Internationale Unterschiede im organisationalem Verhalten


Term Paper, 2002

60 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Gliederung

1. Einführung in die Thematik

2. Der Kulturbegriff

3. Cultural orientations model von Kluckhohn & Strodtbeck
3.1. Wahrnehmung der Natur des Menschen
3.2. Beziehung zur Umwelt
3.3. Persönliche Beziehungen
3.4. Modalitäten der Aktivität
3.5. Zeitbezug
3.6. Raumbezug

4. Halls Cultural Contexts
4.1. High context cultures
4.2. Low context cultures
4.3. Anwendung des Hall Modells

5. Modell zu Kultur, Status und Funktion von Laurent
5.1. Übertragbarkeit des Status (Managerial status in the wider context)
5.2. Umgehen der Hierarchien (Bypassing the hierachy)
5.3. Expertenstatus des Managements (The manager as expert versus the manager as facilitator)

6. Kulturelle Dimensionen nach Hofstede
6.1. Individualismus versus Kollektivismus
6.2. Akzeptanz ungleicher Machtstrukturen (Power distance)
6.3. Vermeidung von Unsicherheiten (Uncertainty avoidance)
6.4. Maskulinität versus Femininität
6.5. Arbeitsethik und Traditionsbewusstsein (Confucian dynamism)
6.6. Bewertung des Hofstede-Modells

7. Kulturelle Dimensionen nach Trompenaars
7.1. Universalismus versus Partikularismus
7.2. Individualismus versus Kollektivismus
7.3. Neutrale versus affektive Kulturen
7.4. Spezifische versus diffuse Kulturen
7.5. Errungener versus zugeschriebener Status
7.6. Bewertung des Trompenaars-Modells

8. Stellungnahme zu den kulturvergleichenden Modellen

9. Kommunikationsmodelle
9.1. Die 4 Seiten des Kommunikationsprozesses
9.2. Communication-in-context model von Fisher
9.3. Das Message/Response-Modell
9.3.1. Falschwahrnehmung
9.3.2. Falschinterpretation
9.3.3. Falschevaluation

10. Verbale Kommunikationsstile
10.1. Direkter versus indirekter Kommunikationsstil
10.2. Ausführlicher versus knapper Kommunikationsstil
10.3. Persönlicher versus rollenorientierter Kommunikationsstil
10.4. Instrumentaler versus affektiver Kommunikationsstil

11. Nonverbale Kommunikationsformen
11.1. Mimisches Ausdrucksverhalten
11.2. Gestik
11.3. Verhalten im Raum

12. Interkulturelles Training
12.1. Definitionen
12.2. Ziele
12.3. Inhalte
12.4. Methoden
12.5. Der Prozess
12.6. Zeitplanung
12.7. Anwendung
12.7.1. Zielgruppe
12.7.2. Situation in Deutschland
12.7.3. Situation in den USA
12.7.4. Abbruchquote

13. Stellungnahme

14. Fazit

1. Einführung in die Thematik

Im Zeitalter zunehmender Globalisierung und ständigen Zusammenwachsens verschiedener Nationen und Gesellschaften wird es für Unternehmen und ihre Organisationsstruktur immer bedeutender, internationale Unterschiede im organisationalen Verhalten wachsam zu beobachten und zu überwinden. Bei der Erkennung dieser Differenzierungen spielen unterschiedliche Kulturen, die auf eigenen Werten und Normen begründet sind, eine entscheidende Rolle.

Verschiedene Wissenschaftler haben sich mit interkulturellen Differenzierungen ausführlich auseinandergesetzt und sind zu erstaunlichen Ergebnissen gelangt. Dabei haben sie auch auf die Auswirkungen für die Unternehmen Bezug genommen.

Im Zuge dieser Arbeit werden internationale Unterschiede hinsichtlich ihrer Organisationskultur dargestellt. Nach der Vorstellung verschiedener wissenschaftlicher Modelle, die unterschiedliche Kulturen nach definierten Gesichtspunkten charakterisieren, wird insbesondere auf kulturspezifische Kommunikationsformen eingegangen. Integrationsmöglichkeiten multinationaler Unternehmen, die zur Verschmelzung individueller Werte zu einer einheitlichen Organisationskultur führen sollen, werden abschließend behandelt.

