Kann man Regionen machen? Ansätze grenzübergreifender Regionalentwicklung: Das Fallbeispiel Spessart


Tesis, 1996

161 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

Verzeichnis der Abkürzungen

1. Einleitung

2. Problemstellung und Ziel der Arbeit

3. Aufbau und Vorgehensweise
3.1. Aufbau der Arbeit
3.2. Vorgehensweise und Methoden der Untersuchung
3.2.1. Literaturauswertung und theoretische Annäherung
3.2.2. Empirische Erfassung - Qualitative Sozialforschung
3.2.2.1. Leitfadeninterviews bei Experten
3.2.2.2. Teilnehmende Beobachtung

4. Region in der Theorie
4.1. Strukturwandel und Regionalisierung
4.1.1 Strukturwandel im Licht der Regulationstheorie
4.1.2. Global-Regional-Dichotomie
4.1.3. Region und der kooperative lokale Staat
4.1.4. Anpassungsstrategie Region - "flexible regionale Regulation"?
4.2. Raum - Region - Regionalität
4.2.1. Raum
4.2.2 Region
4.2.3. Regionalität
4.2.4. Regionale Identität und Regionalbewußtsein
4.3. Redundanz zum Wohle der Region
4.3.1. Kommunikation und Information
4.3.2. Struktur
4.3.3. Region - Offenheit, Komplexität, Chaos, Selbstorganisation?
4.4. Akteure und Netzwerke - Akteursnetzwerk Region
4.4.1. Zum Begriff des Netzwerks
4.4.2. Netzwerk und lose Kopplungen für die Region
4.4.3. Intermediäre Organisation

5. Regionalentwicklung
5.1. Facetten von Regionalentwicklung
5.1.1. Endogene oder eigenständige Regionalentwicklung?
5.1.2. Ökologische oder nachhaltige Regionalentwicklung?
5.2. Zur Umsetzung von Regionalentwicklung

6. Der Spessart als Untersuchungsgebiet
6.1. Region Spessart - Versuche einer Abgrenzung
6.2. Räumliche Lage und Struktur
6.2.1. Bevölkerung und Siedlungsstruktur
6.2.2. Wirtschaft und Beschäftigtenstruktur
6.2.3. Verkehr
6.2.4. Flächennutzung
6.3. Ausgangslage einer Region Spessart

7. Auswertung der Expertengespräche
7.1. Von den Anfängen der Region Spessart
7.2. Region in der Praxis
7.2.1. Annäherungen an die Region
7.2.2. Der Spessart als Region?
7.3. Regionale Identität oder Regionalmarketing?
7.3.1. Regionale Identität und Regionalbewußtsein
7.3.2. Regionalmarketing
7.3.3. Regionale Identität als Regionalmarketing?
7.4. Regionalentwicklung und regionale Wirtschaftsförderung
7.4.1. Regionalentwicklung
7.4.2. Regionale Wirtschaftsförderung
7.5. Regionale Kooperation
7.6. Vernetzung und Kommunikation
7.7. Bürgerbeteiligung
7.8. Kompetenz, Organisation und Implementierung des Regionalen
7.8.1. Regionale Kompetenz
7.8.2. Organisation des Regionalen
7.8.3. Implementierung des Regionalen im Spessart
7.8.4. Lösung: Intermediäre Organisation?
7.9. Über Ziele einer Region Spessart
7.9.1. Eigenständigkeit oder Abhängigkeit vom Ballungsraum Rhein-Main
7.9.2. Entwicklung im Spannungsfeld von Konservierung und Wachstum
7.9.3. Konkretisierung der Entwicklungsoptionen
7.9.3.1. Ökologie - Erhaltung der Landschaft und Ressourcen
7.9.3.2. Ökonomie - Erhaltung von Erwerbsmöglichkeiten

8. Regionalität im Spessart

9. Leitbilder integrativer Regionalentwicklung im Spessart
9.1. Wirtschaft und Infrastruktur
9.2. Natur und Landschaft
9.3. Kultur und Identität
9.4. Organisation und Implementierung

10. Fazit oder: Kann man Regionen machen?

Literaturverzeichnis

Anhang
Karten

Anhang II (Extraband)
Interviews
Liste der Gesprächspartner

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1 : Aufbau der Arbeit

Abb. 2 : Theoretischer Aufbau der Arbeit

Abb. 3 : Leitfaden für Experteninterviews

Abb. 4 : Regulationstheoretisches Grundmodell

Abb. 5 : Die 4 interaktiven Stadien der Konstitution von Region

Abb. 6 : Das Regionale und Regionalität

Abb. 7 : Strukturen und Merkmale von Regionalität

Abb. 8 : Dimensionen von Regionalbewußtsein und regionaler Identität

Abb. 9 : Redundanz in sozialen Systemen

Abb. 10 : Der intermediäre Bereich

Abb. 11 : Zielsystem eigenständiger Regionalentwicklung

Abb. 12 : Bevölkerung in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten 1983/1993

Abb. 13 : Beschäftigtenstruktur in der Region Spessart 1983/1993

Abb. 14 : Beschäftigte in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten 1993

Abb. 15 : Flächennutzung in der Region Spessart

Abb. 16 : Flächennutzung in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten

Abb. 17 : Zustandekommen des Spessart-Projektes - 4 Phasen der Umsetzung

Abb. 18 : Regionale intermediäre Organisation

Abb. 19 : Organisatorisches Konzept einer regionalen Koordinationsstelle im Spessart

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1 : Unterschiedliche Gründe für eigenständige Regionalentwicklung

Tab. 2 : Die 10 größten Spessart-Gemeinden

Tab. 3 : Die 10 kleinsten Spessart-Gemeinden

Tab. 4 : Veränderung der Beschäftigtenzahl nach Verwaltungseinheiten 1983/1993

Tab. 5 : Flächenaufteilung nach Verwaltungseinheiten

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Im Mai 1994 wurde auf der Bayerischen Schanz im Spessart, wo sich 1866 Bayern und Preußen noch in kriegerischer Absicht gegenüberstanden, von den Vertretern der Landkreise Aschaffenburg, Main-Kinzig, Main-Spessart, Milten- berg sowie der kreisfreien Stadt Aschaffenburg und unter Beteiligung von Ver- tretern der Landesregierungen Bayerns und Hessens symbolisch ein Grenz- baum zersägt. Damit war der Beginn eines bayerisch-hessischen Spessart- Projektes, das im September des Spessart-Jahres 1995 mit Spessart-Schau und Kongreß seinen Höhepunkt finden sollte, offiziell eröffnet. Unter dem Motto "Spessart - eine lebhafte Region?" sollte mit Hilfe einer Gesamtbilanzierung ermittelt werden, ob eine Region Spessart tatsächlich lebhaft ist oder sein kann. Gleichzeitig wurde dem Projekt im Sinne einer bayerisch-hessischen Ko- operation - von seiten der Landesregierungen - auch die Bedeutung als Ansatz integrierter Regionalentwicklung beigemessen. Von den Trägern - den ge- nannten Landkreisen und der Stadt Aschaffenburg - wurde das Projekt offiziell "als Zeichen der gemeinsamen historischen, bayerisch-hessischen Verantwor- tung für den Spessart" (vgl. PBS 1995, 3) deklariert. Angedacht war die Erar- beitung eines Zukunftskonzeptes für die Region als "Ergebnis von Bürgerbe- teiligung und interdisziplinärer Partizipation" (ebenda).

Daß das Spessart-Projekt im Kontext von Regionalisierung und eigenständiger Regionalentwicklung kein Einzelfall ist, zeigt ein Blick in vergleichbare Regio- nen. So fand wenige Wochen nach dem Spessart-Kongreß und kaum 250 Ki- lometer weiter nördlich in der Region Weser-Diemel eine ähnliche Veranstal- tung statt.

Was hat es also mit der Region und deren Formierung und Gestaltung auf sich, wo sie doch so schlecht faßbar, abgrenzbar, institutionalisierbar und vieles an- dere zu sein scheint? Was steckt also hinter regionalen Bewegungen vor allem in ländlich geprägten Räumen? Welche Bedeutung ist einer Region Spessart in diesem Zusammenhang beizumessen? Welche Vorstellungen und Absichten verbergen sich hinter einer Region Spessart? Wie ist eine Region Spessart sinnvoll und angemessen gestaltbar? Ist eine Region Spessart überhaupt machbar, zumal es sich offensichtlich um das interessante Phänomen einer Region in der Region, d.h. Region Spessart als Teil der Region Rhein-Main (vgl. WENTZ 1994, 10ff.) handelt?

Eine Fülle von Fragen, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Ausarbeitung in ihrer analytischen und konzeptionellen Ausrichtung, beispielsweise unter dem Aspekt grenzübergreifender Regionalentwicklung, betrachtet werden können.

Dies setzt sicherlich eine positive und zugleich kritische Einstellung gegenüber dem Phänomen Region im allgemeinen und den Vorstellungen, Motiven und Zielen von regionschaffenden Personen im speziellen voraus. Die Befürchtung einer möglichen Aussichtslosigkeit des Sich-Befassens mit Region scheint fehl am Platz, denn wird die Behauptung von MURPHY (1991, 32) verinnerlicht, daß "regions are not just backdrops for our case studies; they are themselves part of the social dynamic", dann ist es sogar möglich, mit gu- tem Gewissen und einem Funken Hoffnung auf relevante Erkenntnisse, das Vorkommnis Region an einem einem weiteren Fallbeispiel - hier dem Spessart - zu untersuchen. Vielleicht gelingt es sogar, genau 75 Jahre, nachdem BARING (1921, 119) vor dem Hintergrund sich andeutender Probleme in der Landwirtschaft Verkehrserschließung und Schaffung von Erwerbstätigkeit vor Ort, d.h. die Sicherung der allgemeinen Lebensgrundlagen für den Spessart gefordert hat, neue Absichten und Ziele bei denen zu identifizieren, die auszo- gen, um aus dem Spessart eine Region zu machen.

2. Problemstellung und Ziel der Arbeit

Es bietet sich an, vor dem Hintergrund des derzeit um Region geführten Diskurses, die in der Einleitung aufgeworfenen Fragen unter dem Aspekt der generellen Machbarkeit von Regionen im Sinne eines "handwerklichen Zusammenschusterns" zu betrachten. Die Frage: "Kann man Regionen machen?" bezieht sich somit auf das beabsichtigte Zustandekommen von Regionen, wobei diesem Vorgang eine stark aktive Komponente zuzuordnen ist. Dies bedeutet: Ausgangspunkt ist die Annahme, daß Regionen als solche nicht einfach vorhanden sind bzw. entstehen, sondern von handelnden Personen (Akteuren i.w.S.) in bewußter, zielgerichteter Absicht und unter Berücksichtigung von Interessen zu bestimmten Zwecken gemacht werden.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bezieht sich die Frage nach der Machbar- keit von Regionen dabei vorwiegend auf die Betrachtung verschiedener, für die Diskussion um die Gestaltung von Region bedeutsamer Momente (z.B. Regio- nale Identität, Regionalbewußtsein, Regionalentwicklung, regionale Koopera- tion). Aus diesem Grund soll mit Hilfe einer theoretischen und empirischen Aufarbeitung der relevanten Aspekte versucht werden, eine mögliche Antwort auf die Ausgangsfrage anzubieten, und zwar, weil die generelle Machbarkeit der Region eben von Inhalt, Bedeutung und Umsetzbarkeit der verschiedenen Teilaspekte bestimmt wird. Dabei ist jedoch auch die Frage nach Sinn, Zweck und Bedeutung (der Machbarkeit) von Region zu berücksichtigen. Eine mögliche Stellungnahme hinsichtlich der Machbarkeit sollte sich daher nicht in einem Ja oder Nein erschöpfen, sondern wenn möglich auch versuchen, das Wie und vor allem das Warum und Wozu einzubeziehen.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bezieht sich eine mögliche Beantwortung der Frage: "Kann man Regionen machen?" lediglich auf das Fallbeispiel Spes- sart bzw. in Ansätzen generalisierend auf andere Regionen. Es wird daher ab- schließend der Versuch unternommen, konzeptionelle Anmerkungen bezüglich Art und Weise einer Realisierbarkeit der Region Spessart zu machen. Ziel der Arbeit ist, Hintergründe und Möglichkeiten der Machbarkeit einer Re- gion Spessart, mit Hilfe der Aufarbeitung regional bedeutsamer Aspekte und unter Einbeziehung regionalspezifischer Bedingungen, aufzuzeigen.

3. Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise

Nachfolgend werden Aufbau und Vorgehensweise begründet und umrissen. Dabei ist auf die theoretische Annäherung an die Thematik sowie auf deren empirische Erfassung und Analyse im Rahmen qualitativer Sozialforschung einzugehen.

3.1. Aufbau der Arbeit

Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst Zielsetzung (Kap. 2.), Aufbau und Vorgehensweise (Kap. 3.) der Untersuchung dargestellt. Im Anschluß daran wird ein umfassender theoretischer Rahmen abgesteckt, der es erlaubt, Ursa- chen und Gründe für die rezente Bildung und Formierung von Regionen aufzu- zeigen (Kap. 4.1.1.). Vor diesem Hintergrund soll das Konzept "Region" als soziales Bezugs- und Beziehungssystem analysiert und diskutiert werden (Kap. 4.2.1. sowie 4.2.2.). Im Anschluß daran wird auf eine mögliche Organisation und Gestaltung von Region im Rahmen redundanz- und netzwerktheoretischer Aspekte einzugehen sein (Kap. 4.3. und 4.4.). In Überleitung zum empirischen, d.h. spessartbezogenen Teil der Arbeit, werden verschiedene Ansätze von Regionalentwicklung hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit erörtert (Kap. 5.). Eine Darstellung des Untersuchungsgebietes anhand statistischer Daten, Graphiken und Karten (Kap. 6.) soll Einblick in die regionalspezifischen Bedingungen ge- ben, vor deren Hintergrund Region Spessart diskutiert wird (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der zweite Teil der Arbeit besteht zum einen aus den Auswertungen der empirischen Untersuchung (Kap. 7.) und zum anderen aus den daraus abgeleiteten Erkenntnissen und Schlußfolgerungen bezüglich einer Spessart-Regionalität (Kap. 8.) sowie möglichen Leitbildern einer Entwicklung der Region Spessart (Kap. 9.). Ein abschließendes Fazit faßt die Ergebnisse der Arbeit im Rekurs auf die Ausgangsfrage zusammen (Kap. 10.).

3.2. Vorgehensweise und Methoden der Untersuchung

Die vorliegende Untersuchung gliedert sich grob in einen theoretischen und in einen empirischen Teil, wobei ersterer auf Basis einer Literaturauswertung als Grundlage für die Durchführung der empirischen Bestandsaufnahme diente.

3.2.1. Literaturauswertung und theoretische Annäherung

Im Rahmen der Literaturauswertung war Ausgangspunkt der Untersuchung zu- nächst eine gesellschafts- und raumtheoretische Annäherung an die Themen, die im Kontext mit der Machbarkeit, Gestaltung und Entwicklung von Regionen allgemein in Verbindung stehen. Um eine Zusammenschau derzeitiger Ten- denzen in der Regionalentwicklung zu bekommen, wurden in Ergänzung dazu Arbeiten über konkrete Projekte oder Konzepte der Regionalentwicklung in der Praxis hinzugezogen.

Im Licht der Regulationstheorie wird deshalb zunächst erörtert, welche Gründe und Bedeutung die Formierung von Regionen haben kann. Auf der Basis raumtheoretischer Überlegungen wird dann versucht, eine Aussage zum We- sen des Regionalen (vgl. WOLF 1995) zu machen, d.h. eine Annäherung an das Phänomen "Region" zu vollziehen. Im Hinblick auf die Frage nach der Machbarkeit von Regionen aus Sicht der Entscheidungsträger erscheint es sinnvoll, ein theoretisches Konzept bezüglich der Organisation und Gestaltung des Regionalen zu umreißen. Dazu werden redundanz- sowie netzwerktheore- tische Überlegungen herangezogen. Vor diesem Hintergrund sind verschiedene derzeit diskutierte Ansätze von Regionalentwicklung sowohl theoretisch als auch in ihrer praktischen Umsetzung zu erörtern (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Theoretischer Aufbau der Arbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Mit Hilfe der Auswertung statistischer Daten wird dann eine Darstellung der regionalspezifischen Bedingungen im Spessart quasi als Vorbereitung für und in Überleitung zum empirischen Teil der Arbeit hinzugefügt. Diese zumindest überblickartige Vorstellung der Region soll eine Anwendung bzw. Interpretation allgemein gehaltener theoretischer Konzepte bezüglich konkreter empirischer Erkenntnisse erleichtern.

3.2.2. Empirische Erfassung - Qualitative Sozialforschung

Wenngleich hinsichtlich der Gestaltung von Region - unter dem Aspekt der Regionalentwicklung i.w.S. - sicherlich auch eine Bestandsaufnahme auf seiten der Bevölkerung sinnvoll und notwendig erscheint, so ist die Frage nach der Machbarkeit von Regionen in der vorliegenden Arbeit auf die Ebene der regio- nalen EntscheidungsträgerInnen1, d.h. der Experten zu beziehen, und zwar, weil die Einstellungen und Handlungen der Entscheidungsträger hinsichtlich der Erschaffung, Gestaltung oder Entwicklung einer Region von vorrangiger Bedeutung sind.

Da es sich bei dem Untersuchungsobjekt Region aus handlungstheoretischer Sicht maßgeblich um eine Bewußtseinskategorie handelt und deshalb im Hinblick auf Gestaltung und Entwicklung von Regionen anzunehmen ist, daß Bewußtsein, Motiv und Handlung als interdependent zu betrachten sind, ist es zur Erfassung diesbezüglich relevanter Daten sinnvoll, qualitative Verfahren der empirischen Sozialforschung (vgl. LAMNEK 1989) anzuwenden (vgl. WOLF 1990, 110; MEIER-DALLACH 1987, 8).

Im Zusammenhang mit Regionalentwicklung aus Expertensicht interessiert in erster Linie die "soziale Wirklichkeit als Rahmenbedingung und Ort von Handlungen" (ARING et al. 1989, 126) der Agierenden. Die subjektive Konstruktion von sozialer Wirklichkeit ist dabei am ehesten aus Sicht des "interpretativen Paradigmas" (vgl. ARING et al. 1989, 126ff.; LAMNEK 1989, Band 2, 60; ATTESLANDER 1995, 92ff. ; HOPF 1984, 21ff.) zu erfassen.

Mit Blick auf neue Organisations- und Kooperationsformen soll zudem versucht werden, mögliche Schnittstellen von Transformation und Innovation (vgl. MEIER-DALLACH 1987, 23; ähnlich auch WOLF 1990, 110) zu ergründen. Dabei kommt unter den Prinzipien der Offenheit und Reflexivität (ARING et al. 1989, 130f.; LAMNEK 1989, 192ff.) der Modifikation theoretischer Konstrukte eine gewisse Bedeutung zu. Es kann hierbei durchaus eine Kombination von deduktiver und induktiver Vorgehensweise zur Anwendung kommen (vgl. LAMNEK 1989, 74).

Die hier dargestellten Erkenntniskriterien führten zu einer Entscheidung für die Durchführung qualitativer Interviews (vgl. ausführlich LAMNEK 1989, Band 2, 35ff.; HOPF/WEINGARTEN 1984, 169ff.) im Rahmen dieser Arbeit. In Ergänzung dazu wurden noch die Möglichkeiten teilnehmender Beobachtung (vgl. ATTESLANDER 1995, 115ff.) genutzt.

bei der Auswertung der Interviews sinnvoll, auf die erwähnte Unterscheidung zu verzichten.

3.2.2.1. Leitfadeninterviews bei Experten

Ausgangspunkt für die Gestaltung des Gesprächsleitfadens waren die themati- schen Schwerpunkte, die theoretischen Grundannahmen sowie praktische Er- fahrungen aus bereits früher geführten Interviews. Aus diesen drei Aspekten ergab sich ein Interviewtyp, den man in Anlehnung an bestehende Definitionen als teilstrukturiertes (vgl. ATTESLANDER 1995, 162), problemzentriertes (vgl. LAMNEK 1989, 74-78) Leitfadeninterview (ATTESLANDER 1995, 174ff.) be- zeichnen könnte. Eine Teilstrukturierung bestand insofern, als durch den auf der Basis eines theoretischen Rahmens erarbeiteten Leitfaden, einzelne the- matische Schwerpunkte vorab gegeben waren. Eine Problemorientierung ergab sich aus dem Anspruch, "ein bereits bestehendes wissenschaftliches Konzept durch die Äußerungen des Erzählenden evtl. zu modifizieren" (LAMNEK 1989, 74, Hervorhebung im Original).

Die Auswahl der Gesprächspartner orientierte sich in erster Linie an der Tätig- keit bzw. Funktion der Personen sowie deren Mitwirkung am und ihrer Bedeu- tung für das Spessart-Projekt. Daraufhin ergab sich für die Interviews ein Ex- pertenkreis, der in erster Linie Angestellte der Verwaltung, Landräte, Wirt- schaftsförderer, Vertreter der IHKs und sonstige an dem Spessart-Projekt be- teiligte Akteure umfaßte. Darüber hinaus wurden Interviews mit Experten in vergleichbaren Funktionen aus ähnlichen Regionen (Vogelsberg, Rhön, Oden- wald) geführt (vgl. Liste der Gesprächspartner im Anhangband).

Insgesamt wurden 23 Interviews - ausnahmslos vor Ort, d.h. bei den Experten - durchgeführt. In der Regel bestand die Interviewsituation aus zwei Interviewern und der befragten Person. Einige Gespräche wurden von drei Interviewern geführt. In manchen Fällen war ein zweiter Gesprächspartner (z.B. persönlicher Referent des Gesprächspartners) der zu befragenden Person anwesend. Die Befürchtung, daß subjektive Einstellungen in diesen Fällen möglicherweise nicht erfaßt werden könnten, bewahrheitete sich nicht.

Nach einer allgemeinen Einleitung in die Thematik von seiten der Interviewer nahmen die Gespräche i.d.R. den angestrebten eigendynamischen Verlauf, der sich meistens im Rahmen der im Leitfaden verankerten Themenschwerpunkte bewegte (vgl. Abb. 3). Vertiefende Aspekte waren mögliche neue (innovative) Instrumente und Vorgehensweisen sowie Möglichkeiten einer Institutionalisie- rung des Regionalen im Spessart. Die Gespräche erstreckten sich zeitlich von 35 bis zu 120 Minuten.

Abb. 3: Leitfaden für Experteninterviews

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Alle aufgezeichneten Interviews wurden transkribiert, wobei aufgrund der weit- gehend beredten Ausdrucksweise der Experten der Berücksichtigung von Un- terbrechungen, Zögern oder Gesprächsatmosphäre eine untergeordnete Bedeutung beigemessen wurde. Die transkribierten Gespräche wurden in Anleh- nung an den Leitfaden inhaltlich ausgewertet. Die für die Arbeit relevanten Fragestellungen wurden in eine Art Themenliste umgesetzt, die weitgehend der Gliederung des empirischen Teils der Arbeit entspricht. Die Interviews wurden zunächst jeweils einzeln anhand dieser Themenauflistung ausgewertet, wobei die Aussagen zu bestimmten Schwerpunkten im Text markiert wurden. An- schließend wurden die Äußerungen bezüglich eines Themenbereiches aus allen Interviews zusammengeführt. Die Aussagen der Experten wurden dann - gemäß des interpretativen Paradigmas - auch vor dem theoretischen Hinter- grund der Arbeit im Sinne einer inhaltlich-reduktiven Analyse (vgl. LAMNEK 1989, 104ff.) umgesetzt. Dabei wurde versucht, möglichst viele wortgetreue Äußerungen der Befragten einzubringen.

3.2.2.2. Teilnehmende Beobachtung

In Ergänzung zu den Interviews wurde als Abschluß der empirischen Untersu- chung der Spessart-Kongreß, der vom 25.-29. September 1995 in Bad Orb stattfand, im Rahmen einer teilnehmenden Beobachtung (vgl. ATTESLANDER 1995, 112ff.) mitverfolgt. Auf dem öffentlichen Spessart-Kongreß tagten ver- schiedene, vorab organisierte Arbeitskreise zu den Themen Wissenschaftliche Landeskunde und Landschaftspflege, Touristik, Kulturarbeit in der Provinz, Kulturgeschichte und Lebensformen, Kulturraum Spessart-Dorf, Archäologie und Bodendenkmalpflege sowie Soziales. Aus organisatorischen Gründen war es nicht machbar, das gesamte Programm im Sinne der teilnehmenden Beob- achtung zu erfassen. Jedoch ergab sich die Möglichkeit, auch aktiv an den Ar- beitskreisen in Form von Diskussionen zu partizipieren. Teilweise boten sich Gelegenheiten zu weiteren informellen Gesprächen auch mit neuen Ge- sprächspartnern, d.h. weiteren maßgeblich beteiligten Akteuren am Spessart- Kongreß. Diese Gespräche wurden jedoch nicht aufgezeichnet. Die beobachte- ten Daten wurden ausschließlich in (hand-)schriftlicher Form festgehalten, wo- bei auf eine ausführliche Protokollierung verzichtet wurde. Die Daten aus der teilnehmenden Beobachtung sind daher auch nur bedingt in die Auswertung miteingeflossen. Sie sind inhaltlich vielmehr als vertiefende Eindrücke und Rückkopplung auf die geführten Interviews zu sehen.

Der Spessart-Kongreß als Gegenstand teilnehmender Beobachtung erfüllte zwei Funktionen: erstens als Verifikationsinstrument für die in den Interviews ermittelten Ansichten und Äußerungen der Experten; zweitens als praktisches Beispiel für die Initiierung und Organisation eines regionalen Austausches sowie als Anschauungsobjekt im Sinne einer Handlungsbühne regionaler Akteure, die sich um Region - in diesem Fall Spessart - bemühten.

In Anlehnung an ATTESLANDER (1995, 104ff.) und GIRTLER (1985, 42ff.) wä- re die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Beobachtung als unstrukturiert, offen und bedingt aktiv teilnehmend zu bezeichnen. Die Offenheit der Beobach- tung ergab sich zwangsläufig aus der Tatsache, daß der Verfasser durch vorab geführte Interviews mehreren Teilnehmern des Spessart-Kongresses bekannt war. Sie erleichterte auch die aktive Teilnahme an den Arbeitsgruppen des Kongresses. Die beobachtende Tätigkeit stand jedoch meistens im Vordergrund, weshalb in Anlehnung an ATTESLANDER (1995, 113) von einer Rolle als "'observer-as-participant', Beobachter als Teilnehmer" gesprochen werden kann (vgl. auch GIRTLER 1988, 43).

4. Region in der Theorie

Um eine Grundlage sowie einen Zugang hinsichtlich der Betrachtung einer möglichen Region Spessart zu schaffen, erfolgt zunächst eine theoretische Darstellung der Regionalisierungsproblematik und der damit verknüpften The- men.

4.1. Strukturwandel und Regionalisierung

Region und Regionalisierung werden derzeit in erster Linie vor dem Hintergrund sich verändernder ökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Strukturen (vgl. HARTMANN 1994, 75ff.; KISTENMACHER et al. 1994, 5ff.) bzw. einer Krise traditioneller Regulierungsformen (vgl. KRUSE 1991, 57ff.) diskutiert. Dabei wird die Region - unter dem Aspekt politischer Dezentralisierung und ökonomischer Flexibilisierung - nicht selten als Anpassung im Rahmen des sich vollziehenden Strukturwandels thematisiert.

4.1.1 Strukturwandel im Licht der Regulationstheorie

Als Ausgangspunkt und Grund des allgemeinen Strukturwandels wird oftmals die Krise des kapitalistischen Systems (vgl. HELBRECHT 1993, 15; KÜHN 1990, 14; OSSENBRÜGGE 1992, 122ff.; STORPER/SCOTT 1989, 23) infolge des Ölpreisschocks von 1973 angeführt (vgl. TICKELL/PECK 1992, 190; LI- PIETZ 1988, 10). Das bis dahin auf Massenproduktion und -konsum basierende Akkumulationsregime (Wachstumsstruktur) des Fordismus befindet sich seither in einer grundlegenden Umstrukturierungsphase. Diese wird i.d.R. als Postfordismus (vgl. BATHELT 1994) bezeichnet. Die Vermutung liegt nahe, daß die gegenwärtig zu beobachtenden Entwicklungen - z.B. bezüglich der Regionalisierung - Anpassungsprozesse im Rahmen einer noch andauernden postfordistischen Umstrukturierung darstellen. Hierbei kann der Region eine doppelte Bedeutung beigemessen werden, und zwar zum einen als Bestandteil sowie Ausdruck des flexiblen Akkumulationsregimes (vgl. BATHELT 1994, 80ff.; STORPER/SCOTT 1989, 24; TICKELL/PECK 1992, 191) und zum anderen als ein mögliches steuerndes, institutionelles Element, d.h. als Regulationsweise (Koordinationsmechanismus) (vgl. ESSER/HIRSCH 1989, 419; DANIELZYK/OSSENBRÜGGE 1993, 214ff.).

Der regulationstheoretische Ansatz betont dabei die Reproduktion von Kapital in gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen (vgl. JESSOP 1990, 154), wobei Akkumulations- und Regulationssystemen eine entscheidende Rolle zu- geordnet wird (vgl. Abb. 4). Das (Kapital-) Akkumulationsregime als Produk- tions-Konsumptions-Verhältnis ist hierbei die unabhängige Größe, die eine bestimmte gesellschaftliche Regulationsweise nach sich zieht (vgl. BATHELT 1994, 65ff.; LIPIETZ 1988). Akkumulationsregime werden als relativ stabile Phasen kapitalistischer Entwicklung betrachtet, in denen sich jeweils entspre- chende Regulationsmechanismen ausbilden. Die Beziehung zwischen bzw. Kopplung von Akkumulationsregime und Regulationsweise, d.h. ihre temporäre Ko-Stabilität (Ko-Existenz) (vgl. OSSENBRÜGGE 1992, 122), bildet den Auf- hänger für den regulationstheoretischen Forschungsansatz (vgl. TICKELL/PECK 1992, 193) (vgl. Abb. 4). Diese auch als Hegemonialstruktur (vgl. HELBRECHT 1993, 10) bezeichnete Ko-Stabilität kann als "Ergebnis so- zialer Auseinandersetzungen" (RONNEBERGER 1995, 1) interpretiert werden (vgl. Abb. 4). Bislang scheint sich jedoch noch kein eindeutiges Nachfolgemo- dell des Fordismus im Sinne einer neuen Hegemonialstruktur durchgesetzt zu haben (vgl. DANIELZYK/OSSENBRÜGGE 1993, 210; TICKELL/PECK 1992, 190).

Mit dem regulationstheoretischen Ansatz hat man bislang vor allem die Entste- hung von neuen industriellen Produktionsräumen und Technopolen sowie stag- nierenden Regionen unter dem postfordistischen Akkumulationsregime erklären können (vgl. z.B. SCOTT, 1990 und 1991; SCOTT/PAUL 1990 und STOR- PER/CHRISTOPHERSON 1987). Es ist positiv anzumerken, daß mit Hilfe der Regulationstheorie, den "herausragenden Aspekt[en] des gegenwärtigen Wan- dels" (DANIELZYK/OSSENBRÜGGE 1993, 210) - Globalisierung und Regio- nalisierung - gleichermaßen Rechnung getragen werden kann, und zwar, weil beide Ebenen in Relation zueinander gesetzt werden können. Denn "regionale und lokale Räume, die sich teilweise über Staatsgrenzen hinweg erstrecken, sind auf verschiedene Arten in globale Beziehungen zwischen Akkumulation und Regulation eingebunden" (ESSER/HIRSCH 1989, 423). Mithin ist die Re- gulationstheorie ein durchaus fruchtbarer Ansatz zur Erklärung unterschiedli- cher Entwicklungen verschiedener Regionen.

Für die vorliegende Arbeit ist der regulationstheoretische Ansatz insofern nütz- lich als er die wirtschaftliche Dimension der Globalökonomie und die veränder- ten Rahmenbedingungen sowie ihre räumlichen Auswirkungen auf Regionen verdeutlicht. Er bildet somit die Grundlage für eine detaillierte Betrachtung des Phänomens Region im Rahmen eines modernen raumwissenschaftlichen An- satzes.

Abb. 4: Regulationstheoretisches Grundmodell

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an HELBRECHT 1993, 10 und BATHELT 1994, 66 (eigene Gestaltung, V.S.)

4.1.2. Global-Regional-Dichotomie

Im Zuge der Veränderungen infolge der Fordismuskrise (vgl. LIPIETZ 1988, 29ff.) wurden nicht nur die Bedingungen für die Weltwirtschaft neu definiert, sondern auch weitreichende Umstrukturierungen in Politik und Gesellschaft hervorgerufen (vgl. TICKELL/PECK 1992, 190; ESSER/HIRSCH 1989, 417). Die bis heute anhaltende Phase der Neuorganisation und Redefinition ökono- mischer, politischer und sozialer Parameter zeichnet sich in erster Linie durch eine zunehmende Tertiärisierung und Globalisierung der Wirtschaft mit inter- nationaler Arbeitsteilung, eine erhöhte Kapitalmobilität (vgl. FÜRST 1993, 307), flexibleren Produktions- und Gesellschaftsstrukturen sowie einem Bedeutungsverlust der Nationalstaaten aus (vgl. BATHELT 1994, 83). Diese Umstrukturierungen äußern sich auch in veränderten räumlichen Strukturen, die - als Ausdruck gesellschaftlicher Reproduktion - ebenfalls in Bewegung geraten sind. Regionale und lokale Ökonomien und Gesellschaften erleben eine Art Wiederauferstehung in einer globalisierten, vernetzten Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur. In diesem Sinne läßt sich auch die Entstehung und Wiederbelebung regionaler Systeme, sowohl als ökonomische Produktions- sowie als sozio-politische Reproduktionssysteme begreifen.

