Philosophiosche Kuckuckseier


Notes (de cours), 2001

140 Pages


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

GIBT'S NICHT. ÄTSCH!

VORWORT (1992)

Daß die hier vorliegende Arbeit sich nahtlos an die inzwischen doch schon recht berühmten Philosophischen Kuckuckseier anschließt, dürfte dem geneigten Leser schon nach den ersten Zeilen sich er- schließen. Einen Gewinn aus dieser Arbeit kann er ohnehin nur dann ziehen, wenn den Kuckuckseiern ein ausführliches und tränenreiches Studium er gewidmet hat.

Auch diese Arbeit wurde in den - nun eigenen - Computer gehackt, live und ohne doppelten Boden, sofern man dies bei einem Computer - einer wirklich äußerst "komfortablen Schreibmaschine"(J. Weizen- baum) - überhaupt noch behaupten kann. Die Fehlinterpunktion ist immer noch ein nicht auszugleichendes Charakternegativ des Autors, was diesen aber überhaupt nicht mehr weiter juckt. Grammatikalische und sonstige Ungereimtheiten sind des Autors ureigenste objektiv- individuelle Schuld auch noch immer, bleiben deshalb als individuell zurechenbare Dummheit auch in dieser Arbeit unkorrigiert stehen. Und die Trennung habe ich schon gar nicht überwacht, die hat der Computer wirklich selbst erledigt!

Der gewohnten Üblichkeit folgend, sollte in einem Vorwort man den Personen danken, denen das vorliegende Machwerk einiges zu verdanken hat. Dieser Gewohnheit werden wir hier erstmals nicht folgen, um die bedankenswürdigen Individuen der Peinlichkeit zu entheben, rückbedankend sich äußern zu müssen.

Eine Ausnahme sei dennoch gestattet: Golo Mann muß gedankt wer- den, denn war's doch er, der an den verdammten Computer mich wieder mal trieb.

Eines soll unerwähnt auch nicht bleiben, daß "Pottsäuchen" Anna nämlich die notwendige räumliche, zeitliche und auch gedankliche Distanz zu dieser Schreibe mir dankenswerterweise letztlich und un- erbittlich denn doch aufnötigte. Will heißen, der intrinsisch mir real- psychologisch doch innewohnenden Faulheit, die extrinsisch lebens- weltlich real-existierende äußere Legitimationsgrundlage zum wie- derholten Male wiederum verlieh! Auf gut/schlecht Politikerdeutsch: Die zweckrational/strategisch legitimierte Handlungsbedarfsgrund- lage wurde zwangskommunikativ falsifiziert. Die "Lebenswelt" hat halt letztendlich doch recht!

VORWORT - NACHTRAG 1995

Die "Lebenswelt" hat halt letztendlich doch recht! Ab ca. Oktober 1995 wohl noch viel mehr.

Das war's erst mal, es verbleibt

mit Kuß & Gruß

Burkard

Aschaffenburg,

Sommer/Herbst/Winter 1989

Frühling/Sommer/Herbst 1990(*)

Winter/Frühling/Sommer 1992

Sommer 1995

(*) mit dem Schreiben war ich schon mal flinker!

?. von B.K. autorisierter Druck des 3. Versuchs. Immer noch ziemlich unkorrigiert und unvollständig. "We didn't come out the way, we suppose to do it." Larry Corryel

Platz für Autogramm:

Datum: September t, jjjj

MIT FREUNDLICHEN WORTEN

UND EINEMBALLERMANN KOMMST DU

WEITER, ALS MITFREUNDLICHEN

WORTEN ALLEIN

AL CAPONE

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HAUST DU MICH, HAU ICH DICH

CARLO MANZONI

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IHR HABT GUTEN GRUND

ZUR ZUVERSICHT

HELMUT KOHL

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EINE WELT, DIE NICHT MEHR

AN DEN TEUFEL GLAUBT,

MUSS VON IHM GEHOLT

WERDEN

ERWIN CHARGAFF

---

DER HINTERN DES TEUFELS

IST DIE UNRUHE,

DIE LANGWEILE IST DER

HINTERN GOTTES

ERNST BLOCH

---

UNPHILOSOPHISCHE ZEITRÄUME,

WIE ES SCHEINT.

P. & V. CAYSA

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EINE KULTURELL VERNEBELTE UND

SOZIAL VERFINSTERTE BUNDESREPUBLIK

BRAUCHT DEN ROT-GRÜNEN

LICHTBLICK

JÜRGEN HABERMAS

---

ECHTE POLEMIK NIMMT EIN BUCH SICH

SO LIEBEVOLL VOR, WIE EIN

KANNIBALE SICH EINEN SÄUGLING ZURICHTET

WALTER BENJAMIN

---

ES IST EINE KUNST, ODER VIELMEHR EIN TRICK

ZU FLIEGEN. DER TRICK BESTEHT DARIN,

DASS MAN LERNT, WIE MAN SICH AUF

DEN BODEN SCHMEISST, ABER DA- NEBEN.

D. ADAMS

---

LIFE IS A LEMON AND I WANT

MY MONEY BACK

MEAT LOAF

---

ZU JEDEM MENSCHLICHEN PROBLEM

GIBT ES EINE LÖSUNG, DIE EINFACH, SAUBER UND FALSCH IST.

W. LIPPMANN

---

MAN MÖCHTE LEBEN, OHNE ZU ALTERN;

UND MAN ALTERT IN

WIRKLICHKEIT, OHNE ZU

LEBEN.

A. MITSCHERLICH

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DER MENSCH BLEIBT EIN LAIE

MAX FRISCH

---

DIE GESCHICHTE EINES BELIEBIGEN

LEBENS IST DIE GESCHICHTE

EINES SCHEITERNS

J.-P. SARTRE

---

WAS IMMER ICH TUE, WOHIN AUCH IMMER

ICH GEHE, EIN GEDANKE TRÖSTET MICH:

ICH BIN UNFREIWILLIG MENSCH, ALSO BIN

ICH EIN UNSCHULDIGER MENSCH.

GESUALDO BUFALINO

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DIG THIS

MILES DAVIS

---

VORBEREITENDE BEMERKUNG VOR DEN VORBEREITEN- DEN BEMERKUNGEN EIGENTLICHER TEIL, DER GLEICH KOMMT

Compagnia Buffo (Jahrmarkt-Theater im Zelt): "Doch das Paradies ist verriegelt, wir müssen die Reise um die Welt1 machen und sehen, ob es vielleicht von hinten irgendwo wieder offen ist."

VORNEWEG EIN KLEINER HINWEIS

Da es kein Inhaltsverzeichnis gibt (Ätsch!), Hinweis:

Im Text finden sich Exkurse - Fremdüberlegungen (numeriert), Tigervariationen (numeriert) und - gerade eben beschlossen 7. März 1992, 19:32 - Dilemmata (nicht numeriert).

Keine weiteren Hinweise.

NOCH EINE WINZIG KLEINE VORBEMERKUNG VORNEWEG

Von zwei recht alten Freunden wurde zum 40. Geburtstag mir unter anderem folgendes ins Nest gelegt: "Wieso erreichen seine Werke2... einen beträchtlichen Umfang? Nun, Ursache ist seine (also die mei- nige, Anm. bk) INTELLEKTUELLE REDLICHKEIT3, Fremdge- dachtes4 mit exzessiven5 Quellenangaben zu belegen. Unter dieser Perspektive sind seine Werke übrigens hervorragend geeignet, mittels der Fußnotenverwaltung die Leistungsfähigkeit von Textverarbei- tungssystemen zu testen."6

Genug der intellektuellen Redlichkeit!7 Unterschlagen wir die "Anwandlungen autoritären Charakters"8, die "Versuche intellektueller Redundanz"9 und den "pragmatischen Skeptizismus" ...

Das gesamte nachfolgende WERK10 ist eine "intellektuelle Redlich- keit"11.

VORBEREITENDE BEMERKUNGEN

Golo Mann, gewiß kein allzu dummer Mensch, wurde im Fernsehen anläßlich seines achtzigsten Geburtstages interviewt, was nichts Schlimmes eigentlich ist. Nur sollte Mann dann seine Sinne schon beisammen haben und bedenken, was denn über die Lippen in die verödete Fernsehlandschaft rüberkommt. Also: "Adorno und Hork- heimer sind Lumpen, und ich weiß was ich sage."12 Die taz glaubt in ihrem Nachruf, bezugnehmend auf diesen Fernsehauftrtitt, daß der Golo Mann sich zu seinem 80. Geburtstag einige Auftritte inszenierte, die "Zwiefel an seiner weiteren politischen Zurechnungsfähigkeit aufkommen" schon lassen13 Der Wolfram Schütte - der von der FR, den sowieso kein Mensch versteht - meint, daß "es ... ja jedem unbenommen sein (mag), im privaten Kreis einen anderen 'Lump' zu schimpfen; aber vor laufender Kamera das ohne Begründung über Tote zu tun: - dazu gehört wohl eben jener Mangel an 'Takt' und 'Gesittung', die doch gerade in konservativen Kreisen kursieren soll- ten, in denen Golo Mann verkehrt."14 Eben! Selbst der Luhmann wurde von Mann's Ausfall dazu gebracht, einen Aufruf zu unter- zeichnen, der dieser Diffamierung zweier "weltweit geachteter Ge- lehrter" entgegentritt15.

Nun gut, "Lumpen"16 sind sie also, der Hork und der TWA17. Wenn der Schütte diesen Begriff für den privaten Sprachgebrauch aber schon sanktioniert, übernehmen wir ihn frech für unsere private Arbeit und weiten ihn auch noch ein ganz klein wenig aus auf Andere, damit er in den Kram uns einigermaßen paßt.

Wahrscheinlich dürfte nämlich folgendes sein: Golo Mann konnte mit seinem Angriff nicht nur den Hork/TWA in ihrem privaten und geschäftlichen18 Tun gemeint haben, sondern - und das unterstellen wir hier frech und ganz und gar frei - auch das Denken, das diese re- präsentierten und dem sich Andere noch heute verpflichtet fühlen. Hork/TWA sind also nicht die einzigen "Lumpen", mit denen wir es zu tun bekommen werden19.

"Dig this", Miles Davis.20

TENTATIVE ZURICHTUNG DES THEMAS, UM DIESES NICHT ZU VERFEHLEN

Da Beleidigungen im Stile Golo Manns im Umgang mit kritischen Intellektuellen in Deutschland eine traurige Tradition und Gegenwart haben21, sollen Hork/TWA in dieser Arbeit nur als die exemplarischen "Lumpen" herhalten.

Es kann und soll hier weniger darum gehen, was denn das "Lump- Sein" vom Hork/TWA vielleicht ausmachen könnte22 bzw. aus- macht23, wenn wir auch der - zugegebenermaßen etwas peinlichen - Schlüsselochperspektive24 uns nicht ganz enthalten werden und dies auch gar nicht wollen. Warum auch, wenn sich schon die Herausgeber des Bändchens "Geist gegen den Zeitgeist" zuzugeben getrauen: "Noch ein Motiv muß der Ehrlichkeit halber genannt werden, das nämlich der immer wieder aufflackernden und von der Diskretion immer wieder zu zügelnden Neugierde fürs Private. Aber Anwandlun- gen von Voyeurismus, von verhalten-genüßlichem Klatsch müssen uns als Jüngeren nachgesehen werden."25

Es geht in unserem kleinen Pamphlet um die, die "Lumpen" im allgemeinen Sprachgebrauch wohl genannt werden - um kritische Geister, um "schlechte Menschen" halt, die das Denken sich nicht haben nehmen lassen. Es geht, um es kurz und schmerzlos zu machen, immer noch um die Frage: "Wozu noch Philosophie?"26

Und was ist Philosophie? Sie "erklärt die blöde Trivialität der Welt nur auf einem reichhaltigeren Niveau."27 Wittgenstein ein bißchen später: "Was wir in der Philosophie herausfinden, ist trivial; sie lehrt uns keine neuen Fakten - das tut nur die Wissenschaft. Doch der rich- tige Überblick über diese Trivialitäten ist enorm schwierig und unge- heuer wichtig. Die Philosophie ist eigentlich nichts anderes als eine Übersicht über Trivialitäten."28 Oder: "Das Philosophieren läßt sich ... im Kern als Anthropologie in praktischer Absicht bestimmen."29 Und: "In der Philosophie geht es nicht um das Aufstellen von Theorien nach der Art der Einzelwissenschaften, sondern um die Kritik (das heißt: die gemeinsame vernünftige Beurteilung) unserer Lebens- und Weltverständnisse."30 Und: "Die Philosophie ist ein Nachzügler, und sie bringt uns kein endzeitliches Verstehen, sondern nur die Weisheit der Eule, die in der Dämmerung ausfliegt. Es gibt allerdings noch fol- gende Alternative, die mir eher Schrecken bereitet als Vertrauen einflößt: die Weisheit des Adlers im Morgengrauen."31 Schluß: "Nach meiner Auffassung ist ... neben der Erinnerung unserer geistigen Her- kunftsgeschichte und der kritischen Reflexion von Fachwissen- schaften eine weitere Aufgabe heutiger Philosophie, uns zur sub- jektiven, nicht bloß objektiv-wissenschaftlichen Aneignung unseres Lebens und unserer Lebenswelt zu verhelfen."32

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 133

"Das Anderswo ist ein Spiegel im Negativ. Der Reisende erkennt das wenige, was sein ist, währenddessen er das viele entdeckt, was er nicht gehabt hat und nicht haben wird."34

VORBEREITENDE ANFANGSARBEITEN

Mit Hork/TWA den beiden "Lumpen" müßte angefangen eigentlich schon werden, wenn eine gewisse Stringenz in diese Arbeit wir ir- gendwie hineinbekommen wollen. Von Stringenz war allerdings so- wieso nie die Rede und wissen tut auch noch kein Mensch, wohin die Reise der "Lumpensammler" gehen wird. Eines aber - und das soll klargestellt hier gleich werden vorneweg - ist gesicherter als das Amen in der Kirche: Lumpen gab es andere als die unseren, die "Lumpen" wir hier zu nennen uns erlauben.

Klar dürfte und sollte auch sein, daß die folgende Argumentation schon einigermaßen fragwürdig ist. Der Lumpenvorwurf von Mann ist nicht zu kontern dadurch, daß andere Lumpen wir irgendwo aus- machen und an den Zitatenpranger stellen. Doch das ist uns einiger- maßen egal, was schamhaft (gelogen! Anm. BK)35 eingestanden ist.

HINWEIS

"... unternahmen meine Frau und ich mit Heidegger, seiner Frau und seinen zwei Söhnen, die ich als Kinder oft behütet hatte, einen Aus- flug nach Frascati und Tusculum ... Heidegger hatte selbst bei dieser Gelegenheit das Parteiabzeichen nicht von seinem Rock entfernt. Er trug es während seines ganzen römischen Aufenthalts, und es war ihm offenbar nicht in den Sinn gekommen, daß das Hakenkreuz nicht am Platz war, wenn er mit mir einen Tag verbrachte."36

Daß Heidegger, ehedem Rektor der Freiburger Universität, ein ganz schön ausgekochter Lump gewesen ist, das wußte man und weiß es spätestens nach Farias Buch37, das nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Bundesrepublik recht hohe Wellen schlug. "Die abweh- renden Reaktionen gegen Farías' Buch beziehen sich ... auf die politi- sche Biographie im engeren Sinne. Diese konfrontiert uns zum ersten Mal mit den trostlosen Details der NS-Alltagsgeschichte eines be- deutenden Philosophen. Nach diesem Werk ist es nicht mehr so leicht wie bisher, den radikalen Gestus des großen Denkers von den er- staunlichen Aktivitäten und dem kleinkarierten Ehrgeiz eines radika- lisierten deutschen Professors aus der Provinz zu trennen ... Diese Lehre bringt Farías gegenüber Testamentsvollstreckern zur Geltung, die immer noch meinen, daß der intellektuelle Rang eines Autors die Nachkommen dazu verpflichte, das Erbe als Ganzes und ungeschie- den anzutreten."38

Marcuse, ein ehemaliger Schüler von Heidegger, schrieb diesem 1947, daß sich ein Philosoph zwar im Politischen täuschen könne, seinen Irrtum dann aber offen darlegen werde. "Aber er kann sich nicht täuschen über ein Regime, das Millionen von Juden umgebracht hat - bloß weil sie Juden waren, das den Terror zum Normalzustand gemacht hat und alles, was je wirklich mit dem Begriff Geist und Frei- heit und Wahrheit verbunden war, in sein blutiges Gegenteil verkehrt hat." Marcuse teilt dem Heidegger mit, er werde ein Paket schicken. Seine Freunde seien zwar dagegen und hätten ihm vorgeworfen, "daß ich einem Mann helfe, der sich mit einem Regime identifiziert hat, das Millionen meiner Glaubensgenossen in die Gaskammer geschickt hat." Heidegger erhielt das Paket, ließ jedoch den ganzen Inhalt an frühere Schüler verteilen, "die weder in der Partei noch sonst ir- gendwelche Beziehung zur Partei hatten." Dies möge Marcuses Freunde beruhigen, so Heidegger in seinem Antwortschreiben vom 2o. Januar 1948. Auf die von Marcuse erhobenen Vorwürfe wegen des Genozids, berechtigte Vorwürfe, wie Heidegger zugesteht, könne er nur hinzufügen, "daß statt 'Juden' 'Ostdeutsche' zu stehen hat und dann genau so gilt für einen der Alliierten, mit dem Unterschied, daß alles, was seit 1945 geschieht, der Weltöffentlichkeit bekannt ist, während der blutige Terror der Nazis vor dem deutschen Volk tatsächlich geheim gehalten worden ist."39

So sähe ein Lump also aus, auf den der Begriff sich trefflich und belegbar auch anwenden ließe. Es könnte einem egal sein - und: "Es ist egal, ob Heidegger Nazi genannt wird."40

Egal für das philosophische Werk41 vielleicht, was aber keineswegs ausgemacht ist!

Daß Heidegger aber ein Nazi war, ist glasklar und sonstnochwas: "Der Führer selbst und allein ist die heutige und künftige Wirklichkeit[*] und ihr Gesetz."42

Daß das alles aber nicht weiter schlimm ist, sollte aber auch nicht mehr verwundern, denn die ganze Kontroverse um den Nazi-Heideg- ger ist eigentlich nichtig, "man könnte genausogut fragen, ob er seine Frau betrogen, ob er Zigarre geraucht oder Hämorrhoiden gehabt ha- be."43

Soviel erst einmal zu einem Lumpen, der zumindest der Profession nach Hork/TWA nahegestanden hat und für sich in Anspruch nahm: "Wer groß denkt, muß groß irren"44.

AUFHÖREN KÖNNTEN WIR SCHON - ABER GERADE DESWEGEN AUCH!

Kinderspielzeug

Soviel Spielzeug auf einmal habe ich noch nie gesehen Puppenbetten und Puppen und Stofftiere, Legespiele Steinbaukasten und Holzwürfel, kleine Trompeten körneraufpickende Hühner, bewegt von einem Gewicht Schiefertafeln und Buntstifte, Bilderbücher Soldaten, Kanonen, Indianer und Eisenbahnen Bälle und Diabolos und ein ganzes Kindertheater manches beschädigt, aber auch noch zu reparieren

Man könnte das alles an hunderte arme Kinder verteilen Es war auch wirklich bestimmt zur Verteilung an Kinder Sorglich beschlagnahmtes Spielzeug

von getöteten Kindern in Auschwitz

Erich Fried

Spielzeug-

panzer

für 9jährigen Jungen

45 gesucht. Chiffre 4653

"Ich durfte mich noch nicht einmal abwenden, wenn allzumenschliche Regungen in mir hochstiegen. Mußte kalt zusehen, wie die Mütter mit den lachenden oder weinenden Kindern in die Gaskammer gingen. - Einmal waren zwei kleine Kinder so in ihr Spiel vertieft, daß sie sich absolut nicht von ihrer Mutter davon losreißen lassen wollten. Selbst die Juden des Sonderkommandos wollten die Kinder nicht auf- nehmen. Den um Erbarmen flehenden Blick der Mutter, die bestimmt wußte, was geschieht, werde ich nie vergessen. Die in der Kammer wurden schob unruhig - ich mußte handeln. Alles sah auf mich - ich gab dem diensthabenden Unterführer einen Wink, und er nahm die sich heftig sträubenden Kinder auf die Arme und brachte sie mit der herzzerbrechend weinenden Mutter in die Kammer. Ich wäre am liebsten von der Bildfläche verschwunden ..."46

Die Disco war "gaskammervoll"47

"Vielleicht werden wir einmal die neue Intelligenz sein. Ich bin sicher, es kommt noch einmal eine ähnliche Zeit wie damals. Sie wird anders sein, aber auch anders als heute. Die Menschen können ohne Symbole und Leitfiguren nicht leben, zumindest auf Dauer nicht. Die neuen Führer werden andere sein. Nicht mehr der Krieg oder die Vernichtung einzelner wird das Ziel sein, sondern die Macht ohne Krieg. Der Tod der einen wird nicht mehr die Voraussetzung für das Leben anderer. Es wird eine Herrschaft geben ohne Opfer, nur durch Unterwerfung. Heute ist es nicht mehr so einfach, die Masse zu mobi- lisieren. Die Menschen sind kritischer geworden. Und kritische Men- schen lassen sich nur begeistern, wenn sie einen Feind haben, der ih- rem kritischen Bewußtsein entspricht. Das hat man bei der Friedens- bewegung gesehen. Das haben wir genau studiert. Da konnte man sehen, daß sich der Deutsche immer noch mobilisieren läßt. Nur der Feind muß stimmen.

Meine Freunde und ich - die meisten Ärzte - werden bereitstehen. Wir haben Zeit. Wir werden uns nicht von irgendwelchen Idioten benutzen lassen wie unsere Väter. Als Ärzte sind wir bei jeder politischen Veränderung unentbehrlich. Das Volk als lebendiger Körper braucht die Ärzte. Sie können auch töten, wenn es sein muß. Nicht aus Lust, sondern berufsmäßig. Es gehört zur Arbeit. So wie der Arzt einen Patienten rettet, indem er ihm den Blinddarm herausschneidet, kann er den Volkskörper schützen, indem er größere Geschwüre entfernt. Die Vernichtung von Leben ist immer auch eine Überlebensgrundlage für andere. Die eigene Überzeugung ist dabei das wichtigste. Mein Vater war mir da ein Vorbild."

Egon (26 Jahre)48

"Eine Regierung, die es zuläßt, daß ein als blinder Passagier einge- reister Afrikaner, der wegen eines Vergehens, bei uns zu einer Frei- heitsstrafe auf Bewährung verurteilt und dessen Asylantrag abgelehnt wurde, noch eine sogenannte Duldung für den Aufenthalt in der BRD erhält, ist doch wirklich dem deutschen Volk nicht zumutbar. Wie traurig und erschütternd, daß junge Männer deshalb, in Ausübung ihres Berufes ihr Leben lassen mußten. (Dieser Afrikaner erstach in Stuttgart zwei Polizisten, Anm., BK).

Wen wundert es da noch, daß die Republikaner so großen Anhang haben?? Uns (18jährigen) jedenfalls wird es angst und bang, wenn wir an die Zukunft denken.

Daniel Reising

Rennstr. 4

Westerngrund

im Auftrag einiger Freunde49

DARF MAN SO SCHREIBEN?

Darf man so schreiben, so Zusammenhänge herstellen und diese einbinden in eine Arbeit, die letztlich der eigenen Verständigung dient und nicht ganz ernst gemeint ist?

Ich bin mir in der Beantwortung der Frage nicht ganz sicher, will mich aber nicht herausreden.

Dem Grauen, das sich vollzog und dessen "Faszination"50 sich gerade dort reproduziert, wo am ehesten eine "natürliche" Resistenz man vielleicht erwarten könnte, nämlich im Denken junger Menschen, ist durch angestrengte Ernsthaftigkeit - so notwendig diese auch ist - gewiß nicht anzukommen. Durch vordergründigen Zynismus, den diese Arbeit bestimmt auch auszeichnet, genausowenig - was klar ist. Und pädagogische Aufklärung, die schulisch inszenierte und verord- nete51 zumindest, hat scheinbar auch nichts genutzt52. Werden even- tuell darauf zurückkommen. Darf man so schreiben? Ich glaube ja! Nutzen tut's eh nichts und schaden wird es schon auch nicht53.

Für den N. Elias sind wir die "letzten Barbaren"54, die legitimen Enkel zumindest. Machen wir dem Elias Ehre und bemühen uns, die "letzten" tatsächlich auch mal zu sein.

HAUPTSACHE

Ganz schön blödsinnig von mir, das mit den vorbereitenden An- fangsarbeiten. Hätte sie ganz einfach weglassen sollen, denn was sol- len denn die Arbeiten vorbereiten, wenn man noch nicht einmal weiß, was die "Lumpensammlung" letztlich und endlich überhaupt erbringen soll? Machen wir es uns einfach und kehren zurück zu un- serer Habermasschen Ausgangsfrage, stellen wir uns wiederum mal ganz blöd und fragen uns wieder, wozu denn noch Philosophie?

Beginnen wir mit einem Satz, den die Herausgeber der "Festschrift" zum 6o. Geburtstag55 von Jürgen Habermas in die Vorbemerkung hineinschrieben: "Dieser Band ist dem Philosophen, Soziologen und Theoretiker der Moderne gewidmet; er ist aber auch dem Intellektuel- len gewidmet, der in einem Land, das immer noch und immer wieder von Schüben der Gegenaufklärung bedroht wird, stets unnachgiebig Positionen der Aufklärung öffentlich vertreten hat."56 Da jeder weiß, zumindest der Leser der Kuckuckseier57 sollte es wissen, daß der Ha- bermas der selbsterwählte intellektuelle Scharfrichter58 des Autors ist, halten wir uns mal an die Charakterisierung vom Honneth u.a. und fangen mit der Aufklärung als Telos einer Philosophie an, die diesen Namen denn auch wirklich verdient. Und da könnten auch unsere beiden Original-"Lumpen" zum Zuge kommen, mit der gottverdamm- ten Dialektik, die sie der Aufklärung frühzeitig schon attestierten59. Sie kommen aber noch nicht!

"'Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstver- schuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbst- verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht im Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.' 'Selbstdenken heißt, den obersten Probierstein der Wahrheit in sich selbst (d.i. in seiner eigenen Vernunft) zu sehen; und die Maxime je- der Zeit selbst zu denken, ist die Aufklärung.'"60

Sicher ist vielleicht schon, daß Philosophie in Aufklärung sich nicht erschöpft, wie wir dies hier vielleicht nahelegen, doch darüber müßte ich noch ein bißchen nachdenken und dazu habe ich augenblicklich keine Lust bzw. bin damit nicht ganz fertig geworden!61 Und außer- dem liegt in der Philosophie "die Schwierigkeit darin, nicht mehr zu sagen, als was wir wissen."62 Und: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen."63

Aufklärung scheint also wieder angesagt64, wenn uns auch "ein schüchterner Blick, in die sogenannte Geschichte geschickt, beweist, daß mit Aufklärung, geistiger Erziehung und ähnlichen Albernheiten nichts zu machen ist."65 Also lassen wir's! Das ist natürlich Quatsch, denn dann wären die paar Seiten, die bisher schon geschrieben wur- den, für die Katz. Selbst Hork/TWA halten letztlich an Aufklärung fest, denn was ist denn die Dialektik der Aufklärung anderes als Auf- klärung gerade über die Dialektik der Aufklärung? Wenn Hork/TWA der Aufklärung wirklich nichts mehr zutrauen, warum denn dann die Dialektik der Aufklärung? Vielleicht, wenn auch wenig wahrschein- lich, hat der Fetscher recht, daß Hork/TWA "trotz allem an den Zielen einer befreiten Menschheit und emanzipierter, autonomer Individuen festhielten."66 Festhalten wollten Hork/TWA sicherlich, doch fanden sie die Angriffspunkte nicht mehr, scheinen letztlich doch zu resi- gnieren67. Hork/TWA waren "hoffnungslos pessimistisch"68 ! Egal! Belassen wir es erst mal mit diesen kurzen Hinweisen, wir werden darauf zurückkommen, das sei schon hier vorsichtshalber an- gedroht.

UM VORWÄRTS ZU KOMMEN, DAS ENDE DER HAUPT- SACHE

Schluß mit dem Geschwafel! Schlußstriche, Handlungsbedarfsrealisa- tionen und Entscheidungen sind gefragt. Neue Männer braucht das Land, solche nämlich, die nicht durch irgendwelche intellektuellen Skrupel gepeinigt werden, Intellekt aber dennoch besitzen.69 Lumpen vielleicht, die den Gegebenheiten gegenüber sich funktional immer verhalten, hüben wie drüben, hier wie dort und gestern wie heute70. Männer - meinetwegen auch Frauen - also, die der Aufklärung keine Träne nachweinen. Männer und Frauen, die die Reklame der Post - die wirbt mit "Postmodern" - nicht in den falschen Hals schon kriegen und beim Wiesengrund tatsächlich an das schöne Hafenlohrtal noch sich erinnern können. Menschen, die ihr Denken benutzen und nicht leben. Menschen, denen es geht wie den Teilnehmern der öster- reichischen Nordpolexpedition unter Weyprecht und Payer geht, nachdem im Eis sie mit ihrem Schiff eingeschlossen waren: "Was immer sie jetzt auch tun - sie haben es schon einmal getan. Sie wie- derholen ihre Tage. Die Zeit kreist."71

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 2

"Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotive der Geschichte. Aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolu- tionen der Griff des in diesem Zug reisenden Menschengeschlechtes nach der Notbremse."72

"The people united will never be defeated", Charlie Haden.

SCHLUSS DER VORBEREITENDEN ANFANGSARBEITEN, DIE KEINE WAREN, ALS SOLCHE HINGESTELLT WURDEN DENNOCH, UM EINDRUCK EIN WENIG ZU MACHEN. ÜBERLEITUNG ZUR EIGENTLICHEN ARBEIT.

Hinter der Überschrift verbirgt sich eigentlich eine Fremdüberlegung, die allerdings so lang ist, daß wir sie hier ein bißchen verstecken möchten, sie als Fremdüberlegung nicht ausdrücklich zeichnen wollen. Auch so füllt man Seiten!

Nun denn: "Ich würde also die Legende von den Vögeln erzählen, die höher fliegen, als die Gipfel des Himalaya aufragen. Sie heißen die Göttervögel, weil sie unsterblich sind. Schweben sie erst einmal in den Lüften, sind sie von den Schwerkräften der Erde entbunden. Sie brauchen keine Nahrung aufnehmen, da sie sich vollständig selbst genügen. Nie landen sie auf dem Boden, ihr Aufenthalt sind aus- schließlich die höchsten Regionen der Luft, sie schlafen auch in der freien Höhe, sie lieben sich unter offenem Himmel und über der offe- nen Erde, sie scheinen nichts zu brauchen außer Höhe und Weite, als seien sie imstande, sich durch die Nabelschnur der eigenen Seligkeit zu versorgen. Der einzige Augenblick im Göttervogelleben, in dem dieses losgelöste Dasein in Gefahr kommt, gestört zu werden, existiert ganz am Anfang. Denn als erdentbundene Geschöpfe legen die Göttervögel ihre Eier in die Luft. Während das Ei aus größter Höhe der Erde entgegenfällt, brütet die Sonne es aus. Wenn die Mutter hoch genug geflogen ist, dann ist die Zeit, die bis zum Ausschlüpfen des Jungen vergeht, gerade ausreichend, damit das stürzende Ei noch über der Erde von innen her zersprengt wird - der junge Göttervogel schlüpft in der Luft aus, er fühlt den Sturzwind in den Federn, er fängt sich im freien Fall, er breitet die Flügel aus und beginnt wieder zu steigen. So ist zu der Gattung der seltenen und wunderbaren Vögel ein neues Exemplar hinzugekommen.

Aber längst nicht alle Jungen sind so glücklich, noch über der Erde auszuschlüpfen und sich noch in der Luft zu fangen. Vielleicht flog der Muttervogel bei der Eiablage nicht, wie nötig, bis in die äußersten Höhen, vielleicht haben die Wolken die Sonne verdeckt und dem stürzenden Objekt die zum Brüten nötige Wärme vorenthalten, jeden- falls kommt es mehr als einmal vor, daß die Zeit für das Götterküken nicht genügt, um sich rechtzeitig zu befreien. Die Schwerkraft ist zu stark, der Sturz zu schnell, die zusammengepreßte Gestalt des Vogels bleibt in dem kalkigen Gefängnis eingeschlossen, während der Erd- boden sich bedrohlich nähert. Verzweifelt will das Junge heraus, aber es ist zu spät, die Erde saugt mit ungeheurem Sog das stürzende Ei zu sich hinunter, und so geschieht, was nie hätte geschehen dürfen und was sich doch allzuoft ereignet, das Ei zerschellt am Boden. Wie betäubt steckt das Junge in der zerbrochenen Schale, es ahnt noch einmal, daß es versäumt hat, rechtzeitig aufzufliegen, flügellahm liegt es auf der Erde, vom Blitz getroffen, von Helligkeit und Schwere niedergeschmettert. Nun wird es nie mehr fliegen lernen. Ist der erste Schock vorüber, so rafft es sich auf, es flattert auf der Stelle, dann resigniert es vor der Schwerkraft und versucht, wenigstens selber gehen zu lernen. Das gelingt auch meistens - manche von den abgestürzten Göttervögeln reden in ihrem späteren Leben immerzu davon, wie wichtig für ihresgleichen der aufrechte Gang sei. Aber so- viel der vertikalen Tiere auch auf dem Erdboden herumlaufen, sie werden nie das Gefühl abschütteln, daß etwas mit ihnen nicht völlig in Ordnung ist. In einem verborgenen Winkel ihres Gedächtnisses lebt eine Ahnung davon weiter, daß einmal andere Möglichkeiten offen- standen, die ihnen vorenthalten blieben."73

Ohne Kommentar uns sonstnochwas. Doch höre:

"Conference of the birds", Dave Holland und lese:

"Philosophy is for the birds", Valentin Braitenberg74.

KEIN EXKURS - WOODSTOCK - ZERTRÜMMERN IST PFLICHT ODER DER ROLLS ROYCE IM POOL75

Woodstock? Nein nicht der Woodstock von den Peanuts und dem Snoopy76. Das Woodstock!77 Hendrix, Santana, Joe Cocker, Richie Havens, Ten Years After, Canned Head, Joan Baez, Jefferson Airpla- ne, Crosby, Stills, Nash & Young, Janis Joplin, Arlo Guthrie, Who, Country Joe & the Fish etc. Zwanzig Jahre her und die Medien zerpflücken den Mythos, an dem sie verdient und den sie damals wahrscheinlich mit geboren haben. "Am 2o. Todestag zuckt die Leiche plötzlich wieder."78 Woodstock war ein Nichts, es sei denn ein riesiges Geschäft. Die Scheiße und die Pisse quoll aus allen Clohäusern, Hubschrauber (der Luftwaffe!) mußten Verpflegung abwerfen, die Leute badeten im Schlamm, der Beischlaf wurde öffentlich vollzogen, die teilnehmenden Rockgrup- pen ernteten Weltruhm, 5oo ooo auf einem Haufen waren friedlich79 und die Geburt eines Kindes machte die Dorfkneipe berühmt. Hendrix drehte den USA ihren "Star-Spangled Banner" (Vgl. Anm. irgendwo weiter oben) in die Fender-Gitarre und durch die Marshall-Boxen, was als Protest gegen die Politik der USA wohl recht verstanden und auch gelobt wurde... zur Strafe starb der Hendrix dann etwa ein Jahr später. Was macht den Mythos Woodstock aus und was berechtigt heute dazu, diesen Mythos als Mythos zu denunzieren?80 Lassen Mythen sich planen - unter geschäftlichen Gesichtspunkten zumal?81 Sind My- then nicht auch immer Spiegelbilder gesellschaftlich und geschichtlich gewordener Gesellschafts-Verhältnisse, objektiv falsch zwar ir- gendwann allemal, ins subjektiv-kollektive gewendet als "Weigerung" subversiv dennoch gewesen? Hatte Woodstock nicht vielleicht eine emanzipative Funktion doch, die der herrschenden Gewalt nicht blind in die Arme spielte? War Woodstock nicht vielleicht zumindest die Idee von etwas "Anderem", dessen Verwirklichung in der Geschichte angelegt zumindest ist, aber niemals real bisher wurde? Wurde der "Vorschein" durch Woodstock möglich und zugleich wieder verunmöglicht? Geschah in Woodstock vielleicht nicht doch etwas, das den landläufigen Erklärungen des "common sense" und denen der theoretischen Avantgarde sich entzog und immer noch entzieht - un- verstandener Mythos aber doch nicht bleiben muß?

Oder ist der "weiße Rock", denn doch das, was sein schwarzes Vor- bild halt nicht ist, "nämlich Veranstaltung. Es ist als finde das Schreien und Rufen, das Springen und Spielen jetzt in einem künstli- chen, organisierten Rahmen statt; es richtet sich an eine (wohlwollende) Zuhörerschaft. Was zuvor Teil des Lebens war, wird nun zum Konzert, zum Festival, zur Schallplattenaufnahme. Die 'Gruppe' wird zu einer verdinglichten Entität, welche die Individuen absorbiert; sie ist 'totalitär', sofern sie das individuelle Bewußtsein überwältigt und ein kollektives Unbewußtes mobilisiert, das ohne gesellschaftliche Grundlage bleibt. Und in dem Maße, wie diese Mu- sik ihren radikalen Impetus verliert, tendiert sie zur 'Vermassung': die Zuhörer sind Massen, die zu einem Spektakel, zu einer Veranstaltung strömen. Zwar nehmen die Zuhörer aktiv an einem solchen Spektakel teil: die Musik bewegt ihren Körper, macht sie 'natürlich'. Aber ihre (buchstäbliche) elektrische Erregung nimmt oft hysterische Züge an. Sind die Aggressivität des endlos wiederholten Rhythmus (dessen Va- riationen keine neue Dimension der Musik eröffnen), die an- einandergezwängten Dissonanzen, die standardisierten, 'gefrorenen' Verzerrungen, der Geräuschpegel überhaupt nicht ein Ausdruck der Enttäuschung, des Unbehagens? ... Diese Musik ist im wörtlichen Sinn Imitaiton, Mimesis wirksamer Aggression: sie ist darüber hinaus eine besondere Art von Katharsis: eine Gruppentherapie, die vor- übergehend von Hemmung befreit. Befreiung bleibt eine private Angelegenheit."82 ) Wollen wir dem Herbert Marcuse - den ich sehr verehre83 - hier folgen und unsere Plattensammlung der 6oer Jahre auf den Sperrmüll entäuschter Hoffnungen denn auch noch werfen? Oder wollen wir stur darauf beharren, daß Rockmusik eine kritische Funktion84 doch hatte, die der illegitimen Nachfolgemusik85 der folgenden Jahre man apodiktisch denn wirklich absprechen muß?

Vorbei, das Geschäft86 ist/wird gemacht!87 Doch wenn die Leiche schon zuckt, dann sollten Wiederbelebungsversuche nicht unterlassen werden, es könnte sich immer noch lohnen - geschäftlich gesprochen. "Die Rockmusik ging ihren proletarischen Massenweg, hat mehr Geld in Bewegung gesetzt und ist deshalb von Anfang an demokratischer als ein ideologisierter Free Jazz, der keiner ist ..."88

Was fehlt, das ist immer noch der "vernünftige" Philosoph der Rock- musik und des Jazz!89 Der Naturwissenschaftler des Rock fehlt so- wieso, wenn auch feststeht: "Ich höre seit 40 Jahren Rock'n'Roll. Das hat die Chemie in meinem Hirn verändert." (Camille Paglia)90 D. Schümer hat in FAZ (man kann nur staunen) einen klugen Artikel geschrieben, der endlich den empirischen Nachweis erbringt, daß der alte TWA - der ästhetisierende Kronzeuge - durch eine recht "abge- takelte Prostituierte" daran gehindert wurde, die Musik-Ästhetik auf die Höhe ihrer Zeit denn doch zu treiben.91 Punkt, Schluß, Komma und sonstnochwas ..."Durch Rock geht unser Land, geht Europa zum Teufel" (Art Buchwald) Auf jeden Fall hatten "wir die bessere Musik" (Chr. Diekmann, Jahrgang 1956) und Clapton war sowieso GOD!

"It's only rock'n roll, but I like it", Rolling Stones.

"Goin' home", Ten Years After.

"My Generation", The Who.

"With a little help from my friends", Joe Cocker.

Aber: "We are only in it for the money", Frank Zappa and the mothers of invention.

DILEMMA92

"Man stelle sich vor, ein Mensch (du kannst dir auch ausmalen, daß du es selbst bist) sei von einem bösen Wissenschaftler operiert wor- den. Das Gehirn dieser Person (dein Gehirn) ist aus dem Körper ent- fernt worden und in einen Tank mit einer Nährlösung, die das Gehirn am Leben erhält, gesteckt worden. Die Nervenenden sind mit einem superwissenschaftlichen Computer verbunden worden, der bewirkt, daß die Person, deren Gehirn es ist, der Täuschung unterliegt, alles verhalte sich völlig normal. Da scheinen Leute, Gegenstände, der usw. zu sein, doch in Wirklichkeit ist alles, was diese Person (du) erlebt, das Resultat elektronischer Impulse, die vom Computer in die Nervenenden übergehen. Der Computer ist so gescheit, daß, wenn diese Person ihre Hand zu heben versucht, die Rückkopplung vom Computer her bewirkt, daß sie 'sieht' und 'fühlt', wie die Hand geho- ben wird. Darüber hinaus kann der böse Wissenschaftler durch Wechsel des Programms dafür sorgen, daß ein Opfer jede Situation oder Umgebung nach dem Willen des bösen Wissenschaftlers 'erlebt' (bzw. halluziniert). Er kann auch die Erinnerung an die Gehirnopera- tion auslöschen, so daß das Opfer den Eindruck hat, immer schon in dieser Umwelt gelebt zu haben. Em Opfer kann es sogar scheinen, daß es dasitzt und diese Worte hier liest (und abschreibt, Anm. bk), die von der amüsanten, doch ganz absurden Annahme handeln, es gebe einen bösen Wissenschaftler, der den Leuten die Gehirne herau- soperiert und sie in einen Tank mit einer Nährlösung steckt, durch die die Gehirne am Leben erhalten werden. Die Nervenenden sollen mit einem superwissenschaftlichen Computer verbunden sein, der bewirkt, daß die Person, deren Gehirn es ist, der Täuschung unterliegt, daß ..."

EINSCHUB - GRUND ERHALTEN AM 18. AUGUST 1989

Brief von Nadja, die meine "Vorliebe" für den Habermas - "einer die- ser Sesselfurzer"93 - nicht ganz versteht und mir einen Aufsatz von Bruno Liebrucks beilegt, dessen Ansatz sie für den besseren und auch weitreichenderen hält.

Gut. Den Liebrucks habe ich noch nicht gelesen94, kenne ihn überhaupt nicht, was wahrscheinlich eine Schande ist. Doch kurz zu Habermas: Die Vorliebe für Habermas hat mehrere Gründe, von denen ich einige mit recht vielen Anderen denn doch teile95:

1. Der Habermas, sagen wir lieber sein Denken, hat auch was mit meiner Biographie, d.h. einem ehemaligen Lehrer zu tun, der auf die Arbeiten vom Habermas mich eigentlich erst mal aufmerksam über- haupt machte. Da ich diesem Lehrer recht viel zu verdanken habe, ist nicht ganz auszuschließen, daß ich seinem Hinweis doch recht unkri- tisch gegenüberstehe.

Allerdings kommt

2. folgendes hinzu: Ich habe damals vom Habermas sehr viel gelernt, wenn auch wahrlich nicht alles verstanden. Und meinen Lehrern - zumindest jenen, die diesen Namen verdienen - bleibe ich treu, wobei es eigentlich keine Rolle spielt, ob ich deren Bekanntschaft persönlich oder nur literarisch gemacht habe! Theorienwechsel vollzieht sich nicht wöchentlich, wie etwa der Austausch der Unterhose.