2. Der Kulturbegriff

Schon seit vielen Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Versuch, den Kulturbegriff zu definieren und näher zu bestimmen.

Eine der wohl bekanntesten und am häufigsten verwendeten Definitionen formulierte 1984 Hofstede. Er beschreibt Kultur als eine kollektive Lenkung der Gesinnung, die zur Unterscheidung der Mitglieder verschiedener Menschengruppen führt. In diesem Sinne schließt Kultur auch Wertsysteme ein und wird so durch spezifische Wertvorstellungen geprägt. (Mead, 2000, S. 4)

Werte verkörpern innerhalb einer Kultur Vorstellungen darüber, wie bestimmte Dinge sein sollten oder zu sein haben. Diese Vorstellungen sind schwer oder nur langsam veränderbar, da sie nicht bewusst gebildet werden, sondern bereits in frühester Kindheit implementiert werden. Wertvorstellungen eines bestimmten Kulturkreises werden durch das darauf basierende menschliche Verhalten direkt reflektiert.

Die genannte Definition impliziert gleichzeitig, dass eine bestimmte Art von Kultur nur genau einer Menschengruppe zugeordnet ist und andere Menschengruppen davon klar differenziert. Somit wird davon ausgegangen, dass unterschiedliche soziale Gruppen verschiedene Kulturen besitzen und auf ähnliche Situationen möglicherweise sehr unterschiedlich reagieren. In der Literatur wird die Kultur sogar als „symbolisches Kapital“ zur Verwirklichung individueller und sozialer Identitätsprojekte beschrieben. (Thomas, 1996, S.151)

Kultur ist nicht angeboren, sondern wird von Generation zu Generation weitergetragen und somit durch das natürliche familiäre und soziale Umfeld erlernt. Somit ist die Kulturangehörigkeit nicht etwa genetisch verankert, sondern wird besonders in den sehr frühen Lebensjahren geprägt.

Obwohl der Mensch seinen eigenen Eintritt in die entsprechende Kulturgruppe nicht bewusst wahrnimmt, wird er doch schon jetzt bezüglich seines späteren Verhaltens und seiner Weltanschauung maßgeblich beeinflusst. (Mead, 2000, S. 4 ff.)

Für Trompenaars ist Kultur ein wichtiges Lebenselement, mit dem die jeweiligen Kulturangehörigen „leben und atmen“. Die Kultur ist somit Ausdruck der eigenen Herkunft, der spezifischen Normen und Werte. Erst wenn das Überleben einer Kultur in Gefahr gerät, ist die Voraussetzung geschaffen, eine Kultur verschiedener Veränderungen zu unterziehen.

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass Kulturen das menschliche Handeln bestimmen. Der Autor macht aber gleichzeitig deutlich, dass Kultur keineswegs gleichbedeutend mit der identischen Auffassung aller Menschen innerhalb dieses Kulturkreises über Normen, Werte und Annahmen ist. Kultur bezeichnet vielmehr den „Regelfall“ einer Gemeinschaft, der die Meinungen und Wahrnehmungen des Durchschnittsangehörigen widerspiegelt. Die Unterscheidung zwischen verschiedenartigen Kulturen hängt dann wieder von den Grenzen ab, die den Spielräumen einer Norm als Regelfall gesetzt werden. (Trompenaars, S. 37 ff.)

Auch auf Unternehmen ist der Kulturbegriff übertragbar. Eine gewisse Organisationskultur stellt sich ein, sobald das Management und seine Mitarbeiter ähnliche Werte und Vorstellungen verfolgen. Kulturelle Faktoren sind somit Träger von Chancen oder Gefahren eines Unternehmens, so dass die Unternehmensstruktur auf die vorherrschende Organisationskultur abgestimmt werden sollte. (Mead, 2000, S. 15 f.)

Hervorzuheben ist dabei die innovationsfördernde Funktion von Unternehmenskulturen. Grundüberzeugungen, Werte und Normen einer Organisation führen zu einer verbesserten Lern- und Innovationsfähigkeit des gesamten Systems, indem ihre Integration in das individuelle Verhalten der Mitarbeiter stattfindet.

