Borderline-Störungen


Trabajo de Seminario, 2001

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Extracto


1. Definition des Krankheitsbildes nach dem DSM-IV der American Psychatric Association

Die international gültige Definition darüber was eine Borderline-Störung ausmacht, findet sich im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-IV) der American Psychatric Association und in der Internationalen Klassifikation Psychischer Störungen ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation WHO. Ich beziehe mich im Folgenden auf das DSM-IV, dessen klar und präzise definierten Symptome mir hilfreicher erscheinen als die nur knappe Erwähnung im ICD-10 als eine Variante der emotional-instabilen Pers ö nlichkeitsst ö rung (F.60.31). Allerdings ist die ICD- 10 in Deutschland offizieller Standard für Dokumentationen und Abrechnungen mit den Krankenkassen.

1.1. Borderline-Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV 301.83

Für die Diagnose einer Borderline-Störung müssen fünf der folgenden Kriterien erfüllt sein:

1.) Ein Muster von instabilen, aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Überidealisierung und Abwertung auszeichnet;
2.) Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z.B. Geldausgeben, Sexualität, Substanzmißbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren und Fressanfälle (außer Suizid und Selbstzerstümmelung, siehe dazu 5.);
3.) Instabilität im affektiven Bereich, z.B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der Grundstimmung zur Depression, Reizbarkeit, Angst, wobei diese Zustände gewöhnlich einige Stunden oder, in wenigen Fällen, länger als einige Tage andauern;
4.) Übermäßige, starke Wut oder Unfähigkeit, die Wut zu kontrollieren, z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut oder Prügeleien;
5.) Wiederholte Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder andere selbstverstümmelnde Verhaltensweisen;
6.) Ausgeprägte und andauernde Identitätsstörung, die sich in Form von Unsicherheit in mindestens zwei der folgenden Lebensbereiche manifestiert: dem Selbstbild, der sexuellen Orientierung, den langfristigen Zielen und Berufswünschen, in der Art der Freunde oder Partner oder in den persönlichen Wertvorstellungen;
7.) Chronisches Gefühl von Langeweile;
8.) Verzweifeltes Bemühen ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern (ausser Suizid oder Selbstverstümmelung, siehe dazu 5.)
9.) Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste, paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.

2. Das Syndrom der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Kernberg.

Beim Lesen der verschiedenen Definitionen im DSM-IV fällt auf, daß die Symptome der Störung als sehr kategorisiert erscheinen. Deshalb möchte ich im folgenden Kapitel versuchen, die unterschiedlichen Symptome des DSM-IV unter den strukturellen Aspekten, die von Kernberg veröffentlicht wurden, zu reflektieren.

Kernberg beschreibt in seinem 1978 erschienen Buch: „Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus“ eine Gruppe psychischer Störungsformen, die sich durch eine spezifische und auffallend stabile pathologische Ich-Struktur auszeichnet. Hierbei fällt auf, daß sich diese Gruppe von Störungen von den neurotischen und psychotischen „Erkrankungen“ unterscheidet. Kernberg bezeichnet Menschen mit Störungen in diesem Bereich als Menschen mit „Borderline-Persönlichkeitsstruktur“ (borderline personality organisation), weil es sich hierbei um eine manifeste pathologische Persönlichkeitsstruktur handelt, die sich in einem Grenzbereich zwischen Psychose und Neurose befindet. Die spezifische pathologische Struktur kann bei oberflächlicher Betrachtung unerkannt bleiben, weil sich die Symptomatik in manchen Fällen nicht sehr stark von neurotischen Symptomen unterscheidet. Grundlage für eine Therapie von Borderline-Störungen ist von daher eine exakte Diagnostik, die andere Störungen ausschließt.

Neurose * Borderline * Endogene Psychose + Exogene Psychose

Kernberg gibt weiterhin an, daß Menschen mit dieser Persönlichkeitsstruktur unter Einfluß von Alkohol und anderen Drogen auch psychotische Episoden durchleben können, (Zit:)„ (...) die aber bei planvollem therapeutischen Vorgehen (s.Kap.9, S.35) meist binnen kurzer Zeit wieder abklingen“ (s.a. Kernberg 1978, S.20). Psychosen können allerdings auch im Rahmen eines psychoanalytischen Settings auftreten. Während eines solchen Zusammenhanges kann es zu einer Störung der Realitätsprüfung und zu Wahnwahrnehmungen kommen. Kernberg bezeichnet dies als Übertragungspsychose, die nach seinen Angaben häufiger vorkommt als eine Übertragungsneurose (ebd.). Die formale Organisation der Denkprozesse bleibt jedoch ohne diese besonderen äußeren Einflüsse weitestgehend erhalten.

Das wichtigste Strukturmerkmal der Störung ist eine Persistenz voneinander dissoziierter primitiver Ich-Zustände und die daraus resultierende Spaltung der Elternimagines in „gute“ und „böse“ Objekte. Dieses Strukturmerkmal ist von zentraler Bedeutung. Zur genauen Bestimmung dieser Störung ist eine differntialdiagnostische Abgrenzung erforderlich. Es muß herausgefunden werden, ob es sich um die von Kernberg benannte chronische Charakterorganisation, die weder typisch neurotisch noch psychotisch zu nennen ist, handelt. Diese ist gekennzeichnet durch:

1. bestimmte typische Symptomenkomplexe (s. Kap. 4, S.13),
2. eine typische Konstellation von Abwehrmechanismen des Ichs (s. Kap.3, S.9)
3. typische Störungen im Bereich der verinnerlichten Objektbeziehungen (s. Kap. 5.1.1., S.8) und schließlich
4. charakteristische genetisch - dynamische Besonderheiten (s. Kap. 8, S.32)

Ergänzend wären an dieser Stelle noch die Anzeichen von Ich-Schw ä che zu nennen, die sich durch spezifische Aspekte, nämlich dem Überwiegen primitiver Abwehrmechanismen, auszeichnet (s.a. Kernberg 1978, S.42).

In Beziehungskonflikten mit der Umwelt kommt es oftmals zu Regressionen und damit zu affektiven Reaktivierungen früh internalisierter Objektbeziehungen, und damit zu einer Wiederholung früher Spaltungsmechanismen1 (die Formen der typischerweise zu beobachtenden Tendenz zur Spaltung, beschreibe ich im einzelnen noch in Kap.3., S.5). Kernberg beschreibt in seinem Beitrag im „Handbuch der Borderline- Störungen“, daß die sogenannten primitiven Abwehrmechanismen aus Spaltung bzw. primitiver Dissoziation bestehen. Dies äußert sich in der Form, daß z.B. bedeutsame Bezugspersonen idealisiert oder als verfolgend erlebt werden. Kernberg schreibt: „Solche Mechanismen werden verstärkt und ergänzt durch primitive Idealisierung und Entwertung, Omnipotenz, omnipotente Kontrolle, Verleugnung und projektive Identifizierung (s.a. Kernberg/ Dulz/Sachsse 1999, S.448).

3. Spezifische Formen der Abwehr

Die Einteilung der verinnerlichten Beziehungsumwelt in „gute“ und „böse“ Objekte entsteht aufgrund der mangelhaften Integrationsleistung „...des frühkindlichen Ichs“ (s.a. Kernberg 1978, S.45). Während dieser Zeit werden die unter dem Einfluß libidinöser Triebabkömmlinge aufgebauten Introjekte getrennt von den aggressiven Identifizierungen und Introjektionen angelegt (ebd.). Die früh entstandene Integrationsschwäche wird später vom adoleszierenden Borderline-Patienten als aktiver Abwehrmechanismus benutzt, indem der auf der Grundlage positiver Identifizierungen aufgebaute Ichkern geschützt werden soll (s.a. Benedetti 1991, S.136). Dadurch wird die Hoffnung auf ein (Zit.):“ (...) inneres Wohlgefühl mit Sicherheit und befriedigenden Beziehungen aufrecht erhalten“ (s.a. Kernberg/ Dulz/Sachsse 1999, S.450).

Nach Kernberg entspricht eine solche Form der Abwehr, die auf eine mangelnde frühkindliche Integrationsleistung zurückzuführen ist und später als aktiver Abwehrmechanismus genutzt wird, im „ ...wesentlichen dem Mechanismus der Spaltung “ (s.a. Kernberg 1978, S.45).

Um einen genaueren Einblick in diese frühen Formen der Abwehr zu bekommen, möchte ich nun die spezifischen Formen der Spaltung und anführen.

3.1.1. Projektive Identifizierung

Die projektive Identifizierung stellt beispielsweise eine primitive Form der Spaltung und Projektion dar. Laut Kernberg wird dabei (Zit.): „ (...) die Einfühlung, also der innere Bezug zu dem Projizierten, aufrechterhalten, während unbewußte Mechanismen aktiviert werden, um das Projizierte im anderen auszulösen - als Versuch, diesen unter der angenommenen Dominanz des projizierten Selbstaspektes zu kontrollieren“(Kernberg /Dulz/Sachsse 1999, S.448).

Auch Benedetti führt diesen Aspekt, in seinem Beitrag zur Borderline-Störung, durch Adler2 an (ein transparentes Beispiel für die durch Spaltung und Projektion entstandenen Interaktionssequenzen in Gruppen). Danach würde sich auch die psychiatrische Umwelt der Patienten durch deren Projektionen und Identifikationen mitgestalten. D.h. die Menschen (z.B. Pfleger oder Ärzte) die in der Beziehungsumwelt des Borderline-Patienten als bedrohlich erachtet werden, entwickeln mit der Zeit dem Patienten gegenüber ein aggressives Verhalten. Die vom Patienten durchgeführte Spaltung der Beziehungsumwelt in „gute“ und „böse“ Objekte führt dann beim Pflegepersonal zum Streit zwischen den als „gut“ und den als „böse“ besetzten Pflegern, wobei (Zit.): „die einen am Unverständnis der anderen Anstoß nehmen“ (Benedetti 1991, S.139). Zusammenfassend könnte man sagen, daß es eine Spaltung der Beziehungsumwelt gibt, die als Folge der intrapsychischen Spaltung des Patienten, von „guten“ und „bedrohlichen“ Selbst- und Objektimagines, gesehen werden kann. Dabei wird die Abspaltung bedrohlicher Objekt- und Selbstimagines als Gefahr empfunden. Der Borderline-Patient versucht in diesem Fall, daß bedrohliche abgespaltene Objekt zu beherrschen (s.a. Kernberg 1978, S50).

3.1.2.Primitive Idealisierung

Im Gegensatz dazu steht die primitive Idealisierung. Dabei werden äußere Objekte mit positiven Eigenschaften besetzt, um sie vor negativen Projektionen zu schützen. Der Mechanismus hat die Funktion den Patienten vor bedrohlichen Anteilen des intrapsychischen sowie vor bedrohlichen Einflüssen der äußeren Beziehungsumwelt zu schützen. Dieser Mechanismus tritt vor allem in therapeutischen Situationen auf, um den Therapeuten fern zu halten von unangenehmen psychischen Konflikten. Die Personen der äußeren Beziehungsumwelt werden, wie gesagt, sehr stark idealisiert, aber nicht wirklich „gemocht“ (s.a. Kernberg 1978, S.51).

3.1.3. Verleugnung

Ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Bereich der Spaltung ist die Verleugnung. Spezifische Lebenssituationen, die in einem entsprechenden Moment emotional besetzt werden, werden im Affektleben der BorderlinePersönlichkeit später als Ich -Synton empfunden, da die Fähigkeit zur Selbstreflexion und damit auch die Fähigkeit, Affekte miteinander in Verbindung zu bringen, fehlt. Die Verleugnung ist ein spezifischer Abwehrmechanismus, weil sie den Patienten vorübergehend vor paranoiden Ängsten schützt (s.a. Kernberg 1978, S.52, 124).