Die räumlichen bzw. raum-zeitlichen Ausprägungen des mit Hilfe der Regula- tionstheorie dargestellten Strukturwandels äußern sich in einer engen Verknüp- fung zwischen globalisierter Ökonomie und neuer (regionaler) Regulat- ionsweise. Denn "Globalisierung meint somit nicht nur ein globales ökonomi- sches Handeln, sondern zudem eine 'Weise des Sich-In-Beziehung-Setzens mit der Raum-Welt', die eine neuartige Verknüpfung von Lokalem [sowie Re- gionalem] und Globalem impliziert" (NOLLER/PRIGGE/RONNEBERGER 1994, 14). Das Regionale konstituiert sich dabei nicht nur durch ökonomische Va- riablen, sondern ebenso durch kulturelle und sozio-politische Faktoren (vgl. ebenda, 15ff.). Region als die Verortung des Regionalen wird schließlich zum räumlichen und "kulturellen Kontext für die je spezifische Art und Weise es Sich-In-Beziehung-Setzens mit der Welt" (NOLLER/PRIGGE/RONNEBERGER 1994, 16; ähnlich auch LÄPPLE 1991, 200). Insofern sind Regionen als strate- gische und kulturell formierte Räume des globalen ökonomischen Wandels zu begreifen" (NOLLER/PRIGGE/RONNEBERGER. 1994, 20). In ihnen wird der technologisch-ökonomische Prozeß der Globalisierung als konkrete regionale Lebenswelt vermittelt (vgl. ebenda).

Der angesprochene Globalisierungsprozeß ist nicht homogen, d.h. mit gleichen Auswirkungen auf alle Räume, sondern eher selektiv und fragmentierend mit der Folge einer regionalen Heterogenisierung (vgl. ESSER/HIRSCH 1989, 424ff.) und Differenzierung durch die Aktivierung des Regionalen. Diese Diffe- renzierung und Selektion durch einen globalisierten flexiblen "footloose capita- lism" geht einher mit der "verstärkten Bezugnahme auf regionale Kontexte" (NOLLER/PRIGGE/RONNEBERGER 1994, 17), die sich in einer Besinnung auf endogene Potentiale, dem Ruf nach endogener oder eigenständiger Re- gionalentwicklung (vgl. FRIEDMANN 1986, 210ff.) sowie der Aktivierung von Regionalbewußtsein, regionaler Identität und endogener Potentiale manifestiert. Genannte Tendenzen sind besonders in ökonomisch benachteiligten und peripheren Regionen zu beobachten. Dies bedeutet möglicherweise, daß eine Ausgrenzung bestimmter Räume infolge der Triadisierung der Weltwirtschaft nun auch innerhalb der Triade stattfindet. Ländlich periphere Regionen oder Räume mit altindustriellen Strukturen (vgl. KUNZMANN 1992, 34ff.) werden somit "als Bündnispartner" (ESSER 1992, 223) des globalen "footloose capita- lism" nicht mehr berücksichtigt und sind vom Wachstum der Globalökonomie ausgeschlossen (vgl. FRIEDMANN 1986, 210). Vor diesem Hintergrund erlangt gerade das Sich-Besinnen auf das Regionale, auf regionale Identität und Po- tentiale einen neuen Stellenwert, und zwar als Weg aus der Misere der öko- nomischen Stagnation und Isolation oder gar als Wundermittel eines qualitativ neuen regionalen Wirtschaftswachstums (vgl. Kap. 4.1.3. sowie 5.).

Im Rahmen einer "neuen Qualität der Globalisierung" (vgl. ESSER 1992, 218) verliert der Nationalstaat mehr und mehr an Bedeutung, dies zugunsten regio- naler und supranationaler politischer Akteure (vgl. BATHELT 1994, 83). Die oft beschworene Regionalisierung von Politik und Wirtschaft ist untrennbar mit ei- ner Supranationalisierung derselben verbunden (vgl. ESSER 1992, 219), was sich beispielsweise im Verhältnis zwischen der EU und den Regionen wider- spiegelt. So gehen die Bemühungen um ein "Gemeinsames Haus Europa" - mit Verlagerung von Kompetenzen auf eine europäische Ebene (EU) - einher mit einem Kompetenzgewinn der regionalen Ebene gemäß des Subsidiaritätsprin- zips (vgl. hierzu ADONIS/JONES 1991; DAMS/von der HEIDE 1995).

4.1.3. Region und der kooperative lokale Staat

Vor dem Hintergrund des regulationstheoretischen Erklärungsansatzes hat das Regionale auch eine politische Dimension (vgl. z.B. FORTH/WOHLFAHRT 1992), und zwar als mögliche neue Form der gesellschaftlich-institutionellen Regulation im Postfordismus. Die räumliche und gesellschaftliche Heterogeni- sierung als Ausdruck eines sich auflösenden Sozialstaates (vgl. HELBRECHT 1993, 19; FÜRST 1993, 300), scheint dabei eine ebenso fragmentierte Regula- tionsweise zu erfordern. Auf der lokalen bzw. regionalen Ebene treten hierbei - aufgrund des Rückzugs des Staates aus der zentralen Steuerung (vgl. HEL- BRECHT 1993, 19) und einer fehlenden Institutionalisierung des Regionalen - halb- bzw. nicht-staatliche Akteure, sog. "shadow states" (vgl. WOLCH 1989; HELBRECHT 1993, 23) oder "intermediäre Organisationen" (vgl. z.B. KNIE- LING 1994; SELLE 1994, 66ff. oder GRABSKI-KIERON/KNIELING 1995, 165) immer mehr in den Vordergrund. Public-Private-Partnership (vgl. HARTMANN 1994, 36; GANSER 1995) bildet dabei den Ausgangspunkt für den Zugriff außerpolitischer Akteure auf vormals staatliche Domänen (vgl. FÜRST 1993, 303). Der sich abzeichnende politische Bedeutungsgewinn des Regionalen (vgl. HM 1994, 2ff.), infolge einer bewußt dezentral ausgerichteten Kompetenz- verlagerung von seiten des Staates, kann paradoxerweise als der Versuch ei- ner gesellschaftlichen Modernisierung im Sinne einer Anpassung überholter lo- kaler Regulierungsformen mit dem Ziel der Rückgewinnung staatlicher Steue- rungsfähigkeit gedeutet werden (vgl. FORTH/WOHLFAHRT 1992, 557ff.). Da- bei bewegt sich die Kompetenz der regionalen Ebene derzeit weitgehend im Rahmen der bestehenden politisch-institutionellen Möglichkeiten, versucht somit an den "föderativen bis kommunalen Mustern der Politikimplementation" (FORTH/WOHLFAHRT 1992, 567) anzuknüpfen. Eine Veränderung gebiets- körperschaftlicher und föderativer Aufgabenverteilung ist bislang kaum erkenn- bar.

Der politisch-institutionell bislang weitgehend vage und verfahrensorientierte Status des Regionalen bedingt geradezu eine Offenheit, Flexibilität und Selbststeuerung (vgl. FORTH/WOHLFAHRT, 560ff.) der Region, was sich kon- sequenterweise in der Entstehung zumeist unklar definierter, quasi-informeller, intermediärer Handlungs- und Koordinationsmechanismen (vgl. KNIELING 1994; SELLE 1994, 66ff. und 96; SCHEER 1993, 130ff.) ausdrücken muß. Die Möglichkeit zur Einflußnahme lokaler und regionaler intermediärer Akteure kann dabei einerseits den positiven Gewinn an basisdemokratischem Mitspra- cherecht und Dezentralisierung von Machtstrukturen bedeuten. Andererseits besteht im Extremfall die Gefahr einer "Entpolitisierung der Politik" (HELBRECHT 1993, 23; vgl. auch HEINZE/VOELZKOW 1991, 43ff.), d.h. eines Rückzug des Staates aus der politischen Verantwortung oder gar Privatisierung öffentlicher Aufgaben in Form von "shadow governments" (vgl. GARREAU 1991, 185ff. im nordamerikanischen Kontext). Die Ausbildung intermediärer Akteure und Organisationen im regionalen Bereich kann somit als Antwort auf den generellen Rückzug der öffentlichen Hand und die Zunahme regionaler Disparitäten (vgl. z.B. BUNDESMINISTERIUM FÜR RAUMORDNUNG, BAUWESEN UND STÄDTEBAU 1991, Teil A, 7; GANS 1992) gesehen werden. Unterstützt wird die Entstehung regionaler intermediärer Organisationen durch die weit verbreitete Auffassung, daß "gerade angesichts der globalen Restrukturierungsprozesse die Rückgewinnung der Handlungsfähigkeit und die Anpassung an den Innovationsdruck nur auf lokaler [bzw. regionaler] Ebene erfolgen kann" (HELBRECHT 1993, 25). Dabei "steht ein genereller Wertekonflikt zwischen Bürgern und Staat" (SCHILLING 1984, 243) im Vorder- grund, welcher auf regionaler Ebene durch eine "Gegenseitigkeit des Handelns" (ebenda, 255) überwunden werden soll. Dies manifestiert sich unter anderem in den aktuell vielfältigen regionalen Organisationsversuchen unter dem Begriff endogener oder eigenständiger Regionalentwicklung (vgl. FÜRST 1993, 300), in einer Betonung des "von unten" oder "von innen heraus" mit Hilfe der motivationalen Handlungsressource des Regionalbewußtseins (vgl. DEREN- BACH 1988; FORTH/WOHLFAHRT 1992, 557; vgl. auch Kap. 5.). Diese als demokratisch, offen und dezentral geltenden Ansätze sind oftmals vermengt mit "Standards, die von einer professionalisierten Elite definiert und hierarchisch vorgegeben werden" (HÄUßERMANN/SIEBEL 1993, 222). Vor dem Hintergrund der momentan geführten Debatte um Dezentralisierung, Deregu- lierung und Privatisierung kann möglicherweise von einem "Überredungsdirigismus" im Sinne einer hierarchischen, vom Staat angeleierten Mobilisierung regionaler Initiativen gesprochen werden (vgl. ebenda). All dies deutet möglicherweise darauf hin, daß sich "mit dem Schlagwort der en- dogenen, selbstverantworteten Regionalentwicklung ein weitgehender Rückzug des Staates aus einer ausgleichsorientierten Regionalpolitik [abzeichnet] und den entwicklungsbedürftigen peripheren Gebieten anstelle von finanzieller Förderung die Entwicklung eines Regionalbewußtseins angeboten wird" (THARUN 1987, 546, Hervorhebung im Original; vgl. hierzu auch Kap. 5.).

4.1.4. Anpassungsstrategie Region - "flexible regionale Regulation"?

In Analogie zu dem derzeit vorherrschenden Akkumulationsregime könnte man den oben beschriebenen Versuch staatlich dezentralisierter, d.h. regionaler und lokaler Koordination unter dem Aspekt einer "flexiblen Regulation" sehen (vgl. FÜRST 1993, 301). Es ist hierbei allerdings die Frage, ob die Region als zukünftige Handlungsebene eine angemessene bzw. die einzig adäquate An- passungsstrategie an veränderte Rahmenbedingungen ist, d.h. ob durch das Konzept Region gesellschaftlich-institutionelle Formen verwirklicht werden können und sollen, die den verschiedenartigen Ansprüchen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gerecht werden. Die Frage, ob es sich hierbei um ein weitreichendes "gesellschaftliches Modernisierungskonzept" oder lediglich eine "vorsichtige politische Antwort auf einen ökonomischen Prozeß" (FORTH/WOHLFAHRT 1992, 557ff.) handelt, ist noch unbeantwortet. Es scheint sich jedoch abzuzeichnen, daß Region eine Möglichkeit darstellt, neue Regulationsmechanismen zu entwickeln und zu koordinieren, um regional- spezifische Probleme und Aufgaben adäquat lösen zu können.

4.2. Raum - Region - Regionalität

Um die gegenwärtige "Entdeckung der Region" (KÜHN 1993; vgl. auch HENCKEL/KNIELING 1994, 20; HÄUßERMANN/SIEBEL 1993, 218 sowie KNIELING 1994, 117) einschätzen und im Hinblick auf die Themenstellung interpretieren zu können, erscheint es notwendig, das Wesen der Region im Sinne eines Regionalen, einer Regionalität auf der Basis raumtheoretischer Überlegungen herzuleiten. Deshalb soll zunächst der Raumbegriff hinsichtlich seiner Bedeutung für Region diskutiert werden.

4.2.1. Raum

Aus Sicht der oft kritisch diskutierten geographischen Tradition (vgl. z.B. HARD 1987b, 419; 1987c, 126ff. sowie BAHRENBERG 1987 bzw. 1993 und EISEL 1987) bestünden wohl kaum Zweifel an der intrinsischen Existenz des Raumes, dem auch ohne materielle Inhalte a priori vorhandenen "Behälter-Raum" (vgl. LÄPPLE 1991, 190; BLOTEVOGEL 1995, 734; OSSENBRÜGGE 1987, 499). In neueren Ansätzen zur Interpretation von Raum wird jedoch der Interdependenz von Zeit, Raum (vgl. dazu URRY 1985, 22) und Gesellschaft eine zentrale Stellung beigemessen (vgl. GIDDENS 1985; LÄPPLE 1991; PAASI 1986; URRY 1985). Demzufolge zeigt sich das Raumproblem als "ein konstitutives Moment jeglicher Form menschlicher Vergesellschaftung" (LÄPPLE 1991, 162, Hervorhebung im Original), wobei weder Raum noch Zeit als solche unmittelbar wahrgenommen werden können (vgl. LÄPPLE 1991, 163; ähnlich auch URRY 1985, 24). Räumliche und zeitliche Beziehungen können jedoch nicht ohne weiteres zu Beziehungen innerhalb und zwischen gesellschaftlichen Einheiten reduziert werden, da letztere selbst raum-zeitlich strukturiert sind (vgl. URRY 1985, 25ff.). Demnach muß Raum "als eine Art relationale Ordnung körperlicher Objekte" (LÄPPLE 1991, 189, Hervorhebung im Original) - basierend auf der Existenz und Ausprägung letzterer - interpretiert werden (vgl. SAYER 1985, 52). Raum ist demnach ein Geflecht von Beziehungen zwischen Einheiten und keine Substanz (URRY 1985, 23, eigene Übersetzung, V.S.). Der so definierte relationale Raum bzw. Ordnungsraum (vgl. BLOTEVOGEL 1995, 734 bzw. LÄPPLE 1991, 189) dient als Ausgangspunkt für die Ableitung eines sozialen bzw. gesellschaftlichen Raumes (vgl. BLOTEVOGEL 1995, 737 bzw. LÄPPLE 1991, 194ff.). Dieser ist "ein Aspekt der 'sozialen Konstruktion von Wirklichkeit' und insofern Bestandteil der sozialen Welt" (BLOTEVOGEL 1995, 737). Soziale Gebilde, die sich ihrerseits physisch-materiell manifestieren, werden dabei auch in ihrer Funktion und Bedeutung berücksichtigt (vgl. ebenda). Der gesellschaftliche Raum ist charakerisiert durch die erdräumlich-materielle Ausprägung sozialer Verhältnisse, soziale Handlungs- und Interak- tionsstrukturen, institutionalisierte und normative Koordinationsmechanismen sowie ein räumliches Symbol- und Repräsentationssystem (vgl. hierzu ausführ- lich LÄPPLE 1991, 196f.). Diese lassen den Raum selbst zu einem "konstitutiven Element der sozialen Strukturierung" (BLOTEVOGEL 1995, 739) werden (vgl. auch MURPHY 1991, 24). SOJA (1985, 94) spricht sogar davon, daß "Räumlichkeit gleichzeitig das Produkt eines Transformationsprozesses und selbst transformierbar ist, [...] die Produktion von Raum [...] demnach als das Medium und Ergebnis gesellschaftlicher Aktionen und Beziehungen be- schrieben werden kann" (eigene Übersetzung, V.S.). Der hier zuletzt ange- sprochene Raum wird auch als Matrix-Raum (vgl. LÄPPLE 1991, 196ff.; BLO- TEVOGEL 1995, 739) bezeichnet.

4.2.2. Region

Wenn von Region gesprochen wird, so ist oftmals ein "durch bestimmte Merk- male gekennzeichnete[r], zusammenhängende[r] Teilraum mittlerer Größen- ordnung in einem Gesamtraum" (SINZ 1995, 805) gemeint. Generell wird Re- gion als mittlere Kategorie, irgendwo zwischen der lokalen und nationalen Ebene eingeordnet (vgl. SINZ 1995, 803; KÜHN 1993, 43). Dies kann sich so- wohl auf eine räumliche als auch auf eine funktionale oder politische Ebene (vgl. SINZ 1995, 803 bzw. FÜRST 1993, 293) beziehen. Region wird in ihrer geographischen Qualität oftmals als "ein Raum mit zumindest ungefähr be- stimmbaren Grenzen" (IPSEN 1993, 11) oder auch nur als "ein abstrakter Raum" (HENCKEL/KNIELING 1994, 83) bezeichnet. Eine exakte räumliche Abgrenzung von Region(en), d.h. eine Regionalisierung (vgl. z.B. BACK 1995) ist generell problematisch, da sich je nach Abgrenzungskriterien (vgl. z.B. GAEBE 1987) unterschiedliche Regionsgrenzen ergeben (vgl. z.B. KISTEN- MACHER et al. 1994, 41; KÜHN 1993, 43; SINZ 1995, 804; HENCKEL/KNIELING 1994, 21; SCHÜTTLER 1994, 82). Zudem wird Region "einmal als strategische, dann als analytische, ein andermal als funktionale, dann als territoriale Größe behandelt" (KILPER 1991, 2). Es stellt sich sogar "die Frage, ob überhaupt so generalisierend über Region gesprochen werden darf" (BAUSINGER 1993, 477) oder ob es nicht eine beliebig große Anzahl von beliebig definierten Regionen in den unterschiedlichsten Ausprägungen gibt. Regionen stellen mithin "zweckgebundene Raumabstraktionen [...] des menschlichen Geistes" (SINZ 1995, 804) bzw. "Visionen eines wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungsgeflechtes" (SCHÜTTLER 1994, 82) dar und sind primär als "Konstrukte und Bestandteile sozialer Kommunikation" (HARD 1994, 54) und Beziehungen zu interpretieren. BAUSINGER (1993, 474) sieht Region als "aktuellen Kommunikationsraum", wobei "Region die größt- mögliche kommunikative Einheit darstellt und [...] gerade darin ihre Bedeutung liegt". In diesem Sinne ist Region ein gesellschaftlicher bzw. Matrix-Raum (vgl. Kap. 4.2.1) und wird analog dazu als Element und Ergebnis gesellschaftlicher Praxis i.w.S., d.h. auch durch Kommunikation konstituiert und konstruiert. Dabei ist die gesellschaftliche Konstruktion von Region nicht gänzlich von physisch- materiellen und kognitiven Elementen zu trennen (vgl. SOJA 1985, 93). Räumlichkeit, Symbolik, Institutionalisierung und Funktion können als interde- pendente, konstitutive Elemente einer Region beschrieben werden (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Die 4 interaktiven Stadien der Konstitution von Region

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: PAASI (1986), S. 121 (eigene Übersetzung und Gestaltung, V.S.).

Daraus ergibt sich "Region als konkrete dynamische Manifestierung sozialer (natürlicher, kultureller, ökonomischer, politischer etc.) Prozesse, die im Verlauf der Zeit Änderungen in der räumlichen Struktur hervorrufen bzw. selbst von der räumlichen Struktur beeinflußt werden" (PAASI 1986, 110; eigene Übersetzung, V.S.). Region kann in diesem Sinn als ein dynamischer Aushandlungsprozeß betrachtet werden, der durch menschliches Handeln - hier vor allem durch institutionelle Praktiken und kollektive Deutungen - kontinuierlich reproduziert und transformiert wird (vgl. PAASI, 1986, 114ff.; hierzu kritisch BAHRENBERG 1993, S. 64). Dabei ist Region untrennbar mit Zeit, Raum und Gesellschaft assoziiert (vgl. PAASI 1986, 110). Region wäre demnach Ausdruck spezifischer Zeit-Raum-Beziehungen und gesellschaftlicher Strukturen, die durch die Entwicklung der Gesellschaft geformt werden (vgl. PAASI 1986, 120).

Vor dem Hintergrund der Region als Interaktionsstruktur von menschlicher Aktivität und gesellschaftlicher Struktur (vgl. THRIFT zitiert nach PAASI 1986, 108), ergeben sich mehrere Bedeutungen:

1. in ihrer physisch-materiellen Gesamtheit als allgemeines Ressour- cenreservoir
2. als räumliche Bezugsebene für politische Interaktionen und Hand- lungen (z.B. regionale Strukturpolitik, Regionalplanung)
3. als identifikatorischer Bezugspunkt bzw. -raum auf Bewußtseins- ebene für Akteure und Bewohner gleichermaßen, damit zusammen- hängend
4. als Organisationssystem bzw. -basis neuartiger themen-, problem- und projektbezogener (Kooperations-)Strukturen (z.B. regionale Netzwerke in Form von Entwicklungsvereinen oder -verbänden) (vgl. FÜRST 1993, 301ff.).

In der vorliegenden Arbeit kommt der Region zunächst als Organisationsmedi- um für problem- und projektbezogene Kooperationsstrukturen im Sinne des lo- kalen Staates und unter dem Gesichtspunkt der als notwendig erachteten De- zentralisierung bzw. Regionalisierung der politischen Entscheidungsstrukturen (vgl. BAHRENBERG 1993, 65; THARUN 1987, 545ff.) die wohl größte Bedeu- tung zu. Bezogen auf die gegenwärtige Wiederentdeckung der Region bedeutet dies, daß sich die Region in erster Linie durch ihre organisatorische Funk- tionalität als problembezogene und zielorientierte Handlungsebene auszeichnet und lediglich eine semantische oder symbolische Existenz besitzt (vgl. HARD 1994, 54). Pointiert ausgedrückt könnte dies bedeuten, daß Region aus hand- lungsorientierter Sicht als sprachlicher Bezugspunkt der regionalen Hand- lungskoordinierung dient, d.h. "die Handlungspläne und die Zwecktätigkeiten der Beteiligten zur Interaktion zusammenfügt" (HABERMAS 1985, Band 1, 143). Dies würde auch erklären, warum Region nicht so leicht faßbar ist und sich einer stringenten Handhabbarkeit entzieht (vgl. WOLF 1995, 1; ähnlich auch KISTENMACHER et al. 1994, 42). Aufgrund der Abstraktheit der regionalen Ebene (vgl. KNIELING 1994, 125) bietet es sich an, zunächst vom "Regionalen" (vgl. WOLF 1995) zu sprechen.

Eine räumlich faßbare Dimension des Regionalen im Sinne einer Region of- fenbart sich scheinbar erst, wenn eine räumliche Orientierung oder Bezug- nahme, also die Definition einer räumlichen Zielebene durch die angesproche- nen Kooperationsstrukturen, d.h. die beteiligten Akteure erfolgt, wenn also für das Regionale eine Verortung oder ein räumlicher Bezug gefunden werden soll. Diese Verräumlichung scheint notwendig zu sein, wenn eine ziel- und problembezogene Handlungsfähigkeit erreicht werden soll, dafür bestimmte Kompetenzen erforderlich sind oder gar eine Institutionalisierung angedacht ist. Konkret bedeutet dies, daß hinter Regionen im Sinne ihrer Verortung, Ver- räumlichung und Quasi-Realisierung bestimmte Interessen und Absichten ste- hen (vgl. HARD 1994, 54).

4.2.3. Regionalität

Wenn also davon auszugehen ist, daß die gegenwärtig zu beobachtende For- mierung von Regionen ein Vorgang ist, der primär auf den konkreten, mögli- chenfalls subjektiven Interessen und Motiven bestimmter Akteure und Ent- scheidungsträger basiert, d.h., wenn diese dafür verantwortlich sind, daß "Region gemacht" wird, welche Ausprägung und Form das Regionale annimmt, dann erscheint es sinnvoll, hierfür das Konzept der Regionalität einzuführen. Regionalität versucht eine Konkretisierung des "nicht so leicht Faßbaren, sich einer stringenten Handhabbarkeit Entziehenden" (WOLF 1995, 1), also des Regionalen in Richtung Region als gemeinsame Handlungsebene. Im Sinne eines Regionalcharakters (vgl. SCHÜTTLER 1994, 88) ist Regionalität - als Produkt einer regionalen Wertediskussion und Reflexion - die "Antwort der Region auf gesellschaftspolitische Fragestellungen" (SCHÜTTLER 1994, 89) sowie Ausgangspunkt konkreten regionalen Handelns.

Regionalität kann für diese Arbeit definiert werden als Konkretisierung des Regionalen im Sinne einer Verknüpfung von Bewußtseins-, Motiv- und Hand- lungsebene von Akteuren (hier: Entscheidungsträger), vor dem Hintergrund der Struktur (z.B. Wirtschaft, Kultur, Geschichte, Landschaft) des von den Akteuren als Bezugsebene wahrgenommenen Raumes (vgl. WOLF 1995, 2 sowie Abb. 6).

Abb. 6: Das Regionale und Regionalität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Regionalität ist - um den Anforderungen an die Konkretisierung des Regionalen aus Experten- und Laiensicht gerecht werden zu können - in einem ständigen Prozeß dynamisch, reflexiv und diskursiv auszuhandeln. Dynamik deutet hierbei auf das prozeßhafte und niemals abschließbare Aushandeln einer Regionalität hin. Reflexivität ist in diesem Zusammenhang "nicht bloß als 'Selbstbewußtsein' [zu] verstehen; vielmehr ist damit der Umstand gemeint, daß die Handelnden auf den fortlaufenden Prozeß des gesellschaftlichen Lebens steuernden Einfluß nehmen" (GIDDENS 1992, 53). Diskursivität meint in Analogie zu GIDDENS (1992, 93), daß die Konstituierung einer Regionalität "nur über den 'Diskurs des Anderen'", d.h. anderer Regionalitäten oder Regionen zu vollziehen ist. Es wäre hierbei sinnvoll, Regionalität nicht im Sinne einer regionalen Identität zu deuten, sondern vielmehr als eine Art regionales Problem- und Entwicklungsbewußtsein zu interpretieren, welches - unter Einbeziehung sowie Verknüpfung von Experten- und Alltagswelt (vgl. SCHÜTZ/LUCKMANN 1975, 23ff.; HABERMAS 1985, Band 2, 171ff.; BLOTEVOGEL/HEINRITZ/POPP 1989, 69) - in eine konsensuale regionale Handlungsbereitschaft und -fähigkeit (vgl. DERENBACH 1988) umzusetzen ist (vgl. Abb. 7).

Abb. 7: Strukturen und Merkmale von Regionalität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Bei Entscheidungsträgern ist jedoch davon auszugehen, daß sie - in ihrer kon- kreten Funktion z.B. als Landrat oder Oberbürgermeister - Region in erster Linie aus einer Art Expertensicht wahrnehmen, erleben und bewerten und deshalb einer sog. systemischen "Expertenwelt" (vgl. ARING et al. 1989, 106ff.) zugerechnet werden müssen. Die expertenweltliche Vorstellung von Region ist geprägt durch ein "reflexives Bewußtsein, Zweck-Mittel-Rationalität, rationales Entscheidungshandeln, kalkulierte Problemlösungsstrategien, Abwägungspro- zesse zwischen Alternativen und Risiken" (Ebenda). Diese "Expertenwelt" ist jedoch durch die Alltagswelt (vgl. SCHÜTZ/LUCKMANN 1975, 23ff.) - im Sinne eines "praktischen Bewußtseins" (vgl. ARING et al. 1989, 110) - zu ergänzen (vgl. BLOTEVOGEL/HEINRITZ/ POPP 1989, 69). Ziel müßte es also sein, eine Verknüpfung herzustellen zwischen den auf der systemischen Expertenebene bestehenden Zielen und Motiven einerseits sowie den aus alltagsweltlichen Vorstellungen resultierenden Wünschen und Bedürfnissen andererseits (vgl. WOLF 1995, 4), und zwar, weil "Alltagsprobleme [...] nicht mehr durch 'alltäglichen Common Sense' gelöst [werden], sondern eben durch Experten, mögen deren Lösungen noch so inadäquat und dürftig sein" (BAHRENBERG, 1987, 154). Politisches Handeln in der Region muß also auch auf ein weitge- hend ritualisiertes und unreflektiertes Alltags verhalten, d.h. auch auf Einstel- lungen und Werthaltungen bezogen werden (vgl. BAUSINGER 1993, 485; Her- vorhebung im Original). Was sich daraus ergibt, ist die Forderung nach einer konsensfähigen Implementierung des Regionalen als neue Lebensqualität durch die Überwindung der Dichotomie zwischen Bewußtsein aller Bewohner über den Raum und Handeln der regionalen Akteure als Entscheidungsträger (vgl. WOLF 1995, 4).

4.2.4. Regionale Identität und Regionalbewußtsein

Die Begriffe "regionale Identität" und "Regionalbewußtsein" stehen insofern in enger Beziehung zueinander, als erstere aus letzterem resultiert. Regionale Identität wird als der auf den Raum bezogene subjektive Wissens- und Erleb- nisvorrat der Bewohner definiert (vgl. WOLF 1990, 109). Dieser subjektive Wissens- und Erlebnisvorrat ergibt sich aus dem oben bereits diskutierten Wahrnehmen, Erleben und Bewerten des alltags- bzw lebensweltlichen Rau- mes, d.h. einem alltagsweltlichen Vorstellungsbild der Region (vgl. WOLF 1995 sowie Abb. 8). In diesem Kontext meint Regionalbewußtsein also nicht das "Bewußtsein als Zugehörigkeit zu einer Region", wie es oft mißbräuchlich ver- standen wird (vgl. WOLF 1995, 2), sondern ein aus kognitiven, affektiven und konativen Elementen (vgl. BLOTEVOGEL/HEINRITZ/POPP 1989, 73ff.; WOLF 1990, 109) erwachsendes Bewußtsein über die Region (vgl. WEICHHART 1990, 14ff.). Dieses Bewußtsein kann als Raumbild, d.h. als ein je subjektives Abbild der Wirklichkeitsinterpretation verstanden werden (vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Dimensionen von Regionalbewußtsein und regionaler Identität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Regionalbewußtsein basiert auf drei Komponenten:

1. "Mustern von Wahrnehmung von Grenzen"
2. "Identifikationen, Projektionen und Einstufungen des Selbst" und
3. "Perspektiven für regionsbezogenes Handeln" (vgl. MEIER- DALLACH 1987, 9 sowie Abb. 8).

Es handelt sich hierbei um nichts anderes als die im Zusammenhang mit der Konstitution von Regionalität erwähnten kognitiven, affektiven und konativen Erfahrungen und Wahrnehmungen (vgl. Kap. 4.2.3.).

Regionale Identität kann wiederum durch drei Grunddimensionen beschrieben werden:

1. durch die "räumliche Identität" als kognitiv-emotionale Repräsenta- tion der objektiv-materiellen Identität einer Region
2. durch eine "individuelle räumliche Identifikation" als mentale sowie affektive Bedeutung einer Region als Teil der Ich-Identität und
3. durch eine "soziale räumliche Identifikation" im Sinne einer Identi- tätsbildung des sozialen Systems Region (vgl. WEICHHART 1990, 16ff.; zusammengefaßt bei BLOTEVOGEL/HEINRITZ/POPP 1989, 73ff. sowie Abb. 8).

Dabei läßt sich regionale Identität in der zuletzt genannten Ausprägung als politisches und planungstheoretisches Programm zur (Unterstützung der) Ver- wirklichung bestimmter Ziele oder Interessen im Rahmen regionaler Entwick- lungskonzepte (vgl. BLOTEVOGEL/HEINRITZ/POPP 1989, 83; IPSEN 1993, 10; KÜHN 1993, 44 sowie 5.) mißbrauchen. Pointiert ausgedrückt stellt sich regionale Identität dann "als trübe Melange aus folklorisierter Regionalge- schichte, Heimatverbundenheit und ökonomischer Desintegration" (GRABHER 1994, 89ff.) dar, die zum soziokulturellen Vehikel für eine Aktivierung von Reintegrations- und Lokalisierungsdynamiken gerade im Zusammenhang mit eigenständiger Regionalentwicklung umfunktioniert wird (vgl. ebenda; ähnlich BAUSINGER 1993, 475). Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um Ent- bürokratisierung, Deregulierung und Dezentralisierung, d.h bezüglich des Rückzugs des Staates aus der ausgleichsorientierten Regionalpolitik, erscheint die "von oben" gewünschte Entwicklung eines Regionalbewußtseins als Surro- gat für finanzielle Förderung (vgl. THARUN 1987, 546). HARD (1987a, 145) spricht in diesem Zusammenhang von "Regionalbewußtseinsbildung durch politisch-administratives Identitätsmanagement" (vgl. auch WEICHHART 1990, 73ff.), wobei "regionale Identität eher ein Thema bei Politikern und Planern ist und sich entsprechend als Regionsmarketing darstellt" (IPSEN 1993, 16). Inso- fern gleicht das Konzept der regionalen Identität gerade im Zusammenhang regionaler Entwicklung einer Gradwanderung zwischen einer möglicherweise positiv zu bewertenden reflexiven Identität im Sinne eines Wissensbestandes über die Region und einem wirtschaftlich sowie politisch besetzten Regional- marketing.

4.3. Redundanz zum Wohle der Region

Im Anschluß an die vorangegangenen Ausführungen stellt sich nun die Frage, wie ein mögliches Spannungsverhältnis zwischen Bewußtsein, Motiv und Handlung, Experten- und Alltagswelt so überwunden werden kann, daß sich eine wie oben charakterisierte Regionalität formulieren läßt. Diese muß ihrer- seits als Ausgangspunkt der Gestaltung und Entwicklung einer Region dienen. Geht man davon aus, daß Kommunikation i.w.S. der Schlüssel zur Vermittlung dieses Spannungsverhältnisses ist, so knüpft sich hieran die Forderung nach einer flexiblen organisatorischen Struktur, die einen kommunikativen Austausch zwischen den verschiedenen Ebenen ermöglicht und im redundanztheo- retischen Sinne einen positiven Überfluß (vgl. GRABHER 1994, 11) an regional relevanter Information schafft. Informations- und Strukturredundanz bilden diesbezüglich gerade im Hinblick auf Gestaltung und Entwicklung von Region das Fundament für regionale Strategien und Handlungsfähigkeit bzw. offene Entwicklungsoptionen (Quasi-Spielräume) (vgl. GRABHER 1994, 19-28 und 105; STIENS 1984, 175ff. sowie Abb. 9).