Das Management fasst die Organisationskultur häufig leider lediglich als eine durch sie selbst steuerbare Größe auf, die neben andere wichtige Organisationsvariablen wie die Unternehmensstruktur gestellt wird. (Behrends, 2001, S.152)

Dass den kulturellen Gegebenheiten innerhalb einer Organisation mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, um die Effizienz des Unternehmens zu steigern, zeigen die folgenden Erkenntnisse.

3. Cultural orientations model von Kluckhohn & Strodtbeck

Um den Unterschied zwischen verschiedenen Kulturen erklären zu können, müssen mehrere Dimensionen herangezogen werden. Nicht außeracht gelassen werden darf natürlich auch die Tatsache, dass neben den interkulturellen Unterschieden auch Differenzen innerhalb des gleichen Kulturkreises auftreten können. Aus diesem Grund lassen sich Verallgemeinerungen einzelner Kulturbeschreibungen nur schwer treffen. (Luthans, 2002, S.50)

Die folgenden Aspekte des 1961 entwickelten „Cultural orientations model“ von Kluckhohn und Strodtbeck vergleichen verschiedene Kulturen miteinander und machen ihre Bedeutung für ein modernes Management deutlich. (Adler, 2002, S.20ff. oder Mead, 2001, S. 22 ff.)

Das Modell unterscheidet sechs grundsätzliche in sich kategorisierte Orientierungen, die spezifische Wahrnehmungen einzelner Kulturgruppen beschreiben.

3.1. Wahrnehmung der Natur des Menschen

Die Natur des Menschen wird durch Angehörige bestimmter Kulturen entweder als gut (good), als schlecht (evil) oder als eine Mischung aus beiden Eigenschaften (good and evil) wahrgenommen. Dabei können beide Extrempositionen sowohl veränderbar als auch unveränderbar empfunden werden.

Diese Arten der Wahrnehmung äußern sich in verschiedenen Verhaltensweisen von Menschen. In bestimmten Teilen der Erde wird von der Grundannahme ausgegangen, alle Menschen seien ehrlich und vertrauenswürdig. Für das Management von Unternehmen bedeutet diese Einstellung, den Kapazitäten und der Leistungsmotivation der Mitarbeiter optimistisch gegenüberzustehen. Da ein gegenseitiges Vertrauen zwischen den Mitarbeitern in solchen high-trust societies existiert, wird eine direkte Kommunikation im Unternehmen gefördert.

In low-trust societies hingegen überwiegt das Misstrauen gegenüber anderen Menschen. Kollegen, Mitarbeiter und Verhandlungspartner unterliegen ständigen Verdächtigungen, so dass eine pessimistische Grundeinstellung vorherrschend ist.

Aber auch Mischformen beider Sichtweisen existieren. So gibt es viele Menschen, die grundsätzlich davon ausgehen, ehrlichen und vertrauensvollen Menschen gegenüber zu treten, es jedoch trotzdem für wichtig halten, vorsichtig und wachsam mit ihnen umzugehen. In Unternehmen werden in diesem Falle häufig Mittelsmänner und Berater eingesetzt, da eine Diskrepanz zwischen einer grundsätzlich optimistischen Grundeinstellung und einer gewissen Skepsis vorhanden ist. Kommunikation wird zwar aktiv betrieben, jedoch wird jede Information einer kritischen Prüfung unterzogen.

Ein anderes Phänomen ist es, dass Menschen aus dem eigenen Kulturkreis als vertrauenswürdiger eingestuft werden als Menschen aus anderen Kulturen und beide Personengruppen dementsprechend behandelt werden.

3.2. Beziehung zur Umwelt

Verschiedene Kulturgruppen gehen auch mit ihrer Umwelt unterschiedlich um. Menschen verhalten sich der Natur gegenüber dominant, harmonisch oder ordnen sich ihr sogar unter.

Während die westliche Welt sich eher dominierend über die Natur stellt, spiegelt sich diese Einstellung auch im organisationalen Verhalten wider. Kontrolle und Planung als Ausdruck der Beeinflussung der Umwelt sind wichtige Elemente in einer solchen Kultur. Hauptziel der Arbeit ist dabei das Formen und Weiterentwickeln einer Organisationsstruktur und -kultur.