3.1.4.Omnipotenz und Entwerung

Mit dem spezifischen primitiven Abwehrmechanismus der Omnipotenz und Entwertung ist eine totale Idealisierung oder Abwertung der äußeren Objektwelt gemeint. In diesem Fall werden die primitiven Introjektionen, d.h. die „guten“ Objekt- und Selbstimagines als Abwehrmechanismus gegen bedrohliche und verfolgende Objekte benutzt. Diese Form der Abwehr zeichnet sich zum einen dadurch aus, daß das idealisierte Objekt als omnipotenter Besch ü tzer gesehen wird, an welches sich der Patient anklammert. Dabei werden bei den Patienten selbst omnipotente Gefühle und Allmachtsphantasien ausgelöst. Hier liegt die Identifizierung mit einem einseitig „guten“ (omnipotenten, allmächtigen) Objekt zugrunde, welches als Schutz gegen verfolgende und bedrohende Objekte benutzt wird. Die Patienten bedienen sich hier in ausbeuterischer Weise ihrer als omnipotent empfundenen Objektwelt, da sie zu keiner echten emotionalen Bindung oder Rücksicht ihren Mitmenschen gegenüber in der Lage sind. Denn sobald ein äußeres Objekt nicht mehr die erhoffte Bedürfnisbefriedigung (oder Schutz) zu bieten in der Lage ist, wird es vom Patienten entwertet. Die Entwertung steht im Dienst der Abwehr, denn sie verhindert daß einstige idealisierte Objekte zu Verfolgern werden (s.a. Kernberg 1978, S.55)

3.1.5. Reflexion:

Im folgenden möchte ich den Vorgang der Spaltung anhand eines Fallbeispiels von Birger Dulz reflektieren: „Herr K. berichtete in einer Sitzung - nachdem wir bereits viele Monate miteinander gearbeitet hatten - davon, daß er in sich mehrere Schubladen habe. Jede Person, mit der er zu tun habe, werde von ihm in eine Schublade gepackt und bleibe dort, bis er gezwungen sei, sie aufgrund ihres Verhaltens ihm oder auch anderen gegenüber umzupacken. Er habe zwei Schubladen für Menschen, die er als gut empfinde. Es sei allerdings sehr leicht möglich, von diesen Schubladen hinabgestoßen zu werden. Den Weg von den bösen zu den guten Schubladen gebe es nicht ... oder nur ausnahmsweise. Mit den Menschen in den bösen Schubladen sei er im Grunde für alle Zeiten fertig“ (Dulz 1996S)

Im Gegensatz dazu führt, nach Kernberg, das Verhalten von Menschen mit neurotischer Charakterorganisation nicht zu einer so starken Verzerrung der zwischenmenschlichen Interaktion, wie es beispielsweise bei Borderline- Patienten der Fall ist (s.a. Kernberg/ Dulz/Sachsse 1999, S.449). Kernberg stellt einen Vergleich an, in dem er deutlich die Fähigkeit einer allgemeinen Realitätsprüfung bei Neurotikern und Menschen mit Borderline- Persönlichkeitsstruktur hervorhebt. Dennoch unterscheide sich das Verhalten von Borderline-Patienten und einem Menschen mit neurotischer Charakterorganisation dadurch, daß Borderline-Patienten nicht über das gleiche Maß an „ Taktgef ü hl “ , „ Diskretion “ , „ Einf ü hlungsverm ö gen “ und „ Selbstreflexion “ verfügen wie Menschen mit einer neurotischen Charakterorganisation (ebd.). Neurotiker verfügen über eine Form der Abwehr auf höherem Strukturniveau, nämlich in Form von Verdr ä ngung. Dieser Mechanismus konnte, wie ich bereits in der Einleitung erwähnte, bei den Borderline-Patienten nicht entwickelt werden.

4. Typische Symptomenkomplexe der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Patienten mit einer Borderline-Störung fallen durch eine Kombination verschiedener neurotischer Symptome auf. Die Störung läßt sich nicht durch das Vorhandensein von lediglich einem krankhaften Einzelsymptom feststellen, vielmehr geht es um das Vorhandensein von zwei bis drei der nun folgenden Symptome, um einen möglichen Hinweis auf eine BorderlinePersönlichkeitsstörung zu bekommen. Die hier angeführte Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

4.1.1. Angst

Die Betroffenen leiden unter chronischer, diffuser und frei flottierender Angst. Diese Angst kann sich sekundär zu einem Konversionssymptom mit besonderer Bedeutung entwickeln. Die Bedeutung dieser somatischen Äußerung könnte dann durch eine analytische Exploration herausgefunden werden. Natürlich kommt es auch vor, daß die Betroffenen ihre Angst als Widerstand in der Psychotherapie benutzen. Diese Form der Angst ist hier nicht gemeint (s.a. Kernberg 1978, S.26).

4.1.2. Polyphobien

Einen wichtigen Punkt stellt hierbei das Auftreten von Polyphobien dar. Hiermit sind zum einen Phobien in Bezug auf die eigene körperliche Wahrnehmung wie z.B. Err ö tungsfurcht, Angst vor dem Reden in der Ö ffentlichkeit, und zum anderen Phobien gegen ü ber ä u ß eren Objekten, wie z.B. Tierphobien, Angst vor Unwettern, H ö henangst etc., gemeint. Weiterhin sind auch Phobien mit einem Übergangsmerkmal zur Zwangsneurose,wie Beschmutzungs ä ngste, Angst vor Ansteckung etc. bezeichnend (ebd.)

4.1.3. Zwangssymptome

Zwangssymptome, bzw. Zwangshandlungen, die in ihrer Erscheinung als Ich- Synton empfunden werden, können als Hinweis für eine Borderline- Persönlichkeitsorganisation gewertet werden. Der Patient agiert seine absurden Handlungen aus, und versucht sie gleichzeitig rational zu rechtfertigen. Gemeint sind auch Patienten mit Zwangsgedanken paranoider oder hypochondrischer Art (s.a. Kernberg 1978, S.27).

4.1.4. Monosymptomatische Konversionsneurose

Die monosymptomatische Konversionsneurose, gerade wenn sie sich bereits chronifiziert hat, kann als ein nächstes Indiz für ein BorderlinePersönlichkeitsorganisation gesehen werden. Diese kann sich bis hin zu Körperhalluzinationen steigern und dabei komplexe Empfindungen und Bewegungsabläufe einschließen (ebd.).

4.1.5. Dissoziative Reaktionen

Dissoziative Reaktionen und Fuguezust ä nde in Verbindung mit Amnesien, Dämmerzuständen und Bewußtseinsstörungen gelten als weitere typische Merkmale (ebd.).

4.1.6. Hypochondrie

Das Symptom der Hypochondrie gilt als umstritten, da es sich eher in die Kategorie der Charakterst ö rungen einreihen ließe, als in die Kategorie der Symptomneurosen. Trotzdem muß dieses Symptom erwähnt werden, gerade wenn es sich um ritualisierte Maßnahmen der Gesunderhaltung, verbunden mit einem Rückzug von sozialen Kontakten (um sich dem Leiden zu widmen), handelt. Betroffene mit hypochondrischen Zügen die aus schweren Angstzuständen resultieren, sind nicht gemeint (ebd.).

4.1.7. Gleichzeitiges Auftreten Paranoia und Hypochondrie

Eine weitere typische Konstellation ist das gleichzeitige Auftreten von para - noiden und hypochondrischen Zustandsbildern bei ansonsten symptomneuro - tischer Symptomatik. Betroffene, die sekundär infolge ihrer Angs t diese Symptome entwickeln, sind jedoch nicht gemeint. Vielmehr geht es hierbei um Betroffene mit manifesten hypochondrischen und paranoiden Zügen. Diese Kombination ist, nach Kernberg, ein Hinweis auf eine Borderline- Persönlichkeitsstruktur (ebd.).

4.1.8. Polymorph-perverse Tendenzen im Sexualverhalten

In diesem Fall sind Betroffene mit einer sexuellen Deviation gemeint, in der sich die unterschiedlichsten perversen Tendenzen kombinieren. Kernberg führt hier z.B. männliche Borderline-Betroffenene an, deren Sexualverhalten durch Promiskuität mit „sadistischen Einschlägen“ gekennzeichnet sei. Allerdings fallen in diesen Bereich auch sexuell gehemmte Patienten, deren Onaniephantasien polymorph-perverse Tendenzen im Sexualverhalten aufweisen. Insgesamt handelt es sich bei diesen bizarren Perversionsformen um primitive Aggressionsäußerungen mit einer Fixierung auf genitale Triebziele. Patienten mit stabileren Objektbeziehungen lassen sich allerdings nicht ohne weiteres in diese Kategorie einordnen. Kernberg schreibt: „Je chaotischer und vielgestaltiger die perversen Phantasien und Handlungen und je labiler die mit solchen Interaktionen verbundenen Objektbeziehungen sind, desto eher ist eine Borderline-Persönlichkeitsstruktur zu erwägen“ (s.a. Kernberg 1978, S.28).

4.1.9.Die klassischen präpsychotischen Persönlichkeitsstrukturen

a.) Die paranoide Persönlichkeit
b.) Die schizoide Persönlichkeit
c.) Die hypomanische Persönlichkeit und die sogenannte zyklothyme Persönlichkeitsstruktur mit starken hypomanische Zügen.

Chronisch depressive Patienten mit stark masochistischen Persönlichkeitsmerkmalen (s. Kap. 6, S.22) gehören nicht in den Bereich der präpsychotischen Persönlichkeitsstrukturen (s.a. Kernberg 1978, S.29).

4.2.0.Impulsneurosen und Sucht

Innerhalb dieser Rubrik kommt es bei den Betroffenen immer wieder zu Impulsdurchbrüchen, die der Befriedigung von Triebzielen dienen. Außerhalb der triebhaften „Episoden“ werden diese als ich-dyston erlebt. Währenddessen werden sie als lustvoll empfunden. Impulsneurosen und Sucht treten z.B. in Verbindung mit Alkoholmi ß brauch und Kleptomanie auf. Allerdings werden von Kernberg auch Überschneidungen mit sexuellen „Abweichungen“ angeführt, in denen das perverse Symptom episodisch ausagiert wird und außerhalb der Episoden ebenfalls als ich-dyston „...oft sogar heftig abgelehnt wird“ (ebd.).

4.2.1 Reflexion:

Die hier angeführten Symptome treten sehr wechselhaft auf. Von daher ist es sehr schwierig, eine endgültige Diagnose für die Patienten zu stellen. Bei häufigeren stationären Behandlungen treten deshalb die unterschiedlichsten Diagnosen auf. Die Problematik des Wechsels unterschiedlicher Diagnosen möchte ich im nun folgenden Fallbeispiel illustrieren: Die 34-jährige Frau R. klagte bei der Klinikaufnahme über Angstzustände, die sich seit einiger Zeit vor allem darauf konzentrierten, die Kontrolle über ihre seit vielen Jahren bestehende Essstörung (Bulimia Nervosa) zu verlieren. Den ganzen Tag sei sie mit Nahrungsaufnahme und anschließendem Erbrechen beschäftigt und in ihren Gedanken habe nichts anderes mehr Platz. Sie beschrieb außerdem ein Gefühl von innerer Leere, welches sie mit Alkohol zu betäuben versuchte. Oft litt sie einerseits unter innerer Anspannung und heftiger Wut, andererseits aber auch unter dem Eindruck der Entfremdung und Unwirklichkeit. In solchen Zuständen fügte sie sich Schnittverletzungen am Unterarm zu, durch die sie in solchen Momenten zumindest kurzzeitig eine Entspannung erfuhr. Die Patientin wurde bereits fünfmal zuvor stationär behandelt. Zur ersten Aufnahme kam es nach einem Suizidversuch durch Pulsaderschnitt; Frau R. war depressiv verstimmt, klagte über Antriebsschwäche und verschiedene uncharakteristische körperliche Beschwerden. Dabei ließen sich Tagesschwankungen der Symptomatik mit einem morgendlichen Pessium beobachten. Die Diagnose bei diesem ersten Klinikaufenthalt lautete „Endogene Depression“. Dem zweiten Klinikaufenthalt der Patientin ging ebenfalls ein Klinikaufenthalt voraus: Nach einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit ihrem gewalttätigem Vater hatte Frau R. eine Überdosis Antidepressiva eingenommen. Ohne weitgehende nosologische Einordnung wurde ein Alkohol- und Tablettenmissbrauch bei familiären Konfliktsituationen diagnostiziert. Bei zwei weiteren Aufnahmen, bei denen die Essstörung der Patientin im Vordergrund stand, wurde die Diagnose „Anorexia Nervosa“ gestellt. Schon damals klagte Frau R. zusätzlich über diffuse Ängste, die sie nicht näher beschreiben konnte. Bei der vierten Klinikaufnahme zeigte sich ein buntes Bild bestehend aus allen vorher bereits aufgetretenen Symptomen, und es wurde erstmals die Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung gestellt (Psych Pflege 2000, S.165).

