Politik im Griff- Lobbyismus am Beispiel Bundestag


Pre-University Paper, 2001

15 Pages, Grade: 13 KMK- Pu


Excerpt


1. Einführung

1.1 Einleitung

Das Wort Lobbyismus besitzt ein breites Spektrum an Bedeutungen. Es wird im Allgemeinen benutzt, wenn die Zusammenhänge von Einflussnahme und Interessenvertretung in der Politik dargestellt werden sollen. In meiner Arbeit mit dem Thema: Politik im Griff- Lobbyismus am Beispiel Bundestag, werde ich diese Zusammenhänge anhand der Interessenverbände in Deutschland und einiger Großkonzerne verdeutlichen. Die Wirtschaft nimmt die Lobbyarbeit sehr ernst und lässt sich diese Wahrung ihrer Interessen einiges kosten. Von der Öffentlichkeit wird Lobbyismus oft als etwas Negatives angesehen, was teilweise auch berechtigt ist, aber ohne die Verbände und direkte Vertreter aus der Wirtschaft wäre die Regierung nicht in der Lage realitätsnahe Entscheidungen zu treffen. Allerdings hat der Lobbyismus auch seine weniger positiven Seiten. Gefahren bestehen z.B. darin, dass die Interessen von Minderheiten gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden. Schwierigkeiten bereitet außerdem die Legitimation der Lobbyarbeit, da das Grundgesetz z.B. die Wörter Lobbyismus und Verband nicht direkt erwähnt. In der folgenden Arbeit werden die Gefahren, Probleme und der Nutzen des Lobbyismus näher betrachtet.

1.2 Die Bedeutung des Begriffs Lobbyismus, woher er stammt und was Lobbyisten sind

Der Begriff Lobby stammt vom lateinischen Wort labium ab und bedeutet ursprünglich Vor- und Wartehalle. Daraus entwickelte sich die Bezeichnung Lobbyisten. Lobbyisten, damit waren im 19. Jahrhundert Interessenvertreter gemeint, die in den Gängen der Abgeordnetenhäuser in Washington versuchten die Parlamentarier zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

In der heutigen Zeit wird Lobbyismus nicht mehr in den Gängen des Bundestages betrieben. Der Begriff wird heute hauptsächlich verwendet, wenn es um die Beeinflussung und Mitgestaltung des politischen Willens durch die Interessenverbände, z.B. Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und einzelne Großkonzerne z.B. aus der Pharmaindustrie oder der Automobilbranche, geht.

Die Einflussmöglichkeiten der Verbände, aber auch die der Konzerne, sind vielfältig. Ihre Vertreter sitzen in allen Ministerien, in den Ausschüssen, die die Gesetzentwürfe erarbeiten; sie befürworten oder protestieren über die Medien für oder gegen einzelne Gesetzesvorschläge oder sie organisieren Demonstrationen.

Man muss nur die Zeitung aufschlagen um Kommentare oder Stellungnahmen einzelner Vertreter der Verbände zu Gesetzesvorschlägen oder Entwürfen zu lesen, die u.a. auf diese Weise versuchen die öffentliche Meinung und somit den politischen Willen zu beeinflussen. Der negative Beigeschmack, der an dem Begriff Lobbyismus haftet, ist durch seinen vielseitigen Gebrauch nicht mehr verallgemeinbar. Denn man liest z.B. auch, dass die Lobby für Wohnsitzlose und Arme zu einer Demonstration vor dem Rathaus aufgerufen hat oder es finden sich ein paar Zeilen über ein Treffen der Lobbyisten der Umweltschutzbewegung in London. Dennoch wird dieser Begriff das Negative, was ihm anhaftet, nicht ablegen können, denn es gibt große Unterschiede darin, wie einzelne Interessen vertreten und unterstützt werden und welche Ziele man damit verfolgt.

2. Methoden und Adressaten des Lobbyismus

2.1 Interessenverbände als Lobbyisten im Bundestag

Die Demokratie beruht auf dem Prinzip der friedlichen Regelung der Herrschaft auf Zeit durch den Mehrheitsentscheid. Der Mehrheitsentscheid setzt Gruppenbildung voraus. Im politischen Bereich äußert sie sich in den Parteien; im gesellschaftlichen Bereich bilden sich Vereine, Gruppen und Verbände, um Interessen zu artikulieren und Sachverstand an die Politik heranzutragen. So wird unsere Gesellschaft durch das Mit-, Gegen-, und Nebeneinander einer großen Zahl von Organisationen bestimmt. Als Lobbyisten fungieren vor allem die Verbände der Industrie, des Handwerks, des Handels, der Arbeitnehmer etc. In Deutschland gibt es z.Z. ca. 2000 Bundes- und 6800 Berufsverbände.