4.3.1. Kommunikation und Information

Wenn Region als Ergebnis gesellschaftlicher Praxis bzw. als soziale Konstruk- tion von Wirklichkeit zu interpretieren ist (vgl. Kap. 4.2.2), so ergibt sich daraus zunächst die prinzipielle Bedeutung von Kommunikation, und zwar, weil Spra- che "sowohl das Hauptmedium der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirk- lichkeit, als auch das Hauptmedium der Vermittlung gesellschaftlich konstruier- ter Wirklichkeit" (LUCKMANN 1980, 117) ist. Sprache stellt als Medium der Handlungskoordinierung und Verständigung die Voraussetzung für jegliches konkretes soziales Handeln dar (vgl. LUCKMANN 1980, 116ff.; HABERMAS 1985, Band 2, 41). In ihrer Gesamtheit ermöglichen kommunikative Systeme Klärung, Verständigung und Vermittlung, so daß im Sinne kommunikativen Handelns die gemeinsame Definition einer Handlungssituation ermöglicht wird. Diese basiert hinsichtlich des Regionalen auf Verständigung und Einverständnis zwischen Experten- und Alltagswelt in einem gemeinsamen Interpretations- rahmen von objektiver, sozialer und subjektiver (räumlicher) Welt (vgl. HA- BERMAS 1985, Band 2, 184).

Die durch ein Maximum an Kommunikation erzeugte Informationsfülle bzw. In- formationsredundanz verhilft nicht nur zu einer exakteren Interpretation einer Situation (vgl. DAFT/LENGEL 1990, 252), sondern in sozialen Systemen - also auch in Regionen - gleichermaßen zu einem Mehr an Verläßlichkeit und zur Strukturbildung (vgl. GRABHER 1994, 23). Diese Strukturbildung ist ihrerseits Voraussetzung für Selbst-/Fremdbeobachtung und -beschreibung sowie Selbstreproduktion des Systems (vgl. Abb. 9). Für Regionen als konstitutiv schlecht definierte, verschwommene oder ausgefranste Systeme (vgl. BAU- SINGER 1993, 475; GRABHER 1994, 25) bedeutet dies, daß Informationsre- dundanz - basierend auf Kommunikation - über eine Selbstbeschreibung und - beobachtung erst zur regionalen Konstitution und Handlungsfähigkeit führt (vgl. GRABHER 1994, 24). Auf der kognitiven Seite verhilft Information zur Erzeu- gung von sachlichem Wissen, welches sich in kollektive Handlungen und Pro- blemlösungen (vgl. FÜRST 1994, 185) transformieren läßt. Auf der emotionalen Seite trägt sie zur Ausbildung von Werturteilen, Identifikationen und Einstel- lungen (vgl. HUBER 1991, 49), d.h. "zu mehr - auch kritischem - Regio- nalbewußtsein bei und damit letztlich zu 'regionaler Identität'" (STIENS 1984, 184).

Eine regionale Handlungsfähigkeit ergibt sich hierbei nicht (nur) aus vorhande- nen regionalen Institutionen, sondern vielmehr aus dem überregionalen institu- tionellen Diskurs. Konkret bedeutet dies, Überlagerungen von regionalen und überregionalen Handlungszusammenhängen zu berücksichtigen (vgl. GRAB- HER 1994, 99). In diesem Kontext erscheint es gerade hinsichtlich der diskur- siv-reflexiven Identitätsfindung sinnvoll, mögliche Disharmonien und konträre Interessen offen in konstruktivem Konflikt auch überregional aufeinander zu beziehen (vgl. BAUSINGER 1993, 489). Die Basis für die Konstitution einer Region muß demnach mehr beinhalten als die bloße Beschwörung harmoni- scher Gemeinsamkeiten (vgl. GRABHER 1994, 100-104). Es geht bei der Ge- staltung und Entwicklung von Region vielmehr darum, auf der Basis von Kom- munikation einen reichhaltigen Informationsaustausch zu ermöglichen, der eine dynamische, reflexive und diskursive Aufarbeitung regionaler Probleme, Kon- flikte, Lösungen, Optionen und Ziele gewährleistet.

4.3.2. Struktur

Ergänzend zur Redundanz im Bereich Information und Kommunikation ist die Strukturredundanz zweiter wesentlicher Bestandteil einer angemessenen Or- ganisation von Region. Strukturredundanz bewirkt ganz allgemein, daß Systeme trotz Dysfunktion eines oder sogar mehrerer Systemelemente funktionsfähig bleiben. Es wird zwischen Redundanz von Teilen, Funktionen und Beziehungen unterschieden (vgl. hierzu GRABHER 1994, 27ff. sowie Abb. 9). Funk- tionsredundanz ist insofern für Regionen relevant, daß z.B. verschiedene re- gionale Akteure mehrere, sich teilweise überlappende Aufgaben übernehmen. In Regionen ist jedoch vor allem die Beziehungsredundanz von Bedeutung, da sie die Funktionssicherheit intraregionaler Strukturen, z.B. im Zusammenhang mit der Umsetzung von regionalen Gestaltungs- und Entwicklungszielen, er- möglicht. Beziehungsredundanz - infolge von Reichhaltigkeit an Beziehungen und Fähigkeiten - bewirkt eine erhöhte Anpassungsfähigkeit an veränderte äußere Bedingungen. Dadurch wird die Auswahl sowohl an potentiellen Ent- wicklungsoptionen, als auch an Handlungsmöglichkeiten gesteigert (vgl. GRABHER 1994, 28-30). Gleichzeitig wird durch die erhöhte interne Varianz eine extreme Anpassung an bestimmte Umweltbedingungen, die einen Verlust der langfristigen Anpassungsfähigkeit, d.h. "eine Optimierung von Unzuläng- lichkeiten" (GRABHER 1994, 30) bedeuten würde (vgl. GRABHER 1993 für den Fall des Ruhrgebietes), vermieden.

Abb. 9: Redundanz in sozialen Systemen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

4.3.3. Region - Offenheit, Komplexität, Chaos, Selbstorganisation?

Diesen redundanztheoretischen Überlegungen liegt ein weitgehend system- theoretisches Bild von Region (vgl. z.B. NIR 1987 und 1990, STERN 1992) zu- grunde. Dabei avanciert die Region zu mehr als bloß der Summe der einzelnen regionalen Akteure, nämlich zu einem systemischen Mehr, welches durch ein spezifisches inneres Beziehungsgefüge charakterisiert wird (vgl. GRABHER 1994, 61; in ähnlicher Weise NIR 1987, 191; 1990, 26ff. und 77; vgl. hierzu kri- tisch OSSENBRÜGGE 1987, 499 und 506ff.). Region - im ganzheitlichen Sinne - zeichnet sich dann als offenes, komplexes und autopoietisches System aus (vgl. NIR 1987, 198ff; 1990, 91-96 sowie STERN 1992; zum Begriff der Auto- poiesis vgl. MÜLLER 1992, 352ff.). Redundanz wird auch hier zu einer wichti- gen Voraussetzung für die Erhaltung von Handlungsfähigkeit und offenen Entwicklungsoptionen.

Wenngleich diese Überlegungen zunächst fernab jedweden Bezugs zur Realität von Regionalentwicklung im Spessart erscheinen, so verweisen sie doch auf einige interessante Punkte. Erstens deutet sich in jeder Hinsicht die Offenheit und Ausgefranstheit von Region an (vgl. BAUSINGER 1993, 475), also die funktionale und räumliche Eingebundenheit der Region oder Teilen in schwer kontrollierbare überregionale, internationale und globale Zusammenhänge. Zweitens versinnbildlicht der Begriff der Komplexität die bekannten Schwierig- keiten bei der Organisation und Entwicklung von Regionen, mithin auch die Notwendigkeit von angemessenen Organisations-, Kooperations- und Institu- tionsformen (vgl. MÜLLER 1992, 357; GRABHER 1994, 46-48). Eine hand- lungstheoretische Konsequenz daraus wäre die Erhebung der "Handlungsfähigkeit zur kritischen Variable", wodurch ein Handlungsgewinn - oder überhaupt eine Handlungsfähigkeit - gegenüber der Macht undurch- schaubarer Verhältnisse erreicht werden könnte (vgl. MÜLLER 1992, 368). Drittens weist die Annahme eines systemischen Mehr auf die Möglichkeiten ei- ner Konzeption von Region als Handlungs- und Koordinationsebene und ge- nerell als gesamtökologischer Gestaltungsraum sozialer Bedürfnisse und For- derungen hin.

4.4. Akteure und Netzwerke - Akteursnetzwerk Region

Um aus den redundanztheoretischen Überlegungen Nutzen für eine regionale Handlungsfähigkeit ziehen zu können, ist zunächst die Konzeption von Region als netzwerkartiges Organisations- und Kooperationsmedium für Akteure ein fruchtbarer Ausgangspunkt. Mit Hilfe des Netzwerkkonzeptes lassen sich nicht nur technische, sondern auch soziale Beziehungsgefüge - die sich oftmals durch Dezentralität, Informalität, Selbstorganisation und Komplexität auszeich- nen - beschreiben (vgl. HUBER 1991, 43ff.). Das Konzept versucht, Attributen wie Interaktivität, Flexibilität, Polyzentrizität, Offenheit, Kommunikation und Ko- operation Rechnung zu tragen. Strukturredundanz steht in enger Verbindung mit dem Netzwerkkonzept, da die für Regionen wichtigste Teilredundanz - Be- ziehungsredundanz - infolge loser Kopplung der Akteure im Rahmen eines heterarchisch bzw. teilhierarchisch (vgl. GRABHER 1994,48) organisierten Netzwerkes ermöglicht wird. Zudem scheint die Betrachtung eines Netzwerks Region gerade vor dem Hintergund flexibler Spezialisierung und "flexibler re- gionaler Regulation" (vgl. Kap. 4.1.4) ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Konstitution und Gestaltung von Region unter den derzeit gegebenen Rah- menbedingungen zu sein.

4.4.1. Zum Begriff des Netzwerks

Hinsichtlich Zusammenhalt, Identität, Zweck und Funktionalität von Netzwerken stellt Information und deren Austausch, d.h. Koordination von Interessen, ein wesentliches Moment dar. Eine Abgrenzung des Netzwerks ergibt sich aus der subjektiven Selbsteinschätzung potentieller Akteure, die sich über eine infor- mationsinduzierte Netzwerkidentität als zugehörig bzw. nicht-zugehörig defi- nieren (vgl. SYDOW 1992, 97). Die Grenzen des Netzwerks sind i.d.R. ver- schwommen; sein Beziehungsgefüge ist komplex, reziprok und kooperativ (vgl. SYDOW 1991, 4). Netzwerke konstituieren sich meist über gemeinsame Inter- essen und Bedürfnisse, wobei durch projektbezogenes Arbeiten, interdiszi-plinäre Ausrichtung sowie praxis - bzw. problemlösungsorientiertes Vorgehen wiederum praktische Ziele erreicht werden sollen (vgl. HUBER 1991, 49-51; Hervorhebung im Original). "Grundlage für das ganzheitliche Planen und Han- deln ist dabei jedoch die Loslösung von einer isolierten Betrachtungsweise, die die Welt sozusagen in 'Profit-Center' zerschlägt" (VESTER 1995).

Im Rahmen dieser Arbeit läßt sich Netzwerk als dezentralisiertes, polyzentri- sches sowie langfristiges, zweck- und zielgebundenes Arrangement unter- schiedlicher Akteure definieren, wobei durch kollektive Strategien Zielkongruenz (vgl. JARILLO 1988, 32-34) angestrebt wird. Der Akteursbegriff bezieht sich hier auf Einzelpersonen, wenngleich auch Gruppen, Organisationen, Or- ganisationskollektive, Gemeinschaften oder Gesellschaften (vgl. SYDOW 1992, 78) als einheitliche Akteure auftreten können. Bezogen auf Region - im Sinne eines interorganisationalen Netzwerkes - ergäbe sich dann eine problem- bzw. zielorientierte, funktionale Verflechtung regional bedeutsamer Akteure aus verschiedensten Bereichen (Wirtschaft, Verwaltung, Politik, Sozialverbände, Vereine etc.) zu einem Akteursnetzwerk (vgl. HEIMER 1993, 62). Einem "Netzwerk Region" kann daher ein "Mittlercharakter zwischen marktlichen und politischen (hierarchischen) Entscheidungssystemen" (FÜRST 1994, 185), quasi im Sinne einer intermediären Organisation zugeordnet werden.

4.4.2. Netzwerk und lose Kopplungen für die Region

Im Zusammenhang mit der Forderung nach Kooperation und neuen Koopera- tionsformen auf überkommunaler Ebene wird Netzwerken als regionale Orga- nisationsform zunehmende Beachtung geschenkt (vgl. z.B. RAUTENSTRAUCH 1993, FÜRST 1994, CUNY 1994, GOPPEL 1994 u.a.m.). Hierbei werden Er- wartungen an ein "Netzwerk Region" gestellt, die bislang oftmals z.B. im Span- nungsfeld von Informalität und Institutionalisierung oder pragmatischer Pro- blemlösung und politischer Kompetenz verpuffen (vgl. FÜRST 1994, 190ff.).

Grundvoraussetzung für Zustandekommen, Existenz und Funktionieren eines auf Redundanz basierenden Netzwerkes Region ist die Vernetzung von Akteu- ren durch lose Kopplungen (vgl. GRABHER 1993, 751 sowie 1994, 31, 108- 110; FÜRST 1994, 185; SYDOW 1992, 86ff.; SELLE 1994, 64; ALDRICH 1979, 323ff.). Für GRANOVETTER (1973, 1360) "it is through these [interpersonal] networks that small-scale interaction becomes translated into large-scale pat- terns, and these, in turn, feed back into small groups". Dabei bezieht sich lose Kopplung auf die Verbindung sowohl von Strukturelementen als auch von Pro- zessen (vgl. SYDOW 1992, 86). Auf Region angewendet bedeutet dies, daß durch lose Kopplungen zwischen regionalen Akteuren begrenzte Interaktionen in weitreichende Aktivitäten umgesetzt werden können, die ihrerseits wiederum ein "feed-back" im Sinne eines Initiations- und Motivationsmomentes für weitere regionale Akteure darstellen.

Der Nutzen loser Kopplungen (vgl. hierzu ausführlich GRANOVETTER 1973 und WEICK 1976) für Regionen ergibt sich für GRABHER (1994, 31ff.; Hervor- hebungen im Original) aus der Möglichkeit der Schadensbegrenzung, wenn ein oder mehrere regionale Akteure ausscheiden (vgl. auch SYDOW 1992, 86 und Kap. 4.3.2.). Ein weiterer Nutzen liegt in einer erhöhten Umweltsensibilität, die durch eine weitgehende Eigenständigkeit der Akteure (vgl. SYDOW 1992, 249) und deren lose Verbindung zu anderen, nicht dem Netzwerk angehörigen Ak- teuren erreicht wird. Für Region bedeutet dies, durch vielfältige Beziehungen auch nach außen, eine Sensibilisierung für mögliche externe Entwicklungen, Einflüsse und Tendenzen zu schaffen. Lose Kopplung erlaubt zudem Dezentra-les Lernen und Vergessen innerhalb der Region, also Anpassungen an spezifi- sche lokale Verhältnisse durch die Bearbeitung lokaler Aufgaben und Probleme gemäß des Subsidiaritätsprinzips, ohne dabei das Gesamtsystem Region in Bewegung zu bringen. Durch lose Kopplung wird schließlich eine Erhöhung der Varianz induziert. Somit kann ein breiteres Spektrum an Verhaltenspotentialen und offenen Entwicklungsoptionen ausgeschöpft werden.

Die genannten Eigenschaften loser Kopplungen ermöglichen daher eine Poly- zentrizität, Parallelität, Differenzierung und Reversibilität von Optionen und Prozessen in der Region, was sich inhaltlich als Zielambiguität im Sinne eines breiten Spektrums an regionalen Entwicklungsmöglichkeiten ausdrückt (vgl. GRABHER 1994, 37).

4.4.3. Intermediäre Organisation

Ein "Netzwerk Region" kann zu einem "Kristallisationspunkt der regionalen Zu- sammenarbeit" (RAUTENSTRAUCH 1993, 33) werden, wenn es gelingt, die oben dargestellten netzwerkartigen, redundanten Strukturen und Beziehungen aufzubauen. Ein solches Netzwerk müßte zweckmäßigerweise auf einer inter- mediären Ebene (vgl. SELLE 1994, 65-69; KNIELING 1994 und 1995; GRABSKI-KIERON/KNIELING 1994; HENCKEL/KNIELING 1994) angesiedelt sein, um durch einen sowohl funktionalen als auch institutionell-organisatori- schen Mittlercharakter ein möglichst breites Spektrum an regional relevanten Akteuren (auch Nicht-Entscheidungsträger) integrieren und Kommunikations- strukturen schaffen zu können. SELLE (1994, 64ff.) spricht hier von einem möglichen "Zusammenwirken von 'Akteuren aus verschiedenen Welten'". Dabei kann dieses zunächst rein organisatorisch-funktionale Netzwerk eine ver- mittelnde Aufgabe zwischen Staat (z.B. Land, Kommune), Markt (z.B. Unternehmen) und privaten Akteuren (z.B. Interessengemeinschaften, Privatpersonen) wahrnehmen (vgl. KNIELING 1995, 120), die sich aus einer raumbezogenen Problemwahrnehmung und Handlungsnotwendigkeit ergibt (vgl. Abb. 10). In diesem Sinne steht ein solches Netzwerk allgemein für Verhandlungen als wesentlicher Modus kollektiven Handelns (vgl. FÜRST 1994, 186). Aus der funktionalen und institutionellen intermediären Ausrichtung des Netzwerks kann sich dann möglicherweise ein räumlich intermediärer Charakter im Sinne einer Quasi-Abgrenzung als Region herausbilden (vgl. auch Kap. 4.2.2). Diese Abgrenzung wäre allerdings nach wie vor offen, da sie sinnvollerweise auf den (jeweiligen) redundant strukturierten problem- und projektbezogenen Kooperationen basieren würde (vgl. SELLE 1994, 98).

Einem Netzwerk als intermediäre Organisation können zunächst vier Funktionen zugeordnet werden (vgl. hierzu KNIELING 1995, 120ff.; 1994, 117ff. sowie HENCKEL/KNIELING 1994, 23):

1. Koordination (Stichwort: "Treffpunkt der Treffpunkte")
2. Mediation / Moderation
3. Anwaltsfunktion (Stichwort: "Hilfe zur Selbsthilfe")
4. Aktivierung vorhandener Ressourcen (Stichwort: "endogene Potentiale").

Eine fünfte Funktion, die der effizienten Umsetzung von Förderstrukturen bezüglich Regionalentwicklung, ist oftmals abhängig von der erwähnten exakten räumlichen Abgrenzung von Region im normativen Sinn.

Abb. 10: Der intermediäre Bereich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an SELLE 1994, 69.

Eine Paradoxie besteht jedoch darin, daß die Regionalebene - als der eigentli- che Ansatzpunkt intermediärer Organisationen - gleichzeitig die Arbeit dieser neuen Akteure erschwert, da die räumliche Abstraktheit von Region kaum sichtbare Ergebnisse zuläßt (vgl. HENCKEL/KNIELING 1994, 15). Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die intermediäre Organisation von Region als einen Pro- zeß fortschreitender Kooperation zu betrachten, um "mit den Mitteln Informa- tion, Kommunikation und Koordination Lösungspotentiale für Innovations- und Entwicklungsprobleme zu finden" (FORTH/WOHLFAHRT 1992, 568). Da es für regionale Kooperationen in absehbarer Zeit wahrscheinlich "keine normierten Strukturen und Regelwerke" (RAUTENSTRAUCH 1993, 44) geben wird, bietet ein Netzwerk mit geringem Institutionalisierungsgrad (vgl. FÜRST 1994, 185 und 187) auf einer intermediären Ebene die Chance, durch die informelle Nut- zung bestehender (Verwaltungs-)Strukturen Lernprozesse auszulösen und ein ausreichendes Maß an regionaler Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit zu schaffen (vgl. SELLE 1994, 69). Dabei kann Schwäche aufgrund fehlender formeller Entscheidungskompetenz durchaus zur Stärke werden, weil durch Informalität ein höheres Maß an Flexibilität erhalten wird (vgl. SELLE 1994, 237). Jedoch rechtfertigt dies nicht einen grundsätzlichen Verzicht auf politische Steuerung und Implementierung (vgl. GRABHER 1994, 66ff.). Somit stellt sich auch hier die Frage nach einer Institutionalisierung von Netzwerken (vgl. FÜRST 1994). HENCKEL/KNIELING (1994, 15) geben zu bedenken, daß es notwendig sein wird, eine institutionelle Stärkung bzw. materielle Anreize zu schaffen, um eine effektive Arbeit im intermediären Bereich zu ermöglichen. PANKOKE (1977, 58) merkt jedoch kritisch an, "daß ein ins regionale Format hineinwachsendes Netzwerk ökonomischer, kultureller und politischer Orientie- rungsschienen nur noch bedingt jene sozialintegrative Qualität sozialer Räume" entwickeln kann, die etwa für einen integrativen Ansatz von Regional- entwicklung notwendig wäre.

Dennoch sind intermediär organisierte Netzwerke gerade im Hinblick auf eine Umsetzung von Regionalentwicklung von Bedeutung, weil sie durch ihre Aus- richtung gegebenenfalls in bestehende Verwaltungen und Bürokratien vordrin- gen bzw. administrative und bürokratische Strukturen 'by-pass'-ähnlich (vgl. SELLE 1994, 232) umgehen und nutzen könnten. Insofern wäre es möglichen- falls Aufgabe intermediärer Netzwerke, Möglichkeiten einer gesellschaftlich konsensfähigen, partizipativen und kreativen Gestaltung des regionalen Le- bensraumes zu eröffnen, indem sie bürokratische Verwaltungen auf ihre ei- gentlichen Zuständigkeitsbereiche fokussieren helfen. Denn "bureaucratic go- vernment is designed to manage and control, not lead and change" (HARDWICK 1994, 357).

5. Regionalentwicklung

Die Erforderlichkeit einer alternativen Organisation von Regionen ergibt sich daraus, daß Regionalentwicklung unter den gegebenen administrativen und politischen Strukturen nur sehr bedingt im Sinne eines integrativen, gesamtöko- logischen Ansatzes umzusetzen ist. Dennoch wird die Region als sich entwickelndes Subjekt bzw. zu entwickelndes Objekt oftmals zum "Kristallisationspunkt sämtlicher wirtschafts- und regionalpolitischer Hoffnungen" (SCHÜTTLER 1994, 79).

In einer politischen Dimension kann dabei Entwicklung als "Konzept der Ver- besserung der ökonomischen, politischen und sozialen Lage und Chancen der Bevölkerung" (FGAT 1991, 21) angesehen werden. In Abwendung vom quanti- tativen Wachstumsbegriff ist Entwicklung auch als "Bewegung auf eine Strauß gesellschaftlicher Ziel hin" (BRÖSSE 1994, 27) zu interpretieren. In diesem Sinne bedeutet Regionalentwicklung ganz generell eine Verbesserung der all- gemeinen Lebensverhältnisse in einem als Region definierten Raum. Regio- nalentwicklung ist zunächst ein theoretisch-konzeptioneller Ansatz zur Gestal- tung von dem, was eben im konkreten Fall als Region verräumlicht wird. Dabei sind Regionalplanung - als Planungsinstrument der Gebietsentwicklungspla- nung im Rahmen der Landesplanung - und Regionalpolitik - diese im Sinne regionaler Wirtschafts- bzw. Strukturpolitik (vgl. ECKEY 1995) - institutionali- sierte Instrumente, die eine regionale, vor allem wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten sollen (vgl. hierzu KRUSE 1990, 114ff.). Regionalpolitik ist in dieser Ausprägung "keine Politik in den Regionen, sondern als quantitativ-in- terventionistischer Politikansatz eine zentrale Politik" (KRUSE 1990, 115) des Staates, "die die räumlichen, zeitlichen und sachlichen Aspekte der einzelnen Fachpolitiken des Bundes und der Länder" (KRUSE 1990, 114-115) auf Regio- nen anwendbar machen will. Ein Problem hierbei ist jedoch die räumliche Be- zugsebene regionalplanerischer und -politischer Maßnahmen, da diese meist an administrative Grenzen gebunden sind und durch ihre oftmals sektorale Ausrichtung grenzübergreifende, integrative Regionalentwicklungsansätze nicht berücksichtigen (können). Daraus ergibt sich konsequenterweise die Forderung nach alternativen Regionalentwicklungsansätzen, denen jedoch auch institutionell Rechnung getragen werden muß (vgl. BRUGGER 1984, 2).

betonen diese Ansätze ein Besinnen auf regionale Ressourcen und Potentiale sowie eine selbstbestimmte und eigendynamische Entwicklung, wobei qualitati- ves Wachstum und eine gesamtökologische, integrative Entwicklung im Vor- dergrund stehen.

5.1. Facetten von Regionalentwicklung

Die nachfolgend dargestellten Entwicklungsansätze können als Gegenpart zu den traditionellen Entwicklungsstrategien (z.B. Wachstumspolmodell) sowie als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen der letzten zwei Jahrzehnte (vgl. STÖHR 1986 sowie HAHNE 1984b, 53ff.; 1985, 14ff.) interpretiert werden. Zur Entwicklung alternativer Entwicklungsansätze hat maßgeblich die Tatsache beigetragen, daß ländlich-periphere oder generell benachteiligte Regionen oftmals nicht von den traditionellen "von oben-Entwicklungsstrategien" (vgl. hierzu HAHNE 1985, 17ff.) profitieren konnten (vgl. KILPER 1991, 5). Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich in der Ausrichtung dieser Entwicklungsan- sätze auf weitgehend quantitatives, zentrenfokussiertes Wachstum, einer Ver- nachlässigung gesellschaftlicher, politischer, ökologischer, qualitativer und struktureller Aspekte, der einseitigen Orientierung bezüglich überregionaler Faktoren und internationaler Arbeitsteilung, einer Auslagerung von Problemen ("bottlenecks") in periphere Räume sowie der Quasi-Entmündigung lokaler und regionaler Ebenen durch globalisierte Entscheidungs- und Wirtschaftsstrukturen (vgl. hierzu ausführlich STÖHR 1986, 61ff.). Neueren Ansätzen zur Regio- nalentwicklung liegt ein breiteres, holistisch-integratives Verständnis von Ent- wicklung zugrunde, welches auf politisch-administrativer Dezentralisierung und Ent-Hierarchisierung basiert (vgl. STIENS 1986, 79). Entwicklung wird dabei anhand qualitativer und struktureller Indikatoren bewertet (BRUGGER 1984, 2; ähnlich auch FRIEDMANN 1986, 205ff.). Dabei spielen regionale Identität und politische Partizipation ("Entwicklung von unten") als Gegenpol quantitativer, kapitalorientierter Entwicklung ("Entwicklung von oben") eine wichtige Rolle (vgl. STÖHR 1986, 66).

Nachfolgend werden zwei Strömungen von Entwicklungansätzen aufgegriffen, wobei sich vor allem erstere nach wie vor im Rahmen ökonomischer Wachs- tumstheorien bewegt (vgl. BAHRENBERG 1987, 152), wenngleich eine Ver- quickung von ökonomischen, kulturellen, politischen und ökologischen Faktoren angedacht ist. Bei einer zweiten Strömung handelt es sich um Ansätze, die das Nachhaltigkeits-Prinzip (vgl. HARBORTH 1991, 82ff.; HABER 1994a, 1994b, 1995) als ökologisches Paradigma primär im Zusammenhang mit natürlichen Ressourcen und Umwelt aufgreifen und versuchen, Nachhaltigkeit auch auf ökonomische, politische und sozio-kulturelle Probleme anzuwenden.

5.1.1. Endogene oder eigenständige Regionalentwicklung?

Endogene Regionalentwicklung wird definiert als "die Fähigkeit der Bewohner einer Region, autonom zu handeln, um somit ihre eigenen Potentiale zu maxi- mieren und ihren eigenen kulturellen Hintergrund zu erweitern" (QUÉVIT 1986, 104; eigene Übersetzung, V.S.). "Mittels der von der Region aus gesteuerten selektiven Interaktion und auf der Basis der 'endogenen' Ressourcen und Fä- higkeiten sollen eine eigenständige, stabile regionale Wirtschaft aufgebaut, die regionsidentische Kultur erhalten und die regionalen Selbststeuermöglichkeiten erhöht werden" (HAHNE 1987, 403). Von einer tatsächlich endogenen Entwick- lung ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn Wachstumsimpulse selbständig aus der Region heraus entstehen und die alleinige Triebfeder ökonomischer Entwicklung sind (vgl. HAHNE 1987, 405). Die in weiten Bereichen unstrittige Forderung nach endogener Entwicklung erweist sich bei Betrachtung ihrer ökonomischen Basis aufgrund fehlender Ressourcenbasis sowie überregionaler und globaler Einbindungen und Abhängigkeiten der Region (vgl. HAHNE 1987, 406) für strukturschwache und ländlich geprägte Regionen - und dies sind die potentiellen Adressaten - als nicht realisierbar (vgl. HAHNE 1987, 409; FRIEDMANN 1986; KILPER 1991, 8; ähnlich auch HARD 1987b, 423).

"Aufgabe einer endogenen Entwicklungsstrategie kann es höchstens sein, die in einer Region vorhandenen, brachliegenden Potentialfaktoren so durch Be- seitigung bestehender Engpässe zu aktivieren, daß eine erfolgreiche Einbin- dung in den Markt erfolgt" (BAHRENBERG 1987, 152). Endogene Entwicklung muß deshalb im regionalen Kontext weniger territorialisiert als "eine stärker selbstbestimmte, eigenständige, an die regionalen Möglichkeiten angepaßte strukturverbessernde wirtschaftliche Entwicklung" (HAHNE 1987, 406) relativiert werden. Oftmals wird dabei regionaler Identität entweder als kulturelle bzw. historische Kommunalität oder als Bewußtsein eines gemeinsamen zukünftigen Schicksals (vgl. STÖHR 1986, 71; dazu auch MOSE 1993, 36) - vor allem in benachteiligten Regionen - als Entwicklungsfaktor eine große Bedeutung beigemessen.

Eigenständige Regionalentwicklung ist ein Ansatz "von unten", der zunächst auf eine gesellschaftlich-politische Mobilisierung abzielt (vgl. FRIEDMANN 1986, 211ff.). Die ideelle Basis eigenständiger Regionalentwicklung bilden eine Anzahl alternativer gesellschaftlicher Werte (vgl. hierzu ausführlich FRIED- MANN 1986, 212ff.; HÄUßERMANN/SIEBEL 1993, 218 sowie MOSE 1993, 31- 36). Inklusivität, nicht-hierarchische Organisation, Kooperation, Anerkennung kollektiver sozialer Bedürfnisse und naturgerechte Entwicklung stehen hierbei im Vordergrund (vgl. FRIEDMANN 1986, 205). Das Konzept leitet sich quasi aus den Ansätzen endogener Entwicklung ab (vgl. BRUGGER 1984, 2 sowie zur begrifflichen Konfusion die Definitionen bei QUÉVIT 1986, 104 und BAS- SAND 1986, 130 im gleichen Band), jedoch steht dabei vor allem die "Kompetenz über Entscheidungen, welche die eigene Entwicklung betreffen" (BRUGGER 1984, 2) im Vordergrund. Eigenständigkeit meint also keine Au- tarkie oder vollständige Abkapselung, sondern vielmehr eine "harmonische" Einbindung in überregionale Beziehungsgeflechte (vgl. HAHNE 1984b, 55ff.). Sie betont durchweg eine verstärkte regionale Gestaltungs- und Entschei- dungskompetenz. HENCKEL/KNIELING (1994, 16) sehen eigenständige Re- gionalentwicklung als "einen Entwicklungsweg, der seinen Ausgangspunkt in den ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedingungen der jeweiligen Region hat". Das in erster Linie für strukturschwache ländliche Re- gionen angedachte Konzept der eigenständigen Regionalentwicklung "steht in engem Zusammenhang mit verschiedenen Phänomenen des gegenwärtig zu beobachtenden Strukturwandels auf gesamtgesellschaftlicher Ebene" (MOSE 1993, 31; zum Strukturwandel ländlicher Räume ausführlich 19-25). Es impli- ziert eine Nutzung von regionalen Ressourcen und spezifischen Charakteristi- ken - auch regionaler Identität - zur Gestaltung lokaler und regionaler Entwick- lung (vgl. BASSAND 1986, 130). Dem Begriff der endogenen Potentiale (vgl. z.B. HAHNE 1984a, 1985, 48; FGAT 1991, 26ff.; MOSE 1993, 29ff.; GRABSKI- KIERON/KNIELING 1994; HARTKE 1995) kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Als ursprünglich "ökonomisches, politisches und kulturelles Al- ternativkonzept" (KILPER 1991, 5) wird das Konzept der endogenen Potentiale in einer gegenwärtig territorialisierten und auf Region ausgerichteten Interpre- tation (vgl. KILPER 1991, 6; auch BRUGGER 1984, 2) zu einem "Zaubermittel" für strukturschwache, periphere und ländliche Regionen (vgl. KILPER 1991, 5), wobei die Beschwörung des Konzeptes zuweilen "an das Kunststück des Ba- rons von Münchhausen erinnert, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben will" (KILPER 1991, 7; vgl. auch HÄUßERMANN/SIEBEL 1993, 222). Der zentralen Bedeutung (einer Aktivierung) endogener Potentiale im Rahmen eigenständiger Regionalentwicklung wäre demzufolge mit Vorsicht zu begegnen. Gleichwohl sollte eine Bestandsaufnahme regionaler Potentialfakto- ren (vgl. hierzu ausführlich THOSS 1984) sowie deren optimale, nachhaltige Nutzung im Sinne einer "gezielten Engpaßbeseitigung" (THOSS 1984, 23) Anliegen einer regionalen Entwicklung sein. Die räumliche und zeitliche Varianz an und Ausstattung mit Potentialfaktoren bestimmt dabei in hohem Maße die möglichen Entwicklungsoptionen einer Region (vgl. THOSS 1984, 22).