Vor allem asiatische Völker leben hingegen eher harmonisch im Einklang mit ihrer Umgebung. Stets auf der Suche nach gemeinsamen Grundlagen und Kompromissen steht hier die Vermeidung von Konflikten mit Kollegen und der Respekt vor anderen Mitarbeitern im Vordergrund.

Naturvölker, wie z.B. die Inuits in Kanada akzeptieren und verehren die Natur derart, dass ein fast unterwürfiges Verhältnis zu ihrer Umgebung zu beobachten ist. In dortigen Organisationen kontrollieren hauptsächlich externe Umweltfaktoren die Zusammenarbeit, so dass der unabhängigen Planung dieser Organisation und einer Veränderung der Organisationsstruktur Ablehnung gegenübertritt.

3.3. Persönliche Beziehungen

Auch der Umgang mit persönlichen Beziehungen zu anderen Menschen differiert zwischen den einzelnen Kulturgruppen. Neben dem Individualismus, der vor allem in den USA, Kanada und Europa vertreten ist, existiert der Kollektivismus in Ländern wie Japan, China und Israel. Zusätzlich unterscheiden Kluckhohn und Strodtbeck noch die Form der hierarchischen Gruppenwahrnehmung, die vor allem in Urvölkern zu beobachten ist.

Angehörige einer individualistischen Kultur orientieren sich selbst ausschließlich an persönlichen Charakteristika sowie dem eigenen Leistungspotenzial und Status. Die Loyalität gegenüber Gruppen ist dabei eher niedrig ausgeprägt. In Unternehmen ist aus diesen Gründen häufig ein harter Wettbewerb zwischen den einzelnen Mitarbeitern zu beobachten.

Im Gegensatz dazu definieren Mitglieder gruppenorientierter Kulturen sich selbst eher als Bestandteil einer Kommune, die gemeinsame Ziele und das Wohlergehen aller Gruppenmitglieder in den Vordergrund stellt. Beziehungen innerhalb der Gruppe beeinflussen dabei Einstellungen gegenüber der Tätigkeit, dem Vorgesetzten oder anderer Gruppen, wobei letztere grundsätzlich mit einer gewissen Verdachtshaltung betrachtet werden.

Verstärkten Respekt vor Autoritäten und vor aufgrund ihres Alters und der Dauer ihrer Organisationsangehörigkeit erfahrenen Gruppenmitgliedern kennzeichnet die hierarchische Gruppenwahrnehmung. Hier herrscht eine Kommunikation nach festgelegten Hierarchiestufen vor.

3.4. Modalitäten der Aktivität

Bei den Aktivitätsdimensionen unterscheiden Kluckhohn und Strodtbeck zwischen dem Tun (Doing), dem Sein (Being) und dem Enthalten (Containing).

Besonders in der amerikanischen Wirtschaft ist der Doing-Ansatz sehr verbreitet. Die dabei angewandte praktische Orientierung führt zu einer hohen Bewertung der erfolgreichen Arbeitsausführung. Allein die Leistung zählt, so dass Vorgesetzte in dieser Unternehmenskultur ihren Mitarbeitern mit Sonderzahlungen für besondere Leistungen einen Anreiz schaffen können.

Anders verhält es sich dagegen beim Being-Ansatz. Hier steht nicht die Leistung, sondern der Status resultierend aus Herkunft, Alter und Verbindungen im Vordergrund. Die Organisation lebt hier von der Spontanität der Ideen und Entscheidungen. Mitglieder dieser Organisationsform, z.B. in mexikanischen Unternehmen, leben und arbeiten nicht langfristig geplant, sondern für den Moment.

Der Containing-Ansatz wiederum verfolgt die Strategie, sich selbst genau zu kontrollieren und gegebenenfalls auch in Frage zu stellen. Ziel ist es, eine Balance zwischen dem Fühlen und dem Tun zu erreichen und sich so einer der beiden vorher genannten Richtungen zu enthalten.

3.5. Zeitbezug

Verschiedene Kulturen kennzeichnen sich auch durch ihre verschiedenen Beziehungen zu zeitlichen Dimensionen. Unterschieden wird zwischen dem Zukunfts-, dem Gegenwarts- und dem Vergangenheitsbezug.