Davon verfolgen etwa 5000 Verbände politische Interessen. 1673 Verbände (Stand September 1998) sind derzeit in der Lobbyliste des Deutschen Bundestages registriert (vgl. Bundestag.de).

Die Lobbyliste ist 1972 aufgrund eines Beschlusses des Bundestages entstanden, der die Registrierung von Verbänden und deren Vertreter beinhaltete. Seitdem werden alle Verbände, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten, einmal jährlich in eine öffentliche Liste eingetragen. Für die Vorsitzenden der Ausschüsse ist die Liste eine große Hilfe, wenn Experten zu den Anhörungen geladen werden müssen. Die Verbände wiederum machen durch ihre Registrierung in der Lobbyliste öffentlich deutlich, dass sie Einfluss auf die Politik nehmen wollen. Gleichzeitig erwerben sie aber auch das Recht von den Organen der Bundesregierung und des Bundestages angehört zu werden (Ausschüsse, Hearings, etc.).

Um den Einfluss der Verbände zu kontrollieren und die Mitgliederrechte zu sichern, kam bereits in den sechziger Jahren aus den Reihen der FDP und Teilen der CDU der Vorschlag, ein Verbändegesetz zu erlassen, das auf ähnliche Weise wie das Parteiengesetz die Verbände klar definiert, ihnen Rechten und Pflichten einräumt und Regelungen zur demokratischen Willensbildung beinhaltet. Allerdings wurde in der darauffolgenden Debatte schnell deutlich, dass ein Gesetz an dem Variantenreichtum und der Widersprüchlichkeit der Verbände einerseits und an der Freiheit ebendieser vor staatlichen Regelungen, die zwingend vorgesehen ist, andererseits scheitern müsste (vgl. Informationen zur politischen Bildung, 4/1996, S. 44).

Letztendlich sind die Verbände trotz ihrer verbandsegoistischen Interessen unverzichtbar bei der politischen Willensbildung, da sie mit ihrem Sachmaterial und ihren Experten der Regierung helfen, praktikable Problemlösungen zu finden.

2.2 Die Methoden des Verbandseinflusses und an wen er gerichtet ist

Die Absicht der Interessenverbände ist es die Willensbildung des Parlaments, der Regierung, der Parteien und der öffentlichen Meinung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Regierung spielt hierbei die wichtigste Rolle. Die Einflussnahme konzentriert sich u.a. auf die Ausschüsse der Gesetzesvorbereitung, da dort die Gesetze entstehen und die Möglichkeit der Beeinflussung am größten ist. Die Verbände sind an diesen Ausschüssen durch ihre Sachverständigen vertreten, die von der Regierung eingeladen werden daran teilzunehmen. Damit werden einerseits die von dem Gesetz betroffenen Unternehmen durch ihren Verband vertreten und andererseits sind Experten an der Gesetzeserarbeitung beteiligt, die mit ihrem Fachwissen der Regierung helfen, praxisnahe Lösungen zu treffen. Die Verbände können aber auch direkt durch die Regierung an den Ausschüssen beteiligt sein. Mehr als ein Drittel aller Bundestagsabgeordneten gehen einer Nebentätigkeit, z.B. als Vorstandsmitglied eines Unternehmens oder eines Verbandes, nach.

Die Parlamentarier tun dies völlig legal, denn die gleichzeitige Ausübung eines Bundestagsmandates und einer bezahlten Funktion oder Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen, Interessenverband oder Aufsichtsrat ist auf Bundesebene nicht verboten. Sie haben nur eine Anzeigepflicht gegenüber dem Parlamentspräsidenten, dem sie alle beruflichen Tätigkeiten sowie alle sonstigen Ämter in Vereinen, Verbänden, Körperschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts und Unternehmen melden müssen (vgl. König, Alle Macht den Konzernen, S. 184).