Die hier diskutierten Ansätze erscheinen in ihrer Schlagrichtung weitgehend identisch, indem sie auf eine durch die Region bestimmte, an ihren Möglichkei- ten und innerregionalen (Wirtschafts-)Kreisläufen orientierte (vgl. HAHNE 1984a, 34ff.; 1984b, 56; 1985, 177ff.) Entwicklung abzielen. Sie können unter dem Begriff eigenständiger Regionalentwicklung subsumiert werden. Allge- meine Ziele eigenständiger Regionalentwicklung sind der Ausgleich von Öko- nomie und Ökologie im Sinne einer hohen regionalen Lebensqualität, die Erar- beitung regionaler Entwicklungskonzepte in Form von Orientierungs- und Handlungskonzepten (Leitbildentwicklung) sowie die Sicherung und Entwick- lung der kommunalen Selbstverwaltung durch eigenständige Regionalpolitik und Selbstverantwortung (vgl. HENCKEL/KNIELING 1994, 26; detailliert VER 1987, 5). Das Zielsystem eigenständiger Regionalentwicklung umfaßt mit Ökologie, Ökonomie, Politik und Sozio-Kultur vier Entwicklungsschwerpunkte (vgl. Abb. 11).

Abb. 11: Zielsystem eigenständiger Regionalentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: HENCKEL/KNIELING 1994, 29.

Unter geographischen Gesichtspunkten bedeutet eigenständige Regionalent- wicklung eine Orientierung an endogenen Ressourcen und regionalen Wirt- schaftskreisläufen im "ökonomischen Raum", die Manifestierung einer von in- nen bestimmten regionalen Identität und soziokulturellen Kreativität im "ideologischen Raum" sowie unter Einbeziehung der Kompetenzfrage eine De- zentralisierung der Entscheidungsstrukturen und Stärkung der regionalen Au- tonomie im "politischen Raum" (vgl. OSSENBRÜGGE 1987, 501).

Die wesentlichen Kritikpunkte an der Strategie der eigenständigen Regional- entwicklung liegen in der Operationalisierbarkeit des Konzeptes. Wie HÄUßERMANN/SIEBEL (1993, 222ff.) anmerken, lassen indirekte, diffuse Ins- trumente Verantwortungen verschwimmen und den Erfolg wenig greifbar er- scheinen. Zudem bedeutet die Beteiligung aller regional bedeutsamen Akteure u.U. eine Gefahr der Auslieferung des Zielsystems an jene Strukturen, die auf- gebrochen werden sollen. Darüber hinaus ergibt sich ein generelles Problem in der praktischen Kooperation zwischen informellen und staatlichen bzw. wirt- schaftlichen Gruppen. Schließlich benötigen fast alle angedachten Maßnahmen Anstöße "von oben" oder "von außen". Überspitzt formuliert setzt somit "eine gelingende Strategie der Mobilisierung endogener Potentiale [oder ei- genständiger Regionalentwicklung] in gewisser Weise die Existenz dessen voraus, was sie schaffen soll" (HÄUßERMANN/SIEBEL 1993, 223).

Zudem ist gerade im Kontext der Diskussion um Dezentralisierung und Privati- sierung nach möglichen Gründen für die Popularität des Konzeptes eigenstän- diger Regionalentwicklung zu fragen. Auch vor dem Hintergrund, daß es sich gegebenfalls um eine "von oben" verordnete Eigenständigkeit handelt (vgl. MOSE 1993, 37; auch 4.1.3.), lassen sich drei verschiedene Gründe für ei- genständige Regionalentwicklung anführen, die die Spannbreite des derzeit geführten Diskurses um eigenständige Regionalentwicklung erfassen (vgl. MOSE 1993, 38ff. sowie Tab. 1).

Tab. 1: Unterschiedliche Gründe für eigenständige Regionalentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: MOSE 1993, 39.

5.1.2. Ökologische oder nachhaltige Regionalentwicklung?

Der Ansatz ökologischer Regionalentwicklung "versucht auf der Grundlage der jeweils regional vorhandenen Ressourcen, eine den ökologischen Bedingungen angepaßte Entwicklung einzuleiten, die von der Breite der Bevölkerung getragen wird" (HAHNE 1984b, 54). Werden Inhalte und Ziele des Konzeptes (vgl. HAHNE 1984b, 54ff.; 1985, 172ff.) näher betrachtet, so gleichen diese weitgehend dem vorab diskutierten Ansatz eigenständiger Regionalentwicklung, zumal ökologische Anliegen hier nicht selten mit alternativen gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Protestbewegungen im Sinne eines "sanften Regionalismus" (vgl. BAHRENBERG 1993, 69ff.) verknüpft sind (vgl. z.B. GREVERUS/HAINDL 1984 oder MOSE 1993, 37).

Die neuerliche ökologische Ausrichtung der Regionalentwicklung bezieht sich weitgehend auf eine stärkere Integration ökologischer Belange bzw. "verbindet wirtschaftliche Entwicklung und Erhaltung der ökologisch bestimmten Tragfähigkeit und erweckt daher die Hoffnung auf Befriedung des Konfliktes zwischen ökonomischer Expansion und ökologischer Grenzen" (HABER 1994b, 160). Dieser Diskurs wird in jüngster Vergangenheit insbesondere unter dem in Mode gekommenen Begriff der Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigen Entwicklung (vgl. HABER 1994a, 1994b, 1995) geführt.

Die Themen einer nachhaltigen Entwicklung und die sich daraus ergebenden Anforderungen an Regionalentwicklung erscheinen nicht grundsätzlich neu (vgl. HABER 1994a, 169; FINKE 1994, 38). Verstärkt hat sich allenfalls ein an Nachhaltigkeit orientierter Handlungsbedarf (vgl. HEER et al. 1994, 218). Be- zogen auf Raum- und Regionalentwicklung wird das Konzept der Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigen Entwicklung oftmals unter umweltökonomischen Ge- sichtspunkten diskutiert (vgl. z.B. BRÖSSE 1994; KLEMMER 1994; SPEHL 1994 sowie kritisch HENCKEL/ KNIELING 1994, 32ff.). Dabei wird nicht selten die Meinung vertreten, "daß die ökologischen Aspekte der nachhaltigen Regio- nalentwicklung bislang im Vordergrund stehen und die ökonomischen Aspekte einerseits, wie auch die sozialen bzw. politischen Aspekte andererseits eher als Restriktionen gesehen werden" (SPEHL 1994, 84; vgl. hierzu kritisch FINKE 1994, 39). Der aus der Ökologie abgeleitete Begriff der Nachhaltigkeit beinhal- tet in diesem Zusammenhang "den Erhalt von Umweltressourcen und ihrer Funktionen" (BRÖSSE 1994, 28). Damit wird "die Aufteilung der Ressourcen auf zeitliche und räumliche Nutzungen" (BRÖSSE 1994, 29) zum eigentlichen, und zwar gesellschaftlichen Entscheidungsproblem.

Eine der wenigen greifbaren Definitionen sieht nachhaltige Regionalentwicklung als "eine Entwicklung, die die ökologischen, ökonomischen und sozialen Bedürfnisse der Menschen in einer Region befriedigt, ohne die entsprechende Bedürfnisbefriedigung der Menschen anderer Regionen und künftiger Genera- tionen zu gefährden" (SPEHL 1994, 71). Diese Definition beinhaltet sowohl die für das (auf soziale Systeme angewandte) Nachhaltigkeits-Prinzip grundle- gende Forderung nach einem schonenden Umgang mit Ressourcen als auch die Notwendigkeit eines Arrangements, d.h. einer Vernetzung oder gar Koope- ration mit anderen Regionen (vgl. auch LUCAS 1992, 21ff.). Ebenso wie der Ansatz der eigenständigen Regionalentwicklung kann das auf die regionale Ebene übertragene Konzept der Nachhaltigkeit nicht auf die Abkopplung eines geschlossenen Systems Region abzielen, sondern muß vielmehr in einem Zu- sammenspiel mit und in partieller Abhängigkeit von anderen Regionen inter- pretiert werden (vgl. BAHRENBERG 1987, 155ff. unter dem Begriff "Ökoregion"). Bürgerbeteiligung und Bürgervereine für Eigenständige Regio-nalentwicklung, Moderation und Mediation sowie Zukunftswerkstätten werden als konzeptionelle Ansätze einer Umsetzung nachhaltiger Regionalentwicklung (vgl. SPEHL 1994, 87; eigene Hervorhebung, V.S.) auf gesamtgesellschaftlicher Ebene angesehen. Dies reduziert den Ansatz nachhaltiger Regionalentwicklung zu nicht viel mehr als einer ökologisch angehauchten Variante eigenständiger Regionalentwicklung.

Eine generelle Kritik an dem Konzept der nachhaltigen Regionalentwicklung ergibt sich aus dem Problem der Übertragbarkeit des rein ökologischen Nach- haltigkeits-Prinzips auf Regionen als sozio-kulturelle, politische und wirtschaft- liche Systeme (vgl. HABER 1992, 20; 1994a, 170ff. sowie 1994b, 164). Zudem stellt nachhaltige Entwicklung "eine erhebliche Erweiterung des Nachhaltigkeits- Prinzips dar, denn ihr Ziel ist ja nicht nur die Aufrechterhaltung des Res- sourcensystems [...], sondern die Aufrechterhaltung einer Zunahme (sustained increase) des gesellschaftlichen und individuellen Wohlstandes" (HABER 1994b, 172-173.). Im Prinzip der Nachhaltigkeit stecken Vorstellungen von Grenzen und Gleichgewicht, wo hingegen mit Entwicklung oftmals noch Erwar- tungen von "mehr" impliziert werden. Wenn dies der Fall ist, "wird aber das Nachhaltigkeits-Prinzip in sich vollends widersprüchlich und eigentlich entweder nach Belieben interpretierbar oder unbrauchbar" (HABER 1994b, 173). Dies könnte allenfalls dadurch vermieden werden, daß ein streng qualitativer Entwicklungsbegriff zugrunde gelegt wird (vgl. HABER 1994b, 173; STRUNK 1993, 36f sowie BRÖSSE 1994, 25).

Aufgrund "allgemein gehaltener Zielsetzungen des Konzeptes" (STRUNK 1993, 36) wird es "zur Rechtfertigung unterschiedlichster Entwicklungsmodelle" (KLEMMER 1994, 190; vgl. auch FINKE 1994, 38) beansprucht. Deshalb ist wahrscheinlich auch zukünftig nicht mit einer konkreten, operationalisierbaren und räumlichen Zieldefinition des Konzeptes zu rechnen (vgl. KLEMMER 1994, 191ff.). Es erscheint allenfalls möglich, nützliche theoretische Denkanstöße aufzugreifen und dem Prinzip der Nachhaltigkeit "wenigstens in Teilbereichen Geltung" (HABER 1992, 20) zu verschaffen.

5.2. Zur Umsetzung von Regionalentwicklung

"Mit einem Bild davon, wie der Mensch sein sollte, läßt sich zwar eine andere Welt erhoffen, doch nicht gestalten" (LENDI 1993, 31). Aus diesem Grund geht es hinsichtlich regionaler Entwicklung vornehmlich um eine handlungsorientierte Auseinandersetzung mit der Zukunft auf der Grundlage gegebener Bedingungen, also nicht um eine bloße (theoretische) Entscheidung für eine be- stimmte Entwicklung, sondern konkretes Handeln und Umsetzen ist gefragt (vgl. LENDI 1993, 31ff.). Dabei ist eine praktische Umsetzung von Konzepten und Maßnahmen der Regionalentwicklung bislang auf die Bereitwilligkeit, d.h. das Einverständnis der jeweils zuständigen (administrativen) Stellen angewie- sen (vgl. KISTENMACHER 1993, 47). Wie HENCKEL/KNIELING (1994, 12 sowie 22) betonen, hält es der Raumordnungspolitische Orientierungsrahmen des Bundes jedoch für "wünschenswert, daß die formalisierte Regionalplanung durch regionale Initiativen und regionale Aktionsprogramme ergänzt wird". Ähnlich wird dies z.B. auch in Hessen gesehen, wo sich das ländliche Regio- nalprogramm "vor allem als Unterstützung von Eigeninitiativen" (HM 1994, 24) versteht. Ebenso sieht die Regionalpolitik der Europäischen Union eine inte- grierte Regionalentwicklung anstelle einzelner, unkoordiniert geförderter Pro- jekte vor (vgl. HENCKEL/KNIELING 1994, 24). Die "von oben" ermöglichte bzw. erwünschte Mitwirkung an Regionalplanung und -entwicklung durch regionale Initiativen und Aktionen fordert hier sozusagen die Operationalisierung einer eigenständigen Regionalentwicklung zumindest in Ergänzung zur traditionellen Regionalpolitik.

"Ungeachtet aller wissenschaftlichen Debatten hat sich [dabei] in Anbetracht der eingetretenen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Lösung regionaler Entwicklungsprobleme seit Ende der siebziger Jahre eine Pragmatik der Regionalentwicklung von unten herausgeprägt" (HAHNE 1987, 410). Die regionale Wirksamkeit solcher Ansätze "von unten" scheint maßgeblich von der Innovationsbereitschaft und -fähigkeit der politischen und administrativen Handlungsträger vor Ort abzuhängen (vgl. HAHNE 1987, 411).

In der praktischen Umsetzung nimmt eigenständige Regionalentwicklung in ländlich geprägten Räumen oftmals Formen einer umsetzungsorientierten Inte- grierten Ländlichen Entwicklung an (vgl. hierzu MAGEL 1993 sowie SCHÜTT- LER 1994, 84ff.), deren Ursprünge in der Dorferneuerung, der Landschafts- pflege und -entwicklung, Flurneuordnung oder konkreten Umweltschutzprojek- ten liegen. Durch konkrete und überschaubare Projekte soll die ländliche Be- völkerung zur Selbsterneuerung und -gestaltung befähigt werden (CORTOLEZIS-SCHLAGER/KOFLER 1993, 123). Die im ländlichen Raum thematisierten quasi-alltäglichen Probleme (Umstrukturierung der Landwirt- schaft, Pendlerproblematik, ÖPNV, Mangel an Versorgungsfunktionen, evtl. Siedlungsdruck u.a.m.) sind dabei Ausgangspunkte für Maßnahmen im Rah- men eines integrierten Entwicklungskonzeptes. Konkrete Projekte, die zumeist von intermediären Akteuren (vgl. Kap. 4.4.3) angeregt und organisiert werden, beziehen sich auf ökologischen Landbau und Tierhaltung, Herstellung und Vermarktung regionstypischer Produkte (z.B. Odenwald-Haus, Vollwert-Dinkel- taler aus der Rhön), Direktvermarktung (z.B. Bauernmärkte), Erzeugergemein- schaften, alternative Energiegewinnung (Wind-, Solarkraft, Biogasanlagen), Biotoppflege und -anlage, Abfallrecycling (z.B. Kompostierungsanlagen), Nachbarschaftsläden, Fahrgemeinschaften in Ergänzung zum bestehenden ÖPNV (z.B. Disco-Bus), Altenbetreuung, Urlaub auf dem Bauernhof u.a.m. (vgl. z.B. VER 1987; HENCKEL/KNIELING 1994, 38-48 sowie 55-57; SCHEER 1993, 132f). Über diese zum Teil halb-ehrenamtlichen Projekte hinaus "sollte eine professionelle Regionalberatung aufgebaut werden" (HENCKEL/KNIELING 1994, 14), die sich auf weitere wichtige Handlungsfelder (z.B. Gewerbe und Industrie, Tourismus) beziehen muß (vgl. z.B. SCHEER 1993, 132ff. sowie CORTOLEZIS-SCHLAGER/KOFLER 1993). Hier jedoch lassen sich Projekte oftmals weniger leicht informell oder ehrenamtlich organisieren, so daß im Bereich Wirtschaft umfassendere Maßnahmen (z.B. Tourismusmarketing oder Unternehmens- und Gründungsberatung) zur Aktivierung und Nutzung vorhandener Potentiale erforderlich sind. An diesem Punkt ist möglicherweise die Anbindung der Regionalberatung an eine bestehende Institution zweckmäßig. Um jedoch die Flexibilität und Offenheit der Beratung zu gewährleisten, "sollte aber keine institutionelle Unterordnung erfolgen" (HENCKEL/KNIELING 1994, 77).

Im Bereich der Wirtschaft sind Ausbau der touristischen Infrastruktur (z.B. Rad- und Wanderwege) sowie Sicherung und Ausbau der regional vorhandenen Er- werbsmöglichkeiten (Bestandpflege, selektive Neuansiedlung) wichtige Eck- pfeiler einer eigenständigen Regionalentwicklung. Eine Entwicklung "von unten" ist jedoch im wirtschaftlichen Bereich aufgrund überregionaler und -nationaler Verflechtungen äußerst schwierig. Hier kann sich allerdings eine Förderung regionaler Klein- und Mittelbetriebe (z.B. Herstellung regionaler Produkte), d.h. eine Orientierung an regionalen Wirtschaftskreisläufen als fruchtbar erweisen (vgl. GLATZ/SCHEER 1987, 560ff.), wenngleich die gesamtwirtschaftliche Lage nach wie vor weitgehend exogener Beeinflussung unterliegt. Es ergibt sich daraus allgemein nichtsdestoweniger die Notwendigkeit, "auch in direkten Kontakt mit der Wirtschaft ein[zu]treten" (KISTENMACHER 1993, 54). Ansätze hierzu zeigt z.B. das RWZ in der Rhön (vgl. DEHLER 1991; HENCKEL/KNIELING 1994, 42ff.).

Oftmals stehen den Regionen finanzielle Mittel aus Förderprogrammen (z.B. 5b-Förderung der EU, ländliches Regionalprogramm in Hessen) zur Umsetzung verschiedener Entwicklungsmaßnahmen zur Verfügung. Allerdings muß dies nicht bedeuten, daß die durch regionale Initiativen erarbeiteten Projekte in ihrer Gesamtheit umgesetzt werden können. Nicht selten sind die Fördermittel an Richtlinien und Auflagen gebunden, die eine bestimmte Ausrichtung der einzelnen Projekte vorgeben. Dabei kann es vorkommen, daß - um der För- derwürdigkeit einzelner Projekte nachzukommen - eine Ausrichtung auf die Vorgaben des Förderprogramms erfolgt. Darin liegt jedoch die Gefahr, daß durch Förderkonzepte die gewünschte Eigenständigkeit, Eigeninitiative und In- novativität in der regionalen Entwicklung eingeschränkt werden könnte. Hinzu kommt, daß Förderprogramme i.d.R. an administrativen Grenzen ausgerichtet sind und somit grenzübergreifende Förderung kaum möglich ist. Vorab erarbei- tete regionale Entwicklungskonzepte wären dann sowohl inhaltlich als auch räumlich gemäß den jeweiligen Förderrichtlinien zu modifizieren.

6. Der Spessart als Untersuchungsgebiet

Um die theoretischen Ausführungen auf den Spessart beziehen zu können, ist es notwendig, den so bezeichneten Raum kurz zu charakterisieren und in sei- ner Ausprägung und Bedeutung für die Konstitution einer Region Spessart zu betrachten. Es geht hierbei nicht um eine landeskundliche Beschreibung des Spessarts (vgl. hierzu ausführlich WOLFF 1905 und SIEBERT 1934), sondern vielmehr darum, die Fakten und Hintergründe zu erhellen, auf deren Basis eine Region Spessart als projekt- und problembezogene Handlungs- und Koopera- tionsebene diskutiert wird.

6.1. Region Spessart - Versuche einer Abgrenzung

Gleich zu Beginn stellt sich die Frage nach dem Sinn einer Region Spessart, weil die von bayerischer Seite beteiligten Landkreise Teil der bayerischen (Planungs-)Region Unterfranken sind. Es wurde bereits erwähnt, daß der Spessart zuweilen als ein Teil der Region Rhein-Main gilt. Was kann Region Spessart also anderes sein als die Mittelgebirgslandschaft Spessart? In dieser Arbeit ist der Ausgangspunkt für die Konzeptualisierung einer Region Spessart zunächst die Bereiterklärung der Landkreise Main-Kinzig, Aschaf- fenburg, Main-Spessart und Miltenberg sowie der kreisfreien Stadt Aschaffen- burg zur Veranstaltung eines grenzübergreifenden Spessart-Projektes. Die weitgehend naturräumliche Abgrenzung der Region Spessart durch das Organisationskomitee (vgl. Karten im Anhang I) verdeutlicht die Schwierigkeit einer offenen Arbeitsdefinition und -abgrenzung der Region über den Land- schaftsbegriff hinaus. Dies weist eventuell auf eine Dominanz der Raumwahr- nehmung bezüglich des Spessarts als Landschaft hin, was wiederum die Be- deutung der Region Spessart als grenzübergreifende Kooperationsebene und Handlungslandschaft verdrängen könnte. Es ist jedoch zu vermuten, daß eine Abgrenzung anhand naturräumlicher Kriterien - aufgrund alltagsweltlicher Wahrnehmung und daraus erwachsender Raumbilder - zunächst ein stärkeres identifikatorisches und motivationales Moment für regionales Handeln besitzt. Möglicherweise erzeugt die Abgrenzung der Region Spessart als Landschaft dabei eine semantische oder symbolische Bedeutung (vgl. HARD 1994, 54), die erst zu einer Handlungskoordinierung auf überkommunaler Ebene (vgl. Kap. 4.2.2) führt.

Eine naturräumliche Abgrenzung einer Region Spessart, die als räumliche Grundlage für die Lösung vielfältigster Probleme dienen soll, muß dennoch kritisch hinterfragt werden. Denn es geht eben nicht nur darum, Landschaft zu entwickeln, sondern Region als Zeit-Raum-Gesellschaftssystem gesamtökolo- gisch zu gestalten. Die Abgrenzung anhand naturräumlicher Kriterien (vgl. z.B. SIEBERT 1934, 7ff.) kann demnach nur als Ausgangspunkt bzw. gemeinsamer Bezugspunkt für regionale Kooperationen und Problemlösungen gelten. Der Spessart als Mittelgebirgslandschaft - begrenzt weitgehend von den Flüssen Kinzig, Sinn und Main (vgl. Karte 1) - stellt die räumliche Potenz und Grundlage für eine Region Spessart dar. Die hier vorhandenen Strukturen und Probleme charakterisieren somit diesen Raum im Sinne einer Region Spessart.

Um der Forderung nach Offenheit Rechnung zu tragen, bietet es sich dennoch an, Region Spessart zunächst als Kooperationsebene für die sich beteiligenden Verwaltungseinheiten anzusehen. Räumlich muß also die Region Spessart i.w.S. durch die genannten Verwaltungseinheiten begrenzt sein (vgl. Karte 2). Eine konkrete Abgrenzung der Region muß sich aus dem problembezogenen Konsens sowie den daraus resultierenden raumbezogenen Zielen und Lösungsansätzen ergeben. Das hieße allerdings, Region Spessart je nach Handlungs- und Aufgabenbereich (z.B. bezüglich ÖPNV, Wasserversorgung, Abfallbeseitigung etc.) flexibel und pragmatisch abzugrenzen. Um jedoch das "nicht so leicht Faßbare" (WOLF 1995, 1) greifbarer zu machen, wird nachfol- gend die oben erwähnte Arbeitsabgrenzung des Organisationskomitees als Definition für die Region Spessart angenommen.

6.2. Räumliche Lage und Struktur

Mit ihrer grenzübergreifenden Lage im südöstlichen Hessen und nordwestlichen Bayern erstreckt sich die Region Spessart grob in einem Dreieck zwischen den Zentren Fulda im Norden, Würzburg im Südosten und Frankfurt im Westen (vgl. Karte 1), wobei der Spessart oftmals als östliche Ausdehnung des Rhein-Main- Gebietes angesehen wird. Die Region Spessart umfaßt einschließlich der kreisfreien Stadt Aschaffenburg 78 Gemeinden; davon liegen 67 in Bayern und 11 in Hessen. In ihrer räumlichen Ausdehnung erstreckt sich die so definierte hessisch-bayerische Region Spessart insgesamt über 2.572,15 km2, wovon etwas mehr als 550 km2 gemeindefreie Gebiete bzw. Gutsbezirk Spessart sind.

6.2.1. Bevölkerung und Siedlungsstruktur

Mit einer Bevölkerung von 439.4872 liegt die durchschnittliche Bevölkerungs- dichte in der Region Spessart bei etwa 170 Ew./km[[2]], wobei die Dichte zwischen 1.111 Ew./km[[2]] in Haibach und 29 Ew./km[[2]] in Fellen variiert. Ein deutliches Gefälle besteht hier zwischen dem westlichen Teil der Region entlang des Mains sowie um Aschaffenburg und dem östlichen Teil, hier vor allem im Gebiet des Landkreises Main-Spessart (vgl. Karte 3). In den 10 einwohnerstärksten Gemeinden (vgl. Tab. 2), die sich ausnahmslos in den Randbereichen der Region befinden, leben ca. 45% der Bevölkerung.

Tab. 2: Die 10 größten Spessart-Gemeinden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigene Berechnung, V.S.).

Hingegen beläuft sich der Anteil der Einwohner in den 10 kleinsten Gemeinden der Region (vgl. Tab. 3) auf nur etwas mehr als 2% an der Gesamtbevölkerung. Die einwohnerschwachen Gemeinden befinden sich vor allem im Innern der Region - im stark bewaldeten Hochspessart - sowie im östlichen Teil der Region (vgl. Karte 4).

Tab. 3: Die 10 kleinsten Spessart-Gemeinden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigene Berechnung, V.S.).

Die für viele ländlich geprägten Räume akute Gefahr einer bevölkerungsmäßi- gen Entleerung durch Abwanderung scheint in der Region Spessart nicht zu bestehen. Vielmehr hat die Bevölkerungszahl von Ende 1983 bis Ende 1993 um 43.794 zugenommen. Dies entspricht einem regionalen Zuwachs von +11,1%. Die durchschnittliche Bevölkerungszunahme in den Gemeinden liegt bei +11,6%, wobei Geiselbach mit +31,3% die größte Zuwachsrate und Lohr mit - 3,7% die stärkste Abnahmerate zu verzeichnen hat. Den stärksten prozentualen Zuwachs verzeichnen die Gebiete der Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg (vgl. Abb. 12), also die westlichen Teile der Region entlang des Mains. Überdurchschnittliche Zuwachsraten finden sich jedoch auch in mehre- ren Gemeinden im inneren Spessart. Hier sind zu nennen: Jossgrund +30,6%, Schöllkrippen +23,9%, Altenbuch +18,1%, Rothenbuch +17,0%, Heimbuchen- thal +15,0%, Neuhütten +14,7%, Flörsbachtal +14,1% sowie Sommerkahl +13,5%. Es handelt sich hierbei möglicherweise um Zuzüge in landschaftlich attraktive Gemeinden. Die geringsten prozentualen Zunahmen hingegen ver- zeichnen die Gemeinden im Gebiet des Landkreises Main-Spessart im östli- chen, mainfränkischen Teil der Region (vgl. Karte 4).

Wenngleich die meisten Spessart-Gemeinden einen Geburtenüberschuß zu verzeichnen haben, so spielt sicherlich die Zuwanderung aus dem Rhein-Main- Gebiet - gerade in die westlichen Teile der Region - eine nicht unwesentliche Rolle bei der Bevölkerungszunahme. Für Gemeinden innerhalb des Naturparks besteht diesbezüglich allerdings das Problem eines nur sehr eingeschränkt möglichen flächenmäßigen Wachstums.

Abb. 12: Bevölkerung in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten 1983/1993

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigener Entwurf, V.S.).

6.2.2. Wirtschaft und Beschäftigtenstruktur

Trotz einer Zunahme der Beschäftigten 3 in den letzten 10 Jahren (+16,0%) ist der allgemeine wirtschaftliche Strukturwandel auch an der Region Spessart nicht vorübergegangen. Ein Vergleich der Beschäftigtenstruktur von 1983 und 1993 zeigt eine deutliche Verschiebung vom produzierenden Gewerbe hin zu den Dienstleistungen, obgleich auch im produzierenden Sektor eine schwache Zunahme an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu verzeichnen ist (vgl. Abb. 13). Die Land- und Forstwirtschaft hat an Bedeutung verloren und stellt mit weniger als 1% aller Beschäftigten nicht viel mehr als eine Schönheitskorrektur auch oder gerade hinsichtlich des Landschaftsbildes dar.

Abb. 13: Beschäftigtenstruktur in der Region Spessart 1983/1993

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistische Berichte 1984; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1984 und 1994 (eigener Entwurf, V.S.).

In der Land- und Forstwirtschaft ging die Beschäftigung seit 1983 um -14,9% auf 1.074 Beschäftigte zurück. Im produzierenden Gewerbe führte ein Zuwachs von +2,5% zu einer Beschäftigtenzahl von 79.359. Eine Zunahme von +39,4% auf 64.289 Beschäftigte ist bei den Dienstleistungen zu verzeichnen (vgl. Tab. 4). Regional sind jedoch erhebliche Unterschiede zu erkennen. Am stärksten vom Strukturwandel betroffen scheinen die klassischen Produktionsstandorte in und um Aschaffenburg sowie entlang des Mains. Hier sind Abnahmen im produzierenden Gewerbe am stärksten und Zunahmen im Dienstleistungsbereich prozentual am schwächsten ausgeprägt (vgl. Tab. 4). In der Land- und Forstwirtschaft sind im Bereich des Landkreises Main-Spessart die prozentual stärksten Beschäftigungseinbußen zu erkennen. Insgesamt verzeichnen die Gebiete der Landkreise Main-Kinzig und Main-Spessart die stärksten prozentualen Beschäftigtenzunahmen in der Region. Im Bereich des Landkreises Aschaffenburg ist hingegen ein minimaler Rückgang der Be- schäftigtenzahl zu verzeichnen (vgl. Tab. 4). Dies ist im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Verlagerung der Textilindustrie im Aschaffenburger Raum zu sehen.

Tab. 4: Veränderung der Beschäftigtenzahl in den Verwaltungseinheiten 1983/1993

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 4

Quelle: Statistische Berichte 1984; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1984 und 1994 (eigene Berechnung, V.S.).

Ein durchweg starkes Anwachsen der Beschäftigung bei den Dienstleistungen deutet auf einen anhaltenden Strukturwandel hin, der im Bereich des Landkrei- ses Main-Kinzig und in der Stadt Aschaffenburg - mit einem Anteil von je mehr als 50% der Beschäftigten im Dienstleistungssektor (vgl. Abb. 14) - am weite- sten in Richtung einer post-industriellen Wirtschaft vorangeschritten scheint. Dies mag hier nicht zuletzt mit der unmittelbaren Standortnähe zum Ballungs- raum Rhein-Main zusammenhängen. In den Gebieten der Landkreise Aschaf- fenburg, Main-Spessart und Miltenberg - hier vor allem entlang des Mains - dominiert beschäftigungsmäßig eindeutig das produzierende Gewerbe (vgl. Abb. 14). Dies läßt sich auch an dem vergleichsweise hohen Industriebesatz festmachen (vgl. Karte 5).

Gemeinden wie Alzenau, Goldbach, Erlenbach a.M., Klingenberg a.M., Lohr a.M., Marktheidenfeld, Kreuzwertheim u.a.m. haben nach wie vor mehr als 60% ihrer Beschäftigten im produzierenden Gewerbe. Im Gebiet des Landkreises Main-Kinzig ist ein erhöhter Beschäftigungsanteil in diesem Sektor fast aus- nahmslos auf die östlichen, vom Ballungsraum Rhein-Main weiter entfernten Gemeinden (Steinau a.d. Straße, Sinntal, Wächtersbach) beschränkt. Generell konzentriert sich der produzierende Sektor auf die Siedlungsschwerpunkte, die - wie bereits erwähnt - in den Randbereichen der Region liegen. Insgesamt arbeiten 66,3% aller Beschäftigten in den 10 größten Beschäftigungszentren, die gleichzeitig auch die Bevölkerungschwerpunkte darstellen.

Abb. 14: Beschäftigte in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten 1993

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigener Entwurf, V.S.).

Einen hohen Beschäftigtenanteil bei Dienstleistungen weisen entweder die vom Tourismus bzw. Kurbetrieb geprägten Gemeinden (z.B. Bad Orb, Mespelbrunn) auf oder jene, die bereits als Dienstleistungsstandorte für den Ballungsraum Rhein-Main fungieren (z.B. Gelnhausen, Linsengericht). Oftmals verfügen auch relativ kleine Gemeinden im Innern der Region - aufgrund ihrer Standortungunst für produzierendes Gewerbe - über einen relativ hohen Anteil an Dienstleistungen.

Im Dienstleistungsbereich spielt der Fremdenverkehr - hier vor allem im hessi- schen Teil der Region - eine nicht unbedeutende Rolle. Trotz rückläufiger Übernachtungszahlen kommen Kurzentren wie Bad Orb und Bad Soden-Sal- münster aufgrund der relativ langen Aufenthaltsdauer der Gäste zusammen auf mehr als 1,5 Mio. Übernachtungen pro Jahr (1993 insgesamt 1.569.278 Mio.). Laut Statistik existiert in genau der Hälfte aller Spessart-Gemeinden ein Ange- bot an Gästebetten. Das durchschnittliche Bettenangebot reicht von 50 in Wächtersbach bis zu 3.961 in Bad Orb. Die höchste Fremdenverkehrsintensität (Übernachtungen pro Jahr/Einwohner) wird mit 85,8 und 59,3 folglich in den Kurorten Bad Orb bzw. Bad Soden-Salmünster erreicht. Daneben weisen ge- rade Gemeinden mit bis zu 2.500 Einwohnern (z.B. Heigenbrücken, Heimbu- chenthal, Waldaschaff u.a.m.) vor allem im Hochspessart überdurchschnittliche Fremdenverkehrsintensitäten von mehr als 10 Übernachtungen pro Jahr und Einwohner auf. Regionsweit ist jedoch eher der Kurz- bzw. Wochendtourismus von Bedeutung.