5. Identitätsdiffusion

Durch das Festhalten an primitiven Abwehrmechanismen (gemeint sind spezifische Formen der Spaltung und Projektion) erscheint das Verhalten von Borderline-Patienten nach außen hin als chaotisch, affektiv, flukturierend und im allgemeinen sich auszeichnend durch mangelnde Impulskontrolle, fehlende Angsttoleranz, eingeschr ä nkter Sublimierungsf ä higkeit und manifester Ich- Schw ä che. Letzteres Verhaltensmerkmal kommt vor, weil es bei diesen Menschen zu keiner „normalen“ Identitätsintegration gekommen ist, d.h. zu einer ausreichenden Differenzierung von Selbst- und Objektpräsentanzen, was wiederum eine „Aufweichung“ der Ich-Grenzen impliziert. Dadurch besteht auch die Schwierigkeit eine (Zit.): „...reife Einfühlung für andere zu entwickeln und diese auf einer reifen Ebene wahrzunehmen“ (s.a. Kernberg /Dulz/Sachsse 1999, S.449). Die Schwierigkeiten dieser Patienten entstehen dadurch, daß sie ihre inneren Konflikte in destruktiver Form in die Außenwelt inszenieren und sich dadurch immer tiefer in soziale Konflikte verstricken. Die Umwelt der Patienten hat Schwierigkeiten, Verständnis für dieses Agieren zu finden, da sie oftmals nicht weiß, daß der Patient spezifischen intrapsychischen Spaltungsmechanismen, die der Abwehr dienen, unterliegt. Gerade durch diese primitiven Abwehrmechanismen wird die Beziehungsumwelt entweder stark idealisiert oder als verfolgend erlebt und entwertet. Dadurch entstehen, nach Kernberg, starke Schwierigkeiten beim Finden eines passenden Lebenspartners und beim Definieren beruflicher Ziele wie auch ästhetischer und ethischer Ideale (ebd.).

Kernberg skizziert in diesem Zusammenhang noch die sogenannten „asozialen“ Verhaltensmuster, die sich auch durch ein Fehlen von bedeutsamen Bezugspersonen auszeichnen würden. Je länger die Zeit einer sozialen Isolation, desto schlechter erscheint die Prognose für eine erfolgreiche Therapie. Im Vergleich dazu schildert Kernberg, daß Menschen mit schwerer BorderlinePersönlichkeitsstörung die in ihrer Vorgeschichte jedoch konstantere zwischenmenschliche Beziehungen hatten, eine bessere Aussicht auf eine erfolgreiche Psychotherapie hätten (ebd.).

Fallbeispiel: Die 31-jährige Frau G., die nach einer heftigen familiären Auseinandersetzung in die Klinik kam, berichtete bei der Aufnahme von verschiedenen Teilen in ihr, die entweder Anteile ihrer selbst oder auch Teile anderer Personen darstellten. Wurden durch Wahrnehmungen in der Außenwelt oder Interaktionen „gute Teile“ aktiviert, ging es der Patienten besser, sie fühlte sich kreativer und freier. Wurden andererseits „negative Teile“ aktiviert, fühlte sie sich verloren und unwirklich. Sie litt dann unter zum Teil bizarren Störungen der Körperwahrnehmung und unter ausgeprägten Depersonalisationserscheinungen, die darin gipfelten, daß die Patientin meinte ihr eigenes Gesicht nicht mehr zu erkennen. Frau G. erlebte sich fragmentiert, unwirklich und in ihrem eigenen Körper nicht mehr zuhause.

In diesem kurzen Abschnitt einer Krankengeschichte wird sowohl der Mechanismus der Spaltung in gute und böse Teile, wie auch das Phänomen der Identitätsdiffusion deutlich. Für die Patienten selbst äußert sich dies vor allem in dem psychosenahen, qualvollen Erleben der inneren Fragmentierung (Psych Pflege 2000, S.167)

5.1.1. Die Pathologie der verinnerlichten Objektbeziehungen und ihre Folgen für die Ich-und Über-Ichentwicklung

Gerade durch das Vorhandensein der pathologischen Ich-Spaltung stellt sich die Frage, wie die Über-Ichentwicklung bei Borderline-Patienten strukturiert ist. Um eine Aussage über die Strukturierung des Über-Ich bei Borderline-Patienten machen zu können, möchte ich nun erneut auf die mangelhafte Integration der Objekt- und Selbstimagines im Ich hinweisen.

Wie ich bereits im Kapitel über die spezifischen Formen der Abwehr ausführte (Kap. 3., S.9), entwickeln sich die Ich-Zustände des Borderline-Patienten in dissoziierter Form. Die Gründe dafür liegen im Fortbestehen der früh verinnerlichten pathologischen Objektbeziehungen im Patienten. Es kann sich nur schlecht eine allgemeine Integration des Ich vollziehen, weil sich der Einfluß von Spaltungsvorgängen störend auf die synthetisierenden Prozesse auswirkt, die im Normalfall eine Integration des Ich möglich machen würden. Der Patient trägt also ein bestimmtes internalisiertes Objekt- und Selbstimago in sich, welches sich durch eine Affektdisposition auszeichnet, die während des Zeitpunktes der Verinnerlichung (z.B. Trauma) vorherrschte und sich dann im Patienten für spätere Zeiten affektiv einlagern konnte.

Dennoch sind dabei die äußeren Ichgrenzen - im Gegensatz zu den psychotischen Erkrankungen - bei den Borderline-Persönlichkeitsstrukturen relativ konstant. Zu einer Verschmelzung von Ichgrenzen kann es meist nur durch projektive Identifizierung (s. Kap.3.1.1, S.10) kommen, indem beispielsweise eine (Zit.) „...Verschmelzung mit idealisierten Objekten besteht“ (Kernberg 1978, S.56).

Ich führte bereits in Kap.3.1.4, S.11 an, daß Menschen mit einer Borderline- Persönlichkeitsstruktur nur schwer in der Lage sind ein tiefes empathisches Mitgefühl für ihre Umwelt zu entwickeln. Dies ist auf die nicht vorhandene Integration der „bösen“ und „guten“ Introjektionen zurückzuführen. Dasselbe gilt auch für die Fähigkeit depressive Spannungen zu erleben, wobei auch „negative“ und „positive“ Selbstimagines im Ich integriert werden müßten. Das Bedauern über ausagierte Aggression ist ebenfalls nur durch eine Integration der unterschiedlichen Introjektionen wahrnehmbar. Daher erscheint ein depressives Verhalten bei Borderline-Patienten oft nicht im Rahmen tief empfundener Anteilnahme, sondern es äußert sich auf einem „primitiveren“ Niveau mit dem Charakter ohnmächtiger Wut oder Kapitulation. Wenn ein solches Verhalten bei dem Patienten vorliegt, also keine Integration der „guten“ und „bösen“ Introjekte erfolgt ist, dann liegt meist eine Charakterstörung auf niederem Niveau vor, was auf eine Borderline-Persönlichkeitsstruktur hinweist (s.a. Kap.6.1.1, S.21).

Sicherlich wirkt diese Spaltung der ausschließlich „guten“ und ausschließlich „bösen“ Objektimagines im Ich auch störend auf eine Integration des Über-Ich. Frühe sadistische Über-Ich-Vorläufer, die sich z.B. während eines Internalisierungsvorganges gemeinsam mit prägenitalen Konflikten gebildet haben, werden vom Patienten als so übermächtig und unerträglich empfunden, daß sie wiederum auf bedrohliche Objekte projiziert werden. Diese Objekte reagieren in der Wahrnehmung des Patienten wiederum drohend (s.a. Kap.3.1.1., S. 10: projektive Identifizierung). Im Gegensatz dazu stehen natürlich auch die stark überidealisierten Selbst-und Objekt- Imagines, die unrealistische Ziele mit phantastischen Idealen von Macht, Größe und Vollkommenheit hervorbringen. Auch diese unrealistischen Idealvorstellungen resultieren aus einer nicht gelungenen Über-Ich-Integration.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die sadistischen und überidealisierten Anteile der Über-Ich-Vorläufer (Zit.) „ (...) die Wahrnehmung der Elternimagines in der einen oder anderen Richtung verzerren und damit eine Über-Ich-Integration verhindern“ (Kernberg 1978, S.57). Die, wenn überhaupt nur primitiv angelegte Über-Ich Funktion dieser Patienten, ist von daher auch nur eingeschränkt fähig zu abstrahieren. Dem Borderline-Patienten bleibt nur die Möglichkeit, seine frühen sadistischen und idealisierten Über-Ich-Vorläufer auf die Objektwelt zu projizieren. Der daraus entstandene Hang die äußeren Objekte (wie z.B. die Eltern), die mit realistischen Forderungen an den Patienten herantreten, zu entwerten führt zu einer fortlaufenden Störung der Über-Ich- Bildung. Daher stellt sich auch die Frage, ob die Patienten in der Lage sind, eine realistische Einschätzung der äußeren Objekte vorzunehmen, bzw. diese äußeren Objekte als ganze Objekte wahrzunehmen. Durch den Zwang, eine ständige Projektion der negativen Selbst- und Objektimagines durchführen zu müssen, befindet sich der Borderline-Patient ständig in einer Welt voller Bedrohungen und Gefahren. Diesen äußeren Drohungen wird dann mit Abwehr begegnet, z.B. mit dem Aufbau unrealistischer grandioser Ideal-Selbst-Imagines, die sich aus den frühen, primitiven Verschmelzungen von Idealselbst- und Idealobjekt entstandenen Ich-Ideal-Vorläufern zusammensetzen. Somit verstärken sich die Gefühle von Allmacht und Größenwahn und verhelfen nicht zu einer flexiblen Orientierung des Ich-Ideals und des Über-Ich (s.a. Kernberg 1978, S.58).

6. Differenzialdiagnostische Abgrenzung der narzißtischen, hysterischen- und infantilen Persönlichkeitsstörungen

Aus der Spaltung der früh internalisierten Objektbeziehungen entstehen, wie ich bereits anführte, die Schwierigkeiten der Patienten, sich in einem sozialen Kontext zurechtzufinden (s.a. Kap. 5., S.11). Kernberg umschreibt die psychische Konstitution der Patienten dahingehend, daß sie sich durch eine emotionale Flachheit auszeichnet (s.a. Kernberg 1978, S.59). Die Fähigkeit, tiefe emotionale Bindungen mit anderen einzugehen, scheitert, weil die äußere Beziehungsumwelt, d.h. die Objektwelt, nicht als eine ganzheitliche gesehen werden kann. Natürlich hat das auch damit zu tun, daß die Zusammenführung libidinöser und aggressiver innerer Objekte nicht zustande kommt (ebd.). Zusätzlich unterliegen die Patienten der Angst, daß sie durch ihre primitiven Abwehrvorgänge, insbesondere durch den Mechanismus der projektiven Identifizierung, den Angriff eines äußeren Objektes provozieren, je mehr Bedeutung es für den Patienten gewinnt (ebd.). Daher muß die Objektwelt für den „Patienten“ beherrschbar sein, um primitive und paranoide Ängste, die durch die fortwährenden Projektionen ausgelöst werden, auszuschließen. Ein weiterer Aspekt, der den Umgang mit der Umwelt erschwert, ist der stark ausgeprägte Hang zu aggressiv durchsetzten prägenitalen und genitalen Triebzielen. Diese werden im Verhalten subtil, aber auch in direkter Form ausagiert. Darin kommen auch die stark ausbeuterischen Tendenzen zum Vorschein, die sich durch maßlose Ansprüchlichkeit und taktlose Manipulation auszeichnen (s.a. Kernberg 1978, S.60). Die bereits erwähnte Tendenz zur Abwertung der Objekte kommt natürlich auch hierbei zum Ausdruck. Wenn der Versuch scheitert, ein Objekt unter diesen ausbeuterischen Gesichtspunkten zu beherrschen, dann folgt meist ein defensiver Rückzug der Patienten. Der Wunsch nach einer sozialen oder partnerschaftlichen Beziehung, der sich dahinter verbergen kann, wird dann meist nur in Form einer entschädigenden Phantasie gelebt.