In der 12. Wahlperiode waren 39,4% aller Abgeordneten ehrenamtlich oder hauptberuflich in einem Verband als Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Vorsitzender tätig. Die Abgeordneten der CDU und der FDP waren mit 44,8% und 43% am stärksten in solchen Funktionen vertreten, was u.a. die stärkere Arbeitgeberorientierung der beiden Parteien begründet. Danach folgten die Abgeordneten der SPD mit 31%, die mehr in den Gewerkschaften vertreten sind. Das Schlusslicht bilden Bündnis 90/Die Grünen mit 12,5% und PDS/Linke Liste mit 8,8% (vgl. Bundestag.de zit. n. Schindler).

Der Nutzen der Abgeordneten für die Verbände ist allerdings nur bedingt für die Abstimmungen im Parlament nutzbar, da die Abgeordneten einem Fraktionszwang unterliegen. Sollten sie dem Willen der Fraktion nicht folgen, fallen sie in die politische Bedeutungslosigkeit, da sie den Rückhalt ihrer Partei einbüßen und bei der nächsten Wahlperiode nicht mehr zur Disposition stehen und folglich den Nutzen für ihren Verband verlieren.

Die Verbände besitzen allerdings noch mehr Möglichkeiten zur Einflussnahme. Sehr wichtig, gegenüber der kurzfristigen Beeinflussung eines Gesetzes, ist die ständige und langfristige Kontaktpflege mit den Abgeordneten und den Fraktionen. Dieses lässt sich am besten über eine personelle Durchsetzung der entsprechenden Bundestagsfraktion erreichen. Zusätzlich fließt der Sachverstand der Verbände mit ein, auf den die Parlamentarier angewiesen sind. Die Verbände üben auf diese Weise unmittelbaren Einfluss auf den Bundestag aus. Über Kontakte, die Übergabe von Informationen, Eingaben und eine personelle Durchsetzung wird unmittelbarer Einfluss auf die Ministerialbürokratie genommen, was wiederum zu einem mittelbaren Einfluss der Verbände auf die Bundesregierung führt. Durch Stimmen-Pakete, Spenden und ebenfalls eine personelle Durchsetzung wird unmittelbarer Einfluss auf die politischen Parteien ausgeübt, die einen mittelbaren Einfluss auf die Ministerialbürokratie, den Bundestag und die Bundesregierung haben. Indem die Verbände Informationen und Stellungnahmen zu den Gesetzesvorhaben der Regierung über die eigenen und die allgemeinen Medien publik machen und aufsehenerregende Demonstrationen organisieren, haben sie einen unmittelbaren Einfluss auf die öffentliche Meinung, welche einen mittelbaren Einfluss auf den Bundestag, die Bundesregierung und die politischen Parteien hat. Zusätzlich zur mittelbaren Einflussnahme über die Ministerialbürokratie, die politischen Parteien, dem Bundestag und der öffentlichen Meinung auf die Bundesregierung haben die Verbände über Eingaben und der Unterstützung (oder Sabotage) von Maßnahmen einen unmittelbaren Einfluss auf die Bundesregierung (vgl. Informationen zur politischen Bildung 4/1996, S.37, zit. n. Rudzio, Die organisierte Demokratie, S. 41).

3. Wem der Lobbyismus nützt

3.1 Die Vorteile des Lobbyismus für die Verbände

Die Absicht der Verbände ist es, die politische Willensbildung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sie versuchen dies u.a. durch eine personelle Durchsetzung zu erreichen. Gleichzeitig ist es den verbandsangehörigen Abgeordneten möglich ihre Verbänden und Unternehmen frühzeitig, durch gute Kontakte zur Arbeitsebene der Ministerien, strategisch wichtige Informationen über Gesetzesvorhaben der Regierung zu übermitteln. Auf diese Weise sind die Verbände in der Lage, bereits in den ersten Ansätzen, Einfluss auf ein Gesetz zu nehmen. Die Parlamentarier können dann im Rahmen von Ausschussberatungen und Hearings ihre Position, bzw. die ihres Verbandes, publik und attraktiv machen. Außerdem ist es den Abgeordneten möglich, in Fraktionsdiskussionen, Verbandsinteressen zu äußern. Ein weiterer Vorteil der Verbände ist die frühzeitige Informierung über Entwicklungen in der Regierung.

