Lessing, G. E. - Nathan der Weise - ein typisches Stück der Aufklärung? Feststellung anhand von mind.3 Gesichtspunkten


Ponencia / Ensayo (Colegio), 2000

6 Páginas, Calificación: 2+


Extracto


Gliederung

A) Einleitung: Inhaltsabriss von „Nathan der Weise“

B) Hauptteil: Untersuchung der Aspekte „Inhalt“, „Figuren“ und „Aussage“
I) Was ist Aufklärung?
1) Gegenbewegung zum Absolutismus von Staat und Kirche
2) Geistesbewegung
II) Inhaltliche Aspekte
1) Vorgeschichte zu „Nathan der Weise“
2) Verarbeitungsweise Lessings
III) Untersuchung der Figuren
1) „der Patriarch“
2) „Nathan“
3) „Recha“
IV) Wirkung des Textes
1) Flexibilität im Denken
2) Kritik am Offenbarungsglauben

C) Schluss: Zusammenhang zwischen dem Werk und der Biographie Lessings

Gotthold Ephraim Lessing schrieb das dramatische Gedicht „Nathan der Weise“ im Jahr 1778 und es wurde 1783 uraufgeführt. „Nathan basiert auf der literarischen Quelle, dem „Decamerone“ von Giovanni Boccaccio. In der dritten Novelle geht es um den Juden Melchsidech, der durch die Ringparabel vor dem Sultan Saladin gerettet wird. In Lessings Werk jedoch nimmt die Handlung den Verlauf, dass sich aufgrund von Zufällen - wie dem Hausbrand, bei dem Recha, die Tochter Nathans, beinahe ums Leben gekommen wäre, und der Ringparabel - Freundschaften entwickeln und die verschiedensten Verwandtschaftsverhältnisse aufgeklärt werden und somit alles ein gutes Ende findet. Zum Schluss kommt heraus, dass Recha nicht die leibliche Tochter Nathans ist, sondern die Tochter von Assad, dem Bruder Saladins, und einer Christin und somit auch gleichzeitig die Schwester des Tempelritters, der sie aus den Flammen rettete. Saladin, also der Onkel Rechas und des Templers, nimmt sich ihrer an. Im Folgenden möchte ich untersuchen, inwiefern die Behauptung zutrifft, Lessings „Nathan“ sei ein für die Literatur der Aufklärung typisches Werk. Zuerst stellt sich die Frage, was genau „Aufklärung“ eigentlich bedeutet. Immanuel Kant meint dazu: „ Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen sich seines Verstandes ohne Leitung eines andren zu bedienen.1 Er kritisiert somit den

Absolutheitsanspruch von Staat und Kirche, die dem Bürger vorschreiben wollten, wie er sich zu verhalten habe. Dennoch meint er auch, der Mensch sei selbst an seinem Zustand schuld und sei zu bequem geworden, um noch selbst zu denken und zu handeln. Also richtet sich der Grundgedanke der Aufklärung, ein eigenständiges Individuum mit eigen Vorstellungen von Glauben und Leben zu sein, an eben diese Bürger des 18. Jahrhunderts. Insofern ist die Aufklärung ebenso eine Geisteshaltung, die sich gegen die Kultur von kirchlicher Bevormundung, von