Nun gut, das Festhalten am Habermas und der von ihm vertretenen Theorie könnte als Sturheit, Ignoranz, und mangelnde Lernfähigkeit ausgelegt werden - sagen wir kann. Stur war ich schon immer (die Mama fragen) und was die Lernfähigkeit96 angeht, da stellt der Ha- bermas mich denn doch schon auf die Probe, die ich auch meistens verliere. Aber ich erinnere mich noch sehr genau, daß zu meiner Stu- dienzeit (auch ich werde alt!) ein Raubdruck vom Habermas kursierte, der "Thesen zur Theorie der Sozialisation"97 wahrscheinlich hieß. Dieser Raubdruck, wenn man sich gerade mit Problemen der Soziali- sation herumschlug, ersparte einem mindestens drei Meter Regal der Deutschen Bibliothek ... wenn man nicht gerade Wert auf die Primär- literatur legte.

Dieser Raubdruck macht den Habermas nun aber wirklich nicht aus, was klar ist. Doch was macht man: Man kauft sich ein anderes Bü- chlein von diesem Burschen, um zu sehen, was denn der dann so noch macht. Und so gerät man an die "Philosophisch politischen Profile", an "Wissenschaft und Technik als 'Ideologie'" etc., etc.

Und, was genauso wichtig eigentlich ist, man gerät an Marcuse, Adorno, Horkheimer, Bloch, Popper, Luhmann, Marx, Freud usw. Damit ist zugegebenermaßen nichts über die Theorie gesagt, die der Habermas vertritt, was hier und jetzt auch noch gar nichts macht. Was mich aber

3. an der Person vom Habermas immer wieder fasziniert, das ist seine "intellektuelle Redlichkeit", die zuweilen in Frage zwar gestellt wird, "seit Jahren gibt es deutliche Anzeichen für eine Syphilitikerangst vor dem Eindringen anderer Rede in die linke Suhrkamp Kultur*. Vor dem Verlag steht ein Türhüter. Es ist der 'Hüter der Rationalität'. Zu ihm kommt ein Mann von jenem dunklen Land jenseits kommunikativer Vernunft und bittet um Eintritt. Aber der Türhüter der Rationalität sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann entschließt sich zu warten. Doch auch jahrelanges Studium der Werke des Türhüters wird ihm den Eintritt in den Verlag nicht bringen. Denn um Einlaß zu erhalten, müßte er anders denken. Das Tor zum Verlag steht offen wie immer - aber wer kann den Anblick der Orthopäden des Geistes vertragen, die seine Abteilungen bewachen?"98.

4. Außerdem hat sich beim Habermas schon recht früh (so in den fünfziger Jahren) seine "Westbindung"99 eingestellt. "Wir jobbten gemeinsam. Zum Beispiel haben wir in der amerikanischen Zentral- bäckerei in Frankfurt Windbeutel mit Sahne gefüllt."100

Belassen wir es dabei. Paradigmen, zumal solche die der persönlichen Lebensgeschichte101 existentiell zugehören, sind schwerlich zu wechseln. Neues wird versucht zu integrieren, solange es geht - am Ende, nun gut, mag die Beliebigkeit des "anything goes" die Oberhand vielleicht behalten ... Gewiß nicht, d.h.102 bitte nicht! Doch was "wäre gegen einen Gedankenaustausch zwischen ... Karl Marx und den Marx Brothers einzuwenden?"103 Wohl gar überhaupt nichts, solange die Marx Brothers nur recht behalten! "Nothing is easy", Jethro Tull.

TROTZDEM - GOODBYE JÜRGEN! TSCHÜSS.

"Habermas zu kritisieren ist keine Kunst."104 Nun gut, wenn er meint der Türcke - nur richtig schreiben können sollte er sich dann schon! Wenn es keine Kunst ist, den Habermas zu kritisieren, woher aber kommt dann sein Erfolg?105 "Daß er ihn nicht übermäßiger schrift- stellerischer Brillianz und Geschliffenheit der Darstellung ver- dankt"106 ist nicht nur dem Christoph Türcke klar, wenn auch dem TWA wahrscheinlich nicht: "Was Adorno an Habermas gefallen mußte, war, daß er schreiben konnte."107 Und selbst Horkheimer muß den Habermas verkannt haben: "Wahrscheinlich hat er (der JH, Anm. bk) als Schriftsteller eine gute, ja glänzende Karriere vor sich ..."108

Es gibt, so wird behauptet, eine regelrechte "Habermas-Industrie" (Bookchin)109, der die biederen Handwerker-Philosophen unterlegen sind und außerdem hat der Habermas schwergewichtige publizistische Helfer wohl überall. "Eine Theorie, die so kritisch ist, daß ihr von der FAZ staatsbürgerliche Loyalität attestiert wird, trägt zur Auf- rechterhaltung der globalen Ausbeutungs-, Verblödungs- und Dekon- struktionsverhältnisse bei. Kritisches Denken, das sein Telos an der Negation dieser Verhältnisse hat, negiert somit auch diese Theorie (die vom J.H., bk)."110

Mit dem Habermas läßt es sich leben und einrichten, denn "die von Habermas entwickelte methodologische Apparatur wirkt wie ein Schutzfilter, das intellektuelle Zumutungen dämpft, die sich zwangsläufig einstellen, wenn man sich ungeschützt der Erfahrung der gesellschaftlichen Ojektivität überläßt."111

Das alles ist harmlos, denn Heide Berndt hat die Klinge besonders gut sich gewetzt: "Während Horkheimer den Spätkapitalismus ebenso wie den Staatskapitalismus und damit das gesamte 'Projekt Moderne' unnachgiebig kritisierte, weil ihn der Terror der Massenvernich- tungsaktionen im 20. Jahrhundert zutiefst entsetzt hatte, verharmlost Habermas das Bedrohliche das in dieser Moderne lauert ... Von dem Begriff Kritische Theorie oder Frankfurter Schule bleibt bei Habermas und seinen Schülern nur der bloße Name; die Inhalte haben sie in an- dauernder 'Rekonstruktions- und Reformulierungsarbeit' in ihr Gegenteil verkehrt."112

Frau Berndt allerdings ist noch recht höflich, spricht sie doch von "Rekonstruktion" & "Reformulierung" noch. Türcke, ein MANN und kein Softie, langt da schon anders hin: "Was aber soll eine 'Rekonstruktion des historischen Materialismus', wenn doch die Marx- Engels-Werke ungekürzt im Buchhandel erhältlich sind? Diese Texte kann man zitieren, referieren, interpretieren, aber nicht rekonstruieren - es sei denn, die Arbeit an ihnen besteht darin, ihre Argumentation zu zertrümmern und sie wieder anders zusammenzusetzen, als sie gemeint war. Dann aber leistet das wissenschaftliche Verfahren, was umgangssprachliche Kommunikation 'das Wort im Munde her- umdrehen' nennt - und Habermas so fern offenbar gar nicht liegt ..."113

Man kann es auch freundlicher ausdrücken: "... riskiert Habermas durch diese Aneignung rivalisierender und augenscheinlich unvereinbarer theoretischer Ansätze, es mit allen und jedem zu verderben, ohne sich Freunde zu schaffen."114

Und man kann es mal offen und ehrlich sagen, der Habermas lügt wie bei Suhrkamp gedruckt: "Spontane Äußerungen in Gesprächen mit Kollegen an der Universität Bremen - Sozialwissenschaftlern, die teil- weise aus der Frankfurter Schule und ihrem Umkreis kommen ... - vermittelten einen ähnlichen Eindruck: Alles unter Eingeweihten längst bekannt; Habermas bringt falsche Zitate ... Es würde sich loh- nen, die 'Zitatenkontrolle' bei Habermas auch auf seine sozialwissen- schaftlichen Arbeiten auszudehnen. Wer hängt Habermas die Schelle um?"115

WEGWEISER

Wer bisher noch nicht weiß, wo entlang es gehen soll, der sollte sich nicht weiter beunruhigen, der sollte mit der "Neuen Unübersichtlichkeit" begnügen sich zunächst, der Referenz hier erwiesen wird. Die Klammer, die alles zusammenhält, wird dieser Arbeit beigelegt. Versprochen ist versprochen - und wird nie gebrochen!

Mit voreiligen Versprechungen sollte man ein bißchen vorsichtig sein! Die Klammer fehlte damals ... und fehlt auch heute t. September jjjj.

DIE KRITISCHE THEORIE DER GESELLSCHAFT, DIE DAS VERSTÄNDNIS GENAU DIESER UNS SAUDUMMERWEISE ERSCHWEREN WILL - ODER DIE REKONSTRUKTION VON AUFKLÄRUNG IM SCHATTEN DER DIALEKTIK DERSELBEN

Daß es die Kritische Theorie nicht gibt, ist ein Allgemeinplatz, der weiterer Erörterung nicht bedarf. Daß es die Kritische Theorie oder sogenannte "Frankfurter Schule"116 bzw. das "Café Marx" oder die "Marxburg"117 nicht mehr gibt, ist eigentlich genauso klar und "Adorno als Institution ist tot" sowieso schon lange, bevor er unter der Erde denn wirklich zu liegen kommt118. Und Erben? Wenn's denn sein muß, auch nur Erbschleicher?

So sitzt119 der (illegitime?) "Erbe" der Kritischen Theorie, Jürgen Ha- bermas, in Frankfurt zwar, doch im Fachbereich Philosophie. Das Philosophenhaus steht in Nachbarschaft zum Institut für Sozialfor- schung, was gemeinhin als Hort der Kritischen Theorie betrachtet wird120, doch haben "die Mitarbeiter beider Institute ..., wenn man von der Benutzung eines gemeinsamen Parkplatzes absieht - keine ge- meinsamen Interessen mehr."121 Habermas hat sowieso am "Mythos des kritischen Theoretikers Habermas" selbst mitgestrickt122 und qualifiziert123 ist er schon gar nicht, sonst hätte ihm die Münchner Universität 1973 wohl kaum eine Honorarprofessur ausgeschlagen124. Vom "Institut für Sozialfälschung"125 spricht man sowieso nicht mehr, es sei denn in rein historischem Interesse126. Eines aber ist absolut und ganz gewißlich sicher denn doch, daß es eine "Neue Frankfurter Schule"127 nämlich gibt!128 Und eine "erste Generation" und eine "zweite Generation" der Kritischen Theorie gibt es auch.129 Und der zweiten Generation gehört nach den Worten vom Löwenthal, dem letzten aus der ersten Generation130, auch der Habermas an: "Als letzten aus der Gründergruppe der Kritischen Theorie erfüllt es mich mit stolzer Genugtuung, daß die überragende Figur der zweiten Generation nicht ein Epigone ist, wie das so oft in der Nachfolge phi- losophischer oder anderer wissenschaftlicher Schulen der Fall ist. Ich grüße den Philosophen und Sozialtheoretiker, der, obgleich der Ver- pflichtung seinen Mentoren gegenüber sich bewußt, eine autonome Position bezogen hat, deren 'Grundsatz-Abweichungen' von der 'alten Schule' ich, wie Du weißt nicht immer zu teilen vermag. Wäre es darum auch vermessen, Dich gleichsam als den Erben 'klassischer' Kritischer Theorie zu vereinnahmen, so sehe ich doch den Gesin- nungshintergrund der alten Frankfurter Schule in Deinem eigenen Denken auf eine neue, heterodoxe Weise weiterwirken."131 Der Claussen weiß es allerdings besser, denn für den läßt sich das Ver- hältnis "der Habermasschen Theorie zur kritischen Gesellschaftstheo- rie ... als ein revisionistisches charakterisieren."132 Und: "Nicht in den Kategorien von Erfolg und Mißerfolg soll gegen Habermas' Programm der behutsamen Aufklärung polemisiert werden, sondern es bleibt zu konstatieren, daß seine Wissenschaftspraxis entgegen dem öffent- lichen Mißverständnis und das Konzept kritischer Theorie zwei Paar Schuhe sind."133 Haben wir vielleicht "zwei kritische Theorien?"134

Wir könnten - und damit ist jetzt erst mal Schluß - es auch so charakterisieren: "Wenn sich früher, z.B. während der Studentenbe- wegung, die Anhänger der kritischen Theorie mit den Repräsentanten anderer 'traditioneller' Theorierichtungen stritten, so streiten sie sich heute miteinander."135

Rödel, Frankenberg und Dubiel bescheinigen der Kritischen Theorie eines Habermas (sie rechnen ihn zumindest noch dazu), daß sie zu- mindest "realpolitische Konzessionen" macht. "'Demokratie' wird in der Theorie des kommunikativen Handelns zu einer Art Sicherheits- zaun, einer Barriere zwischen System und Lebenswelt, an welcher die an sich legitimen Ansprüche der systemischen integrierten Sphären von Markt und Staatsverwaltung ihre Grenzen finden. Demokratie` bezeichnet hier nicht das Projekt einer gesellschaftlichen Selbsterzeu- gung, in der alles zur politischen Disposition steht. Ähnlich wie der Sozialstaat die destruktive Dynamik des Kapitalismus bändigen, aber nicht aufheben sollte, soll nun Demokratie den Imperialismus des Systems begrenzen. Eben dies bezeichnen wir als die realpolitische Konzession der Kritischen Theorie."136

Genug! Verzweiflung ist angesagt. Was soll der ganze Quatsch mit "Kritischer Theorie" und/oder "Frankfurter Schule"? Vielleicht meinte der Golo Mann mit diesen von Hork/TWA angerichteten Wirrnissen das "Lump"-Sein der Lumpen legitim verifizieren zu können. Doch noch was: "... die Verwirklichung Kritischer Theorie hängt von ihrer theoretischen Überlebensfähigkeit ab. Die aber wird heute be- zweifelt."137

EQUAL GOES IT LOSE138 - ODER SO ÄHNLICH

Hork/TWA sind gemeinhin bekannt als die Totengräber der Aufklä- rung, doch wollen auch sie mit der Dialektik der Aufklärung139 fol- gendes nicht: "Als Kritik von Philosophie, will sie Philosophie nicht preisgeben."140 Was bleibt uns auch anderes übrig, wenn der "melancholischen Skepsis" (Leo Löwenthal) der alten Frankfurter wir nicht hier schon erliegen, in der Resignation unser Ruhebett uns su- chen und die Dialektik der Aufklärung nicht auf einen ihrer Sätze denn reduzieren wollen - die Aufklärung sei totalitär141.

Aufklärung, Gegenaufklärung dummerweise auch, ist möglich - be- haupten wir - und Kritische Theorie wird ihres außerakademischen Anspruchs, ihrer Wirkungsgeschichte in der "Lebenswelt" (lassen wir es mal so stehen zunächst), noch lange nicht beraubt142 - und sei es nur aus Sturheit und listigem Tun, was mit der "List der Vernunft" noch nicht zusammen fällt. Und: "List aber ist der rational gewordene Trotz."143 Merken sollten wir uns aber schon hier, "daß die Aufklä- rung sich über sich selbst, auch über das von ihr angerichtete Unheil aufklärt, gehört ... zu ihrer eigenen Natur. Nur wenn man das verdrängt, kann sich die Gegenaufklärung als Aufklärung über die Aufklärung empfehlen."144 Und das wäre doch nun wirklich wenig schön?

"Resignation aber ist unmöglich, solange ein Rest von Freiheit bleibt."145 Und selbst die Dialektik der Aufklärung ist, wenn wir dem Dubiel folgen, "aus der, wenn auch verzweifelten Hoffnung auf Befreiung geschrieben."146 Nun gut!

Hork/TWA "haben die spätbürgerliche Welt tatsächlich aus der Per- spektive einer durchgesetzten instrumentellen Vernunft rekonstruiert, eines grenzenlos gewordenen Tauschwerts, völlig versachlichter menschlicher Beziehungen, einer restlos gleichgeschalteten Subjekt- natur. Dies ist eine Perspektive, die einem über die DdA Aufgeklärten nur noch die haarsträubende Alternative beläßt, im Gehäuse der Hörigkeit Karriere zu machen oder außerhalb seiner verrückt zu wer- den*. Dies ist gewiß eine suggestive Blickweise. Aber durchhalten kann sie nur der, der sich selbst davon ausnimmt. Ob Aufklärung noch eine Chance hat, hängt also von Individuen und sozialen Gruppen ab, die sich zwar über die Dialektik Rechenschaft ablegen, die aber zugleich die von Hork/TWA vorgegebene Perspektive nicht tota- lisieren. Sie hängt schlicht davon ab, daß es weiße Flecken auf der Landkarte der verwalteten Welt gibt, Ungleichzeitigkeiten und Brüche in ihrer Dynamik und symptomatische Widerstände gegen ihre Durchsetzung."147

Belassen wir es mal zunächst dabei, fragen wir mal ganz dumm: Was ist Aufklärung, welchen Affenschwanz von anderen Problemen zieht sie hinter sich her (bspw. das blödsinnige Problem von Vernunft148 und Erkenntnis) und warum denn überhaupt Aufklärung?

AUFKLÄRUNG 1

"Aufklärung, die Befreiung der Menschen von ihrer selbstverschulde- ten Unmündigkeit, das bedeutete allemal Orientierung mit Hilfe der Vernunft."149 Nun ist Aufklärung aber nicht erst heute obsolet ge- worden, schon in der Dialektik der Aufklärung von Hork/TWA ist sie "ein Synonym für instrumentelle Vernunft"150. Rationalistisch-wildge- wordene Wissenschaft und Technik schließen die Welt in ihren Mög- lichkeiten und "konkreten Utopien" (E. Bloch)151 hermetisch ab, die "vollends aufgeklärte Welt strahlt im Zeichen des Unheils."152 Vernunft ist Vernunft - und die ist eindimensional-instrumentell, wenn wir mal von der radikalen Vernunftkritik absehen, "die nicht nur gegen die Aufspreizung des Verstandes zur instrumentellen Vernunft protestiert, sondern Vernunft überhaupt mit Repression gleichsetzt - um dann fatalistisch oder ekstatisch bei einem ganz Anderen Zuflucht zu suchen."153

"Ein Rationalitätstyp - der technologisch-technokratische - wird ganz selbstverständlich für die Rationalität genommen. Postmodern hinge- gen ist eben dies unzulässig, geht es vielmehr darum, die Pluralität von Rationalitäten, Wertsystemen, Gesellschaftsorientierungen zur Geltung zu bringen."154 Bei Hork/TWA war das noch etwas anders, sie lassen neben der instrumentellen Vernunft155 keine "regulative Vernunft" gelten156.

Können sie auch nicht, wenn wir dem Claussen hier mal kurz folgen wollen: Die Dialektik der Aufklärung ist eine Theorie auf der Höhe ihrer Zeit, aber auch eine "für den Tag formulierte Theorie", die das Ende einer Epoche analysierte (und mit dieser unterging), an deren Anfang Kant und Hegel und in deren Mitte sich Marx157 befanden158. "Der Abschied von Kritischer Theorie muß endgültig sein, wenn ihrem Wahrheitsanspruch nichts abgemarktet werden soll - durch Relativierung."159 Wir müssen, wenn denn die "kritisch-theoretische Anstrengung, die das Subjekt unternehmen kann, ... nicht mit dem Namen" untergeht und untergehen soll, in der Paradoxie eines heute praktikablen historischen Materialismus Zuflucht nehmen, "der keiner mehr ist, (einer) theoretisch-kritischen Praxis ohne orga- nisationspraktische Verdinglichung, weder im Akademischen noch im Politischen."160

So ganz klar ist mir das eigentlich noch nicht, nur eines hab' ich vom Claussen gelernt, daß es mit dem Habermas nun absolut wirklich nicht mehr geht, weil der die Kritische Theorie sowieso nur in Wis- senschaftstheorie161 überführt und zum anderen nicht sieht, daß die Hermetik der Dialektik der Aufklärung ernstzunehmen denn doch ist, um so einen "Begriff des Bruchs in der Moderne (zu gewinnen), der nicht zu kitten ist."162

"Wenn wir aber diesen Bruch, der durch Auschwitz markiert wird, als Trennlinie sehen, dann müssen wir uns auch von dem Begriff 'kritische Theorie' verabschieden, der sich nicht wie ein überge- schichtlicher Schatz hüten läßt. Der außertheoretische, emanzipato- rische Anspruch kritischer Theorie gehört unwiederbringlich in die Epoche von Marx, die an zwei Seiten an ihr Ende gekommen ist: als Geschichte der Entwicklung des Kapitalismus - und als Geschichte der mißglückten Befreiung."163

Wir brauchen also, wenn ich den Claussen recht verstehe, einen an- deren Begriff der Moderne (Postmoderne vielleicht?)164, eine andere "Kritische Theorie"165, die keine mehr ist und dennoch die zerbro- chene Moderne kritisch aufzuarbeiten weiß (Vorschlag: Postkritische Theorie, Spätkritische Theorie oder medienwirksamer: The second- generation of Frankfurt Neo-School for post-critical-theory) und ein Subjekt, das diesem gigantischen Projekt der Aufklärung - um etwas anderes handelt es sich nicht! - letztendlich dialektisch vermittelbar noch gegenüber steht, diesen Anforderungen noch irgendwie viel- leicht gewachsen ist und emanzipativ darauf auch noch reagieren kann. Das ist viel verlangt vom Claussen166 und wir überlassen ihn mal ruhig erst alleine seiner gut bezahlten Arbeit.

DAMIT ICH'S NICHT VERGESSE

"Dein Arbeitsinstrument ist eben oben, und du glaubst, das sei vor- nehmer? Du meinst, die Scheiße kommt nicht bis da oben hin? Da kann ich dir nur sagen, wenn du auf anatomischen Hierarchien be- stehst, hat das Hirn wohl mehr zu befürchten als die Möse: das prägt alles. Unauslöschlich. Ich jedenfalls passe auf meinen Kopf auf. Die Möse hingegen, geschenkt."167

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 3

"Donald Duck in den Cartoons wie die Unglücklichen in der Realität erhalten ihre Prügel, damit die Zuschauer sich an die eigenen ge- wöhnen."168

AUFKLÄRUNG 2

Hork/TWA setzen mit ihrer Kritik der Aufklärung so tief an, "daß das Projekt der Aufklärung selbst in Gefahr gerät; für ein Entrinnen aus dem zur sachlichen Gewalt geronnenen Mythos der Zweckrationalität läßt ja die Dialektik der Aufklärung kaum noch eine Aussicht."169 Der Habermas selbst kann und will das Projekt der Aufklärung nicht verabschieden: "...würde ich die Funktion der Aufklärung nicht länger auf die Rolle der Vermittlung allein zwischen Wissenschaft und Lebenspraxis zuspitzen. Das im Verlauf der 7oer Jahre deutlicher ins Bewußtsein getretene Problem, das ein beredter Neukonservatismus um so hastiger verdrängen möchte, ist vielmehr: wie die unter jeweils einem abstrakten Geltungsanspruch spezialisierten Wissenschaftskom- plexe, wie die als Expertenkulturen eingekapselten Sphären der Wissenschaft, der Moral und der Kunst geöffnet und, ohne daß ihr zerbrechlicher Eigensinn verletzt würde, so an die verarmten Tradi- tionen der Lebenswelt angeschlossen werden können, daß sich die auseinandergetretenen Momente der Vernunft in der kommunikativen Alltagspraxis wieder zusammenfügen. Die der Lebenswelt zuge- wandte Interpretenrolle der Philosophie sehe ich heute eher so, daß sie hilft, das stillgestellte Zusammenspiel des Kognitiv-Instrumentellen mit dem Moralisch-Praktischen und dem Ästhetisch-Expressiven wie ein Mobile, das sich verhakt hat, wieder in Bewegung zu setzen."170 Ein sturer Bock, der Habermas, zu dem wir später selbstverständlich noch ausführlich kommen werden, er hält "selbst bei hartnäckigem Widerspruch an der Überzeugung fest, daß es in der Entwicklung der demokratischen Wohlfahrtstaaten so etwas wie die In- stitutionalisierung von 'Sperrklinkeneffekten', von Rückfallversiche- rungen gibt, die eine gewisse Garantie dafür abgeben, daß eine de- mokratisch entwickelte Gesellschaft nicht auf ein vordemokratisches Niveau zurückfallen kann."171

Habermas: "Der Aufklärung ist die Irreversibilität von Lernprozessen eigen, die darin begründet ist, daß Einsichten nicht nach Belieben vergessen, sondern nur verdrängt oder durch bessere Einsichten kor- rigiert werden können."172

Eine außerordentlich hübschen Vergleich hat uns Thomas Blanke ge- liefert: "Aus der Perspektive des rasch dahineilenden literarischen wie philosophischen Zeitgeistes, der mit dem inflationären Etikett als 'post'-modern, 'post'-industrialistisch, 'post'-materialistisch oder 'post'- strukturalistisch suggeriert, daß die reise zu neuen Ufern längst abgegangen ist, erinnert uns sein (dem J.H., bk) Versuch zur Fortfüh- rung der Programmatik der Aufklärung an die Einleitungssätze die Uderzo der Comicserie Asterix jeweils voranstellt: 'Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten'."173

Zu fragen bleibt allerdings, welche Rolle Habermas hier zugedacht ist. Die von Asterix?174 Die von Obelix?175 Die von Miraculix?176 Oder gar die von Troubadix?177 Methusalix können wir vergessen, so alt ist der Habermas nun wirklich nicht und Majestix kann auch nicht gemeint sein, weil der Habermas vielleicht befürchtet, daß sein theo- retisches Gebäude zusammenbricht, doch daß der Himmel ihm auf den Kopf fallen könnte ... Wir lassen die Frage offen!

DIE VERSUCHTE AUFKLÄRUNG - ODER: WAR DA WAS?

War da was 1968?178 Nun gut, es war was: Woodstock (s.o.) war und der Adorno starb ein Jahr später. Und wenn "der Weltgeschichts- schreiber einmal das ausgehende 2o. Jahrhundert kartiert und sortiert, wird er festhalten müssen, daß die allgemeine Verjugendlichung nicht an den Barrikaden erkämpft worden ist, sondern über die Musik der Beatles; daß die Popkultur letztlich doch wichtiger war als Mao und Nixon und die RAF; und daß nicht etwa Otto Schilly & seine Grünen die legitimen Erben von 1968 sind, sondern - quelle surprise! - unser guter Thomas Gottschalk. Das wär's dann gewesen."179 Eben nicht! Oder doch? Nein: Vielleicht gewesen - höchstens.

Daß Gottschalk der postmodern gestylte Identifikations-Doofkopf180 einer bundesrepublikanisch legitimierten Neuen Medien-Unüber- sichtlichkeit nun doch wirklich endlich und letztlich ist, soll- te/dürfte/könnte/müßte beim Fernsehpublikum eigentlich sich denn doch herumgesprochen bzw. -gesehen haben. Nein?181 Auch schon fast ganz und gar egal, mehr oder weniger unwichtig und absolut irrelevant, weil sowieso keine Menschenseele mehr weiß, wer die legitimierten Erben182 der 68er183 denn sind. Kann auch keiner eigent- lich wissen, weil der Dutschke184 halt nicht mehr lebt und ein Testa- ment185 er auch nicht hinterlassen hat. Nur soviel steht fest, daß "wir"

- d.h. die "68er", denen "wir" sowieso schon nicht mehr trauen können, weil sie über 3o wohl sind - sie geliebt haben, die Revolu- tion186 - retrospektiv wohlgemerkt. Die letzte Revolution, die noch nichts von dem verdammten Ozonloch wußte187 und die Früchte188 getragen hat dennoch... das "Fest der Rebellion"189. War '68 vielleicht doch nur ein verdammter Mythos, den man zerstören muß?190 Was soll's? 1968 war eigentlich 1967 gewesen und das ist jetzt so un- gefähr 22 Jahre her! Ein Hinweis aber dennoch, um wieder den An- schluß zu finden: Väter (Mütter?) hatten sie schon, die 68er. "Obgleich als vaterlose Generation be-zeichnet, stützte sich die 68er Generation doch auf Väter. Das Institut für Sozialforschung, das Horkheimer nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Frankfurt aufbau- te, wird zu Recht der geistigen Vaterschaft an der antiautoritären Be- wegung bezichtigt."191 Da haben wir's wieder, selbst die linke Presse strickt - noch dazu mit einer Frau!192 - an fast wahren Mythen. Man/frau trifft sich hier mit dem Frankfurter Staatsanwalt im Prozeß gegen den H.J. Krahl193 ("Rädelsführer" bei der Besetzung des Insti- tuts für Sozialforschung 1969), der dem TWA vorwarf, den Studenten jahrelang gepredigt zu haben, wie miserabel die Gesellschaft denn nun wirklich sei.194

Allerdings waren die Väter treulose Gesellen nur, die eigentlich männlich nur gebären ließen195 und zur 68er Bewegung in großer Entfernung blieben: "Marcuse nur sporadischer Gast, Adorno nur mehr inoffiziell Vater, Horkheimer kaum noch existent (und) Ha- bermas in wütender Abgrenzung gegenüber den 'Scheinrevolutionären'..."196 Und aus der (überholten) Sicht "revolutionärer" DDR-Philosophiebetrachtung "Unter wirkungsge- schichtlichem Aspekt mutet es paradox an, daß gerade eine so konse- quent aller konkreten gesellschaftlichen Praxis feindlich gesinnte Theorie (die vom TWA, Anm. BK) in der BRD eine radikale politi- sche Aktivität befördert hat: Den Initiatoren der Studentenbewegung der 6oer und 7oer Jahre wurde nicht zuletzt durch Adorno die Nega- tivität des gesellschaftlich Bestehenden bewußt. Letztlich aber warfen sie die Theorie, die ihnen den Widerstand ausredete, und damit über- haupt jegliche Theorie über Bord und stürzten in die 'direkte Aktion', bis die Erfahrung ihres Scheiterns immerhin manche von ihnen den Anschauungen von Marx und Lenin näherbrachte und damit der Einheit von Theorie und Praxis."197

Was soll's, es blieben noch Marx (s.o.), Mao, Ho Chi Minh und Che Guevara198.

"Revolution", Beatles.

DIALEKTIK DER AUFKLÄRUNG - "BIG SCIENCE" (Laurie Ander- son)

Hork/TWA sezieren in ihrer Arbeit - die im Untertitel Philosophische Fragmente199 wohl heißt - die "Selbstzerstörung der Aufklärung", wobei sie keinen Zweifel (hegen)..., daß die Freiheit der Gesellschaft vom aufklärenden Denken unabtrennbar ist."200 Wie aber Freiheit201 erreichen, wenn "schon der Mythos ... Aufklärung (ist), und: Aufklä- rung ... in Mythologie" zurückschlägt?202 Für Hork/TWA scheint das Reich der Freiheit durch die Liquidation der Aufklärung letztlich für immer verloren. Die Anbiederung der Vernunft an ihre instrumentell und zweckrationalistisch ausgerichtete wissenschaftliche Verwandt- schaft und die schon fast paradigmatische203 Gültigkeit einer verwal- teten Welt versperren den Weg, zu dem, was Philosophie und Aufklä- rung den Menschen mal versprach: Die Emanzipation204 aus ver- sklavenden Verhältnissen - versklavenden Verhältnissen der äußeren und der inneren Natur205. Verraten und verkauft, begeben sich Ge- sellschaft und Individuum206 in ihr unverstandenes Schicksal, erleiden es und verewigen das Unvermögen der Vernunft207. Den Abgrund - und nicht nur den des weiter vorne schon beschriebenen vom Grand Hotel - als auch die vernünftige Einrichtung der Gesellschaft vor Augen, schwelgt man/frau208 in dumpfer Erwartung des schon immer Versprochenen ... und stirbt dahin.

Gar mancher bleibt zurück, weigert sich und versucht sein Leben zu retten, was natürlich Quatsch ist, weil auch er sterben209 muß. "Death walks behind you." Atomic Rooster Doch: "Nicht daß die Individuen hinter der Gesellschaft oder ihrer materiellen Produktion zurückge- blieben sind, macht das Unheil aus. Wo die Entwicklung der Maschine in die der Herrschaftsmaschinerie schon umgeschlagen ist, so daß technische und gesellschaftliche Tendenz, von je verflochten, in der totalen Erfassung des Menschen kon-vergieren, vertreten die Zurückgebliebenen nicht bloß die Unwahrheit."210 Also: Selig die armen im Geiste, denn ... So natürlich nicht!

TIGERVARIATION I

Die in der Vergangenheit Zurückgebliebenen spiegeln die vergangene Zukunft211 wie der Tiger im Käfig. "Der Tiger, der endlos in seinem Käfig auf und ab schreitet, spiegelt negativ durch sein Irrsein etwas von Humanität zurück, nicht aber der hinter dem unüberwindbaren Graben sich tummelnde. Die altertümliche Schönheit von Brehms Tierleben rührt daher, daß es alle Tiere so beschreibt, wie sie durch die Gitter der zoologischen Gärten sich darstellen, auch und gerade wenn phantasievolle Forscher mit Berichten über das Leben in der Wildnis zitiert werden. Daß aber zugleich das Tier im Käfig wirklich mehr leidet als in der Freianlage, daß also Hagenbeck tatsächlich einen Fortschritt an Humanität darstellt, besagt etwas über die Unausweichlichkeit des Gefängnisses. Sie ist eine Konsequenz der Geschichte."212

DIALEKTIK DER AUFKLÄRUNG - "BIG SCIENCE" FORTSETZUNG VON OBEN

Und das ist die Frage, die Unausweichlichkeit des Gefängnisses und der Psychiatrie. Denn: Die "zeitgemäße Krankheit (besteht) gerade im Normalen."213 Und: "Zeitgemäß sind jene Typen, die weder ein Ich haben noch eigentlich unbewußt handeln, sondern reflexartig den objektiven Zug widerspiegeln."214 Das ist vom TWA215 hübsch psy- chologisch gesprochen, doch soweit sind wir noch nicht, d.h. eigentlich schon, allerdings hier noch nicht.

Hork/TWA begreifen die Gesellschaft als "Totale Institution"216, als Institution also, in der eine "fundamentale Trennung zwischen einer großen, gemanagten Gruppe, treffend 'Insassen' genannt, auf der einen Seite, und dem weniger zahlreichen Aufsichtspersonal auf der anderen Seite" besteht217. Nun gut, die Manager sind wahrscheinlich auch nicht besser dran, als die verblödet gewordenen Insassen, doch ist eines eigentlich glasklar, daß nämlich totale Institutionen "die Treib- häuser (sind), in denen unsere Gesellschaft versucht, den Charakter von Menschen zu verändern. Jede dieser Anstalten ist ein natürliches Experiment, welches beweist, was mit dem Ich des Menschen ange- stellt werden kann."218 Hork/TWA können nicht umhin, "die sozial unterdrückten Subjekte in Entsprechung zur beherrschten Natur als passiv-intentionslose Opfer gezielter Herrschaftstechniken zu begreifen; die Verfügungsprozeduren prägen sich, so scheint es, den Individuen ein, ohne auf Versuche sozialen Widerstandes und kultureller Gegenwehr zu stoßen."219

Für Hork/TWA ist die Anstalt die Gesellschaft selbst, die das Expe- riment zu seinem sicherlich erfolgreichen Ende führen wird! Doch läßt selbst totale Institution - in unserem Zusammenhang also Gesellschaft - sich "unterleben"220, sie fordert geradezu dazu heraus und "wir stellen eine Vielzahl alltäglicher kleiner Geschichten fest, deren jede ein Schritt in Richtung Freiheit bedeutet. Wann immer ein bestimmtes Milieu erzeugt werden soll, entwickelt sich das Unter- leben."221

Ist aber, so wäre zu fragen, die gesellschaftliche Entwicklung nicht vielleicht schon soweit fortgeschritten, daß sich das "Unterleben" der Gesellschaft nur noch als pathologische Individual-Anarchie begreifen läßt, die das Faktum der "Risikogesellschaft"222 - die historisch die Alle-in-einem-Boot-Ideologie223 erstmals wohl legitimieren wird - nur leugnet? Doch soweit sind wir hier halt auch noch nicht.

Die Chancen des "Unterlebens", der "Großen Weigerung"224, um den Marcuse zu Wort mal kommen zu lassen, wird von der Kritischen Theorie nicht preisgegeben, wie der einzige noch lebende Vertreter der 1. Generation, der Leo Löwenthal, insistierte: "Gewiß war die Ohnmacht des Subjekts in der modernen Welt ein wichtiges theo- retisches Anliegen der Kritischen Theorie und von Adorno besonders betont. Wir haben in unseren theoretischen und empirischen Arbeiten immer darauf hingewiesen, wie eine entfesselte instrumentelle Ver- nunft zur Ursache zivilisatorischer Katastrophen wurde. Ich möchte jedoch daran erinnern, daß Elemente kritischer Theorie formuliert wurden vor den Hintergrund der, wenn auch verzweifelten Hoffnung auf einen besseren gesellschaftlichen Zustand. Wo diese Perspektive preisgegeben wird, werden unsere Intentionen in ihr Gegenteil ver- kehrt."225

Daß man diese Perspektive allerdings recht schwierig findet in den Werken von Hork/TWA, bekam etwa auch der Bloch zu spüren, der bezüglich des TWA mal meinte, daß diesem alle Utopie ins Negativ ihres Gemeinten umschlägt226. Zur Ehre vom TWA sei allerdings vermerkt, daß er zusammen mit dem Hork in der Vorrede zur DdA227 eine fast Blochsche Formulierung unterbrachte: "Nicht um die Konservierung der Vergangenheit, sondern um die Einlösung der vergangenen Hoffnung ist es zu tun."228 Und insofern hat der alte - hier voller Respekt in den Computer gehackt! - Löwenthal recht, wenn er meint, daß "Kritische Theorie ... in der Tat die Anzeige und Charakterisierung einer infamen Welt" bleibt229. Und das haben der Hork/TWA in der DdA doch wunderbar hingekriegt! Oder?

Erstaunlich dennoch, daß sich TWA "seiner eigenen erkenntnistheo- retischen Schwärze zum Trotz ... ans Handfeste-Positive gehalten" hat230. Dennoch: Hork/TWA's Diagnosen sind "rabenschwarz".231 Nichts desto trotzdem: "Bei allem Geschichtspessimismus aber ist Adornos negativer Pathos nicht minder emphatisch Partei für die Vollendung des Projekts der Vernunft ... Adorno setzt emphatisch auf Aufklärung und anamnetische Solidarität, radikale Autonomie und diskonformen Individualismus, auf egalitäre und restitutive Gerech- tigkeit. Unterhalb der vollen Rationalität lauert schon die Katastro- phe."232

Die Freiheit, die vielleicht noch bleibt, "ist jene kleine Bewegung, die aus einem völlig gesellschaftlich bedingten Wesen einen Menschen macht, der nicht in allem das darstellt, was von seinem Bedingtsein herrührt."233

Die kleine Bewegung könnte allerdings auch aus dem Gang zum Etagenklo bestehen234. Ob der blöde Mensch dort ob seines gesellschaftlich bedingten Wesens kotzt oder gerade deshalb auf eben dieses genüßlich denn doch scheißt, das allerdings könnte eine interessante Frage wiederum sein! Könnte.

"Es gehört viel dazu, ein Schicksal zu ändern. Dieses Schicksal muß unerträglich geworden sein. Und wenn es erträglich ist, dann ist es noch schlimmer. Das nenne ich dann `Entfremdung`."235 Doch gibt es auch "kein Schicksal, das durch Verachtung nicht überwunden werden kann."236 Ob es denn wohl stimmt oder nicht, das soll/kann/wird uns hier nicht interessieren, nur "müssen wir uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen."237

"Who's next", The Who.

"Won't get fooled again", The Who.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 4

"Man soll nie" schrieb Reginald an seinen treuesten Freund, "Pionier sein. Der zuerst aufgestandene Christ bekommt den fettesten Lö- wen."238

TIGERVARIATION II

Die zweite Tigervariation, die mir wirklich und tatsächlich nicht gelogen einfällt, ist die vom Panama-Tiger, dem herrlich chaotischen und so absolut nichtsnutzigen Tiger vom Janosch.

Ein Kind muß man haben, eines von diesen "herrlich" nervenden Menschen-Wesen, das das Chaos noch als die Ordnung der Welt zu begreifen in der Lage ist und ein Vertrauen239 in die Welt und sich aufbauen kann, das uns alten Eseln scheinbar nur noch anachronisti- sch scheint. Nicht lange, das ist schamhaft und neurotisch-relevant zugestanden, dafür sorgst Du und ich und die blöde Spielkiste im Wohnzimmer, die allabendlich fein säuberlich wohl eingeräumt wird. Ordnung ist das halbe Leben ... was, wenn es denn stimmt, die Grau- samkeit des "Geworfenseins" zur Genüge dokumentiert!

Den Tiger kennt man dann aber, ... und Panama auch, hat man denn man ein Plage bzw. bald deren zwei!

Nun gut, jetzt ist er endgültig ausgerastet, der Schreiber! Gemach. Schon mal die Geschichte gelesen und vor allem angeschaut, die dem Panama-Tiger seinen Namen gab? Man kann sie, wenn auch unter dem nicht abstreitbaren Verdacht brutaler Vergewaltigung, als Bil- dungsgeschichte mal lesen.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 5

"Gerade jüngst noch in einem Seminar von mir hat einer meiner be- gabtesten Studenten unsere Gruppe angegriffen, in dem Sinne, daß wir eigentlich nur eine Mount Olympus Position bezogen hätten. Wir hätten uns völlig vom Marxismus abgetrennt und die Realität aus dem Blick verloren. Ich habe geantwortet, daß er mit dieser Kritik den Sinn der kritischen Theorie verfehle. Wir haben nicht die Praxis verlassen, sondern die Praxis hat uns verlassen."240

UND ÜBERHAUPT

Und überhaupt ist es mit der Kritischen Theorie wie mit dem ersten Kuß von respektabler Dauer241. Sie nimmt einem die Luft und man muß lernen, durch die Nase zu atmen. Anfangs ist es dann wie beim Zahnarzt: Man ist die ganze Zeit damit beschäftigt zu hoffen, daß der einzige betriebsfähige Atemweg frei bleibt, bis man aus dem Stuhl rauskommt. Mit der Zeit gewinnt man dann ein bißchen Sicherheit und danach ist es mehr wie Schnorcheln.

Was nun aber wieder nicht heißen soll und kann, daß man nicht doch im Ernstfall ersaufen könnte. Wir sind nahe d'ran, was zugegeben ist und eigentlich auch überhaupt nicht geleugnet und bestritten werden sollte. Im Augenblick geht's nicht so recht weiter und es wäre ehrlich gelogen, jetzt zu behaupten, wirklich wissen zu wollen, wie es wohl weitergehen könnte.242

Egal: Wir haben nicht die Kritische Theorie verlassen, sondern die Kritische Theorie hat uns verlassen.243 Doch bitte ein ganz klein wenig Vorsicht: Nicht als einfache (oder doppelte) Umkehrung des Löwenthalschen Satzes von oben lesen; so blöd bin ich denn doch nun wirklich nicht.

Der Hork 1937 noch voll "Optimismus": Die Kritische Theorie zielt nirgends "bloß auf Vermehrung des Wissens als solchen ab, sondern auf die Emanzipation des Menschen aus versklavenden Verhältnis- sen."244

RETTUNGSANKER

"Der Zusammenbruch oder die Selbstzersetzung des Kapitalismus können ... nicht adäquat erfaßt werden, wenn wir sie uns primär in ökonomischen Begriffen vorstellen, als einen Zusammenbruch der Produktion oder als Kosteneskalation. Vielmehr zerstören sich Ge- sellschaften selbst, wenn sie die Legitimationsgrundlagen verletzen, die sie selbst zu postulieren und durchzusetzen bemüht sind."245

Rettungsanker wieso? So ein trivialer Satz, der zudem die orthodo- xen246 Marxschen Kategorien souverän mißachtet. Doch gemach! Die vermeintliche Trivialität der Taylorschen Aussage verkehrt in ihr Gegenteil sich wohl, wenn wir den Begriff der Legitimation ernst nehmen wollen letztendlich und auch tatsächlich mal. In unserem - und auch in anderem - Zusammenhang hat Legitimation auch etwas mit Aufklärung, Vernunft und ähnlichen metaphysichen Kategorien zu tun, ist von diesen - wenn wir uns mal sehr weit vorwagen wollen ... an den Abgrund - abhängig, korreliert mit diesen prä-postmodernen Vorstellungswelten. Und damit wird's einigermaßen schwierig, was zugegeben ist.