Nach solch einem Verlust empfinden sich diese Patienten in einer defensiven bzw. unterlegenen Position. Bei näherer Betrachtung stellt sich relativ aber schnell heraus, daß sich hinter dieser defensiven bzw. unterlegenen Position lediglich eine Abwehrhaltung verbirgt, hinter der Gefühle von Größenwahn und blindem Optimismus stehen, die aus der Identifizierung des Patienten mit einseitig „guten“ Selbst- und Objektimagines resultieren (ebd.). Aus diesen Zusammenhängen entsteht auch das Gefühl, daß sie berechtigt sind, andere Menschen für sich zu benutzen. Der narzi ß tische Aspekt, der sich hierbei zeigt, findet in der Verschmelzung mit frühen idealisierten Objektbeziehungen seinen Ausdruck, um dann als Abwehr gegen „böse“ Selbstimagines und äußere Objekte angewendet zu werden.

6.1.1 Klassifizierung der Charakterstörungen (narzißtische, hysterische und infantile Persönlichkeit)

Kernberg schildert, daß die narzi ß tische Pers ö nlichkeit, was ihre psychische Struktur anbelangt, am stärksten dem Bereich der Borderline-Störungen zugeordnet werden kann. Ihr Strukturniveau ist am niedrigsten, da es sich noch auf dem Niveau frühkindlicher Spaltungsmechanismen befindet , auf dem die Integration „guter“ und „böser“ Introjekte nicht stattfand. Im Gegensatz dazu steht die hysterische Pers ö nlichkeit, deren Abwehrmechanismen sich auf einem h ö herem Strukturniveau, nämlich auf dem der Verdrängung, befindet. In diesem Fall liegt selten eine Borderline-Störung vor. Die infantile Pers ö nlichkeit reicht auf ihrem Strukturniveau in den Bereich der Borderline-Persönlichkeitsstörung hinein. Sie ist eine Charakterstörung von mittleren Strukturniveau, die aber bereits in den Bereich der Borderline-Störungen hineinreicht (s.a. Kernberg 1978, S.31). Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, daß man innerhalb eines Charaktertypus eine recht hohe Variabilität bezüglich der Strukturierung vorfindet. Zum Beispiel gibt es „typische“ Hysterien, die trotzdem Borderline- Züge aufweisen. Im Gegensatz dazu gibt es Menschen mit typisch narzißtischen Charakterattributen, die sich nicht in das Schema der Borderline-Merkmale einordnen ließen (ebd.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Einstufungen im oberen Bereich der Darstellung entsprechen dem niederen Strukturniveau („lower level“). Dies impliziert den Verdacht auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Im folgenden werde ich versuchen, auf die deskriptiven Merkmale dieser drei Charakterstörungen einzugehen.

6.1.2 Die narzißtische Persönlichkeit

Da bei den meisten Patienten mit narzi ß tischer Pers ö nlichkeit eine BorderlinePersönlichkeitsstruktur vorliegt, möchte ich noch einmal näher auf diese spezifische Form dieser Charakterstörung eingehen.

Kernberg beschreibt eine spezifische Charakterstörung, bei der eine Störung des Selbstwertgefühls in Verbindung mit bestimmten Störungen der Objektbeziehungen vorliegt (s.a. Kernberg 1978, S.35). Die Patienten erscheinen nach außen hin wenig regrediert und bieten dem oberflächlichen Betrachter eine sozial recht erfolgreiche Außenfassade. Auch die Triebimpulse dieser Patienten sind kontrollierter als bei der infantilen Pers ö nlichkeit, auf die ich im nächsten Teil noch näher eingehen werde (s. Kap. 6.1.3, S.23) (ebd.). Von Kernberg werden die narzißtischen Persönlichkeiten als stark selbstbezogen in ihrem Umgang mit anderen Menschen beschrieben, da sie in einem übersteigerten Maße die Erwartung hegen, von anderen geliebt und bewundert zu werden. Sie neigen dazu, permanent narzi ß tische Zufuhr von ihren Mitmenschen zu erwarten, um sich somit ihr „aufgeblähtes“ Selbstkonzept bestätigen zu lassen. Bleibt die narzistische Zufuhr von anderen aus, so kehren sich diese Patienten ab und entwerten die Menschen, von denen sie sich die benötigte narzißtische Zufuhr erwartet haben (ebd.). Im Grunde genommen haben diese Menschen wenig „Freude“ am Leben, da sie rastlos und gelangweilt sind, sobald sie in der Beziehungsumwelt nicht brillieren können und somit keine neuen Quellen der Selbstbestätigung für sie zur Verfügung stehen. Die mitmenschlichen Beziehungen dieser Patienten sind durch ihren ausbeuterischen Charakter und ihre wenig ausgebildete Empathie gegenüber anderen gekennzeichnet, weil sie ohne jedes Schuldgefühl über die Emotionen anderer Menschen hinweggehen. Da sie im verstärkten Maße von der Bewunderung und Bestätigung anderer abhängig sind, werden sie meist von ihrer Umwelt als sehr abhängige Menschen beschrieben. In Wirklichkeit sind diese Menschen aber außerstande echte Abhängigkeit zu entwickeln, weil sie im Grunde (Zit.): „...zutiefst mißtrauisch sind und andere verachten“ (Kernberg 1978, S.36). Hinter einer meist sehr gewinnenden Fassade entdeckt die Umwelt meist etwas Kaltes und Unerbittliches. Innerhalb analytischer Untersuchungen zeigen sich die arroganten, herrschsüchtigen und grandiosen Charaktermerkmale als Abwehr gegen paranoide Tendenzen, die mit oraler Wut zusammenhängen, welche, nach Kernberg, bei dieser psychopathologischen Konstellation eine zentrale Rolle spielt (ebd.). Bei oberflächlicher Betrachtung scheinen sich bei solchen Patienten keine Interaktionen in Objektbeziehungen abzuspielen. Dennoch findet man bei ihnen intensive primitive Objektbeziehungen bedrohlicher Art und gleichzeitig die Unfähigkeit, sich auf „gute“ innerliche Objektbeziehungen verlassen zu können.

6.1.3 Hysterische Persönlichkeit und infantile Persönlichkeit

Kernberg faßt einige der wichtigsten Charakterzüge hysterischer Persönlichkeiten folgendermaßen zusammen:

a. Emotionale Labilität
b. Übermäßiges Engagement
c. Kombination von Abhängigkeit mit exhibitionistischen Zügen
d. Pseudo-Hypersexualität und Sexualhemmung
e. Selektives Rivalisieren mit Männern und Frauen
f. Masochistische Züge

Die einzelnen Punkte sollen im Folgenden nicht näher abgehandelt werden, sondern nur die Aspekte der hysterischen Pers ö nlichkeit in den Vordergrund gestellt werden, die für die differentialdiagnostische Abgrenzung zur infantilen Pers ö nlichkeit von Bedeutung sind.

a.) Emotionale Labilit ä t.

Bei der hysterischen Pers ö nlichkeit wird Pseudo-Hyperemotionalität als Abwehr eingesetzt, um die Verdrängung zu unterstützen. Dies wird, nach Kernberg, besonders bei der Berührung von Konfliktthemen (Sexualität) als Übertragungswiderstand vorgefunden. Die Patienten erscheinen bei nicht konflikthaften Themen emotional relativ stabil und angepaßt (s.a. Kernberg 1978, S.32).

Im Gegensatz dazu erscheint die Emotionalität bei infantilen Pers ö nlichkeiten als eine allumfassend diffuse. Da sie sozial schlechter angepaßt sind als die hysterischen Pers ö nlichkeiten, gibt es in ihrem Leben nur wenig konfliktfreie Bereiche.

Während die hysterischen Persönlichkeiten lediglich auf der Höhe ihrer Konflikte die Kontrolle über ihre Triebimpulse zu verlieren scheinen, so erscheint die mangelhafte Impulskontrolle bei infantilen Pers ö nlichkeiten als viel ausgeprägter.

b.) Ü berm äß iges Engagement.

Von Außenstehenden wird das übermäßige Engagement von Hysterikern als adäquater und typisch weiblicher Charme empfunden. In heterosexuellen Beziehungen fallen die Hysteriker vor allem durch das Verlangen nach ständiger Anwesenheit des Partners und durch kindische Anklammerungstendenzen auf. Dieses Verhalten, welches als regressive Abwehr gegen genitale Triebwünsche zu verstehen ist, tritt meist in heterosexuellen Partnerschaften auf. Im allgemeinen sind die hysterischen Persönlichkeiten trotz ihrer Extravertiertheit im Rahmen eines soliden Sekundärprozeßdenken zu einer (Zit.): „ (...) realistischen Einschätzung der aktuellen Wirklichkeit“ in der Lage (ebd.). Bei den infantilen Persönlichkeiten hat die kindliche Überidentifizierung einen eher inadäquaten Charakter. Das Innenleben und die Motive anderer Menschen werden meist nicht angemessen eingeschätzt, auch wenn sich die infantile Persönlichkeit bei oberflächlicher Betrachtung gut angepaßt zu haben scheint. Innerhalb längerer Beziehungen zeigen die infantilen Persönlichkeiten eine oral-aggressive Anspruchshaltung, die für Hysteriker meist untypisch ist (ebd.).

c.) Abh ä ngigkeit von anderen und Exhibitionismus.

Der Hang Hysterischer Pers ö nlichkeiten, immer im Mittelpunkt stehen zu wollen, hat meist eine sexuelle Komponente, weil hier Abhängigkeitsbedürfnisse mit unmittelbar genitalen exhibitionistischen Tendenzen verbunden sind. Bei infantilen Pers ö nlichkeiten ist der Hang Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen weniger sexualisiert. Er ist eher durch eine hilflose, orale Tönung gekennzeichnet. Der Exhibitionismus dieser Menschen hat eine kältere Komponente, weil er als Ausdruck narzißtischer Tendenzen zu werten ist (ebd.).

d.)Pseudo-Hypersexualit ä t und Sexualhemmung.

Typisch für die hysterische Persönlichkeitsstruktur ist vor allem ein vordergründig sexuell provozierendes Verhalten bei dahinter liegender sexueller Hemmung, wie sie beispielsweise bei der Frigidität vorkommt. Bei infantilen Persönlichkeiten kommt dieses Verhalten in einer direkteren, primitiveren und sozial unangemesseneren Form zum Ausdruck. Diese ist dann durch eine orale Anspruchshaltung gekennzeichnet und wirkt von daher weniger sexualisiert (s.a. Kernberg 1978, S.33).

Bei hysterischen Persönlichkeiten fallen ödipale3 Züge auf, wobei die Fähigkeit zur konstanten sexuellen Beziehungen erhalten bleibt. Man findet bei hysterischen Persönlichkeiten außerdem einen weniger ausgeprägten Hang zur sexuellen Promiskuität als bei infantilen Persönlichkeiten. Bei der letzten Charakterstörung hat nämlich die sexuelle Promiskuität einen recht ausgeprägten und von daher eher haltlosen Charakter. Die sexuellen Beziehungen sind hier wenig konstant (ebd.).

Das wichtigste unterscheidende Merkmal zwischen der hysterischen Persönlichkeit und der infantilen Persönlichkeit besteht darin, daß bei der hysterischen Form eine diffuse Verdrängung sexueller Phantasien dominiert und bei der infantilen Persönlichkeit (Zit.): „ (...) bewußte Phantasien mit primitiveren Zügen und polymorph perversen Inhalten vorkommen können“ (Kernberg 1978, S.33).

e.) Rivalisieren mit M ä nnern und Frauen. Nach Kernberg kann man im Konkurrenzverhalten hysterischer Pers ö nlichkeiten beobachten, daß ein Überwiegen ödipaler Motive besteht, wenn zwei Frauen miteinander rivalisieren. Wenn im Gegensatz dazu hysterische Frauen in ein Konkurrenzverhalten mit Männern treten, dann haben sie diesbezüglich meist schon eine stabilere Charakterhaltung entwickelt.

