Es hört

was euch stört Es denkt

was euch kränkt Es fragt

was euch nicht behagt Es schreit

was ihr wirklich seid Was es weiß

macht euch heiß

Und ihr sagt es sekkiert*, wenn es Euch irritiert.

(*sekkieren = österreichischer Ausdruck für „auf die Nerven gehen“)

Lieber als die Eltern hatte Erich Fried seine Großmutter Malvine (wurde 1943 in Auschwitz umgebracht) und sein Kindermädchen Fini, beide kümmerten sich liebevoll um ihn. In „Mitunter sogar Lachen“ hat er den beiden Frauen ein literarisches Denkmal gesetzt und ihnen jeweils ein Kapitel gewidmet.

2. Seine Liebesbeziehung

Erich Fried war dreimal in seinem Leben verheiratet.

Zum ersten Mal heiratete er im zarten Alter von 23 Jahren Maria Marburg. Zwei Monate später schon kommt ihr gemeinsamer Sohn Hans zur Welt. Erich Fried benannte ihn nach dem Dichter Hans Schmeier, der aus politischen Gründen Selbstmord beging!

Den Freitod dieses Freundes konnte Fried lange nicht verwinden.

Die Ehe wurde nur 2 Jahre später geschieden.

Bis zu seiner 2. Hochzeit hatte er mehrer Liebesbeziehungen. Im Jahr 1952, Fried ist nun 31 Jahre alt, heiratet er Nan Spencer, die Ex-Frau seines Freundes Hans Eichner. Aus dieser Ehe gehen 2 Kinder hervor: David und Katherine. Nan verlässt ihren Ehemann etwa ein Jahr nach der Geburt der Tochter.

Mit 44 verliebt er sich abermals und heiratet Catherine Boswell. Seine Tochter Petra wird geboren. 4 Jahre später folgen die Zwillinge Klaus und Tom.

Bis zu seinem Lebensende lebte Fried mit seiner Frau Catherine, seiner Mutter (die 1982 starb), seinen Kindern David, Petra, Klaus und Tom (die nach und nach auszogen) zusammen. Für ein paar Monate wohnte seine frühere Frau Nan bei ihnen. Sie holte er als Todkranke aus Dänemark zu sich.

3. Sein Charakter/Seine Eigenschaften/Seine Freunde

Die grundlegendste Eigenschaft Frieds war wohl sein Sinn für Gerechtigkeit, der sich immer wieder in seiner politischen Lyrik wiederspiegelt, aber nicht nur dort, sondern auch in vielen anderen Begebenheiten. Bereits als Erstklässler war er sehr auf Gerechtigkeit bedacht und wollte z.B. vor dem Polizeiminister an Weihnachten kein Gedicht aufsagen, da dieser bei einer Demonstration dabei war, als 86 Arbeiter von der Polizei erschossen wurden. Auch in seiner Tierliebe spiegelt sich dieser Gerechtigkeitssinn wieder. Er kann es nicht sehen, wenn Fliegen und Motten mit klebrigen Streifen Fliegenpapier gefangen werden. Für ihn sind das Marterinstrumente und keine Ungezieferfallen.

Sein Freund Hans Meyer verbindet mit diesem Gefühl für Fairness auch noch andere Eigenschaften Frieds. Er behauptet nämlich, dass Fried zwar zu Fehlern Stellung nahm, dabei aber nie demütigte oder Freundlichkeit vorheuchelte. Dies war Fried zuwider. Weiterhin sagt Meyer über Fried: „ Er flößt Vertrauen ein, war kein Angeber, nahm andere Menschen ernst, hätte es abscheulich gefunden, sie für den eigenen Aufstieg zu benutzen, indem er sie entweder demütigte oder umschmeichelte.“

Aus dieser Fairness ergibt sich auch seine Hilfsbereitschaft. Neben seiner mutigen Tat als Flüchtlingshelfer, hatte er auch immer ein offenes Ohr und eine offene Tür für politisch Verfolgte (ein Freund von ihm war Rudi Dutschke).

Aber nicht nur Prominente weilten in seinem Haus als Gäste, sondern „er nahm alle auf, die zu ihm kamen, ihnen Kost, Quartier und Zuspruch gegeben, allen die irgendwie krank, verfolgt, ohne Unterkunft waren. Wie viele solcher Hilfsbedürftiger habe ich über die Jahre hinweg bei ihm getroffen!“ sagt sein Freund Wieland Schmied.