Doch: "Nicht das Ende der Aufklärung, ihre Einlösung gegen Industriegesellschaft, jetzt und hier, steht auf der Tagesordnung: Nur: Sie steht da ziemlich unbemerkt."247

Die Aufklärung steht da, wie der Ochs vor'm Berg und hat Angst vor'm großen schwarzen Mann aus Oggersheim. Und außerdem ist(?) "das Vokabular des Aufklärungsrationalismus zwar für die Anfänge der liberalen Demokratie entscheident ..., (ist) aber jetzt zum Hinder- nis für die Erhaltung und Verbesserung demokratischer Gesellschaften geworden"248 Rorty zeigt der Philosophie - in einem früheren Buch - denn auch wie folgt den Weg: "Das einzige worauf ich bestehen möchte, ist das folgende: Das moralische Interesse der Philosophen sollte sich auf die Fortsetzung des abendländischen Gespräches richten, nicht darauf, daß den traditionellen Problemen ein Platz in diesem Gespräch reserviert bleibt."249 Nun gut. Lassen wir's mal so stehen.

LEGITIM?

"Alle Klassengesellschaften müssen, weil ihre Reproduktion auf der privilegierten Aneignung des gesellschaftlich produzierten Reichtums beruht, das Problem lösen: das soziale Mehrprodukt ungleich und doch legitim zu verteilen. Sie lösen es durch strukturelle Gewalt, also dadurch, daß die assymetrische Verteilung von legitimen Chancen der Bedürfnisbefriedigung in einem Normensystem festgeschrieben wird, welches Nachachtung findet. Die faktische Anerkennung eines solchen Normensystems beruht gewiß nicht allein auf dem Legitimi- tätsglauben der Betroffenen, sondern auch auf der Furcht vor und Un- terwerfung unter direkt angedrohte Sanktionen sowie auf bloßer Dul- dung ... angesichts der perzipierten eigenen Ohnmacht und fehlenden Alternativen (d.h. gefesselter Phantasie). Sobald jedoch der Glaube an die Legitimität einer bestehenden Ordnung schwindet, wird ins Institutionensystem eingelassene latente Gewalt freigesetzt - entweder als manifeste Gewalt von oben (was nur temporär möglich ist) oder in Form einer Erweiterung der Partizipationsspielräume (womit sich auch der Verteilungsschlüssel für Chancen legitimer Bedürfnisbefrie- digung, d.h. der Repressionsgrad der Herrschaft verändert) ..."250

Daß die Legitimität bestehender Ordnungen sich aus dem Staube hi- storisch überholter "Vorstellungen" macht, ist legitim und einsichtig zugleich. Phantasiespielräume werden geschaffen, die an der "harten" Realität sich abarbeiten zu haben ... und wahrscheinlich der Dialektik der realen Aufklärung zum Opfer halt doch fallen werden. Diese Ein- schätzung verfehlt nun aber ganz und gar die eigentltiche Intention des Habermasschen Denkens, verfällt in die "rabenschwarzen Dia- gnosen" von Hork/TWA, wenn auch der Hork später einmal behaup- tete, daß man das "Schlimme erwarten und doch das Gute versuchen" solle251.

Der Habermas hingegen "hält fest an dem Gedanken, daß es Ver- nünftigkeit für den Menschen gibt, und daß diese sich auch im Ver- lauf der Geschichte der Gattung über die den Menschen eigenen Kompetenzen entfaltet."252 "Er (der J.H., BK) hat seine beachtlichen Energien auf die Entwicklung der positiven Seiten der Kritik konzen- triert und er hat Grund zu der Annahme, daß die 'totale Vergesell- schaftung' schließlich doch nicht so 'nahtlos' sein wird. Um diese These zu stützen, ist er den heutigen Humanwissenschaften auf ihrem eigenen Boden entgegengetreten und er hat sie in ein kritisches Be- wußtsein der Zeit umgeformt. Für Blochs Diktum, 'Die Vernunft kann nicht blühen ohne Hoffnung, die Hoffnung nicht sprechen ohne Ver- nunft', ließe sich kein besseres Beispiel finden."253

Wie der Habermas diesen "Optimismus"254 legitimiert, der der Ver- nunft und der Aufklärung in der Moderne einen Platz wiederum zu- weist, den sie eigentlich spätestens mit Hork/TWA denn doch verloren hatte, werden wir vielleicht später sehen. Rorty meint sogar, daß der Habermas zu der Annahme neigt "daß es Aufgabe der Philosophie sei, ein soziales Bindemittel, eine Art Sozialleim, zur Verfügung zu stellen, das den religiösen Glauben ersetzen kann, und er hat die Ten- denz, die aufklärerische Rede von 'Universalität' und 'Rationalität' als den besten möglichen Kandidaten anzusehen."255

Nur soviel: Hork/TWA bezweifelten die Legitimation von Ver- nunft/Aufklärung sicherlich nicht, sahen sie aber dahinschwinden im Prozeß der Dialektik der Aufklärung, und verkommen zu einer Legi- timation des eindimensionalen Denkens, d.h. zur Vorherrschaft der zweckrational und/oder strategisch sich selbstbeschränkenden Ver- nunft. Vernunft legitimiert sich scheinbar selbstverständlich im technisch machbaren und halbiert sich freiwillig im Prozeß der "Beherrschung" der äußeren Natur. Emanzipation reduziert sich auf die Bedingungen des "guten Lebens", die technisch herstellen sich lassen. Die Legitimität der gesellschaftlichen Verhältnisse - und das heißt auch der Grad ihrer "Vernünftigkeit" und "Aufgeklärtheit" - ge- rät aus dem Blick, wird fraglos hingenommen und führt letztlich zur "verwalteten Welt"256. Das mag alles nicht stimmen, doch ist der Gang des weltweiten "Spätkapitalismus"257, der durch die Ereignisse in Osteuropa einen Legitimationsschub wiederum erhielt, aufzuhalten? Selbst die "hoffnungsvollen" Ansätze der Ökologie-, der Frauen- und vieler Sonstnochwas-Bewegungen scheinen/sind eigentlich nur die euphorischen Nachzügler einer "Kritik der zynischen Vernunft", die der DdA das Wasser halt doch nicht mehr reichen, allenfalls publizi- stisch abgraben können. Die kritische Theorie trifft sich - in der Diagnose - mit der Systemtheorie, die die These vertritt, daß "der Gedanke der übersubjektiv anerkannten Verbindlichkeiten einer Ge- sellschaft auf eine dezisionistisch verordente Legalität reduziert (wird), (deren faktische Anerkanntheit die Frage nach der Vernünftig- keit erübrigt)..."258

So gewendet und geschrieben scheinen wir uns den Diagnosen von Hork/TWA nicht verschließen und ihnen unsere "Sympathie" keines- falls vorenthalten zu wollen. Davon abgesehen, daß Hork/TWA das ziemlich egal gewesen sein dürfte, sollte uns das schon ein ganz klein wenig ärgern. Die Erkenntnis der eigenen Unvernunft und - aufge- klärtheit geht an die Wurzel des eigenen - wessen sonst? - Narzißmus wohl doch schon recht ordentlich radikal. Hork/TWA dür- fen/können/sollen einfach nicht recht behalten in ihrer pessimistischen Zeitdiagnose, es bliebe ansonsten tatsächlich nur noch die Kunst übrig, die dem wirklichen Leben "Vorschein" und "Hoffnung" sein könnte - oder ein aufgeklärter Zynismus, der die individuellen Überlebensstrategien aufgeklärt und vernünftig legitimiert in den Terms augenblicklich legitimierter Lebens- und Sterbensentwürfe.

Was soll's: "Haß, Ungerechtigkeit und Gewalt gehören zum Leben. Sie lassen sich nicht ausrotten. Wenn es einen göttlichen Plan gibt, müssen sie Bestandteil dieses Plans sein, denn einerseits entzünden sie die Phantasie, für ein besseres Leben zu kämpfen, und andererseits führen sie die Menschen immer wieder auf den Boden ihrer jämmerlichen Existenz zurück."259

"Phantasie ist gefährlich, ja bisweilen tödlich." (Comoedia Mundi - Zelt- theater)

DILEMMA260

"Ort des Geschehens ist der Oberste Gerichtshof eines fiktiven Landes ... Vier Männer sind von einem unteren Gericht wegen Mordes verurteilt worden und ihr Fall steht nun beim Obersten Gerichtshof zur Revision an. Der Vorsitzende faßt den Hergang der Tat zusam- men. Fünf Höhlenforscher stiegen in eine tiefe Höhle ein, um sie zu erkunden. Ein Steinschlag verschüttete den einzigen Eingang. Eine umfangreiche Rettungsmannschaft machte sich ans Werk, um den Eingang freizuräumen, aber die Arbeit war langwierig und gefährlich. Zehn Rettungsleute kamen bei den Rettungsarbeiten ums Leben. Am zwanzigsten Tage gelang es, Srpechfunkkontakt mit den Einge- schlossenen herzustellen, die dann fragten, wie lange es noch dauern würde, bis man zu ihnen vorgedrungen sei. Man sagte ihnen, es seien wenigstens noch zehn weitere Tage erforderlich. Sie baten um ärzt- liche Auskunft über ihre Chancen, zehn weitere Tage ohne Nahrung überstehen zu können, und sie erfuhren, daß keine Hoffnung bestand. Sie fragten dann, ob sie eine Überlebenschance hätten, wenn sie einen aus ihrer Gruppe aufäßen. Widerstrebend bejahte man diese Frage, aber niemand ... war bereit, ihnen einen Rat zu geben, wie sie sich entscheiden sollten. Danach brach der Funkkontakt ab. Am zweiund- dreißigsten Tag ihrer Gefangenschaft hatte man den verschütteten Gang endlich freigeräumt, und vier Männer kamen heraus.

Wie sie berichteten, hatten einer von ihnen Roger ... den Vorschlag gemacht, einen aus der Gruppe aufzuessen. Er schlug vor, die Ent- scheidung, wer geopfert werden sollte, durch Würfeln zu fällen, und holte einen Würfel hervor, den er zufällig bei sich hatte. Die anderen stimmten seinem Vorschlag schließlich zu, aber als sie sich daran- machten, ihn in die Tat umzusetzen, zog Roger ... sich zurück und sagte, er wolle lieber noch eine Woche abwarten. Die übrigen ließen sich davon jedoch nicht abhalten, sie würfelten auch für ihn, und da die Würfel auf ihn fielen, töteten sie ihn und aßen ihn auf."

POSITIV DENKEN! ("Don't worry, be happy" Bobby McFerrin)

Jede herrschende Klasse produziert "sinnlich gegenwärtige Produkte eines besseren Lebens. Sie produziert Bedürfnisse in den Massen, die sie nicht befriedigen kann. die Paläste sind gewiß nicht für die Massen gebaut, aber die Bedürfnisse der Massen messen sich an ihnen ... Der moderne Kapitalismus (ist der nicht schon wieder postmodern, bk) produziert notwendig im eigenen Verwertungsinteresse Vorstellungen und Bedürfnisse, deren massenhafte Befriedigung ihn zerstören würde."261

Wenn das nicht ein Ausgangspunkt positiver Weltsicht ist, wenn's denn tatsächlich und wirklich auch so ist! Positiv gewendehalst kön- nen wir mal annehmen, daß die produzierten Vorstellungen und Be- dürfnisse die Legitimität bestehender Verhältnisse zumindest in Frage stellen und das bislang unerhellte "utopische Vorkommen in der Welt"262 dem Nichtwissen vielleicht doch entreißt. Wenn da halt nicht die Gefahr einer "Kolonisierung der Lebenswelt"263 bestünde, die mit einer "Verödung der kommunikativen Kapazitäten der Lebenswelt"264 wohl Hand in Hand ginge.

Die "Imperative verselbständigter Subsysteme (dringen) in die Le- benswelt ein und erzwingen auf dem Wege der Monetarisierung und Bürokratisierung eine Angleichung des kommunikativen Handelns an formal organisierte Handlungsbereiche auch dort, wo der hand- lungskoordinierende Mechanismus der Verständigung funktional notwendig ist. Vielleicht kann diese provokative Bedrohung, eine Herausforderung, die die symbolischen Strukturen der Lebenswelt im ganzen in Frage stellt, plausibel machen, warum diese für uns zu- gänglich geworden sind."265 Das ist zwar ein ganz so schöner Ab- schluß nicht, wie ihn uns der Bloch ihn in seinem Prinzip hinzau- berte266... aber immerhin.

Daß der Zusammenschmiß von Negt/Kluge, Habermas und Bloch so nicht ganz funktioniert, ist auch mir schon so langsam klar, wenn's halt - gewalttätig getätigt - nicht so schön zusammenpassen würde. Mit "Positivem Denken" hat alles sowieso nichts zu tun.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 6

"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der 'Ausnahmezustand', in dem wir leben, die Regel ist."267

ZURÜCKÜBERLEGUNGEN NACH GANZ WEIT VORNE, UM UNS ZU VERGEWISSERN, WAS WIR DENN EIGENTLICH WOHL WOLLTEN, SO ZIEMLICH AM ANFANG, OBWOHL WIR ES AUCH DORT SCHON NICHT WUSSTEN

Mit Lumpen hatten wir's zu tun, mit Hork und TWA. Gelandet sind wir jetzt beim "Positiven Denken", das keines ist, sondern höchstens ein affirmatives ... wenn überhaupt. Der Weg bis hierin war weit und ist gepflastert mit Fuß-noten268, die den Umfang des Textes um einige Seiten sicherlich schon überschreiten. Thema verfehlt! Der Schreckensatz in blutigem Rot auf Schulaufsätzen (den besinnlichen, dialektischen und sonstigen) müßte auf dem Titelblatt prophylaktisch schon stehen. Glücklicherweise schreibt unser Computer rot noch nicht und dem Leser wird anheim gestellt, die Oberlehrerrolle eigen- ständig sich anzueignen.

Schluß. Das Verbrechen an und mit der Philosophie (siehe Titel) wurde bislang schon ausführlich betrieben, Mafia und Camorra hätten ihre Freude sicherlich - allein mit der Mafia. Systematisieren, rechtfertigen oder ins linke Licht rücken wollen und können wir hier schon gar nichts mehr. Camouflage269 ist angesagt, ein hinter das Licht führen. Doch wer sagt uns denn, daß hinter dem Licht nur Dunkelheit, Schrecken oder bodenlose Dummheit sich verbirgt. Die Vernunft? Die Erfahrung? Der "gesunde" Menschenverstand?

Den Versuch zu wagen, hier noch zu retten, was zu retten ist, wäre nicht nur töricht, blödsinnig und sonstnochwas, er wäre auch mit saumäßiger Arbeit verbunden! Und die sparen wir uns, die Arbeit. Zudem ist der Autor ja nicht gezwungen, seine eigenen Gedanken- verwirrungen auch noch erklären zu müssen. "Es gibt zwei Arten von Versagen, nicht besitzen zu können, dies ist tragisch, und sich nicht mitteilen zu können, das ist komisch."270

"Dig this", Miles Davis.

"Sometimes I feel so unispired", Traffic.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 7271

Spiegel: Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung ...

Adorno: Mir nicht.

DIE GEMEINHEIT DER "LUMPEN" IST KONTRAPRODUKTIV DER IDEE DER STRATEGISCH-ZWECKRATIONAL VERWAL- TETEN WELT ... ODER SO ÄHNLICH ZUMINDEST / VOR- WÄRTSSTRAGISCHE ZURÜCKÜBERLEGUNGEN IN VER- NÜNFTIG AUFKLÄRERISCHER ABSICHT, UM DER DEMO- KRATIE NOCH ZU RETTEN, WAS ZU RETTEN IST ... BZW. SO ÄHNLICH VIELLEICHT

Mit dieser Überschrift haben wir noch nicht viel gewonnen, so ehrlich wollen wir hier lumpenhaft und dekommunikativ ruhig mal sein. Unser Argumentationsverhalten grenzt an strategisches, wahrhaftig272 und kaum, d.h. verdeckt nur, gelogen273.

Implizit denunziert274 die Überschrift eine Idee, die den Weltlauf de facto beherrscht, zur Wahrheit geworden ist. Denunziation hat einen schlechten Ruf augenblicklich wohl, was uns aber nicht weiter stören soll, hat sich doch ein kritisch-denunzierendes Denken immer aus- gezeichnet, "durch einen Modus des Denkens ..., der - auch wenn das bei den kritischen Theoretikern de facto nicht immer der Fall gewesen war oder ist - Fragen zuläßt. Kritische Theorie hat immer auf die Autonomie des Denkens und der Reflexion gesetzt."275... auf das richtige und autonome kritische Denken Kritischer Theorie!

Fragen zulassen und autonom richtig denken ... das wird schwierig, wenn's auch anders nicht geht, wenn der verwalteten Welt wir noch etwas entgegensetzen wollen. Eine Idee von Demokratie vielleicht, d.h. "eine Demokratie, die nicht nur funktionieren, sondern ihrem Begriff gemäß arbeiten soll, (die) verlangt mündige Menschen. Man kann sich verwirklichte Demokratie nur als Gesellschaft von Mündi- gen vorstellen."276 D.h. eigentlich wahrscheinlich gar nicht, wenn wir uns Mündigkeit auch denken als Aufklärung und Vernunft oder ähnliches.

Belassen wir uns ruhig in diesem Dilemma und schreiben uns noch hinter die Ohren, daß Demokratie die institutionell gesicherten For- men einer allgemeinen und öffentlichen Kommunikation beinhaltet, "die sich mit der praktischen Frage befaßt: wie die Menschen unter den objektiven Bedingungen ihrer immens erweiterten Verfügungs- gewalt miteinander leben wollen."277 Dieser Diskurs kann nicht stra- tegisch-rational geführt werden, er steht - wenn es ihn denn gibt bzw. geben sollte - quer zu den Imperativen der sachgezwängten verwalt- eten Welt, hat diese selbst auch zum Thema, es ist ein "praktischer Diskurs"278. Ulrich Beck bringt den Sachverhalt auf die - wenn auch etwas plakative - Formel: "Die Souveränität, mit der technische Ent- scheidungen nichttechnisch gefällt und begründet werden, ist ein Maßstab für Demokratie."279

Das Fahrwasser, in das wir uns hier geraten lassen, ist klar, wenn wir auch im Trüben fischen sollten. Termini wie "kommunikative Ver- nunft", "herrschaftsfreier Diskurs", "ungezwungener Konsensus"280, "ideale Kommunikationsgemeinschaft", "Koloninisierung der Le- benswelt" u.ä. sind die uns begleitenden Felsbrocken der Uferbefesti- gung281.

TIGERVARIATION III

"... zeigt sich das Janusgesicht der Demokratie. Nicht mehr jeden Nachbarn darauf anschauen müssen, ob in ihm die Stasi hört und sieht; nicht mehr in die Partei zu müssen, wenn man etwas werden will; nicht mehr die tägliche Propaganda anhören und Bürokratie- willkür erdulden müssen - das bedeutet ein Aufatmen, wie wir es uns im Westen kaum vorstellen können, und es rechtfertigt einen gewissen Stolz. Die DDR-Bürger haben sich ihre demokratischen Rechte selbst erkämpft - nicht wie im Westdeutschen samt Marshallplan geliefert bekommen. Aber nun, wo sie die demokratische Wahl haben, was haben sie da für eine Wahl? Die Vorteile der Marktwirtschaft zu übernehmen, die Nachteile draußen halten? Das wäre, als wolle man einen Tiger zum Vegetarier erziehen. Schon ein flüchtiger Blick auf die Weltwirtschaftslage zeigt, daß die Marktwirtschaft eines sicher nicht tut: Wohlstand und Luxus zu bescheren, ohne dabei massenhaft Armut und Elend zu produzieren."282

PHILOSOPHIE, DIE NICHT AUFGEHOBEN WIRD, KANN SICH NICHT VERWIRKLICHEN283

Die schlau-gemeine, hinterhältig-offensive und strategisch-geschickte Post-Daseins-Diagnose eines sich unnutzig gewordenen Philosophen, der den moribunden Ast selbst unnötigerweise sich auch noch absägt, müßte wie folgt geschrieben werden: Daß nämlich Philosophie für die "private Vervollkommung" gerade noch gut genug und nütze ist, als öffentliche Verantstaltung aber, wenn schon nicht gefährlich, so doch zumindest eine Gefahr darstellt284. Wenn wir diese "Nutzanwendung"285 von Philosophie akzeptieren wollten, wäre die Frage "Wozu ...?"286 gegenstandslos und wir könnten beruhigt in den Schlappeseppl287 gehen, ein paar Bier trinken, der Ideologie des R.I.S.288 vs. R.I.P. (was halt auch nicht Ideologie, sondern Grabstein gewordene Wirklichkeit ist) hingeben und darauf hoffen, daß der Ha- bermas vielleicht denn doch kommt, an den Stammtisch289 sich setzt, einigermaßen vernünftig sich benimmt und die Frage: "Wozu ...?" aus Anstand halt mal doch unterläßt. Doch dann bräuchten wir den Habermas wiederum wahrscheinlich nicht, denn das Bier schmeckt uns auch ohne Philosophie. Und die Hoffnung haben wir auch schon wie einen Furzordinären in die Hose fahren lassen: "Philosoph wer- den, mit Sartre einen Pernod trinken oder mit Hemingway angeln in der Südsee, das wärs."290 Das wärs?

Das wärs! Das Leben ist ein Spiel, dessen Ausgang mit an Wahr- scheinlichkeit grenzender Sicherheit so gesichert ist, wie die Gewinne der Spielbank von Monte Carlo. Der Reibach vom Fürsten Rene läßt mit mathematischer Genauigkeit allerdings schon noch sich vor- aussagen, was die Idee des Spiels objektiv zwar ruiniert, die Bank- rotterklärung in Las Vegas allerdings erst gegenzeichnen sich läßt. Das Leben wird, was klar sein dürfte, nun nicht mittels der Lebens- versicherungsmathematik seines spielerischen Charakters beraubt, sondern durch das verdammte Leben selbst. Und da hilft selbst Philo- sophie nichts, auch wenn der TWA glaubte, daß "gegenüber der tota- len Herrschaft von Methode ... Philosophie korrektiv das Moment des Spiels (enthält), das die Tradition ihrer Verwissenschaftlichung ihr austreiben möchte."291

"This is the end", The Doors.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 8

"Ich wünsche mir, daß in diesem Baum Vögel vieler Farben und Ge- stalten sitzen mögen und sich heimisch fühlen. Ich möchte ihn nicht nur für spezielle Arten reserviert sehen mit viereckigen Schwanzfe- dern oder stromlinienförmigen Konturen, mit internationalen Kenn- zeichnen oder Bauhausgefieder. Kurzum, ich möchte, daß es ein gast- licher Baum sei, aus dem vielerei Lieder tönen, nur nicht die falschen Flötentöne von Vogelimitatoren."292

WAS BLEIBT: KRITISCHE THEORIE ALS NOSTALGISCHE ERINNERUNG POSTMODERN GESTYLTER NICHT-THEORI- EN? ODER: ANYTHING GOES - WHY NOT CRITICAL THEO- RY? THINK POSITIV, WITH NEGATIV CRITICAL THEORY!

"Er hat sich beschränkt, fängt bei Hegel

an; bei Adorno wird es enden."293

"... die Verwirklichung Kritischer Theorie

hängt von ihrer theoretischen Überlebensfähigkeit

ab. Die aber wird heute bezweifelt."294

Nun gut, die Kritische Theorie ist stigmatisiert nicht nur durch Golo Mann, um den "Anschluß"295 an weiter oben letztlich und endlich wirklich zu finden. Kritische Theorie hat kohlabiert und ihre Ruhe- stätte in Frankfurt wiederum gefunden, das "Verfallsdatum scheint abzulaufen"296. Die Kritische Theorie der "zweiten Phase" ist immer noch hübsch negativistisch, zwar weigert sie sich, "nicht länger zu sagen, was sie unter Vernunft versteht, aber die Explikation ihres Begriffs ist formal wie bei Kant (?????, BK) und auf keine bestimmte historische Lebensform oder Sittlichkeit festgelegt. Die kommunika- tive Vernunft ist nicht wirklich, sondern bloß kontrafaktisch wirksam. Darin steckt ihr Negativismus."297

Was soll's, wenn Kritische Theorie denn wirklich und endlich bloß wirksam wäre, die Verhältnisse, man getraut sich's kaum zu schreiben noch, die gesellschaftlichen halt, wären nicht so, wie hypothetisch- kontrafaktisch wirksame kommunikative Vernunft sie vorfinden würde. Sie wären de facto anders und würden das Trugbild wohl nicht fördern, "als sei auch nur eines unserer systemspezifisch er- zeugten Probleme durch den Sturz der Mauer gelöst worden."298

Das Prinzip Hoffnung299 ist "angesagt"300, jenes Prinzip, das einer Kritischen Theorie, die ihre kontrafaktisch wirksame kommunikative Vernunft nicht aufzugeben bereit ist, die "rosarote" Brille zurückge- ben könnte und ihrer altersbedingten Sturheit eine physikalisch - und sei's drum - empirisch unangreifbare Legitimation wiederum verleihen würde. All we need is a "hopeapriori" - "I want to hear the scream of the butterfly", The Doors.

Warum nicht, verdammt nochmal! Warum nicht einmal wollen, wenn's auch möglich wahrscheinlich bestimmt nicht wird - der "Fahrplan der Geschichte" außer Rand und Band wahrlich und empirisch nicht gerät. Des Herrn Bloch wegen?301

TIGERVARIATION IV

"... ich kann weder an die Wiederkehr der Götter noch eine kommende Liturgie und Offenbarung, noch an Abbau der Industrie, noch an eine Reinigung des Wassers und der Luft, noch an eine Überwindung der Langeweile und der aus ihr geborenen Anarchie, also an ein zu- künftiges Ethos glauben. Ich halte die allgemeine Lage für hoff- nungslos und es auch für vergleichsweise unerheblich, ob er Unter- gang kapitalistisch oder dirigistisch, demokratisch oder faschistisch geschieht. Aber da der Mensch ... ein einzelner ist, so braucht er sich nicht dem Ablauf zu unterwerfen, er kann vom Rücken des furchtba- ren Raubtiers abspringen, aber immer nur für sich oder in einem kleinen Freundeskreis."302

18. SEPTEMBER 1990 - 22:01

19. SEPTEMBER 1990 - 21:54

"Time is on my side" (Rolling Stones) - eben nicht. Das Ding soll (und wird!) fertig werden. Zum einen als billiges Geburtstagsge- schenk für Claudia303, zum anderen, weil mir "Horkheimer, Adorno und ..." langsam auf die Nerven gehen. Und: Eine Systematik, wie sie den "Kuckuckseiern" noch zugrunde lag304, bei diesem Werk zwar nie beabsichtigt war, dennoch nicht hinzukriegen hier ist305. Egal! Und sowieso: "Anything goes"306 - Der Wahlspruch postmodern gestylter neokonservativer Outfit-Narzißten. Oder "Nichts geht mehr!", weil bei Francis Fukuyama wir inzwischen angelangt sind?307

"Time is on my side" - weniger denn ein paar Zeilen weiter oben. Nur muß das WERK halt auch nicht mehr fertig werden. begrenzt wird es sowieso nur durch das Fassungsvermögen des elenden Computers308 und dessen "Fußnotenverwaltung"309 Und erschöpfen tut sich sowieso alles. Physik und Metaphysik: "Die Auffassung, daß die Ener- gieressourcen unerschöpfbar seien, weicht dem Bewußtsein, daß die physikalischen Energien erschöpfbar sind, und in diesem Wandel liegt die eigentliche Ursache für den Übergang vom modernen zum post- modernen Weltbild. Dem unendlichen Weltall der Moderne steht heute, wie zuletzt der Erfolg der neuen Kontraktionskosmologie von Stephen Hawking zeigt, das endliche und sich erschöpfende Weltall der Postmoderne gegenüber."310 Was so natürlich ausgesprochener Quatsch ist! "Dieser Krebsgang des Wissens: Da erforschen die Men- schen mühselig was, das dann futsch ist, weil nachgeborene Spinn- vögel behaupten, das sei ja altmodern und jetzt Prä- oder Nachmo- derne angesagt. Statt beharrlich und kontinuierlich sich eine Treppe des Wissens zu bauen, liefern diese Zeitwinder die Geschichte ihren neumodischen Veitshopsern aus."311

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 9

Die Gebote des Philosophen312

1. Du sollst dich selbst nicht ernster nehmen, als du die anderen nimmst und als die anderen dich nehmen.
2. Du sollst Sinn und Unsinn unabhängig von dem Munde, aus dem er kommt, beurteilen.
3. Du sollst Kopien nicht weniger als Originale ehren.
4. Du sollst gegenüber einem Dümmeren nicht schlecht über einen Gescheiten reden.
5. Du sollst Deinen Feinden predigen.
6. Du sollst, was dich bedrückt, in Worte fassen.
7. Du sollst keine Geheimnisse wahren.
8. Du sollst frühere Vereinbarungen zugunsten einer späteren brechen.
9. Du sollst niemandem Schaden zufügen, wenn dir daraus nicht größerer Nutzen entsteht.
10. Du sollst mit niemandem schlafen, dessen Kind du nicht möchtest und dessen Eltern dir nicht gefallen.
11. Du sollst keine Frau ansprechen, wenn dir der Gedanke dazu kam, währen du hinter ihr hergingst (Augen sind primäre Geschlechtsorgane).
12. In jeder Ordnung, die du schaffst, soll Platz für Un- ordnung sein.
13. Du sollst nie etwas Größeres auf etwas Kleineres legen.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 10

"Ich habe stets einen Unterschied zwischen meinem Leben und meiner Philosophie gemacht."313

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 11

"...beginnen wir damit, den Anfänger daran zu erinnern, daß die be- wundernswertesten Denker der Gelehrtenrepublik ... ihr Leben und ihre Arbeit nicht voneinander trennen. Sie nehmen beides ernst und sind bestrebt, das eine durch das andere zu befruchten."314

EXKURS

Die Fremdüberlegungen Nr. 10 & Nr. 11 so einfach und ohne ein bißchen Dazwischen-Geschwafel hinzufetzen, schreit nach Erklärung! Die empiristische Bagage315, um von der systemtheoretischen zu schweigen316, hätte eine "vernünftige" Erklärung sicherlich sofort zur Hand: Bloch mußte einen Unterschied zwischen seiner Philosophie und seinem Leben machen317, weil er halt kein Motorrad fahren

konnte!318 Und C.W. Mills? Der durfte einen Unterschied keinesfalls machen, weil er halt sonst seiner Leidenschaft nicht hätte nachgehen können.

So bzw. so ähnlich spielt das Leben. Übrigens wurde Bloch wesentlich älter, weil er kein Motorrad fuhr - würden als empiristische Singular-Bagage wir mal behaupten.

SCHLUSS/ENDE/BORDER-LINE - NOCH NICHT!

Einen ordentlichen gibt's nicht. Schluß ist Schluß. Ob ordentlich oder chaotisch319 ! Schluß! World's end320.

FUKUYAMA BEISST SICH IN DEN SCHWANZ (AB)

Warum? Weil am Ende der Geschichte wir eigentlich - um dem Klugscheißer Fukuyama eins reinzuwürgen - noch lange nicht sind, auch wenn er, der Fukuyama, meint, daß wir "uns heute nur schwer eine Welt vorstellen (können), die von Grund auf besser ist als die, in der wir leben, oder uns eine Zukunft ausmalen, die nicht demokratisch und kapitalistisch geprägt ist."321 Vor nicht allzu langer Zeit hieß es glaube ich noch: "Keine Demokratie ohne Sozialismus." Vorbei! "Wir können uns nicht vorstellen, daß wir in einer Welt leben, die wesentlich anders ist als unsere derzeitige Welt und zugleich bes- ser."322 Was soll's, den Verdacht, daß auch Hegel-Experten dumme Hunde schon sein können, den hegte ich schon lange, doch macht der Fukuyama mein Vorurteil zur Gewißheit.

Fukuyama ist von Selbstzweifeln sicherlich nicht geplagt wenn er behauptet, daß die "liberale Revolution ... ein ... Beweis dafür (ist), daß hier ein fundamentaler Prozeß wirksam ist, in dem alle mensch- lichen Gesellschaften in ein gemeinsames Entwicklungsschema ge- zwungen werden - kurz gesagt eine Universalgeschichte der Mensch- heit, die sich auf die liberale Demokratie zu bewegt ... Wenn wir heute an einem Punkt angelangt sind, wo wir uns keine Welt vorstellen kön- nen, die sich wesentlich von der unseren unterscheidet, wo an- scheinend keine grundsätzlichen Verbesserungen gegenüber unserer derzeitigen Ordnung mehr denkbar ist, dann müssen wir die Mög- lichkeit in Betracht ziehen, daß die Geschichte an ihrem Ende angelangt ist."323

Wir wissen es langsam Francis Fukuyama! Wir leben in der besten aller möglichen Welten und können nur noch partiell was verändern.

Doch halt! Den Schwanz des Fukuyama hätten wir fast vergessen in den er sich beißt. Lassen wir aber ruhig erst mal andere beißen: Fukuyama "der falsche Prophet ... ist absolvierter Spezialist für Hegel. Kaum hat Fukuyama Hegel begraben, steht Hegel listig auf, der alte Fuchs, und begräbt Fukuyama. Geschichte ist da wie noch nie, Geschichtsphilosophie nötig wie noch nie und hatte noch nie einen rätselhafteren Gegenstand als gerade jetzt."324

"Die Propheten der Subversion (von Joachim von Fiore über Thomas Münzer bis Karl Marx) gaben sich noch relativ bescheiden. Sie dach- ten an eine zukünftige Möglichkeit, das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen - eigentümlicherweise alle ohne Ausnahme da von ausgehend, daß das Reich Gottes auf Erden zweierlei voraussetze: er- stens die Abschaffung des Privateigentums; zweitens die Abschaffung des Staates. Mit einem Wort: den Kommunismus. Anders ein berühm- ter US-amerikanischer Soziologe, dessen Namen mir entfallen ist, dessen Verkündung aber in aller Presse zu lesen war. Mit der Si- cherheit des Wissenschaftlers ließ er alle Bescheidenheit fahren und stellte fest, daß die Geschichte schon an einem guten Ende angelangt sei, denn von nun an stünde die Entwicklung still mit dem Endsieg - wenn nicht des Reiches Gottes, so zumindest seiner Erscheinung auf Erden. Und diese Erscheinung läge im genauen Gegensatz zum Kom- munismus, nämlich ökonomisch im Kapitalismus, politisch im bürgerlichen Verfassungsstaat als der adäquaten politischen Form: der 'liberalen Demokratie'."325

Und von ganz anderer Seite, einem Anthropologen nämlich, einem recht berühmten sogar: "Der Westen wird zunächst in Europa tri- umphieren, wo er schließlich auch Osteuropa erobern wird. Ein Ziel, das er bereits im 16. Jahrhundert verfolgte, also lange vor dem kom- munistischen Regime. Er wird sich auch in den Osten ausdehnen, selbst wenn der Westen nicht identisch ist mit Europa. Sind wir also dazu verurteilt, uns entweder dem schallenden Applaus anzuschließen oder die ganze Szenerie auf Zehenspitzen zu verlassen? Ohne von den Menschen der Dritten Welt zu sprechen, warum müssen diejenigen Westen schweigen, die noch immer denken, daß das Christentum nicht die einzige wahre Religion ist und daß es keine 'wahre' Religion gibt, warum müssen diejenigen schweigen, die feststellen, daß die politische Demokratie existiert, zu der sie sich beglückwünschen, doch die auch wissen, daß es noch viel zu tun gibt, um die soziale Demokratie auszubauen und fast alles zu tun gibt, um die Ökonomie und die Reichtümer, die der Kapitalismus produziert und sich aneignet, demokratischer und gerechter innerhalb des Westens und außerhalb davon aufzuteilen. Warum soll man sich weigern auch das Negative zu sehen? Es existiert und es wirkt auf unsere Existenz ein. Warum sich damit abfinden? Etwa deswegen, weil das Ende der Ge- schichte (kursiv bk) gekommen ist und wir nun in der besten aller Welten leben?"326 Und: "... der Westen ist kein Modell ohne Fehler, ohne Makel, aber heute zieht er weitaus stärker an, als er abstößt. Wie jede historische Realität läuft er jedoch Gefahr, eines Tages durch seine eigenen Widersrpüche und Zweideutigkeiten geschichtlich überholt zu sein. Aber dieser Tag scheint seit den Ereignissen von Berlin und Bukarest um etliche Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte aufgeschoben zu sein."327

Und Habermas, der doch zu allem was weiß: "Die beliebte Fukuyama- Frage. Ich halte von diesen Posthistorie-Diagnosen offengestanden nichts."328

Wir offengestanden auch nicht. Mal ganz davon abgesehen, daß wir uns nicht getrauen, die Gesellschaftsgeschichte mit einem Federstrich als beendet zu erklären, so als hätten wir und der maßgebliche Teil der restlichen Welt - nämlich der "vorbildliche" Westen - die Weisheit mit den goldenen Löffeln329 des Fukuyama gefressen, sowenig glauben wir an das Ende des "Prinzips Hoffnung". Und daß die "HEIMAT" wir schon hätten, kann allenfalls ein Fukuyama behaupten.330

Und sowieso: Sind wir wirklich schon soweit, uns keine andere Welt mehr vorstellen zu können? Sind mit dem vermeintlichen Ende der Geschichte auch alle Utopien am Ende? Wenn dem tatsächlich so wäre, müßten wir eigentlich ganz schön verblödet schon sein und könnten uns schon jetzt einem durch nichts legitimierten - dafür aber wohl um so angenehmeren - Hedonismus331 hemmungslos überlassen. Wahrscheinlich hat die schleichende Kollektiv-Verdoofung332 soweit schon um sich gegriffen, daß der praktischen Richtigkeit (Wahrheit) des Fukuyama-Syndroms wir uns nicht mehr entziehen können. Nur müssen wir aufpassen, wenn die Fukuyama-Theorie "das Handeln einer Weltmacht leiten (sollte), so wäre es Zeit, Alarm zu schlagen. Denn dann würde man seine Hände in einem Moment in den Schoß zu legen versucht sein, in dem höchste Aufmerksamkeit geboten ist. In der Geschichte pflegt aus jeder Einigung eine Differenz zu entstehen, und aus jedem Ende ein Anfang. Gerade deswegen ist aller Anlaß ge- geben, neu über die 'Lage der Geschichte' nachzudenken."333 Den Schwanz des Fukuyama sollten wir darüber nun aber keinesfalls vergessen. Tun wir auch nicht! Wir reden nur ein bißchen um den heißen Brei noch herum und ärgern uns, daß dem Fukuyama wir soviel Platz widmen, obschon auch Popper behauptet, "das sind so Phrasen, dumme Phrasen"334 und auch der Dahrendorf darüber sich wundert, daß es zwar selten sei, daß ein Scharlatan in die Bestsellerlisten komme, aber der Fall Fukuyama halt zeige, daß auch solches möglich sei335.

Deshalb habe ich gerade (25. März 1992, 18:12) beschlossen, daß Fukuyama sich nicht nur in den Schwanz beißt ... nein er beißt ihn sich schlicht und einfach ab - und das ist ungefähr so, als ob den ei- genen Ast man sich ab absägt, eigentlich sogar ein bißchen schlim- mer! Aber egal ist es sowieso, weil "die Menschheit ... am Ende" ist336 "This is the end" - of Fukuyama

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 12

"Die Frage, ob man nach Auschwitz noch Gedichte schreiben könne, ist einer anderen gewichen, die da lautet, ob man es ertragen könne, Adorno und Horkheimer am Rande des Swimmingpools zu lesen."337

UNBEDINGT ERFORDERLICHE UND SONSTIGE NACHBE- MERKUNGEN, MAN KÖNNTE AUCH SAGEN: SCHLUSS

Fast am Ende kommt doch noch was! Den gepeinigten Leser meiner WERKE (wie schon ziemlich weit oben und des öfteren schon be- merkt, nicht meine Schreibe) dürfte das allerdings überhaupt nicht wundern.

Die versprochenen 999 Fußnoten338 sind wohl doch nicht ganz zu- sammengekommen, die heben wir uns für unser nächstes WERK auf, denn der Steinbrüche339 - sprich Bücher - sind noch viele. Retten könnte den Leser nur der folgende Sachverhalt: "Mein Herz (das des Autors, Anm. bk) hat aufgehört zu schlagen, es schlägt zurück."340

Zugegeben, wir haben aus unseren früheren WERKEN einiges zu- sammengetragen, um die Anzahl der Fußnoten ein ganz klein wenig und bißchen zu erhöhen, doch gibt es nicht irgendwo den schon be- rühmten Satz, daß Quantität in Qualität wohl mal umschlage?

Egal! Wie mit den Zitaten umgegangen wird, soll hier nicht erklärt werden, wo kämen wir hin, wenn die Beabsichtigung wir auch noch erläutern sollten. Die legitime Frage, die dem aufmerksamen341 Leser sich wohl stellen könnte, wäre sicher die, nach der Originalität des WERKES - wo bleibt das Eigene? Diese Frage aber stellen zu können, setzte ein VERSTEHEN voraus, das wir nun wirklich nicht un- terstellen wollen. Immerhin: "Daß man alles versteht, braucht nicht zu heißen, daß man alles verzeiht; womöglich wird die Empörung dadurch noch gesteigert. Wenn wir aber etwas nicht verstehen, sind wir nicht in der Lage zu wissen, worüber wir uns empören bezie- hungsweise was wir verzeihen. Und sobald die an solchen Unterfan- gen Beteiligten Grenzen zwischen den Kulturen überschreiten müs- sen, kommen tatsächlich spezielle Verständigungsprobleme ins Spiel."342

Die Verständigungsprobleme liegen nun vielleicht nicht auf der von Winch beschriebenen Ebene: "Träfe ich im Stadtpark einen Mitbürger, der einem Huhn Gift verabreicht und dabei Fragen stellt, käme ich nicht auf den Gedanken, daß er etwa wie ein Angehöriger des Stamms der Zande handelt und das Giftorakel befragt. Ich hätte keine Ahnung, was da eigentlich vorgeht - vielleicht würde ich ihn für geistesgestört halten oder glauben, daß er ein bizarres 'Happening' veranstalte."343 Die Verständigungsprobleme, die sich bei dieser Arbeit ergeben, sind sicher eher der Sorte "Tauben vergiften im Park"344 zuzuordnen.

EXKURS - FREMDÜBERLEGUNG NR. 13

"Woran arbeiten Sie?" wurde Herr K. gefragt. Herr K. antwortete: "Ich habe viel Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor." (BB)345

EXKURS - EIGENÜBERLEGUNG

Die Idee, eine Geschichte zu schreiben, die mit einem "Hand an sich legen" beginnt. Wie lange braucht eine Kugel, um durch einen Dick- schädel üblichen Durchmessers sich hindurch zu schlagen?346 Welche Teile des Gehirns werden zuerst zerstört? Was denkt man im Augenblick der ersten Berührung des Geschosses mit der Schädel- decke? Wie schnell kann man denken? Was sieht man noch? Was hört man noch? Was riecht man noch? Zieht einem der Pulverdampf noch in die Nase? Muß man niesen? Wie schnell kann man sterben? Macht man beim Erschießen viel Dreck? Was denkt man, während die Kugel durch die graue Masse sich hindurch windet? Bekommt man noch mit, wenn die Kugel austritt? Und wenn dann doch nichts mehr hilft: Der Freitod "ist absurd, nicht aber närrisch, da doch seine Absurdität die des Lebens nicht mehrt, sondern verringert."347

THE END OF THE END

Frank Zappa, Sir Popper, Charles Bukowski, Erich Honecker, Leonard Feather, Leo Löwenthal, Karola Bloch, Sonny Sharrock, Ulrich Sonnemann, Richard Nixon, Rory Gallagher348, Jackie Onassis Golo Mann, Hans Jonas, Elias Canetti, Heinz Rühmann, Kurt Cobain, Paul Lorenzen, Rob Tyner349, Gretel Adorno350 und Miles sowieso sind zwischenzeitlich tot und mir geht es auch nicht sonderlich gut!