Im Unterschied dazu kann man bei den infantilen Pers ö nlichkeiten kein dauerhaftes Konkurrenzverhalten mit beiden Geschlechtern feststellen. Vielmehr schwanken die Konflikte zwischen einem rapiden Wechsel zwischen ausgeprägt positiven und negativen Affekten. Sie schwanken zwischen einer infantilen Form der Unterwerfung und kindischer Nachahmung und andererseits reagieren sie mit Trotz und Abwehr, was aber nicht lange durchgehalten werden kann (ebd.).

f.) Masochismus. Einer näheren Erörterung diese Aspektes werde ich mich noch im Kapitel über die depressiv masochistischen Charakterstrukturen zuwenden (Kap. 7., S.27). Dennoch möchte ich darauf hinweisen, daß diese Form des Masochismus von höherem Strukturniveau bei hysterischen Pers ö nlichkeiten auf ein strenges und strafendes Über-Ich zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu sind die masochistischen Charakterzüge bei der infantilen Persönlichkeit viel weniger von Schuldgefühlen besetzt. Hier vermischen sich sadistische und masochistische Tendenzen (s.a. Kernberg 1978, S.34).

6.1.4.Reflexion

In dieser abschließenden reflektierenden Darstellung, möchte ich noch einmal auf die wichtigsten differentialdiagnostischen Merkmale der drei Charakterstörungen eingehen.

Wie aus der vorherigen Darstellung zu entnehmen ist, handelt es sich bei der hysterischen Pers ö nlichkeit um eine Charakterstörung mit einem weitaus integrierterem Ich und Über-Ich. Dabei fallen vor allem die konfliktfreieren Ich-Funktionen und Ich-Strukturen, und ein Überwiegen ödipaler Konflikte gegenüber oralen Konflikten auf. Während sich die Problematik der infantilen Pers ö nlichkeit auf frühe orale Konfliktzustände begründet, so kann man bei der hysterischen Persönlichkeit ödipale Konfliktbereiche im Vordergrund sehen. Auch in Bezugnahme auf die sexuelle Struktur finden sich bei den hysterischen Persönlichkeiten vielmehr genitale als prägenitale Konflikte, im Gegensatz dazu kann man bei der infantilen Pers ö nlichkeit eine stärkere Ausprägung prägenitaler und vor allem oraler Konflikte vorfinden (ebd.).

Die Fähigkeit zu stabilen Objektbeziehungen ist natürlich bei den narzißtischen Persönlichkeiten nicht in dem Maße vorhanden wie z.B. bei hysterischen Persönlichkeiten, weil bei dieser Form die pathologischen Spaltungsvorgänge verstärkt auftreten. Infantile Persönlichkeiten zeigen ihrerseits ein oral forderndes Verhalten, welches aggressiver erscheint als das Abhängigkeitsverhalten von hysterischen Pers ö nlichkeiten. Nach Kernberg sind infantile Pers ö nlichkeiten zu einer wirklich tiefen emotionalen Abhängigkeit nicht in der Lage, was auf die frühen Störungen in den verinnerlichten Objektbeziehungen zurückzuführen ist (ebd.).

7. Differnzialdiagnostische Merkmale bei depressiv-masochistischen Charakterstrukturen

Im folgenden möchte ich auf die Charakterstörungen der depressiv- masochistischen Charakterstruktur eingehen, um auch hier die unterschiedlichen Abstufungen vom höheren bis niederem Strukturniveau darzustellen. Die masochistischen Elemente sind typisch für die Borderline- Störungen und lassen sich als Vermeidungsmechanismus für Schuld und Schamgefühle deuten.

Die depressiv-masochistischen Charakterstrukturen lassen sich folgendermaßen beschreiben:

7.1.1. Die depressive Persönlichkeit.

Die depressive Persönlichkeit ist z.B. eine Persönlichkeitsstörung von höherem Strukturniveau, welche vor allem durch Reaktionsbildungen gekennzeichnet ist. Diese äußern sich dadurch, daß der Patient depressiv reagiert, wenn eigentlich aggressive Reaktionsmuster angezeigt wären. Dabei fallen vor allem Situationen auf, in denen der Patient eine Frustration seiner Abhängigkeitsbedürfnisse erfährt und seine Reaktion in eine Depression mündet. (Kernberg 1999, S.55). Man kann somit bei diesen Patienten auf ein gut integriertes Über-Ich schließen. Pathologisch steht diese Störung den hysterischen Störungen und dem Zwangscharakter nahe, dennoch unterscheidet sich die Genese dieser Struktur durch das Überwiegen prägenitaler Störungen. Zusätzlich gibt es hier noch eine andere Form von höherem Strukturniveau, bei der ein masochistischer Aspekt wahrzunehmen ist. Es handelt sich, ähnlich wie bei der hysterischen Persönlichkeit, um masochistische Verhaltensmerkmale, die psychodynamisch als Ausagieren unbewußter genitaler Triebwünsche zu verstehen sind (s.a. Kernberg 1978, S.37). Hier findet man nicht nur das gut integrierte Über-Ich, sondern vielmehr ein konfliktuöses, strenges Über-Ich, welches bei den Patienten die Neigung zu selbstschädigenden Verhalten hervorruft. Hierbei reflektieren sich die Schuldgefühle der ödipalen Dynamik, welche als Vorbedingung für sexuelle Lust zum Ausdruck kommen (s.a. Kernberg, Dulz, Sachsse 1999, S.55)

7.1.2.Der sadomasochistische Charakter

Der sadomasochistische Charkter ist ein typisches Beispiel für eine Persönlichkeitsstruktur von weniger hohem Niveau, die nach Kernberg in den mittleren Bereich des Kontinuums einzuordnen wäre (ebd.). Damit gehört diese Form bereits in den Bereich der Borderline-Persönlichkeitsstrukturen. In diese Kategorie fallen beispielsweise die „help-rejecting complainers“. Hierbei handelt es sich um Patienten, die immer wieder ihre Ängste und Probleme vorbringen, sich aber dann doch nicht helfen lassen. Die impulsiven Charakterzüge dieser Patienten lassen sich auf frühe sadistische Triebabkömmlinge zurückführen.

Ähnliche Verhaltensmerkmale werden manchmal auch bei den infantilen Pers ö nlichkeiten beobachtetet. Dabei fehlt, nach Kernberg, in dieser Kategorie der perfektionistische Aspekt der Depressiven (s.a. Kernberg 1978, S38).

7.1.3. Primitive Selbstdestruktivit ä t. Diese Form der masochistischen Charakterstörung äußert sich darin, daß die Aggression gegen den eigenen Körper gerichtet wird. Der psychodynamische Hintergrund der primitiven Selbstdestruktivit ä t ist ein Überwiegen präödipaler (Über-Ich) Konflikte. Diese Charakterstörung ist, was ihr Strukturniveau betrifft, dem „niederen Niveau“ des Strukturkontinuums zuzuordnen. Kernberg schildert die primitve Selbstdestruktivit ä t dieser Gruppe von Patienten als eine primitive Sexualisierung masochistischer Bedürfnisse (ebd.). Die Integration des Über- Ich ist bei diesen Patienten schlecht entwickelt4. Die Patienten fügen sich tiefe Schnittwunden und ähnliche Verletzungen zu, um einen aktiven Angst- und Spannungsabbau zu erzielen. Im „Handbuch der Borderline-Störungen“ geht Ulrich Sachsse5 ebenfalls sehr detailliert auf die Art und Weise des selbstverletzenden Verhaltens ein.

Suizidale Handlungen sind ebenfalls ein Teil dieser primitiven Impulsdurchbrüche, die aber ohne den Hintergrund einer eigentlichen Depression unternommen werden. Das Phänomen der Selbstverletzung, welches hier am ausgeprägtesten in Erscheinung tritt, ist wohl das am meisten bekannteste Merkmal der Borderline-Störung.

Im Kap.1.1., S.6 habe ich die unterschiedlichen Punkte des DSM-IV angeführt. In Punkt 5. wird auf das selbstverletzende Verhalten mit zusätzlichen Suiziddrohungen und Suizidandeutungen hingewiesen. Im folgenden möchte ich auf die Häufigkeit der selbstverletzenden Verhaltensweisen eingehen, die von Ulrich Sachsse im Handbuch der Borderline-Störungen angeführt werden (s.a. Kernberg/Dulz/ Sachsse 1999,S.348).

Zusammengefaßte epidemiologische Studien aus Kanada, England, Dänemark und den Vereinigten Staaten ergeben, daß in der Bevölkerung mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen ist. Dabei wird in den Jahren zwischen 1970 und den frühen 80‘er Jahren eine Inzidenz von:

14 - 600 Personen mit selbstschädigenden Verhalten pro 100.000 Personen der Bevölkerung pro Jahr angenommen. Nach Sachsse beträgt die Prävalenz der selbstschädigenden Verhaltensweisen in den westlichen Kulturnationen ca. 1%, was somit im unteren Prävalenzbereich der Borderline-Persönlichkeitsstörung liegt (ebd.).

Auch Kernberg weist darauf hin, daß die Mehrzahl der Menschen mit diesen selbstverletzenden Verhaltensweisen eine Borderline-Persönlichkeitsstruktur aufweisen (s.a. Kernberg 1978, S.38).

7.1.4.Depression als Symptom.

Bei den drei unterschiedlichen Einstufungen des Kernbergschen Strukturkontinuums von Charakterstörungen mit depressiv- masochistischen Zügen fällt auf, daß die „Patienten“ die sich innerhalb eines höheren Strukturniveaus einordnen lassen, manifest depressiver sind als diejenigen, die sich auf niederem Strukturniveau befinden. Deshalb wirft Kernberg die Frage auf, ob die Depression als Symptom (im Sinne von Depressivität) für eine Differentialdiagnose der Borderline-Persönlichkeitsstruktur von Bedeutung sein könnte. Kernberg grenzt das Symptom der Depression von den depressiv- masochistischen Charakterzügen ab, da hierbei die Qualität der ausschließlich depressiven Verstimmung zu beachten ist. Je mehr diese depressive Verstimmung mit „echten Selbstvorwürfen“ verbunden ist, desto mehr kann man auf eine Integration des Über-Ich schließen (Wie ich bereits im Kap. 5.1.1., S.18 anführte, so ist die gute Integration des Über-Ich für eine hohe Zuordnung im Strukturniveau der Charakterstörungen ausschlaggebend). Eine andere Art von Depression äußert sich durch ohnmächtige Wut und Hilflosigkeit die infolge eines Zusammenbruchs des idealisierten Selbstkonzeptes entstanden ist.

Bei solchen stark ausgeprägt depressiven Symptomen (quantitativ) mit Depersonalisationserscheinungen von psychotischem Ausmaß und einer Desorganisation des Ich, bestehen die Verdachtsmomente für eine Borderline- Persönlichkeitsstruktur. In diesem Fall kann, gerade durch das Vorhandensein eines primitiven, sadistischen Über-Ich, der Patient dem Druck nicht mehr standhalten. Hier ist das Strukturniveau am niedrigsten (s.a. Kernberg 1978, S.39).

Dabei kann es sich bei einer sehr schwerwiegenden Depression und bei dem völligen Fehlen einer depressiven Symptomatik um eine Charakterstörung von „niederem Strukturniveau“ handeln. Hier geht es um die Qualität und die Quantität der Depression, die dann evtl. als Hinweis für eine BorderlinePersönlichkeitstruktur gewertet werden kann (ebd.).

7.1.5. Reflexion

Die hier zusammengefaßten deskriptiven Einteilungen der Charakterstörungen von höherem bis mittlerem Niveau erlauben, insofern sie deutlich genug ausgeprägt sind, den diagnostischen Verdachtsmoment einer Borderline- Persönlichkeitsstruktur. Der genaue Hinweis auf eine Borderline- Persönlichkeitsstruktur, liegt jedoch in der Pathologie und Spaltung der verinnerlichten Objektbeziehungen begründet, wie ich sie schon zu Anfang in Kap. 3, S.9 beschrieben habe.

