1) Einführung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem mittelalterlichen Drama als sozial- religiösem Medium. Anfangs wird ein Überblick über diese Dramenform allgemein gegeben, deren Entwicklung stark mit der geistigen Entwicklung der damaligen Gesellschaft zusammenhängt und diese somit gut widerspiegelt. Die Wechselbeziehung zwischen dem Medium Theater und seinen Rezipienten, insbesondere der Übergang zwischen dem Weltbild des Gradualismus zu dem des Nominalismus, bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit.
1.1. Definition:
Das mittelalterliche, geistliche Drama kann man stark vereinfacht als „dramatisch- szenische Darstellung geistlicher Stoffe, welche Belehrung bezweckt und die auf einer symbolistischen Simultanbühne, oft als Simultanhandlung aufgeführt wird“1 bezeichnen. Hiermit sind schon die wichtigsten Merkmale dieser Dramenform genannt, nämlich das Verarbeiten biblischer, apokrypher und legendarischer Stoffe zu einem Schauspiel mit didaktischer Funktion. Im einzelnen wird auf diese Merkmale im Verlauf dieser Hausarbeit noch näher eingegangen.
1.2. Zeitraum:
Eine absolut genaue Begrenzung des Wirkungszeitraumes des mittelalterlichen Dramas ist wie in anderen Bereichen der Literaturwissenschaft sehr schwierig, aber man kann ihn sehr gut überschauen. Man geht davon aus, daß die ersten geistlichen Schauspiele um etwa 800 in Byzanz, allerdings noch im Rahmen des Gottesdienstes stattfanden. Diese neue Darstellungsform geistlicher Stoffe fand dann etwas später in anderen Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien und im germanischen Reich Anklang.
Mit der Entwicklung der Gesellschaft unterlag auch das geistliche Spiel einigen Veränderungen, die letztendlich zu einem Verbot durch die Kirche im 16. Jahrhundert führten.
1.3. Schauplätze
Anfangs gehörte die Veranschaulichung geistlicher Stoffe nur zum Gottesdienst, fand also in der Kirche statt. Im Laufe der Entwicklung von der Loslösung vom Gottesdienst zur Eigenständigkeit des geistlichen Dramas, verlagerte sich der Aufführungsort nach draußen, auf die Marktplätze der Städte.
1.4. Quellen
Die Quellen waren wie schon erwähnt in erster Linie die Bibel, Apokryphen und Legenden, doch auch der Einfluß der Spiele verschiedener Spielgruppen aufeinander war in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Es war selten, daß eine Gruppe selbst ein Stück schrieb. Man orientierte sich mehr an schon aufgeführten Spielen und bearbeitete diese für eine weitere Aufführung. Der Aufbau der Stücke orientierte sich meist an Ablauf und textlicher Gestaltung liturgischer Feiern. So ist z.B. die „Darstellung des Ostergeschehens durch die Form und den Text der visitatio sepulchri geprägt“2.