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Welt? "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern." K. Marx, 11. Feuerbachthese (saumäßig berühmt!) Welt? "Was mich an den Philosophen am meisten abstößt, ist der Entleerungsprozeß ihres Denkens. Je häufiger und geschickter sie ihre Grundworte anwenden, um so weniger bleibt von der Welt übrig. Sie sind wie Barbaren in einem hohen geräumigen Haus voll von wunderbaren Werken. sie stehen in Hemdsärmeln da und werfen methodisch und unbeirrbar alles zum Fenster hin- aus ... Das nackte Haus bleibt stehen." E. Cannetti, Die Provinz des Menschen, S. ? (bin zu faul, um nachzu- schlagen) Die Welt als ein "nacktes Haus"? Vielleicht haben die Philosophen recht! Nur: Irgendwo muß das Zeug, das aus dem Fenster geworfen wurde doch auch rumliegen. Viel- leicht auf dem "neuen" Spielplatz der Philosophen, der "Postmoderne"?

2 "WERKE"! Das geht einem (also MIR) doch runter wie Honig. Danke C.H.&W.K. Nur eines habt ihr (man/frau be- achte die Schreibweise vglw. [vergleichsweise] zu MIR), halt nicht bedacht! ICH werde mal 50 (hoffentlich!!!),was sagt ihr dann? Allerdings: Was ICH zu eurem 40. ..., das wird schwer! Und sowieso, wer WERKE schreibt, dem steht der Plural schon zu: WIR (also ich) ...

3 Danke. Jetzt kann ich mich aber schon gar nicht halten! Nur ist eines also wirklich nicht bedacht: "DAS ELEND UNSERER INTELLEKTUELLEN", wie K. Sontheimer, Hamburg 1976, mal auszudrücken sich beliebte. Doch wer ist schon Kurt Sontheimer? Eben! Sogar die Aschaffenburger Stadt- bibliothek hat ihn "AUSGESCHIEDEN", denn von dort hab' ich das Buch. Zu besagen hat das nun allerdings auch nichts, denn die AB-Bibliothek warf auch den Rudi Dutschke hinaus mit seinem Buch "Versuch Lenin ..." AUSGESCHIEDEN.

4 Das ist eine Unverschämtheit. Was kann ich dafür, daß irgendjemand (z.B. Habermas, Marcuse, Bloch, Adorno, Horkheimer, Frisch, Sartre u.a.) mal so dachte wie ICH?

5 Den Ausdruck "exzessiv" kannte in anderem Zusammenhang ich nur ... Bspw.: "Die tugendhaften Menschen sind oft kleinmütige Bürger. Der wahre Mut wurzelt in einer Ausschweifung." A. Camus, Tagebuch 1951-1959, Hamburg 1991, S. 136 Duden: Exzeß [lat.]m; ...zesses, ...zesse: Aus- schreitung; Ausschweifung ... Und "wahren Mut", den müßt ihr mir schon zusprechen. Ihr tut es auch, wenn des Kleinmutes ich euch auch be- zichtigen muß. So sprecht von "Ausflügen" ihr, wo der Begriff "AUSSCHWEIFUNG" seine eigentliche Berechtigung erst erlangte: "Wir alle haben von Zeit zu Zeit an ... Ausflügen, deren lokale Ausprägungen zwischen Magda und Campanile anzusiedeln sind, teilgenommen." Im "Schlappeseppl", "3-Mädl-Haus", "Fred" & ... ????? (verflucht - mit meinen Exzessen ist es auch nicht mehr allzuweit her) waren die Laudaten wohl noch nie?

6 C. Helm & W. Kreß, Burkard Kircher - Ansprache aus An- laß seines 40. Geburtstages

7 Die "..." solltet ihr mal überprüfen!

8 Die Behauptung allerdings, was meine Feststellung "Papa ist eine Autorität und Mama ist eine Nervensäge" mit "autoritärem Charakter" zu tun hat, soll - zu- mindest jetzt noch - zurückgestellt werden. Nur soviel: "Autorität ... kann ... fortschrittliche, den Inter- essen der Beteiligten entsprechende, der Entfaltung menschlicher Kräfte günstige Verhältnisse bedeuten ..." M. Horkheimer u.a., Studien über Autorität und Familie. Forschungsbericht aus dem Institut für Sozialforschung, Lüneburg 1987, S. 24 Und um der mir zugesprochenen "intellektuellen Redlichkeit" gerecht schon hier zu werden: Der Hork soll soll recht reaktionär schon ge- worden sein, am Ende seine Lebens. Vgl. irgendwo weiter unten. Ohne auf Autoritäten mich schon hier berufen zu wollen, sollte doch festgehalten werden: Inhalts- & Beziehungs- ebene sollte in Kommunikationsprozessen man schon aus- einanderhalten. Vgl. P. Watzlawick u.a., Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Ort & Jahr kennt sowieso jeder und mein Buch ist sowieso nur ein Raubdruck. Und sowieso: "Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß ein großer Teil des Sozialisierungsprozesses eines Kindes darin liegt, ihm beizubringen, was es nicht sehen, nicht hören, denken, fühlen oder sagen darf." P. Watzlawick u.a., Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Bern 1974, S. 62 Ein Lob Watz- lawick u.a.! Dummerweise geht gerade aus der Autorengruppe um den Herrn Watzlawick auch ein Sammelband hervor, der sich "Schizophrenie und Familie" nennt. G. Bateson u.a., Schizophrenie und Familie, Ffm 1969. Egal.

9 Redundanz - Duden: 1) Überreichlichkeit, Überfluß, Üp- pigkeit ...

10 Nicht meine Schreibe! Vgl. die Laudatio auf b.k.

11 D.h. - Eine einzige Fußnote! Und versprochen, wir werden es auf ungefähr 999 Stück Fußnoten bringen. Warum das so ist, müßte eigentlich schon erklärt werden. Mach' ich aber nicht, weil ich nicht will! Ein Schreiber muß sein WERK nicht auch noch erklären müssen.

12 Golo Mann in besagtem Interview. Zit. nach Frankfurter Rundschau vom 22.4.1989

13 taz, 9.4.1994

14 ebenda

15 ebenda

16 Duden: Lump - Schlechter Mensch; verächtl. für: Kerl

17 Sie selber hätten dagegen sich wahrscheinlich schon verwahrt, wenn sie sich auch ... doch lies: "Wenn Adorno und Horkheimer ihre Gedanken brieflich aus- tauschten, unterzeichnete der eine gelegentlich mit W.B., mit G.R. der andere. Was mag sich hinter diesen Initialen verbergen? Ob Horkheimer als Parodist seiner Abneigung mit 'Walter Benjamin' signierte? Was meint aber das Kürzel Adornos? Überraschende Aufklärung gibt jetzt eine Fußnote im vierzehnten Band der Gesammelten Schriften von Max Horkheimer: Sein W.B. stand für 'Weiche Birne', während Adornos G.R. 'Großes Rindvieh' bedeutete." wie von einem gewissen Ri. in der FAZ vom 8.3.1989 freundlicherweise berichtet. Vgl. Hork, Bd. 14 S. 254

18 Was ja nun wirklich nicht über alle Zweifel erhaben ist. Vgl. dazu R. Wiggershaus, Die Frankfurter Schule, München/Wien 1986

19 Daß wir auch andere Gelehrte zu den "Lumpen" einfach rechnen, die dem Denken von Hork/TWA eher kritisch gegenüberstanden bzw. -stehen, gereicht denen zur Ehre nur, auch wenn sie darauf verzichten könnten.

20 Vgl. Cover zu "Jack Johnson" Zur Verwendung dieses Ausdrucks vgl. auch Herbert Marcuse, Sämtliche Schriften Bd. 7, Der ein- dimensionale Mensch, Ffm 1989, S. ?

21 So gibt es bspw. im niedersächsischen Städtchen Elze Streit um eine Schule, die nach TWA benannt wurde. Der CDU-Stadtverband Elze äußerte "größtes Bedauern" und befand, Adorno sei stets umstrtitten gewesen und die Elzer Schule errichte "in einer Zeit, in der überall marxistische Denkmale gestürzt werden, mit dieser Namensgebung ein neues Denkmal." Vgl. FR, 18.3.1992 Sowas ärgert schon, darum ein kleiner Leserbrief von mir, der von diesem WERK ... An 18. März 1992 Leine-Deister-Zeitung z. Hd. Herrn Stever Betrifft Namensgebung der Theodor W. Adorno Schule Elze Wie man der Frankfurter Rundschau vom 18. März 1992 ent- nehmen kann, ist in Elze ein heftiger Streit darüber entbrannt, ob Adorno als Namensgeber für eine Schule wohl taugt. Herr Bartels, der in einer Kreistagssitzung an Adorno einen "Mangel an nachvollziehbarer Vorbild- funktion" rügte (so die FR), hätte den Streit zu einem schnellen Ende schon bringen können, hätte er die Sache gleich beim Namen genannt und auf einen berühmteren Konservativen - nämlich Golo Mann - sich berufen, der Adorno einen "Lumpen" nannte. Nach einem "Lumpen" be- nennt man keine Schule, da wäre - glaube ich - sogar Rektor Norbert Hilbig mit Herrn Bartels einig! Daß Adorno ein "Lump" (Duden: schlechter Mensch) schon war, ist belegt: So soll er jungen und gutaussehenden Frauen zu Füßen ge- legen haben, wenn sie blond oder adelig waren; waren sie blond und adelig, dann war er verloren (M. Gielen). Adorno entflammte schnell und flirtete, sobald er mit Frauen zusammen war (R. Becker-Schmidt). Auch hätte Adorno der Sachbeschädigung sich beinahe schuldig ge- macht, wollte er doch an die Wände des von Studenten geräumten Instituts für Sozialforschung folgendes sprühen: "In diesem Krahl hausen die Wölfe. "Über den schlechten Einfluß Adornos auf die Jugend braucht man kein Wort zu verlieren, der ist dokumentiert. Daß aber Adorno der Jugend auch gefährlich werden konnte, fast für den Unfalltod - wenn auch indirekt - einer Frau verantwortlich war, berichtet uns erst Ina Hartwig in der taz vom 15.12.1990: "Und während der Knabe mir zur Zerstreuung einen Adornosatz nach dem anderen ins Ohr sprach (die allesamt durch ein weit nach hinten ge- zerrtes sich sich auszeichneten, damit, so errieten wir, das Subjekt nicht vor dem Satzende schon aufhöre, sich zu konzentrieren), hätte ich fast eine Frau umgerast und der Unschuld meiner Jugend ein jähes Ende bereitet." Und sowieso: Adorno hatte schlechten Umgang. So nannte er einen gewissen Horkheimer seinen Freund, der dem Geldautomatenspiel hoffnungslos verfallen war (E. Hen- scheid). Das sollte eigentlich genügen, weitere negative Bei- spiele ließen zur Genüge sich noch finden, um deutlich zu machen, daß Theodor Wiesengrund Adorno einer bundes- republikanischen Bildungsanstalt seinen Namen wohl nicht geben sollte. Wenn schon ein Philosoph, dann doch schon Martin Heidegger, der zumindest eines wußte: "Wer groß denkt, muß groß irren." Doch halt! War der Heidegger nicht damals ... Wie wärs denn mit folgendem Namen: "Frankfurter Schule". Für eine Schule in Elze zugegebenermaßen ein bißchen blöd, doch vielleicht ginge "Grand Hotel Abgrund" oder "Café Marx". Egal, Adorno hatte allerdings in einem recht: "Es gibt kein richtiges Leben im valschen." (zit. nach R. Gernhardt) Mit freundlichen Grüßen Burkard Kircher Karlsbader Str. 26 875o Aschaffenburg

22 Das erfährt man vom Golo Mann auch nicht! Vielleicht meinte er folgende Begebenheit, die TWA* der lumpenhaften Inkonsequenz denn doch überführt: "'Anders als beim Wein, läßt jedem Glas Whisky, jedem Zug der der Zigarre der Widerwille sich noch nachfühlen, den es den Organismus gekostet hat, auf so kräftige Reize an- zusprechen.'(TWA) Aber auch in diesem Schicksal läßt sich noch die Differenz erfahren. Der Musiker Michael Gielen berichtete anläßlich der Adorno-Preisverleihung 1986 von der Überraschung, die ihn als jungen Menschen traf. als er bei einer Party im Hause Adorno auf seinen schüchternen Getränkewunsch Whisky vom Hausherren mit der Frage konfrontiert wurde: 'Scotch oder Bourbon?'" D. Claussen, Kleine Frankfurter Schule des Essens und Trinkens, Bremen 1987, S. 12 Bei Gielen liest es sich allerdings so: "Jemand wollte Whiskey ..." M. Gielen, Ein getreuer Korrepetitor, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie und Kultur, Ffm 1989, S. 35 - Die Preisrede vom Gielen für den Adorno- Preis 1986 Vielleicht meinte Golo Mann auch die Tatsache, daß der TWA die Habilitationsschrift vom Habermas (Struktur- wandel und Öffentlichkeit) nicht annahm, was D. Horster als "Treppenwitz" bezeichnet. Vgl. Habermas zur Ein- führung, Hamburg 1988. S. 11 Der Wiggershaus berichtet allerdings, daß der Hork die treibende Kraft gewesen sein soll und die Habilitation von Habermas verhinderte. Vgl., Die Frankfurter ..., a.a.O. S. 625 Schön dann aber immerhin, daß der Habermas Nachfolger auf dem Lehrstuhl vom Horkheimer in Frankfurt wurde. Vgl. FR 6.5.1964 Eventuell meinte Golo Mann die Äußerung vom Hork im Spiegel vom 3o.6.1969, daß Marcuses Ruhm auf Gedanken beruhe, "die gröber und simpler als Adornos und meine Gedanken sind," zit. nach R. Wiggershaus, Die Frank- furter ..., a.a.O. S. 724 Es könnte aber auch sein, daß er auf folgende Tatsache anspielte, daß nämlich der Adorno sich in erster Linie als Komponist und Musiker verstand, dann erst als Philosoph und Soziologe. So ein Freund (Name?) vom TWA in der Fernsehsendereihe "Frankfurter Schule" von HR3 am 24.8.1989. Als Philosoph wurde der TWA in Frankfurt aber doch wohl besoldet. Oder? An Hork könnte wohl folgendes mißfallen haben: "Seine (dem Hork seine, bk) Hypochondrie wetteifert mit der überlieferten Goethes; er kommt zum Mittagessen mit einem Ärzteköfferchen, wohl ausstaffierte Apotheke. Zum Braten trinkt er Cognac mit Orangensaft, in den er warmes Wasser, Zucker und Medikamente träufelt, manchmal etwas Sacharin, neben Zucker." H. Habe, Im Krankenwagen nach Frankfurt. Erinnerungen an Max Horkheimer, in: FAZ 12.7.1973 (entnommen: C. Helm (Hrsg.), Minima Journalia Daß sich Hork dann aber getraute auch noch zu Fein- schmeckern zu sprechen (vgl. FR 18.10.1969, Die Koch- kunst ist einen Philosophen wert. Max Horkheimer spricht zu Feinschmeckern / Zehn Jahre Gastronomische Akademie Deutschlands) mag bei Mann das Faß denn doch zum überlaufen gebracht, bzw. ihm seinen Magen umge- stülpt haben. Möglich ist auch, daß Mann auf die folgende Charakter- schwäche vom TWA sich bezog: "... ein Wort über Adornos Begeisterung für junge, gut aussehende Frauen. Mehrfach habe ich miterlebt, daß er diesen zu Füßen lag, wenn sie blond oder gar adelig waren. Waren sie blond und adelig, war er verloren. Er hielt sich für unwidersteh- lich, was sowohl komisch wie peinlich wirkte." M. Gielen, Fußnote zur Adorno Rede 1986, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 1986 A. Schmidt zum Adel & Adorno: "Es gehörte wohl in seine Privatmythologie, den Adel zu verehren." in: J. Früchtl/M.Calloni, Zeit gegen den Zeitgeist. Erinnern an Adorno, Ffm 1991, S. 41 "Ich denke, Adorno war ein Mann, der schnell entflammte. Er flirtete, sobald er mit einer Frau zusammen war." Regina Becker-Schmidt, in: Früchtl/Dalloni Hrsg., Geist ..., a.a.O., S. 206 Der Mann könnte aber auch Josie gekannt haben, die irgendwie mit dem Philip Roth mal bekannt war. Und Ph. Roth ... igitt! "Tagsüber arbeitete Josie als Sekretärin im Institut für Gesellschaftswissen- schaften, eine Anstellung, die ihr gefiel und wo sie berühmte Besucher wie Max Horkheimer kennenlernte, den Frankfurter Soziologen, der sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlte und sie manchmal zum Abendessen oder einen Drink in den Fakultätsclub einlud ..." Ph. Roth, Tat- sachen. Autobiographie eines Schriftstellers, München 1991, S. 103 Golo Mann wäre gut informiert gewesen, wenn er auf den folgenden Sachverhalt sich beziehen würde: "Als wir uns an einem Juliabend zu dritt in der Frankfurter Kaiser- strasse ... trafen ..." Monika Plessner, Miteinander reden heißt miteinander träumen. Gruppenstudie mit Horkheimer, in FAZ 28.9.1992 Vielleicht meinte er auch die Einschätzung, die vom Habermas am Institut für Sozialforschung mal galt: "... der hat eine Hasenscharte und kann daher nicht lehren, also ist er nur für die Forschung gut." Vgl. R. Dahrendorf, Zeitgenosse Habermas. Jürgen Habermas zum sechzigsten Geburtstag, in: Merkur 6/1989, S. 478 Mann könnte aber auch auf folgenden Sachverhalt ange- spielt haben, der den Horkheimer des Opportunismus wohl unwiderlegbar überführt: "Als ich dann Privat- dozent wurde, da fiel mir eines Nachts ein: Ja, wenn ich jetzt weiter mit meiner Frau offiziell unver- heiratet lebe, dann werde ich wohl überhaupt nie einen Ruf bekommen. Uns so weckte ich sie dann am nächsten Morgen um 6 Uhr auf und sagte: 'Du, ich hab mir über- legt, heute heiraten wir.' Sie sagte verschlafen: 'Ach, wie schön, aber deshalb brauchst du mich doch nicht so früh aufzuwecken.' Wir haben an dem Tag geheiratet. Es hat sich an unserem Leben nichts geändert als nur der Umstand, daß ich dadurch wahrscheinlich leichter Professor geworden bin." M. Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 7, Ffm 1985, S. 476 Golo Mann könnte allerdings - wenn auch äußerst unwahr- scheinlich - auf eine Interviewäußerung Ernst Blochs anspielen: "... Horkheimer wurde zuletzt reaktionär." Ernst Bloch, Tagträume vom aufrechten Gang. Sechs Interviews mit Ernst Bloch. Hrsg. A. Münster, Ffm 1978, S. 114 Reaktionär? "So ist die Kritische Theorie in der Ge- stalt Max Horkheimer am Ende ganz konservativ ge- worden. Sie trachtet etwas zu bewahren, das gemäß ihren eigenen gesellschaftstheoretischen Prämissen obsolet geworden ist." So H.-M. Lohmann in der Rezension der Gesammelten Schriften vom Hork (Bd. 13) in der FR vom 4.8.1990 Daß Hork/TWA ihrerseits nicht zimperlich waren, ist bekannt. Vielleicht meinte Mann einen Satz aus dem Vor- wort zu Alfred Schmidt, das unsere beiden Lumpen ge- schrieben haben, in dem sie - zumindest implizit - den öffentlichen Gebrauch von "Lump" wohl legitimieren: "Über Gelehrte, die einem praktischen Thema probandum, irgendeinem Effekt zuliebe, von ihrer Erkenntnis etwas sich abhandeln lassen, hat Marx verächtlich geredet: er hat sie Lumpen genannt." Vgl. Vorwort zu A. Schmidt, Der Begriff der Natur in der Lehre von Marx, Ffm 1962 (Originalausgabe!!!), S. 8 Denkbar wäre allerdings auch, daß Golo Mann den Hen- scheid gelesen hat, wo uns dankenswerterweise berichtet wird, daß der Hork dem Geldautomatenspiel verfallen war, wenn auch "natürlich ... schon wenig alt und ver- kalkt". E. Henscheid, Die Vollidioten, nur bei 2001, S. 180 oder ders., Wie Max Horkheimer einmal sogar Adorno hereinlegte, Zürich 1983 Eventuell spielte Mann auf die indirekte Gemeingefähr- lichkeit von TWA an. Der negative Einfluß von TWA auf die Jugend ist hinlänglich dokumentiert, wenn mir auch bislang nicht bekannt war, daß TWA fast für den Unfall- tod einer Frau schuldig sich hätte bekennen müssen. "Und während der Knabe mir zur Zerstreuung einen Adornosatz nach dem anderen ins Ohr sprach (die alle- samt durch ein weit nach hinten gezerrtes sich sich auszeichneten, damit, so errieten wir, das Subjekt nicht vor dem Satzende schon aufhöre, sich zu konzentrieren), hätte ich fast eine Frau umgerast und der Unschuld meiner Jugend ein jähes Ende bereitet." Ina Hartwig, Adorno im Auto, taz 15.12.1990 Vielleicht war Mann auch bei einigen Schoppen in der "Fischerstube" zugegen. TWA klagte dort einmal dem Löwith sein Leid: "Ich weiß nicht, was der Kellner gegen mich hat. Ich tue doch nichts. Zu anderen Leuten ist er viel freundlicher." Karl Löwith machte eine unmißver- ständliche Bewegung mit Daumen und Zeigefinger: "Na und dies?" - "Das ist Gretels Sache. Ich kümmere mich nicht um Finanzen." M. Plessner, Die Argonauten auf Long Island, Berlin 1995, S. 141 *Eine hübsche Abbreviatur, von der ich mal glaubte, sie sei auf meinem Mist gewachsen! Wurscht: "TWA", Rolling Stones (Vgl. Decca-Record-Company London: Never (!) released recording sessions. The ultimate recording-story. THE UNKNOWN STONES)

23 Mann hat sein Schweigen gelüftet! Hork/TWA hätten ihm eine Professur in Frankfurt vermasselt, indem sie ihm des "Antisemitismus" geziehen hätten. Vgl. G. Mann Späte Antwort, FAZ, sowie die FR Oktober 1989

24 Vgl. etwa W.v. Reijen/G. Schmid Noerr (Hrsg.), Grand Hotel Abgrund. Eine Photobiographie der Frankfurter Schule, Hamburg 1988. Etwa das hübsche Foto von Hork's Arbeitszimmer. Siehe auch D. Horster, Habermas zur ..., a.a.O., hier die schönen Bilder vom Habermas beim Geschirrspülen(?) und Schlittschuhlaufen auf dem Starnberger See. Was halt auf der einschlägigen Szene immer noch fehlt, das ist das "Goldene Blatt der Philosophie". Doch was nicht ist, das kann doch wohl unschwer irgendwann noch mal werden.

25 J. Früchtl/M. Calloni, Vorwort, in: dies. Hrsg., Geist a.a.O., S. 8

26 Vgl. immer noch den J. Habermas, Wozu noch Philosophie? in: ders., Philosophisch politische Profile, Ffm 1984, S. 15ff Und: "Und was die Aufgabe der Philosophie in der Gegen- wart betrifft, so meine ich, daß sie gar nicht von ihr selbst, sondern ihr von außen gestellt wird." H. Schnädelbach, S. 217 "... wachsen dem philosophischen Diskurs die Inhalte aus der Lebenswelt zu." K.O. Apel, S. 61 Beide in: F. Rötzer, Denken, das an der Zeit ist, Ffm 1987 - Gespräche mit deutschen Philosophen "...man könnte sagen diese praktischen Diskussionen (Umweltpolitik, medizinische Ethik, Recht ..., bk) seien heute keine 'angewandte' Philosophie, sondern die Philosophie selbst. Genauer sind sind sie heute ... die 'legitimen Erben' des rein theoretischen Unter- nehmens, das da Philosophie hieß ..." St. Toulmin, Kosmopolis. Die unerkannten Aufgaben der Moderne, Ffm 1991, S. 304 "Bislang waren die meisten Wissenschaftler zu sehr mit der Entwicklung neuer Theorien beschäftigt, in denen sie zu beschreiben versuchten, was das Universum ist, um die Frage nach dem Warum zu stellen. Andererseits waren die Leute, deren Aufgabe es ist, nach dem Warum zu fragen - Die Philosophen -, nicht in der Lage, mit der Entwicklung naturwissenschaftlicher Theorien Schritt zu halten ... Sie engten ihren Horizont ihrer Fragen immer weiter ein, bis schließlich Wittgenstein ... erklärte: `Alle Philosophie ist 'Sprachkritik' ... [ihr] Zweck ist die logische Klärung von Gedanken'. Was für ein Niedergang für die große philosophische Tradtion von Aristoteles bis Kant." St. W. Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Ur- kraft des Universums, Reinbeck 1988, S. 217 Aber: "Wir fühlen, daß selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind." L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlung, Ffm 1963, S. 114

27 Zenodot, zit nach J. Drews, Das endgültige zynische Lexikon. Ein Alphabet harter Wahrheiten, Zürich 1989, S. 131 Philosophie: "Strecke mit vielen Wegen, die vom Nirgendwo nach nichts führen." A. Bierce "Heute hielt eine Kundin den Verkäufer am weißen Kittel fest und sagte: 'Saache Se emal, junger Mann, uff dem Kabeljaufilee da steht: Praktisch ohne Gräte! Was soll dann des jetzt haaße? Sin Gräte drin odder sin kaa drin?' Der junge Mann im weißen Kittel sagte: 'Ich bin hier bloß zer Aushilf, awwer ich fraach emal mein Koleech dort hinne! Der hat e paar Semester Philosophie studiert!" entnommen der FR v. 8.2.1990

28 L. Wittgenstein, Vorlesungen 1930-1935, Ffm 1984, S. 47f

29 Th. Rentsch. Die Konstitution der Moralität. Transzendentale Anthropologie und praktische Philosophie, Ffm 1990, S. 61

30 ebenda, S. 65

31 M. Walzer, Kritik und Gemeinsinn. Drei Wege der Gesell- schaftskritik, Berlin 1990, S. 16 Walzer kennt Luhmanns Alternative scheinbar nicht: "Wir ... können jetzt der Eule Mut zusprechen, nicht länger im Winkel zu schluchzen, sondern ihren Nachtflug zu be- ginnen. Wir haben Geräte, um ihn zu überwachen, und wissen, daß es um die Erkundung der modernen Gesell- schaft geht." N. Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Ffm 1984, S. 661

32 M. Theunissen, Negative Theologie der Zeit, Ffm 1991, S. 25

33 Die Wahl dieser Zwischenüberschrift und der noch folgenden zeugt entweder von großem Selbstbewußtsein und/oder außerordentlicher Dummheit, denn der gesamte nachfolgende Text ist eigentlich eine einzige Fremd- überlegung, was die Zitate denn auch zur Genüge be- legen.

34 I. Calvino, Die unsichtbaren Städte, München/Wien 1984

35 You know that it would be untrue you know that I would be a lior if I was to say to you girl we couldn't get much higher THE DOORS aus Light my fire

36 K. Löwith, Mein Leben in Deutschland vor und nach 1933. Ein Bericht. Ffm 1989, S. 57 Löwith war übrigens der einzige Schüler Heideggers, den dieser habilitiert hat ... soweit ich weiß.

37 Vgl. V. Farías, Heidegger und der Nationalsozialismus, Ffm 1989

38 J. Habermas, Heidegger - Werk und Weltanschauung, Vor- wort zu V. Farías, a.a.O., S.36f

39 Vgl. H. Ott, Martin Heidegger. Unterwegs zu seiner Biographie, Frankfurt/New York 1988, S. 185f Erstaunlich auch, daß TWA dem Heidegger ein Frei- exemplar der Minima Moralia übersandte. Vgl. A. Demirovic, Zwischen Nihilismus und Aufklärung. Publizistische Reaktionen auf die Minima Moralia, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 154

40 J. Busche, Also gut. Heidegger war ein Nazi!, in: J. Altwegg (Hrsg.), Die Heidegger Kontroverse, Ffm 1988

41 So wird Heideggers "Sein und Zeit" bspw. im Lexikon der philosophischen Werke, Stuttgart 1988, wie folgt charakterisiert: "Heideggers Hauptwerk stellt einen der philosoph. Höhepunkte des abendländ. Denkens überhaupt dar." Und auch Sartre hat Heidegger, wie er selbst irgendwo mal schreibt, recht viel zu verdanken. Auch H. Marcuse schreibt in der Einleitung zu seinem Buch Hegels Ontologie und die Theorie der Geschicht- lichkeit: " Was diese Arbeit etwa zu einer Aufrollung und Klärung der Probleme beiträgt, verdankt sie der philosophischen Arbeit Martin Heideggers." jetzt, Schriften 2, Ffm 1989 Vielleicht war Heidegger aber auch nur "ein schlauer Betrüger, der viel gelesen hat." M. Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 14, Nachgelassene Schriften 1949-1972, Notizen, Ffm 1988, S. 202

42 M. Heidegger, Aufruf an die Deutschen Studenten, 3. November 1933, abgedruckt in: B. Martin (Hrsg.), Martin Heidegger. Ein Kompendium, Darmstadt 1989, S. 177 [*]Compagnia Buffo: "Der Wirklichkeit ein Schnippchen schlagen, wenn sie schon immer das letzte Wort haben muß."

43 M. Tournier, Perspektive der Kammerdiener, in: FAZ, 23.9.1989

44 M. Heidegger zit. nach B. Martin, a.a.O., S. 8 "Man muß nicht jede Silbe eines Philosophen kennen, um zu wissen, worin er einem widerstrebt. Vielleicht weiß man es nach einigen seiner Sätze am besten, und dann immer weniger gut. Wichtig ist, rechtzeitig sein Netz zu erkennen und sich ihm zu entziehen, bevor man es zerreißt." E. Canetti, Die Provinz des Menschen - Das Geheimnis der Uhr - Aufzeichnungen 1942-1985, S. 407 (Ausgabe der Büchergilde Gutenberg) Zitat übrigens nicht auf den Heidegger bezogen! Trotzdem hübsch und auf Heidegger wohl zutreffend.

45 entnommen: Deutsche Nationalzeitung, 30.3.1990

46 R. Höss, Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höss, Hrsg. M. Broszat, München 1987, S. 132 Zum Höss vgl. auch R. Merle, Der Tod ist mein Beruf. Roman aus einem deutschen Leben.

47 Irgendwo mal in der taz, müßte nachschauen.

48 entnommen P. Sichrovsky, Schuldig geboren. Kinder aus Nazifamilien. Köln 1987, S. 141f

49 Leserbrief im Main Echo, August 1989 Mir fast* 40jährigem jedenfalls wird's schlecht, wenn an diese übriggebliebenen Jung-Gestrigen ich überhaupt nur denken muß. Daß Verkalkung, die dem Vergessen an- heim gibt, was vergessenswürdig letztlich auch ist - und sei's das eigene Leben -, kein Privileg des alten Menschen mehr ist, war einsichtig schon länger. Daß aber "die" Jugend dieser "Errungenschaft" des Alters freiwillig sich ausliefert, das war mir denn doch neu. *Vorbei! September t, jjjj, 19:04

50 Eines aber denn bitte doch nicht tun: Mit Jenninger in einen Topf mich werfen! Der hatte auch von "Faszinosum" gesprochen.

51 Stimmt so natürlich nicht ganz! Will's wirklich nicht hoffen, weil Anna in den Genuß dieser Einrichtung auch mal kommt.

52 Vgl. etwa den Bericht in der taz v. 16.9.1989 über den GEW-Kongreß Hilfe, meine Schüler sind rechts!

53 Vgl. etwa B. Bettelheim[*], der Herlinde Koelbl nach dem Zweck ihres Buches "Jüdische Portraits" fragte und sie ihm antwortete, daß sie zeigen wolle, wen die Deutschen eigentlich vertrieben haben und was verloren- gegangen ist. Darauf Bettelheim: "... Ich will sie nicht desillusionieren, aber glaube auch, daß ein solches Buch gar keinen Einfluß hat. Denn diejenigen, die am meisten beeindruckt werden, brauchen es nicht, die wissen es ohnedies. Und diejenigen, die beeindruckt werden sollten, weil sie noch nicht begriffen haben, an denen rinnt das wie Wasser ab. Der Wunsch zu vergessen ist so stark, daß es für sie schlechtes Benehmen ist, sie daran zu erinnern." H. Koelbl, Jüdische Portraits, Photographien und Interviews, Ffm 1989, S. 24 [*] Er nahm sich übrigens am 14. März 1990 das Leben. Bettelheim, der berühmte Kinderpsychologe, soll ein echter Lump schon gewesen sein, der in seiner Klinik gefürchtet zu Unrecht nicht gewesen sein soll. Vgl. BILD vom 10.9.1990, SPIEGEL vom 10.9.1990 und ZEIT vom 21.9.1990

54 Vgl. Spiegel-Gespräch, Der Spiegel 21/1988 Wer es nicht glauben will, Stichwort "Ellenbogengesellschaft": "... der Gebrauch der Ellenbogen ist ohne Frage ein Ausdruck von Barberei." TWA, Erziehung zur Mündigkeit, Ffm 1975, S. 127

55 Nun gut, alt ist er schon der Habermas, aber ist er deswegen schon der "linke Altstar" wie ihn der Spiegel in heft 14/1992 betitelt?

56 A. Honneth u.a. (Hrsg.), Zwischenbetrachtungen. Im Prozeß der Aufklärung. Jürgen Habermas zum 6o. Geburtstag, Ffm 1989, S.9

57 Vgl. Philosophische Kuckuckseier, 2. verwässerte Auflage 1988

58 Hätte auf den Feyerabend wohl hören sollen: "Maßstab meiner selbst ist nicht Herr Habermas, whoever he is ..." P. Feyerabend, Briefe an einen Freund, Hrsg. H.P. Duerr, Ffm 1995, S. 84 Der Feyerabend, der den "Relativismus als Schutzschild der Schwachen" erhob, vgl. Nachruf von Chr. Thomas in der FR vom 17.2.1994. Oder war der Feyerabend halt auch nur ein "Guru"? Die Zeit 25.2.1995

59 M. Horkheimer/Th. W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Ffm 1977 Doch wer zitiert schon nach dieser lumpigen Ausgabe? Der wahre Hork/TWA-Fan bedient der Ausgabe von 1947 sich, der Amsterdamer aus dem Querido-Verlag. Die hat doch niemand? Doch - ich! Hat mich viel Zeit, Aufwand und Geld gekostet, dieses Büchlein aufzutreiben, das ich zugegeben noch nicht so ganz verstanden habe.

60 I. Kant, zit. nach I. Fetscher, Aufklärung über Auf- klärung, in: A. Honneth u.a. (Hrsg.), Zwischenbe- trachtungen ..., a.a.O., S. 658 Kant zit. nach ... Schmach und Schande über mein Haupt!

61 Um mich, man verzeihe den Vergleich, auf Hegel berufen zu können, der einmal an die Hörsaaltür folgende An- kündigung anschlug: "Die Vorlesung von Herrn Professor Hegel muß heute leider ausfallen, weil der Herr Professor mit dem Nachenken noch nicht fertig geworden ist." zit. nach H. Lenk, Kritik der kleinen Vernunft. Einführung in die jokologische Philosophie, Ffm 1987, S. 23 Iocus = Scherz, Witz Vom Hegel stammt auch die berühmte Definition von Philosophie, daß sie nämlich "ihre Zeit in Gedanken fassen" solle. Und wer ist dann heute DER Philosoph, der diesem Diktum des Meisterdenkers Folge noch leisten kann?

62 So L. Wittgenstein, zit. in: R. Rhees (Hrsg.) Ludwig Wittgenstein. Porträts und Gespräche, Ffm 1987, S. 123 Und: "Das Philosophieren gleicht dem Versuch, einen Safe zu öffnen: Keine der einzelnen Einstellungen der Zahlenräder scheint zu etwas zu führen; erst wenn alles an Ort und Stelle ist, läßt sich die Tür öffnen." ebenda, S. 122

63 ders., Tractatus ..., a.a.O. S. 115 (Übrigens auch so ein Text, den ich absolut nicht verstehen will)

64 Auch in der sogenannten "Ökopädagogik": " Die Wahr- scheinlichkeit spricht dafür, daß eine gesamt- kulturelle Änderung menschlicher Grundeinstellungen zur Natur nur in dem langwierigen Prozeß einer zweiten Aufklärung als Aufklärung der ersten, zunächst europäischen, dann weltweiten Aufklärung und ihrer Folgen geschehen kann. die Ausbildung und Ausbreitung der ersten Aufklärung und ihrer technologischen Natur- beherrschungsrationalität hat Jahrhunderte gedauert. Die Entwicklung einer andersartigen Vernunft, nicht als radikale Alternative zur technologischen, sondern als deren Korrektiv und Anleitung, hat so lange nicht Zeit. Doch es gibt Strategien sie zu erzwingen. Darum kommt der Pädagogik oder allgemeiner der Erziehung der je neuen Generation von klein auf in diesem Problemfeld eine ... große Bedeutung zu." R. Maurer, Ökologische Ethik, in: W. Beer/G. de Haan Hrsg., Ökopädagogik. Aufstehen gegen den Untergang der Natur, Weinheim/ Basel 1984, S. 66 "Den Ökopädagogen genügt nicht die Modifikation des Be- stehenden, etwa die Stagnation des Wachstums, Schonung der Ressourcen etc., vielmehr schwebt der radikalen Kritik eine ganz andere Gesellschaft vor." G. De Haan, Schwierigkeiten der Pädagogik, in: ebenda, S. 83 Man mag den Zielen nicht gerade allzu negativ gegen- überstehen, doch sind m.E. die Zeiten, in denen die Pädagogik "Allmachtsphantasien" nachhing eigentlich vorbei ... und "vorschweben" sollte einem schon gar nichts mehr. Zudem ist die Ökopädagogik - soweit ich sie aus diesem kleinen Bändchen kenne - nur ein Ab- klatsch der Diskussionen, die in den 60/70er Jahren die Theorie der Politischen Bildung beherrschten. Vgl. etwa: R. Schmiederer, Zur Kritik der Politischen Bildung, Ffm/Köln 1971, W. Gottschalch, Soziologie der politischen Bildung, Ffm 1970, K.G. Fischer Hrsg., Zum Stand aktuellen Stand der Theorie und Didaktik der Politischen Bildung, Stuttgart 1975, Hüser u.a., Politische Bildung in Deutschland im zwanzigsten Jahr- hundert, Neuwied/Darmstadt 1976, J. Beck u.a., Erziehung in der Klassengesellschaft, München 1970, H. Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1968, ders., Methodik der politischen Bildung, München 1972 (diese zwei Bücher fehlen mir übrigens, glaube der W.K. hat sie!?), W. Christian/W. Heinisch, Polytechnik in der Bundesrepublik?, Ffm 1972 Doch: "Ökopädagogik kann ... zu einem bedeutsamen Bei- trag zur Verbreitung einer ökologischen Orientierung und damit zur Durchsetzung einer ökologischen Politik werden." W. Beer, (K)ein Feld für Pädagogen, in: ebenda (s.o.), S. 151 Die Worte der Ökopädagogen[*] in der Adressaten Ohr. [*] Schon ein merkwürdiger Begriff "Ökopädagogik" bzw. "Ökopädagogen". Pädagogik sollte die Bildung als Ge- samtheit doch wohl umfassen. Die Bindestrichpädagogik leistet der Fragmentierung des Bewußtseins und der Aufklärung nur Vorschub. Lassen wir's so stehen, ver- dammt nochmal! Mißverständlich, unausgegoren etc. Wurscht: "We dont't need no education." Pink Floyd

65 W. Serner, zit. nach J. Drews, Das endgültige ..., a.a.O.,

66 I. Fetscher, Aufklärung und Gegenaufklärung in der Bundesrepublik, in: J. Schmidt (Hrsg.), Aufklärung und Gegenaufklärung in der europäischen Literatur, Philosophie und Politik von der Antike bis zur Gegenwart, Darmstadt 1989, S. 543f

67 Vgl. hierzu auch die Kuckuckseier, vor allem das Kapitel "Hauptteil IIc2 - Die Aufklärung am Hals und fast erwürgt"

68 J. Schmidt, Einleitung: Aufklärung, Gegenaufklärung, Dialektik der Aufklärung, in: ders. Hrsg., Aufklärung und Gegenaufklärung ..., a.a.O., S. 29 Das hätte bislang auch unbesehen unterschrieben ich so. Der alte Hork (in einer einer Sendereihe des HR3) be- stand aber auf "theoretischem Pessimismus" und einem "praktischen Optimismus"! Und wieder mal der Habermas: "Adorno brachte das Kunststück fertig, den in der philosophischen Lehre vertretenen Negativismus zu ver- einbaren mit dem Reformismus eines Intellektuellen, der auf den Eigensinn des öffentlichen Diskurses vertraut." J. Habermas, Ein Brief, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 393 "Der radikale Pessimismus grenzt an Optimismus." G. Morseli, Dissipation humani generis oder die Ein- samkeit, Ffm 1990, S. 82 (Dissipatio: Verdunstung/ Zerstäubung)

69 H. Kohl kann also als Prototyp gewiß nicht herhalten, denn Skrupel, vor allem intellektueller Art, dürften unserem Kanzler zwar recht fern sein, doch die Sache mit dem Intellekt gestaltet sich halt doch recht schwierig ... "Zwar ist Kohl noch um eine Spur gebildeter als Reagan ..., doch denken können, wollen und dürfen beide nicht." G. Anders, Günter Anders antwortet. Interviews und Erklärungen, Berlin 1987, S. 72 Unser Regierungssprecher Klein hält den Herrn Kohl allerdings für den "gebildetsten Kanzler, den die Bundesrepublik hatte". Vgl. Bild am Sonntag v. 19.11.89

70 Siehe dazu etwa H.J. Schädlich, Tallhover (Roman), Reinbeck 1986

71 Chr. Ransmayr, Die Schrecken des Eises und der Finsternis (Roman), S. 143 (Buchclubausgabe von Bertelsmann) Dieser Roman wurde in den Buchclubs sowieso nur ver- legt, weil der Name Ransmayr nach "Die letzte Welt" einen gewissen Klang wohl schon bekommen hat, ansonsten dürfte dieses Buch in den Clubs kaum eine Chance wohl jemals gehabt haben - was wiederum nichts über die Qualität dieses Buches aussagt. Mir gefällt's, was auch wiederum nichts zu besagen hat!

72 W. Benjamin, Gesammelte Schriften I/3, S. 1231f

73 P. Sloterdijk, Zur Welt kommen - Zur Sprache kommen. Frankfurter Vorlesungen, Ffm 1988, S. 100ff

74 Vgl. V. Braitenberg, Gescheit sein und andere unwissen- schaftliche Essays, Zürich 1987, S. 161 Für den, der zu faul ist zum nachschauen: "'You know what my philosophy is? My philosophy is: philosophy for the birds'. So sagt ein Student in Prnceton zum anderen. Zu deutsch: 'Soll ich dir sagen, was meine Weltanschauung ist? Meine Einstellung ist: akademische Philosophie ist für die Katz.'"