8. Triebentwicklung und Triebkonflikte

Im folgenden Kapitel möchte ich mich näher auf die konfliktuösen Triebinhalte der verinnerlichten Objektbeziehungen bei Patienten mit Borderline-Störungen konzentrieren. Eine Darstellung der Triebentwicklung und Triebkonflikte erscheint mir wichtig, da sie noch einmal die Ursachen für die bei Borderline- Patienten typische indifferent wirkende Sexualentwicklung hervorhebt. Von zentraler Bedeutung sind hier orale- und prägenitale Aggressionen.

Wie ich bereits in der Einleitung erwähnte, haben wir es bei den Borderline- Patienten mit Menschen zu tun, die während ihrer ersten Lebensjahre schweren Frustrationen und Aggressionen ausgeliefert waren. Dabei geht es vor allem um eine starkes Überwiegen prägenitaler und oraler Aggression die projektiv verarbeitet wird (s.a. Kernberg 1978, S.64). Diese projektive Verarbeitung führt dann wiederum zu einer Verzerrung der frühen Elternimagines, insbesondere des mütterlichen. Dabei wird die Mutter, durch die Projektion anal-sadistischer und oral-sadistischer Impulse, als primär verfolgend und bedrohend erlebt.

Kernberg schreibt an dieser Stelle, daß diese frühe projektive Wut sich nach einiger Zeit gleichermaßen auf das Vaterobjekt ausweitet, so daß beide Elternteile als ein kontaminiertes, bedrohliches Objekt betrachtet werden (ebd.). Die Synthese der „Vater-Mutter-Imago“ erschwert nicht nur eine ausreichende Differenzierung der äußeren Objektwelt, sondern führt vor allem dazu, daß später sexuelle Beziehungen als bedrohlich erlebt werden.

Gerade durch das Streben, sich von den bedrohlichen Zuständen oraler Wut zu befreien, setzt ein verfrühtes Eintreten genitaler Triebstrebungen ein, die aber aufgrund der vorhandenen frühen prägenitalen Störungen nicht ausgelebt werden können. Diese pathologische Entwicklung verläuft bei Mädchen und Jungen unterschiedlich (ebd.).

8.1.1.Vorzeitige Entwicklung genitaler Strebungen bei Jungen

Die vorzeitige Entwicklung genitaler Strebungen bei Jungen (zur Mutter), welche nach Kernberg durch eine Verleugnung oraler Abhängigkeitsbedürfnisse entsteht, ist durch die ödipalen Verbote in Bezug auf die Mutter und durch die frühen prägenitalen Ängste (die wiederum durch die ödipalen Verbote verstärkt werden), nur schwer durchführbar. Diese prägenitalen Ängste erscheinen hier im Bild einer gefährlichen, kastrierenden Mutter. Erschwerend kommt ebenfalls hinzu, daß auch die Projektion der prägenitalen Aggressionen gegen den Vater, die ödipalen Ängste, im Sinne von Kastrationsangst, enorm verstärken. Dieser Umstand führt dann zu einem ungünstigen Verlauf des Ödipuskomplexes6, der hier natürlich ebenfalls stattfindet. Kernberg schildert hier die „feminine Position“ des Jungen der sich in Form sexueller Unterwerfung letztendlich die orale Befriedigung durch den Vater erhofft, die ihm von der Mutter versagt blieb. Er sieht hierbei einen Zusammenhang zu der oral orientierten männlichen Homosexualität, obwohl er betont, daß Mutter und Vater auf einem bestimmten Niveau als gleichermaßen bedrohlich empfunden werden (s.a. Kernberg 1978, S.65). Bezeichnend in diesem Zusammenhang erscheint im übrigen die Annahme, daß Heterosexualität als bedrohlich wahrgenommen wird und Homosexualität als Umweg für die Befriedigung oraler Bedürfnisse steht.

Als ein weiterer Umweg um an die Befriedigung oral-aggressiver Bedürfnisse zu gelangen, wird allerdings auch die männliche Promiskuität gesehen, wie sie bei heterosexuellen Männern vorkommt (ebd.). Bei dieser Form „narzißtischer Vielweiberei“, rächt sich der Junge durch pseudogenitalen Verkehr an der oral verweigernden und frustrierenden Mutter.

8.1.2.Vorzeitige Entwicklung genitaler Triebstrebungen bei Mädchen

Auch bei den Mädchen tritt eine verfrühte genitale Triebstrebung ein, die ebenfalls als „Umweg“ für die verweigerte orale Versorgung der Mutter genutzt wird. Hier wird die genitale Triebstrebung, im ödipalen Sinne, gegen den Vater gerichtet.

Dieser „Umweg“ wird von Kernberg als problematisch beschrieben, wenn dabei die prägenitale Aggression nicht auf die Mutter, sondern auf den Vater projiziert wird. Hierbei kann nämlich eine Verstärkung des weiblichen Penisneides auftreten, der durch orale Wut und oralen Neid erheblich erhöht wird (ebd.). Diese Aggression kann meist auch nicht durch andere heterosexuelle Beziehungen aufgelöst werden, weil in solchen Bindungen wiederum ein starker pathologischer Penisneid aufkommt und (Zit.): „ (...) weil zudem die ödipal-verbietende Mutterimago durch die gefährliche prägenitale Mutterimago überlagert und verstärkt wird“ (ebd.).

Oftmals flüchten sich die Mädchen dann in die Promiskuität, um die Abhängigkeit von Männern bzw. den Penisneid zu verleugnen.

Ein weiterer Versuch die ungestillten oralen Bedürfnisse zu befriedigen, stellt der Verzicht auf Heterosexualität dar, indem eine idealisierte Mutterimago unter völliger Abspaltung der bedrohlichen Mutterimago libidinös besetzt wird. Kernberg sieht hier eine wichtige Quelle der weiblichen Homosexualität, die in dieser Form ebenfalls häufig bei Patientinnen mit Borderline-Struktur vorkommt. Bei dieser Form der Homosexualität geht es nicht nur um eine Unterwerfung unter die ödipale Mutter, sondern es geht hier um die Befriedigung oraler und prägenitaler Bedürfnisse durch Partial-Mutterfiguren. Solche Bindungen werden von Kernberg als sehr instabil beschrieben, weil sie wegen ihrer oralen Anspruchshaltung und Aggressivität schnell scheitern. Auf der Grundlage einer solchen zwischenmenschlichen Konstellation bilden sich oftmals sadomasochistisch-homosexuelle Bindungen (s.a. Kernberg 1978, S.66).

8.1.3.Reflexion

Wie aus den Ausführungen ersichtlich wird, so ist die sexuelle Orientierung bei den Borderline-Persönlichkeitsstörungen nicht einfach chaotisch und indifferent. Vielmehr richtet sie sich durch eine Reihe miteinander kombinierter Kompromißbildungen aus, die als erfolglose Versuche, sich von oraler und prägenitaler Aggession freizumachen, gewertet werden müssen.

9. Therapeutische Ansätze bei Borderline-Störungen

Innerhalb dieses Kapitels möchte ich eine Übersicht über die psychotherapeutischen Strategien geben, die bei Borderline-Störungen angewendet werden. Obwohl die Prognose für eine vollständige Heilung der Patienten eher schlecht ist, so kann sich durch eine Therapie im Leben eines Borderline-Patienten einiges zu seinem Vorteil entwickeln.

Wie ich schon zu Anfang dieser Arbeit anführte, kommt es in der psychoanalytischen Behandlung oftmals zu einer Regression der Patienten. Während dieser Regression kommt es häufig zu Wahnwahrnehmungen psychotischer Art und einer allgemeinen Störung der Realitätsprüfung. In der Übertragung werden außerdem pathologische Triebbedürfnisse befriedigt, die einen Fortschritt der Therapie behindern (s.a. Kernberg 1978, S.90).

9.1.1 Die stützende Psychotherapie

Ein erster psychotherapeutischer Ansatz ist die stützende Psychotherapie, die zehn Jahre oder länger andauern kann. Hier werden mit dem Patienten Mechanismen erarbeitet, die dazu verhelfen sollen (Zit.): „ (...) angepaßtere Techniken der Lebensbewältigung zu entwickeln“ (ebd.). Das Ziel der stützenden Psychotherapie ist es, die Abwehrorganisation zu stärken, um somit einer Regression des Patienten entgegenzuwirken. Leider ist diese Therapieform häufig zum Scheitern verurteilt, da die primitiven Abwehrmechanismen das Eingehen eines Arbeitsbündnisses verhindern (s.a. Kernberg 1978, S.91).

Nach Masterson, der ebenfalls Methoden zur stützenden Therapie von Borderline-Störungen darstellt, sollte der Therapeut eine unterstützende Haltung einnehmen. Damit ist natürlich nicht gemeint, daß der Therapeut sein Leben mit dem Patienten teilt, bzw. total auf seine regressiven Bedürfnisse eingeht. Mit Unterstützung meint Masterson in erster Linie zwei grundlegende Dinge: Zum einen sollte der Therapeut gegenüber der Individuation des Patienten eine postive Haltung beibehalten. Dies beinhaltet, daß der Therapeut zunächst einmal voraussetzt, daß der Patient in realistischer, verantwortungsvoller und wirklich selbstbestimmter Weise sein Leben ausrichtet. Der Therapeut begleitet diese vorausgesetzten Aspekte dahingehend, daß er mit Nachforschung und Anteilnahme den Patienten begleitet, sobald er von diesem angenommenen Aspekt abweicht. Die Haltung des Therapeuten geht soweit, daß er an den Niederlagen des Patienten Anteil nimmt und ihm zu wirklichen Leistungen gratuliert (s.a. Masterson 1976, S.92).

Der Therapeut stellt dem Patienten leihweise seine Realitätswahrnehmung zur Verfügung, indem er ihn mit den Abwehrmechanismen seines pathologischen Ichs konfrontiert. Zusätzlich muß der Therapeut sicherstellen, daß bei der Therapie des Patienten keine Belohnungssituationen konditionierender Art entstehen, wie z.B. bei der Erziehung durch die Eltern. Denn dabei könnte der Patient die Anweisungen des Therapeuten als Regelwerk benutzen, in dem er Anerkennung bekommen kann, solange er sich an die Richtlinien hält. In diesem Fall würde die Therapie sich gegen eine Individuation richten. Nach Masterson sollte die Therapie ein wirkliches emotionales Erlebnis sein, in dem sich der Patient entwickeln kann.

Kernberg weist jedoch auf die Schwierigkeiten und Gefahren einer stützenden Psychotherapie hin, insofern sie nicht modifiziert ist. Er schreibt, daß durch eventuelle negative Übertragungsanteile des Therapeuten die pathologischen Abwehrvorgänge dieser Patienten sich eher verstärken. Dadurch entsteht ein „wildes“ Agieren außerhalb der Therapie, wobei innerhalb der Therapiestunden eine emotionale Flachheit vorherrscht. In solchen Situationen bietet der Therapeut dem Patienten oftmals konkrete Hilfe und Unterstützung, die der Patient allerdings nicht mehr integrieren kann (s.a. Kernberg 1978, S.91).