Das Kommunikationszentrum von Frieds Haus in London war die Küche, sein eigentliches Reich aber war sein Arbeitszimmer. Das Arbeitszimmer zeigt einem viele Eigenschaften Erich Frieds. Es war chaotisch und ordentlich zugleich, vollgestopft mit Büchern, Briefen, Aufrufen, Zeitungen, Bildern, Kunst, Arbeitsmaterialien Es lag nach außen offen, so dass jeder hinsehen konnte und Fried selbst aber auch hinaussehen konnte. Es war offen für alles, so wie Fried selbst.

Fried konnte von seinem Fenster aus die Straße, die Leute und die Mülltonnen beobachten. Die Mülltonnen hatten eine besondere Bedeutung für ihn, aus ihnen zog er immer wieder weggeworfene Haushaltsgeräte, die er dann reparierte. Er hatte ein Händchen für kaputte Dinge und machte sie mit improvisatorischem Talent wieder ganz. Er nannte sich selbst „Elektrobastler“.

Oft war der Schriftsteller allerdings nicht zu Hause. Denn trotz seines Krebsleidens, war er bis zu seinem Tod ständig auf Reisen. Erholungsreisen waren dabei aber eher spärlich gesät. Er war meist auf Lesetour oder folgte Einladungen zu Kongressen und Preisverleihungen.

4. Sein Wandel vom „politischen Dichter“ zum „Liebesgedicht-Schreiber“

War eigentlich gar kein wirklicher Wandel, denn seine Liebesgedichte sind keine verschnörkelten, kitschigen Ergüsse; sondern ebenfalls Aufrufe an die Gesellschaft. In einer Gesellschaft nämlich, die von Besitz und Herrschaft geprägt sind, muss einen Menschen,

so wie er ist, zu akzeptieren, noch gelernt werden. Erich Fried folgendem Gedicht:

DICH Dich dich sein lassen ganz dich

Sehen dass du nur du bist wenn du alles bist was du bist das Zarte und das Wilde das was sich anschmiegt und das was sich losreißt

Wer nur die Hälfte liebt der liebt dich nicht halb sondern gar nicht der will dich zurechtschneiden amputieren verstümmeln

Dich dich sein lassen ob das schwer oder leicht ist? Es kommt nicht darauf an mit wieviel Vorbedacht und Verstand sondern mit wie viel Liebe und mit wieviel offener Sehnsucht nach allem - nach allem was du ist

Nach der Wärme und nach der Kälte nach der Güte und nach deinem Starrsinn nach deinem Willen und Unwillen

nach jeder deiner Gebärden nach deiner Ungebärdigkeit Unstetigkeit Stetigkeit

Dann ist dieses zeigt dies wunderschön an dich dich sein lassen vielleicht gar nicht so schwer

Zum Schluss möchte ich noch Frieds bekanntestes Gedicht vorstellen, mit dem sich der Kreis schließt! „Was es ist“ lässt viele Möglichkeiten zu. Der Leser muss auf sich selbst hören, seine eigenen Erfahrungen einflechten und sich darauf besinnen, dass Liebe nicht eindimensional ist und sich keinen Regeln unterwirft. Fried lässt deswegen auch offen um welche Liebe es geht! Auch die Liebe zur Revolution, kann damit verbunden werden!

WAS ES IST

Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist Unglück sagt die Berechnung

Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht Es ist was es ist sagt die Liebe

Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe

Quellennachweis:

Internet: www.erichfried.de

Erich Fried: „Gedichte“ Reclam

Erich Fried: „Mitunter sogar Lachen“ Wagenbach Gerhard Lampe: „Ich will mich erinnern...“ Bund

C. Fried-Boswell, V. Kaukoreit: „Ein Leben in Bildern & Geschichten“ Wagenbach Hans Meyer: „Über Erich Fried“ Europäische Verlagsanstalt

Nur nicht

Das Leben wäre vielleicht einfacher wenn ich dich gar nicht getroffen hätte

Weniger Trauer jedes Mal wenn wir uns trennen müssen weniger Angst vor der nächsten und übernächsten Trennung

Und auch nicht soviel von dieser machtlosen Sehnsucht wenn du nicht da bist die nur das Unmögliche will und das sofort im nächsten Augenblick und die dann weil es nicht sein kann betroffen ist und schwer atmet

Das Leben wäre vielleicht einfacher wenn ich dich nicht getroffen hätte Es wäre nur nicht mein Leben

Excerpt out of 6 pages

Details

Title
Zum Leben und Werk von Erich Fried
Course
Deutsch LK
Author
Year
2001
Pages
6
Catalog Number
V104513
ISBN (eBook)
9783640028429
File size
341 KB
Language
German
Keywords
Fried, Erich, Deutsch
Quote paper
Natalie Gaal (Author), 2001, Zum Leben und Werk von Erich Fried, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104513

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