75 Pete Townshend im Spiegel 29/1993

76 Zu Snoopy vgl. jetzt auch den Lenk, a.a.O., S. 15o "Snoopy philosophiert", Snoopy kommt übrigens zu dem Ergebnis: "Philosophie ist fad!" Vgl. evtl. im Anhang! Vgl. aber auch die Kuckuckseier

77 Und jetzt (1995) muß man - welche Schande! - auch noch darauf achten, daß Woodstock nicht mit Woodstock verwechselt wird! "Die Zeiten haben sich auch in Woodstock verändert. Statt 'love and peace' dominierten bei der Wiederholung des legendären Musikfestivals Kontrolle und Kommerz." FR 15.8.1994

78 Der Spiegel, 33/1989 Auch TWA ist jetzt zwanzig Jahre unter der Erde, doch scheint die Flaschenpost, die er aufgegeben hat noch nirgends angekommen zu sein.

79 "Woodstock wurde zum Topos der Gegenkultur. Mitte August 1969 versammelten sich für drei Tage mehr als eine halbe Million Menschen der Jeans- und Turnschuh- generation ... zu dem größten Rockfestival und der friedlichsten Machtdemonstration der Jugendkultur, die es jemals gegeben hat. Achtundzwanzig der besten Gruppen und Einzelinterpreten des Rock ... intonierten das Friedensfest der Blumenkinder." H. Glaser, Kultur- geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 3, Zwischen Protest und Anpassung 1968-1989, München/Wien 1989, S. 23 "Augenzeugen, die damals in Woodstock dabei waren, be- richten, daß es so friedfertig und idyllisch dort gar nicht zuging. Aber das ist nun mal das Wesen von My- then, daß sie ihr Eigenleben entwickeln, daß sie sich von den Tatsachen, denen sie sich im Ursprung ver- dankten, entfernen. Woodstock, das Woodstock in den Köpfen jener Generation, die in den vierziger und fünfziger Jahren geboren wurde, ist realer als das wirkliche Festival, das in einem bis dahin kaum be- kannten Ort namens Woodstock stattfand." Th. Roth- schild, Musik der Welt, FR 23.11.1991 (Schallplatten Rezension)

80 Auch wenn Hork/TWA im Grabe sich dreimal umdrehen, wenn mit Woodstock sie in Verbindung gebracht werden: "Wie Mythen schon Aufklärung vollziehen, so verstrickt Aufklärung mit jedem ihrer Schritte sich in Mythologie." Dialektik der Aufklärung, Ffm 1986, S. 18 Und: "Kein Adorno ohne Jimi Hendrix und kein Habermas ohne Bob Dylan." J. Früchtl, Integrierte Apokalyptiker, FAZ 10.1.1990, Rezension von Erd u.a., Kritische Theorie und Kultur", a.a.O.

81 Wohl kaum, wie das "neue" Woodstock-Festifal trefflich wohl bewies!

82 H. Marcuse, Konterrevolution und Revolte, Schriften 9, Ffm 1987, S. 112 Trotzdem: "Das Jazz-Piano mit dem Jazz-Spieler stand trefflich zwischen den Barrikaden (denen der Mai- Rebellion in Frankreich, Anm. bk)." H. Marcuse, Versuch über die Befreiung, Ffm 1969, S. 49 Irgendein Typ schrieb irgendwo im JAZZ PODIUM, daß dies so wohl kaum stimmen könne bzw. sich nur auf soge- nanntes traditionelles (und damit letztendlich "reaktionäres"? Frage bk) Pianospiel beziehen könne, weil die Rebellion nämlich nichts mit dem Jazz (und da meint unser Autor den "progressiven", dessen Vertreter "erzreaktionär" übrigens schon sein können!) am Hute gehabt hätte. Sollte dem denn wirklich so sein, dann ziehe ich meinen Hut vor dem "erzreaktionären" Piano- spieler. Und verkneifen will ich mir nicht, dem JAZZ PODIUM eins auszuwischen: Das elitäre Gehabe, der Jazz habe die musikalische Weisheit des 20. Jahrhunderts mit Löffeln gefressen, kann allenfalls dann befriedigen, wenn die eigene Extravaganz (oder sagt man heute: Das eigene mental-postmoderne Outfit?) narzistischen Nach- schub wieder mal braucht. Egal! "Die Rezeption der Rockmusik geschieht ... keineswegs bloß akustisch und intellektuell, sondern vor allem auch körperlich. Tanzend nehmen die Hörer ihre Musik in sich auf und setzen spontan um in Bewegung des Körpers. Sie entdecken dabei neue Aspekte ihres Körpers, neue Möglichkeiten des Rhythmus, neue Formen, sich zu bewegen." W.-P. Martin, Jazz-Revival - Wieder- belebung zur Anpassung? Über den affirmativen Charakter der neuen Jazz-Kultur, Hamburg 1975 (Eigenverlag), S. 14. Übrigens ein ganz schon blöder Hund (dies ist eine private Arbeit! s.o.), der W.-P. Martin, versucht der doch, die Jazzmusik mit TWA auszuspielen und die Rockmusik ohne diesen zu legitimieren, was zugebener- weise auch einigermaßen recht schwierig sein dürfte. Von ganz anderer Seite, nämlich vom Markus Stockhausen in einem Interview mit dem JAZZ PODIUM 9/1990: "Es ist ein generelles Problem, daß die Menschen gar nicht wissen, welchen Energien und damit geistigen Inhalten sie erliegen. Die Jugendlichen, die sich mit einer un- heimlichen Intensität Rockmusik reinziehen, wissen gar nicht, daß dieser ständig stampfende Beat im äther- ischen Leib (?????,bk) Rhythmen auf so eine Art und Weise synchronisiert, daß es für den Körper und das Mentale zerstörerisch ist." Stockhausen, Stockhausen! Doch was will man von einem "Jazz"-Musiker erwarten, der folgendes (in eben diesem Interview) von sich gibt: "Ich möchte noch deutlichere Ausdrucksmöglich- keiten finden, die die Menschen - wenn man das über- haupt so sagen darf - an das Göttliche heranführen, an das Spirituelle oder Absolute ... Wir haben seit Jahren bei uns Zuhause Meditationskreise, wo gesungen, musi- ziert, gegessen wird. So ein Abend ist wie ein Fest. Ich plane auch irgendwann einmal im größeren Stil der- artige Veranstaltungen zu organisieren, die von Stadt zu Stadt ziehen, bei denen ein ganzes Fest konzipiert ist, mit Musik, bei dem getanzt und gesungen wird, vegetarisches Essen gereicht wird, auch mal 500 Menschen 20 Minuten zusammen meditieren. Solche ge- sellschaftlichen Zusammentreffen sind auf einer anderen Ebene als nur Vergnügungen, dabei lebt die echte Freude." Und: "Ich hoffe, daß sich in Deutsch- land eine neue Szene an Spielmöglichkeiten aufbaut für Leute, die ein bißchen wacher sind, vielleicht auch für esoterische Kreise." Stockhausen, Stockhausen?

83 Was vielleicht falsch ist, denn "man wird Marcuse nicht zu nahe treten, wenn man konstatiert, daß er schon da- mals nicht, geschweige denn heute, zu den großen Philosophen der Welt zu zählen wäre." H. Heigert, Bücher der Nachkriegszeit (IX). Ein Philosoph des Auf- begehrens, in: Süddeutsche Zeitung 11./12.4.1992 Es geht hier um den "eindimensionalen Menschen"

84 Wenn sie die hatte, dann hatte sie aber auch eine be- täubende. Hendrix, Stones und Joint gehörten denn auch zum Marschgepäck der US-Soldaten in Vietnam. Vgl. Michael Herr, An die Hölle verraten, München 1979 und: "Even though we were thirteen thousand miles away, people were going out on patrol with Jimi Hendrix blasting in their ears through transistor radios. Picture yourself, if you can, in Vietnam in the late 1960s listening to Jimi Hendrix playing a wild rendition of 'The Star-Spangled Banner'." R. Kovic zit. nach, J. Hopkins, The Jimi Hendrix story, London 1984, S. 2 My Lai und Leutnant Calley* mit Hendrix im Kofferradio? Warum nicht! Auschwitz war auch mit Mozart in der guten Stube "verträglich". Trotzdem war Hendrix für die weltweite Protestbewegung nach 1968 von zentralem Stellenwert. Vgl. Lexikon linker Leitfiguren, Ffm/Olten/Wien 1988 Und gerade die GIs gingen bspw. zu Konzerten von Eric Burdon, der von AFN nicht mehr gespielt wurde, weil er mit seinem Song "Sky Pilot" den amerikanischen Größen- wahn - militärisch - aufs Korn genommen hatte. Vgl. da- zu den Bericht eines Konzertes von P.J. Boock, Abgang, Bornheim-Merten 1988, S. 248ff "... ich denke, daß in der Rockmusik und in den Ein- stellungen, Wahrnehmungsweisen und Fertigkeiten, die sich im Zusammenhang mit ihr herausgebildet haben, ebensoviele Potentiale einer Demokratisierung und Ent- fesselung der ästhetischen Phantasie stecken wie solche einer kult_rellen Regression. Solche Ambivalenzen gälte es, wie im Falle des Jazz, gegen Adorno zu ver- teidigen." A. Wellmer, Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne. Vernunftkritik nach Adorno, Ffm 1985, S. 42 Ähnlich der P. Glotz (dem so allerdings nicht zuzu- stimmen ist): "Es gibt eine aufklärerische Massen- kultur ... bspw. Klaus Lages Monopoly, das gegen die Arbeitslosigkeit gerichtet ist und trotzdem eine Million mal auf Platten und Bändern verkauft wurde; von Udo Lindenbergs Asphaltcowboys, von Heinz Rudolf Kunzes Nicaragua-Lied, dem Türkenlied der 'Bots' und Ulla Meineckes feministischen Songs. Und wir mit unseren kleinen Auflagen, unseren vorgebildeten Lesern, unseren wichtigen, indirekt prägenden 'klassischen Öffentlich- keit' sollten uns immer klar machen, daß Peter Maffay viele tausend Jugendliche des Subproletariats erreicht; und eben nicht mit Schund (!????, Anm. bk), mit Lüge und billiger Anpassung an vorgeprägte Bedürfnisse, sondern mit kleinen gradualistischen Provokationen (!?????, Anm. bk)." P. Glotz, Über die Vertreibung der Langeweile oder Aufklärung und Massenkultur, in: J. Rüsen u.a. Hrsg., Die Zukunft der Aufklärung, Ffm 1988, S. 215ff "... ich glaube, daß heute gerade bestimmte Formen der Massenkultur, z. B. der Rockmusik, Momente des Protestes gegen gesellschaftliches Unglück lebendigen Ausdruck verleihen." V. Hauff in der Laudatio auf Leo Löwenthal bei der TWA-Preisverleihung 1989, Rede ab- gedruckt in einer Broschüre des Dezernates Kultur und Freizeit der Stadt Ffm 1989. (Nun gut, Beziehungen muß man haben, um an sowas zu kommen. Danke Claudia!) Die FR brät dem Hauff ob dieser Äußerung schon was über: "Wie mag dem Preisträger zu Mute gewesen sein, solches von seiten des Stadtoberhauptes zu hören?" Chr. Zahlmann, Würdigung eines Neinsagers, FR 2.10.89 *Der, also der Calley, ist heute ein "erfolgreicher" Juwelier in den USA. Calley selbst war damals (Anfang der 70er Jahre) wohl ein "Volksheld" gewesen, der die Ideale des freiheitlichen - und das ist ohne Hinter- gedanken so geschrieben! - Amerika recht hoch hielt. Mord an Kindern, Frauen und Männern, die der gesell- schaftlichen Verordnung der USA recht gefährlich denn doch wohl geworden wären, war legitim. Die "Verur- teilung" von Calley und dessen weitere "bürgerliche" Existenz halt auch. Die Dialektik von Mord, Legi- timität, Abscheu, Vergessen, Liberalität, Dezisio- nismus, Gehorsam, Verständnis, Wahnsinn ... ist zum verrückt werden schon.

85 M.E. auch der vom Bruce Springsteen, der zum einen den musikalischen Standard von Bands wie den Who, Doors, Jethro Tull, Rolling Stones, Hendrix Experience, Cream etc. nicht halten kann (zumindest den, den sie mal hatten, soweit die Gruppen noch bestehen), zudem seinen "kritischen" Anspruch höchstens populistisch einzulösen vermag, weil er sowieso nur das singt, was eh schon allen klar ist. Die Who mit "My Generation" (ein schlauer Kopf spricht von einer "spontanen Be- freiungsästhetik", die sich in diesem Song verbarg und die von der "theoretischen Überlegenheitspose des Kulturkritikers kaum berührt" wurde. P. Kemper, "Der Rock ist ein Gebrauchswert". Warum Adorno die Beatles verschmähte, in: Merkur, 9/10 1991, S. 897), die Stones mit "Street fighting man", die Doors mit "Light my fire", die Jethro Tull mit "Too old to Rock'n'Roll Too young to die", die Cream mit ihrem für den Rock explosiven musikalischem Konzept, die MC5 mit ihrem anarchistischen Früh-Punk, John Mayall (gescholten von Insidern und dem Alexis Korner als weißer "Blues-Man" immer untergeordnet) mit "The laws must change", Hendrix mit "Voodoo Chile", Brian Auger & Julie Driscoll mit "Czecholovakia" und selbst die Beatles mit "Eight days a week" und "She loves you ..." boten mehr Explosivstoff, denn bspw. Bruce Springsteen, der "Boss" zudem sich noch betiteln läßt. Springsteen, der "Boss", perpetuiert Machtverhältnisse, die vordergründig er aufzulösen ver- spricht. Wer "Boss" ist befiehlt. Schluß! Ein eigenes Kapitel wäre wiederum nötig. Nur: Dann schon lieber Madonna, die wenigstens hübsch anzuschauen ist. Chauvinistischer Schwachsinn - zugegeben und egal. "Who's that girl?" Und sowieso: Der Rock scheint tot! Gestorben ist die Rock-Kultur "nicht an Gewalt oder Drogen ... Sie starb an ihrer allgemeinen Akzeptanz. Sie verlor die subver- siven Reize, wurde Pop und ging adrett zu Markte." Chr. Dieckmann, Die Überlebenden. Über Lynyrd Skynyrd und Ry Cooder und das Sentiment in der Rockmusik, in: Die Zeit, 27.3.1992

86 Sogar die MACHER von Soft Machine machen heute die Musik für Werbe-Clips. Vgl. Rolling Stone 8/1995, S. 14/15

87 "... Woodstock, das Wunder der 'Woodstock Nation', einer neuen, jungen Gesellschaft voller Liebe, Toleranz und Hilfsbereitschaft, wurde durchschaut als das was es war: das Geschäft derer, die es veranstalteten." J.E. Berendt, Das Jazzbuch. Von Rag bis Rock, Ffm 1973 (393.-412. Tausend), S. 50 Nun gut, dem Berendt scheint es mit dem Rock so zu gehen, wie dem armen TWA mit dem Jazz!

88 W.E. Liefland, Jazz - die große Unbekannte? Hinweise auf Freiheit und eingeschlafene Füße, in: Jazz- Container 86/87, Hofheim 1986, S. 139 Allerdings: "Der Free Jazz hat erst begonnen. Er ist eine der freiesten Vorwegnahmen einer jeder zukünftigen Kultur." ebenda, S. 14o Und: "Freiheit ... war ... schon immer eine Komponente des Jazz." J. Litweiler, Das Prinzip Freiheit. Jazz nach 1958, Schaftlach 1988, S. 9 Sowie und auch Ph. Carles/L. Corrolli, Free Jazz, Black Power, Ffm 1974,

89 J. Kerouac mit "Unterwegs" ist dieser Philosoph schon ganz und gar nicht. G. Anders ist es schon gar nicht: "Die auch heute viel- fach als 'negroid' abgefertigte Jazzmusik verdankt ihr Dasein nicht etwa nur (wenn überhaupt) der 'Blutser- innerung' an Wüste und Urwaldtrommel; vielmehr ist sie (mindestens zugleich) 'Maschinenmusik', das heißt: eine Musik, die diejenigen Tänze in Gang bringt, die den Menschen der industriellen Revolution angemessen sind. Was im Jazz Stimme geworden ist, ist nicht nur die 'Dumpfheit archaischer Existenz', sondern immer zu- gleich die Ostinatheit des präzise arbeitenden Stanz- werks, das das Glissand der Animalität ungerührt und säuberlich in immer gleiche Stücke zerschneidet." G. Anders, Die Antiquiertheit des Menschen, München 1985, S. 83 TWA ist es bekanntlich schon überhaupt nicht. "Mit der Empfehlung von Jazz und Rock an Roll anstelle von Beet- hoven wird nicht die affirmative Lüge der Kultur de- montiert sondern der Barberei und dem Profitinteresse der Kulturindustrie ein Vorwand geliefert. Die vorgeb- lichen vitalen, unverschandelten Qualitäten solcher Produkte sind sythetisch von eben jenen Mächten aufbe- reitet, denen angeblich die große Weigerung gilt: erst recht verschandelt." TWA, Ästhetische Theorie, Ffm 1973, S. 473f Bloch über Adorno: "Ort der Handlung: Universität Tübingen - 1973. Ein Student, angehender Philosoph, beunruhigt von Adornos Ausführungen über den Jazz, fragt Ernst Bloch: 'Können Sie sich erklären, wie er dazu gekommen ist? Sie waren doch damals auch in Amerika. Sie haben ihn doch drüben erlebt. Er muß doch gemerkt haben, was es wirklich mit dem Jazz auf sich hat.' Darauf Ernst Bloch: 'Ach wissen Sie, der hat das nie kapiert.'" Jazz Podium, 11/1983 (Bloch zum Jazz müßte man mal nachschauen) Wer weiß, vielleicht war es unerkannterweise Kurt Hager, gelernter Philosoph und späterer Kultusminister der DDR (siehe auch Anmerkung weiter unten), der nach seinem Sturz behauptete: "Ich war immer für alles von Bach bis Beat." vgl. Spiegel 16/1990 J.-P. Sartre könnte es sein: "Man setzte sich in einen verräucherten Saal neben Matrosen, Halbstarke, nicht gemeldete Huren, Damen aus der vornehmen Gesell- schaft ... Niemand redet ... Niemand rührt sich ... Jazzmusik ... Ein dicker Mann bläst sich die Lunge aus dem Leib, da ist auch der gnadenlose Pianist, ein Kontrabaßspieler, der seine Seiten zupft, ohne auf die anderen zu hören. Sie sprechen den besten Teil in uns an, den nüchternsten, den freiesten, jenen Teil, der weder Melancholie noch die alte Leier, sondern den schwindelerregenden Glanz des Augenblicks will. Sie fordern uns, sie lullen uns nicht ein." zit. nach A. Cohen-Solal, Sartre 1905-1980, Reibeck 1988, S. 372 "... ich höre heute noch gelegentlich Jazz ... zum Bei- spiel Thelonius Monk ... ferner Charlie Parker, Charles Mingus ...". Doch: "... die Musik, die für mich wirk- lich zählt, ist die klassische Musik." J.P. Sartre, Sartre über Sartre, Reinbeck 1985, S. 206f Übrigens kannte Miles Davis den Sartre seit 1949. "Even Sartre said, 'Why don't you an Juliette (Greco, BK) get married?" M. Davis, The Autobigraphy, New York 1989, S. 127 und "...I also get together with Jean-Paul Sartre and we had a great time just sitting around and talking in their homes or at an outside cafe." ebenda, S. 207

90 Schön, daß die Dame noch ein Hirn hat, hätte sie sich an ihre eigene Feststellung gehalten und nur gute Rockgitarristen gehört, wäre das schlecht möglich, denn: "Ein richtig guter Rockgitarrist will nicht schön und brillant Gitarre spielen. Er will seinem Publikum die Schädel eindreschen."

91 D. Schümer, Die Denkmeister sind taub. Philosophenrock. FAZ v. 15.11.1989: "Erst Theodor W. Adorno machte die Musik-Ästhetik wieder salonfähig und hätte sie auch konsequent auf die Höhe ihrer Zeit gebracht, wenn, ja wenn ihn beim Verlassen eines New Yorker Jazzclubs nicht eine abgetakelte Prosituierte angesprochen hätte ..."

92 H. Putnam, Vernunft, Wahrheit und Geschichte, Ffm 1982, S. 21

93 So H.P. Duerr in einem Brief an den Feyerabend, Paul Feyerabend, Briefe an ..., a.a.O., S. 207

94 Hab' angefangen (22. August 1989), glaube Nadja will mich ärgern! Weiß inzwischen (Januar 1990), daß der Liebrucks ein Spezi vom Adorno gewesen ist. Vgl. die Gedenkworte von Liebrucks zu TWA's Tod in Frankfurter Neue Presse vom 8. August 1969 (Entnommen: Minima Journalia)

95 Was als Empfehlung nicht unbedingt wiederum aufgefaßt werden muß.

96 "1966 in Frankfurt: Ich entsinne mich, wie einer der Kommilitonen im überfüllten größten Hörsaal der Universität Jürgen Habermas' Vorlesung unterbrach mit der Bitte, ob er nicht doch etwas unkomplizierter sprechen könne, es sei so schwer, ihn zu begreifen. Eine Hälfte des Auditoriums applaudierte. Er verspreche, sein Bestes zu tun, erwiderte Habermas, um verstanden zu werden. Daraufhin buhte die andere Hälfte. Denjenigen, die jetzt gebuht hätten, könnte er versichern, meinte der junge Habermas weiter, seine guten Absichten würden ganz gewiß scheitern." G. Hofmann, Denker in der Arena. Die Rolle des "öffent- lichen Intellektuellen", in: Die Zeit v. 16.6.1989

97 Habe den Druck, bin aber zu faul, die Treppe runter zu gehen und den genauen Titel nachzusehen. Ist auch in einem Buch später erschienen, roter Einband, glaube st-Reihe vom Suhrkamp.

98 N. Bolz, Katechot wider Willen, in: Tumult. Zeitschrift für Verkehrswissenschaft - Philosophie. München 1987, S. 121 *zur "linken Suhrkamp Kultur": Der Bolz dürfte eigent- lich schon folgendes wissen: "Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne ein solches der Barberei zu sein." W. Benjamin, Gesammelte Schriften 2, Ffm 1980, S. 696 Vgl. aber auch die Angriffe, derer er sich während des "Historikerstreites" ausgesetzt sah. Der J. Fest - von der FAZ betitelte den Habermas bspw. als "akademischen Legastheniker" oder ein I. Geiss: "... hat Habermas die politisch-geistige Atmosphäre in unserem Lande auf Jahre vergiftet". I. Geiss, Die Habermas-Kontroverse. Ein deutscher Streit, Berlin 1988, S. 85 P. Glotz bemerkt scharfsinnig wie immer - diesmal aber in der Formulierung halt doch verdammt saumäßig da- neben -, daß Habermas "sich Gegner geschaffen (hat), die nicht nur die üblichen akademischen Bos- heiten absondern, sondern ... den finalen Todesschuß (kursiv, BK) probieren." Vgl. P., Glotz, Im weichen Fleisch der Motive und Mentalitäten. Jürgen Habermas als politische Figur / Eine Gratulaiton, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 6/1989, S.56o Daß Habermas aber auch ein ganz ausgekochter und hinterhältiger "Lump" sein kann, wird auch berichtet: "Ein andermal mit einem deutschen Gast und seiner Familie an einem heimischen Bach, Picnic, ich bau da eine ordentliche Feuerstelle und mache Feuer, um Würste zu braten. DER SCHWEIZER WEHRMANN! lächelt der verehrte Gast (Jürgen Habermas) arglos, und schon werde ich wieder sauer, wortlos sauer." M. Frisch, Dienstbüchlein Ffm 1976, S. 118f

99 Diese will Habermas im Alter nochmals unterstreichen und nach seiner Emeritierung in den USA lehren will. Vgl. J. Lau, Öffentlichkeit und Beharrung. 65 und immer noch im Ring: Jürgen Habermas, taz 17.6.1994

100 So Prof Riethmüller (ein Immunologe) in der FR vom 14.1.1995

101 Zumal ich spätestens seit dem 1. Oktober 1994 von Habermas als "Insider" mich erkannt fühlen darf. Vgl. persönliches Schreiben vom Habermas mit obigem Datum.

102 Ein ehemaliger Deutschlehrer, der immerhin die Inter- punktion beherrschte, was mich damals ungeheuer beein- druckte, meinte zwar, daß das "d.h." seine Berechtigung sowieso nicht hätte, weil man es immer schon so sagen könne, wie man es denn wirklich meine, Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich die Bewunderung für die Interpunktionsqualifikation auch mal aufgeben endlich!

103 E. Jacoby in der Vorbemerkung zum "Lexikon linker Leit- figuren", a.a.O.

104 Chr. Türcke, Habermas oder Wie Kritische Theorie ge- sellschaftsfähig wurde, in G. Bolte Hrsg., Unkritische Theorie. Gegen Habermas, Lüneburg 1989, S. 21

105 Adorno-Preis 1980, Ehrendoktor der Hebräischen Uni- versität in Jerusalem 1989,,

106 Chr. Türcke, Habermas ..., a.a.O.

107 R. Wiggershaus, Die Frankfurter ..., a.a.O., S. 603 Wie das aber mit der Vermutung vom Habermas zusammen- geht, daß TWA nie ein Buch von ihm gelesen habe ...

108 Hork an TWA zit. nach Wiggershaus, die Frankfurter ... a.a.O., S. 617 Der Nachsatz soll aber nicht verschwiegen werden: "... dem Institut würde er großen Schaden bringen."

109 zit. nach: R. Roderick, Habermas und das Problem der Rationalität. Eine Werkmonographie, Hamburg 1989, S. 18

110 R. Johannes, Über die Welt, die Habermas von der Ein- sicht ins System trennt, in: G. Bolte Hrsg, Unkritische ..., a.a.O., S. 64

111 G. Bolte, Einleitung, in: ders., Unkritische ..., a.a.O. S. 14

112 H. Berndt, Revolution und Scheinrevolution. Von Hork- heimers Angst vor dem autoritären Staat zu Habermas' Sorge um die Legitimation des Spätkapitalismus, in: G. Bolte Hrsg., Unkritische ..., a.a.O., S. 97f

113 Chr. Türcke, Habermas ..., in: G. Bolte Hrsg., a.a.O,, S. 33 Vgl. dazu etwa die MARXISTISCHE GRUPPE FRANKFURT in einem Flugblatt zur Habermas-Vorlesung im Sommer- semester 1978 in Ffm, betitelt mit dem wunderschönen "Grüß Gott, Professor Habermas!" - "Besonderes Interesse findet ... wie Sie ... an Marx anknüpfen, zu diesem Zweck alles an ihm beseitigen, was ihn daran hinderte, ein Habermas zu werden, und sich bei diesem radikalen Zerstörungswerk noch in seiner Autorität sonnen."

114 R. Roderick, Habermas ..., a.a.O., S. 18

115 I. Geiss, Die Habermas-Kontroverse ..., a.a.O., S. 80f

116 D. Claussen spricht von "Frankfurter Schule" als "Medienname", vgl. Abschied von gestern. Kritische Theorie heute, Bremen 1986, S. 5 Daß er hiermit nicht ganz unrecht hat, zeigt die im 3. Hessischen Fernsehprogramm ausgestrahlte Reihe "Frank- furter Schule" (August/September 1989) und die "Ver- traulichen Mitteilungen" : "... Marxisten der 'Frank- furter Schule'(Horkheimer, Adorno, Marcuse, Pollock usw.)." Nr. 2660, 15.1.1987 Daß er aber vielleicht auch nicht ganz recht hat, siehe den Brief von L. Löwenthal an den Habermas, Vgl. Anm. irgendwo weiter unten. R. Wiggershaus, Die Frankfurter ..., a.a.O., S. 9, wo berichtet wird, daß der TWA das von "außen angeheftete" Etikett mit "unverkennbarem Stolz gebrauchte." Aber nochmal der Claussen: "Der Ausdruck 'Frankfurter Schule' gehört schon zu den Kategorien der Bestattung." D. Claussen, Mit steinernem Herzen. Politische Essays 1968-1989, Bremen 1989, S. 113 Egal, jedenfalls ist am ehemaligen Wohnhaus vom Hork in Frankfurt am 16. Februar 1990 eine Gedenktafel angebracht worden, auf der vom "Mitbegründer der Frank- furter Schule" die Rede ist. Und weil Hork ein recht reicher Pinkel schon war, ist die Einschätzung vom Golo Mann vielleicht nicht ganz falsch, der die "Frankfurter Schule" sowieso nur als einen "Marxismus für feine Leute" betrachtete. Nur ge- rät der Golo Mann mit dieser Bemerkung in hübsche Schwierigkeiten. Wie will Mann seine Behauptung auf- recht erhalten, daß Hork/TWA Lumpen wohl waren, wenn der Frankfurter Schule sie angehörten und einen Marx für FEINE Leute pflegten? Sind Hork/TWA "feine Lumpen" am Ende? Sein Vater - der vom Golo - hätte ihm - dem Golo - ganz gehörig eines hinter die großen Löffel ge- geben, hätte er dies noch hören/lesen können. Er - nun der Thomas - hätte an seinen Chromosomen gehörig schon gezweifelt und ob im Grabe er sich vielleicht schon ge- wendet hat ... Man sollte nachschauen! Einen Ableger der "Frankfurter Schule" gibt es in der Bundesrepublik immerhin, nämlich in Elze (vgl. oben), wo eine Schule den Namen von TWA trägt, was allerdings zu erheblichen Verwirrungen auf Seiten der CDU führte. Einer ihrer Vertreter rügte am TWA den "Mangel an nach- vollziehbarer Vorbildfunktion" und überhaupt errichte die Elzer Schule "in einer Zeit, in der überall in der Welt marxistische Denkmale gestürzt werden, mit dieser Namensgebung ein neues Denkmal". Vgl. FR, 18.3.1992

117 Vgl. N. Elias, Norbert Elias über sich selbst, Ffm 1990, S. 64

118 So auf einem Flugblatt der "Basisgruppe Soziologie" zur TWA-Vorlesung 1969 "Einführung in die Dialektik". Vgl. FR 24.4.1969, in: C. Helm Hrsg., Minima Journalia, Aschaffenburg 17.1.199o Und in einem vom SDS herausgegebenen Flugblatt zu einer TWA-Vorlesung in Berlin 1967 wird emfpohlen: TWA "dieses unentbehrliche Requisit kultureller Veran- staltung der einsamen Ekstase seiner Texte zu über- lassen." Vgl. FR 10.7.1967

119 Nicht mehr! Er wurde 1994 emeritiert. Die Stellenaus- schreibung für die Nachfolge in der ZEIT ist kurz und bündig, was für den Bekanntheitsgrad vom Habermas schon ein wenig spricht: C4-Professur für Philosophie mit dem Schwerpunkt Sozialphilosophie (Nachfolge Habermas)

120 Betrachtet wurde, sollte man denn doch sagen. Vgl. die Auseinandersetzungen, die augenblicklich am Institut laufen und schon zur Entlassung vom Rainer Erd geführt haben. Vgl. FAZ v. 22.7.1989 / FAZ v. 18.7.1989 / FR v. 2o.7.1989 Das Papier, das letztlich zum Eklat führte, hab' ich. Bekommen durch jemanden, der Beziehungen hat. Jetzt hab' ich die halt auch, die Beziehungen. Zum Papier siehe eventuell den Anhang. R. Erd kann sich denn bei der Verlautbahrung, daß der Leo Löwenthal den Adorno-Preis 1989 erhält, sich folgender Spitze nicht enthalten: "So wird der Glanz des alten Instituts für Sozialforschung über der Frank- furter Paulskirche liegen, wenn Oberbürgermeister Volker Hauff am 1. Oktober Leo Löwenthal den Adorno- Preis übergibt. Mancher junge Wissenschaftler wird dann trotz der Kenntnis der vielfältigen Probleme am alten Institut für Sozialforschung sehnsüchtig an diese Epoche der Wissenschaftsgeschichte denken, die zwar unter der 'Diktatur des Direktors' gestöhnt, aber ein einzigartiges Werk hervorgebracht hat. Sich damit weiter zu beschäftigen, bleibt Aufgabe für die jüngere Generation von Sozialwissenschaftlern." (Kursiv, BK) Wissenschaft ohne Grenzziehung, in: FR, 2.9.1989 Vgl. aber auch den R. Wiggershaus, Die Frankfurter ..., a.a.O., S. 725 Dennoch zeichnet der Erd als Mitherausgeber des schon zitierten Bandes Kritische Theorie und Kultur, der dem Friedeburg (Direktor des Instituts für Sozialforschung) zum 65. Geburtstag gewidmet ist. Und dem L. Löwenthal, TWA-Preisträger 1989, bereitet es "große Genugtuung, Dich (Friedeburg, BK) als Direktor unseres alten Instituts zu sehen." Vgl. Brief von Löwenthal, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 39o Erd hält eine "Neuorientierung an Kritischer Theorie" für dringend erforderlich (vgl. FR vom 1.12.1988), liquidiert diesen Anspruch aber, wenn er auf ein "Ver- ständnis von Kritischer Theorie (rekuriert), das sich grundlegend von dem unterscheidet, das Adorno und Hork- heimer in der Dialektik der Aufklärung entwickelt haben." R. Erd, Kulturgesellschaft oder Kulturindustrie Anmerkungen zu einer falsch gestellten Alternaitve, in: ders. u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie und ..., a.a.O., S. 23o Daß ich mit dieser Einschätzung vom Erd auch mit dem Habermas eventuell kollidiere, ist klar, wenn auch nicht unbedingt zwingend. folgender Spitze nicht enthalten: "So wird der Glanz des alten Instituts für Sozialforschung über der Frank- furter Paulskirche liegen, wenn Oberbürgermeister Volker Hauff am 1. Oktober Leo Löwenthal den Adorno- Preis übergibt. Mancher junge Wissenschaftler wird dann trotz der Kenntnis der vielfältigen Probleme am alten Institut für Sozialforschung sehnsüchtig an diese Epoche der Wissenschaftsgeschichte denken, die zwar unter der 'Diktatur des Direktors' gestöhnt, aber ein einzigartiges Werk hervorgebracht hat. Sich damit weiter zu beschäftigen, bleibt Aufgabe für die jüngere Generation von Sozialwissenschaftlern." (Kursiv, BK) Wissenschaft ohne Grenzziehung, in: FR, 2.9.1989 Vgl. aber auch den R. Wiggershaus, Die Frankfurter ..., a.a.O., S. 725 Dennoch zeichnet der Erd als Mitherausgeber des schon zitierten Bandes Kritische Theorie und Kultur, der dem Friedeburg (Direktor des Instituts für Sozialforschung) zum 65. Geburtstag gewidmet ist. Und dem L. Löwenthal, TWA-Preisträger 1989, bereitet es "große Genugtuung, Dich (Friedeburg, BK) als Direktor unseres alten Instituts zu sehen." Vgl. Brief von Löwenthal, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 39o Erd hält eine "Neuorientierung an Kritischer Theorie" für dringend erforderlich (vgl. FR vom 1.12.1988), liquidiert diesen Anspruch aber, wenn er auf ein "Ver- ständnis von Kritischer Theorie (rekuriert), das sich grundlegend von dem unterscheidet, das Adorno und Hork- heimer in der Dialektik der Aufklärung entwickelt haben." R. Erd, Kulturgesellschaft oder Kulturindustrie Anmerkungen zu einer falsch gestellten Alternaitve, in: ders. u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie und ..., a.a.O., S. 23o Daß ich mit dieser Einschätzung vom Erd auch mit dem Habermas eventuell kollidiere, ist klar, wenn auch nicht unbedingt zwingend.

121 H. Dubiel, Kritische Theorie der Gesellschaft. Eine einführende Rekonstruktion von den Anfängen im Hork- heimer-Kreis bis Habermas. Weinheim/München 1988, S. 13 Dubiel ist Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung und neuerdings einer der Direktoren, an den sich laut Leggewie jetzt die hohe Erwartungen knüpft, "daß sich die Frankfurter Sozialforscher (eine 'Schule' ist diese Gruppe ja schon längst nicht mehr) auch von einem gewissen Dogmatismus befreien, der auch dem westlichen Marxismus anhaftet." C. Leggewie, Auf den Schultern von Riesen. Institut für Sozialforschung mit neuen Projekten und Personen, FR 16.11.1989 Heute (April 1992) kommt das Institut für Sozial- forschung in die Schlagzeilen aber nur, weil ein Mit- arbeiter angeblich die Beschneidung des Kultur- zu- gunsten des Sozialetats der Stadt Frankfurt forderte. Linda Reisch nannte dieses Ansinnen in einem offen Brief an Ludwig v. Friedeburg "populistisch, aber dumm". Vgl. FR 10.4.1992 & 13.4.1992

122 Vgl. D. Claussen, Abschied von ..., a.a.O., S. 28 Für einen spanischen Philosophen, den Eugenio Trias kennzeichnet gerade Habermas das "Ende der Frankfurter Schule", für ihn ist "Habermas kein verehrungswürdiger Heiliger. Er postuliert eine Art dialogischen Transzen- dentalismus als Modell des Konsens, der dem Entwurf einer kommunizierenden Gesellschaft eine rationale oder legitime Ordnung geben soll. Dies scheint mir ab- wegig, ich fühle mich ganz krank, wenn ich in solchen Ausdrücken rede; sie sind von einer offenkundigen Barberei. Ich sehe hier die Keimzelle des totalitären Denkens ...was Habermas betreibt ist meiner Meinung nach Ideologie, nicht Philosophie ..." Manuskript des Bayerischen Runfunks (darf nur zum privaten Gebrauch benutzt werden!), Und sie bewegen nichts? Gespräche mit europäischen und amerikanischen Philosophen. Sendung vom 7.9.1988 Der Habermas muß in Spanien recht ordentlich berühmt sein. Seine Schriften liegen fast vollständig übersetzt vor und er durfte "Die Neue Unübersichtlichkeit" auf Einladung des Präsidenten des spanischen Parlamentes vor den Cortes zuerst (?) vortragen. "Dig this", M.D.

123 "Habermas' Versuch, eine umfassende kritische Theorie der Gesellschaft zu entwickeln, ist außerordentlich ehrgeizig, ungemein plausibel - und höchst frustrierend." R.J. Bernstein, Restrukturierung der Gesellschaftstheorie, Ffm 1979, S. 363 und: "Haber- mas, der sich auf einen Prozeß ständiger Selbstkritik eingelassen hat, ist weit überzeugender beim Stellen relevanter Fragen als beim Anbieten klarer und unzwei- deutiger Antworten." ebenda, S. 364

124 Vgl. FR 27.11.1973

125 Das Institut für Sozialforschung in der Terminologie vom G. Lukács - dachte ich bislang. Allerdings: "Ich nannte das 'Institut für Sozial- forschung' in Frankfurt 'Institut für Sozialfälschung' ..." E. Bloch, Tagträume ..., a.a.O,, S. 114

126 "Und das Institut für Sozialforschung?" Das letzte Fragezeichen im Wiggershaus. Eben! Geben tut es das Institut schon noch, wie eine kleine Broschüre beweist: Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main - Forschungsarbeiten 1950 - 1990

127 Die könnte der amerikanische Tourist/Student (vgl. Dubiel, Kritische..., a.a.O. S. 11) bzw. Autor (vgl. Claussen, Abschied ..., a.a.O., S. 6) vielleicht dann finden!

128 Vgl. Die Neue Frankfurter Schule - "Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!", Hrsg. W P Fahrenberg, Göttingen 1987

129 Vgl. u.a. W.v. Reijen, Philosophie als Kritik. Ein- führung in die Kritische Theorie. Königstein 1986, S. 158ff Zur 2. Generation zählt er Habermas, Negt, Offe, Schmidt und Wellmer

130 Die noch im "Grand Hotel Abgrund" sich beheimaten konnten. Ein Hotel, in dem man wahrhaft wunderbar lebt, "in der ausschweifendsten geistigen Freiheit: Alles ist erlaubt, nichts der Kritik entzogen. Für jede Art der radikalen Kritik - innerhalb der unsichtbaren Grenze - gibt es besonders eingerichtete Räume." G. Lukács, Revolutionäres Denken, Darmstadt/Neuwied 1984, S. 188 War Lukács nicht selbst Bewohner des Hotels viel- leicht? Und: "Das Ganze ist, nach Adornos Worten das Unwahre. Aber es fordert doch in Permanenz Kunst und Philosophie dazu heraus, im Unwahren das 'Andre' aufzuspüren und sich so dessen bewußt zu sein, daß auch das exterritoriale Hotel Teil des Ganzen ist. Am Ab- grund? Wo sonst." (kursiv, BK) G. Schmid Noerr & W.v. Reijen, Kritische Theorie - am Abgrund, in: dies., Grand Hotel ..., a.a.O., S. 13 Zuzufügen wäre: Kritische Theorie - Am Abgrund? Wo denn verdammt nochmal sonst! "Bei Gottfried Benn heißt das 'Grandhotel Abgrund' 'gepflegte Abgründe'." H. Brunkhorst, Der Intellekturelle im Land der Mandarine, Ffm 1987, S. 25 "Surprise Hotel", Enrico Rava, der mit allem gar nichts zu tun hat.

131 Brief von Leo Löwenthal, in: A. Honneth u.a. (Hrsg.), Zwischenbetrachtungen ..., a.a.O., S.11

132 D. Claussen, Unterm Konformitätszwang. Zum Verhältnis von kritischer Theorie und Psychoanalyse, Bremen 1988, S. 3o

133 D. Claussen, Mit steinernem ..., a.a.O. S. 113f Um die Verwirrung vollständig zu machen, der Gadamer: Die Frankfurter Schule fand "in Jürgen Habermas einen scharfsinnigen und engagierten Fortsetzer ..." H.G. Gadamer, Zur deutschen Philosophie im 20. Jahrhundert, in: ders, Hrsg. Philosophisches Lesebuch, Bd. 3, Ffm 1989, S. 378 Und wem das noch immer nicht genügt: "Ich habe mich immer überschätzt gefühlt", antwortete der Habermas in einem Interview auf die Frage, ob er die Typisierung als "jüngerer Vertreter der Kritischen Theorie" sich zu eigen machen wohl könne. J. Habermas, Die Neue Unübersichtlichkeit, Ffm 1985, S. 167

134 Vgl. H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 123ff Zwei Paar Schuhe? Runderneuerte und durchgelaufene, um im Stil von Claussen zu bleiben?