3.2 Der Nutzen der Verbände für die Regierung

Die Regierung ist auf die Mitwirkung der Interessenverbände in der Gesetzesvorbereitung angewiesen. Sie besitzen wichtiges Sachmaterial und Erfahrungen auf dem betreffenden Gebiet, ohne das der Gesetzgeber nicht in der Lage wäre, gerechte und geeignete Lösungen, zu treffen. Außerdem ist es sinnvoll und nützlich, wenn er die Belange, Bedenken und Probleme der Betroffenen kennt und sie gegebenenfalls Berücksichtigen kann, da ein Gesetz in der Regel nicht mit Gewalt durchgesetzt werden kann, sondern darauf angewiesen ist, dass es von den Betroffenen akzeptiert und befolgt wird (vgl. Schick/Zeh S.89f).

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Verbände trotz ihrer verbandsegoistischen Interessen der Regierung bei der Prägung, Bündelung sowie Artikulation von kollektiven Forderungen sehr hilfreich sein können. Die daraus entstandenen Regelungen und Gesetze können dann von den Verbänden gegenüber ihren Mitgliedern interpretiert und gerechtfertigt werden, da sie an ihrer Entstehung mitgewirkt haben. Allerdings darf die Regierung nicht den Fehler machen und nur eine Seite anhören, sondern sie muss auch eine andere, die auf dem gleichen Gebiet vielleicht gegensätzliche Interessen verfolgt, berücksichtigen. So wird der Gesetzgeber z.B. bei der gesetzlichen Regelung von Arbeitsbedingungen nicht nur den Arbeitgeberverband mit einbeziehen, sondern auch die Gewerkschaften anhören.

4. Legitimation der Interessenvertretung

4.1 Die rechtliche Legitimation der Arbeit der Verbände in der Regierungspolitik

Im Grundgesetz werden die Begriffe Lobbyismus und Interessenverbände nicht direkt genannt. Allerdings wird in Artikel 9 GG erwähnt, dass jeder Bürger das Recht hat Vereine und Gesellschaften, sowie Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden. Mit Hilfe dieser Organisationen kann jeder Bürger an der politischen Willensbildung teilnehmen, soweit es das Gesetz zulässt. Auf diese Weise wird außerdem das Prinzip der Volkssouveränität gefördert, da der Bürger seinen Willen nicht nur am Wahltag ausdrücken kann, sondern fortlaufend über seinen Verband. Weiterhin wird in §24 der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung das Mitwirken der Verbände an Gesetzesvorschlägen bzw. ihre Stellungnahme zum jeweiligen Thema zusätzlich legitimiert. Außerdem darf die Regierung die Verbände um die Überlassung von

Informationsmaterial bitten. Das ist sinnvoll, da die Verbände über angesammeltes Sachmaterial verfügen (vgl. Detje 2000 S.82).

4.2 Die Probleme der Legitimation

Das politische System der Bundesrepublik Deutschland kann zwar nicht mehr auf den Verbändepluralismus verzichten, aber dennoch sind an ihm gravierende Mängel zu erkennen. So muss die Frage gestellt werden, ob der jeweilige Verband die Interessen seiner Mitglieder in ihrem Sinne unterstützt und vertritt. Außerdem entspricht die innere Ordnung der Verbände oftmals nicht den demokratischen Anforderungen, an die sie gebunden sind. Es erheben hauptamtlich tätige Kräfte Ansprüche, die mit den (oftmals passiven) Mitgliedern nicht abgesprochen sind und nicht ihrem Willen entsprechen. Es ist die Pflicht eines Staates, wie z.B. der Bundesrepublik Deutschland auf die Einhaltung der innerverbandlichen Demokratie zu achten (vgl. Jesse 1997, S. 236 u. 238).

Allerdings sind auch Mängel bei der Regierung im Umgang mit den Verbänden zu beobachten. So unterschiedlich die Macht- und Finanzverhältnisse der Verbände sind, so ungleich sind auch ihre Chancen bei der Durchsetzung ihrer Interessen. Schwer zu organisierende Interessen wie die der Hausfrauen oder der Randgruppen (sozial Schwache, Ausländer) werden nicht oder nur sehr schlecht vertreten und somit vernachlässigt. Da sich die Regierung mehr an den großen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden orientiert und sie sogar in die Formulierung und Ausführung der Regierungspolitik direkt mit einbezieht, wozu sie nicht durch demokratische Wahlen legitimiert worden sind, entsteht eine weitere Bevorteilung gegenüber kleineren Verbänden.