Ebenso wie für andere klassische Mittelgebirgsregionen stellt sich jedoch das zunehmend billige Angebot an Pauschalkurzreisen als eine Konkurrenz zum hiesigen Kurz- und Wochenendtourismus dar.

6.2.3. Verkehr

Die Region Spessart ist aufgrund ihrer Lage im Bereich von drei Bundesauto- bahnen (A3, A66 und A7) recht gut an das überregionale Straßennetz ange- bunden (vgl. Karte 1). Auch im weniger dicht besiedelten Bereich des Hoch- spessarts und abseits der Bevölkerungsschwerpunkte im Main- und Kinzigtal ist die Region durch Bundes- und Landstraßen weitgehend erschlossen. Wie fast überall trägt auch hier das Automobil maßgeblich zur Mobilität bei, nicht zuletzt auch aufgrund unzureichender Verbindungen im ÖPNV, der nicht regional, sondern an den Grenzen der Landkreise bzw. Bundesländer ausgerichtet ist. Diese Situation veranschaulicht ein befragter Experte damit, daß man ein Visum und wenigstens zwei Tage benötigt, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Lohr nach Bad Orb zu gelangen (vgl. I 7, 75)5.

Der Schienenverkehr beschränkt sich auf die Strecken Frankfurt-Fulda im Kin- zigtal, Fulda-Würzburg entlang der Sinn und Frankfurt-Würzburg. Aschaffen- burg ist derzeit der einzige ICE-Bahnhof in der Region. Die Schiene erschließt die Region ähnlich wie die Autobahnen lediglich in den Randgebieten, dabei vor allem im Norden und Osten. Die Strecke von Aschaffenburg über Heigen- brücken und Partenstein in Richtung Lohr a.M. und Würzburg verläuft zwar quer durch den Spessart, erschließt jedoch den südlichen Teil der Region kaum (vgl. Karte 1). Der Schienen(nah)verkehr spielt allenfalls für Arbeitspendler und im Güterverkehr eine gewisse Rolle.

Starke Pendlerbeziehungen in den Großraum Frankfurt und nach Würzburg sowie innerhalb der Region erfordern ein gewisses Maß an Mobilität, das oft- mals nur mit dem PKW zu gewährleisten ist. Wie eine Untersuchung im ge- samten Landkreis Main-Spessart gezeigt hat, nutzen von etwa 60.000 Pendlern täglich nur ca. 15% das Angebot des ÖPNV (MAIN-ECHO vom 08.05.1993). Auch die für ländliche Räume typische Konzentration von Konsum- Dienstleistungen in größeren Zentren macht bei unzureichendem ÖPNV- Angebot in der Region den PKW zum wichtigsten Verkehrsmittel. Im Hinblick auf die alltäglichen Lebensvollzüge (Arbeiten, Einkaufen, Schulbesuch, Inan- spruchnahme kulturellen Angebots u.v.m.) ist "Auto-Mobilität" im Spessart mo- mentan eine Grundvoraussetzung für die Befriedigung der genannten Bedürfnisse.

Aus ökologischen Gesichtspunkten stellt der Straßenverkehr - hier vor allem der Transitverkehr auf den nahen Autobahnen - aufgrund seiner relativen Schadstoffintensität eine zunehmende Gefahr für regionale Naturpotentiale dar. Im Bereich Verkehr ergibt sich somit ein regionaler Problemzusammenhang, der aus einer zunehmenden individuellen (Notwendigkeit von) Mobilität und dem Erhalt der Umwelt i.w.S. resultiert.

6.2.4. Flächennutzung

Die Region Spessart verteilt sich flächenmäßig zu etwa zwei Drittel auf Bayern und zu etwas weniger als einem Drittel auf Hessen. Die Landkreise Main-Kinzig und Main-Spessart haben mit je knapp einem Drittel der Gesamtfläche die größten flächenmäßigen Anteile an der Region (vgl. Tab. 5)

Tab. 5: Flächenaufteilung nach Verwaltungseinheiten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigene Berechung, V.S.).

57,4% der Region sind bewaldet; weitere 31,2% sind Landwirtschaftsfläche, wenngleich die wirtschaftliche und beschäftigungsmäßige Bedeutung der Landwirtschaft nur noch gering ist. Jeweils ca. 4,5% entfallen auf Gebäude- und Freiflächen bzw. Verkehrsflächen. Die übrigen Flächennutzungen liegen bei Anteilen von 1% und weniger (vgl. Abb. 15).

Abb. 15: Flächennutzung in der Region Spessart

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigener Entwurf, V.S.).

Wald- und Landwirtschaftsflächen prägen das für die Region typische Kultur- landschaftsbild, das bei zunehmender Brache der momentan noch landwirt- schaftlich genutzten Flächen durch die natürliche Sukzession des Waldes nachhaltig verändert würde. Bei einem Waldanteil von gebietsweise mehr als 60% (vgl. Abb. 16) kommt somit der (Kultur-)Landschaftspflege eine besondere Bedeutung zu. Lediglich in der Stadt Aschaffenburg machen Landwirtschafts- und Waldfläche zusammen nur knapp 60% aus. In den Gebieten der Landkreise Aschaffenburg und Main-Spessart ist der Waldanteil am höchsten (vgl. Abb. 16). Ein Grund dafür ist der hier ebenfalls hohe Anteil an gemeindefreien Gebieten bzw. am Naturpark Bayerischer Spessart.

Einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Verkehrsflächen weist neben der Stadt Aschaffenburg das Gebiet des Landkreises Main-Kinzig auf. Ansonsten liegen die Flächennutzungen der einzelnen Gebiete - mit Ausnahme der Stadt Aschaffenburg - weitgehend im Durchschnitt (vgl. Abb. 16).

Abb. 16: Flächennutzung in der Region Spessart nach Verwaltungseinheiten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 1995; Hessisches Statistisches Landesamt 1994 (eigener Entwurf, V.S.).

Allgemein ergibt sich aus Sicht der regionalen Flächennutzung das Bild einer an naturnahen Flächen reichen Region, deren Potential sicherlich zum Teil in einer verträglichen Nutzung und Erhaltung der Wald- und Landwirtschaftsflächen liegt. Bei einem anhaltenden Siedlungsdruck - vor allem im Westen der Region - stellt sich jedoch die Frage nach der Ausweisung neuer Flächen für Wohnen, Gewerbe und gegebenenfalls für Verkehrswege. Gerade vor dem Hintergrund der Erhaltung der bestehenden Naturparks, sowohl auf hessischer als auch auf bayerischer Seite, ergibt sich hier jedoch ein genereller Konflikt zwischen Wachstum und Konservierung.

6.3. Ausgangslage einer Region Spessart

Die bundesländerübergreifende Region Spessart stellt sich als Randbereich des international bedeutsamen Ballungsraumes Rhein-Main dar. Nicht zuletzt daraus resultieren Probleme und Perspektiven, die den Diskurs um die Ent- wicklung einer Region Spessart, und zwar im Sinne einer eigenständigen, in regionaler Selbstverantwortung angelegten Entwicklung prägen. Vor dem Hintergrund der überblickartig dargestellten Strukturen bedeutet Re- gion Spessart:

- Ausdehnung über zwei verschiedene Bundesländer und damit Ver- waltungsstrukturen
- Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung aus dem Ballungsraum Rhein-Main
- Bevölkerungs- und Erwerbsschwerpunkte in den Randbereichen der Region (Main- und Kinzigtal)
- starke Pendlerverflechtungen zum Ballungsraum Rhein-Main
- ökonomischer und sozio-kultureller Bedeutungsverlust der Landwirt- schaft
- Zunahme der Beschäftigung bei regional unterschiedlich starker Umstrukturierung vom produzierenden Gewerbe hin zu Dienstleistungen
- Dominanz des produzierenden Gewerbes in weiten Teilen der Re- gion und daraus resultierend Standortnachteil gegenüber BilliglohnLändern oder bezuschußten Räumen (z.B. neue Bundesländer)
- strukturelle Zweiteilung der Wirtschaft (Dienstleistungen im Westen / produzierendes Gewerbe im Süden und Osten)
- wirtschaftsräumliche Dreiteilung des Spessart zu den Schwerpunkten Hanau/Gelnhausen, Aschaffenburg und Lohr/Würzburg mit geringen Verflechtungen untereinander (vgl. I 6, 64)
- rückläufiger Fremdenverkehr (Wochenend- und Kurztourismus) als einer der wichtigsten Wirtschaftsbereiche (vor allem in den Land- kreisen Main-Kinzig und Main-Spessart)
- unzureichender regionaler ÖPNV / indidviduelle Mobilität durch PKW
- ökologisch wertvolle natürliche Potentiale (z.B. Wald, Wasser, Kul- turlandschaft)
- Gefahr der Veränderung einer durch Land-und Forstwirtschaft ge- prägten Kulturlandschaft
- hoher Bestand an naturnahen geschützten Flächen (Naturparks)
- mögliche Verfügbarkeit neuer Flächen für Wohnen, Gewerbe und Verkehr.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Probleme und Auswirkungen des allgemeinen Wandels im Rahmen der postfordistischen Umstrukturierung die Diskussion um eine Region Spessart prägen. Vor dem Hintergrund der hier dargestellten quantitativen Statistiken spielt sicherlich auch der kulturelle Aspekt eine wesentliche Rolle. Allein aus dem Bedeutungsverlust der Landwirtschaft, den überregionalen Pendlerbeziehungen sowie der konstanten Zuwanderung von außen ergibt sich auch in der Region Spessart ein möglicher Verlust der in Ansätzen noch bestehenden ländlichen Sozio-Kultur. Die alltagspraktischen Lebensvollzüge werden maßgeblich von den wirtschaftlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen in der Region (mit)bestimmt. Alltägliche Tätigkeiten wie Arbeiten, Inanspruchnahme von und Versorgung mit Dienstleistungen, Kultur u.a.m. sind größtenteils eingebettet in überregionale Zusammenhänge und somit in der Region selbst kaum noch realisierbar. Vor diesem Hintergrund präsentiert sich die Region Spessart gegebenenfalls in einer transitorischen Phase zwischen der Auflösung der restlichen traditionell- ländlichen Lebenspraktiken und der fortschreitenden Übernahme modernistisch-urbaner Lebensformen.

7. Auswertung der Expertengespräche

Ziel der Interviewauswertung ist es, die verschiedenen Aussagen und Meinun- gen zu den jeweiligen Themen zusammenzuführen, um einen Überblick über die Spannbreite der Äußerungen zu bekommen sowie diese interpretativ in eine möglicherweise operationalisierbare Essenz zu überführen. Dabei ist bereits vorab anzumerken, daß aus den Interviews eine Diskrepanz von Ideen sowie möglichen Interessen einerseits und den Vorstellungen der Akteure über eine konkrete, d.h. praktische Umsetzung von Maßnahmen vor Ort andererseits deutlich wird. Diese Diskrepanz äußert sich darin, daß kaum weiterführende, konkrete Angaben z.B. bezüglich notwendiger Entwicklungskonzepte und - maßnahmen gemacht werden als jene, die bereits bekannt sind und Anwen- dung finden (vgl. Kap. 5.2.). Insofern zeigt sich in den Experteninterviews, daß die angesprochenen und zu erweiternden theoretischen Konzepte zwar - wenn auch möglicherweise unbewußt - rezipiert und als gleichermaßen sinnvoll wie notwendig erachtet werden, jedoch nicht (ope)rationalisiert werden (können). Dies kann möglicherweise auf eine "Abgehobenheit" theoretischer und wissen- schaftlicher Konzepte im Sinne fehlenden Praxisbezuges zurückgeführt werden (vgl. STIENS 1987, 550) oder aber auf (noch) nicht vorhandenes Verständnis bzw. fehlenden Willen hinsichtlich der Umsetzung neuer, alternativer regionaler Konzepte von seiten der Akteure. Auf zielbezogenes Handeln aus Sicht der Akteure hin interpretiert, kann dies eventuell als eine (noch) fehlende Rationa- lisierung der eigenen Vorstellungen und Interessen interpretiert werden. Ein Befragter selbst meint diesbezüglich, man müßte Ideologie und Realität in Ein- klang bringen, d.h. Bewußtsein rational definieren (vgl. I 17, 218).

7.1. Von den Anfängen der Region Spessart

Die Ursprünge der regionalen Kooperationsbemühungen im Spessart sind nicht direkt in den Kreisverwaltungen der beteiligten Landkreise, nicht in der politi- schen oder wirtschaftlichen Ebene zu suchen, sondern liegen im wissenschaft- lichen bzw. kulturellen Bereich. Das Bedürfnis, regionale Verknüpfungen zwi- schen Hessen und Bayern zunächst auf informeller Basis zu schaffen, resul- tierte aus einem erkannten Defizit an regional relevanter Information und Kommunikation. Im kommunikativen Austausch zwischen zwei "sehr guten Re- gionalkennern" (I 21, 283) in den Sphären Naturwissenschaft und Kultur über die Landesgrenze hinweg kristallisierte sich sukzessive die Bedeutsamkeit eines Wissenstransfers im Sinne einer Gesamtbilanzierung des Spessart als Region "in ihren ganzen thematischen Schattierungen" (ebenda) heraus. Die rein wissenschaftlichen Bemühungen wurden zunächst nicht weiter ausgebaut und erst später von der Kreisverwaltung Main-Kinzig, aufgrund guter persönli- cher, quasi-informeller Kontakte eines Verwaltungsangestellten zu einem der Initiatoren, wieder aufgegriffen und in Richtung der Veranstaltung eines Spes- sart-Projektes weitergeführt. "Jetzt sitzt der Herr X ja als Zögling des Herrn Y sozusagen auch an einer Schaltstelle, und der hat auch jetzt seinen Chef, den Landrat [...] dazu interessieren können" (I 17, 212). Gegenstand sollte zunächst auch hier ausschließlich eine Gesamtbilanzierung auf naturwissenschaftlicher und kultureller Ebene sein. Im Verlauf der regionalen Vernetzung jedoch erwies sich die Einbindung von Wirtschaft, Sozialem und anderen Bereichen für eine regionale Bestandsaufnahme als erforderlich. Der regionale Austausch wurde schließlich durch die Einbindung der drei bayerischen Landkreise (Aschaffenburg, Main-Spessart, Miltenberg) sowie der Stadt Aschaffenburg organisatorisch in der Verwaltungsebene verwurzelt, was sicherlich nicht ohne Auswirkungen auf die Inhalte der Regionaldebatte im Spessart blieb, und zwar insofern, als in Verbindung mit den Verwaltungen der Landkreise auch andere politisch und wirtschaftlich bedeutsame, einflußreichere Akteure (z.B. ARLL, IHKs) eingebunden wurden. Dies erforderte zugleich die Entwicklung eines Projektbüros in der Kreisverwaltung Main-Kinzig, die Gründung eines Organisationskomitees sowie die Benennung eines wissenschaftlichen Beira- tes, der in Detailfragen unterstützend wirken sollte (vgl. I 21, 284). Nicht zuletzt auch hierdurch wurden neue Schwerpunkte in der Ausrichtung des Projektes gesetzt, die über die ursprünglich angedachte naturwissenschaftliche und kul- turelle Bestandsaufnahme hinausgingen (vgl Abb. 17). Die Aufgabe der Verwal- tungsstelle in Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis) war dabei die Ermunterung und Motivation der Akteure, sich am Spessart-Projekt - als Bestandsaufnahme und Selbstdarstellung der Region - zu beteiligen (vgl. I 21, 285).

Die Aktivitäten regional bedeutsamer Initiatoren als Ausgangspunkt des Spes- sart-Projektes erreichten zumindest eine Problematisierung ("Wir wissen nicht, was unsere Nachbarn tun") und das Interessieren anderer regionaler Akteure (vgl. Abb. 17). Dabei wurden jedoch neu eingebundene Personen und Organi- sationen selbst zu bedeutsameren Akteuren, deren Interessen die ursprüngli- chen Absichten der Initiatoren integrierten bzw. transformierten und somit den Inhalt des Projektes maßgeblich modifizierten. Dies entspricht weitgehend der Phase des Einbindens neuer Akteure, also des strategischen Aushandelns von Kompetenzen und institutionellen Arrangements (vgl. Abb. 17), wobei die Problematisierung nach wie vor Gültigkeit besitzt. Die Aktivitäten der im Rahmen des Spessart-Projektes gebildeten Arbeitskreise sowie die Interessenartikula- tion im Rahmen des Kongresses können als Phase der Mobilisierung gedeutet werden. Um die regionale Arbeit im Rahmen des so entstandenen Netzwerks "Region Spessart" fortzuführen, ist gegebenenfalls eine Implementierung des Regionalen im Sinne einer Quasi-Institutionalisierung angezeigt (vgl. Abb. 17 sowie Kap. 7.8.).

Das hier beschriebene Zustandekommen des Spessart-Projektes läßt sich grob in vier Phasen unterteilen (vgl. hierzu CALLON 1986; CALLON/LAW 1982):

1. Problematisieren des relevanten Sachverhaltes
2. Interessieren
3. Einbinden
4. Mobilisieren anderer Akteure (vgl. Abb. 17).

Abb. 17: Zustandekommen des Spessart-Projektes - 4 Phasen der Umsetzung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Das Projekt wurde finanziell zum Großteil von den beteiligten Verwaltungsein- heiten getragen, wobei zusätzliche Mittel aus Stiftungen und aus dem Sponso- ring einiger regionaler Unternehmen zur Verfügung standen. Aus Sicht der bayerischen Landkreise und anderer nachträglich beteiligter Akteure stellte sich das so entstandene Spessart-Projekt als Initiative des Landkreises, d.h. der Verwaltung Main-Kinzig dar (vgl. I 2, 11; I 10, 113; I 22, 292). Wenngleich in den Gesprächen zum Ausdruck kommt, daß Sinn und Zweck des Spessart-Projektes eine umfassende regionale Bestandsaufnahme sei, so gibt es auch weiterführende Äußerungen, die bereits von einer Notwendigkeit und möglichen Formen der Zusammenarbeit sprechen (vgl. z.B. I 15, 185; I 23, 308). Bei der Initiierung und Durchführung eines solchen regionalen, grenz- übergreifenden Projektes wie jenem im Spessart wird "so wirklichen Persön- lichkeiten, die eben prägend wirken", eine große Bedeutung (I 17, 282) zuge- ordnet. Ohne solche "Fundamentalisten, die da irgend etwas bewegen" (ebenda) und über den Tellerrand hinausschauen, wird die Entstehung eines Regionalisierungsprozesses "von unten" kaum für möglich gehalten (vgl. hierzu die "militants" bei GRABHER 1994, 41). "Das iss ja kein Zufall, daß das eben von freischaffenden Künstlern sozusagen [...] angekurbelt wurde und nicht eben auf der Verwaltungsebene" (I 17, 224). Auch im weiteren Verlauf des Projektes wird der Rolle der Initiatoren großes Gewicht beigemessen, weil durch sie Absichten und Interessen maßgeblich mitbestimmt werden. Der Ausfall eines Initiators wird als kritisch eingeschätzt, da "das [seitdem] irgendwie über Leute läuft, die weder das Wissen, noch die Erfahrung, noch die Kompetenzen, noch das Gefühl, noch die eigentliche Absicht haben" (I 3, 22). Im konkreten Fall führte der Ausfall einer der Initiatoren zur Bildung neuer Koalitionen des zweiten Initiators mit einem verwaltungspolitisch und hinsichtlich der In- strumentalisierung von Regionalentwicklung einflußreichen Akteur, somit zur - möglicherweise unbewußten - Transformation ursprünglicher Interessen. Damit stellte sich fortan auch die Frage, "was man denn regionalplanerisch mit so 'nem Projekt machen" (I 15, 185) kann (vgl. Abb. 17).

Bezugnehmend auf die Entstehungsgründe für das Spessart-Projekt wird von seiten der Wirtschaftsexperten bezweifelt, "ob das ganze Projekt aufgrund eines großen Problemdrucks zustande gekommen ist" (I 22, 297). Aus wirtschaftlicher Sicht wird ein Problemdruck, der zu einem Projekt hätte führen müssen, nicht gesehen. Auch in den Verwaltungen der bayerischen Landkreise wurde offensichtlich eine starke Diskussion um die Teilnahme am Spessart-Projekt geführt. Die Entscheidung zugunsten einer Mitträgerschaft stellt sich vorwie- gend als Notwendigkeit der Unterstützung einer "Initiative, die uns vorwärts bringen könnte" (I 10, 114) dar. Skepsis bezüglich der Inhalte, Ziele und Aus- wirkungen des Projektes wird vor allem in den bayerischen Landkreisen ge- äußert, hier wiederum in jenen, die lediglich zum Teil in der Region liegen (vgl. z.B. I 10, 115). Ein mangelndes Wissen voneinander - gerade im grenzüber- greifenden Zusammenhang - wird ebenso konstatiert wie der mögliche Sinn einer regionalen Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen. Die letztendliche Teilnahme der Landkreise läßt sich eventuell als erkannte Notwendigkeit neuer oder zusätzlicher Handlungsspielräume gerade auf politischer Ebene deuten. In diesem Kontext ist möglichenfalls auch die Äußerung eines Gesprächspartners aus dem Bereich Tourismus zu sehen, der "das absolute Versagen der Politik [als] Ausgangspunkt der Regionalentwicklung ähnlicher Regionen wie des Spessart" (I 18, 234) benennt. Die politische Handlungsunfähigkeit scheint sich nach Meinung dieses Gesprächspartners vor allem aus Sicht der Bürger als kritisch darzustellen, und zwar deshalb, weil "die Menschen die Schnauze voll haben und selber ihren Lebensraum gestalten wollen, weil sie sehen, daß die Defizite nicht ausgeglichen werden" (I 18, 235). Es wird sogar die Befürchtung geäußert, daß bei einer Nicht-Fortführung des Spessart-Projektes im Sinne einer integrativen regionalen Entwicklung "den Verantwortlichen endgültig die Leute" (I 18, 245) weglaufen. Insofern überraschen die quasi-informellen und außerpolitischen Wurzeln des Spessart-Projektes wenig, weil gerade dadurch das Bedürfnis der von (dem Versagen) der Politik Betroffenen nach Ge- staltungs- und Artikulationsmöglichkeiten offenbar wird. Diese Tendenz wird durch die Äußerung eines Befragten aus dem wirtschaftlichen Bereich unter- strichen, der die Ansätze des Spessart-Projektes aus ähnlichen Gründen nicht auf der politischen Ebene sieht (vgl. I 22, 297). Vor diesem Hintergrund hat im Spessart die Politik lediglich reagiert, indem sich zum Beispiel "die Landesre- gierungen [...] mehr oder minder drangehängt" (I 9, 97) und es offiziell zu einem länderübergreifenden Projekt deklariert haben.

7.2. Region in der Praxis

Der Begriff der Region ist kaum mit einer einzigen Definition zu fassen. Wenn- gleich argumentiert werden könnte, daß der Eifer nach einer Definition und Ab- grenzung von Regionen ein ur-geographisches Anliegen ist und möglichenfalls weniger prekär als die Frage nach der Bedeutung von Region, so ist eine An- näherung an die Region Spessart im Sinne einer Abgrenzung und inhaltlichen Definition die Basis für die Beantwortung letztgenannter Frage im konkreten Fall. Aus diesem Grund werden nachfolgend die Äußerungen der Experten herangezogen, um den Diskurs um die Region Spessart zu erhellen.

7.2.1. Annäherungen an die Region

Aus den Interviews läßt sich zunächst allgemein die beliebige und ubiquitäre Benutzbarkeit des Regionsbegriffes für verschiedenste Zwecke (vgl. Kap. 4.2.2) ablesen.

Etwas mehr konkretisiert ist - aus Sicht der Experten - Region zunächst "als of- fenes Angebot" (I 14, 162) zu interpretieren, wobei eine Offenheit der Region sowohl räumlich hinsichtlich der Abgrenzung als auch inhaltlich, d.h. bezogen auf mögliche Kooperationen hervorgehoben wird. "Region offen definiert heißt, ich kooperiere in dem Bereich mit den und den Teilräumen. Und in einem an- deren Bereich hab' ich ganz andere Kooperationen" (I 14, 182). Nach Auffas- sung dieses Experten ist eine Offenheit zwingend, weil nicht alle Probleme in denselben räumlichen Grenzen gelöst werden können und man auch die Be- wohner nicht zwingen sollte, sich an Grenzen bzw. einem Zentrum zu orientie- ren (vgl. ebenda).

Unabhängig davon ist Region jedoch "ein Gebiet, das mit irgend einer Klammer verbunden ist, das gemeinsame Probleme lösen will, die sehr gebietsspeziell sind, die sich also nicht im allgemeinen Landes- und Bundesrahmen lösen lassen, die aber auch schon eine gewisse Großräumigkeit mit sich bringen, die also über das Kommunale hinausgehen und auch so ein bißchen grundsätzli- che Entwicklungslinien umreißen" (I 15, 189). "Region bedeutet etwas, das eine Gemeinsamkeit hat" (I 6, 63). Eine Abgrenzung der Region erfolgt zweck- mäßigerweise über ein Zugehörigkeitsgefühl. "Wenn da jemand quasi noch drinliegen könnte und auch schon draußen sein kann, und er fühlt sich zuge- hörig, dann ist er dabei" (I 4, 50). Dies bezieht sich vor allem auf eventuelle Randbereiche der Region, die aus einer z.B. naturräumlichen Abgrenzung re- sultieren. In diesem Verständnis "sind die Region alle, die mitmachen" (I 9, 100). Dies entspricht weitgehend wissenschaftstheoretischen Annahmen (vgl. z.B. KRUSE 1990, 141ff. sowie Kap. 4.2.2. und 4.2.3.). Region wäre demnach als "ein Gebiet ohne Grenzen, respektive, oder das zusammengehört, [...] ein Gebiet gemeinsamen Handelns" (I 13, 153) zu betrachten.

Da Region gerade als Raum für gemeinsame Problemlösungen (vgl. I 15, 189; I 23, 312) und gemeinsames Handeln (I 13, 153) von Bedeutung ist, muß eine Regionsabgrenzung auf Funktions- und Arbeitsfähigkeit ausgerichtet sein. "Wenn's nedd funktionsfähig ist, wenn's nedd arbeitsfähig ist, dann hat es kei- nen großen Sinn" (I 15, 189). Daraus kann abgeleitet werden, daß man mögli- chenfalls je nach Problem- und Aufgabenlage Abgrenzungen flexibel handha- ben muß, so daß Probleme und Aufgaben adäquat gelöst werden können.

Idealerweise sollte sich - wie bereits erwähnt - eine Region selber definieren, weil bei politischen oder administrativen Entscheidungen von oben oftmals nicht im Detail geprüft wird, wer zweckmäßigerweise noch der Region zugehörig ist und wer nicht, sich deshalb verordnete Regionen oftmals "als Flop erweisen" (vgl. I 9, 97). Aus Sicht dieses Experten im Bereich Regionalentwicklung kann man Regionen "nicht stricken, und deshalb braucht man auch über den Regionsbegriff, eine Abgrenzung nicht zu diskutieren" (I 9, 100). In Ergänzung hierzu steht die Ansicht eines Experten auf gleichem Gebiet, der meint, daß sich eine Region im Laufe der Arbeit konturiert und entwickelt und nicht von außen definierbar ist (vgl. I 13, 153). In eine ähnliche Richtung zielen die Aussagen, daß so etwas wie eine Region "über Jahrzehnte wachsen" (I 23, 311) muß bzw. Region eine Sache ist, "wo man auch ein bißchen die Ge- schichte betrachten muß" (I 11, 137). Neben dem "Thema Historie" hat die Region "natürlich auch so ein bißchen den Heimatgeruch" (I 20, 273), und zwar als "das Lebensumfeld oder wenn Sie da mal so einen altmodischen Begriff gebrauchen, die Heimat von Leuten" (I 2, 11). Die Assoziation mit dem Heimat- begriff äußert sich auch bei einem Gesprächspartner aus dem Bereich Wirt- schaftsförderung, der meint, daß nur der, "der vorbehaltlos seine Heimat lieb hat [...] in der Lage ist, zu akzeptieren, daß der Andere, der aus 'ner anderen Region kommt, auch seine Heimat lieb hat" (I 11, 138).

Bei aller Offenheit ist jedoch zu bedenken, daß "man die Grenzen als Diskus- sions- und Rechnungsgrößen" mitunter auch benötigt (I 15, 190). Die Abgren- zung einer Region wird dabei oftmals als willkürlich bezeichnet (vgl. I 17, 214; I 22, 306). In diese Richtung kann auch die Aussage interpretiert werden, daß eine generell "differenzierte Betrachtung von Region notwendig ist, je nach Maßgabe dessen, was man eigentlich eruieren will" (I 21, 284). Dagegen spricht allerdings, daß man "nicht für jedes Zwecklein da ein Regiönchen abgrenzen" (I 19, 259) kann. Möglicherweise resultieren die Schwierigkeiten der Abgrenzung sowie Faßbarkeit der Region daraus, daß der Begriff "quer zu allem Verwaltungs-, Institutionalisierungs- und Gründungsdenken [liegt], was wir halt im Kopf haben" (I 14, 182). Dafür spricht, daß ein Gesprächspartner aus dem Bereich Politik sich und seine Mitarbeiter ertappt haben will - wie er meint - "in einer völlig konservativen Einstellung zu Landkreis und zu dem, was heute Region bedeutet" (I 23, 311ff.), Region also nicht übergreifend, sondern ledig- lich landkreisbezogen gesehen zu haben. Ein Experte der Regionalentwicklung denkt jedoch, daß man unabhängig von Identität, Region - um sie "am schnell- sten über die Bühne" (I 19, 258) zu kriegen - anhand administrativer Abgren- zungen definieren sollte (vgl. ebenda). Sicherlich schließt hier die Frage nach dem Sinn von Region an, wenn ohnehin nach administrativen Kriterien vorgegangen werden soll(te). Ein Gesprächspartner aus dem Bereich Tourismus meint diesbezüglich, daß es schlichtweg unsinnig sei, Regionen nach politischen Grenzen zu bilden (vgl. I 18, 234).

Anhand dieser allgemeinen Stellungnahmen zum Begriff Region und deren Abgrenzung wird bereits die Schwierigkeit hinsichtlich der Greifbarkeit und Handhabbarkeit von Region offenbar. Es bleibt jedoch festzuhalten, daß sich nach Auffassung der Befragten Region als ein Raum darstellt, der Gemein- samkeit(en) besitzt und gemeinsam handelnd Probleme lösen will. Um die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Region zu gewährleisten, muß eine Ab- grenzung flexibel und offen sein. Generell kann eine Region nicht "von außen" bzw. "oben" definiert werden.