135 H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 123

136 U. Rödel u.a., Die demokratische Frage, Ffm 1989, S. 159 "Es ist das halbierte Demokratieverständnis, es ist die demokratische Selbstzufriedenheit, die bei Habermas symptomatisch für die Zivilgesellschaftsdiskussion durchscheint. Habermas lenkt unsere Aufmerksamkeit nicht nur von der deskriptiven Ebene der kapitalist- ischen Gesellschaft ab. Er verharmlost die Paradoxien dieser Gesellschaft durch eine Art zivilgesellschaft- licher Therapie. Weil Habermas sich harmonistisch auf die Konflikte in der 'Lebenswelt' beschränkt, abstra- hiert er von dem eigentümlichen Fluch, mit dem die westliche Demokratie geschlagen ist: eine humane Er- rungenschaft ersten Ranges zu sein, aber eine Farce angesichts der kollektiven Vergiftungs- und Ver- nichtungsgefahren der westlichen Konsumgesellschaften, die bisher jede Alternative haben scheitern lassen. Habermas' anthropologische Modellstudien und sprach- philosophischen Analysen lassen vergessen, daß die ge- waltlose Schlichtungs- und Diskursform der 'kommuni- kativen Vernunft' selbst ein Ausdruck dafür ist, wie die 'Zitadellenkultur' mittels Kommunikation sensible Machtverhältnisse der praktischen Kritik entzieht." H. Thüer, Jürgen Habermas und die kopflose Linke. Plädoyer für eine Revision, in: Kommune 8/90, S. 45

137 A. Thyen, Negative Dialektik und Erfahrung. Zur Rationalität des Nichtidentischen bei Adorno, Ffm 1989, S. 11

138 Copyright by Heinrich Lübke. Anm. für die, die es nicht mehr wissen (können).

139 In Anspielung auf diese Arbeit von Hork/TWA sprechen Bauermann/Rötscher von einer "Dialektik der Anpassung. Die Anpasssung der 'Kritischen Theorie' mit den imperialistischen Herrschaftsverhältnissen", Berlin (DDR) 1974 Im Jargon bleibend, werfen sie der Kritischen Theorie vor, "starke antikommunistische Vorbehalte gegenüber den sozialistischen Staaten, völliges Unverständnis für die Dialektik des sozialistischen Aufbaus, ein Unver- ständnis, da folgerichtig aus der linksliberalen, kleinbürgerlichen, abstrakt-humanistischen Position resultiert." ebenda, S. 17 Dem Marcuse, dem wir auch hier bestimmt noch begegnen werden, wird folgendes - in bester Marxscher Manier, der den Produktivkräften unter kapitalistischen Pro- duktionsverhältnissen auch schon was zutraute - vor- geworfen: "Alle positiven Errungenschaften der Mensch- heit, die die kapitalistische Ordnung mit enthält, wie z.B. die enorm entwickelten Produktivkräfte, das hohe Niveau des Stoffwechsels zwischen Gesellschaft und Natur, also der Arbeit, werden im Sozialismus aufbe- wahrt und weiter entwickelt. Marcuse jedoch begreift in seine absolute Negation auch den erreichten Stand des wissenschaftlich-technischen Fortschritts mit ein, er soll nicht weiterentwickelt werden, da er die Quelle der Verdinglichung sei." Ebenda, S. 25 * Peinlich ist, daß sie den TWA in Anm. 14, S. 67, nach Dahrendorf zitieren und Hork/TWA vorwerfen, "nur an Niederlagen, nicht aber an den Erfolgen der revolutio- nären Arbeiterbewegung" teilgenommen zu haben. Ebenda * Habe gerade nachgeschaut, auch hier heißt es: Vgl. H. Marcuse, zit. nach ... Die 2 hätten ihren Marcuse mal richtig lesen sollen. "Die Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus" vom Marcuse anzuschauen zumindest, hätte zumindest auch nicht viel schaden könne. Vgl. jetzt, H. Marcuse, Schriften 6, Ffm 1989 Wenn auch der SPIEGEL meint, daß "linke Polit-Studien und soziologische Analysen ... schon als Titel museums- reif (wirken), zum Beispiel Marcuses 'Gesellschafts- lehre des sowjetischen Marxismus." Spiegel 4/1992

140 Horkheimer/Adorno, Dialektik der ..., a.a.O., Vorwort zur Neuausgabe 1969, S. X

141 Vgl. das Nachwort von J. Habermas zu ebenda, S. 294

142 Auch nicht durch den Habermas, wie der D. Claussen be- hauptet, vgl. Abschied ..., a.a.O. S. 25ff Wie auch, wenn er zur Tradition der kritischen Theoretiker nach Claussen nicht mehr gehört?

143 Horkheimer/Adorno, Dialektik der ..., a.a.O., S. 66

144 J. Habermas, Die neue Intimität zwischen Politik und Kultur. Thesen zur Aufklärung in Deutschland, in: Merkur 2/1988, S. 153

145 M. Horkheimer, Gesammelte Schriften 7, Vorträge und Aufzeichnungen 1949-1973, Ffm 1985, S. 1o3

146 H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 124 "Ich habe manchmal den Eindruck, daß die Dialektik der Aufklärung - völlig entgegen den Erwartungen ihrer Autoren - unter die Leute gekommen ist und die Gesell- schaft verändert hat, deren Theorie sie sein wollte." ders., Politik und Aufklärung, in: J. Rüsen u.a. Hrsg., Die Zukunft der ..., a.a.O., S. 25

147 H. Dubiel, Politik und Aufklärung, in: J. Rüsen u.a., Die Zukunft ..., a.a.O. S. 24f * Vgl. Wortmeldung beim Kongreß "Prima Klima": "Viele von uns halten Demokratie ohnehin für eine Spinnerei, haben sich eingerichtet und mürrisch das politische Feld den Apokalyptikern, den Sprücheklopfern, den Bürokraten und Wichtigtuern, den Bereich menschlichen Glücks den Körnerfressern und Okkultisten überlassen." (U. Knapp), in: H. Schauer Hrsg., Prima Klima. Wider den Zeitgeist: Erste gnadenlose Generaldebatte zur end- gütligen Klärung aller unzeitgemäßden Fragen, Hamburg 1987, S. 15

148 Was ist bspw., wenn folgendes zutrifft: "Die Vernunft kann sich nur gegenüber denjenigen, die die Vernunft schon akzeptiert haben, verteidigen, und in diesem Augenblick ist die Verteidigung nicht mehr nötig. Nehmen Sie ein Exemplar der 'Kritik der praktischen Vernunft', übersetzen Sie es ins Iranische, besuchen sie den Ayatollah Khomeini und sagen Sie ihm: 'Wenn Sie dieses Buch lesen würden, wären Sie überzeugt, daß Sie mit dem, was Sie tun, Unrecht haben.' Ich glaube, es genügt, auf diese Möglichkeit hinzuweisen." C. Castoriadis, in: F. Rötzer, Französische Philosophen im Gespräch, München 1987, S. 55f Aber: "Die Moral von der Geschichte ist die Macht der Vernunft, ihr entscheidender Einfluß auf das mensch- liche Leben. Die großen Eroberer von Alexander bis Cäsar und von Cäsar bis Napoleon, haben das Leben der späteren Generationen nachhaltig beeinflußt. Aber der Gesamteffekt dieses Einflusses schrumpft zur Be- deutungslosigkeit, vergleicht man ihn mit der ganzen Umwandlung der menschlichen Gewohnheiten und der menschlichen Gesinnung, die herbeigeführt wurde durch die lange Reihe von Menschen des Geistes, angefangen bei Thales bis zum heutigen Tag, Menschen, die individuell machtlos waren, aber letzten Endes die Welt beherrschen." A.N. Whitehead, Wissenschaft und moderne Welt, Ffm 1984, S. 242 "Wenn heute in einem sehr radikalen Sinn von einer Krise der Vernunft die Rede sein muß, so darum, weil entweder Denken unfähig ward, die Idee des objektiv Vernünftigen zu fassen, ohne die auch subjektive Ver- nunft unsicher und haltlos bleibt, oder weil das Denken jene Idee selbst als Trug, als ein Stück Mythologie, zu negieren beginnt." M. Horkheimer, Gesammelte Schriften Bd. 7, Vorträge und Aufzeichnungen 1949-1973, Ffm 1985, S. 25

149 I. Fetscher, Aufklärumg und Gegenaufklärung ..., a.a.O., S. 523

150 J. Schmidt, Einleitung ..., a.a.O., S. 26

151 Aber: Für M. Reich-Ranicki ist "das Wort Utopie eine Infamie geworden ...". Utopie ist ein "dirty word". So der M. R.-R. im Literarischen Quartett des 2. Deutschen Fernsehens vom 12. Februar 1990. Zusammen- hang: DDR, Realer Sozialismus, Frage nach dem 3. Weg, Festhalten vom St. Heym am Sozialismus etc. Zur Utopie werden wir vielleicht später noch etwas zu sagen haben, hier nur noch soviel: "Die Utopisten werden stets zweimal verlacht. Einmal von ihren Zeit- genossen, das andere Mal von ihren Nachfahren. Von ihren Zeitgenossen, weil man ihnen das angeblich Unge- heuerliche ihrer phantastischen Zukunftsversionen nicht glaubt. Von den Nachfahren, weil man ihnen nun mühelos ihre Rückschrittlichkeit - gemessen an den erreichten Fortschritten der Geschichte nachweisen kann." L. Kofler, zit. nach Sozialismus 4/1987, S. 51 Und: "... was als 'utopisch' gebrandmarkt wird, ist nicht mehr das, was 'keinen Ort' hat und im historischen Universum auch keinen haben kann, sondern vielmehr das, was durch die Macht der etablierten Ge- sellschaft daran gehindert wird, zustande zu kommen." H. Marcuse, Versuch über die Befreiung, Ffm 1972, S. 15f Das Festhalten an "Utopie" ist schlichtweg kontra- faktisch. Die Realität sieht anders aus: "Wer keine überfaktischen Prinzipien ('Ideen') anerkennt, nennt sich stolz einen Realisten. Ein Realist ist aber per definitionem jemand, dessen Denkvermögen für den kritischen Umgang mit Ideen nicht ausreicht." P. Lorenzen, Grundbegriffe technischer und politischer Kultur, Ffm 1985, S. 9 Für Habermas - schon wieder! - ist das "Utopiepotential des modernen Verfassungsstaates nicht aufgezehrt ... Darin sind sich Bloch und H. völlig einig gewesen gegenüber der älteren Kritischen Theorie." Metzeler Philosophenlexikon, Stuttgart 1989, Artikel Habermas, S. 307 "Utopie ist ist nicht nicht die Flucht ins Irreale; sie ist die Ergründung der objektiven Möglichkeiten des Wirklichen und Kampf für ihre Verwirklichung." E. Bloch, Tagträume ..., a.a.O., S. 117 "Wozu ist die Utopie? Ob es die Utopie ist von einer brüderlichen Gesellschaft ohne Herrschaft von Menschen über Menschen oder die Utopie einer ehe ohne Unter- werfungen, die Utopie einer Emanzipation beider Ge- schlechter; die Utopie einer Menschenliebe, die sich kein bildnis macht vom andern, oder die Utopie einer Seligkeit im Kierkegaardschen Sinn (????, bk), indem uns das allerschwerste gelänge, nämlich daß wir uns selbst wählen und dadurch in den Zustand der Frei- heit kommen; die Utopie einer permanenten Spontaneität und bereitschaft zu Gestaltung-Umgestaltung ..., alles in allem: die Utopie eines kreativen und also verwirk- lichten Daseins zwischen Geburt und Tod - eine Utopie ist dadurch nicht zu entwerten, daß wir vor ihr nicht bestehen. Sie ist es, was uns im Scheitern noch Wert gibt." Max Frisch, Wir hoffen, in: M. Frisch/H.v.Hentig Zwei Reden zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1976, Ffm 1977, S. 94f Nachdenkenswert: "Nichts widerlegt besser die These vom Ende aller utopischen Energien als der erstarkende Fun- damentalismus. Er ist rückwärtsgewandte, pervertierte Utopie - und zeigt, damit an, wie hermetisch die Ge- sellschaft, die man hierzulande als 'die offene' be- zeichnet, in Wahrheit geworden ist. Sie gestattet kaum mehr, daß die utopische Energie sich unbefangen nach vorn entlädt. Die Perspektive eines Weltzustands, worin die enormen geistigen und materiellen Produktivkräfte vernünftig aufeinander abgestimmt, die Menschen zu Nutznießern ihrer längst vorhandenen Möglichkeiten würden und so eigentlich nur das Selbstverständliche geschähe, ist so gut wie abgeschnitten. Die Abwendung der Natur- und Wirtschaftskatastrophen, die im Preis der weltweiten Dauerumwälzungen mit inbegriffen sind, ist zu einer kaum noch realistischen Hoffnung abge- sunken. Und doch hat dies alles nicht ausgereicht, der utopischen Energie den Garaus zu machen. Sie ist nicht umgebracht, sondern umgelenkt - rückgestaut, gefangen in fundamentalistischer Absurdität, in der sich die Absurdität des laufenden Modernisierungsprozesses authentisch ausdrückt. Die Gewalt, mit der der Fundamentalismus im Vormarsch ist, zeigt freilich auch, wieviel von utopischer Energie in der Menscheit noch steckt. Nicht auszudenken, was passierte, wenn sie sich auf vernünftige Weise enfesseln ließe, und wenn Intellektuelle überhaupt noch zu etwas gut sind, haben sie hierzu ihr leider viel zu geringes Scherflein bei- zutragen." Chr. Türcke, Die pervertierte Utopie. Warum der Fundamentalismus im Vormarsch ist, in: Die Zeit 10.4.1992 Bedenkenswert aber immerhin: "Grundsätzlich kann es ... nicht darum gehen, konkrete Utopien auszumalen, um dann die Wirklichkeit möglichst an die Utopien anzupassen. Nach dem Ende ses (Staats-)Sozialismus haben Utopien eher die Aufgabe, neue gesellschaftliche Lebensmöglich- keiten zu entdecken und auszuprobieren. Der real existierende Kapitalismus muß wahrlich noch nicht als die Erfüllung aller Menschheitsträume gelten! Utopien sollten aber nicht direkt als Ziele einer gesell- schaftlichen Realisierung dienen; in dieser Hinsicht überwiegen auch heute weiter die Gefahren der Utopie ... Wenn im Projekt der Aufklärung eine utopische Dimension erwünscht bleibt, kennzeichnet dies das Ein- geständnis, daß eine Emphase, in der besten aller mög- lichen Welten zu leben, immer falsch ist." H. Hastedt, Aufklärung und Technik. Grundprobleme einer Ethik der Technik, Ffm 1991, S. 291f

152 Hork/TWA, Dialektik ..., a.a.O., S. 9

153 J. Habermas, Nachmetaphysisches Denken. Philosophische Aufsätze, Ffm 1988, S. 16

154 W. Welsch, Unsere postmoderne Moderne, Weinheim 1987, S. 28 Dazu der m.E. passende Dialog zweier Gangster: "Auf Geld spuckt nur ein Trottel." "Die Grundlage des postmodernen Denkens." P. Cacucci, Outland Rock. 5 starke Thriller, Zürich 1989, S. 262 Gemeinheit: "Die" Bürger der Noch-DDR scheinen somit die besseren Postmodernisten zu sein. Die haben die Grundlage verstanden, während wir (die Noch-BRDler) sie nur verinnerlicht haben. Ob zur Postmoderne aber nun unbedingt Verstand gehört, mag dahingestellt auch hier bleiben. Wenn nicht, dann sind unsere Brüder und Schwestern des Ostens doch nur Prä-Postmodernisten. Und wir? Prä-, Peri-, Postmodernisten? Oder gar schon Post- Postmodernisten? Noch eine Überlegung: "Im Sozialismus praktiziert man offiziell den individuellen Reflexionsstopp, vom dem die Konservativen und Neokonservativen des Westens schon lange träumen. Sie setzen den Werte-Drill mit atemberaubender Radikalität in die Praxis um; das Element der Minimalabweichung wird inzwischen auch schon offiziell geplant, seit es Jeans aus volks- eigenen Betrieben und Jazz aus Dresden gibt. Strukturell gesehen bilden die östlichen Partei- diktaturen die Paradiese des westlichen Konservatis- mus." P. Sloterdijk, Die Kritik der zynischen Vernunft, Ffm 1983, S. 93f. Schon ein bißchen her, seit der Sloterdijk das schrieb. Wurscht! Was machen aber nun unsere postmodernen Neokonservativen? Sie kriegen Angst ob des Verlustes. Nicht allzuviel, zugegeben, denn "es sind nicht Debile an der Macht ... Die politische Prominenz besteht nicht aus Schlitzohren und Filous, die man im Kabarett verarschen kann. Wir werden vielmehr von einer Bande vollzurechnungsfähigen Schwer- verbrechern (und welcher Schwerverbrecher hat schon Angst? Anm. bk) regiert." J.v. Westphalen, Warum ich Terrorist geworden bin, Haffmans Freie Flugblätter, 2. Jahrgang, Nr. 8, S. 5 Egal. Habermas spricht vom "DM-Nationalismus", DIE ZEIT Nr. 14, 30. März 1990 ... auf Geld spuckt ... Vgl. auch in erweiterter Form: J. Habermas, Die nachholende Revolution. Kleine politische Schriften VII, Ffm 1990, S. 205ff Hierzu ein gewisser Prof. Hankel: "Ein bedeutender Kopf der bundesrepublikanischen Linken, der Philosoph Jürgen Habermas, bezichtigte kürzlich Bundesregierung und Wirtschaftswunder-Deutsche ziemlich pauschal des Währungsnationalismus: 'Im Hinblick auf die deutsch- deutsche Währungsunion können sich nun alle Deutschen mit der Potenz eines erweiterten Imperiums der DM identifizieren.' Wirklich? Erstens lassen sich patrio- tische Emotionen heute billiger ausleben: wenn Bayern München Deutscher Meister, Boris Becker wieder mal ge- winnt. Zweitens fürchten ja gerade die meisten ... Deutschen das schiere Gegenteil: daß unsere gute, harte DM wegen der DDR an Potenz verliert ... Natür- lich haben auch Linksintellektuelle das Recht auf ihren Stammtisch und die dort gehandelten Parolen. Neu daran ist nur, daß ein Habermas an solchen Tischen Platz nimmt und Geldansichten verbreitet, die er- lauchte Vorgänger im Amt, ein Georg Simmel, Max Weber und Francois Simiand, wohl kaum goutiert hätten." W. Hankel: DM, DM über alles in der Welt? in: Der Spiegel, 17/1990 Und Chr. Türmargin-top:.4pt;margin-right:148.65pt;margin-bottom:0in;margin-left:87.1pt;margin-bottom:.0001pt;line-height:9.8pt;text-autospace:none;">Habermas einmal mehr als das intellektuelle Gewissen der Nation, stellt klar, was auf dem Spiel und zur Debatte steht - und verschweigt, daß seine Gewissens- frage doch bloß eine veredelte Verfahrensfrage ist. Denn ob Vereinigung nach Art. 23 oder 146, ob Kon- föderation zweier deutscher Staaten, wie sie Günter Grass vorschwebt: So oder so hält die Marktwirtschaft mit all ihren Begleiterscheinungen im Osten Einzug." Chr. Türcke, Selbstzufriedenheit der Demokratie. Was es kostet, intellektuelles Gewissen der Nation zu sein - eine Antwort an Jürgen Habermas, in: Die Zeit, 13.4.1990 Und R. Dahrendorf: "Jetzt, da man die vielzitierte und vielgelobte Habermas-Äußerung im Zusammenhang lesen kann, wird klar, daß es dem Autor um republikanische Gesinnung und Verfassungpatriotismus geht. Gerade da- rum ist indes das Gerede vom 'DM-Nationalismus' ein so folgenschweres Mißverständnis, hinter dem sich der Irr- glaube versteckt, Geld sei unweigerlich anrüchig, der Staat dagegen der Möglichkeit nach wohltuend und zwischen beiden bestehe kein vernünftiger, sondern allenfalls ein verdächtiger Zusammenhang ... Jürgen Habermas sollte ... noch einmal über seine eingängigen, aber abwegigen Formulierungen nachdenken. Was er 'DM- Nationalismus'nennt, ist in Wahrheit Verfassungs- patriotismus, liberal, demokratisch und internatio- nalistisch.", in: Merkur 7/1990, S. 579ff Eike Hennig: Habermas liefert "ein Beispiel für eigen- tümlich moralisch-kritische Positionen und Begriffe, für die wortreiche Sprachlosigkeit und Politikferne des kulturfixierten (materielle Reproduktionsprobleme übersehenden) republikanischen Bewußtseins in der Bundesrepublik." in: Vorgänge 3/1990, S. 57f Und G. Seibt in der FAZ vom 10.5.1990 in der Rezension von "Die nachholende ...": "...natürlich kann man nie genug vor nationalen Übersteigerungen warnen. Man nimmt dafür sogar ein Buch in Kauf, das zu drei Vierteln mit der Thematik des Titels nichts zu tun hat, das Geburtstagsgrüße und Interviews ver- sammelt. Habermas ist hier in seinem intellektuellen Alltag zu besichtigen, und auch in dieser Hinsicht ist das neue Bändchen ein historisches Dokument der zu Ende gehenden Bundesrepublik Deutschland."

155 In der Postmoderne hingegen stellt sich das "Problem der Vernunft neu. Die Pluralität tritt ... als Pluralität von Rationalitätsformen auf." W. Welsch, Unsere ..., a.a.O., S. 7 und 295ff "Call it anything", Miles Davis. Inwieweit M.D. post- modernen "Idealen" sich verschrieben hat, will hier nicht beantwortet werden. Und: "Der Jazz ist tot, ver- dammt nochmal!" Miles Davis im Gespräch mit Nick Kent, in Lettre international, 6/89, S. 54ff "Do what you like", Blind Faith.

156 Vgl. J. Schmidt, Einleitung, a.a.O., S. 28

157 Ein "Philosuff" und "ordinärer Menschenverachter". A. Behrens in, Deutsche National-Zeitung, 4.5.1990

158 Vgl. D. Clausen, Abschied von ..., a.a.O. S. 18ff

159 ebenda, S. 5 "Relativierung" wirft er vor allem dem Habermas vor. Alfred Schmidt (2. Generation, s.o.) sieht zwar auch, daß die Kritische Theorie einer bestimmten geschicht- lichen Situation zugehörig ist, doch verabschieden tut er die Kritische Theorie deshalb noch lange nicht: "Die kritische Theorie war eine spezifische, unter den un- wiederholbaren Bedingungen der dreißiger Jahre ent- standene Rezeption des Marxismus. Kein Wunder, daß ihr Problem- und Lehrbestand sich inzwischen in manchem Be- tracht änderten." A. Schmidt, Die Kritische Theorie als Geschichtsphilosophie, München/Wien 1976, S. 15 "Und außerdem ist es ohnehin absurd, diese beiden Richtungen Kritischer Theorie (die der Dialektik der Aufklärung und die vom Habermas, bk) ... unhistorisch nebeneinander zu stellen. Beide reflektieren bis in die Grundstruktur ihrer Kategorien hinein die Verschieden- heit ihres Entstehungszusammenhangs." H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 124

160 D. Claussen, Abschied ..., a.a.O. S. 37

161 Was so nicht stimmen kann, wenn dem Habermas ein ge- wisser Seibt in der FAZ bescheinigt: Der "Habermas ... die Kritische Theorie von einer Philosophie der Ver- zweiflung zu einer radikalen Demokratietheorie umge- baut (hat). Dies lag nicht nur historisch nahe; es hat eine innere Konsequenz, die auch anerkennen kann, wer sich von vielen einzelnen Argumenten des fintenreichen Denkers Jürgen Habermas nicht überzeugen lassen mag." G. Seibt, Gespräch als Gesetz. Jürgen Habermas wird sechzig. in: FAZ v. 16.6.1989

162 D. Claussen, Abschied von ..., a.a.O., S. 31

163 ebenda, S. 31

164 "... denn die Postmoderne transformiert zwar die >Moderne, aber sie beendet sie nicht und verkehrt sie nicht in eine Antimoderne." W. Welsch, Unsere postmoderne ..., a.a.O. S. 319

165 Demgegenüber sprechen etwa W. Bonß/A. Honneth von einer "Reaktualisierung der Kritischen Theorie", vgl. dies. Hrsg.: Sozialforschung als Kritik. Zum sozialwissen- schaftlichen Potential der Kritischen Theorie, Ffm 1982 Einleitung A. Thyen, a.a.O., S. 277: "Keine ihrer Ansätze (der krit. Theorie, BK) ist ohne theoretische Defizite. An- gesichts dieser Situation gilt es, die Fronten nicht zu verhärten, sondern das Projekt der Moderne - ohne relativistisch zu werden - offenzuhalten sowohl für Wechsel in der methodologischen Grundlage ('Paradigmenwechsel') als auch für traditionelle Theoriebestände, auf denen es aufruht."

166 Zumal er "offensichtlich noch nicht einmal Adornos grundlegende Texte genau kennt." So Prof. P. Steinacker in einem Leserbrief (FR 1.11. oder 2.11.89) zu D. Claussen, Nachworte zu einer Fernsehfeier. Kritische Theorie als Objekt kulturindustriellen Zugriffs, FR 28.1o.1989. Dort schreibt Claussen: "Adornos Diktum: `Es gibt kein wahres Leben im falschen` wurde von Burk und Lüdke zu ihrem Filmtitel `Es gibt kein richtiges Leben im falschen` umgedichtet." Richtig ist natürlich, hab' mir die Mühe gemacht und nachgeschaut, selbstver- ständlich "richtiges Leben". Pikant ist nun, daß der Claussen Burk/Lüdke vorwirft, durch die offensichtliche Verfälschung, aus Adorno dem "Gesellschaftskritiker" einen "Oberlehrer" zu machen. Ist Adorno, weil das "richtige Leben" halt stimmt, für den Claussen auch weiterhin ein Oberlehrer? Merke: Zitate sollte man schon mal nachprüfen. Wenig erfreulich ist, daß ich nachschauen mußte, wie denn dem TWA seine Schreibe wahr/richtig wirklich und wahrhaftig ist. Grundlegende Texte sollte man schon kennen, da hat der Steinacker recht und die Maus beißt keinen Faden ab. Egal! Recht hat sowieso nur der Robert Gernhardt, ein Vertreter der NFS ("Neue Frankfurter Schule" s.o.) mit seinem Buch "Es gibt kein richtiges Leben im valschen".

167 Christiane Rochefort, Die Tür dahinten, Ffm 1990, S. 109

168 Hork/TWA, Dialektik ..., a.a.O. S. 147

169 J. Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Ffm 1985, S. 138

170 J. Habermas, Philosophisch-politische ..., a.a.O., Vorwort zur Neuauflage, S. 12

171 H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 94 Vgl. dazu auch K. Eder, Geschichte als Lernprozeß? Zur Pathogenese politischer Modernität in Deutschland, Ffm 1985

172 J. Habermas, Der Diskurs ..., a.a.O., S. 104

173 Th. Blanke, Versprachlichung. Aspekte zum zeit-diagnostischen Gehalt von Jürgen Habermas'Diskurs der Moderne, in: St. Müller-Doohm, Jenseits der Utopie. Theoriekritik der Gegenwart, Ffm 1991, S. 177

174 Zitat: "Ein listiger kleiner Krieger, voll sprühender Intelligenz ..."

175 Zitat: "Seines Zeichens Lieferant für Hinkelsteine, großer Liebhaber von ... wilden Raufereien ..."

176 Zitat: "... braut Zaubertränke."

177 Zitat: "Die Meinungen über sein Talent sind geteilt: Er selbst findet sich genial, alle anderen finden ihn unbeschreiblich. Doch wenn er schweigt, ist ein fröh- licher Geselle und hochbeliebt ..."

178 Vgl. W. Winkler, Zwanzig Jahre nach 1968 : Als wär's erst gestern gewesen - War da was? in: Die Zeit/15.4.88

179 ebenda Nicht die Popkultur, die ROCKKULTUR war wichtig. "Jimi Hendrix und Janis Joplin haben das Gegenteil gelebt von von dem, wonach ich erzogen worden bin." Der Musiker Frank Wolff im Gespräch mit R. Fühner und P. Noller ... existentiell stolpernd durch die Welt, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Kritische Theorie ..., a.a.O., S. 88 "Rockmusik ist biographische Kunst, auch in den jüngeren Mythen, die uns nichtig scheinen. Depeche Mode, Madonna, Michael Jackson - Abziehbilder der Postmoderne, platt und trotzdem tief wie jedes Be- hältnis von Illusion. Wir hatten bessere Musik. Doch ist Jimi Morrison nicht auch ein aufgeblasener Ent- blößer gewesen, Jimi Hendrix ein schüchterner Protz, Janis Joplin eine hurende Schnapsdrossel? Den Unter- schied macht, daß sie unser Behälter und Spiegel waren - und es bleiben, denn sie starben zu mythologisch günstiger Zeit. Sie hinterließen die Botschaft, die sie umbrachte: Leben hat Überschüsse." Chr. Dieckmann, My Generation. Cocker, Dylan, Lindenberg und die verlorene Zeit, Berlin 1991, S. 21 Zur Bedeutung der Rockkultur vgl. auch die Beiträge im Lexikon Linker Leitfiguren zu Hendrix, Joplin, Jagger, Morrison. A.a.O.

180 Nicht Lump! Und außerdem ist dies eine private Arbeit!

181 Nun gut: Inzwischen gibt es tatsächlich DIE DOOFEN!

182 Feminine Erben gibt es sowieso kaum welche. Vgl. bspw. die Namensliste der Diskussionsteilnehmer und Redner in: H. Schauer (Hrsg), Prima Klima. Wider den Zeigeist: Erste gnadenlose Generaldebatte zur endgültigen Klärung aller unzeitgemäßen Fragen, Hamburg 1987 Dieser Kongreß war sozusagen der Veteranentreff der 68er-Bewegung. "Mit zunehmendem Alter find ich 69 echt geiler als 68!" Einem Cartoon vom Kongreß, S. 13

183 Der Spiegel nennt sie "Die wilden 68er". Vgl. Spiegel- Spezial, Die wilden 68er, Die Spiegel-Serie über die Studentenrevolution, 1988

184 Daß Dutschke nicht der "68er" war, sollte betont werden eigentlich überhaupt nicht mehr müssen! Langhans, Teufel, Rabehl, Krahl und ... nun ja - ver- geben möge man/frau (hier vielleicht angebracht) - die Uschi Obermaier gehörten auch dazu. Und Raspe[*], Baader, Meinhof, Ensslin ...? Rudi Dutschke wollte mal Sportreporter werden. Man stelle sich die Reportagen vor, die er anläßlich der Fußball-WM in Italien 1990 geliefert hätte! Ein Heribert Faßbender (der von der ARD) wäre ob dieser Konkurrenz in den vorzeitigen Ruhestand wohl sicherlich versetzt worden. [*] Der Raspe hat übrigens ein recht lesenswertes Buch geschrieben: J. Raspe, Zur Sozialisation proletarischer Kinder, Ffm 1972 Heribert Faßbender (der von der ARD) wäre ob dieser Konkurrenz in den vorzeitigen Ruhestand wohl sicherlich versetzt worden. [*] Der Raspe hat übrigens ein recht lesenswertes Buch geschrieben: J. Raspe, Zur Sozialisation proletarischer Kinder, Ffm 1972

185 Vgl. höchstens R. Dutschke, Aufrecht gehen. Eine fragmentarische Autobiographie, Berlin 1981 Rudi Dutschke wäre übrigens am 7. März 1990 50 Jahre alt geworden.

186 Vgl. D. Cohn-Bendit, Wir haben sie so geliebt, die Revolution, Ffm 1987 & D. Rondeau, Ein Leben für die Revolution. Paris, 1968, Reinbeck 1989 Daß 1968 keine Revolution stattgefunden hat, das ist klar, einsichtig und sonstnochwas. R. Dahrendorf redet von einer Revolution, "die nicht stattfand". R. Dahrendorf, Die Revolution, die nicht stattfand, Die Zeit v. 13.5.1988 Habermas spricht bspw. von einer "Protestbewegung" nur. Vgl. J. Habermas, Protestbewgung und Hochschulreform, Ffm 197o Daß Habermas auch den unmöglichen Begriff des "Links- faschismus"[*] im Zusammenhang mit der studentischen Protestbewegung (Revolution, Revolte) prägte oder be- nutzte (?), soll, kann, darf und wird nicht ver- schwiegen. Der Habermas tut's auch nicht. Vgl. J. Habermas, ebenda Und auch der gewiß "unvorsichtigere" Marcuse läßt "nur" den Begriff der "Revolte" gelten. Vgl. H. Marcuse, Konterrevolution und Revolte, Ffm 1973 Der Habermas läßt seinen Artikel zum siebzigsten Geburtstag von Marcuse denn auch mit "Philosoph der Jugendrevolte" überschreiben. FR 20.7.1968, jezt auch in Philosophish politische Profile. W. Hofmann nennt die ganze Anglegenheit "Das Aufbe- gehren der Studenten". Vgl. ders., Universität, Ideologie, Gesellschaft. Beiträge zur Wissenschafts- soziologie, Ffm 1972, S. 41ff oder auch "Revolte". Vgl. W. Hofmann, Abschied vom Bürgertum. Essays und Reden, Ffm 1972, S. 76ff Der Spiegel spricht - unentschieden wie fast immer - von der "Jugendrevolution", "Protestbewegung" und "Revolte". Vgl. Spiegel-Spezial, a.a.O. Ob noch weitere Begriffe irgendwo sich finden, mag der Leser nachzu- schauen sich selbst einmal die verdammte Mühe machen. U. Chaussy scheut sich allerdings nicht, ein Kapitel seiner unsäglichen Dutschke-Biographie "Revolutionär" zu übertiteln. U. Chaussy, Die drei Leben des Rudi Dutschke. Ein Biographie. Darmstadt/Neuwied 1983 (sogar in 2. Auflage!!), Oder: "Hand aufs Herz, diese Linke, ich meine der Mai 1968, die Studentenbewegung, war die mehr als ein pubertärer Rülpser?" H. Kinder, Der Schleiftrog, Zürich 1989, S. 143 [*] "Der Vorwurf des 'Linksfaschismus' ist Ausdruck einer Zerfallsstufe des bürgerlich-liberalen Bewußt- seins, das von der fühlbaren Brüchigkeit der demo- kratischen Institutionen und Regeln in Deutschland betroffen ist und doch in den sozialistischen Alternativen nur das Ende aller Sicherheit und Frei- heit zu entdecken vermag." O. Negt, Studentischer Protest - Liberalismus - "Linksfaschismus", in: Kursbuch 13/1968, S. 187 (reprint von 2001) und: "Der 'Linksfaschismus' ist die Projektion der system- immanenten Faschismustendenzen auf leicht diskriminierbare Randgruppen." ebenda, S. 189 (Negt war übrigens Assistent beim Habermas) Negt 21 Jahre später: "Wie alle Wortführer der Protest- bewegung, haben wir nicht verstehen wollen, was Haber- mas meinte; als er ein Jahr später in einer Rede vor Frankfurter Studenten eine Sozialpsychologie der 'Scheinrevolutionäre' entwarf, war keiner von uns mehr bereit, die Differenzierungen wahrzunehmen, die in diesem indirekten Plädoyer für die wirklichen re- volutionären Prozesse steckten." O. Negt, Autonomie und Eingriff. Ein deutscher Intellektueller mit politischem Urteilsvermögen: Jürgen Habermas. FR 16.6.1989 (zum 60. Geburtstag von J.H.) Solche Sätze nimmt H. Berndt dem Negt schon übel: Heute bereut Negt sogar öffentlich, daß er damals über- haupt zu Kritik bereit war. Anläßich des 60. Geburts- tages von Habermas hat er sich sogar 'ausdrücklich' da- für entschuldigt." H. Berndt, Revolution ..., a.a.O., S. 83 Und Habermas: "Ich habe diesen 1968 hypothetisch ge- äußerten, spontanen und sehr situationsgebundenen Vor- wurf (den des Linksfaschismus, BK) schon im Herbst 1977 im Spiegel zurückgenommen. Ich habe damals aus bio- graphischen Kontexten zu erklären versucht, warum in der Bundesrepublik linke Intellektuelle bereits gegen- über den ersten Regungen von Gewaltrhetorik und Gewalt- anwendung empfindlicher, skrupulöser, gereizter als ihre Freunde in anderen Ländern reagiert haben. Übrigens hat sich, was mich besonders gefreut hat, Dutschke für diese Erklärung, als wir uns nach Marcuses Tod in Starnberg trafen, mit Nachdruck bedankt." J. Habermas, Die nachholende ..., a.a.O., S, 25

187 Vgl. D. Cohn-Bendit/R. Mohr, 1968. Die letzte Revolution, die noch nichts vom Ozonloch wußte. Berlin 1988 Zur literatischen Aufarbeitung der wesentlichen Rolle vom Cohn-Bendit vgl., R. Merle, Hinter Glas (Roman)

188 Vgl.L. Baier u.a., Die Früchte der Revolte. Über die Veränderung der politischen Kultur durch die Studentenbewegung. Berlin 1988

189 Vgl. C. Seibold (Hrsg.), Die 68er. Das Fest der Rebellion. München 1988

190 Vgl. D. Claussen, Ein Mythos, den man zerstören muß. Gespräch mit C. Leggewie, FR v. 23.4.1988 Daß mit den Mythen es allerdings nicht so ganz und gar einfach ist, das dürfte der Claussen wissen sowieso und wir inzwischen auch. S.o.!

191 H. Berndt, Die Väter der 68er Generation, in: Kommune, 8/1986, S. 61

192 Sie, die Frau, sollte beherzigen: "Dienen lerne bei- zeiten das Weib ...", zit. nach L. Fertig, Zeitgeist und Erziehungskunst. Eine Einführung in die Kulturgeschichte der Erziehung in Deutschland von 1600-1900, Darmstadt 1984, S. 155

193 "Er war Habermas ein Greuel." H. Berndt, Revolution ...

194 Vgl. Bericht in der FR vom 24.7.1969 Anekdote: "... zogen einige Studenten zu dem Institut für Sozialforschung, dem mit Adorno identifizierten Stammsitz der Kritischen Theorie. Nach einigem Hin und Her kam auch dort die Polizei; in politischer Blindheit hatten die Studenten die Institutsleitung gezwungen, gegen sie tätig zu werden. Im geräumten, von Studenten bespryten Institut spielten sich gespenstige Szenen ab. Adorno, tief unglücklich über die Entwicklung, ver- langte nach einer Spraydose. 'In diesem Krahl (nach Hans Jürgen Krahl) hausen die Wölfe', sollte sein Graffitto lauten." C. Claussen, Mit steinernem ..., a.a.O., S. 27o "Das Institut war besetzt, die Fassaden von oben bis unten mit Sprühdosensprüchen bemalt. Adorno kam eines Morgens zu mir ins Zimmer - ich hatte mein Dienstzimmer gegenüber von dem seinen - und erkundigte sich sehr ge- nau, wie man das macht, wie das geht: Was für Farben? Sprüht man das? oder nimmt man Pinsel? Er ließ nicht locker. Ich guckte ihn so an, es war ein Schalk in seinen Augen, und fragte ihn: 'Sag mal, willst du etwa auch?' 'Ja', sagte er, 'ich möchte so gerne an die Wände schreiben: IN DIESEM KRAHL HEULEN DIE WÖLFE!" Regine Becker-Schmidt, Wenn die Frauen erst einmal Frauen sein können, in: J. Früchtl/M. Calloni Hrsg., Geist ..., a.a.O., S. 210 "Als Emanzipationstheorie, falls sie je eine war, ist die Kritische Theorie spätestens bei der Besetzung des Frankfurter Philosophischen Instituts und Adornos Ruf nach der Polizei gescheitert, und zwar gleich auf doppelte Weise: indem die Studenten den Katastrophismus ihrer Lehrer als Indiz einer revolutionären gesell- schaftlichen Situation und deren Lehre als Emanzipat- ionstheorie mißverstanden, und indem Adorno Beistand beim Grauen in Uniform gegen die sich auf ihn be- rufenden Emanzipteure suchte." A. Künzli, Emanzipation und Erlösung, in: L'80 35/1985, S.56f

195 Vgl. bspw. Die Frauen, die Tabus und die Männer, in: C. Seibold (Hrsg.), Die 68er, a.a.O., Kapitel 7,, S. 3o9ff

196 H. Berndt, Die Väter ..., a.a.O., S, 66 Horkheimer: "Das Avancierteste in dieser Revolution be- steht darin, daß sie nicht wie frühere derartige Puper- tätsphänomene, gegen die Familie oder den Vater ge- richtet ist, sondern gegen die Institutionen, die heute an die Stelle der in Auflösung befindlichen Familie ge- treten sind, die Universität, das Establishment, die Gesellschaft. Form, Inhalt und Zielsetzung der Rebellion sind konfus. Daß der Unglücksfall Ohnesorg als politischer Mord hochgespielt wird und daß das Knüppelschwingen der aufs äußerste provozierten Polizei als nicht zu rechtfertigende Brutalität hingestellt wird, zeigt, daß die Leiter der Bewegung in der Wahl ihrer Mittel genauso bedenkenlos sind wie die Herren auf der äußersten Rechten, und wenn Herr Dutschke in unzähligen Versammlungen ungestört die Demokratie als bloßen Schein denunziert, dann führt er sich selbst ad absurdum." M. Horkheimer, Gesammelte Schriften Bd. 14, a.a.O., S. 459 "In Frankfurt war, über Krahl vermittelt, ein gegen seinen Willen radikalisierter Adorno einflußreicher als Marcuse." J. Habermas, Die nachholende ..., a.a.O., S. 28 Vgl. dazu auch irgendwo den Wiggershaus, der von einem Gespräch TWA's mit Berliner Studenten berichtet, dessen vereinbarte Vertraulichkeit die Anerkennung TWA's als anerkannten theoretischen "Gründungsvater" der Revolte verhinderte. Hab' nachgeschaut: "... traf er (TWA) ... zu einer internen Diskussion mit SDS-Mitgliedern zu- sammen. Er hatte zur Bedingung gemacht, daß das Ge- spräch nicht auf Tonband aufgenommen würde. Was er bei dieser Gelegenheit sagte, hätte ihn, öffentlich ge- äußert, zu einem gefeierten Lehrer der Protestbewegung gemacht." S. 688 "Mit der 'kritischen Theorie' ließ sich gutes Feuilleton, aber kein Klassenkampf machen", so H. Lübbe in der FAZ vom 3.6.1990 (Sonntagsausgabe, stand irgend- wann in der vorangegangen Woche schon mal drin, in der FAZ!) Nun gut, der Lübbe kann das eine nicht und das andere wollte er halt schon überhaupt auch nicht. Lübbe kann allerdings hübsche Reden halten, das sei zu- gestanden. So bspw. auf einer Veranstaltung der Jacob Jürgensen GmbH am 17.11.1989, wo den folgenden hübschen Satz er unterbrachte: "In sehr dynamischen Kulturen ge- winnt das sehr Alte den außerordentlichen Vorzug, sehr viel weniger rasch zu altern als das weniger Alte." Das täte einem fast sehr alten Esel wie mir recht gut, wenn die paar Sätze vorher nicht wären: Der wiedergefundene alte Schulfreund stellt kennerisch fest, "man sähe doch gleich, man habe sich wohl vor etwa fünfzehn Jahren ein- gerichtet. Diese Art, so massiv mit dem Veralten des eigenen Lebensambientes konfrontiert zu werden, ist natürlich nicht in jeder Hinsicht angenehm, und wir alle kennen die Praxis, dem vorzubeugen. Worin besteht sie? Sie besteht darin, sich antiquarisch einzurichten ..." Mein Gott Lübbe! WIR beugen dem durch unsere junge Freundin vor, das Ambiente ist uns dann relativ wurscht!

197 E. Lange/D. Alexander Hrsg., Philosophenlexikon, Berlin/DDR 1982 & Berlin/BRD 1987, Artikel TWA Artikel Marcuse: hat "... die spätere Resignation und Hilflosigkeit bei vielen - objektiv ganz im Interesse des Kapitals - wesentlich mitbefördert." Vorsicht ist bei solchen Äußerungen allerdings schon geboten, wenn in diesem Lexikon noch nicht einmal Sterbetag und -ort von Herbert Marcuse korrekt angegeben werden (können). Die Schlampigkeit bei der reinen Datenrecherche scheint mit der "Schlampigkeit" der philosophischen Darstellung zu korrespondieren. Nun gut, daß H.M. angeblich in San Diego starb, was bekanntlich in den USA - dem "Klassen- feind" No.1 - liegt, paßt in das ideologische Gerüst wahrlich besser, als Starnberg. Das liegt zwar auch im Ausland. dem kapitalistischen der BRD zumal, doch weiß doch eigentlich jeder, daß die BRD der ...zigste Bundesstaat der USA sowieso schon ist. Warum also dem H.M. den Tod nicht an den Hals "wünschen" (immerhin aber einen Tag später, als tatsächlich geschehen!) auf dem Kontinent, der als die Pestbeule der Welt ausge- macht schon lange ist? Und: Vielleicht ist San Diego zum Sterben wirklich der angenehmere Ort - ich weiß es wirklich nicht. Egal! Fehler macht ein Lexikon nicht, das ist klar. So wird bspw. Kurt Hager (ehemals Politbüromitglied, zu- ständig für Kultur) als ein bedeutender Philosoph vor- gestellt, der "als Kritiker des philosophischen Idealismus, des Irrationalismus und Subjektivismus, Voluntarismus und Mechanizismus" vorgestellt wird. Hager "tritt ... allen Versuchen bürgerlicher Ideologen und Revisionisten entschieden entgegen, die (die) Theorie des Sozialismus von ihrer marxistisch- leninistischen Grundlage" loslösen und entstellen möchten. Hager trat wahrscheinlich nicht genug, denn zwischenzeitlich wurde er getreten!