9.1.2. Psychoanalytische Therapie

Nach Einschätzung von Kernberg ist für die meisten Patienten eine modifizierte psychoanalytische Psychotherapie sinnvoll. Diese unterscheidet sich natürlich von der psychoanalytischen Standardmethode, weil hier die Einführung technischer Paramater die Arbeit am Patienten modifiziert. Die Besonderheiten dieses modifizierten Verfahrens werden von Kernberg folgendermaßen beschrieben:

1. Konsequentes Herausarbeiten der manifesten und latenten negativen Übertragung, wobei aber keine vollständigen genetischen Rekonstruktionen auf dieser Grundlage anzustreben sind;
2. Konfrontation und deutende Bearbeitung der pathologischen Abwehrformen, die bei Borderline-Patienten typischerweise auftauchen, sobald sie in die negative Übertragung eintreten;
3. Entschiedene Strukturierung der therapeutischen Situation mit so aktiven Maßnahmen, wie es erforderlich ist, um ein Ausagieren in der Therapie zu verhindern (zum Beispiel indem die Behandlung nur unter bestimmten, vorher festgelegten Bedingungen durchführt und besonders in Bezug auf das erlaubte Ausmaß an nicht-verbaler Aggression in den Behandlungsstunden strikte Grenzen festsetzt);
4. Nutzung von Einrichtungen, die einen äußerlich strukturierenden Rahmen bieten, also beispielsweise stationäre Krankenhausaufenthalte, Tagesklinik, Heimunterbringung etc., falls außerhalb der Behandlung dermaßen agiert wird, daß eine chronische Situation pathologischer Triebbefriedigung zu entstehen droht;
5. selektive Fokussierung der Arbeit auf diejenigen Bereiche in der Übertragung und im Leben des Patienten, in denen besonders deutliche pathologische Abwehrformen zum Ausdruck kommen, die das Ich schwächen und die Realitätsprüfung beeinträchtigen;
6. Nutzung der positiven Übertragungsanteile für die Aufrechterhaltung eines Arbeitsbündnisses, weshalb auch der Patient mit Abwehrformen, die die positive Übertragung schützen, nur sehr schonend konfrontiert werden sollte;
7. Förderung adäquater Ausdrucksformen in realen Beziehungen für die sexuellen Konflikte des Patienten, die aufgrund der pathologischen Kontamination genitaler Bedürfnisse mit prägenitaler Aggression behindern, mit dem Ziel, das Potential zu einer reiferen genitalen Entwicklung von seiner Verquickung mit prägenitaler Aggression zu befreien (Kernberg 1978, S.92).

Die Modifizierung der psychoanalytischen Therapie ist eine unerläßliche Maßnahme, da es sonst innerhalb des Settings mit der psychoanalytischen Standardmethode zu Schwierigkeiten bei der Realitätsprüfung, bis hin zu psychotischen Episoden kommen kann. Während der psychoanalytischen Standardmethode können im Patienten die unterschiedlichsten Ängste auftreten, vor allem weil der Analytiker am Kopfende des Patienten sitzt, wo er vom Patienten nicht gesehen werden kann. Gneist schildert die Ängste der Patienten, die bei solch einer nicht modifizierten psychoanalytischen Situation auftreten können:

Patient: „Wenn ich so daliege und Sie hinter mir sitzen, kann ich nicht mehr trennen zwischen uns, wo ich aufhöre und wo Sie anfangen“. (Oder:) „Wer ich bin, und wer Sie sind“. (Oder:) “Sie nehmen mir die Luft, zerstückeln mich, löschen mich aus”. (Oder:) “Sie sind meine Mutter oder mein Vater!” (Oder:) “Sie wollen mich ficken, streiten Sie es doch nicht ab!” (Gneist 1997, S.190).

Diese Ängste entstehen dadurch, daß der Patient sich und den Therapeuten nicht als ein ganzes Objekt sehen kann. Die Ich-Grenzen des Patienten drohen zu verschwimmen und damit auch seine äußere Wahrnehmung. Das Einsetzten einer psychotischen Dekompensation kann hierbei auftreten, weil hier der Patient zu einer allgemeinen Realitätsprüfung nicht mehr in der Lage ist.

Auch Gneist schildert die praktischen Konsequenzen für ein modifiziertes psychoanalytisches Verfahren. Wichtig sei für ihn hierbei, daß der Patient auf einem Stuhl im angemessenen Abstand dem Therapeuten gegenüber sitzt. Denn dadurch hat der Patient die Möglichkeit den Therapeuten anzusehen oder wegzuschauen. Der Therapeut muß darauf achten, wann der Patient für sein psychisches Überleben eine emotionale Stütze braucht, und ab wann eine eingehende Klärung und Deutung der realen Umstände angezeigt ist (s.a. Gneist 1997, S.192).

Gneist schreibt dazu: “Seine Wahrnehmung (der äußeren Umstände) ist nicht einfach falsch, sondern in der aktuellen Situation verzerrt. Der Patient sieht sein Gegenüber unter Umständen nur halb - wie eine grell beleuchtete Gesichtshälfte, während die andere im Dunkel verschwindet und garnicht mehr mitgedacht wird. Es wäre, als ob wir nur die von der Sonne angestrahlte Seite des Halbmondes für existent halten, die andere Seite aber leugnen” (ebd.). Diese Darstellung schildert den Vorgang der Spaltung. Aber wie bereits von Kernberg erwähnt wurde, so geht es bei der Therapie um die Fusion der dissoziierten Selbst- und Objektpräsentanz um “reifere” Mechanismen der Abwehr, z.B. in Form von Verdrängung, zu entwickeln (s.a. Kernberg 1997, S.88) Nach Gneist ist es sinnvoll die unterschiedlichen Aufspaltungen im Erleben des Patienten deutend aufzulösen, wenn der Patient in einem überschaubaren Moment mit Spaltungsmechanismen agiert.

Um Klarheit über die spezifischen Abwehrformen der Spaltung zu bekommen, führt Gneist die Methode des Containings an.

Er schreibt: “Übergangsweise stellt sich der Therapeut als Gefäß zur Verfügung, in dem alle die Gedanken und Gefühle, Ängste und Hoffnungen aufbewahrt werden, die dem Patienten im Moment (noch) nicht verständlich oder gar lebbar sind. Auf der einen Seite wird also in der psychoanalytischen Therapie von Borderline-Menschen von Anfang an auf Spaltungsvorgänge hingewiesen. Gleichzeitig werden diese Dinge nicht wegtherapiert, sondern in dem Gefäß, das der Therapeut ist, gesammelt und darin verwandelt, manches entgiftet, manches genährt (s.a. Gneist 1997, S.193).

Die Therapie geht dem Ende entgegen, wenn der Patient bedrohliche und positive Seiten an sich und seinen Mitmenschen beobachten kann. Denn dann ist es zu einer Fusion der guten und bösen Selbst- und Objektimagines gekommen. Leider kommt es oft nach einer einigermaßen erfolgreichen Therapie zu schweren Regressionen im Alltag, die die Patienten an ihre alten Verhaltensmuster anknüpfen lassen.

Nach Gneist geschieht dies aus zwei Gründen:

1. Aus Angst, gemäß dem alten Kindheitsmuster verlassen zu werden: “Wer garantiert mir, daß ich wirklich schon genug aufgetankt habe und für die Welt ausreichend selbstständig bin?”
2. Aus Neid auf Menschen, die -wie Therapeuten- etwas geben, was in diesem Fall ja ihnen als Patienten zugute kommt. Es kann bei Borderline- Menschen zur “Selbstsabotage” kommen, wenn sie sich tragischerweise den Erfolg selber nehmen, weil sie ihm dem Therapeuten mißgönnen! (ebd.).

Trotz all dieser Widerstände und Schwierigkeiten in der Therapie sollte der Therapeut versuchen, seine aggressiven Reaktionen gegenüber dem Patienten zu zügeln. Andererseits darf er sich aber auch nicht in masochistischer Weise allen Angriffen des Patienten hingeben, weil er sonst seine Glaubwürdigkeit einbüßen würde. Gerade die Glaubwürdigkeit ist das wichtigste Instrument des Therapeuten für die Behandlung seines Patienten, weil dieser an ihr seine Identität erarbeitet. Es ist an dem Therapeuten, daß er dem Patienten frühzeitig hilft, seine verzerrte Wahrnehmung der Umwelt zu verbessern, um sinnerfüllte Beziehungen zu seinen Mitmenschen aufbauen zu können.

Psychoanalytische Einzeltherapien können mehrere Jahre dauern, wobei manche Patienten überfordert sind, wenn die Sitzungen öfter als einmal wöchentlich stattfinden. Bei Borderline-Patienten sind von daher Langzeittherapien erforderlich. Im Vergleich dazu sind die Sitzungen bei neurotischen Patienten zwei bis dreimal pro Woche notwendig, um einen Heilungserfolg zu erzielen. Die Dauer der Therapie an Jahren ist hier aber viel kürzer als bei Borderline-Patienten.

Damit eine psychoanalytische Therapie erfolgreich abgeschlossen werden kann, muß der Abschluß zwischen Patient und Therapeuten gut vorbereitet werden. Hier kann eine überhöhte Anspruchshaltung des Therapeuten dem Patienten zum Verhängnis werden. Wenn sich nach Beendigung der Therapie der Patient beim Therapeuten wieder meldet, so sollten dem Kontakt keine unverdauten Niederlagen oder Enttäuschungen anhaften. Der Abschied ist auch ein Härtetest für den Therapeuten, der den Heilungserfolg gefährden kann, wenn er zu hohe Erwartungen an seinen Patienten stellt. Aber auch das Fallenlassen bzw. die Nichtbefassung mit dem Patienten kann den Heilungserfolg zerstören, wenn der Therapeut z.B. nicht nach dem Grund fragt, warum bestimmte Vereinbarungen vom Patienten nicht eingehalten wurden.

Die Trennung vom Therapeuten ist somit (Zit.):” (...) ein Sinn gebendes Modell für andere notwendige, geglückte oder mutwillig vom Zaun gebrochene Trennungen im Leben; sie ermöglicht in gelungenen Fällen das Gefühl selbstständig zu handeln, zu leben und zu lieben” (Gneist 1997, S.194).

Anhang

Abschließend möchte ich näher auf die gesellschaftlichen Bedingungen eingehen, die für die Entwicklung einer Borderline-Psychopathologie ausschlaggebend sind. Hier wäre zu bedenken, daß eine Kultur eine Persönlichkeitsorganisation formen kann, indem gewisse Persönlichkeitszüge als positiv und andere als negativ gewertet werden. Es ist sehr unterschiedlich in welchen Ländern gewisse eng definierte Verhaltensformen als pathologisch gelten und in welchen nicht. Erikson7 geht davon aus, daß bestimmte Erziehungsstile in den unterschiedlichen Kulturen typische Persönlichkeitsmodelle hervorheben. Sicherlich wirkt dies auf den ersten Blick sehr vereinfacht, da die einzelnen Individuen ein breites Spektrum an Persönlichkeitsstrukturen bieten. Dennoch ist es die Regel, daß soziale Wertsysteme bestimmte Verhaltensweisen belohnen und dadurch einzelne Persönlichkeitseigenschaften verstärken und andere abmildern (s.a. Joel Paris 1999, S.815).

Dadurch könnte z.B. die Impulsivität, welche vielleicht in traditionellen Gesellschaften unterdrückt wird, von den sozialen Bedingungen einer modernen Gesellschaft unterstützt werden. Als ein nächster Faktor muß das soziale Umfeld berücksichtigt werden, welches einen Einfluß auf die Familien ausübt. Denn hinter der Entstehung von Psychopathologien in den Familien, stehen äußerliche soziale Faktoren. Nun stellt sich die Frage, womit sich die psychische Gesundheit einer Gesellschaft definieren ließe.

Über eine Gesellschaft zu sagen, daß es ihr an psychischer Gesundheit mangelt, würde den soziologischen Relativismus in Frage stellen, der annimmt, daß eine Gesellschaft nur dann psychisch erkrankt ist, wenn es dem einzelnen Individuum an Anpassungsfähigkeit an die Gesellschaft mangelt (s.a. Fromm 1955, S. 124). Anpassungsfähigkeit setzt ohne Frage auch ein hohes Maß an Flexibilität voraus, die nicht jedes Individuum zu leisten imstande sein kann. Daher muß davon ausgegangen werden, daß gerade Menschen mit einer Borderline-Störung unter den gesellschaftlichen Bedingungen leiden, da sie häufig vor dem Problem stehen eine adäquate Form der Anpassung an gesellschaftliche Normen zu finden. Andererseits wird es Borderline-Patienten geben, die ein soziales Netzwerk vorfinden in dem die spezifischen Verhaltensweisen wie Impulsivität, Aggression und „ausschweifender Lebensstil“ toleriert werden. Die Hypothese wäre zu wagen, ob nicht z.B. in Schauspielerkreisen sowie bei Künstlern oder Politikern eine ideale Form der äußeren Anpassung an das Individuum gegeben ist. Dies würde bedeuten, daß die affektiven Durchbrüche, die typischerweise bei Borderline-Patienten zu beobachten sind, für diese Menschen keine negativen Konsequenzen hätten. Wahrscheinlich erleben diese Menschen auch weniger Widerstand in ihren sozialen Netzwerken. Dadurch könnte es seltener zu einer affektiven Reaktivierung frühkindlich internalisierter Beziehungsmodi kommen.