Durch etablierte Interessengruppen entsteht eine Art konservativer Besitzstandswahrnehmung, welche nicht unbedingt der Dynamik der Gesellschaft folgt. Das Beispiel der Agrarpolitik hat gezeigt, wie lange es dauert bis ein Bewusstseinswandel eintritt (vgl. Detje 2000, S.82).

5. Mitgliedsunternehmen und Großkonzerne

5.1 Das Zerwürfnis zwischen den Unternehmen und ihren Verbänden

Bereits 1997 stellte das Meinungsforschungsinstitut Forsa in einer Umfrage fest, dass nur 9 Prozent der Unternehmer mit ihren Verbänden rundum zufrieden seien. Die Mehrzahl erwarte von ihren Interessenverbänden mehr Beratung, bessere politische Lobbyarbeit und mehr Kundenorientierung, wobei als Kunde die Mitgliedsunternehmen zu betrachten sind. Immerhin zahlen die Unternehmen rund 3,5 Milliarden D-Mark an Beiträgen pro Jahr.

Durch die ständig steigende Arbeitsteilung und Spezialisierung in der Wirtschaft entsteht ein dichtes Geflecht kleiner Verbände. Alleine dem Bundesverband der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gehören insgesamt über 1000 Unterverbände an. Das Handwerk ist in 56 Kammern, 366 Kreishandwerkerschaften, 69 Zentralfach- und Bundesinnungsverbänden, 591 Landesfach- und Landesinnungsverbänden sowie rund 7000 Innungen organisiert. Als Folge dessen werden Bundestag und die Bundesministerien mit immer spezielleren Forderungen konfrontiert, welche ein immer größeres Fachwissen erfordern. So steigt die Zahl der Ansprechpartner für das Parlament und die Ministerien, was mit einer größeren Unübersichtlichkeit einhergeht. Besonders effektiven Lobbyismus betreibt der ADAC. Er könnte, über seine Mitgliederzeitschrift und über seine exzellenten Presseverbindungen, Wahlen mehr als nur beeinflussen (vgl. Schwarz 1999, S.219f.).

5.2 Lobbyismus einzelner Großkonzerne

Nicht nur die Verbände versuchen die politische Willensbildung zu beeinflussen, sondern auch die großen Konzerne. Besonders die der Automobilbranche haben es verstanden Lobbyismus zu ihren Gunsten zu betreiben. Die Unternehmen haben erkannt, dass sich die Wechselwirkungen von politischen Entscheidungen und Unternehmensentscheidungen zusehends verstärken. Durch Abkommen über Emissions- und Verbrauchsreduzierungen sind die Politiker zu Mit-Konstrukteuren der Produkte geworden. Die Konzerne beschäftigen deswegen einzelne Lobbyisten, die z.B. als ehemalige Abgeordnete, über hervorragende Kontakte zum den Parlamentariern verfügen. In den Entscheidungszentren Berlin und Brüssel haben sich sogar Unternehmen angesiedelt, die Lobbyismus als Dienstleistung anbieten.

Aufgabe der Lobbyisten ist es die Unternehmen darüber zu informieren, welche Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse im Parlament und im Bundesrat, in der Administration ablaufen. Es muss ein langfristiger und ständiger Dialog zwischen Unternehmen und Politik unterhalten werden. Die Konzerne gehen dabei von einem meist geringen Sachverstand der Politiker aus und bieten ihnen ständig Informationen, z.B. zu Umwelt- oder Verkehrsfragen bezogen auf das Auto an. Der Erfolg dieser effiziente Lobbyarbeit lässt sich auch in dem Verhalten der Regierung erkennen. Der Gesetzgeber weicht immer wieder von seinen hohen Anforderungen zur Schadstoffreduzierung an die Industrie ab und schwächt diese in solchem Maße, dass die Ingenieure der Unternehmen nicht vor allzu große Probleme gestellt werden (vgl. König 1999, S. 188f.). Ferner können Lobbyisten bei Problemen in einzelnen Unternehmen, z.B. Subventionierung, gleich an oberster Stelle (Ministerien) Klarheit schaffen.