198 Gerade Che Guevara war wohl die revolutionäre Symbol- figur der studentischen Linken. Daß aber auch gerade Che Guevara am eigenen Mythos kräftig gearbeitet hat, kann man nachlesen - womit nichts über seine Rolle im Kampf gegen die Unterdrückung gesagt ist. Daß Guevara und Fidel in ihren Mitteln wenig zimperlich waren, läßt durch folgende Szene (geschehen während der Kämpfe in Kuba) sich belegen: "Dann wurde eine symbolische Er- schießung von drei Jungen vorgenommen, die den größten Anteil an den Gewalttaten des Chinesen Chang hatten, aber bei denen Fidel meinte, daß man ihnen eine Chance geben sollte. Ihnen wurden die Augen verbunden, und sie mußten die harte Strafe einer vorgetäuschten Er- schießung aushalten." Che Guevara, Ausgewählte Werke in Einzelausgaben, Bd. 2, Kubanisches Tagebuch, Köln 1987, S. 182 "Dieses System, das hier zum erstenmal in der Sierra angewendet wurde, mag heute barbarisch erscheinen"(Vgl. ebenda), doch zeigt m.E. alleine diese Sequenz, daß eine Auseinandersetzung auch mit diesen "Leitfiguren" schon wesentlich eigentlich wäre, zumal dieses ganze Buch in einer heroischen Sprache teilweise geschrieben ist, die den Idealen der Revolution (und das was der Guevara und der Fidel gemacht haben, das war halt eine Revolution) wirklich nicht angemessen ist.

199 Dieser Untertitel der DdA könnte als Paradigma von Philosophie nach Hegel überhaupt herhalten. Fragment bleiben muß eigentlich jegliche Philosophie, die sich anschickt, die heutige Welt erklären und verstehen zu wollen in ihrer verdammten Kompliziertheit.

200 Hork/TWA, Die Dialektik ..., a.a.O., S. 2 im folgenden zit. als Hork/TWA-DdA

201 Freiheit? "Als Jonathan die Erkenntnis gekommen war, daß das Wesen der menschlichen Freiheit im Besitz eines Etagenklos bestand und daß er über diese essentielle Freiheit verfügte, wurde er von einem Gefühl tiefer Ge- nugtuung ergriffen." P. Süskind, Die Taube, Zürich 1987 S. 57

202 Hork/TWA, DdA, S.6

203 Paradigmen sind allerdings nur zeitlich gültig. Vgl. Th. S. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolu- tionen, Ffm 1976

204 Übrigens ein Begriff, der in den 7oer Jahren zu Ehren in der Pädagogik (wiederum?) kam. Vgl. u.a. L. Kerstiens, Modelle emanzipatorischer Erziehung, Bad Heilbrunn 1974 K. Mollenhauer, Erziehung und Emanzipation, München 1976 (in 6. Auflage) K. Mollenhauer, Theorien zum Erziehungsprozeß, München 1976 Eberwein H. u.a., Emanzipation und Schule, Rheinstetten 1977 Lempert W., Leistungsprinzip und Emanzipation, Ffm 1973 Weiler H., Politische Emanzipation in der Schule, Düsseldorf 1973 H.v. Hentig, Systemzwang und Selbstbestimmung, Stutt- gart 1974 E. Jouhy, Das programierte Ich, Ffm 1976, S. 15ff Allerdings findet in einem Buch, das immerhin Das Menschenbild der modernen Erziehungswissenschaft sich nennt, der Begriff Emanzipation im Sachregister nicht mehr. Vgl. E. Meinberg, Das Menschenbild ..., Darmstadt 1988 Desgleichen L.v. Friedeburg, Bildungsreform in Deutschland, Ffm 1989 Vgl. aber auch das alte Lästermaul Bierce: Emanzipation "Eines Sklaven Übergang von der Unterdrückung durch einen anderen zur Unterdrückung durch sich selbst." zit. nach J. Drews, Das endgültige ..., a.a.O. Und: Bildungsprozesse sind "vorrangig als Produktions- prozesse von Arbeitsvermögen zu begreifen". E. Becker/ G. Jungblut, Strategien der Bildungsproduktion, Ffm 1974, S. 19 Trotzdem: Das Primat der Emanzipationspädagogik der 60er-Jahre lag "auf politisch folgenreicher Selbstbe- stimmung: Emanzipation und Aufklärung, Mündigkeit und Kritik, Öffentlichkeit und autoritäre Provokation, Reform und Revolution ..." H. Brunkhorst, Alternativ- pädagogik und neuromantische Kulturkritk, in: H.G. Jürgensmeier Hrsg., Alternative Bildung? Rückfragen an die alternative Pädagogik, Schriftenreihe der Wissen- schaftlichen Begleitung der Glocksee-Schule am Institut für Pädagogik der Universität Hannover, Hannover 1986, S. 122

205 205 Als kleine Anfrage schon mal hier gestellt: "Wenn die Wissenschaft und selbst die philosophische Reflexion sozusagen unausweichlich nur die unbewußte Form einer instrumentellenen Aneignung einer verdinglichten Natur ist, dann stellt sich natürlich die Frage, wie diese elementare Einsicht der kritischen Theorie überhaupt möglich ist. Ihr eigenes Theoretisieren würde doch durch ihre eigene Diagnose unmöglich gemacht. Warum sollte sie selsbt von der Pervertierung einer instru- mentellen Vernunft ausgenommen sein? In der Tat ist die Selbstinszenierung der älteren kritischen Theorie paradox." H. Dubiel, Kritische ..., a.a.O., S. 91 Ähnliches wurde auch zu Marcuse angemerkt: "Die Vision der befreiten Gesellschaft wird nämlich, wenn das System gegen Veränderungen wirklich lückenlos abge- dichtet ist, für den, der sie denkt, zu einem rätsel- haften Privileg, insofern er nicht ableiten kann, welchen strukturellen Konflikten und Interessen er sie verdankt." C. Offe, Technik und Eindimensionalität. Eine Version der Technokratiethese, in: J. Habermas Hrsg., Antworten auf Herbert Marcuse, Ffm 1969, S. 87 "Hork/TWA haben sich "einer hemmungslosen Vernunft- kritik überlassen, statt die Gründe zu erwägen, die an dieser Skepsis selbst zweifeln lassen." J. Habermas, Der philosophische ..., a.a.O., S. 156 Und:"Die 'Dialektik der Aufklärung' ist eine ironische Angelegenheit: sie weist der Selbstkritik der Vernunft den Weg zur Wahrheit und bestreitet zugleich die Mög- lichkeit, 'daß auf dieser Stufe vollendeter Ent- fremdung die Idee der Wahrheit noch zugänglich ist' (Horkheimer)." J. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns Bd. 1, Ffm 1981, S. 513 Demgegenüber strebt Habermas eine "kommunikations- theoretische Transformation der Dialektik der Auf- klärung" an; er versucht, "der geschichtsphiloso- phischen Diagnose einer Dialektik der Aufklärung eine kommunikationstheoretische Wendung zu geben." A. Honneth, Kritik der Macht. Reflexionsstufen einer kritischen Gesellschaftstheorie, Ffm S. 1985, S. 307ff

206 "Die Kategorie des Individuums hat der großen Industrie nicht standgehalten." M. Horkheimer, zit nach (Schande !!!) nach R. Jacoby, Soziale Amnesie. Eine Kritik der konformistischen Psychologie von Adler bis Laing, Ffm 1978, S. 119

207 Hork, Aufgabe der Vernunft: "Aufgabe der Vernunft ist es, dem Sprache zu verleihen, das keine Sprache hat und das ausgesprochen werden muß. Man weiß heute alles ..., aber es wird nicht ausgesprochen und damit geht das Wissen selbst verloren. Alles unter dem Blickpunkt dessen ansehen, was in jeder Minute an Ungerechtigkeit und Leiden zugefügt wird. Ein aus solchen Motiven ver- faßtes Manifest kann verfolgt, verlacht, beiseite ge- schoben werden - aber es kann nicht mehr aus der Welt gebracht werden. Und manche von denen, für die es be- stimmt ist, werden es lesen und verstehen." Hork, Ge- sammelte Schriften, Bd. 14, a.a.O., S. 226

208.../.. hier mal notwendig, wenn m.E. auch vollkommen blödsinnig!

209 Nun gut, Leben oder Tod, was soll's. "Vielleicht hast du recht, sagte Moinous, aber die Fähigkeit des Menschen, zu leben, ist gewiß selbst eine Form von Verrücktheit ..." R. Federman, Die Nacht zum 21. Jahr- hundert oder Aus dem Leben eines alten Mannes, Nörd- lingen 1988 "So wenig wir in dem Augenblick unserer Geburt schon da sind, fortwährend vielmehr irgend etwas von uns geboren wird, so wenig sterben wir erst in unserem letzten Augenblick." G. Simmel, Das Individuum und die Frei- heit, Berlin 1984, S. 31 Der Freitod "ist absurd, nicht aber närrisch, da doch seine Absurdität die des Lebens nicht mehrt, sondern verringert." J. Amery, Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod, Stuttgart 1983, S. 151 Erstaunlich immerhin, daß der Amery in Krimis der "Frauenliteratur" Eingang sich verschaffte: "Bella Block hatte den ganzen Tag auf dem Liegestuhl zuge- bracht, zeitweise damit beschäftigt, eines der beiden Bücher, die sie aus der Bibliothek mitgenommen hatte, einen ziemlich umfangreichen (ich glaube, die Gercke hat das Buch nie in der Hand gehabt, denn umfangreich ist der Band nun wirklich nicht, Anm. bk) 'Diskurs über den Freitod' zu lesen ... Sie glaubte, eine merkwürdige Koketterie hinter all den klugen Überlegungen zu spüren, die doch nur darauf hinausliefen, daß man nicht leben muß, nur weil man lebt. Es schien ihr, als habe der Autor beim Schreiben ständig in den Spiegel gesehen, um dort ein edles, bleiches Antlitz, auf dem der Ausdruck letzter Entschlossenheit lag, zu bewundern ... Sie wußte, es war genußvoll in den Feuilletons darüber be- richtet worden. daß der Autor seine Überlegungen schließlich in die Tat umgesetzt hatte. ABER NICHT EIN- MAL DAS NÖTIGTE IHR HOCHACHTUNG AB. IN MANCHEN DINGEN WAR SIE ALTMODISCH, UND IN DIESEM FALL SCHIEN ES IHR, ALS SEI DIE WÜRDE DES TODES DADURCH MISSACHTET WORDEN, DASS DIESER MANN SEINE UNFÄHIGKEIT ZU LEBEN KOKETT IN EINEM BUCH DEMONSTRIERTE, UM DANN SCHLIESSLICH SEINEM ATEMLOS LAUSCHENDEN PUBLIKUM, SENSATIONSLÜSTERNEN PUBLIKUM DEN GEFALLEN ZU TUN, SICH UMZUBRINGEN." Doris Gercke, Weinschröter, du mußt hängen, Hamburg 1988, S. 34f Sowieso egal, ob tot oder lebendig, wenn nichts bleibt: "Es gibt Menschen, die das Leben durchmessen, ohne Spuren zu hinterlassen." J.-E. Hallier, Der zuerst schläft, weckt den anderen. Roman Suhrkamp The Doors aus "Take it easy": Time to life, time to lie. Time to love, time to die - take it easy baby.

210 Hork/TWA, DdA, S. 42

211 Aufhängen an diesem Satz sollte sich wirklich niemand! Wenn wir dem Sloterdijk denn mal folgen wollen, gibt es auch eine "Vorzukunft". Vgl. P. Sloterdijk, Vorwort. Die Einladung, in: ders. Hrsg., Vor der Jahrtausend- wende: Berichte zur Lage der Zukunft, Ffm 1990, S. 8, (es NF 550). Der Vergleich mit dem Band 1000 der es (Hrsg. J. Habermas - wer sonst?) drängt sich auf. Einige Autoren schreiben dort und hier - was nichts zu besagen hat. Sloterdijk selbst scheint inzwischen (vlg. Interview Süddeutsche Zeitung 7./8. März 1992) dem Opium des Volkes verfallen zu sein*: Frage: Lassen Sie mich ... auf Ihre Ashram-Erfahrung zu sprechen kommen: War das eine Initiation? War das Ihr erster Durchbruch ins Gnostische? Sloterdijk: Es war eine Weichenstellung in Richtung Religionsphilosophie. Ich wußte von jenem Zeitpunkt an: Unsere ganze Geschichtsauffassung in Richtung Säkulari- sierung, Verweltlichung, Ernüchterung ist von Grund auf falsch. Ich wußte: Unsere ganze Theorie der Moderne, inklusive ihres Seelenbildes ist eine einzige große Karikatur. Ich wußte, daß unsere Revolutions- und Menschenveränderungstheorien nichts als lächerliche, flache, folkloristische Konzeptionen waren. Gnosis: [Gottes]erkenntnis; in der Schau Gottes er- fahrene Welt des Übersinnlichen (hellenistische, jüd. u. bes. christl. Versuche der Spätantike, die im Glauben verborgenen Geheimnisse durch phil. Spekulation zu erkennen u. so zur Erlösung vorzudringen); DUDEN *Nur bekommt sojemand eine Professur für Philosophie und Ästhetik, zudem noch in Karlsruhe?

212 Th. W. Adorno, Gesammelte Schriften, Bd. 4, Minima Moralia, Ffm 1980, S. 129 Gestanden sei, was wahrscheinlich meine Unwissenheit denn doch bestätigt, daß mir dieses Gleichnis vom TWA wahrlich gut gefällt. Was soll's!

213 ebenda, S. 63

214 Th. W. Adorno, Aufsätze zur Gesellschaftstheorie und Methodologie, Ffm 1973, S. 51

215 Dem der H. Scheible allerdings schwarz auf weiß das folgende vorwirft: "Die schon in den fünfziger Jahren einsetzende Stagnation der Theorie fällt zunächst kaum auf, da Adorno jahrelang auf die reiche Produktion während des Exils zurückgreifen kann ..." rororo Bildmonographien, Reinbeck 1989

216 Vgl. E. Goffman, Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, Ffm 1973. Goffman analysiert totale Instituionen an Institutionen innerhalb einer Gesellschaft. Unser Vergleich scheint also nicht wenig zu hinken. Scheint! Zugegeben ist, daß die umstandslose Übenahme des Goff- manschen Begriffs auf gesamtgesellschaftliche Ver- hältnisse sich verbietet - doch paßt er hier halt so schön. Vgl. zur Kritik jetzt U. Rödel u.a., Die dem. Frage, a.a.O.

217 E. Goffman, Asyle, a.a.O., S. 18

218 E. Goffman, Asyle, a.a.O., S. 23

219 A. Honneth, Kritik der Macht a.a.O., S. 68

220 Vgl. ebenda, S. 169ff, Das Unterleben einer öffent- lichen Institution: Eine Untersuchung über die Möglichkeit, in einer Heilanstalt zu überleben.

221 ebenda, S. 29o

222 Vgl. U. Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Ffm 1986 Faktum ist, wenn wir auf den Beck uns schon berufen, ein klein wenig übertrieben. "Wir leben noch nicht in einer Risikogesellschaft ...", ebenda, S. 27

223 "Vor der kollektiven Selbstgefährdung der menschlichen Naturbasis sozialen Handelns gibt es in den hochent- wickelten Industriesystemen keine Fluchtmöglichkeit mehr." U. Beck, Gegengifte. Die organisierte Unver- antwortlichkeit, Ffm 1988, S. 84 Von ganz anderer Seite, ohne auf die theoretischen Implikationen einzugehen: "Unter den Bedingungen der gegenwärtigen ökologischen Krise der wissenschaftlich- technischen Zivilisation ... muß die Realisierung einer sozial gerechten Gesellschaftsordnung, die den Be- dingungen der idealen Kommunikationsgemeinschaft[*] entspricht, im internationalen Maßstab vermittelt werden mit der systemtheoretischen Vorbedingung, daß die Rettung der menschlichen Ökosphäre zu bewerk- stelligen ist. Denn zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte ist die Existenzerhaltung ein Problem, das die menschliche Gattung insgesamt angeht und von ihr insgesamt gelöst werden muß. Nun kann aber die politische Lösung dieser Aufgabe Nr. 1 unserer Zeit noch nicht Gegenstand einer idealen Beratung und Konsensbildung sein, da die dafür vorausgesetzte ideale Kommunikationsgemeinschaft ja allererst zu realisieren ist. Damit ist m.E. die charakteristische Pointe und das Kreuz einer politischen Ehtik in der gegenwärtigen Situation der menschlichen Gattung ge- kennzeichnet: Die Forderung der solidarischen Verant- wortung der Menschen muß erfüllt werden, obwohl die Be- dingungen der Möglichkeit ihrer Erfüllung noch gar nicht hergestellt ist." K.O. Apel, Diskurs und Verant- wortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventio- nellen Moral, Ffm 1988, S. 39 [*] Die "ideale Kommunikationsgemeinschaft" kann man sich denken auch als "herrschaftsfreien Diskurs" (Habermas), ohne die grundsätzlichen Differenzen in der Begründung der Möglichkeit aus der Sicht beider Autoren (die übrigens enge "Spezis" sind) plattwalzen zu wollen.

224 Vgl. H. Marcuse, Triebstruktur und Gesellschaft, Ffm 1977, S. 149. Dieser schöne Terminus stammt übrigens nicht vom Marcuse, sondern ... Die blöde Treppe, die hinuntergehen ich müßte, um nachzuschauen, die kennt der Leser schon! "So bleibt für Herbert Marcuse nur die 'große Weigerung', denn jede Opposition im verwalteten Ganzen wird mangels einer über dieses hinausweisenden Theorie zur Mitarbeit. Er tritt nicht zum Kampf mit der bürokratisierten Welt an, sondern ist Künder des Verhängnisses. Er prophezeit ihr 'kein gutes Ende'." H. Jacoby, Die Bürokratisierung der Welt, Neuwied 1969, S. 275 Das stimmt so nicht ganz, doch bleibt's so mal stehen.

225 L. Löwenthal, Das kleine und das große Ich. Einspruch gegen die Postmoderne. Rede zur Verleihung des Theodor W. Adorno-Preises 1989, in FR, 2.1o.1989

226 E. Bloch, Experimentum Mundi, Gesamtausgabe Ffm, S. 121 und ders.: "Die Autoren der 'Frankfurter Schule' sind weder Marxisten noch Revolutionäre. Sie sind die Be- gründer einer sehr pessimistischen Gesellschafts- theorie." E. Bloch, Tagträume ..., a.a.O., S. 114

227 Von deren Verfilmung Hork/TWA übrigens recht ordentlich leben konnten! Vgl. E. Henscheid, Die Vollidioten, a.a.O., S. 183

228 Hork/TWA, DdA, a.a.O., S. X

229 zit. nach M. Greffrath, Die Zeit 29.9.1989

230 H.-M. Lohmann, Geisterfahrer. Blanqui, Marx, Adorno & Co. 22 Portaits der europäischen Linken, Hamburg 1989, S. 128 Buchtitel wie "Erziehung zur Mündigkeit" u.a. zeugen hiervon. Und in einem Raubdruck: "Es wäre eine "schlechte und idealistische Abstraktheit ..., wenn man, um der Struktur des Ganzen willen, die Möglich- keit von Verbesserungen im Rahmen bestehender Ver- hältnisse bagatellisieren oder gar ... negativ akzentuieren würde. Es lägen darin nämlich ein Begriff von Totalität, der sich über die Interessen der jetzt und hier lebenden Menschen hinwegsetzt, und es gehört dazu eine Art von abstraktem Vertrauen auf den Gang der Weltgeschichte, das ... in dieser Gestalt schlechterdings nicht aufzubringen (ist). Ich möchte sagen, daß gerade je mehr die gegenwärtige gesell- schaftliche Struktur ... so sehr den Charakter des Verbauten, so sehr den Charakter einer ungeheuerlich zusammengeballten zweiten Natur hat, daß solange das Fall ist, unter Umständen die armseligsten Eingriffe in die bestehende Realität eine viel größere, ... symbolische Bedeutung haben, als ihnen zukommt." Th. W. Adorno, Vorlesungen zur Einleitung in die Soziologie, Raubdruck Ffm (betrifft Vorlesung Sommer- semester 1968) "... begreift man die Dialektik der Aufklärung als 'Archäologie der Moderne' (Benjamin), so erweist sich das Unternehmen Horkheimers und Adornos eher als Er- weiterung denn als Verengung des Venunftsbegriffs." A. Söllner, Angst und Politik. Zur Aktualität Adornos im Spannungsfeld von Politikwissenschaft und Sozial- psychologie, in: L.v. Friedeburg/J. Habermas Hrsg., Adorno-Konferenz 1983, Ff, 1983, S. 341

231 H.-M. Lohmann, a.a.O. J. Habermas: "... für ein Entrinnen aus dem zur sach- lichen Gewalt geronnenen Mythos der Zweckrationalität läßt ja die Dialektik der Aufklärung kaum noch eine Aussicht." J. Habermas, Der philosophische Diskurs ... a.a.O., S. 138 Trotzdem: "Auch die DdA übt keinen Verrat an den Impulsen der Aufklärung." J. Habermas, in J. Früchtl/ M. Calloni Hrsg., Geist ..., a.a.O., S. 53 In der DdA stellt die "subjektive Vernunft" als "selbsterhaltende Vernunft nur mehr noch die Schwund- stufe der Idee objektiver Vernunft dar." A. Thyen, a.a.O. S. 63 "Hork/TWA betonen, zutreffend, meine ich, daß die Kräfte, die von der Aufklärung freigesetzt wurden, sich gegen die Aufklärung selbst richten. Im Laufe des Triumphzuges aufklärerischer Ideen während der letzten Jahrhunderte hat die von Horkheimer und Adorno so ge- nannte 'zersetzende Rationalität' der Aufklärung die Ideen von 'Rationalität' und 'menschlicher Natur' unterlaufen, die das achtzehnte Jahrhundert für selbst- verständlich hielt. Sie zogen daraus den Schluß, daß der Liberalismus jetzt intellektuell bankrott sei und seine philosophischen Grundlagen verloren habe, ebenso wie die liberale Gesellschaft moralisch bankrott sei und ihren sozialen Zusammenhang verloren habe. Diese Folgerung war falsch. Horkheimer und Adorno meinten, daß die Begriffe, mit denen eine historische Entwick- lung in Gang gesetzt und beschrieben wurde, auch die richtigen Begriffe zur Beschreibung dieses Unternehmens bleiben, und sie zogen daraus den Schluß, daß die Auf- lösung dieser Begrifflichkeit zugleich den Ergebnissen der Entwicklung das Recht oder die Möglichkeit - oder beides - zur weiteren Existenz nimmt. Das ist aber fast nie der Fall. Im Gegenteil, die Begriffe, die von den Begründern einer neuen Form kulturellen Lebens benutzt wurden, werden weitgehend aus dem Vokabular der Kultur ausgeliehen sein, die man abzulösen hofft. Erst wenn die neue Form alt und ihrerseits zum Ziel von Angriffen der Avantgarde geworden ist, wird die Begrifflichkeit jener vordem neuen Kultur Form annehmen. Die Termi- nologie, in der eine reife Kultur auf unfaire Weise andere an sich selbst mißt, in der sie ihre Ver- teidigung formuliert, wird kaum aus den Begriffen be- stehen, die ihre Geburt einleiteten." R. Rorty, Kontingenz, Ironie und Solidarität, Ffm 1989, S. 102f

232 H. Brunkhorst, Theodor W. Adorno. Dialektik der Moderne, München 1990, S. 158f

233 J.P. Sartre, Sartre über Sartre, a.a.O., S. 145

234 Vgl. Fußnote Süskind irgendwo oben

235 J.P. Sartre, Sartre über ..., a.a.O., S. 134

236 A. Camus, Der Mythos von Sisyphos - Der ewige Rebell, Reinbeck, S. 99

237 ebenda, S. 101

238 Saki, Reginald und die Blutfehde von Toad-Water, Zürich 1987, S. 38

239 Zu Vertrauen und Urvertrauen vgl. E.H. Erikson, Kind- heit und Gesellschaft, Stuttgart 1976 und Identität und Lebenszyklus, Ffm 1974 "Wie die Astronomen entdeckt haben, daß das ganze Universum voll ist von den Nachgeräuschen des Urknall, so tragen die Menschen ein Hintergrundgefühl in bezug auf ihr Leben mit sich, das aus der Frühzeit in der Familie stammt. Ich habe ein Hintergrundgefühl von großer Sicherheit, daß letzten Endes alles gutgehen wird, und das schreibe ich der enormen emotionalen Ge- borgenheit zu, die ich als Einzelkind in der Zuneigung meiner Eltern erlebte." N. Elias, Norbert Elias über sich selbst, Ffm 1990, S, 22 "Manchmal will es scheinen, als wäre die unselige Keimzelle der Gesellschaft, die Familie, zugleich auch die hegende Keimzelle des kompromißlosen Willens zur anderen." TWA, Minima Moralia, a.a.O., S. 17 Was soll's, Elias hat sich des "kompromißlosen Willens" de facto enthalten, auch wenn seine Schriften implizit von eben diesem denn doch zeugen.

240 L. Löwenthal, Mitmachen wollte ich nie. Ein autobiographisches Gespräch mit Helmut Dubiel, Ffm 198o, S. 78f (kursiv & unterstrichen von BK)

241 Vgl. dazu J. Barnes, Metroland, Zürich 1989, S. 99

242 Daß mit solchen Floskeln den Leser tunlichst man nicht belästigen sollte, das hat schon der M. R.-R. irgendwo mal recht hübsch von sich gegeben - und er hat wahr- scheinlich recht! Belassen wir ihn in seinem Recht.

243 Dieser Satz läßt zwei Interpretationsmöglichkeiten zu: 1. Die mir schmeichelhafte und deshalb meinerseits be- vorzugte: Die ganzen Bücher zur Kritischen Theorie stehen einen Stock tiefer und ich bin jetzt wirklich und absolut zu faul, die Treppe runter zu rennen, um mich schlau zu machen. 2. Die ärgerliche und einigermaßen peinliche: Die Kritische Theorie kommt mit unserem (meinem) Denken nicht mehr so ganz zurecht oder umgekehrt. Die 2. Alternative ist zugebenermaßen die wahrschein- lichere - was auf die Kritische Theorie das ihr ent- sprechende Licht denn auch wirklich wirft.

244 M. Horkheimer, Philosophie und kritische Theorie, in: ders. Hrsg., Zeitschrift für Sozialforschung, 6. Jahr- gang 1937, München 1980 (reprint dtv), S. 626

245 Ch. Taylor, Negative Freiheit? Zur Kritik des neuzeitlichen Individualismus, Ffm 1988, S. 237f Vgl. auch J. Habermas, Legitimationsprobleme im Spät- kaptialismus, Ffm 1973, auf den Taylor ausrücklich in einer Fußnote hinweist, und mit dem wir uns wohl auch noch zu beschäftigen haben werden müssen. Daß diese Legitimationskrise nicht nur eine des Spät- kapitalismus ist, sondern sich auch in den sogenannten sozialistischen ("spätsozialistischen"? BK) Gesell- schaften, wenn auch in differenzierter Form, nachweisen läßt, sollte eigentlich keiner Anmerkung wert sein. Doch vgl. den Taylor, a.a.O. S. 293f Das zeigt sich bspw. an der Entwicklung in Osteuropa, was "uns" allerdings mit Genugtuung und Stolz für den von "uns" eingeschlagenen "besseren Weg" nicht erfüllen sollte, denn die Frage nach der Legitimität unserer Ge- sellschaftordnung ist m.E. noch lange nicht beant- wortet. Trotzdem: Der dogmatische Marxismus scheint tot. "Der geschiedene für Hoch- und Fachhochschulwesen ... hat in einem abschließenden Rundschreiben für viele wirklich überraschend erklärt, daß der Marxismus- Leninismus nur zur Verherrlichung veralteter politischer Machtstrukturen gedient habe. Es sei wenig sinnvoll, damit fortzufahren ..." Und was machen jetzt die DDR-Philosophen und -Soziologen? "Eine ... kleinere Gruppe hat in den achtziger Jahren mitbekommen, daß es mehr und oft auch anregendere Modelle der gesellschaftlichen Entwicklung gibt, als sie in ihrem Studium vermittelt bekamen. Sie be- schäftigen sich intensiv mit dem, was in Westeuropa, vor allem in der BRD, auf philosophischem und sozial- wissenschaftlichem Gebiet passierte: Was denken Haber- mas, Luhmann, was ist das Problem der Postmodernen und Poststrukturalisten ..." Der Philosoph W. Engler (DDR) in einem Gespräch über die Lage der Geisteswissen- schaften in der DDR, FR vom 15.1.1990 Allerdings C. Lay in einem Bericht zum 5. Soziologen- tag der DDR, FR vom 15.2.1990: "Wie schwer sich eine Wissenschaft tut, die zum ersten Mal auf sich selbst gestellt ist, wurde in den zahlreichen Arbeitsgruppen deutlich. Viel Orthodoxes war dort zu hören, etwas spitzfindige Unterscheidungen zwischen Marx und dem Marxismus ... Mit theoretischen Erklärungsversuchen taten sich die Erforscher von Neuem Forum und kirch- lichen Initiativen schwer: Eher beiläufig fiel einmal das Stichwort 'civil society', das doch ein zentrales Paradigma hätte bilden können ... Es war schon viel, wenn ... die Vermutung ausgesprochen wurde, in den ver- gangenen Monaten habe sich in der DDR eine Revolution des 'kommunikativen Handelns' abgespielt. Mit der Nennung solcher Reizworte, die freilich eher geheimnis- voll-dunklen Metaphern glichen, war denn auch schon die Aufnahmefähigkeit theoretischer Neuansätze er- schöpft." Um gemein zu sein: Erich Hahn (ein DDR-Soziologe mit ziemlich steiler Karriere - Professor für dialekti- schen und historischen Materialismus, Direktor des Instituts für Marxistisch-Leninistische Philosophie an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Mitglied des ZK der SED, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rates für Marxistisch-Leninistische Philosophie der DDR, Mitglied der AdW der DDR, Mit- glied der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR, Nationalpreisträger) schrieb 1968: "Bekannt- lich feierte die internationale kommunistische Bewegung 1967 den fünfzigsten Jahrestag der Großen Sozialisti- schen Oktoberrevolution. Seit zwei Generationen also existiert und entwickelt sich praktisch, empirisch eine Gesellschaft, die in wesentlichen Zügen als Voll- zug theoretischer Prognosen und Antizipationen des historischen Materialismus entstanden ist und tagtäg- lich die empirische und vor allem praktische Effektivi- tät der marxistischen Gesellschaftsanalyse. Und von diesem empirischen Fakt erwartet man eine Korrektur der Theorie, ohne die der Sozialismus als Gesellschaft sich nicht hätte. Schlechthin ignoriert also (denn eine wissenschaftliche Analyse und Auseinandersetzung seitens der bürgerlichen Soziologie mit den sozialen Existenzformen und gesellschaftlichen Prozessen, die sich in den sozialistischen Ländern herausgebildet haben, steht aus), wird der Umstand, daß die Leit- sätze des historischen Materialismus längst empirisch realisiert wurden, was man von keiner in Vergangenheit oder Gegenwart erdachten bürgerlichen soziologischen Theorie sagen kann." E. Hahn, Historischer Materialis- mus und marxistische Soziologie, Berlin (DDR) 1968, S. 260 Diese Sätze vom Hahn nicht kabarettistisch gedeutet, bedeuten halt auch nur, daß heute (1989/1990) die DDR (unter anderem) mit Legitimationsproblemen sich rumzu- schlagen hat, die in dieser Schärfe dem westlichen Kapitalismus bislang noch erspart geblieben sind ... aber noch kommen werden! Bleibt vielleicht dem "Westen" letztlich denn doch die historische Aufgabe, die "Leit- sätze des historichen Materialismus" (s.o.) empirisch zu realisieren? Oder ist die Idee einer gerechten Ge- sellschaft, die die Selbstverwirklichung des Menschen realisiert, gar nicht mehr an eine marxistische Theorie gebunden? Augenblicklich ist die Frage wohl eindeutig beantwortet: Marx ist wahrscheinlich so tot, wie man/ frau es sich nur vorstellen kann. Doch hatte er des- halb unrecht? Wahrscheinlich schon, doch halt auch nicht so, wie die Enkel der "sozialen Marktwirtschaft" eines Ludwig Erhard uns glauben machen wollen. "Marx ist tot, es lebe Erhard!" Und überhaupt: "Der Realsozialismus konnte von Anfang die kapitalistische Gesellschaft der Moderne nicht aufheben. Er gehört selbst dem bürgerlichen waren- produzierenden System an und löst nicht diese historische Vergesellschaftungsform durch eine andere ab, sondern stellt lediglich eine andere Entwicklungsstufe innerhalb ein und derselben epochalen Formation dar. Was eine postbürgerliche Zu- kunftsgesellschaft versprach, entpuppte sich als vor- bürgerliches, steckengebliebenes Übergangsregime zur Moderne, als ein saurierhaftes Fossil aus der heroischen Vergangenheit des Kapitals." R. Kurz, Der Kollaps der Modernisierung. Vom Zusammenbruch des Kasernensozialismus zur Krise der Weltökonomie, Ffm 1991, S. 21 Und ders., S. 98: "Das Leben bestraft den, der zu spät kommt. Aber wenn die exrealsozialistischen Länder nun mit mehr Eifer als Überlegung wild entschlossen in den offenen Weltmarkt der Konkurrenzökonomie hinein- drängen und sich davon Rettung erhoffen, kommen sie leider zum zweitenmal zu spät, und 'das Leben' scheint noch weit fürchterlichere Strafen auf Lager zu haben als die bisher erlebten. In Wahrheit ist die moderne Arbeitsgesellschaft als Ganzes am Ende, damit sind es aber auch ihre Basiskategorien der Waren- und Geld- form. Die isolierte Betrachtung der Untergangskrise des Realsozialismus verkennt völlig die Krisenlogik des Konkurrenzprinzips selbst, die sich als negative Emanzipation in weitergehenden Krisenschüben der Welt- Warenproduktion entladen wird." Verstanden? Nur so, wie im folgenden zitiert (sofern das überhaupt jemand versteht), sollte/dürfte/darf man es halt auch nicht sehen bzw. schreiben: "immer wieder sieht der einzelne in unseren tagen den verschiedensten schat- tierungen der problematik des verinnerlichten kapita- lismus konfrontiert und, korrespondent dazu, der un- fähigkeit eine 'autark', sich unabhängig der welt- kapitalistisch sich behauptende, funktionierende wirt- schaft von individuell gesellschafts-bewußt handelnden menschen zu installieren. während die kapitalistische produktionsweise der westlichen hemisphäre zunehmend an bedeutung in der östlichen welt findet, aufgrund des freiraums enormer lebensqualität der konsumenten, und diese freibeuter der sieben meere sich kräftiger denn je die hände schütteln könne, da die sozialistische übergangsgesellschaften, - bis ins herz des letzten Individuums mit der staatskapitalistischen produktions- weise durchtränkt, sich der forderung, die krise welt- wirtschaftlicher produktion basis-denokratisch zu lösen, stellen müssen, treten die kalten krieger jeder coleur auf den plan, dem 'verzerrten' kommunistischen weltbild die letzte geschichtliche grundlage in dieser epoche zu entziehen." Entnommen einem Flugblatt, ge- stohlen Berlin/Kreuzberg 16.12.1989. Titel: Unterholz (notizen des elends aus einer dekandenten Zeit) KANN DIE NEOKONSERVATIVE OFFENSIVE DEMOKRATISCH REGULIERT WERDEN ODER DIE SOZIALE REVOLUTION ALS RESTRIKTION DES BILDUNGSBÜRGERTUMS, V.i.S.d.P.: M."mimibop".Herzberg, Kastanienallee 10/11, 1000 Berlin 19. Erstaunlich für mich immerhin, daß ein Leser dieser Flugblattes die Zeile "bis ins herz ..." unterstrich, mit einem Frage- zeichen versah und "DU ARSCH" kommentierte. Erstaun- lich deswegen, weil er den Text anscheinend verstanden hat. Egal, der Jargon macht die Musik. Eine schöne Formulierung hat der Verfasser des Flug- blattes noch untergebracht, die ich niemandem (d.h. in unserem speziellen Falle: allen) vorenthalten möchte: "... der kommunistisch werdende mensch ..." ??????????? Nochmal der Taylor: "Das unkontrollierte Streben nach Wachstum, Konzentration, Mobilität, die Überbewertung instrumenteller Vernunft, gegenüber Geschichte und Ge- meinschaft: dies sind auch Charakteristika (im Vergleich zum Kapitalismus, Anm. bk) der meisten bisher erprobten Modelle des Sozialismus. Die politische Theorie muß sich mit dieser Krise noch immer ernsthaft auseinandersetzen." Ch. Taylor, Negative ..., a.a.O., S. 293f

246 Auf das orthodox kommt's an! Wir könnten auch sagen "mechanistisches Mißverständnis" der Marxschen Theorie, wenn's denn eines gibt - was ich denn doch glaube. Vgl. A. Wellmer, Kritische Gesellschaftstheorie und Positivismus, Ffm 1977, S. 77 Anders gewendet vom Wiggershaus: "Wenn Habermas ökonomische Fragen[*] weitgehend unbeachtet läßt und sich auf die Ebene von Verständigungsverhältnissen konzentriert: Ist das ein mehr politisch motivierter Verzweiflungsschritt, oder ist das vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Strukturver- änderungen nicht auch sachlich berechtigt, also eine inhaltlich durchaus ausgewiesene Korrektur orhotodox marxistischer Positionen? M.E. eine nach wie vor offene Frage." Diskussion mit R. Wiggershaus, in: Sozialismus 6/1987, S. 32 [*] "Praktisch: Es wäre doch vermessen, von Habermas .. zu verlangen, er solle neben seinen bisherigen Arbeiten sich auch noch als origineller Ökonom profilieren - da- zu sind m.E. wirklich andere Leute notwendig." ebenda, S. 33 Nur: "Habermas meint ... keineswegs, daß allen Instituionen des entwickelten Spätkapitalismus der Prozeß einer symbolischen Reproduktion zugemutet werden muß. Wichtige Bereiche der gesellschaftlichen Re- produktion, die Wirtschaft und die politische Ver- waltung, werden aus der Zumutung demokratischer Ver- ständigung entlassen." U. Rödel u.a., a.a.O., S. 155 Vgl. dazu den Habermas in einem Interview: "Alle modernen Wirtschaftssysteme sind so komplex, daß eine totale Umstellung auf partizipatorische Entscheidungs- verfahren, d.h. eine demokratische Umstrukturierung auf allen Ebenen, empfindliche Imperative der Organisat- ionsrealität verletzen müßte. Wenn man das gegenwärtige Organisationsniveau beibehalten will, kann die Idee des Sozialismus vermutlich nicht mehr (und braucht auch nicht mehr) auf dem Wege der Emanzipation von ent- fremdeter Arbeit eingelöst werden." J. Habermas, Kleine Politische Schriften I-IV, Ffm 1981, S. 479 Trotzdem: "Heute lege ich (der Habermas, BK) Wert da- rauf, als Marxist zu gelten." ebenda, S. 516 Das sollte er sich aber reiflich überlegen, der Habermas, denn laut Bourdieu ist "bei Lage der Dinge heute ... Marx vor allem ein Erkenntnis-Hindernis." P. Bourdieu, Die Intellek- tuellen und die Macht, Hamburg 1991, S. 25

247 U. Beck, Gegengifte ..., a.a.O., S. 292 Industriegesellschaft? "Es gibt Alternativen in der Industriegesellschaft, aber keine zu ihr." J. Huber, Die verlorene Unschuld der Ökologie, Ffm 1982, S. 10 und ebenda: "Der erreichte Entwicklungsstand läßt keine sinnvolle Alternaive zur Industriegesellschaft erkennen, jedenfalls noch keine, aber es bestehen für die Zukunft sehr wohl alternative Entwicklungspfade in der Industriegesellschaft." S. 110 Halb richtig und trotzdem falsch - denke ich, ohne groß darüber nachgedacht zu haben. TWA konnte noch denken: "... möchte ich ... vorschlagen, daß die gegenwärtige Gesellschaft durchaus Industriegesellschaft ist nach dem Stand der Produktivkräfte ... Demgegenüber ist die Gesellschaft Kapitalismus in ihren Produktionsverhält- nissen." TWA, Spätkapitalismus oder Industriegesell- schaft? in: ders., Aufsätze zur Gesellschaftstheorie und Methodologie, Ffm 1973, S. 156f Lassen wir den Quatsch mit der Industriegesellschaft, dem Kapitalismus und dem Spätkapitalismus (vgl. ein paar Anmerkungen weiter unten auch noch)! Wir leben in einer nachindustriell-postmodernen Risiko-Gesellschaft. Kapiert! Nur: Habermas konnte noch ein Buch über die "Legitimationsprobleme des Spätkapitalismus" schreiben. "Die Legitimationsprobleme der nachindustriell-post- modernen Risikogesellschaft" würden dahingegen den Titel eine Buches doch schon versauen - eines vom Haber- mas sowieso. Oder? Und sowieso: "Retten könnte uns nur der Ausstieg aus der Industriegesellschaft." H. Gruhl, in: Der Spiegel 13/1992 (Spiegel-Essay)

248 R. Rorty, Kontingenz ..., a.a.O. S. 85 "Wir brauchen eine Neubeschreibung des Liberalismus derart, daß die Hoffnung, Kultur im ganzen könne 'poetisiert' werden, den Platz der aufklärerischen Hoffnung einnimmt, Kultur könne 'vernünftig' gemacht oder 'verwissenschaftlicht' werden." ebenda, S. 98

249 R. Rorty, Der Spiegel der Natur. Eine Kritik der Philosophie, Ffm 1981, S. 427

250 J. Habermas, Legitimationsprobleme ..., a.a.O., S. 132

251 Vgl. M. Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 7, a.a.O, S. 435ff

252 H. Gripp, Jürgen Habermas. Und es gibt sie doch - Zur kommunikationstheoretischen Begründung von Vernunft bei Jürgen Habermas, Paderborn 1984, S. 147

253 Th. Mc.Carthy, Kritik der Verständigungsverhältnisse. Zur Theorie von Jürgen Habermas, Ffm 1980, S. 438 Nur soviel: Der Bloch scheint mit dem Habermas aller- dings nicht allzuviel am Hut gehabt zu haben: "So ist der Habermas, die Habermassche Terminologie kein Zufall und zugleich ein Mittel, sich unschädlich zu machen. Denn das versteht sowieso kein Arsch." E. Bloch zit. nach P. Zudeick, Im eigenen Saft, in: E. Bloch Archiv Hrsg., Bloch Almanach 1/1981, S. 86, Anmerkung 46 Vielleicht liegt's daran, daß ...: "Ich glaube nicht, daß Adorno von Buch von mir gelesen hat." J. Habermas, in: Früchtl/Calloni Hrsg., Geist ..., a.a.O., S. 50

254 "Habermas will den Umstand nicht anerkennen, daß der durch die menschliche Vernunft induzierte Fortschritt sich in vielen Dimensionen zu den vitalen Impulsen der Menschennatur, den Imperativen des Trieb- und Wunsch- lebens unhintergehbar antagonistisch verhält. Natur, Trieb und Wunsch sind weitreichend asozial und mythotrop (? BK). Die Befriedung der Gesellschaft wird - mit Norbert Elias gesprochen - allemal erkauft, indem die äußeren Kriegs- und Elendsschauplätze nach innen verlegt werden - anders gesagt: indem an die Stelle äußerer Verelendung immer stärker innere Verödungen treten. Die Sozialisierung und Entmythisierung erzwingt eine Panzerung und Rationalisierung der Seelen, so daß affektives Wohlleben ebenso wie die Absättigung flottierender Sinnbedürfnisse zunehmend unmöglich werden. Das ist die Antwort auf die Frage, die vom Helden der TV-Groteske Der ganz normale Wahnsinn mit scheinhaft blöder Insistenz gestellt wird: 'Warum geht es uns allen so schlecht, wo es uns allen doch so gut geht.'" P. Strasser, Philosophie der Wirklichkeits- suche, Ffm 1989, S. 208

255 R. Rorty, Kontingenz ..., a.a.O., S. 142f Was will Rorty selbst? "Die Differenz zwischen Haber- mas' Versuch, eine Form von Rationalismus wiederherzu- stellen, und meiner Empfehlung zur Poetisierung* der Kultur spiegelt sich keineswegs in politischen Meinungsverschiedenheiten wider. Wir unterscheiden uns nicht in der Einschätzung des Wertes traditioneller demokratischer Institutionen, auch nicht in bezug auf Verbesserungen, die sie brauchen, auch nicht in Hin- sicht auf das, was man 'Herrschaftsfreiheit' nennen sollte. Wir haben nur verschiedene Vorstellungen von dem wünschenswerten Selbstbild einer demokratischen Ge- sellschaft, von der Rhetorik, in der sie ihre Hoff- nungen ausdrücken sollte ... meine Differenzen mit Habermas (sind), wie man so sagt, 'bloß philosophische' Differenzen." ebenda, S. 119f Was auch sonst? Sind die beiden (Habermas und Rorty) doch "Freunde", vgl. den Habermas in einem Interview in der nacholenden Revolution, a.a.O., S.? *dazu vielleicht später mal was.