Mystizismus (griechisch: intuitiv-irrationale Geisteshaltung) und Aberglauben ausspricht. Sie erstrebt Toleranz und glaubt an den Fortschritt der Menschheit durch ihre Vernunft. Durchgesetzt hat sich die Aufklärung zunächst in Holland. Einige Vertreter waren Grotius und Spinoza; nach Deutschland kam sie teils aus England, wo ihre Ursprünge in der empiristischen, d.h. Erkenntnis aus Erfahrung, Philosophie und Newtons Physik liegen, und teils aus Frankreich durch Voltaire. Die inhaltlichen Aspekte, die für die aufklärerische Herkunft sprechen, sind einerseits die Vorgeschichte zu „Nathan“, sowie die Verarbeitungsweise Lessings. Als sich Lessing zu den Schriften Reimarus, einem Religionskritiker äußert und diese Kritiken unter dem Titel „Fragmente eines Ungenannten“ herausgibt, erhebt sich bald die Stimme von Johann Melchior Goeze, dem Hauptpastor, der meint, Lessings Kritik dürfe nicht stattfinden. Hierauf entwirft Lessing „Anti-Goeze“, mit dem er seine Meinung offenkundig darlegt. Doch über Lessings Schriften wird die Zensur gelegt, er darf in keiner Weise mehr religionskritische Werke veröffentlichen. Doch er findet einen anderen Weg, um seine Meinung zu verbreiten. Im Laufe des Jahres 1778 entwickelt er einen Entwurf eines Theaterstücks weiter. „(...); und da habe ich diese vergangene Nacht einen närrischen Einfall gehabt. Ich habe vor vielen Jahren einmal ein Schauspiel entworfen, dessen Inhalt eine Art von Analogie mit meinen gegenwärtigen Streitigkeiten hat,(...). (...), und ich gewiß dem Theologen einen ärgeren Possen spielen will als noch mit zehn Fragmenten.“2 Somit verarbeitet Lessing seine gegenwärtige Situation unter dem Diktat der Kirche, denn man hat ihm ja nicht verboten, Theaterstücke aufzuführen. Lessing verbreitet die Aussage der Aufklärung in seinem Werk folgendermaßen: Der Patriarch steht für das Christentum und den Offenbarungsglauben. Er ist ein Gegner der Vernunft, also auch ein Gegner der Aufklärung, was sich in folgender Aussage zeigt: „(...) - Ei freilich muss niemand die Vernunft, die Gott ihm gab zu brauchen unterlassen, - wo sie hingehört. - Gehört sie aber überall denn hin? - O nein! (...)“ (Nathan, V. 2478f). Er nimmt auch die Unfehlbarkeit des Papstes kommentarlos hin („(...) und das ewige Gesetz der Herrlichkeit des Himmels (...), Nathan, V. 2489f). Den Kontrapunkt zur Aussage des Papstes bildet

Nathan, der unorthodoxe Jude, der weltoffen, tolerant und vernünftig ist. Immer wieder finden sich Hinweise auf die Vernunft Nathans; so zum Beispiel, als er die „rationale Erklärung als ‚Medizin’ gegen naiven Wunderglauben einsetzt“3 Somit ist er das Beispiel eines aufgeklärten Menschen, wobei man sagen sollte, dass er diese Rolle ohne Einschränkungen bedient. Er ist in jeder Hinsicht aufgeklärt und man findet kaum Schwachstellen. Das erkennt man, als er seine Tochter Recha über den Wunderglauben aufklärt. Im Gegensatz zu ihr interpretiert er das Wunder so: Als „Wunder der Existenzerhaltung“ („Meiner Recha wär es Wunders nicht genug, dass ein Mensch sie gerettet, welchen selbst ein kleines Wunder erst retten müssen?“ Nathan, V 227), er glaubt an „rationale Erklärung wundersüchtigen Glaubens“ (Sieh! Eine Stirn so oder so gewölbt; (...), Das wär kein Wunder, wundersücht’ges Volk?“ Nathan, V 278 ff), und geht schließlich über zur „Entlarvung des Wunderglaubens als religiöse Schwärmerei“ („Da sieh nun was es schad’t! - Grausame Schwärmerinnen!“ Nathan; V 328)4 Den Mittelweg zwischen Offenbarungsglauben und Aufklärung bildet Recha, wobei der aufgeklärte Wesensteil überwiegt. Das ist durch Nathans Erziehung erreicht worden. Sie ist zusammen mit dem Tempelherrn eine „lernfähige Figur“5 Obwohl sie durch den Wunderglauben Dajas beeinflusst wird, siegt bei ihr doch die Vernunft („Liebe, liebe Daja, er will nun deine bunten Blumen nicht auf meinem Boden! (...), Nur schlägt er mir nicht zu; und schon dein Engel, wie wenig fehlte, dass er mich zur Närrin gemacht? - Noch schäm ich mich vor meinem Vater der Posse!“ Nathan, V 1567 ff). Auch überwindet sie ihre Identitätskrise, als sie ihre wahre Herkunft erfährt, mit Hilfe ihrer Vernunft.

Somit kann man sie als Beispiel für den aufgeklärten

„Normalbürger“ des 18. Jahrhunderts betrachten, bei dem trotz aller Begeisterung für diese Bewegung dennoch alte Erziehungs- und Gedankenmuster vorhanden sind.