6. Interessenvertreter

6.1 Die Arbeit eines erfolgreichen Lobbyisten

Interessenvertreter versuchen staatliches Handeln zum Vorteil ihrer Firma oder ihres Verbandes zu nutzen. Der Hauptteil der Arbeit eines erfolgreichen Lobbyisten besteht in der Informationsbeschaffung, Analyse und Aufbereitung dieser Information, um in der Lage zu sein, eine Definition der Gefahren und Chancen, die sich aus den geplanten Regelungen ergeben, zu formulieren und die Strategie für oder gegen diese Maßnahmen zu entwickeln. Ein Lobbyist muss genau analysieren, welche politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Möglichkeiten der Gegenstand, bei dem er Lobbying betreibt, besitzt und wo die Lage seines sozialen Umfeldes ist.

Ein Interessenvertreter muss die wichtigen Entscheidungsträger identifizieren. Denn häufig ist nicht der Minister oder der Kommissar der wichtigste Ansprechpartner, sondern derjenige, der als Sachverständiger direkt mit dem Entwurf eines Textes oder der Vorbereitung einer Maßnahme beauftragt worden ist (z.B. Referentenentwurf). Auf dieser Ebene ist sinnvoller Informationsaustausch am leichtesten möglich. Ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes liegt in der sehr frühen Einwirkungsmöglichkeit, im wesentlichen durch die Bereitstellung präziser Informationen. Die Verbandsvertreter müssen möglichst früh über geplante Vorhaben informiert werden, um unverzüglich handeln zu können, wodurch eine Art Konkurrenzkampf zwischen den Lobbyisten entsteht. Eine Interessenvertretung sollte auch in der Präsentation, ob schriftlich oder mündlich, vollkommen sein. Wichtig ist dabei sie präzise, treffend und zum richtigen Zeitpunkt vorzutragen. Ferner darf der Lobbyist nicht nur als Bittsteller auftreten. Die Parlamentarier und Beamte müssen das Gefühl haben, dass sie von dem Interessenvertreter gut informiert werden, schnell hinzulernen und dann mehr wissen als andere. Überdies ist es nützlich, sein Anliegen möglichst unbemerkt gegenüber den Abgeordneten und der Verwaltung zu vertreten. Sollte dies nicht ausreichen, ist es erforderlich, zusätzlich die Öffentlichkeit zu mobilisieren (vgl. Detje 2000, S.84). Lobbyisten unterstützen ihre Auftraggeber also als Horchposten, Informationsbeschaffer, Berater, Informationsverteiler und einflussreiches Sprachrohr. Sie tun dies rund um die Uhr und an allen Orten, an denen Regierungen, Ministerien, Parlamente und Politiker zu finden sind. An nützlichen Gelegenheiten, um gesuchte Ansprechpartner zu finden, fehlt es in den Entscheidungszentren nicht. Seminare, Kolloquien, Konferenzen und Abendveranstaltungen gibt es in diesem Umfeld zur Genüge (vgl. König 1999, S. 198). Lobbyarbeit klappt also nur, wenn man kommunikativ ist, Vertraulichkeit ernst nimmt, ausgezeichnete Kontakte zu den Abgeordneten besitzt und über politisches Gespür verfügt.

7. Zusammenfassung

7.1 Gefahren und Nutzen des Lobbyismus

Wenn man sich eingehend mit dem Lobbyismus beschäftigt stellt man fest, dass es viele verschiedene Meinungen darüber gibt, welche Funktionen der Lobbyismus hat und wie stark der Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung ist. Wird die Internetadresse des Deutschen Bundestages (Bundestag.de) als Informationsquelle genutzt, so stellt man folgendes fest:

Die Einflussmöglichkeiten auf die politischen Entscheidungen der Regierung werden zwar nicht generell in Abrede gestellt, aber der Lobbyismus wird als ein unspektakulärer Teil der Politik dargestellt, der lediglich einen Informationsvorsprung verschaffen kann, aber letztendlich keinen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten hat und deshalb uninteressant für Publizistik und Wissenschaft ist (vgl. Bundestag.de).