7.2.2. Der Spessart als Region?

Die Region Spessart wird von den befragten Experten territorialisiert "als ein gewisses abgegrenztes Gebiet" (I 2, 16) oder als Umgebung (vgl. I 2, 16; I 6, 68) gesehen. Von den meisten Gesprächspartnern wird Region Spessart mit naturräumlichen Kriterien assoziiert, definiert und abgegrenzt (vgl. z.B. I 16, 68.; I 7, 76 oder I 21, 284), was sich in Äußerungen niederschlägt wie "die Definition ist für mich [...] der Buntsandstein, das Umflossene vom Main bis oben zur Sinn" (I 3, 22ff.) oder da "ist ja die Klammer zunächst mal der Naturraum Spessart, dieses Mittelgebirge" (I 15, 190). Von einigen Gesprächspartnern wird die Region Spessart als Landschaft gesehen (vgl. z.B. I 22, 292). Aus diesem Grund ist der Spessart "keine Region, weil sie eben auch ganz unterschiedliche Interessen hat" (I 6, 72). Hierin deutet sich selbst bei einer naturräumlichen Abgrenzung eine eventuell fehlende Einheitlichkeit bzw. Zusammengehörigkeit der einzelnen Teilräume innerhalb der Region Spessart an. Vor allem die Meinungen der Befragten aus dem Bereich IHK und Wirtschaftsförderung tendieren dazu, die Region Spessart als nicht einheitlich (vgl. I 22, 292) bzw. aus drei Teilräumen nahezu ohne Verflechtungen bestehend zu sehen (vgl. I 6, 63). Dennoch scheint die naturräumliche Abgrenzung - bei fast allen befragten Experten aus der Region - die Grundlage für weitere Überlegungen und Betrachtungen zu sein. Dies bedeutet, daß zunächst innerhalb der natur- räumlichen Grenzen verschiedenste Themen- und Problembereiche (z.B. Wirt- schaft, Kultur, Soziales etc.) aufgegriffen werden, also jene Inhalte, die auch in den Arbeitskreisen des Projektes thematisiert wurden. In diesem Kontext hat eine naturräumliche Abgrenzung der Region Spessart möglicherweise die Funktion eines sprachlichen sowie symbolischen Bezugspunktes regionaler Handlungskoordinierung der potentiellen Akteure (vgl. Kap. 4.2.2.). Wenngleich sich je nach Betrachtungsweise (wirtschaftlich, naturräumlich, kul- turell etc.) unterschiedliche Abgrenzungen ergeben, so wird die Region Spes- sart in ihrer naturräumlichen Abgrenzung auch als Kulturraum, d.h. Lebensum- feld (vgl. I 2, 11) und aus Sicht potentieller Entscheidungsträger - analog zu den theoretischen Ausführungen (vgl. 4.2.2.) - auch als Raum möglichen kooperativen Handelns gesehen. In den Bereichen Kultur, Natur und Verkehr wird die Region Spessart von einigen Gesprächspartnern oftmals als mögliche (Problem- und Kooperations)Einheit betrachtet. Der Bereich Wirtschaft wird hingegen als zu heterogen dargestellt, als daß von einer Region Spessart im wirtschaftlichen Sinn gesprochen werden könnte. Es deutet sich in einigen In- terviews an, daß Region Spessart in einem kulturhistorischen, kulturräumlichen oder naturräumlichen Sinn durchaus von Interesse sein kann - überspitzt for- muliert als "Brot und Spiele" (I 22, 298) für die Bewohner - jedoch im ökonomi- schen Bereich nahezu unbedeutend ist. In wirtschaftlichen Dimensionen werden erst Regionen in der Größe des Rhein-Main-Gebietes erwähnenswert. In diesem Kontext betrachtet die Mehrheit der Interviewten - vor allem die Ex- perten aus dem Bereich der Wirtschaft - den Spessart als Teil bzw. Randbe- reich des Rhein-Main-Gebietes (vgl. z.B. I 15, 190 oder I 10, 115). Der Grund hierfür liegt in den regionalen Beziehungen und Verflechtungen - z.B. Pendler- verflechtungen - die i.d.R. auf Zentren bzw. auf den Kern des Rhein-Main- Raumes fokussiert sind. Die Eigenständigkeit einer Region Spessart würde sich dann als Beibehaltung eines eigenen Gesichts trotz starker Verflechtungen mit dem Rhein-Main-Gebiet relativieren (vgl. I 15, 190ff.; I 10, 119). Ein Vertreter der Politik sieht dies anders und findet "wir können keine - als Spessart - keine gemeinsame Region mit dem Raum Frankfurt sein und auch nicht werden" (I 2, 16). Nahezu einhellig wird die Auffassung vertreten, daß der Spessart als Region im Europa der Regionen keine Rolle spielt. In dieser Hinsicht wird die Region Spessart als flächen- sowie bevölkerungsmäßig zu klein und vor allem wirtschaftlich zu bedeutungslos eingestuft. Regionen wie die Lombardei oder der Großraum Barcelona werden als europäische Regionen benannt (I 19, 265). Höchstens als Teil einer Region Rhein-Main wird dem Spessart als weicher Standortfaktor eine mögliche europäische Bedeutsamkeit zugeordnet. In Verbindung mit einer möglichen Einheit der Region Spessart wird betont, daß der Spessart in keiner Form eine Art Region bzw. Verwaltungseinheit war (vgl. I 2, 16; I 22, 292) und ist. Gleichwohl wird damit eine Region Spessart auch in ihrer eventuell politischen Bedeutung thematisiert. Dies deutet möglicherweise darauf hin, daß hinsichtlich des erwähnten Staatsversagens eine so belegte Region Spessart für Politiker möglichenfalls eine Gefahr wäre, und zwar weil "sich hier wirklich eine Gruppe zusammenfindet, die ganz klare Ziele formuliert. Nichts schlimmeres könnte jetzt den Politikern passieren, weil dann kommt Handlungsbedarf" (I 18, 250). Dies würde die Bedeutung einer Region Spessart als gemeinsame Handlungslandschaft für verschiedenste Akteure, quasi als Antwort auf eine mangelnde Problemlösungs- und Handlungsfähigkeit staatlicher Stellen bestätigen. Die Relevanz als Handlungslandschaft wird durch zwei Gesprächspartner aus dem pädagogischen Bereich ebenso auf eine alltagsweltliche Ebene projeziert. Eine Region Spessart erschließt sich in dieser Ausprägung mehr über das Bewußtsein, den Erlebnisgehalt und die Raumwahrnehmung (vgl. I 17, 214). "Aus diesem Grund iss es erstmal wichtig herauszufinden, wie handeln eigentlich Menschen in Regionen. Welche Bezüge haben sie?" (I 14, 162). Alltagsweltliche und -praktische Lebensvollzüge wie z.B. Arbeiten, Pendeln, Einkaufen, Freizeitverhalten etc. bilden den Aus- gangspunkt für eine ausschließlich kulturräumlich definierbare Region. Dies sieht auch ein Experte aus dem Bereich des Tourismus, der "die Orientierung der Leute [...], arbeitsmäßig, [...] einkaufsmäßig, [...] in der Versorgung" (I 18, 239) als Basis für die Thematisierung von Region nennt. Gleichwohl ist anzu- merken, daß diese Lebensvollzüge - im Sinne von Region - auch gesteuert werden können, weil "immer drauf' geachtet wird, die Leute im Gau zu halten irgendwo" (ebenda).

Trotz unterschiedlichster Auffassungen zu dem, was Region Spessart bedeuten kann, lassen sich einige Schwerpunkte thematisieren. Zum ersten scheint eine Region Spessart zwar naturräumlich bestimmt zu sein, jedoch müssen ihre Grenzen offen und flexibel sein. Auch eine Region Spessart kann nicht verord- net werden. Zum zweiten ist die Region Spessart lediglich als Teil des Rhein- Main-Gebietes zu sehen und deshalb wohl eher als Region in der Region zu interpretieren. Zum dritten scheint sich dieses Regionale in der Region weniger auf räumliche Dimensionen zu beziehen als vielmehr auf eine themen- und problemorientierte Handlungsebene im Sinne einer "ideellen Aktiengesellschaft" (I 18, 254), die bei einem viel diskutierten Rückzug des Staates gegebenenfalls als Ausdruck eines Bedürfnisses nach neuen Regulierungsweisen zu deuten ist. Zum vierten ergibt sich gerade aus den beiden letztgenannten Punkten eine sehr praktische Bedeutung einer Region Spessart, und zwar als kulturelles und möglichenfalls politisches Eigengewicht in einer in die Globalökonomie eingebundenen Region Rhein-Main. In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf mögliche Zielsetzungen wird eine Region Spessart als Raum sicherlich auch unter dem Stichwort "In-Wert-Setzung" (I 17, 215) thematisiert (vgl. 7.9.).

7.3. Regionale Identität oder Regionalmarketing?

Eine gegenüberstellende Diskussion der Begriffe regionale Identität und Re- gionalbewußtsein auf der einen Seite sowie Regionalmarketing auf der anderen Seite ergibt sich aus den Äußerungen der Experten, die mehrheitlich regionale Identität mit Regionalmarketing assoziieren. In einer generellen Tendenz lassen die Aussagen der Befragten eine unklare begriffliche Trennung bzw. ein Verwischen der Inhalte und Zwecke in der Praxis vermuten. Eine Unterschei- dung zwischen regionaler Identität bzw. Regionalbewußtsein und Regional- marketing wird lediglich insofern getroffen, als erstere im Sinne einer Instru- mentalisierung in Zweck und Bedeutung für letzteres gesehen wird.

7.3.1. Regionale Identität und Regionalbewußtsein

Die interviewten Experten unterscheiden generell kaum zwischen regionaler Identität und Regionalbewußtsein. Aus den Äußerungen läßt sich allenfalls herauslesen, daß ein mögliches Regionalbewußtsein (als Objekt) kreierbar bzw. entwickelbar ist. Im Vergleich zu regionaler Identität wird Regionalbewußtsein eher etwas Prozeßhaftes, Dynamisches zugeordnet, was gegebenenfalls gestaltet oder beeinflußt werden kann (vgl. I 1, 4; I 23, 315; I 21, 290; I 17, 225 oder I 22, 298). Auch wird Regionalbewußtsein ansatzweise in Verbindung mit der menschlichen Psyche (der Bewohner) gesehen (I 11, 136). Regional- bewußtsein wird daher gleichfalls im Sinne von Identifikationen oft mit Tradi- tionspflege und Heimatverbundenheit (vgl. I 22, 299), Heimatstolz (vgl. I 13, 159), Tradition (vgl. I 11, 130), Heimatliebe (I 11, 137) und Kultur (I 11, 135) in Verbindung gebracht, wobei Kultur allgemein über einen längeren Zeitraum hinweg so etwas wie ein Bewußtsein über die Region erzeugen kann. Der Be- griff des Regionalbewußtseins ist damit auch aus Sicht der Experten stark af- fektiv beladen. Dennoch "geht es bei Regionalbewußtsein auch nicht unbedingt darum, daß wiederum jeder einzelne Bürger die Regionalhymne absingen kann" (I 13, 159). Die befragten Experten sehen Vergangenheit, Geschichte, Tradition, Mentalität, Temperament, Konfession, materielle Situation, Probleme, Sprache, Zugehörigkeitsgefühl, sozialräumliche Kontexte, Bedürfnis nach Verortung aber auch Leitbilder, Projekte und Kooperationen als mögliche Kri- stallisationspunkte von regionalem Bewußtsein und Identität (vgl. I 13, 159ff.).

Im Diskurs der Befragten bezieht sich regionale Identität im Gegensatz zu Re- gionalbewußtsein eher auf Eigenschaften, Eigenheiten und spezifische Arte- fakte der Region im Sinne materieller sowie immaterieller Gemeinsamkeiten. Eine affektiv belegte Tradition und Kultur spielt ähnlich wie beim Regionalbe- wußtsein eine nicht unwesentliche Rolle, jedoch stärker materialisiert und greifbar im Sinne eines Labels oder Images. Materialisierte (regionale) Tradi- tions- und Kulturelemente - z.B. das Wirtshaus im Spessart, die Spessart-Räuber (vgl. I 11, 132 sowie 139) oder die noch zu schaffende "Spessartblutworscht" (I 11, 131) - werden als mögliche Träger von Identifika- tionen im Sinne einer nach außen darstellbaren regionalen Identität erachtet. In dieser Ausprägung gleicht die quasi-materialisierte, imagegeprägte und -wirk- same veräußerbare Identität eben jener Qualität von Artefakten und Images, die beim Regionalmarketing von Bedeutung sind. Es zeigt sich also, daß die Vorstellung von dem, was regionale Identität und Regionalbewußtsein bedeu- ten, aus einer praktisch-handlungsorientierten Sicht der meisten Gesprächs- partner hervorgeht. Infolgedessen weist das Verständnis von Identität und Be- wußtsein in Richtung eines Mittels zum Zweck, z.B. der Regionalisierung, d.h. in Richtung einer Ressource, eines Instruments der Regionalentwicklung, re- gionaler Strukturpolitik oder Wirtschaftsförderung (vgl. hierzu Kap. 4.2.4. sowie 5.1.1.). Daraus resultiert eine zuweilen recht enge Verknüpfung von regionaler Identität, Regionalbewußtsein und Regionalmarketing auf seiten wirtschaftlicher und politischer Akteure. In einigen Diskursen läßt sich gewissermaßen eine Verbindung von Regionalbewußtsein - als eine Art Identifikation der Bewohner - über eine greifbare, veräußerbare Identität bis hin zum Regionalmarketing als Instrument der Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung nachzeichnen. Manchmal werden regionale Identität und Regionalbewußtsein auch als ge- meinsames Problembewußtsein gerade im Hinblick auf regionale Kooperation als wichtig erachtet (I 10, 114). "Vielleicht werden wir ein Spessartbewußtsein schaffen können, weil wir links, also, sagen wir mal, südlich gleich gelagerte Probleme [...] und [...] Chancen haben" (I 23, 315). In die gleiche Richtung ge- hend ist auch die Meinung zu interpretieren, daß wenn eine Bewußtseinsbil- dung "auf den kommunalen Bereich überschwappt und auch dort etwas bewirkt" (I 20, 275), daraus natürlich so etwas wie eine regionale Kooperation resultieren kann.

Konkret bezogen auf den Spessart wird vor allem von Experten aus dem Be- reich Wirtschaft eine regionale Bewußtseinsbildung skeptisch beurteilt, und zwar "weil sie den Menschen [auch im Spessart] das nicht aufoktroyieren können, auch durch Brot und Spiele nicht. Also wenn Sie noch so schöne Kon- gresse oder so was machen und sagen, 'na gut, wir sind doch alle dies und jenes' [...], das ist nur sehr vordergründig" (I 22, 298). "'Ne regionale Identität können Sie nicht verordnen" (I 18, 250). Zudem wechseln Identifikationen je nach Lebenssituation und Lage (vgl. I 22, 298). Daher wird es auch als fraglich beurteilt, ob ein gemeinsames Bewußtsein im Spessart sinnvoll wäre, weil man "ja nedd krampfhaft versuchen [muß], was sich über Jahrhunderte entwickelt hat, auch an Bewußtsein, wenn die einen Bayern sind und die anderen Franken und die anderen sind was anderes, ich kann künstlich kein Bewußtsein erzeugen" (I 11, 136). Selbst die Existenz eines gemeinsamen Problembe- wußtseins wird insofern bezweifelt als "alle das gleiche Problem [haben], aber kein gemeinsames" (I 7, 76). Von nahezu allen Befragten wird die Ansicht ver- treten, daß eine regionale Identität bzw. ein regionales Bewußtsein - wenn überhaupt - nur in einem sehr langwierigen Prozeß und ohne Ideologie (vgl. I 11, 136) hergestellt werden kann (vgl. z.B. I 11, 131 und 190; I 21, 290). Als Hindernis einer gemeinsamen Spessart-Identität werden die bestehenden poli- tischen Grenzen gesehen (vgl. I 10, 113). Ein Politiker sieht die Schwierigkeit beim Aufbau eines grenzübergreifenden Spessartbewußtseins in der politischen (Nicht-)Machbarkeit (vgl. I 23, 315). Ähnliche Vermutungen äußern sich darin, daß "wenn Spessart als Ganzes über politischen Grenzen stünde, dann wär's für die Leute auch leichter, sich damit zu identifizieren" (I 3, 27). Die Problematik einer grenzübergreifenden Identität im Spessart offenbart sich auch in der Äußerung, daß "wenn ich hier nach Bayern fahren will, das heißt ja eigentlich nur Unterfranken, nach Alzenau, dann hamm' die Leute gesagt, ja, mir sein ein Freistaat. Was das jetzt für Spessart bedeutet, das weiß ich kaum abzuschätzen" (I 17, 214).

Den Äußerungen anderer Experten zufolge "ist eine regionale Identität eines Spessarters genauso wenig vorhanden, wie die eines, was weiß ich wie gear- teten, Kellerwälders oder Burgwälders, [...] so ein[en] Über-Ich-Spessarter gibt es [...] nicht" (I 21, 290). Dagegen steht jedoch die Meinung, daß den Spessart eine gemeinsame Geschichte verbindet (vgl. I 15, 186). Nach Auffassung eines Gesprächspartners aus Aschaffenburg bestehen sehr wohl Ansätze von Ge- meinsamkeiten, wenn "also ein Würzburger [...] schon zu uns [sagt], ach ihr Hesse, und wenn ich mit einem Lohrhauptener oder mit einem Gelnhäuser re- de, dann sind da doch sprachlich oder vom Temperament her ja doch mehr Gemeinsamkeiten. Es gibt schon noch sowas wie gemeinsame Wurzeln" (I 15, 186), selbst wenn "dieses regionale Zusammengehörigkeitsgefühl bißje gestört" (I 3, 26) ist. Ein Experte aus dem Bereich Politik erachtet es daher für nicht falsch, "die sogenannte gemeinsame Geschichte und das, heraus[zu]arbeiten als ein Leitbild der Vergangenheit [...], also diese geschichtliche Identität" (I 2, 18). Dies wird dadurch unterstrichen, daß der Spessart schon immer von Interesse war und eine Vergangenheit hat, "die man in einem gemeinsamen Bewußtsein jetzt mal zusammengefaßt, losgelöst, was im Wirtshaus im Spessart im Kino war, ja durchaus aus dem Dunkel mal hochheben kann, und zwar auch länderübergreifend" (I 11, 139).

Von einem Gesprächspartner aus dem Bereich Tourismus wird jedoch der Sinn und Nutzen eines Spessartbewußtseins generell in Frage gestellt, weil "derjenige, dem es gut geht, der aus dem Spessart lebt, der von dem Spessart lebt, der ist natürlich, wenn er dort zufrieden ist, der wird ihnen immer sagen: 'Spessart, toll'. Und die jungen Leute, die jetzt im Moment heranwachsen, die aus den Dörfern im Spessart eben ausziehen und in die Stadt rein wollen, die sagen: 'Scheiß Spessart, da ist sowieso nichts los, was willst Du denn da ma- chen. Arbeit hat es nicht, Discotheken hat es nicht, Freizeitangebot hat es nicht'. Was sollen die denn mit einem Bewußtsein machen? Das Bewußtsein hilft ihnen ja nicht weiter, da können sie morgens nicht mit zum Bäcker gehen" (I 7, 80).

7.3.2. Regionalmarketing

Regionalmarketing wird von den meisten befragten Experten zunächst als eine Darstellung der Region nach außen (vgl. z.B. I 11, 131) oder als Werbemaß- nahme für die Region gesehen, wobei es einem klassischen Marketing-Konzept entspricht. Ganz in der Tradition eines Marketingansatzes ist demnach auch bezüglich Region eine Marktproduktsegmentierung bedeutsam (vgl. I 4, 41). Wie das zu vermarktende Produkt Region im konkreten Fall aussieht, muß - laut Expertenaussagen - auf der Grundlage einer ungeschönten Stärken- Schwächen-Analyse geklärt werden (vgl. ebenda). Daraus muß eine Wertung abgeleitet werden, die - als Zielvorgabe formuliert - die Basis für konkrete Ak- tionen darstellt (I 7, 80). Dies entspricht im Prinzip auch der Meinung eines Ex- perten aus dem Bereich Wirtschaft, der anführt, daß gegebenenfalls "der Raum auch nach außen hin auftreten und sagen [muß], mit welchen Kunden er wie wirtschaftet" (I 11, 130). Von Bedeutung ist in diesem Kontext eine hohe Sicht- barkeit des Produktes Region eben im Sinne eines Images, z.B. durch ein Gü- tesiegel, Label, Logo oder ähnliches (vgl. I 4, 41ff.). Dies läuft weitgehend auf das hinaus, was bereits unter dem Aspekt instrumentalisierter bzw. materiali- sierter Identität angeklungen ist: auf die Sichtbarmachung einer regionalen Eigenheit, eines regionalen Charakters.

Beim Regionalmarketing gilt es, vor allem die Stärken sowie öffentlichkeits- und werbewirksame Attribute der Region in den Vordergrund zu stellen, also ein Außen-Image, ein "gewisses Profil" (I 14, 163) zu schaffen, das zum Kom- munikations- und Werbemedium nach außen erhoben wird. "Ein Regionalmar- keting, das wäre dann die Frage, ein gemeinsames Image" (I 15, 697ff.) zu schaffen, wobei sich "irgend so eine Qualität [...] herausstellen" (I 4, 48) muß. Die Bedeutung von Regionalmarketing ergibt sich offenbar daraus, daß es sich um ein mögliches Instrument im Bereich der regionalen Wirtschaftsförderung und gegebenenfalls Regionalentwicklung handelt. Dies zeigt sich in Äußerun- gen wie z.B. "Stichwort Regionalmarketing, ne, wie's ja einige strukturschwache Gebiete auch machen. Wir hamm's bisher noch nicht gemacht [...], wir brauchen's momentan noch nicht, weil bei uns iss noch gut gelaufen" (I 10, 121). Eine enge Verknüpfung von Regionalmarketing und regionaler Wirt- schaftsförderung scheint auch inhaltlich zu bestehen, weil "die Zielsetzung [...] also natürlich auch genau die [ist], die also auch in Richtung Wirtschaftsförde- rung" (I 20, 273) geht.

Die Möglichkeiten von Regionalmarketing werden darin gesehen, daß mehrere Gemeinden oder Landkreise gemeinsam stärker im viel diskutierten Standort- wettbewerb auftreten können. "Eine einzelne kleine Stadt kann sich kaum er- lauben, große Werbung zu machen. Da muß ich meinen Standort insgesamt, also meinen regionalen Standort, Region, vermarkten. Und ich denke, sowas wie Region Spessart ist so etwas" (I 4, 47). Von einem der Gesprächspartner aus dem Bereich Wirtschaft wird im Zusammenhang mit der Debatte um Dere- gulierung und Privatisierung sogar vermutet, daß hinter der ganzen Regional- diskussion auch immer das Stichwort Regionalmarketing steckt (vgl. I 20, 272).

Trotz der Auffassung, daß "der Spessart natürlich ein lohnenswertes Objekt ist" (I 20, 272), wird die Möglichkeit eines konkreten Regionalmarketings für den Spessart hauptsächlich im Bereich Fremdenverkehr gesehen. "Wie gesagt, diese Regionalmarketingfrage ...ehhh für 'ne Region wie den Spessart... im Fremdenverkehr, ja, könnt' ich mir vorstellen. In anderen Bereichen, nein" (I 22, 298; vgl. auch I 5, 53ff.). Mögliche Ansatzpunkte für ein touristisches Regio- nalmarketing wären "Schneewittchen und Hotzenplotz" (I 20, 282). Ein Experte der Wirtschaftsförderung fände es wichtig, gerade mit Blick auf den Bereich Fremdenverkehr, "irgendwelche spezifischen Dinge mit dem Symbol Spessart- produkt" (I 11, 131) hervorzuheben, "was weiß ich was, die Spessartblut- worscht, ich will's jetzt mal ein bißchen banal ausdrücken, [...] wie das Rhön- Schaf oder so was Ähnliches" (ebenda), regionsspezifische Dinge, mit denen man wuchern kann (vgl. I 11, 132). Dieser Befragte ist deshalb auch "ein Freund davon, daß man irgend etwas Greifbares macht. Wenn es gelingt, die bayerische Blutwurst im hessischen Spessart und darüber hinaus bekannt zu machen, dann haben Sie schon den großen Joker erwischt" (I 11, 138). Hin- sichtlich eines touristischen Regionalmarketings ist jedoch festzuhalten, daß nur für eine landschaftliche Einheit sinnvoll Werbung betrieben werden kann (vgl. z.B. I 3, 33ff. oder I 10, 126).

Ein Politiker könnte sich für den Spessart vorstellen, daß z.B. bei der Lenkung von Einwohnerströmen oder Gewerbeansiedlungen mit Hilfe eines Regionalmarketings noch etwas "machbar" wäre (vgl. I 10, 121). Ähnlich sieht dies auch ein Verwaltungsangestellter, indem für ihn "die Frage ist, und die ist auch bei dem Kongreß mal abzuklären in den Nachbarkreisen, wollen wir auf eine Industrieansiedlung hinaus? Das kann ja Gegenstand eines Regionalmarketings sein" (I 15, 191). Es wäre jedoch nicht zuletzt auch aufgrund der verwaltungspolitischen Zersplitterung der Region Spessart wichtig, "Projekte oder Ausarbeitungen [anzubieten], womit jede einzelne Standortgemeinde dann insgesamt in ihrer Lage im Spessart werben könnte" (I 11, 133).

7.3.3. Regionale Identität als Regionalmarketing?

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß Identität und Bewußtsein - bei quasi-synonymer Verwendung auf seiten der Befragten - oftmals zu Ressour- cen und Instrumenten im Hinblick auf regionale Entwicklungsstrategien und Regionalmarketing umfunktioniert werden. Aus der womöglich unbewußten Assoziation von regionaler Identität, Regionalbewußtsein und Regionalmarke- ting heraus stellt sich aus Expertensicht letzteres in der Praxis oftmals als ins- trumentalisierte und in Handlungsorientierung umgesetzte regionale Identität dar. Zwei Äußerungen mögen dies verdeutlichen: "Marketing ist ein Bestandteil dieses Regionalmarketing, also insofern im winzigen Sinne Regionalentwick- lung und im Vogelsberg ist das ja genau das Problem, daß man diese regionale Identität nur sehr schwer herstellen kann" (I 19, 271). "Bei Spessart kommt so Zeusch wie die Filme. Das hat Bewußtsein geschaffen [...], damit kann man heute schon wuchern" (I 11, 136). Ähnliches deutet sich auch in der Aussage eines Politikers an, der meint: "Auf jeden Fall müssen wir auch für dieses Regionalbewußtsein, das wir schaffen wollen, für den Spessart, müssen wir auch sehen, wo wir noch Geld herkriegen. Das muß ja nedd immer von uns oder von unseren Kreissparkassen sein" (I 23, 316). Ein mögliches Problem resultiert daraus, daß die für Regionalmarketing benutzte regionale Identität zumeist nicht mehr als ein (Außen-)Image der Region und möglichenfalls deren Be- wohner vermittelt. Wenngleich Image, Label und Logo wesentliche Aspekte ei- nes Regionalmarketings sind, so erscheint es jedoch erforderlich, dieses auf einer regionalen Identität der Bewohner - im Sinne eines Wissensvorrates über die Region, ihrer Selbsteinschätzung und ihren Identifikationen (vgl. Kap. 4.2.4.)

- sowie auf der Basis einer Stärken-Schwächen-Analyse aufzubauen. Wie auch von den Experten mehrmals betont wird, sind Scheinidyllen und folkloristische Bilder einer inzwischen veränderten Region keine tragfähigen Identitätsmomente, was z.B. gerade im Zusammenhang mit der Propagierung eines sanften Tourismus als bedenklich eingestuft werden muß. Folgende Passage aus einem der Interviews 6 verdeutlicht in diesem Kontext die gesamte Bandbreite der Problematik von Identität, Bewußtsein, Image und Marketing:

A: "Da gibt's die katholischen und die evangelischen Dörfer, und die kann man wirklich von außen erkennen, also unterscheiden. [...] Gleichwohl sprechen wir auch wieder von regionaler Identität von 'ner gewissen... von sozialräumlichen Bezügen und auch von 'ner Lebenspraxis, die sich in der Region ...ehhh abspielt, und auch in Hessen ist ja auch immer der Anlauf oder jetzt in diesem Re- gionalentwicklungsprogramm auch der Anlauf zu sagen, also in 6 Modellregionen versuchen wir so- was wie 'ne regionale Identität zu entwickeln. Eehhh... da muß man schon auseinander halten, also, geht's jetzt um das Image, das nach außen transferiert wird. Das wird wahrscheinlich relativ leicht sein, sich zu verständigen, zu sagen, also ...ehhh wir propagieren ein bestimmtes Modell von Tourismus.

F: Also das wäre dann praktisch regionale Identität unter dem Stichwort Corporate Identity, also quasi als Aufhänger ... peng... das sind wir.

A: Ja.

F: Ja, das sind, denk' ich mal, diese Sachen, die man halt betreibt, wenn man so Regionalmarketinghalt macht, ne.

A: Ja. Das andere ist das... das sehr viel schwierigere und das sehr viel ...ehhh ja, kompliziertere ...iss sozusagen, also... wir verstehen uns jetzt aufgrund unserer Zusammenarbeit auch als die Region Main-Spessart, und ...ehhh wir können uns auch gut ergänzen, weil wir unterschiedliche Kompetenzen haben, die wir da auch einbringen wollen. Das iss 'ne äußerst komplizierte Geschichte, weil's dann nämlich auch um Macht ...ehhhh und um neue Kooperationsformen ...ehhh geht, andere Verwaltungsstrukturen. Also das iss 'ne ziemlich heikle Kiste, ...ehhh... das muß man auch sehr offen sagen, also, weil die meisten verstehen natürlich unter regionaler Identität dieses Corporate Identity oder Regionalmarketing. [...] Und das ist nicht zutreffend, und das schlägt auch irgendwann mal auf die Leute zurück. Also wenn ich den sanften Tourismus propagiere und ...ehhh die Menschen in der Region als äußerst kommunikativ darstelle und die ...ehhh Leute dann halt durch die Region laufen und denken, sie könnten jetzt mehr über die Region durch Gespräche mit Bürgern erfahren und die Bürger sagen, also komm' jetzt, geh' mir nicht auf'n Zeiger, ich hab' grad was anderes vor, dann fällt das relativ schnell in sich zusammen" (I 14, 174).

In diesem Zusammenhang spielt regionale Identität eine wichtige Rolle als Ent- wicklungsfaktor, jedoch in der Hinsicht, daß die Bewohner ihren Raum, d.h. ihre Region selbst (mit)gestalten soll(t)en. Regionale Identität ist dann sehr stark mit basisdemokratischen Aspekten einer Bürgerbeteiligung verknüpft. Wenn jedoch regionale Identität lediglich als "Etikettierung" von Regionalentwicklung oder Regionalmarketing dienen soll (vgl. I 14, 184), so wird es sich dabei allenfalls um ein Image handeln, das nach innen sowie bezogen auf die Bewohner wenig identifikatorischen Gehalt besitzt und mit Regionalentwicklung von unten wenig gemein hat. Ein Experte aus dem Bereich Regionalentwicklung meint jedoch, daß die Dichotomie zwischen regionaler Identität und Regionalmarketing in der Praxis überwunden wird, weil "das eine das andere bedingt. Ich meine, wenn ich über regionale Identität rede, da bin ich schon relativ dicht dran an Direktvermarktung oder an ländlichem Tourismus, also das baut ja unmittelbar auf solchen... Symbolen ja auf oder schließt da an. Ich denke aber, das läßt sich miteinander vereinbaren" (I 1, 4).

7.4. Regionalentwicklung und regionale Wirtschafts-förderung

Auch im Spessart wird Regionalentwicklung weitgehend in Richtung eines in- tegrativen, vernetzenden Ansatzes thematisiert. Tendenziell wird von den be- fragten Experten Regionalentwicklung als theoretischer Überbegriff für regio- nale Strukturpolitik, Wirtschaftsförderung und Planung interpretiert. Dies stimmt weitgehend mit den o.g. Annahmen überein, die Regionalentwicklung in erster Linie als ein theoretisches Konzept zur Raumgestaltung deuten (vgl. Kap. 5.).

7.4.1. Regionalentwicklung

Die Wichtigkeit eines integrativen Ansatzes der Regionalentwicklung scheint sich auch bei der Konstitution der Region Spessart insofern abzuzeichnen, als "wir diese Fragen, die ja anfangs von Idealisten eigentlich mal gestellt wurden, Natur, Kultur, Umweltschutz, daß wir die Fragen nedd einfach losgelöst disku- tieren können von Fragen der Wirtschaftsentwicklung und sozialen Fragen" (I 15, 189). Vielmehr wird die Meinung vertreten, "daß Regionalentwicklung auch wirtschaftliche Verknüpfungen und auch wirtschaftliche Aspekte in sich trägt, die durchaus überaus sinnvolle ökologische Varianten bringen" (I 21, 291) können. Dabei heißt "Regionalentwicklung [...] ja nicht nur jetzt Wirtschaftsför- derung, sondern Verkehr oder Flugplatz oder Wasserversorgung und was im- mer man sich - Siedlungsentwicklung natürlich vor allen Dingen, also im Grunde genommen die großen Infrastruktureinrichtungen, die man braucht" (I 2, 11). Derselbe Politiker denkt, daß Regionalentwicklung "alle wichtigen Lebensbe- reiche umfassen" (ebenda) sollte.

Ein Experte der Regionalentwicklung findet, "daß Regionalentwicklung [...] ei- gentlich nur funktionieren kann, wenn sie sozusagen grenzenlos ist, und zwar grenzenlos im Sinne von Zuständigkeiten, Parteizugehörigkeiten, mehr oder weniger zufällig gezogenen Verwaltungs- oder politischen Grenzziehungen" (I 13, 153). In dieser Ausprägung ist auch das Spessart-Projekt zu sehen, und zwar insoweit als das "eine Sache der gemeinsamen Profilierung einer ge- meinsamen bayerisch-hessischen Spessartregion" (I 21, 350ff.) ist. Dabei "hat sozusagen 'ne Überlagerung [...] der Gesichtspunkte stattgefunden [...], und [...] was unter'm Strich übrig bleiben könnte, das ist eigentlich zu überschreiben mit Konzepte der Regionalentwicklung" (I 21, 289). In diesem Sinn kann der grenzübergreifende Ansatz auf verschiedenen Ebenen und Wissensgebieten derart interpretiert werden, daß dadurch mögliche Gemeinsamkeiten erschlossen werden, die als regionale Probleme oder Chancen Ansatzpunkte einer integrativen und grenzübergreifenden Entwicklung sind. Dies wird auch durch einen Experten der Regionalentwicklung bestätigt, der meint, daß "regionale Entwicklungsaufgaben Querschnittsaufgaben sind" (I 13, 154). Ein weiterer Ex- perte aus diesem Bereich ergänzt hierzu, daß "der Ansatz der Regionalentwick- lung [...] ja eigentlich ein relativ ... 'n 'n netzwerkartiger [ist], daß man sagt, man versucht also alles, was sich in der Region bewegt, aufzugreifen und ob's 'n kleines Projekt oder 'n größeres Projekt iss, umzusetzen, nach der Grund- philosophie, daß eben dieses Netz aus vielen Aktivitäten in den verschiedenen Bereichen eben auch 'ne Entwicklung mit sich bringt" (I 9, 95). Eines der wich- tigsten Momente integrativer Regionalentwicklung, gerade im grenzübergrei- fenden Zusammenhang, wäre demnach eine inhaltlich-thematische sowie personelle Vernetzung aller zur Entwicklung der Region relevanten Bereiche (vgl. Kap. 4.4.). Für einen bayerischen Experten der Regionalentwicklung liegt "eigentlich der Knackepunkt an dieser ganzen Regionalentwicklungsgeschichte" in der Frage, wie man eigentlich zu kooperativen Projekten kommt (vgl. I 14, 164). Die Ansatzpunkte von Regionalentwicklung in Regionen wie dem Spessart sind derzeit also nicht in den einzelnen regionalen Fachpolitiken und Instrumenten des Staates oder investiven Großprojekten zu sehen, sondern vielmehr in den Aktivitäten und Initiativen in der Region selbst. Der Ansatz von ländlicher Regionalentwicklung ist laut eines Befragten nicht der, "wo man ganz gezielt plant, 'n Leitbild groß erarbeitet und in der großen Entwicklungslinie mit sehr viel Leuten und sehr viel Geld, ja eigentlich auch 'ne ganze Region umkrempelt" (I 9, 95). Dies deutet gleichzeitig den zumindest theoretischen Anspruch einer regionalen Entwicklung "von unten" an sowie die Definition und Abgrenzung der Region aus sich selbst heraus (vgl. Kap. 7.2.). Hierbei spielt möglicherweise auch "die regionale Erfahrungswelt von Leuten in der Region" (I 14, 169) hinsichtlich der Formulierung von Bedürfnissen und Problemen eine nicht unbedeutende Rolle. Denn bei Regionalentwicklung geht es "um Menschen, die zwar gesellschaftliche Bereiche repräsentieren, Kultur, Kommunen und der Bereich der Initiativen und Verbände [...], also eben nicht um irgendeine Repräsentative" (I 13, 154), "nedd um den Wissenschaftler und nedd um den Staatssekretär und den Minister" (I 23, 314), sondern um einen "Querschnitt verschiedener Personen aus verschiedenen Bereichen, also Ideenträger mehr als Bedenkenträger" (I 13, 154). In enger Beziehung dazu steht die Erkenntnis, daß man Regionalentwicklung bedarfsorientiert machen muß, da bei Planungen über die Köpfe der Bewohner hinweg Identifikation und Motivation zusammenbrechen (vgl. I 9, 103). Derselbe Interviewte gibt zu bedenken, daß es nicht sinnvoll ist, in einer Region dirigistisch einzugreifen, nur "weil in irgendeinem regionalen Raumordnungsplan etwas anderes steht" (I 9, 98). "Die Chance besteht wirklich darin, daß wenn es gelingt, daß sich [...] die Akteure dort zusammenschließen zu einer breit tragenden Organisationseinheit, daß die die Bodenhaftung auch nicht verlieren [...] zu denen, die in der Region agieren, also von Kommunen bis Privatleuten, besteht eigentlich 'ne Chance" (ebenda), auch grenzübergreifend regionale Entwicklungsprojekte einzuleiten. In diesem Kontext wird von einigen Befragten auch den vielbeschworenen en- dogenen Potentialen ein gewisses Gewicht beigemessen (vgl. z.B. I 1, 3 oder I 8, 91). Erfolg und Mißerfolg eines integrativen Regionalentwicklungsansatzes scheinen zudem von der Einbeziehung regional-kultureller Aspekte abzuhän- gen, denn es passiert "immer wieder, daß bestimmte Geschichten nicht laufen, weil vielleicht solche kulturellen Aspekte zu wenig bedacht werden" (I 1, 3).