Die allgemeine Wirkung und Aussage des Textes bezieht sich direkt auf den Leser. Durch dieses Werk sollen die Nachteile des Offenbarungsglaubens wie Intoleranz und der Verlust der eigenen Identität angeprangert werden

und der Leser soll merken, dass er direkt angesprochen ist. Lessing meint dazu: „Ich glaube, eine sehr interessante Episode dazu erfunden zu haben, daß sich alles sehr gut soll lesen lassen, (...)“6 Er sucht nach Flexibilität in Denken und handeln, was durch den Tempelherren deutlich wird. Im Laufe des Dramas unterliegt er einer Reihe von Veränderungen, die am Schluss dazu führen, dass auch er zur Vernunft bekehrt wird. Die positive Kritik, die das dramatische Gedicht erfahren hat, bezieht sich insbesondere auf die Rolle des Verstandes. Im Gedicht sind „tiefster Verstand mit edelster Gesinnung gepaart“7 und „die Handlung zieht mit jedem vorangehenden Schritt den Leser stärker an sich“.8 Somit könnte man das Werk als revolutionär bezeichnen, da hier zum ersten mal auch auf die Erziehung zur Vernunft hingewiesen wird. Lessing meint dazu: „ Der größte Fehler, den man bei der Erziehung zu begehen Pflegt, ist dieser, daß man die Jugend nicht zum eigenen Nachdenken gewöhnet...“9

Wenn man den Hintergrund zu „Nathan der Weise“ kennt, kann man sehen, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen den Personen in seinem Werk und Lessings Biographie besteht. Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass „Nathan der Weise“ ein typisches Werk der Aufklärung ist. Nicht nur, dass er Recha nach der Tochter seines Freundes Moses Mendelssohn nannte - man könnte Mendelssohn auch als eine Vorlage für Nathan betrachten, da Mendelssohn, ein enger Freund Lessings, eben diese Wesenszüge wie Toleranz und Vorurteilsfreiheit besitzt. In einem Brief an Johann Caspar Lavater weist er dessen Bitte zurück, doch zum Christentum überzutreten. „Ich habe das Glück so manchen vortrefflichen Mann, der nicht meines Glaubens ist, zum Freunde zu haben. Wir lieben uns aufrichtig, ob wir gleich vermuten und voraussetzen, dass wir in Glaubenssachen ganz verschiedener Meinung sind.“10 Auch die Ähnlichkeit zwischen der Geisteshaltung des Patriarchen und der des Pastors Goeze wird deutlich. Dennoch weist Lessing in einem Brief an Johann Gottfried Herder darauf hin, dass man weder einen Propheten Nathan noch eine Satire auf Goezen erwarten dürfe.11 Da dennoch ein direkter Einfluss durch Lessings damalige Situation auf die Handlung von „Nathan der Weise“ nicht von der Hand gewiesen werden kann, darf die Aussage Lessings, er wolle damit dem Pastor einen Possen spielen, nicht als direkter Angriff gegen Goeze verstanden werden, sondern lediglich als Ausbruch aus der Zensur.

[...]


1 Möbius, Thomas; Königs Erläuterungen, Hollfeld 2000, S 103

2 Lessing, G.E., Gesammelte Werke II, München 1959 S 1156

3 Möbius, Thomas; Königs Erläuterungen, Hollfeld 2000, S 57

4 www.zum.de/Faecher/D/Saar/gym/nathabsp.htm, 17.02.01

5 Möbius, Thomas; Königs Erläuterungen, Hollfeld 2000, S 67

6 Lessing, G.E., Gesammelte Werke II, München 1959 S 1156

7 Ratz, Nadine; Die Wirkung von Lessings „Nathan der Weise“, Referat vom 16.03.01

8 ibidem

9 www.anika.onlinehome.de/Zitate.htm, 17.03.01

10 Haaser, Ingrid, Nathan der Weise, Cornelsen Klassische Schullektüre, Berlin 1997 S 154

11 Lessing, G.E.; Gesammelte Werke II, München 1959 S 1160

Final del extracto de 6 páginas

Detalles

Título
Lessing, G. E. - Nathan der Weise - ein typisches Stück der Aufklärung? Feststellung anhand von mind.3 Gesichtspunkten
Calificación
2+
Autor
Año
2000
Páginas
6
No. de catálogo
V104952
ISBN (Ebook)
9783640032495
Tamaño de fichero
342 KB
Idioma
Alemán
Notas
Viel Spaß damit! Bei einem anderen Lehrer springt dabei vielleicht sogar ne 1 raus!
Palabras clave
Lessing, Nathan, Weise, Stück, Aufklärung, Feststellung, Gesichtspunkten
Citar trabajo
Katrin Giesinger (Autor), 2000, Lessing, G. E. - Nathan der Weise - ein typisches Stück der Aufklärung? Feststellung anhand von mind.3 Gesichtspunkten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104952

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