Auch Schwarz sieht in seinem Buch ,,Das gekaufte Parlament“ die Rolle des Lobbyismus und die von ihm ausgehende Gefahr nicht so problematisch an, wie es der Titel vermuten lässt. Allerdings weist er darauf hin, dass nur große Verbände und Konzerne imstande sind effektiven Lobbyismus zu betreiben. Kleinere Verbände seien meistens nicht in der finanziellen Lage, aktiven und ständigen Lobbyismus zu betreiben. Sogar die Öffentlichkeit hat, nach der Meinung von Schwarz, nur die Möglichkeit zur Schadensbegrenzung. Selbst wenn, wie im Fall Shell, als wegen der geplanten Versenkung der „Brent Spar“ die Tankstellen der Shell boykottiert wurden, also alle an einem Strang zogen, war dies nur ein Einzelfall. Ihr fehlt im Allgemeinen die kontinuierliche Arbeit, um vorbeugende Maßnahmen zu treffen.

Detjen beschränkt sich meist auf die Methoden und Adressaten des Verbandseinflusses. Er stellt aber auch die Probleme der Legitimation und die Gefahr für die Minderheiten und schlecht organisierten Bevölkerungsteilen objektiv dar. König dagegen beschreibt in seinem Buch ,,Alle Macht den Konzernen“ den zunehmenden Machtgewinn der Konzerne und sieht u.a. die Nebentätigkeiten der Abgeordneten, z.B. als Vorstandsvorsitzende in großen Unternehmen und Verbänden, als eine Gefahr an.

Ein Problem des Verbändepluralismus besteht meiner Ansicht nach in den Verbänden selbst, da sie mit ihren starren Strukturen und gewachsenen Hierarchien den schnell wechselnden Bedingungen und Anforderungen der Wirtschaft nicht mehr gewachsen sind.

Die Schere zwischen großen und kleinen Unternehmen wird immer größer werden. Ihre unterschiedlichen Interessen sind dann nicht mehr als eine gemeinsame Forderung eines Verbandes zu formulieren. Was zur Folge haben wird, dass die großen Konzerne, wie es schon jetzt der Fall ist, verstärkt ihre Ansprüche alleine und ohne Rücksicht auf gleichartige Unternehmen geltend machen werden. Das Resultat wird die Schwächung des Mittelstandes sein, der, ohne die Formulierung von kollektiven Forderungen, seine Anliegen nicht durchsetzen kann. Der Lobbyismus wird sich immer weiter internationalisieren. In Zukunft werden sich die Lobbyisten mehr auf Brüssel konzentrieren, da dort im Rahmen der EU die wichtigen Entscheidungen für die Wirtschaft getroffen werden.

Da man trotz der generell großen Bereitschaft zur Kommunikation von den Lobbyisten nur selten etwas über Bestechungserfolge hört, muss man davon ausgehen, das Geld bei den Politikern keine guten Worte ersetzten kann. Außerdem unterliegen sie dem Fraktionszwang und müssen sich dem Willen ihrer Partei unterordnen. Daher sehe ich den Lobbyismus, trotz der relativ großen Einflussmöglichkeiten im Vorfeld der Abstimmungen, momentan noch nicht als eine große Gefahr an. Die Regierung muss indes darauf achten, dass Minderheiten nicht ins Hintertreffen geraten. Sie sollte diese Organisationen finanziell unterstützen und sie verstärkt in die Entwicklung von Gesetzen einbinden. Zu einem Problem könnte sich allerdings der ständig zunehmende Machtgewinn der Konzerne entwickeln, da dies nur schwer zu kontrollieren und zu verhindern ist. Daher sollte die Ämteranzahl der Abgeordneten gesetzlich auf ein bis zwei beschränkt werden. Einerseits, um die Macht der Konzerne und Verbände etwas einzuschränken; andererseits liegt die Hauptaufgabe der Parlamentarier bei dem Bundestag und den Ausschüssen der Ministerien und nicht bei den Verbänden oder Unternehmen.

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Details

Title
Politik im Griff- Lobbyismus am Beispiel Bundestag
Course
Unterricht
Grade
13 KMK- Pu
Author
Year
2001
Pages
15
Catalog Number
V105932
ISBN (eBook)
9783640042111
File size
415 KB
Language
German
Notes
Gelungene Arbeit, in der einige Stunden Arbeit stecken. Hoffe, sie hilft euch!
Keywords
Politik, Griff-, Lobbyismus, Beispiel, Bundestag, Unterricht
Quote paper
Arne Bliwernitz (Author), 2001, Politik im Griff- Lobbyismus am Beispiel Bundestag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105932

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