Viele asiatische Unternehmen priorisieren die zukunftsorientierte Planung. Eine starke, langfristig orientierte Bindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmen wird aufgebaut, so dass der Fokus auf eine intensive Karriereplanung und –entwicklung gelegt wird.

Eine eher gegenwartsorientierte Betrachtungsweise wird durch nordamerikanische Unternehmen bevorzugt. Dortige Unternehmer sind vor allem am derzeitigen Erfolgsstand ihrer Firma interessiert. Dieser wird auch als Grundlage für weitergehende Entscheidungen genutzt.

Eher vergangenheitsbezogen agieren europäische Unternehmen, denn sie orientieren sich weitgehend an unternehmensgeschichtlichen und traditionellen Hintergründen. Erfahrungen aus der Vergangenheit werden in die vorausschauende Planung eingebracht, was gleichzeitig Ausdruck einer Kontinuitätsstrategie ist.

3.6. Raumbezug

Neben der privaten und der öffentlichen Raumnutzung existiert parallel noch eine Mischform aus beiden. In asiatischen Unternehmen sind häufig Großraumbüros anzutreffen, in denen fallweise auch der Vorgesetzte sitzt. Hier werden soziale Nähe und öffentliche Zusammenkünfte groß geschrieben. Eine größere soziale Distanz ist eher für europäische Unternehmen kennzeichnend, denn hier spielt der Respekt vor der Privatsphäre eine größere Rolle. Die Mischform aus beiden Ansätzen verbindet die Gedanken der genannten Dimensionen, grenzt sie aber auch ganz klar voneinander ab.

Das vorgestellte Modell von Kluckhohn und Strodtbeck ist immer noch wissenschaftlich relevant, denn es hat gezeigt, dass Kulturen aufgrund verschiedener Dimensionen voneinander abgegrenzt werden können und somit auch eine Anwendung auf das interkulturelle Management in Unternehmen angewendet werden kann. Aufgrund dieser Erkenntnisse beeinflusste diese Theorie zahlreiche nachfolgende Wissenschaftler, wie z.B. Trompenaars (1993).

4. Halls Cultural Contexts

1976 entwickelte Hall ein Modell, das sich auf bevorzugte Verhaltensweisen einzelner Kulturen in bestimmten Situationen konzentrierte. Dabei gehr er davon aus, dass jede Kulturgruppe Worte und Aussagen auf unterschiedliche Weise wahrnimmt und interpretiert sowie mit unterschiedlichen Verhaltensweisen darauf reagiert. Als weitere Differenzierung verschiedener Kulturen unterscheidet er High-context und Low-context cultures. (Mead, 2000, S. 28 ff.)

4.1. High context cultures

In High-context-Kulturen wie Japan, China, Korea, Vietnam oder den arabischen Staaten ist eine große Abhängigkeit von der äußeren Umgebung, der jeweiligen Situation und dem nonverbalen Verhalten bezüglich der Wahrnehmung und der Interpretation verschiedener Aussagen zu erkennen.

Persönliche Beziehungen werden langfristig aufgebaut, bei denen die einzelnen Personen eine tiefe Verbundenheit für ihnen nahestehende Personen entwickeln. In Routinesituationen ist der Kommunikationsstil ökonomisch, schnell und effizient. Jedoch umfasst die Kommunikation in diesen Ländern ein größeres Spektrum an Umschreibungen und indirekter Ausdrucksweise als innerhalb anderer Kulturen. Das liegt unter anderem daran, dass alle Mitglieder dieses Kulturkreises aber auch gleichzeitig in der Lage sind, indirekte Bedeutungen und Beschreibungen aus dem Kontext heraus zu erkennen und in richtiger Weise zu interpretieren. Japaner sind beispielsweise davon überzeugt, durch das sogenannte „haragei“ oder „belly language“ sich unter seinesgleichen wortlos verständigen zu können. Der indirekte Kommunikationsstil wird aus diesem Grunde bevorzugt.