Zu Beginn dieser Arbeit stand ich vor der Schwierigkeit, eine angemessene Bezeichnung für Menschen mit Borderline-Störung zu finden. Ich einigte mich auf die Bezeichnung Patient, weil dieser Terminus in der Fachliteratur ebenfalls verwendet wird. Es stellt sich im Nachhinein für mich die Frage, ob diese Bezeichnung gerechtfertigt ist. Haben wir es mit Patienten, Klienten, Betroffenen oder einfach nur Menschen zu tun? Sind diese Menschen krank oder agieren sie lediglich einen gesellschaftlichen Defekt aus?

Erich Fromm vertritt die Ansicht, daß es einen Unterschied zwischen einer individuellen psychischen Erkrankung, die er als Defekt bezeichnet, und den gesellschaftlich akzeptierten Defekten gibt. Das heißt, daß diese Form von Defekt von einer breiten Masse toleriert wird, da sie die Mehrheit betrifft. Sicherlich kann nicht jedes Individuum Verhaltensmerkmale hervorbringen, über die ein allgemeiner Konsens herrscht. Nicht jedem wird es gelingen können beispielsweise Charaktermerkmale wie "Freiheit" oder "Spontanität" zu entwickeln. Deshalb könnte davon ausgegangen werden, daß solche Menschen an einem Defekt leiden.

Wenn hingegen ein gesellschaftlicher Konsens von der Mehrheit seiner Mitglieder nicht erreicht wird, so (Zit.:) " (...) haben wir es mit einem gesellschaftlich ausgeprägten Defekt zu tun" (Fromm 1955, S.26). Hier empfindet der einzelne seinen Defekt nicht, denn er teilt ihn mit einer Mehrheit. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, daß das Individuum den gesellschaftlichen Defekt, in dem es lebt, als "Tugend" empfindet.

Erich Fromm liefert an dieser Stelle ein sehr anschauliches Fallbeispiel durch Calvins Lehren, die Schuld - und Angstgefühle bei ihren Anhängern forcierte:

"Man kann sagen, daß ein Mensch, der ganz unter dem Eindruck des Gefühls seiner eigenen Ohnmacht und Wertlosigkeit steht, der ständig Zweifel hegt, ob er zu den Auserwählten oder zu den Verdammten gehört, der kaum zu einer echten Freude fähig ist, unter einem schweren Defekt leidet. Trotzdem war dieser Defekt kulturell vorgeprägt; er wurde als etwas besonders wertvolles angesehen, und der einzelne wurde hierdurch vor der Neurose bewahrt, die er in einer Kultur entwickelt hätte, in welcher der gleiche Defekt ihm ein Gefühl tiefer Unzulänglichkeit und Isolation gegeben hätte" (Fromm 1955, S.127).

Auch Spinoza8 formulierte das Problem des gesellschaftlich vorgeprägten Defekts: "Obgleich nun die Menschen vielerlei Affekten unterworfen sind und man daher selten Menschen findet, die immer von einem und demselben Affekte bedrängt werden, so fehlt es gleichwohl an solchen nicht, denen ein und derselbe Affekt beharrlich anhaftet. Sehen wir doch, wie Menschen manchmal von einem Objekte dergestalt affiziert sind, daß sie es vor sich zu glauben haben, auch wenn es nicht gegenwärtig ist; und wenn dies einem nicht schlafenden Menschen begegnet, dann sagen wir, er sei wahnsinnig oder närrisch. Dagegen, wenn der Habgierige an nichts anderes denkt als an Gewinn und Geld, und der Ehrgeizige an Ruhm usw., so gelten diese als nicht wahnsinnig, weil sie lästig zu sein pflegen und für hassenswert erachtet werden. In Wahrheit aber sind Habgier, Wollust, usw. Arten des Wahnsinns, wenn man sie auch nicht zu den Krankheiten zählt" (Fromm zitiert Spinoza 1955, S.128).

Sicherlich haben diese Sätze auch heute noch ihre Gültigkeit, wobei der Ehrgeiz, sich über Geld und Besitz gesellschaftlich profilieren zu wollen, heute sicherlich keine negativ besetzten (hassenswerten) Charakterattribute mehr darstellen.

Es stellt sich außerdem die Frage, ob die Gesellschaft bestimmte psychische Defekte wirtschaftlich fördert und gleichzeitig Gegenmittel für diese Defekte zur Verfügung stellt. Würde man beispielsweise einer Mehrheit der Bevölkerung jegliche Art von Unterhaltungs- und Informationsmedien entziehen, so würden diese Menschen wahrscheinlich in akute Angst geraten und somit eine neurotische Reaktion entwickeln (ebd.). Alle diese psychosozialen Einflüsse verlangsamen und behindern die individuelle Persönlichkeitsbildung eines jeden. Durch den Zusammenbruch eines allgemeinen traditionellen gesellschaftlichen Wertsystems, in dem jedes Individuum seine fest zugeteilte Rolle erhält, wird die Sicherheit auf eine mehr oder weniger fest umrissene Identität wahrscheinlicher sein als in einer hektischen und schnellen Mediengesellschaft. Die Familien können heute z.B. nicht mehr die gleiche protektive Funktion übernehmen, wie vor fünfzig Jahren. Ein Fehlen von sicheren Bindungen in unserer heutigen Gesellschaft macht von daher das Auftreten einer emotionalen Dysregulation, wie sie bei Borderline-Störungen auftritt, wahrscheinlicher. Nicht jedes Individuum ist in der Lage den „Anforderungen“ der ästhetizistischen Medienwelt gerecht zu werden. Hier sind sozialpädagogische Einrichtungen gefragt, um den Heranwachsenden Alternativen zur künstlichen Medienwelt aufzuzeigen, die einen künstlichen Konsens in der Gesellschaft hervorbringt. Der Zugang zu gesellschaftlichen Rollen wird immer differenzierter und wettbewerbsorientierter. Die Kernfamilien hingegen spiegeln oft die gesellschaftlichen Psychopathologien und gleichzeitig nimmt ihr schützender Einfluß immer stärker ab, so daß die Jugendlichen einem Selektionsdruck ausgeliefert sind, ohne für diesen die notwendigen Abwehrmechanismen entwickelt zu haben.

An dieser Stelle möchte ich betonen, daß ich sicherlich kein Verfechter von traditionellen Familienstrukturen bin. Dennoch werden soziale Normen und Strukturen in erster Linie durch die Kernfamilie vermittelt, die weitestgehend die kulturellen Werte unserer Gesellschaft spiegelt (s.a. Joel Paris 1999, S.817).

In traditionellen Gesellschaften leiden die Menschen weniger an impulsiven Verhaltensweisen als an neurotischen Symptomen. Die traditionelle Familie begünstigt eher eine Verdrängung von Konflikten, wobei die zentrifugalen Kräfte der Modernität ein Ausagieren von Konflikten fördert und dadurch den geeigneten Nährboden für das Entstehen einer Borderline-Störung schaffen kann (ebd.). Von daher ist es eine naheliegende Befürchtung, daß die Perönlichkeitsstörungen vom Borderline-Typ die klassischen Neurosen, wie man sie zu Sigmunds Freuds Zeiten kannte, ablösen werden.

Literaturverzeichnis:

American Psychiatric Association:

DSM-IV,

1994.

Erich Fromm:

Die kranke Gesellschaft - von der Pathologie der Normalit ä t,

Stuttgart 1955. DVA.

Gaetano Benedetti:

Todeslandschaften der Seele,

Göttingen 1983, 3. Auflage 1991. Verlag für Medizinische Psychologie.

Joachim Gneist:

Wenn Ha ß und Liebe sich umarmen,

München 1997. Serie Piper.

Otto F. Kernberg, Birger Dulz, Ulrich Sachsse:

Handbuch der Borderline-St ö rungen,

New York 1999. Schattauer.

Otto F. Kernberg:

Borderline-St ö rung und pathologischer

Narzi ß mus,

New York 1978. Suhrkamp-Verlag.

James F. Masterson:

Psychotherapie bei Borderline-Patienten,

New York 1976. Klett-Cotta.

Thomas Städtler:

Lexikon der Psychologie,

Stuttgart 1998. Kröner Verlag.

S. Krämer, E. Weinel:

Psych Pflege

Stuttgart, New York 2000. Gerorg Thieme Verlag.

Kassel, 28.09.01

Stephan Lüders

34117 Kassel

Erzbergerstr. 32

E-Mail: slueders@student.uni-kassel.de

Die vorliegende Arbeit habe ich selbst ä ndig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt.

Stephan L ü ders.

[...]


1 Kernberg verweist in seiner Arbeit ,„Borderline-Störung und pathologischer Narißmus“ darauf, daß die Prim ä rproze ß haftigkeit in den Denkvorgängen ein wichtiges Indiz für das Vorhandensein einer Borderline-Persönlichkeitsstruktur sein kann. Dabei sieht er einen Zusammenhang zu den früh verinnerlichten pathologischen Objektbeziehungen und den daraus resultierenden Spaltungsvorg ä ngen der „Patienten“.

2 Adler, G.: The Usefulness of the Borderline Concept in Psychotherapie. New York 1975. 10

3 z.B. die chronische Tendenz, sich in wesentlich ältere oder unerreichbare Männer zu verlieben. 25

4 Die Patienten sind dadurch auffallend wenig in der Lage „Schuldgefühle“ zu empfinden (Kernberg 1978, S.38).

5 Er schreibt (Zit.): „ (...) die häufigste Art der Selbstverletzung ist das Schneiden mit Gegenständen wie Rasierklingen, Scherben, Messern oder Scheren in die Haut oder in die Extremitäten, gefolgt von Verbrennungen mit Zigaretten oder Feuerzeugen. Sehr viel seltener sind Verletzungen wie Verätzen, Verbrühen, Stechen oder Kopfschlagen. Selbstverletzendes Verhalten zentriert sich meist auch auf die Extremitäten (...) Die Schwere der Hautverletzungen variiert vom oberflächlichen „delicate self cutting“ (Pao 1969) bis hin zu tiefen Verletzungen durch die Muskulatur bis auf die Knochen, Injektion von Schmutzwasser in die Blutbahn oder ins Kniegelenk, Ablassen von Blut bis zu Hb-Werten von unter 4 oder Eröffnung der Bauchdecken (Kernberg/Dulz/ Sachsse 1999, S.348). Diese Ausführungen stimmen, nach Ulrich Sachsse, mit den Angaben von Herpetz und Saß (1994), teilweise aber nur mit den Angaben von Favazza und Conterio (1989) überein. Ulrich Sachsse schreibt dazu: „Unter den 240 von diesen Autoren befragten Frauen war die häufigste Methode die des Selbstschneidens (self-cutting) mit 72%, gefolgt von Selbst-Brennen (35%), Selbst- Schlagen (30%) Verhinderung der Wundheilung (22%), schwerem Selbst-Kratzen (22%), Haare- Ausreißen (10%). Die meisten der Befragten wiesen mehrere Narben an den Armen (74%) und Beinen (44%), am Bauch (25%), am Kopf (23%), auf der Brust und an den Genitalien (8%) auf (Kernberg/Dulz/ Sachsse 1999, S.348).

6 Die ödipale bzw. phallische Phase verläuft in der Regel zwischen dem 3. u. 5. Lebensjahr (Städtler 1998, S.741) 33

7 1950

8 Spinoza, Ethik, 4. Teil, Anmerkung zu Lehrsatz 44

Final del extracto de 42 páginas

Detalles

Título
Borderline-Störungen
Universidad
University of Kassel
Curso
Studiengruppe für psychosozialen Problemstellungen
Calificación
1 (sehr gu
Autor
Año
2001
Páginas
42
No. de catálogo
V105599
ISBN (Ebook)
9783640038879
Tamaño de fichero
532 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Borderline-Störungen, Studiengruppe, Problemstellungen
Citar trabajo
Stephan Lüders (Autor), 2001, Borderline-Störungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105599

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