Schließlich ist festzuhalten, daß sich Ansätze von Regionalentwicklung in einem Spannungsfeld von regionaler Strukturpolitik, Wirtschaftsförderung, euro- päischer Regionalpolitik, Initiativen von unten u.v.m. bewegen, wobei es natür- lich "in so einem komplexen Bereich [...] immer Widersprüche [gibt] oder eben auch Sachen, die nebeneinander laufen, die parallel laufen oder die sich viel- leicht auch gegenseitig ein bißchen ausschließen. [...] ich meine man muß da auch gewissermaßen eklektizistisch rangehen, also man kann jetzt nicht seine eigene reine Lehre entwickeln und die dann versuchen, umzusetzen. Es geht halt immer darum, daß man auch so eine Strategie rausbekommt, die für eine Region letztlich nützlich ist" (I 1, 2). In diesem Sinn wäre eine wie auch immer geartete Regionalentwicklung - ob eigenständig, endogen, nachhaltig oder in- tegrativ - nicht als die erneute "Erfindung des Rades" zu sehen, sondern viel- mehr als der bereits erwähnte theoretisch-konzeptionelle Ansatz, bestehende Möglichkeiten zur regionalen Entwicklung - möglichenfalls aus dem Blickwinkel neuer Zielvorstellungen - besser zu nutzen.

Das Problem der praktischen Umsetzung von integrativer bzw. grenzübergrei- fender Regionalentwicklung - z.B. im Spessart - liegt hingegen darin, daß die bislang zur Verfügung stehenden institutionalisierten Instrumente und Politiken dem Querschnitts-, Vernetzungs- und Integrationsaspekt von Regionalentwick- lung noch nicht gerecht werden (können) (vgl. auch Kap. 5.2.). Hinzu kommt, daß bei eventuell bestehenden, integrativ ausgerichteten Programmen Mittel- kürzungen den für Regionalentwicklung notwendigen kommunikativen, evalua- tiven Prozeß nahezu unmöglich machen (vgl. I 14, 170). Vor diesem Hinter- grund und mit dem Anspruch, auch kulturelle sowie alltagsweltliche Aspekte zu integrieren, geht es darum, "weg[zu]kommen von immer diesen... ja klassischen Problemlösungen, klassischen Programmansätzen" (I 14, 178). Allerdings gibt es kaum "handgreifliche Ansatzmöglichkeiten" (I 14, 175) bei der Umsetzung z.B. von kulturellen Aspekten der Regionalentwicklung. Im quasi- ehrenamtlichen Bereich der Regionalentwicklung ist es jedoch mangels Kom- petenzen so, daß "wenn Sie einen Verein haben, der sich im Könnte-Müßte- Sollte ergeht, hören Sie [...] immer wieder das gleiche bei solchen Teilen. Wenn's aber dann an's Eingemachte geht, ... ehhh... wer organisiert's, wer macht's, was wird verdient, wie finanzieren wir, iss tote Hose." (I 16, 209).

Daß Schwierigkeiten in puncto institutionell-politischer Akzeptanz und Umset- zung von Regionalentwicklung auch oder gerade im Spessart bestehen, äußert sich darin, daß es schwer ist, Ansätze und Inhalte integrativer Regionalentwick- lung jemandem auf politischer Ebene klarzumachen, weil es kaum wählerwirk- sam ist (vgl. I 17, 224ff.). "'Ne langfristig gerichtete Politik, ja, die geht über die Ungeduld erstens derjenigen, die was sehen wollen, des Publikums und derje- nigen, die halt von diesen sehr gegenständlichen, naheliegenden, ne, Bau der Dingsbumshäuser, der Denkmäler, was weiß ich" (ebenda) in Form von Wie- derwahl profitieren. Hinsichtlich des Spessart-Kongresses und möglicher Kon- sequenzen für eine übergreifende Regionalentwicklung meint ein Experte der Wirtschaftsförderung ebenfalls in diesem Kontext: "Ich habe im Augenblick noch keine großen oder sagen wir mal, keine hochgesteckten Erwartungen, weil ganz einfach man die normative Kraft des Faktischen berücksichtigen muß. Zwei Bundesländer sind zwei Bundesländer. Wir haben sehr unterschiedliche Situationen in Bayern und Hessen, losgelöst von der politischen Situation, allein von Fragen der Tradition, der Verordnungskompetenzen" (I 11, 130). Gerade aufgrund dieses Defizits vertritt ein Politiker die Meinung, daß trotz oder gerade wegen unterschiedlicher Verwaltungsstrukturen und Genehmigungspraxen "die politischen Aufgaben der nächsten Jahrzehnte" (I 23, 312) die sein werden, einen Ausgleich zu schaffen, der eine regionale Kooperation und Aufgabenbewältigung realisierbar macht. Bislang drückt sich die Antwort des Staates auf die neuen Erfordernisse lediglich in Bemühungen um Dezentralisierung, Deregulierung und Privatisierung aus, wobei dieses Vorge- hen "mit der großen Sense... also das, was sich auf dem Markt nicht beweisen kann, ist nicht lebenswert" (I 13, 155) - gerade vor dem Hintergrund der raum- ordnungspolitischen Verantwortung des Staates (vgl. I 14, 168) - als "ein poli- tisches Armutszeugnis" interpretiert werden kann, "wenn man sieht, daß Re- gionalentwicklung natürlich viel mit politischer Steuerung, mit Infrastrukturpolitik zu tun hat und wenn man hier sozusagen nicht mehr steuert, d.h. also nicht mehr innerhalb gesellschaftlicher Zielsetzungen ist" (I 13, 155.; vgl. auch Kap. 4.1.3.). Das Problem der Privatisierung der Regionalentwicklung wird von einem Experten der Regionalentwicklung so interpretiert, daß die Idee der ei- genständigen Regionalentwicklung - wie sie die Vereine zur Eigenständigen Regionalentwicklung in den 80er Jahren thematisiert haben - "von sehr vielen aufgegriffen wird, ...ehhh sozusagen diese Lobbyarbeit nicht mehr in diesem Ausmaß notwendig ist, um diese Idee zu transparieren... transportieren und andererseits halt diese Büros, die professionalisierten Anbieter halt jetzt sozu- sagen, ja, die Sahne von diesem Kuchen abschöpfen" (I 14, 168). Derselbe Gesprächspartner meint, daß im "Kontext von eigenständiger Regionalentwick- lung, weit bis zur Bundesforschungsanstalt für Raumordnung, dieser Begriff der Eigenständigkeit jetzt besetzt wird und gleichzeitig das ganz gut in den po- litischen Kontext ...ehhh paßt, Umbau des Sozialstaates. Also Verlagerung wieder von Verantwortung, so weit es geht wieder nach unten" (ebenda). Al- lerdings ist nach Auffassung dieses Experten "die Zeit reif noch mal, 'nen Schub in die Diskussion hineinzugeben und noch mal zu thematisieren, was heißt denn hier eigentlich Privatisierung. Was heißt denn hier eigentlich Rückzug des Staates [...] aus der Raumordnungsverantwortung?" (ebenda).

Der angesprochene Ansatz einer integrativen, alle Lebensbereiche umfassen- den Regionalentwicklung wird von seiten der Befragten auch für den Spessart thematisiert. Grob umrissen bewegen sich Vorstellungen einer Regionalent- wicklung im Spessart zwischen dem Anspruch, "eine wirtschaftlich gesunde Region zu bleiben auf der einen Seite und auf der anderen Seite diese Natur- landschaft auch als Lebenswert, als Wohnwert auch zu erhalten" (I 15, 189). Regionalentwicklung wird hier zwar integrativ, viele Bereiche umfassend be- trachtet, jedoch verständlicherweise aus politischer Sicht hauptsächlich auf die wirtschaftlichen Aspekte - vor allem Arbeitsplätze - bezogen. Bereiche wie Kultur, Natur, Soziales u.v.m. sind dabei gegebenenfalls entweder als restriktive oder permissive Faktoren einer als zentral eingestuften wirtschaftlichen Entwicklung bedeutsam. Ein Verwaltungsangestellter meint diesbezüglich, daß die Schwierigkeit darin liegt, "die Entwicklung noch am Laufen zu halten oder auch zu begrenzen" (ebenda), weil es sich hierbei um einen umstrittenen Ba- lanceakt handelt (vgl. ebenda). Ein anderer Politiker stellt die Bedeutung des wirtschaftlichen Bereichs heraus und gibt hinsichtich der Realisierbarkeit eines zwar wünschenswerten, aber institutionell kaum abgesicherten integrativen An- satzes der Regionalentwicklung gerade im grenzübergreifenden Zusammen- hang des Spessarts zu bedenken, daß "Bereiche, wie Kultur und so, da muß ja nichts passieren, da muß ja kein Gemeinderat eine Entscheidungszuständigkeit abgeben oder ein Stadtrat oder Wirtschaftsförderung abtreten an irgendeinen Zweckverband oder so irgendwas. Es geht letzten Endes um die Dinge, wo echt auf infrastrukturelle oder später von den Gewerbesteuereinnahmen, Lohn-, Einkommensteuereinnahmen durch die Ansiedlung von Wohnplätzen, es um Geld geht in den Gemeinden" (I 2, 18). Insofern zeichnet sich für eine mögliche Regionalentwicklung im Spessart - trotz oder gerade wegen der Lippenbe- kenntnisse der regionalen Entscheidungsträger diesbezüglich - genau jenes praktische Umsetzungsproblem ab, das auf die (noch) fehlende politisch-insti- tutionelle Machbarkeit von querschnitts-, vernetzungs- und integrationsorien- tierten Konzepten zurückzuführen ist.

Vor dem Hintergrund vorherrschender modernistisch-possibilistischer Regio- nalkonzepte (vgl. I 17, 222) gibt ein Interviewter zu bedenken, daß sich gerade im Zusammenhang eines gesamtökologischen Ansatzes von Regionalentwick- lung im Spessart "bei der Endlichkeit des Raums ja doch die Frage auch als Chance [bietet], man muß irgendwann mal sagen, so, bis hier hin und nicht weiter" (ebenda), denn es erscheint sinnvoll "neben den Arbeitsplätzen auch an andere Sachen zu denken, ne. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein" (I 17, 219). Dies ist sicherlich nicht mit einer Musealisierung der Region gleichzu- setzen, sondern zielt vielmehr auf eine gleichwertige Betrachtung lebenswichti- ger Funktionen im Rahmen einer angedachten regionalen Entwicklung ab. Laut dieses Gesprächspartners geht es bei der Diskussion um Regionalentwicklung und deren Umsetzung darum, "Ideologie und Realität [...] in Einklang zu bringen" (I 17, 218).

7.4.2. Regionale Wirtschaftsförderung

Von den meisten Befragten wird regionale Wirtschaftsförderung als Bestandteil von Regionalentwicklung eingestuft. "Insofern kann man Wirtschaftsförderung heute eigentlich nur noch unter dem Aspekt der Regionalentwicklung betrach- ten, jedenfalls, das einschränkend in ländlich geprägten Regionen" (I 13, 156). Das Problem traditioneller Wirtschaftsförderung wird von einem Experten darin gesehen, daß eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft es "aufgrund der Gesell- schaftersituation auch sehr schwierig hat zu agieren, weil dann natürlich auch die ganzen politischen Interessen in die GmbH eingeflossen sind und die sich in aller Regel doch darauf beschränkt haben, Gewerbe- und Ansiedlungspolitik zu betreiben bzw. Instrumente auf diesem Gebiet zu entwickeln, in dem Maße, wie die Kommunen in den einzelnen Konkurrenzsituationen [...] dies überhaupt zugelassen haben" (ebenda). Zudem sind Wirtschaftsverflechtungen nicht an Grenzziehungen von Landkreisen, d.h. an die Zuständigkeitsbereiche der Wirtschaftsförderungsgesellschaften gebunden (vgl. ebenda). Aus diesem Grund geht kommunale Wirtschaftsförderung in der traditionellen Or- ganisationsform und der angedeuteten Aufgabenstellung "doch weitestgehend an den Anforderungen vorbei, zumal die sich dann auch noch, in Anführungs- zeichen, als Konkurrenz zu den Kammern behaupten müssen" (I 13, 156). Es drängt sich daher eine neue, den veränderten Bedingungen angepaßte Form von regionaler Wirtschaftsförderung auf, die in einem breiteren Spektrum ange- legt ist, andere Dienstleistungsangebote und Aktivitäten sowie andere Organi- sationsstrukturen beinhaltet. Dabei muß auf jeden Fall auch die räumliche Ori- entierung über etwaige administrative Grenzziehungen hinausgehen. Es kommt vielmehr darauf an, Sensibilität für einen notwendigen regionalen Blickwinkel zu schaffen (vgl. ebenda). Daraus ergibt sich quasi analog zum Verständnis von Regionalentwicklung die Notwendigkeit eines räumlich integrativen, vernetzten Verständnisses von Wirtschaftsförderung.

Daß jedoch noch weitgehende Unklarheit darüber besteht, was diese mögliche neue und andere Form der Wirtschaftsförderung ausmacht, zeigt sich darin, daß "manchmal noch nicht mal der Mensch von der Kreissparkasse [versteht], wovon man spricht. Der meint immer, Wirtschaftsförderung ist direkte betriebliche Förderung [...], bei Unternehmern ist das auch so. Die meinen immer, Wirtschaftsförderung ist, wenn ich Geld kriege vom Staat" (I 19, 261).

Ungeachtet dessen ist es "so, daß sich natürlich die Schwerpunkte der Wirt- schaftsförderung verlagern, weg von den klassischen Aufgaben der Wirt- schaftsförderung, den drei Säulen, Ansiedlungswerbung, Bestandspflege und Existenzgründungsberatung, hin zu anderen Maßnahmen der Wirtschaftsförde- rung. [...] Ob sie nun an die Errichtung von Innovationszentren, Gewerbezen- tren denken, z.B. interkommunale Kooperationen bei Gewerbegebieten [...] ist auch ein wichtiger Bereich, der stärker zur Geltung kommen wird, der nicht un- bedingt Teil einer klassischen Wirtschaftsförderung ist" (I 8, 86ff.). Als neu können darüber hinaus Maßnahmen bezeichnet werden, die derzeit unter dem Stichwort Behördenmanagement (vgl. I 4, 45 und 48) bzw. Bürokratieberuhi- gung (vgl. I 20, 277) diskutiert werden. Es handelt sich hierbei grob um Hilfe- stellungen für Unternehmen, Behördenangelegenheiten und -verfahren zu vereinfachen oder zu beschleunigen. Eine weitere Aufgabe der Wirtschaftsför- derung wird darin gesehen, "auch Gelder, also Zuschüsse von der Europäi- schen Gemeinschaft oder von anderen Quellen für die Verbesserung von In- frastruktur zu kriegen" (I 2, 11), weil "langsam wird dieses Nicht-Vorhandensein von Fördertöpfen bei uns zu einem Stand... ganz eklatanten Standortnachteil" (I 10, 122). Neben diesen innovativen Maßnahmen der Wirtschaftsförderung wird einer "Betreuung der ortsansässigen Betriebe, d.h. Bestandsentwicklung" (I 4, 45), nach wie vor große Bedeutung beigemessen (vgl. auch I 19, 258). Ähnlich wie bei den Ansätzen integrativer Regionalentwicklung sind auch bei neuen, innovativen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen Defizite hinsichtlich der politisch-institutionellen Akzeptanz und Umsetzung zu verzeichnen. Ein Pro- blem ist "das Bemühen oder die Bereitschaft von Politikern, vielleicht eher in Neubau als in Werterhaltung [zu investieren]. Jeder Politiker eröffnet gern ein Schwimmbad [...] oder die neue Turnhalle oder das neue Verwaltungszentrum, als daß er sich hinstellt und sagt: 'wir haben in der Schule das Dach renoviert'. Weil das ist einfach keine Meldung" (I 4, 43). Dies würde bedeuten, daß Ent- scheidungsträger auch hier - aus persönlicher Sicht verständlicherweise - einer Sicherung der Wiederwahl, d.h. der Erhaltung der eigenen Macht- bzw. Kompe- tenzposition Priorität einräumen. Ein anderes Problem liegt nach Meinung eines Experten aus dem Bereich Wirtschaft z.B. darin, daß bislang zu wenig Anreiz zu kooperativem Verhalten besteht (vgl. I 6, 69). In eine ähnliche Richtung zielt die Aussage eines Experten der Wirtschaftsförderung: "Das hängt teilweise, ich will nedd sagen an Egoismen, sondern an dem, was auch die gesetzliche Situation festschreibt. Gemeinsame Gewerbegebiete würde dann tatsächlich auch bedeuten, daß dann die Planung es zuläßt, daß die benachbarte Gemeinde es zuläßt" (I 11, 139). Insofern liegen mögliche Hindernisse kooperativen Verhaltens in der Wirtschaftsförderung - ähnlich wie bei übergreifender Regionalentwicklung - zu einem Großteil in den gesetzlichen und institutionellen Rahmenbedingungen.

Wirtschaftsförderung wird für eine mögliche Region Spessart größtenteils auch unter dem o.g. Aspekt neuer Schwerpunkte und innovativer Vorgehensweisen thematisiert, wenngleich ein Tourismusexperte meint erkennen zu können, daß die Wirtschaftsförderung zuweilen immer noch "den ganz traditionellen Weg" geht, weil "der erste Entwurf zum Wirtschaftsförderungs... ehh... projekt hier im Main-Kinzig-Kreis den Fremdenverkehr komplett vergessen hat" (I 18, 237). Wie ein bayerischer Experte aus dem Bereich Wirtschaft mutmaßt, "setzt der Landkreis wohl immer noch sehr stark auf die Pflege des Bestandes und auf die Industriestruktur und die damit verbundenen Arbeitsplätze. Das zweite Standbein geht dann natürlich ein bißchen in Richtung Fremdenverkehr, im Spessart, es gibt ansonsten im Main-Spessart eigentlich keine nennenswerten Aktivitäten, die sich mal so ein bißchen mit dem Thema Umbau oder Umstruk- turierung beschäftigen. Aber Ansatzpunkte sind da schon dieses Telehaus, also Telearbeitsplätze" (I 20, 279). Insofern werden derzeit - zumindest im Main- Spessart-Kreis - Wirtschaftsförderungsmaßnahmen weitgehend an der beste- henden Wirtschaftsstruktur ausgerichtet und nur bedingt durch innovative An- sätze ergänzt.

Ein bayerischer Gesprächspartner merkt kritisch an, "daß es in unserem Kammerbezirk fast keine Wirtschaftsförderung gibt. Da gibt es nur einen einzigen und der sitzt bei der Stadt Aschaffenburg, sonst gibt es keinen Wirtschaftsförderer, insofern gibt es auch keine Zusammenarbeit, d.h. eine Wirtschaftsförderung, sofern es die überhaupt gibt, die wird ein bißchen von uns mitbetrieben. So ein bißchen von den Landräten und sonst gar nichts. Also das ist ein großes Manko, das aufgearbeitet werden muß" (I 6, 67).

Trotz dieses Mankos wird jedoch eine regional ausgerichtete, d.h. spessart- weite Wirtschaftsförderung gerade von Wirtschaftsexperten als nicht sinnvoll bzw. machbar erachtet (vgl. z.B. I 22, 304). So behauptet ein Gesprächspartner aus dem Main-Kinzig-Kreis, daß selbst, wenn es sinnvoll wäre, den Spessart als Region insgesamt darzustellen, "regionale Wirtschaftsförderung nicht bezogen werden kann auf den ganzen Spessart". [...] Ich sage, es geht nedd" (I 11, 133ff.). Dennoch findet derselbe Experte, daß man "mit Sicherheit in unse- rem Raum mit dem Pfund Spessart wuchern muß, in soweit, daß z.B. [...] der Gesamtraum mit seinen Möglichkeiten, die vorhanden sind, daß der dann, was Wirtschaftsförderung angeht, wuchern kann, aber dann nur für unseren Raum" (I 11, 134). Der Spessart als Region wäre demnach lediglich als weicher Standortfaktor im Rahmen einer je nach Landkreis ausgerichteten Wirtschafts- förderung von Bedeutung. Die Landkreisbezogenheit der Wirtschaftsförderung wird im Fall des Main-Kinzig-Kreises mit den verkehrsmäßigen Verflechtungen in Richtung Rhein-Main-Gebiet begründet. Gerade hinsichtlich Handel, Banken und Gewerbe wird die "Verkehrsachse nach Frankfurt hoch" als ausschlagge- bend betrachtet. "Da brauch' man nur mal in die Geschichte zu gehen, das ist des Reiches Straße" (ebenda). Ein Problem bei der Realisierung einer über- kommunal, d.h. regional ausgerichteten Wirtschaftsförderung liegt zusätzlich darin, daß "jeder Bürgermeister [...] ja auch gewisse Interessen [hat], auch Ge- werbe zu sich zu holen, weil daran hängt die Leistungsfähigkeit seiner Ge- meinde" (I 15, 193). Konkret äußert sich dieses Problem bereits bei der Moti- vierung von Städten und Gemeinden hinsichtlich der Teilnahme an einer zu gründenden Wirtschaftsförderungsgesellschaft (vgl. I 23, 317) auf Landkreis- ebene: "Das ist ein ungeheuer mühsames Geschäft, das hab' ich Ihnen vorhin schon im Ansatz schon mal gesacht, daß das schon bei der Frage Fremden- verkehr losgeht, weil jeder sagt, was hab' ich davon, wenn ich da was bezahlen muß" (I 11, 135).

Unabhängig von den organisatorischen Schwierigkeiten werden konkrete Pro- bleme einer Wirtschaftsförderung im Spessart darin gesehen, daß kaum eine Entwicklungschance besteht, "weil sie dort großflächig umzingelt sind mit Landschaftsschutzgebieten. Ein Riesenproblem für die Entwicklung im Spes- sart, denn der Spessart ist Landschaftsschutzgebiet, Naturpark, so daß all das, was unter den Landschaftsschutzverordnungen liegt, natürlich, was Wirt- schaftsentwicklung angeht, schon eine starke Bremse hat" (I 11, 134). In einer ähnlichen Weise sieht dies auch ein bayerischer Wirtschaftsexperte, weil "das Problem wird also sein, an der geeigneten Stelle mit der geeigneten Infrastruk- tur, also auch die Gewerbeflächen zu finden und dort dann auch immer den Ausgleich zwischen... ja, den Anforderungen Umweltschutz einerseits und Na- turschutz usw. und dem, was eben die Wirtschaft hier braucht" (I 20, 279) zu schaffen.

Die Ausgangsposition für eine Wirtschaftsförderung im Spessart stellt sich in groben Zügen folgendermaßen dar: "Wir im hessischen Bereich haben ja ei- gentlich mehr mit der Gastronomie, dem Fremdenverkehr zu tun. [...] Und es iss auch sicherlich jetzt nicht sehr sinnvoll, dort jetzt unbedingt Gewerbe, von Industrie mal ganz zu schweigen, Gewerbe hineinzubringen, ja. Es ist vielleicht unsere originärste Aufgabe die... die... die bestehenden Gastronomiebetriebe zu unterstützen und die Chance zu geben, sich entsprechend zu erweitern oder wie auch immer. Die brauchen dann ja auch die entsprechenden Flächen. Das iss also vielleicht unser... unser Schwerpunkt, während das in dem anderen, in dem bayerischen Teil mehr, vielleicht gewichtig mehr, das Gewerbe ist, ne. Das muß man vielleicht leicht unterscheiden" (I 22, 294). Möglicherweise müßte eine Wirtschaftsförderung im Spessart "halt schauen, das sogenannte endogene Potential auch zu fördern, potentielle Existenzgründer auch versuchen zu fördern in der Region, Bestandspflege auch zu betreiben und gerade in ländlichen Regionen auch zu versuchen, daß die Zahl der Pendler in den Rhein-Main-Raum nicht zunimmt, weil dadurch natürlich die Struktur, die wirt- schaftliche Struktur der Region nur noch weiter geschwächt wird" (I 8, 91).

7.5. Regionale Kooperation

Regionale Kooperation im Sinne einer überkommunalen und grenzübergreifen- den Zusammenarbeit hat für die Konstitution, Funktion und Intention von Re- gionen eine entscheidende Bedeutung. Hinsichtlich einer möglichen Region Spessart werden landkreis- und bundesländerübergreifende Kooperationen kritisch beurteilt, insofern, als eine Zusammenarbeit selbst zwischen Akteuren einer administrativen Einheit (z.B. eines Landkreises) bereits als schwierig ein- gestuft wird. Generell wird eine der Schwierigkeiten bei interkommunaler und regionaler Kooperation darin gesehen, daß "die Problematik der Separierung der einzelnen Interessen [...] ja ganz schlimm" (I 16, 200) ist. Jeder - so ein weiterer Experte - hat "eine andere Ausgangssituation und andere Interessen, ja, und die Überschneidung ist oft sehr gering" (I 10, 118). Wie ein anderer Ge- sprächspartner zu bedenken gibt, ist "das Entscheidende [...] doch zunächst einmal, wollen die Personen eine Kooperation? [...] Nur, der Regelfall ist also doch heute in den Kommunen so, daß also der politische Wille für Gemein- samkeit nicht da ist" (I 20, 275). Zudem besteht ein mögliches Problem darin, daß Kooperation bedeutet, "daß ich ...ehhhm einen Teil meiner Ressourcen auslagere" (I 14, 180), d.h. auch Kompetenzen und Aufgaben an Koopera- tionspartner abgebe. Insofern wird die Frage von Kooperation für die Beteiligten auch zu einer Frage reziproken Vertrauens und Nutzens. Ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft sieht im Kontext der Region Spessart, daß "hier noch sehr viel Missionarsarbeit zu leisten [ist], was also die Vereinigung der Kirchtürme betrifft" (I 20, 272). Ebenso bewertet dies ein bayerischer Politiker, und zwar insoweit als "so diese Kirchturmpolitik, sowohl von den Kommunen als auch von den Landkreisen" (I 10, 127) aufgebrochen werden muß. Daß ein solches Kirchtumsdenken nach wie vor besteht, zeigt folgende Äußerung: "Nur iss das nicht meine Aufgabe, kann's auch nicht sein, solang der Landkreis mich dafür bezahlt, daß ich für ...eehhh die Förderung des Fremdenverkehrs im Main- Spessart zuständig bin, kann nicht meine Aufgabe sein, Bad Orb mitzu- verkaufen" (I 3, 24). Administrative und institutionelle Vorgaben sowie Kompe- tenzzuteilungen scheinen sich hier als Haupthinderungsgründe von Koopera- tionsbemühungen abzuzeichnen. Möglichenfalls resultieren Probleme und Hemmnisse auch daraus, daß sich die Erkenntnis der Notwendigkeit von Ko- operationen "noch nicht so durchgesetzt hat" (I 8, 83). Zudem besteht nach Ansicht dieses Experten ein Profilierungsbedürfnis auf seiten der Landkreise (vgl. ebenda sowie Kap. 7.4.2.). Zwei Experten geben zu bedenken, daß "es wenig Ermutigung, auch im gesetzlichen Bereich ...ehhh zu kooperativem Ver- halten" (I 14, 184; vgl. auch I 6, 69) gibt. In diesem Zusammenhang ist auch der Gedanke zu sehen, daß regionale Kooperation bedeutet, "daß man wirklich auch über politische Grenzen hinweg unter Umständen einen regionalen Fi- nanzausgleich macht" (I 18, 248), so daß Aufwand und Entschädigung bei den beteiligten Kooperationspartnern in einem vernünftigem Verhältnis zueinander stehen. Dies würde jedoch einen umfassenden Eingriff in bestehende Verwal- tungs- und Finanzstrukturen der öffentlichen Hand bedingen. Unabhängig davon müßte auf seiten der potentiellen Kooperationspartner zu- nächst die prinzipielle Frage geklärt sein, "ob die Region nicht insgesamt stär- ker wird, auch wenn die Firma nicht bei mir [an]siedelt, sondern in der Nach- barstadt. Also da muß ich mir auch Gedanken darüber machen, ob ich eine Stärke dadurch kriege, daß ein regionaler, so ein regionales Cluster entsteht" (I 4, 47). Anders ausgedrückt "muß halt letztendlich die Not in bestimmten Berei- chen so groß sein, daß die entsprechenden Akteure sich verpflichtet fühlen, zusammenzuarbeiten mit anderen" (I 8, 85), d.h. daß Kooperationen hinsichtlich der Erhaltung politischer und wirtschaftlicher Handlungsfähigkeit unerläßlich werden. Ein Befragter sieht in diesem Kontext den "Umstand als Vorteil an, daß verschiedene Landkreise sehen, sie kommen letztendlich für ihren Landkreis auch nur weiter, wenn sie sehen, daß sie Synergieeffekte nutzen. Aber das ist ein langer Prozeß" (I 8, 84). Ein bayerischer Politiker gibt jedoch zu, daß "eine intensive Zusammenarbeit von Nöten [ist]. Da könnte man sich auch gegenseitig befruchten" (I 5, 53). Vor diesem Hintergrund scheint die Notwen- digkeit von regionaler Kooperation unumstritten, "weil ja erkannt ist, daß das in Zukunft oder zukunftsweisend auch grenzüberschreitend, wenn ich jetzt mal von Landesgrenzen spreche, nur geschehen kann... daß man auch da länder- übergeifend agieren muß" (I 22, 292). Ebenso ist ein Gesprächspartner aus dem Bereich Regionalentwicklung "der Meinung, daß man heute dieses Kirch- turmdenken... mit dem kommt man nedd weiter. Man muß übergreifend den- ken" (I 12, 147; vgl. auch I 10, 121).

Die angesprochene Notwendigkeit von regionalen Kooperationen ergibt sich al- lem Anschein nach auch daraus, daß "nur die Region als ganze marktfähig" (I 4, 40) ist. "Dinge, die mit einer gemeinsamen Marketingstrategie zusammen- hängen, z.B. ganz banal, daß man denkt, daß die Prospekte eben aus dieser Region stammen, daß man so etwas etabliert und daß man eben den Radweg auf der einen Karte nicht an der Kreisgrenze enden läßt" (I 1, 9), sind auch im Spessart konkrete Anknüpfungspunkte für notwendige grenzübergreifende Ko- operationen. Ein Politiker verdeutlicht eine zwingend erforderliche Kooperation auf dieser sehr konkreten Ebene damit, "daß die Fahrradwege, die wir haben, genau an der Grenze aufhören. Ein gutes Beispiel ist der Fahrradweg in Flörs- bachtal, und Sie wollen rüber fahren in den nächsten Ort Frammersbach, da hört der Radweg auf" (I 23, 311). Es macht von daher "sicher keinen Sinn, daß man versucht, in jedem Dörfchen dann etwas auszuweisen [...] das kann's nicht sein" (I 20, 280).

Diesbezüglich wird vor allem von Experten der Wirtschaft betont, daß Koope- rationen auch im Spessart bereits in bestimmten sinnvollen Bereichen projekt- bezogen stattfinden (vgl. I 22, 295 und 302). "Also solche Dinge passieren ja bereits, ne, also das iss... wir hamm' die Welt nicht begonnen mit Beginn des Spessart-Projektes" (I 22, 302). "Wo Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind, nutzen wir die schon seit Jahren" (I 22, 295). Ein Politiker meint sogar, daß man neue Kooperationsinstrumente nicht braucht. "Sie sind eigentlich alle da. Die Entscheidungsträger, um eine vernünftige Entwicklung zu steuern, gibt es schon" (I 2, 17). Ähnlich denkt auch ein Verwaltungsangestellter, daß es "ganz praktische Ansätze der Kooperation, im Bereich Fremdenverkehr zum Beispiel [gibt]. Da sind wir auf bayerischer Seite schon ziemlich weit. Wir haben da den Fremdenverkehrsgebietsausschuß Spessart-Main-Odenwald" (I 15, 186). Jener Fremdenverkehrsverband wird jedoch von anderen betroffenen Akteuren eher negativ beurteilt (vgl. z.B. I 10, 126; I 5, 53 oder I 3, 27).