Die High-context-Kulturen sind im Wirtschaftsleben dadurch charakterisiert, dass Personen in Führungspositionen alleinverantwortlich für die Handlungen ihrer Mitarbeiter sind. Daraus ergibt sich in diesen Kulturen ein ungewöhnlich starkes Loyalitätsverhältnis zwischen beiden Hierarchiestufen. Weiterhin werden Verträge eher mündlich als schriftlich ausgehandelt. Wenn es doch zu einer schriftlichen Ausarbeitung kommt, enthält ein Vertrag meist eine Klausel, die bei veränderten Situationen Veränderungen der Vertragsmodalitäten offen hält.

Eine klare Trennung wird zwischen sogenannten Insidern und Outsidern in diesen Kulturen vorgenommen. Somit ist es für Fremde, und Nichtmitglieder der Organisation oder der Familie schwer, Anschluss zu bekommen.

Erst einmal aufgenommene kulturelle Muster sind sehr konstant und somit nur schwer und langsam veränderbar.

4.2. Low context cultures

In Low-context-Kulturen sind Einflüsse aus der Umgebung weniger bedeutend. Auch die nonverbale Kommunikation hat hier nicht solch einen hohen Stellenwert, so dass es deutlicherer und expliziterer Informationen bedarf.

In Low-context-Ländern wie den USA, den skandinavischen Ländern oder Deutschland sind persönliche Beziehungen von kürzerer Dauer und weniger intensiv. In einem meist bürokratischen System sind Führungspersonen weit verbreitet.

Verträge werden vorrangig in schriftlicher Form geschlossen und gelten anschließend als bindend und endgültig. Dabei spielen Form- und Rechtsvorschriften eine bedeutende Rolle. Insider und Outsider werden nicht sehr streng voneinander getrennt, was es Fremden einfacher macht, sich in eine bestehende Organisation einzufügen. Kulturelle Strukturmuster sind flexibler und somit schneller veränderbar.

4.3. Anwendung des Hall Modells

Das Kontext-Kultur-Modell von Hall zeigt, dass nicht alle Länder oder Gebiete der Erde in eine der beiden Kulturarten eingeordnet werden können. Vielmehr macht er deutlich, dass alle Länder an bestimmten Stellen Bestandteile beider Einordnungen beinhalten.

Frankreich ist ein typisches Beispiel für ein Land, welches beide Ansätze ineinander vereint. Insider und Outsider werden hier streng voneinander unterschieden, indem beispielsweise größter Wert auf die korrekte Beherrschung der französischen Sprache gelegt wird. Andererseits ist die Unpersönlichkeit des dort angewandten bürokratischen Systems wiederum eher ein Merkmal der Low-context culture.

Somit ist Halls Modell nützlich für das gegenseitige Verständnis bei der Entwicklung von Wirtschaftsbeziehungen, dem Umgang mit In- oder Outsidern oder dem Aushandeln von Verträgen.

5. Modell zu Kultur, Status und Funktion von Laurent

In einer 1983 erstellten Forschungsarbeit beschäftigt sich André Laurent mit Werteinstellungen hinsichtlich der Macht und persönlicher Beziehungen. Probanden seiner Studie waren Manager aus neun europäischen Ländern sowie den USA. 1989 erweiterten Adler, Campbell und Laurent diese Studie um Daten aus China, Indonesien und Japan.

5.1. Übertragbarkeit des Status (Managerial status in the wider context)

Ausgehend von der Frage, inwieweit Manager durch ihre berufliche Tätigkeit automatisch auch gesellschaftlich eine große Rolle spielen, stellte sich heraus, dass Führungskräfte in Frankreich und Italien ihren Status von ihrer Managementtätigkeit auf ihr außerberufliches Leben übertragen können. Dahingegen ist es dänischen und britischen Managern nicht möglich, ihre privaten sozialen Beziehungen durch ihren beruflichen Status zu beeinflussen.

5.2. Umgehen der Hierarchien (Bypassing the hierachy)

Um die Loyalität von Managern zu bestehender Hierarchien zu untersuchen, wurde der Frage nachgegangen, wie hoch die Bereitschaft vorhanden ist, zugunsten gesteigerter Effizienz des Unternehmens die vorgegebenen hierarchischen Linien zu umgehen.