256 Die unterstellte Linearität ist natürlich und selbst- verständlich ausgemachter Quatsch und Blödsinn. Egal! Horkheimer: "Ich glaube, daß die Menschheit, wenn keine Katastrophen dazwischenkommen, Kriege oder Epidemien oder sonstige Katastrophen, sich zu einer mehr oder minder radikal verwalteten Gesamtheit entwickelt." M. Horkheimer, Gesammelte Schriften Bd. 13, Ffm 1989, S. 229

257 Wobei die Vorsilbe "Spät" zumindest suggeriert, daß es für den Kapitalismus zu spät halt wirklich ist (Vgl. auch eine Anmerkung irgendwo weiter oben). Auf suggeriert kommt's an! Theorie-Strategisch sollte man eventuell sich überlegen, ob der Orthographie - um der Semantik zu ihrem Recht zu verhelfen - eine Korrektur nicht gut täte: SPÄTKAPITLISMUS, der zum SPÄTHKAPITALISMUS sich darwinisiert, verlöre den Schrecken latent mittransportierter Endzeitstimmung und zu spät[*] wäre es dann auch nicht mehr. Und vielleicht haben wir gerade heute die "historisch überhaupt nicht ausgeschlossene Möglichkeit, den Kapitalismus bis zu seiner Unkenntlichkeit zu zivilisieren." H. Dubiel, Linke Trauerarbeit, in: Merkur 6/1990, S. 491 "Wenn es jenseits des siegreichen Kapitalismus keine Alternative gibt, muß man sie eben, wie Hegel und Marx das auch getan haben, da suchen, wo sie sind: im Innern des siegreichen Kapitalismus." H. Brunkhorst, Der ent- zauberte Intellektuelle. Über die neue Beliebigkeit des Denkens, Hamburg 1990, S. 308 Oder wie schon der alte Marcuse andeutete: "Langfristig wird das System (das kapitalistische, Anm. bk) in der Tat zusammenbrechen, aber die Marxsche Theorie kann nicht vorhersagen, durch welche Gesellschaftsform ... es ersetzt wird." H. Marcuse, Konterrevolution ..., a.a.O. S. 38 Und Marx? "... die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Negation." K. Marx, Das Kapital, MEW 23, Berlin 1975, S. 791 That's it! Spätkapitalismus, zivilisierter Kapitalis- mus, der zum Softi sich degeneriert, ????? und ein Kapitalismus, der sich negiert - ein Kapitalismus also, der "naturgemäße Entwicklungsphasen weder überspringen noch wegdekretieren (kann)." K. Marx, Das Kapital, ... a.a.O. S. 15f Oder hat doch ein Marxist wie Mandel recht, der zwar zugibt, daß Marxisten derzeit "große politische und pädagogische Schwierigkeiten" haben, allerdings be- hauptet: "Aber langfristig arbeitet die Geschichte weiterhin für uns. In den dreißiger und Anfang der vierziger Jahre war die Konjunktur noch viel schlimmer. Wenn wir mit Hitler und dem Faschismus fertiggeworden sind, so werden wir auch mit den Nachwehen des Stalinismus fertig werden. Der emanzipatorische Kampf für eine bessere Gesell- schaft ist immerhin über zweitausend Jahre alt. Er wird weitergehen. Er hat zu vielen Erfolgen ge- führt. Er wird in der Zukunft zu noch mehr Erfolgen führen." E. Mandel, Kontroversen um das Kapital, Berlin 1991, S. 310 (Nachwort) Auszug Kuckuckseier: Systematisierung B - Fort- setzung "Die kapitlaistische Produktionsweise schafft durch den gewaltigen Aufschwung, den sie den Produktionskräften sichert, zum erstenmal in der Geschichte der Menscheit die ökonomische Voraussetzung für die Beseitigung jeder Klassengesellschaft ... Die Entwicklung der kapitalis- tischen Produktionsweise schafft nicht nur die ökonomischen Bedingungen für die Beseitigung der Klasssengesellschaft. Sie schafft gleichfalls die gesellschaftlichen Voraussetzungen. Sie bringt eine Klasse hervor, deren Hauptinteresse es wird, daß jede Form des Privateigentums an Produktionsmitteln abge- schafft wird, weil sie selbst keine besitzen." (E. Mandel, Marxistische Wirtschaftstheorie, Bd. 1, Ffm 1972, S. 208) Da haben wir es wieder: Der Kapitalis- mus ist die notwendige Voraussetzung - Vorstufe - einer freien Gesellschaft. Die Klasse, die der Mandel oben meint, ist natürlich das Proletariat, das gemein- hin als Retter der Menschheit ausgedeutet wird. "Aus der Krise des Kapitlaismus kann nur das Bewußtsein des Proletariats den Ausweg zeigen. Solange dieses Bewußt- sein nicht da ist, bleibt die Krise permanent, kehrt zu ihrem Ausgangspunkt zurück, wiederholt die Situation, bis endlich nach unendlichen Leiden, nach schrecklichen Umwegen der Anschauungsunterricht der Geschichte den Bewußtseinsprozeß im Proletariat vollendet und ihm damit die Führung der Geschichte in die Hände gibt." (G. Lukacz, Geschichte und Klassenbewußtsein, Darmstadt/ Neuwied 1986, S. 163) "... ist die endgültige Wirt- schaftskrise des Kapitlaismus eingetreten, so hängt das Schicksal der Revolution (und mit ihr der Menschheit) von der ideologischen Reife des Proletariats, von seinem Klassenbewußtsein ab." (ebenda, S. 154) Klassenbewußtsein! Gibt's das denn noch? Machen wir es kurz und bündig: "Für den Autor des Kapitals ... würden sich die verschiedenen Seiten mentaler Verkümmerung (gemeint sind: psychische, intellektuelle und sittliche Verelendung, Anm. bk) jener Klasse, auf die er seine große geschichtliche Hoffnung gesetzt hat, wahrschein- lich in einem einzigen Moment sesümieren: in dem Ver- lust des Klassenbewußtseins - jener Haltung, die G. Lukacs als die 'Ethik des Proletariats' bezeichnet hat. Das von Marx untersuchte Verhältnis der Ent- fremdung vollendet sich da, wo es nicht mehr nur die individuelle Selbstentfremdung des Einzelarbeiters ein- schließt, sondern vielmehr zur kollektiven Selbstent- fremdung einer ganzen 'Klasse' sich ausgewachsen hat, zum Verlust ihres eigenen gesellschaftlichen Standort- bewußtseins." (W. Hofmann, Verelendung, in: Folgen einer Theorie. Essays über das Kapital von Karl Marx, Ffm 1972, S. 59f) "Stand up", Jethro Tull. "Workin' class hero", Marianne Faithfull. [*] "Zu spät! Was ist zu spät und was ist zu früh? Eine wichtige philosophische Frage!" B. Chatwin, Traumpfade, The Songlines, München/Wien 1990, S. 115 Zu spät ist jedenfalls einen Roman wert, vgl. St. Dixon Zu spät, München 1987 (Im Original: Too late, New York 1978). Habe das Buch noch nicht gelesen (25. April 1990, 21:34), werde es aber sicherlich tun. Was soll's? "Das Wort 'Spätkaitalismus' ist als wären alle Zensoren des Kreml in den Westen übergelaufen, von einem Tag zum nächsten aus der Sprache verschwunden, während die Sache, die es meinte, im neuen semantischen Nebel nur um so nachdrücklicher die Wirklichkeit be- stimmt." H. Brunkhorst, Der entzauberte ..., a.a.O., S. 76

258 M. Frank, Der kommende Gott, Ffm 1982, S. 168

259 G. Gerlach, Katastrophe. Wunderbar. (Roman) Nördlingen 1988, S. 5

260 Dilemma von einem gewissen Fuller, zit. nach Mary Douglas, Wie Institutionen denken, Ffm 1991, S. 19f Die Argumentation der Richter, auf die es eigentlich der Mary Douglas ankommt, soll hier keine Rolle spielen!

261 O. Negt/A. Kluge, Öffentlichkeit und Erfahrung, Ffm 1977, S. 85

262 Vgl.E. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Gesamtausgabe Ffm, S. 4

263 J. Habermas, Vorwort zu: Stichworte zur "Geistigen Situation der Zeit", Ffm 1979, S. 29

264 ebenda, S. 27

265 J. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2 Ffm 1981, S. 593

266 Der sich da schreibt: "Der Mensch lebt noch überall in in der Vorgeschichte, ja alles und jedes steht noch vor Erschaffung der Welt, als einer rechten. Die wirkliche Genesis ist nicht am Anfang, sondern am Ende, und sie beginnt erst anzufangen, wenn Gesellschaft und Dasein radikal werden, das heißt sich an der Wurzel fassen. Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende Mensch. Hat er sich erfaßt und das Seine ohne Ent- äußerung und Entfremdung in realer Demokratie be- gründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat." E. Bloch, Das Prinzip ..., a.a.O., S. 1628 "I'm a poor lonesome cowboy and a long way from home ..." Lucky Luke

267 W. Benjamin, Gesammelte Schriften 2, a.a.O., S. 697

268 W. Benjamin: "Bücher und Dirnen - Fußnoten sind bei den einen, was bei den anderen Geldscheine im Strumpf." Ge- sammelte Schriften Bd. IV.1, Ffm 1980, S. 109. Dort ge- führt unter "Satiren, Polemiken, Glossen" "Zitate ... sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen." ebenda, S. 138

269 Dieses Wort kommt hier auch nur vor, weil im Fremd- wörter-Duden ich darüber gestolpert bin, als die Camorra ich nachschlagen wollte. Die Camorra war nicht drin, dafür halt ...

270 R. Federman, Die Nacht ..., a.a.O., S. 94

271 TWA, Gesammelte Schriften 20.1, Vermischte Schriften 1, Ffm 1986, S. 402 Wie schon in den Kuckuckseiern schamhaft eingestanden, hab' ich mir wegen dieser Antwort auf eine scheinbar triviale Frage, das ganze Buch gekauft. Die Antwort vom TWA zeugt von saumäßiger Schlauheit, die ihm sowieso niemand abgestritten hat. Sie läßt uns aber auch er- ahnen, mit welcher Sprachsensibilität der Welt man eigentlich denn doch begegnen sollte. Die Welt war zwei Wochen vor dem 5.5.1969 (da war das besagte Interview im Spiegel) ebensowenig in Ordnung, wie sie zwei Wochen vor dem September t, jjjj um 19:04 MEZ in Ordnung war! "... nach dem letzten Überfall haben sie deinetwegen die Welt auf den Kopf gestellt." "So steht sie schon, solange sie existiert." Dialog aus N. Machfus, Der Dieb und die Hunde

272 Inwieweit strategisches Handeln wahrhaftig sein kann überhaupt, sei dahingestellt! Vgl. dazu etwa den Haber- mas, der dem strategischen Handeln den Geltungsanspruch der "Wirksamkeit" zuschreibt, während "Wahrhaftigkeit" in den Bereich kommunikativen Handelns gehört. Vgl. J. Habermas (und nicht nur dort, doch liegt mir das Buch gerade vor), Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, Ffm 1984, S. 464 (Figur 20)

273 Vgl. ebenda, S. 462, "verdeckt strategisches Handeln", differenziert in: Täuschung unbewußt (System. verzerrte Kommunikation) und Täuschung bewußt (Manipulation)

274 Duden: denunzieren [lat.]: aus persönlichen, niedrigen Beweggründen anzeigen. denunziatorisch [lat.-nlat.]: verleumderisch; drohend.

275 A. Thyen, Negative Dialaktik ..., a.a.O., S. 280

276 TWA, Erziehung ..., a.a.O., S. 107

277 J. Habermas, Technik und Wissenschaft als "Ideologie", Ffm, 1976, S. 114

278 Vgl. dazu J. Habermas so ziemlich oft und überall

279 U. Beck, Gegengifte, a.a.O., S. 62

280 Interessant ist, daß Sloterdijk in seiner Kritik der zynischen Vernunft noch schrieb, daß es der Aufklärung "wesentlich um freie Zustimmung" geht, denn sie hat keine eigentliche Macht. "Sie ist diejenige 'Lehre', die ihre Durchsetzung nicht einem außervernünftigen Druck verdanken will. Einer ihrer Pole ist Vernunft; der andere das freie Gespräch der um Vernunft bemühten. Ihr methodischer Kern und ihr moralisches Ideal zugleich ist der freiwillige Konsensus." S. 47ff

281 Forget it! Inzwischen (21. September 1990, 22:05), wissen wir, daß die Felsbrocken liegen bleiben, uns nicht begleiten - sie uns einfach schlicht und noch- was "wurscht" sind.

282 Chr. Türcke, Selbstzufriedenheit der ..., a.a.O.

283 Vgl. K. Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechts- philosophie, in: I. Fetscher, Marx/Engels Studien- ausgabe, Bd. 1, S. 23 - wo es allerdings, was nicht unterschlagen werden sollte, heißt: "Ihr könnt die Philosophie nicht aufheben, ohne sie zu verwirklichen."

284 Vgl. R. Rorty, Kontingenz ..., a.a.O.

285 Um im Jargon restringiert strategisch und/oder zweck- rational sich elaboriert gebärdender Zeitgeist-Sprach- Performanz uns zu bewegen, der letztendlich die ver- mutet-bewiesene Sprach-"Competence" (N. Chomsky) halt doch - und das schlicht und einfach - abgeht.

286 Vgl. Anm. Nr. ? irgendwo weiter oben

287 Vgl. dazu: Philosophische Kuckuckseier

288 Eine Abbreviatur: R.I.S. = Rest im Schlappeseppl

289 Habermas & Stammtisch, vgl. Anm. irgendwo weiter oben

290 H. Kinder, Der Schleiftrog, a.a.O., S. 86 Mit Mick Jagger joggen, mit Jimi Hendrix den Joint rauchen und den Trip einwerfen, Jim Morrison den Whiskey einschenken, Janis Joplin im Mercedes-Benz entführen und im Rolls-Royce der Beatles wieder bei den Eltern abliefern, Brian Jones das Schwimmbecken ablassen, mit Percy Sledge am Dock am sitzen und den Song "When a man loves a woman" schreiben (und sei's auch nur wegen der Tantiemen), John Lennon aus dem Bett holen und Yoko Ono zum Teufel jagen, Miles Davis den Krückstock reichen und Wynton Marsalis übers Schandmaul ziehen lassen (danach wäre dem MD ein Konzertbesuch sicherlich 5 Cent denn doch wert!), mit Duane Allman Motorrad fahren und den Stone the Crows "On The High- way" begegnen, Deep Purple vor ca. 20 Jahren nochmals hören und nicht am 13. Februar 1991 in der Festhalle Frankfurt, Elvis die Frau ausspannen und einen "Lazy Sunday" ohne die Small Faces verbringen, bei Eric "Clapton is God" in der Dreifaltigkeit 1/3 sein, mit John Mayall den Laurel Canyon durchwandern, mit Steppen- wolf "born to be wild" mal leben, Julie Driscoll den Frisör bezahlen, Ginger Baker bei "Toad" die Kippe halten, Peter Green bei der Arbeit helfen (er soll als Leichenbestatter arbeiten bzw. gearbeitet haben) und ihn "The end of the game" nochmals spielen lassen, Marianne Faithfull den Mick Jagger vermiesen, Jefferson Airplane endlich die Antwort auf "Don't you need sombody to love" geben, mit Humble Pie "I don't need no doctor" wahr werden lassen, Steve Winwood im Alter von 17 Jahren "I'm a man" singen hören, Madonna das Mieder aufknöpfen, mit Sting den Regenwald retten, Leonard Cohen bei einem Besuch von Suzanne begleiten, Gil Evans und Hendrix bei einer Jam-Session hören, mit den Ten Years After das "Little Schoolgirl" ver- führen, mit den WHO "My Generation" intonieren und{!} die Bühne verwüsten, unter James "godfather of soul" Brown im Gefängnischor "Sex Machine" singen, die Suzie Q. von CCR persönlich kennenlernen, mit Tina Turner den "Nutbush" erklettern und mit Carlos Santana die "Black Magic Woman" vernaschen, das wärs. Fast: Dem Bloch die Pfeife stopfen, mit dem Marcuse Fluß- pferde füttern, Marx den Bart stutzen, mit Sartre die Beauvoir ärgern, Benjamin in die Passagen begleiten, Dutschke reden hören, den Habermas verstehen, Frisch schreiben und Antwort bekommen ... das wärs. Zumindest das, was mir augenblicklich gerade einfällt - die chauvinistische Pottsau labt an der Aufzählung weidlich sich. "Death walks behind you", Atomic Rooster.

291 Th. W. Adorno, Gesammelte Schriften Bd. 6, Negative Dialektik, Ffm 1984, S. 25f

292 Walter Gropius, als zu dessen Ehren ein Baum gepflanzt wurde. Danke Claudia!

293 H. Kinder, Der Schleiftrog, a.a.O., S. 126 HEGEL?! In Kurzfassung: Fußballspieler / C-Klasse bzw. niedriger / hält jeden Ball / gefragt, wie er das bloß mache / Antwort: "Das ist doch keine Kunst, Lederbälle mit der Hand zu fangen. Wir dachten noch daß er (der Torwart, bk) seine Leistung herunterspielen wolle, als er irgend etwas von Geist und Materie zu erzählen be- gann, daß die Wirklichkeit dem Geist nicht standhalte ..., daß folglich das absolute Wissen die Realität ab- solut beherrschen müsse. Alles auf der Welt funktio- niere nach ein und demselben Prinzip ... es sei sozu- sagen ein einziger Geist, der sich im Politischen eben- so auspräge wie in Religion, Kunst, Sittlichkeit, Ge- selligkeit, Handel, Industrie und auch Sport. Der absolute Geist erzeuge alles Objektive aus sich selbst und halte es friedlich in seiner Macht. Mit anderen Worten ..., wenn also die materielle Welt vom Geist ge- lenkt wird, dann kann der Geist, wenn er zum Absoluten vorstößt, mit der Materie machen, was er will." Vgl. R. Menasse, Selige Zeiten, brüchige Welt (Roman), Salzburg/Wien 1991, S. 290f Bloch, so hieß der Tor- wart, konnte das - mit dem Geist und der Materie auch beweisen. Er ließ auf sich schießen und ... eben: Er fing die Kugel mit seinen Zähnen auf! Nur einmal, da hatte er Pech, was seine Hegel-Interpretation aller- dings nicht widerlegt: Auf der Flucht vor der Polizei traf die Kugel den Bloch hinterrücks. Doch "als die Polizisten den auf dem Gesicht liegenden Leichnam um- drehten, um ihn zu untersuchen, sahen sie, daß er die Lippen auseinandergezogen hatte, als wolle er lachen. Und zwischen den Zähnen hielt er die tödliche Kugel." ebenda, S. 296 Die "List der Vernunft" - und sei's die "vernünftige" List der Polizei - beschert halt doch nichts weiter, denn Adorno - "... bei Adorno wird es enden."

294 A. Thyen, vgl. weiter oben, da wurde das Zitat schon mal gebraucht!

295 Auch so ein Wort, das man heute - 5. September 1990 - wiederum nur äußerst und schwerlich in den Computer reinbekommt. Warum? Grundgesetz - hieraus 2 Artikel: Artikel 23 Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder ... (die der Noch-BRD, bk). In anderen Teilen Deutsch- land ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen. Artikel 146 Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung be- schlossen worden ist. Und: Aufruf/Unterschriftenappell: Verfassung mit Volks- entscheid, wieder abgedruckt in: In freier Selbstbe- stimmung. Für eine gesamtdeuchte Verfassung mit Volksentscheid. Hrsg.: Kuratorium für einen demokratisch verfaßten Bund Deutscher Länder in Zu- sammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, Köln, Leipzig, 1990, S. 22: "Die Gründungs- versammlung des Kuratoriums für einen demokratisch ver- faßten Bund Deutscher Länder fand am 16. Juni 1990 im Reichstag in Berlin statt. Sie verabschiedete folgenden Aufruf: `Das Kuratorium für einen demokratisch ver- faßten Bund Deutscher Länder hat sich gebildet, um eine breite öffentliche Verfassungsdiskussion zu fördern, deren Ergebnisse in eine verfassunggebende Versammlung einmünden sollen. Auf der Basis des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unter Wahrung der in ihm enthaltenen Grundrechte und unter Berücksichtigung des Verfassungsentwurfes des Runden Tisches für die DDR soll eine neue gesamtdeutsche Verfassung ausge- arbeitet werden. Wir setzen uns dafür ein, daß die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik verbindlich festge- schrieben und die neue gesamtdeutsche Verfassung von den Bürgerinnen und Bürgern durch Volksentscheid ange- nommen wird.'" Einer der Erstunterzeichner war - wen wundert's? - der Jürgen Habermas.

296 Spiegel 4/1992 und auch dort: "Kapitalismus-Kritiker aus der Frankfurter Schule wie Max Horkheimer ... oder Herbert Marcuse ..., bis Anfang der achtziger Jahre noch Fixsterne der kritischen Linken, werden heute kaum noch zur Kenntnis genommen."

297 H. Brunkhorst, Theodor W. Adorno ..., a.a.O., S. 13 Und: "Kritische Kultur in Theorie und Praxis ist Negativität als konstruktiver Widerstand." so in: Vorstellung der Zeitschrift Kultur und Kritik, Ort usw. siehe weiter unten

298 J. Habermas, Die nachholende ..., a.a.O., S. 197, um "aktuell" uns wieder mal zu geben.

299 Zu diesem Prinzip vgl. natürlich E. Bloch und "Philosophische Kuckuckseier - 2. verwässerte Auflage" besonders Hauptteil Ib3 - Hoffnung (Geschichte ist machbar, Nachbar). Hieraus Auszüge: W. Gottschalch, Aufrechter Gang und Entfremdung, Berlin 1984, S. 90: "... das 'Prinzip Hoffnung'das ich als Ausdruck eines Messianismus deute, den ich nicht teile. Dem Bibelglauben entgegen halte ich mich an die alte Volksweisheit, die lehrt: Hoffen und Harren bringt manchen zum Narren." G. Anders, G. Anders antwortet. Interviews & Er- klärungen, Berlin 1987, S. 15f: "Ich glaube, Hoffnung ist nur ein anderes Wort für Feigheit. Was ist über- haupt Hoffnung? Ist es der Glaube, daß es besser werden kann? Oder der Wille, daß es besser werden soll? Noch niemals hat jemand eine Analyse des Hoffens durchge- führt. Auch Bloch nicht. Nein. Hoffnung hat man nicht zu machen, Hoffnung hat man zu verhindern. Denn durch Hoffnung wird niemand agieren. Jeder Hoffende überläßt das Besserwerden einer anderen Instanz. Ja, daß das Wetter sich bessere, das darf ich vielleicht erhoffen. Das Wetter wird dadurch zwar nicht besser, aber auch nicht schlechter. Aber in einer Situation, in der nur das Selbsthandeln gilt, ist 'Hoffnung' nur das Wort für den Verzicht auf eigene Aktion." R. Dahrendorf, Lebenschancen, Ffm 1979, S. 167, der dort Überlegungen anstellt, die es "mit der Hoffnung zu tun haben, dem Prinzip von dem der marxistische Philosoph Ernst Bloch mit Recht gesagt hat, daß es Menschen dazu bewegt, ihre Lebensverhältnisse zu ver- bessern. Aber unsere Überlegung (die vom R.D., Anm. bk) hat es auch mit der Wirklichkeit zu tun, also mit Hoffnung nicht als Opium für das Volk, sondern als ge- sunde Nahrung (als Reformkost?) hier und heute." Was sagt E. Bloch? Vgl. Das Prinzip ..., a.a.O.: "Es gibt ... in der Geschichte eine ökonomisch- soziale Blickschranke, sie ist dem kühnsten Geist un- überspringbar" S. 147, "Nicht alle Einsichten und Werke sind in allen Zeiten möglich, die Geschichte hat ihren Fahrplan." S. 147, "Hoffnung, dieser Erwartungs- Gegenaffekt gegen die Angst und Furcht, ist ... die menschlichste aller Gemütsbewegungen und nur dem Menschen zugänglich, sie ist zugleich auf den weitesten und hellsten Horizont bezogen." S. 83, "Die Hoffnung ersäuft die Angst." S. 126, "Vor dem Zukunftsstaat, der derart als abgemachte Konsequenz innerhalb der soge- nannten inneren Logik der Geschichte dasteht, kann dann das Subjekt genauso die Hände in den Schoß legen, wie es sie vor Gottes Ratschluß gefaltet hatte." S. 228 Und noch ein Zitat von einem, wo meist nur der erste Satz in den Kram paßt: "Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Es ist ja durchaus richtig, und alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es, daß man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre. Aber der, der das tun kann, muß ein Führer und nicht nur das, sondern auch - in einem sehr schlichten Wortsinn - ein Held sein. Und auch die, welche beides nicht sind, müssen sich wappnen mit jener Festigkeit des Herzens, die auch dem Scheitern aller Hoffnung gewachsen ist, jetzt schon, sonst werden sie nicht imstande sein, auch nur durchzusetzen, was heute möglich ist. Nur wer sicher ist, daß er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, daß er all dem gegenüber: 'dennoch!' zu sagen vermag, nur der hat den 'Beruf' zur Politik." M. Weber, Politik als Beruf, in: ders., Gesammelte Politische Schriften, Tübingen 1988, S. 560 Nachtrag zu "Geschichte ist machbar ...": "Die Menschen besitzen die Freiheit, in den geschichtlichen Prozeß einzugreifen, aber die einen besitzen mehr Freiheit als die anderen. Eine solche Freiheit bedeutet Zugang zu den Hebeln der Macht." C.W. Mills, Kitik der soziologischen Denkweise, a.a.O. (ich glaube weiter unten), S. 229

300 "Angesagt" - auch philosophisch - wieder in der (Noch-) DDR vielleicht. Warten wir's ab. Zumindest findet im Oktober 1990 ein BLOCH-Symposium in Leipzig statt: "Erbschaft dieser Zeit - Denken heißt überschreiten". Und: "Die Ausgeschlossenheit als Abgeschlossenheit von der Welt-Kultur erzwingt durch ihre Erinnerung die neue Heim-Suchung in ihr. Die Hoffnung ist unsicher und wird durch erfahrene Ent-Täuschung klüger; Schaden macht klug. Hoffnung ist noch nicht verloren, wenn sie eine Niederlage erleiden muß. Gerade in diesem Erleiden wird sie wieder oder kann sie doch werden. Aus Unheil kann noch immer Heil werden, das nur noch nicht bewußt war ... In der Erinnerung hat das zunächst wieder einmal Gescheiterte einen Ort des Seins, das noch keinen Ort im Dasein hat und nun wieder im Irgendwo des Nirgend- wo erscheint. Er-Innerung thematisiert so die Erbschaft dieser Zeit als Erbschaft unserer Zeit, und ihre Reflexion bedeutet die Rückbesinnung als Selbstbe- stimmung in der Erbschaft dieser Zeit, die wir als unsere zu akzeptieren haben, auch wenn wir nicht ihre alleinigen Protagonisten sind ... Daß diese Art Er- innerung aber nicht zu einer autistischen Wiederer- innerung eines idealischen Wesens müßiger Existenz eines vereinzelten Einzelnen verkommt, sondern als dialogisch geführter Lernprozeß in der Geschichte der Menschheit sich formiert - dafür stehen Ernst Blochs Er-Innerungen und unsere Er-Innerung Ernst Blochs." P. & V. Caysa, Erinnerung: Weg zur Hermeneutik des Anderen.(Rede, gehalten auf dem Gründungskongreß der Leipziger Gesellschaft für Philosophie und Kultur am 24. März 1990), in: Kultur und Kritik, 1/1990. Zeit- schrift der Leipziger Gesellschaft für Philosophie und Kultur (FORUM-Verlag Leipzig), S. 7f

301 Und sowieso: Bloch? "Inzwischen ist, nach wenigen Jahren, der Einfluß Blochs im Abnehmen begriffen. Das hat mit dem Scheitern des Marxismus zu tun sowie wohl auch mit raschen Verschleiß, dem alle Prosa der zu großen Worte zwangsläufig ausgesetzt ist. Eine Rolle spielt darüber hinaus auch der Wechsel der Zukunfts- vorstellungen. Denn die Welt lebt, ihrem Zeitempfinden nach, keineswegs mehr im überschwenglichen 'Noch nicht' der Blochschen Philosophie, sondern eher im melanchol- ischen 'Nicht mehr' und zunehmend sogar im 'Zum Glück noch nicht'." J. Fest, Betört von einer Welt im Um- sturz, FAZ 9.3.1991 Immerhin hat die Stadt Ludwigsburg Pläne mit dem Nach- laß vom Bloch. Sie hat sogar 300 000 DM für den Kauf von ca. 3000 Büchern aus dem Nachlaß ihres "großen Sohnes" übrig. Vgl. FR 4.1.1995

302 G. Nebel, Sprung von den Tigers Rücken, Stuttgart 1979, 5f Wie - fast - alle Tigervariationen unkommentiert.

303 Remember TWA! "Wirkliches Schenken hat sein Glück in der Imagination des Glücks des Beschenkten." Wenn dem so ist, dann weißt Du, welcher Art Geschenk hier vor- liegt: "Günstigenfalls schenken sie (also ich, Anm. bk) was sie sich selbst wünschen, nur ein paar Nuancen kleiner." Wahrlich gedankt sei Claudia, daß man ihre Pfote auf der Geburtagskarte 1989 an die Meinigkeit entziffern konnte. Die freundlicherweise benutzen TWA- Zitate rauszusuchen, hätte mir zwar nichts ausgemacht, um den Philo-Macho hier mal ungeniert raushängen zu lassen, doch ist man in meinem Alter doch schon ein bißchen gebrechlich und meidet die Treppe, die zur philosophischen Abteilung der Privat-Bibliothek denn nun mal führt. Diese Anmerkung ist, weil ich gerade darüber stolpere, auch schon Geschichte - 7. März 1992, 19:51

304 Wenn ich auch dummerweise im P.S. schrieb: "Die Systematik, die der Philosophie gemeinhin eigen ist, wird man selbstverständlich vergeblich suchen, obwohl auch die Kuckuckseier eines gewissen Systems gewiß nicht entbehren." Eine Diskette der Kuckuckseier liegt zur gefälligen Benutzung und Weiterverbreitung bei!

305 Der Satz stimmt so!

306 Vgl. P. Feyerabend, Wider den Methodenzwang, Ffm 1983 Der Feyerabend hat das wahrscheinlich nicht so gemeint, dennoch läßt sich eine Erwiderung unter dem Titel "Wieder der Methodenzwang" wohl schon denken. "Der einzige allgemeine Grundsatz, der den Fortschritt nicht behindert, lautet: Anything goes." P. Feyerabend, Wider a.a.O., S. 21 Was soll's, der Feyerabend tendiert "zum Extremismus", H. Putnam, Vernunft ..., a.a.O., S. 170 oder wie er (der Feyerabend) vielleicht selbst behaupten würde, zum "theoretischen Anarchismus". Kein Wunder, als ehemaliger Schüler von Sir Popper. Immerhin lobt der Popper den Feyerabend in einer Fußnote: " Ich sollte erwähnen, daß die Idee, eine Klappe in den Kolben einzubauen ..., um die Um- ständlichkeit zu vermeiden, ihn seitwärts hineinschieben zu müssen, eine Verbesserung meiner ursprünglichen Analyse zu Szilards Gedankenexperiment darstellt, die auf Feyerabend zurückgeht." K.R. Popper, Ausgangspunkte - Meine Intellektuelle Entwicklung, Hamburg 1994, Anm. 275, S. 327 Wer den Briefwechsel Feyerabend/Duerr auch nur ober- flächlich gelesen hat, wird feststellen, daß zumindest auf die Person Feyerabend "anything goes" zutrifft - und der Duerr ist eigentlich sowieso nicht ernstlich ernst zu nehmen! Immerhin ist dem Briefwechsel zu entnehmen, daß auch Herr Unseld säuft: "...trat ein beleibter Herr mit starkem Alkoholgeruch auf mich zu, hinter sich eine scheu sich im Hintergrund haltende Dame ..." Vgl. a.a.O., S. 110

307 Vgl. die Anmerkung irgendwo weiter unten, die keine An- merkung geblieben ist!

308 Nur, soweit wie der Fukuyama (vgl. weiter unten) sind wir noch nicht, dankt der doch in seinem Vorwort ... "Anstatt wie üblich einer Sekretärin für die Arbeit an meinem Manuskript zu danken, sollte ich vielleicht den Konstrukteuren des Intel-80386 Mikroprozessors meine Anerkennung ausprechen." S. 10

309 Vgl. die Fußnote irgendwo ganz weit oben!

310 P. Koslowski, Risikogesellschaft als Grenzerfahrung der Moderne, in: H.-L. Ollig Hrsg., Philosophie als Zeit- diagnose. Ansätze der Deutschen Gegenwartsphilosophie, Darmstadt 1991, S. 123

311 H. Kinder, Ins Auge, Roman Zürich 1987, S. 61

312 V. Braitenberg, Gescheit sein ..., a.a.O., S. 48

313 E. Bloch, Tagträume ..., a.a.O., S. 117

314 C.W. Mills, Kritik der soziologischen Denkweise, Darm- stadt/Neuwied 1973, S. 245 (mit den Seitenzahlen bei meiner Ausgabe stimmt was nicht, wahrscheinlich immer 4 Seiten dazuzählen, denn bei meiner Ausgabe fehlt das Vorwort der Herausgeber!) Die zitierte Äußerung vom Mills steht übrigens unter Punkt I des Anhangs: "Regeln intellektueller Arbeit", womit wir wieder fast beim Anfang sind. Dig this. C.W. Mills war wohl so etwas wie der "Easy-Rider" der Soziologie: "... besuchte er Europa ..., um einen Motorradmechaniker-Kursus in Deutschland mitzumachen. Er war ein begeisterter Motorradfahrer ..." Er war aber auch ein "begeisterter" Außenseiter der Zunft, Vgl. das Vorwort von N. Birnbaum zum Buch.

315 Duden: 2) abwertend für: Gesindel, Pack

316 Weil ich von der halt keine Ahnung habe.

317 Machte er auch: "Derselbe Bloch, der für einen 'mensch- lichen Sozialismus' eintrat, hat Stalins Morde an vielen Dissidenten verteidigt und sogar vom 'kategorischen Imperativ mit dem Revolver in der Hand' getönt. Bislang wurde all das mit Blochs politischer Ahnungslosigkeit entschuldigt. Ausgerechnet Jan Robert Bloch ... aber hat kürzlich eindrucksvoll belegt, daß sein Vater sich wider besseres Wissen mit dem Parteistalinismus der SED arrangierte - 'bis zum Biegen und Brechen', wie der Philosoph damals selbst erklärte." Spiegel 4/1992 "Man kann wohl sagen, daß Bloch immer dann, wenn er sich als Realpolitiker verstand, gegen die eigenen Prinzipien verstieß. So hat er z.B. im 'Jubiläum der Renegaten', der Schrift, in der er Stalin feiert, ge- sagt, daß es in der gegenwärtigen geschichtlichen Lage keine andere Alternative als die zwischen Stalin und Hitler gebe." Oskar Negt, in: L'80-Gespräch: Sisyphos und der Traum vom Gelingen, L'80, 35/1985 Nun gut, Bloch war sowieso nur ein "bürgerlicher Philosoph, der sich selbst als Marxist verstand." Philosophenlexikon, Berlin/DDR 1982 Sein Enkel, der Dieter Feuerstein, ist da schon aus einem anderen Holz geschnitzt! Der steht nämlich wegen Spionage für die Stasi der ehemaligen DDR vor Gericht. Vgl. FR 6.3.1992 Sein Enkel? Der Feuerstein "hat nach Angaben der Familie Bloch vor dem Obersten Landgericht die Unwahrheit gesagt, als er behauptete, er sei ein Enkel von Ernst Bloch. Die Familie des 1977 gestorbenen Philosophen ... wehrt sich energisch gegen Feuersteins Behauptung, Bloch habe einen unehelichen Sohn gehabt, der sein, Feuersteins, Vater sei. Jan Robert Bloch, Sohn des Philosophen, hat inzwischen eine Gegendar- stellung in einer norddeutschen Zeitung erwirkt. In der Verbreitung der Aussage des Stasi-Mitarbeiters Feuerstein sehen die Angehörigen Blochs die Fortsetzung einer von interessierter Seite erzeugten Kampagne mit dem Ziel, das Werk Blochs zu diskreditieren." Vgl. die FR ein paar Tage später, Datum? Glaube, es war der 14.3.92 (??) Jedenfalls wurde der Feuerstein im März 1993 zu acht Jahren Haft verurteilt, taz 13.3.1992

318 Nehm' ich mal an, bk.

319 Die Diskussion eines "ordentlichen Chaos" bzw. einer "chaotischen Ordnung" soll, kann, will und muß hier nicht weitergeführt werden. Vgl. hierzu die ein- schlägige Korrespondenz von bk&ph.

320 Am Ende der Geschichte sind wir sowieso angelangt. "... die liberale Demokratie (stellt) möglicherweise 'den Endpunkt der ideologischen Evolution der Mensch- heit' und die 'endgültige Regierungsform (dar)... Sie wäre demnach 'das Ende der Geschichte." F. Fukuyama, Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir? München 1992, S. 11 (weiter bin ich noch nicht! 7. März 1992, 19:44) Fukuyama ist laut Spiegel ein "Hegel-Spezialist", Vgl. Spiegel 4/1992 & außerdem einer der höchsten Beamten des amerikanischen State Department.

321 F. Fukuyama, a.a.O., S. 84

322 ebenda, S. 84

323 ebend, S. 88f

324 G. Nenning, Das Prinzip Angst. Von einem der auszog, das Gruseln zu lernen, oder: Am Ende des Zeitalters der Auf- klärung, Die Zeit 21.2.1992

325 J. Agnoli, Die Transformation der Demokratie und andere Schriften zur Kritik der Politik, Freiburg 1990, S. 7 (weiter bin ich noch nicht! 19. März 1992, 18:52)

326 M. Godelier, Wird der Westen das universelle Modell der Menschheit? Die vorindustriellen Gesellschaften zwischen Veränderung und Auflösung, Wien 1991, S. 63f

327 ebenda, S. 13

328 J. Habermas, Vergangenheit als Zukunft, Zürich 1990, S. 105 Eine kleine Anmerkung noch ganz am Rande: Der Habermas kennt den Fukuyama zumindest mit Namen, der Agnoli ...

329 Die halt doch nur vergoldet sind!

330 Das ist gemein, weil der Fukuyama das so gar nicht be- hauptet und den Bloch wahrscheinlich sowieso überhaupt nicht kennt!

331 Der Schlappeseppl ruft!

332 Man könnte es auch feiner ausdrücken! Bspw. gefällt mir der Terminus "Soziale Amnesie" außerordentlich gut, wenn auch Russel Jacoby ihn in anderem Zusammenhang ge- brauchte und ich nicht weiß, ob Jacoby das copyright für diesen Begriff hat. Wurscht - immer noch lesenswert: R. Jacoby, Soziale Amnesie, a.a.O.

333 Chr. Meier, Vom "fin de siècle" zum "end of history", in: Merkur 10/1990, S. 823

334 K.R. Popper, in: Spiegel 13/1992 (Spiegel-Gespräch)

335 Vgl. B. Müller-Ullrich, Zum Spiel der Attitüden. Der philosophierende Regierungsbeamte Francis Fukuyama als Showstar, in: FR 25.4.1992 Müller-Ullrich bezichtigt den Fukuyama des "Intello- tainment": "In einer fortgeschrittenen Zivilisation wie der unsrigen vermutlich der wesentliche Trend der Medienzukunft."

336 H. Gruhl, in: Spiegel 13/1992 (Spiegel-Essay)

337 F. Jameson, Spätmarxismus. Adorno oder die Beharrlich- keit der Dialektik, Hamburg 1992, S. 304

338 Ich werde allerdings auf die Suche gehen, um zu sehen, welche Anmerkungen evtl. & vielleicht denn doch aus- einanderzuziehen sich lohnen täte.

339 Schon der Begriff überführt den Autor einer gewissen Veranlagung zur Gewalt. Eklektizismus wäre der feinere Ausdruck schon, doch bedingte dieser m.E. das VER- STEHEN auch. Kehren wir zur INTELLEKTUELLEN REDLICH- KEIT ZURÜCK und werden fast EHRLICH: Die Stange Dynamit ist mein Handwerkszeug schon ... Eine Hoffnung hab' ich allerdings noch, der Gewalttätigkeit mich entledigen zu können: Eine Hütte im Bayerischen Wald, ein Faß Whiskey (Scotch oder Bourbon? vgl. oben) und ca. 200kg der un- verstandenen Bücher. Das wärs! Eine Liste der unverstanden Bücher könnte folgen. Die Arbeit spar' ich mir, ich könnte die Literaturangaben der Fußnoten nämlich gerade nochmal abschreiben. Dazu bin ich aber schlicht und einfach zu faul!

340 Und schon wieder haben wir eine Fußnote, rausgeholt aus den "Kuckuckseiern". K. Östergren, Gentlemen, Roman Ffm 1986, S. 177

341 Der Leser bedenke die hier eingebaute Rückversicherung des Autors!

342 P. Winch, Versuchen zu verstehen, Ffm 1992, S. 265

343 ebenda, S. 276

344 Vgl. Lied vom G. Kreissler

345 Die letzte Fußnote (von 1992)! Versprochen. Der Herr K. bin ich allerdings nicht. Zum einen irre ich mich nie und zum anderen bereite ich mich schon gar nicht vor, was sich aber schon daraus ergibt, daß ich mich nicht irre. Verstanden? Nein! Egal, viel Mühe mache ich mir auch nicht. Das war die letzte Fußnote (1992).

346 Diese Frage dürfte leicht und einfach zu beant- worten sein. Machen wir die Rechnung auf:

347 J. Amery, Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod, Stuttgart 1983, S. 151

348 Beim einzigen Konzert, das ich erlebt habe, schlief Tschäppi schlicht und einfach ein. Das war ? in Offen- bach.

349 Ehemals Sänger der Rockgruppe MC 5 (gestorben 1991)

350 Der Rolf Tiedemann sich nicht schämt nachzurufen: "Die beiden letzten Dezenien ... wiegen eher leicht auf der Waagschale dieses Lebens, sie zäglten im Grunde schon nicht mehr mit" FR irgendwann im Juli 1993

Fin de l'extrait de 140 pages

Résumé des informations

Titre
Philosophiosche Kuckuckseier
Auteur
Année
2001
Pages
140
N° de catalogue
V104597
ISBN (ebook)
9783640029198
Taille d'un fichier
926 KB
Langue
allemand
Mots clés
Horkheimer Adorno Habermas
Citation du texte
Burkard Kircher (Auteur), 2001, Philosophiosche Kuckuckseier, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104597

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