Herausgefunden werden konnte, dass Schweden, Großbritannien und die USA diesbezüglich am ehesten ohne die korrekte Einbeziehung vorhandener Hierarchiestufen handeln würden. Eher gegenteilige Einstellungen hatten laut der Studie Manager aus Italien und China.

5.3. Expertenstatus des Managements (The manager as expert versus the manager as facilitator)

Bezüglich der Notwendigkeit eines fundierten und spezifischen Fachwissens einer Führungskraft äußerten sich Manager aus Japan, China und Indonesien zustimmend. Im asiatischen Wirtschaftsleben ist es enorm wichtig für eine Führungskraft, fachliche Fragen kompetent zu beantworten, um einen Teil seines Status nicht einbüßen zu müssen.

Der gegensätzliche Extremfall ließ sich in Schweden, den Niederlanden und den USA herausfiltern. In diesen Ländern wird mehr Wert auf die Fähigkeit einer Führungskraft gelegt, Defizite bezüglich des Fachpersonals durch unternehmerische Entscheidungen zu bereinigen und bei spezifischen Fragen an die entsprechenden Spezialisten zu verweisen.

Schwierigkeiten können sich laut den Ergebnissen dieser Untersuchung dann ergeben, wenn Mitglieder zweier Kulturen, die auf eine der zu beantwortenden Fragestellungen extrem gegensätzliche Reaktionen zeigten, im beruflichen Kontext aufeinanderstoßen und ihre unterschiedlichen Einstellungen miteinander vereinbaren müssen.

6. Kulturelle Dimensionen nach Hofstede

Der holländische Managementforscher Geert Hofstede griff 1984 das Thema internationale Unterschiede im organisationalen Verhalten auf, indem er insgesamt circa 117.000 Manager und Angestellte von IBM aus 66 Ländern zu ihren Managementauffassungen und –verhaltensweisen befragte. Dabei ergaben sich große Unterschiede in den erhobenen Werten, die sich laut Hofstede durch die Unterschiede zwischen den einzelnen Nationalkulturen erklären lassen. (Thieme, 2000, S.156)

Diese sogenannten Nationalkulturen entstehen für Hofstede aus dem „collective mental programming“, das Menschen einer Region oder einer Nation gleich haben. Durch Institutionen wie die Religion oder die Familie wird das Bestehen dieser Nationalkulturen gesichert und ist somit auch nur sehr langsam veränderbar. Zur Differenzierung der Nationalkulturen erarbeitete Hofstede die vier Dimensionen „Individualismus/Kollektivismus“, „Akzeptanz ungleicher Machtstrukturen (Power distance)“, „Vermeidung von Unsicherheit (Uncertainty Avoidance)“ und „Maskulinität/Femininität“, die er den ermittelten Einstellungen und Verhaltensweisen der Manager und Angestellten verschiedener Nationalitäten zuordnete. (Thieme, 2000, S.157) Im späteren Verlauf seiner Studienforschung entwickelte Hofstede eine weitere, fünfte Dimension „Arbeitsethik und Traditionsbewusstsein (Confucian dynamism)“. (Adler, 2002, S. 52)

6.1. Individualismus versus Kollektivismus

Eine Kultur ist dem Individualismus zuzuordnen, wenn sich ihre Angehörigen hauptsächlich als unabhängige Individuen definieren, die sich ausschließlich selbst verpflichtet sind. Weiterhin impliziert diese Kulturform einen sehr lockeren und unverbindlichen Umgang mit sozialen Bindungen, da sich die Menschen eher auf sich und ihren engsten Familienkreis konzentrieren. (Adler, 2002, S.53)

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Details

Title
Internationale Unterschiede im organisationalem Verhalten
College
Leuphana Universität Lüneburg  (Fachbereich Wirtschaftspsychologie)
Course
Organisationspsychologie
Grade
1,3
Author
Year
2002
Pages
60
Catalog Number
V10581
ISBN (eBook)
9783638169639
File size
837 KB
Language
German
Keywords
Internationale, Unterschiede, Verhalten, Organisationspsychologie
Quote paper
Christina Boese (Author), 2002, Internationale Unterschiede im organisationalem Verhalten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10581

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