Trotz der positiven Äußerungen hinsichtlich angeblich bestehender Koopera- tionen stellen sich die Landkreis- vor allem aber die Landesgrenzen als kaum zu überwindende Barrieren dar. Die meisten Gesprächspartner bemerken, "daß die Verwaltungsgrenzen eben doch ein unheimlich hohes Hindernis sind" (I 6, 64). Ein bayerischer Politiker gibt zu bedenken, daß "in verschiedenen Berei- chen große Probleme mit den Ländergrenzen" (I 5, 51) existieren. Im Bereich des ÖPNV - so dieser Gesprächspartner - ist die Realität gar so, daß da "die große Verbretterung stattfindet, der große Bretterzaun dort ist, wo man nicht durchkommt mit dem Omnibus" (I 5, 59ff.). In ähnlicher Weise gibt ein weiterer Experte zu bedenken, daß es vorkommen kann, "daß ein Bus dann kurz vor der Grenze kehrt macht und wieder zurückfährt, wo er vielleicht auf der anderen Seite noch ein Ort bedienen sollte und könnte" (I 22, 296). Ein Interviewpartner aus der Verwaltung ergänzt hierzu, "daß das mit den Grenzen gar nicht so absurd ist, [...] daß die gar nicht so nur in den Köpfen existieren, sondern daß mer mit denen auch konkret konfrontiert werden" (I 3, 30). Ein Gesprächs- partner aus Hessen weiß bezüglich grenzübergreifender Kooperationen zu berichten, daß "immer wieder das Bremsen aus München [...] oder Bremsen aus dieser Region, die das überhaupt noch nedd verstehen, mit Hessen an ei- nem Tisch zu sitzen" (I 23, 310). "Man tut sich hier sehr schwer. Das muß man ganz [...] deutlich sagen, weil die Unterschiede halt einfach auch zu groß sind" (I 10, 114). In eine ähnliche Richtung zielt auch die Meinung, daß es aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen "ein sehr langfristiger Prozeß" (I 11, 135) ist, über Landesgrenzen hinweg zu kooperieren. "Die denken nach München, die denken noch nedd über Wiesbaden" (ebenda). Die grenzüberschreitend bestehenden Differenzen sind nicht ohne weiteres aus dem Weg zu räumen. "Da sind Vorgaben zu beachten" (I 22, 300). Beispielsweise würde sich eine mög- liche Förderung im Rahmen des ländlichen Regionalprogramms des Landes Hessen lediglich auf hessische Gebietsteile beschränken (vgl. I 21, 286). Ein Befragter spricht sogar generell von einem typisch bayerisch-hessischen Ver- hältnis, wonach man sich kaum auf Gemeinsamkeiten wird einigen können (vgl. I 16, 202).

Vor allem von externen Gesprächspartnern wird betont, daß "wenn es an die Umsetzung geht, dann ist das eher hinderlich" (I 19, 259), über Grenzen hinweg zu kooperieren. Derselbe Interviewpartner "möchte ja auch gerne, daß man regionsübergreifend arbeiten kann, aber mich lehrt die Erfahrung, [...] das ist wirklich außerordentlich schwierig" (I 19, 269). In Ergänzung hierzu beurteilt ein Experte der Regionalentwicklung die Kooperation der drei am Biosphä- renreservat Rhön beteiligten Bundesländer (Bayern, Hessen, Thüringen) "ganz vorsichtig" als "weit unter dem Mindeststandard [...]. Die machen... alle drei Bundesländer machen, was sie wollen" (I 9, 95). Von daher werden grenzüber- greifende Kooperationen und Projekte gerade von Fachleuten aus der Praxis in ihrer Umsetzung als problematisch eingestuft.

Im Rahmen des Spessart-Projektes hat man dennoch "die Kooperation einfach mal angepackt, ohne jetzt dafür große Strukturen zu schaffen. Die Struktur heißt Spessart-Projekt im Moment. [...] Das heißt, es bindet auch keinen zu stark, man kann da einfach mal mitexperimentieren und sagen, gut, das hat's gebracht, da sind Möglichkeiten oder da sind Grenzen. Aber es sind im Moment noch keine neuen Strukturen aufgetan worden" (I 15, 187). Unabhängig von Schwierigkeiten oder eventuellen auch inhaltlichen Ausprägungen zukünftiger Kooperationen ist es "zumindest vom Ansatz her [...] schon ein Erfolg, daß da über die Landesgrenzen hinweg mal Leute überhaupt zusammengekommen sind und auch von den Ämtern Leute abgestellt wurden" (I 17, 224). Für einen Experten der Regionalentwicklung ist es nahezu unvorstellbar, über mehr als 18 Monate hinweg mit Kollegen und Experten aus Bayern in dieser Art zusam- mengearbeitet zu haben (vgl. I 16, 197).

Die Erwartungen, die von den Gesprächspartnern bezüglich regionaler Koope- rationen an das Spessart-Projekt gestellt werden, zielen darauf ab, zumindest "im Rahmen des Kongresses oder auch vielleicht darüber hinaus irgendwelche Gesprächsebenen" (I 15, 188) beizubehalten. Ferner könnte ein weiterer Schritt sein, "durch das Spessart-Projekt wirklich in konkreten Einzelfällen [festzustellen], wo man wirklich sieht, man hat hier gemeinsame Interessen, wo man sagen kann, jawoll, da wird wirklich auch zusammengearbeitet" (ebenda). Ein Politiker verspricht sich "von dem Projekt, daß da zumindest sehr stark kooperiert wird. Also man wird wahrscheinlich nicht integrieren können, daß das also eine Einheit wird. Das nicht" (I 5, 51). Der gleiche Experte denkt, daß thematische Schwerpunkte Ausgangspunkte für Kooperationen sein könnten. "Das wäre schon 'ne Möglichkeit, die zunächst mal genügen würde, und wenn man jedes Jahr einen anderen Schwerpunkt setzt, dann wächst das auch zu- sammen, ohne daß die jetzt ihre Eigenständigkeit aufgeben müssen und ohne daß Hessen Bedenken haben muß, die wandern nach Bayern ab" (I 5, 54). Ko- operationen werden demzufolge überwiegend als gemeinsame, regionale pro- blem- und projektbezogene Handlungen gesehen, die weiterhin die Unabhän- gigkeit und Eigenständigkeit der beteiligten Kooperationspartner gewährleisten sollten (vgl. I 15, 190). Als Themen für mögliche Kooperationen werden von den Befragten im Spessart dennoch die Bereiche ÖPNV, Fremdenver- kehrsvermarktung, Kultur, Ökologie und Müllentsorgung gesehen. Allerdings bestehen nur ansatzweise Vorstellungen über die Ausprägung und Durchfüh- rung von konkreten Kooperationsprojekten.

Von den Befragten aus dem Spessart werden jedoch Befürchtungen geäußert, die eine Fortführung von Kooperationen über die Arbeitskreise und den Spes- sart-Kongreß hinaus eher negativ beurteilen: "Wissen Sie, Leute, die nicht be- reit sind, innerhalb dieser kleinen Region zusammenzuarbeiten und eigene In- teressen mal zurückzustellen, glauben Sie, daß die bereit wären, mit dem feindlichen Hessen irgendwo was zusammen zu machen? Das ist gar nicht denkbar" (I 6, 67). Insofern scheinen die Ländergrenzen, damit auch die unter- schiedlichen Administrationen und Kompetenzzuordnungen, ein starkes Hemmnis hinsichtlich grenzübergreifender Zusammenarbeit im Spessart zu sein. So gibt ein Politiker zu bedenken, daß "wenn's an's Eingemachte geht. Dann wird sich herausstellen, daß eben die Solidarität einer Region vielleicht doch nicht so groß ist, wie wir uns das vorgestellt haben und daß eben [...] [der] sehr eigennützige, politische Machterhalt wohl wichtiger als die Zusam- menarbeit ist" (I 23, 322). Vergleichbar kritisch beurteilt dies auch ein baye- rischer Verwaltungsangestellter, denn "wenn's dann wirklich mal an's Einge- machte geht, wo der einzelne dann sagen muß, jawohl, das muß ich auch dafür opfern, dann ist die Frage, ob man dann wirklich auch in so einer engen Form auch zusammenarbeiten will" (I 15, 187). Eine mögliche Kooperation ist für die- sen Gesprächspartner nur in einer losen Form vorstellbar (vgl. ebenda). Laut eines Experten aus dem Bereich Tourismus können die bestehenden Koope- rationshemmnisse lediglich dadurch beseitigt werden, daß der öffentliche Dienst abgeschafft wird (vgl. I 18, 235).

7.6. Vernetzung und Kommunikation

Vor dem Hintergrund der im vorherigen Kapitel angeklungenen Kooperationshemmnisse auf überkommunaler bzw. regionaler Ebene werden auch im Spessart Möglichkeiten von Vernetzung und Kommunikation im Hinblick auf die Überwindung von Kooperationshemmnissen thematisiert.

Dabei scheinen Information und Kommunikation entscheidende Größen beim Aufbau kooperativer Strukturen zu sein. So verdeutlicht ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft den Stellenwert von Kommunikation damit, daß "wenn man mal gemeinsam über so ein Thema redet, ist selbstverständlich mal das in Fluß gekommen. Das kann auch nach sich ziehen, daß das irgendwo sich dann ent- sprechend auswirkt" (I 22, 295). Eine kommunikative Verständigung über be- stimmte Sachverhalte oder Problemlagen wird demnach zum eigentlichen Ausgangspunkt für mögliche kooperative Handlungen, Projekte und Problem- lösungen auf regionaler Ebene.

Hervorgehoben wird von vielen Gesprächspartnern die Relevanz von kommu- nikativem Austausch z.B. in Form von Gesprächen, runden Tischen oder auch Informationsveranstaltungen, an denen, z.B. nach dem Modell runder Tisch, vom CDU-Landrat bis zum BUND-Vorsitzenden und vom Unternehmer bis zu der Vertreterin selbstverwalteter Betriebe verschiedenste regionale Akteure beteiligt sein sollen (vgl. I 13, 158). So plädiert ein Experte der Regionalent- wicklung für einen "Austausch zwischen den Akteuren. Die am Tisch sitzen und miteinander reden und vielleicht einen Sinn dafür kriegen, also daß [das] was der Gewerkschaftler will, ja gar nicht so falsch ist und daß der Unternehmer ei- nen Blick dafür kriegt, daß der da vielleicht mitmachen könnte oder umgekehrt" (I 19, 262). Ein bayerischer Politiker meint, "es ist wichtig, daß das Gespräch zwischen den Unternehmensleitungen in der Industrie und im Gewerbe, also den Leuten, die Firmen führen auf der einen Seite und den Kommunal- und Landespolitikern auf der anderen Seite intensiviert wird" (I 2, 18). Bezogen auf einen regionalen Informationsaustausch und Wissenstransfer hält derselbe Gesprächspartner es für wichtig, daß ein Dialog zwischen den Professoren, der Studentenschaft und den Unternehmen in Gang kommt (vgl. I 2, 19). Nach An- sicht eines Experten aus dem Bereich Wirtschaft ist Miteinander-Reden, "und zwar, wenn es geht, auf einer neutralen Ebene" (I 6, 66) unerläßlich, um Kooperationsbarrieren abzubauen bzw. Kooperationen auf regionaler Ebene überhaupt erst zu initiieren. Nach Ansicht dieses Befragten ist jedoch "die Kultur des Miteinander-Redens so weit nicht verbreitet" (I 6, 70). Diese Befürchtung scheint sich auch im Spessart zu konkretisieren, da es gemeinsame Gespräche und Informationsaustausch auf Spessartebene "bisher zu wenig gegeben" (I 2, 13) hat. Auch ein Politiker aus Hessen meint dazu, "man hätte viel früher damit anfangen müssen, da gemeinsame Kontakte zu knüpfen" (I 23, 311).

Gleichwohl wird das Spessart-Projekt als konkrete regionale Kommunikations- und Informationsstruktur durchaus positiv bewertet, weil es sicherlich ermöglicht (hat), daß intensiver kommuniziert wird (vgl. I 7, 74). "Allein schon das Zu- sammenbringen dieser Fachleute hat ja schon in der Vorbereitung was ge- bracht" (I 15, 188). Bereits während des Spessart-Projektes sieht ein Experte aus der Wirtschaft die Bemühungen als fruchtbar an, weil man "wieder Leute kennengelernt [hat], die irgendwo interessant waren. Die Kontakte werden uns nicht viel weiterbringen in der Sache, haben uns aber, wenn Sie so wollen, in der Notwendigkeit bestärkt, diesen Gesprächsprozeß noch verstärkt voranzu- treiben, nicht nachzulassen darin, in den Bemühungen, die Leute an einen Tisch zu bekommen" (I 6, 72). Ein hessischer Verwaltungsangestellter sieht Vernetzung und Kommunikation im Rahmen des Spessart-Projektes so, daß einfach begonnen wurde, Gespräche zu führen, einzuladen, an diesem Projekt mitzuwirken, "in der Hoffnung, daß wir das wirklich so gestalten können, ein bayerisch-hessisches Spessart-Projekt. Es hat dann geklappt" (I 21, 284). Das Spessart-Projekt wäre somit als praktischer Vernetzungsansatz zu sehen, weil "man sich näher kommt und daß wir miteinander kommunizieren und uns mit- einander an einen Tisch setzen und über verschiedene Dinge reden" (I 7, 76). Auch ein Politiker denkt, "man sollte über ein solches Projekt auch austau- schen. Man sollte mehr wissen voneinander" (I 5, 52), sich in der Region ge- genseitig besser informieren (vgl. I 1, 2). Ein Experte der Regionalentwicklung meint daher, daß "eigentlich so ein Ideenpool oder so 'ne Art Projektebörse" (I 14, 178) auf regionaler Ebene eingerichtet werden sollte, die es auch ermögli- chen würde, "Lebenserfahrung zur Sprache [zu] bringen. Leute wieder [...] mit- einander ins Gespräch [zu] bringen, die eigentlich wenig miteinander zu tun haben" (I 14, 170). Also nicht nur auf der Ebene der Experten und Entschei- dungsträger, sondern auch hinsichtlich alltagsweltlicher Lebensvollzüge der Bewohner wird es als sinnvoll erachtet, Kommunikations- und Kooperations- hemmnisse aufzubrechen. Dies wird gegebenenfalls dadurch möglich, daß man Probleme und Sachverhalte überhaupt erst offen zur Sprache bringt (vgl. ebenda). Information und Kommunikation werden deshalb für das Zustande- kommen regionaler Kooperationen als unabdingbare Voraussetzungen erachtet.

Mögliche kommunikative Strukturen, die Informationsaustausch und Verständi- gung gewährleisten sollen, sind oftmals jedoch nur durch konkrete Vernetzun- gen vor Ort, d.h. in der Region aufzubauen. Um dabei die Integration möglichst vieler Meinungen und Personen zu bewerkstelligen, geht es in erster Linie - zumindest aus theoretischer Sicht - darum, einen "Querschnitt verschiedener Personen aus verschiedenen Bereichen" (I 13, 154) an möglichen Gesprächs- runden zu beteiligen. Ein Experte aus dem Bereich Regionalentwicklung denkt, daß es angebracht wäre, "erst mal Kommunikations- und Treffpunktstrukturen in der Region herzustellen, also Anlässe zu schaffen für Menschen, sich über die Perspektiven oder Zukünfte ihrer Region auseinanderzusetzen" (I 14, 162). Dies wäre bei dem Anspruch integrativer Regionalentwicklung sowohl auf Entscheidungsträger als auch auf Bewohner der Region zu beziehen. Ein an- derer Experte der Regionalentwicklung ergänzt hierzu, daß mit zunehmender Häufigkeit von Kontakten und Treffen bestehende Kooperationsbarrieren leichter aus dem Weg zu räumen sind (vgl. I 16, 198).

Wenngleich Vernetzungen auf quasi-informeller Ebene generell als sinnvoll erachtet werden, gibt ein Politiker zu bedenken, daß mit informellen Kontakten nur etwas erreicht werden kann, "solange keine Verordnungen, Verfügungen und Erlasse da sind" (I 23, 312). Insofern zeichnet sich auch oder gerade bei lockeren, quasi-informellen Vernetzungen die Problematik der Kompetenzzuordnung, Verbindlichkeit sowie der späteren Umsetzbarkeit von eventuell konsensual formulierten Zielen ab (vgl. auch Kap. 4.4.3.).

7.7. Bürgerbeteiligung

Im Kontext einer integrativen Regionalentwicklung im Spessart erhält auch der Aspekt der Bürgerbeteiligung eine gewisse Bedeutung, da "die Selbstbestim- mung jedes Menschen [...] ganz schlicht die Beteiligung schon an der Gestal- tung seiner Umwelt [fordert] und nicht die administrative, ja, Übertragung nach irgendwelchen von oben verordneten Zielen nach dem Motto, da kommt ein Siedlungsschwerpunkt hin" (I 17, 216). Ein Politiker merkt dabei selbstkritisch an: "Also wir Politiker machen ja den großen Fehler, daß wir denken, daß wir alles wissen, und wir sagen dem Bürger, was sie zu tun haben. Das haben wir solange gemacht, bis sie jetzt nicht mehr zur Wahl gehen" (I 23, 313). Deshalb ist dieser Gesprächspartner der Auffassung, daß man einer Region wie dem Spessart, d.h. ihren Bewohnern "also nicht da gerade etwas überstülpen [darf], sondern gerade eben, weil wir sehen, daß es einen bayerischen und hessischen Spessart gibt, auch nach dem Kongreß wird es die noch geben, da müssen wir wahrscheinlich sehr viel befragen" (I 23, 314). Thematisiert wird hiermit konkret die Einbeziehung und Beteiligung der Bewohner der Region - zumindest deren Vorstellungen und Interessen - in den angedachten Gestaltungsund Entwicklungsprozeß. Inwieweit dabei eine aktive Mitwirkung von Bürgern an dem Meinungsbildungs- und Gestaltungsprozeß tatsächlich ermöglicht werden kann und soll, ist weitgehend offen. Denn Bürgerbeteiligung als Begriff aus aus der Obrigkeitsplanung ordnet der Beteiligung der Betroffenen in diesem Sinn noch keine aktive Komponente zu (vgl. I 9, 103).

Ein Experte aus dem Bereich Tourismus würde die Frage von Bürgerbeteiligung hingegen "eher umdrehen, daß die Politiker da beteiligt werden, wo's notwendig ist, [...] aber da bitte rausbleiben sollten, wo 'se eigentlich nichts zu suchen haben" (I 18, 235). Somit eröffnet sich der basisdemokratische Anspruch der Einbeziehung betroffener Bewohner als weites Feld zwischen Bürger- und Politikerbeteiligung sowie als Frage der Bürgernähe von politischen Entscheidungen (vgl. z.B. I 18, 249ff.). In diesem Kontext ist auch die Äußerung zu sehen, daß man "mit dieser Bürgerbeteiligung eine Ebene [schafft], die neben der in unserer Verfassung dafür [...] vorgesehenen Ebene der kommuna- len [...] Selbstverwaltung läuft oder zumindest über die hinausgeht" (I 9, 103). Wenig überraschend erscheint daher die tendenzielle Auffassung der Interviewpartner, daß die Frage der Bürgerbeteiligung "ein schwieriges Feld" (I 15, 194) ist. Wenngleich Bürgerbeteiligung von den meisten Befragten als rich- tig und notwendig erachtet wird, so ist "die Frage, in welcher Form diese Bür- gerbeteiligung stattfinden soll" (ebenda).

Ein Experte der Regionalentwicklung denkt, "man müßte da sagen, das iss 'n Mitwirken der Bürger in dem Sinne, daß sie aktiv in den Prozeß eingebunden werden" (I 9, 103), obgleich sich dieser Befragte bewußt ist, daß man die breite Bevölkerung" nicht wird mobilisieren können (vgl. ebenda). Ähnlich sieht dies ein weiterer Interviewpartner, weil "es natürlich nahezu unvorstellbar ist, hier also auf dieser breiten Basis sich hier Bürgerbeteiligung vorzustellen" (I 13, 159). "Wenn ich wirklich ernsthaft die Leute beteiligen will, dann brauch' ich einen gigantischen Informationsaufwand" (I 15, 195). Ein anderer Befragter hält direkte Bürgerbeteiligung "auch nicht für besonders effektiv. Dann haben Sie einfach zu viele Bürgerinteressen, die dann eingreifen können" (I 8, 86). Selbst bei Themen, bei denen es sich anbieten würde, runde Tische einzurichten oder Nachbarschaftsgespräche, wäre eine breite Bürgerbeteiligung "organisatorisch eben nicht zu machen" (I 1, 5; vgl. auch I 8, 86). Von daher "kommt man nicht umhin, die Dinge einfach vorzubereiten. Es bringt oft nicht das Ergebnis, wenn ich sage, ich frag' jetzt mal so, man könnte ja mal so Zettel verteilen, wir haben also hier 500.000 Leute, ich verteil' mal 500.000 Zettel und frag' mal: was liegt Euch so am Herzen? Zack, da kriegen Sie, glaub' ich, kein Konzept zusammen" (I 15, 195). In diesem Sinn hält ein anderer Experte Bürgerbeteiligung "als allgemeines Postulat für falsch. Also es geht - denke ich - darum, die relevanten gesellschaftlichen Bereiche zu beteiligen [...], die Kooperationspartner an einen Tisch zu bringen, die für die Verwirklichung dieser Idee notwendig und wichtig sind, und das kann nicht in jedem Fall heißen, in der Weiterführung dieses Postulates, alle Bürger" (I 13, 159). Insofern wäre eine Bürgerbeteiligung auf breitester Basis, also einschließlich ausufernder Abwägungen und in Verfolgung des kleinsten gemeinsamen Nenners, der Tod eines jeden Projektes (vgl. ebenda). Unter dem Stichwort Bürgerbeteiligung wäre demnach eher eine selektive Mitwirkung einzelner Bürger oder Interessierter zu verstehen.

Bezogen auf Wirtschaftsförderung beispielsweise muß man - so ein Experte - "sicherlich auch als GmbH schauen, wer sitzt in den Gremien der GmbH, um letztlich auch effektive Wirtschaftsförderung betreiben zu können, und da ist es ein um's andere Mal auch schwierig, einzelne Bürger herauszugreifen, die jetzt dort in den Gremien sitzen und natürlich auch einzelne Interessen verfolgen" (I 8, 86). So sieht ein Experte der Regionalentwicklung Bürgerbeteiligung über- wiegend als "Beteiligung von regionalen Funktionsträgern, Multiplikatoren, Be- hördenvertretern, Unternehmen, Verbandsvertretern, Umweltgruppen usw. Es ist natürlich eine Selektion, ganz klar. Ich meine, man muß sich dann entspre- chende Methoden ausdenken, um das Ganze noch weiter nach unten zu krie- gen sozusagen, aber da sind natürlich auch nur, aus Kapazitätsgründen, weni- ge Veranstaltungen möglich" (I 1, 5). Deshalb erscheint es gerade im Hinblick auf eine zeitlich und finanziell angemessene Durchführbarkeit sinnvoll, Sach- kompetenz aus der Region zusammenzuholen, beispielsweise in der Art, daß "man nicht nur Bürgerinnen und Bürger [hat], sondern auch Leute, die eine gewisse Position innehaben oder auch einen gewissen Inhalt vertreten in einer Region. Die sind natürlich auch Bürger" (I 19, 260). Die Aufarbeitung von The- men und Problemen, z.B. mit Hilfe dieser sog. "regionalen Sachkompetenz", kann dabei die Grundlage für eine breitere Bürgerbeteiligung sein, da man aufgearbeitete Themen leichter zur Abstimmung geben kann (vgl. I 15, 195) bzw. den Betroffenen dadurch überhaupt erst verdeutlichen kann, was Gegen- stand der Verhandlung ist. So ist auch nachfolgende Aussage eines Politikers zu verstehen: "Man muß ja irgendwann ja erst einmal anfangen, was erarbeiten und mit dem, was man dann erarbeitet hat, dann in die Dörfer hinausgehen" (I 23, 314). Für eine solche Vorgehensweise spricht auch die Auffassung eines Experten aus dem Bereich Wirtschaft, der das Bedürfnis des Bürgers nach aktiver Beteiligung bzw. Mitwirkung "nur in Ausnahmefällen" (I 22, 299) sieht. Daher wird es als wenig sinnvoll erachtet, "jetzt aufzustehen und zu sagen: 'Ihr müßt da alle mitarbeiten, und wenn Ihr nicht mitarbeitet, geht das Heil an Euch vorbei', das möchte ich nicht machen. Ich bin kein Missionar, wenn er will, kann er mitarbeiten, aber ich gehe zu niemandem hin und sag': 'Du mußt jetzt mitar- beiten, und wenn Du nicht mitmachst, passiert dies und jenes'" (I 7, 79). Wenn jedoch Bürger sich interessieren und mitarbeiten wollen, so sollten ihnen - nach Ansicht dieses Experten - die entsprechenden Mitwirkungsmöglichkeiten einge- räumt werden (vgl. ebenda). Denn wenn mitwirkungswillige, aktive Bürger "überhaupt kein Forum haben, auf dem sie agieren können und sich artikulieren können, wenn ich nicht wenigstens methodische [...] Rahmenbedingungen schaffe und sage, wir bilden jetzt mal Arbeitskreise, wo jemand hingehen kann" (I 9, 103), dann wird die Einbindung von Bürgern in regionale Prozesse und Projekte vorab bereits ausgeschlossen.

Bei der vielzitierten Politikverdrossenheit und Gleichgültigkeit von seiten der Bürger (vgl. I 23, 313ff.) stellt sich darüber hinaus die Frage, ob und wie über- haupt Interesse und Mitwirkungsbereitschaft an regionalen Initiativen - wie z.B. dem Spessart-Projekt - erreicht werden kann. "Wie erreicht man diese Leute, daß auch deren, man könnte durchaus sagen Lebenserfahrung, da sich ein- binden läßt in eine positive Gestaltung ihrer Umwelt" (I 17, 222)? In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, etwas anzubieten, "damit man die Leute interessiert, auch für... für sachliche Dinge da interessiert oder da in irgend'ner Weise ...ehhh da aufschließt sozusagen, was den Leuten unbewußt war" (I 17, 218). Dies könnte entweder über ganz konkrete Projekte vor Ort erreicht wer- den, die eigentlich Beteiligung herausfordern (vgl. I 17, 219) oder dadurch, daß "man Leute einfach mal so provoziert" (I 17, 221) und zu einer konkreten Stel- lungnahme, Interessenformulierung oder auch Betroffenheitsbekundung ermun- tert (vgl. I 17, 219 und 221). Ein Experte der Regionalentwicklung plädiert generell für "sehr viel bessere Mitwirkungsmöglichkeiten für den Bürger und sehr viel mehr Angebote und Einladungen und ...ehhh Zugänge auch für die Leute. Wenn ich weiß, daß meine Meinung gefragt ist, dann... dann werd' ich sie auch abwägen. Wenn ich sowieso nichts ändern kann, werd' ich motzen und sagen: 'Also die da, iss doch klar, daß die das so machen'" (I 14, 183). In dieser Hinsicht hängen Interesse und Beteiligung der Bürger von den greifbaren Ergebnissen der tatsächlichen Mitwirkung ab, d.h. "die Beteiligten müssen auch'n eigenes Interesse an der Durchführung dieses Projektes oder an dem Erfolg des Projektes haben, was logischerweise auch bedeutet, daß sie sich in dem Ergebnis des Projektes wiederfinden müssen" (I 9, 94). Es darf nicht so sein wie in einigen Verfahren, wo "Leute zusammengekommen sind, sich den Kopf zerbrochen haben, Ideen geboren haben. Das wurde dann zusammenge- faßt, es gab 'n Bericht, und dann wurde der irgendwie abgegeben und irgendwo wurde entschieden, dafür ist Geld da, und dafür ist kein Geld da. Die Leute kamen sich schlicht und ergreifend benutzt vor. Das machen die einmal und dann kann man's vergessen" (I 14, 175ff.). Aus diesem Grund gilt es als unab- dingbar, daß "Entscheidungskriterien auch offengelegt werden" (I 15, 194) müssen. Eine ernstzunehmende Bürgerbeteiligung ist daher "ohne Mandatklä- rung oder Auftragsklärung" (I 14, 184) kaum denkbar. Bürgerbeteiligung ist in diesem Kontext gegebenenfalls auch mit einer allgemeinen Attraktivitätssteige- rung von möglichen politischen Mandaten zu diskutieren (vgl. I 14, 176).

Ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft hält es hinsichtlich der Aktivierung von Interesse seitens der Bürger hingegen für ausreichend, "einfach die Regeln der Öffentlichkeitsarbeit [zu] beachten. Also wenn Sie heute im öffentlichen Leben tätig sind, dann wissen Sie, wenn Sie etwas bekannt machen müssen, daß Sie ganz bestimmte Regeln einhalten müssen, d.h. Sie müssen eine Ereignispla- nung machen, d.h. die Ereignisse dürfen nicht zu sehr konzentriert sein, nicht gehäuft auftreten, sie müssen in kleineren Dosen verabreicht werden, sie müs- sen auf die Spitze gebracht werden, also sie müssen die Leute interessieren" (I 6, 71).

Die praktische Umsetzung von Bürgerbeteiligung zeigt sich bereits im Rahmen des Spessart-Projektes als Problematik der Integration regionaler Erfahrungs- welten von Leuten in der Region (vgl. I 14, 169). Trotz einer integrativen Aus- richtung des Spessart-Projektes als regional verankerte Initiative und nicht als "klassisches Instrument der bisherigen Regionalplanung" (I 15, 185) bezweifelt ein Politiker, ob tatsächlich der sog. "einfache Bürger" im Rahmen des Spes- sart-Kongresses zu aktivieren ist (vgl. I 23, 314). Wie sich in den Äußerungen der Experten andeutet, kann eine Interessenartikulation und Beteiligung der Bürger von Beginn an nicht erwartet werden, da Anstöße in Form von Themen, Inhalten und Projekten zunächst vorgegeben werden müssen. Dies sollte im Spessart durch das Spessart-Projekt und den Kongreß erreicht werden. Ein hessischer Experte sieht bezugnehmend auf den Spessart konkret noch kein Potential für eine gemeinsame, möglichenfalls grenzübergreifende Mitwir- kungsbereitschaft auf seiten der Bewohner, denn "wenn erst diejenigen, die also jetzt politisch verantwortlich sind, in welchem Rahmen auch immer, mal auf die Idee kommen, wir machen mal sowas. Das ist nach unten noch gar nedd da, zu Recht auch, das ist die Entwicklung, was haben denn die Leute mit der anderen Seite zu tun? Gar nix" (I 11, 138). In diesem Sinn wird ein mögliches Bürgerinteresse an einer Region Spessart vorab bereits in Frage gestellt und Bürgerbeteiligung allenfalls nach einer vorangegangenen Aufarbeitung entsprechender Themen in Betracht gezogen.

7.8. Kompetenz, Organisation und Implementierung des Regionalen

Einer der wichtigsten Aspekte hinsichtlich Umsetzung und Realisierung der in den vorangegangenen Kapiteln diskutierten Faktoren regionaler Gestaltung und Entwicklung liegt in der Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls wie das Regionale - hier im Sinne einer grenzübergreifenden Region Spessart als problem- und projektbezogene Handlungsebene - organisiert und implementiert werden kann oder soll. Die Frage nach der generellen Machbarkeit der Region dreht sich vor allem darum, wieviel und welche (politische) Kompetenz man bereit ist, der regionalen Ebene - d.h. Regionen wie dem Spessart - einzugestehen. Geht man von der allgemeinen Gültigkeit der Annahme aus, daß Regionen sich aufgrund eines Bedarfs an neuen flexiblen Regulationsme- chanismen formieren (vgl. stellvertretend für die wissenschaftlich-theoretische Sicht z.B. KRUSE 1990 und für die Praxis I 18, 234), so ist gleichsam zu ver- muten, daß bestehende Regulationsweisen nicht (mehr) in der Lage sind, den gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden (vgl. z.B. I 14, 163). Im Zusammenhang vielfältiger Bemü- hungen um eine Umstrukturierung der öffentlichen Hand z.B. durch Behörden- management, Bürokratieberuhigung, Lean-Management, Public-Private-Part- nership etc. - also vor dem Hintergrund der privatwirtschaftlich organisierten Bewältigung öffentlicher Aufgaben - stellt sich folgende Frage: "Was ist eigent- lich die hoheitliche Aufgabe der Verwaltung, die auch in Zukunft gemacht wer- den muß, die auch notwendig ist? Und was ist etwas, das draußen besser ge- macht werden kann?" (I 4, 43). Es geht - so ein Tourismusexperte - darum, "daß die Verwaltung in den Bereichen tätig wird, die ja sehr eng begrenzte Fel- der eigentlich sind, da wo sie wirklich [...] Hoheitsrechte vertreten oder Ho- heitsakte vollziehen" (I 18, 236) muß, was nicht grundsätzlich bedeuten soll, "daß Behörden langsamer oder schlechter sind oder unwilliger" (I 20, 274). Es geht lediglich darum, die Verwaltung auf die unbedingt nötigen Handlungsbe- reiche zu beschränken. Verstärkt wird jene Diskussion dadurch, daß sich vor allem die finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte, insbesondere der Landeshaushalte dramatisch zugespitzt hat (vgl. I 13, 155), "sie wird noch schlechter werden, als sie ohnehin schon ist. Damit werden Arbeitszusammen- hänge unter einer zunehmend enger werdenden Schere stehen, und die Frage, ob und in welchem Umfang diese zurückgehenden öffentlichen Fördermittel durch private Gelder ersetzt werden können, wird sicherlich sehr zentral sein" (ebenda). Diese Problematik wird durch die Aussage eines bayerischen Politi- kers bestätigt, dessen Behörde "auch viele Dinge im Privatisierungsbereich gemacht [hat], auch mit GmbHs, mit den Krankenhäusern, iss natürlich [...] fast schon [...] eine Modeerscheinung. Das läuft, man meint, man kann irgendwo 'ne GmbH gründen, wenn man nicht mehr weiterkommt, die muß das dann er- ledigen" (I 10, 117; vgl. auch I 4, 43ff.). Vor diesem Hintergrund wird der Diskurs um Region möglichenfalls zur Frage der Entscheidung zwischen einerseits der politisch-institutionellen Akzeptanz als Koordinationsebene im bestehenden öffentlich-administrativen System und andererseits der Privatisierung, d.h. Ex- ternalisierung sich administrativer Zuordnung entziehender regionaler Anliegen. Gegenwärtig scheint sich eine Entwicklung dahingehend abzuzeichnen, daß die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von öffentlicher und privater Hand gerade in bezug auf regionale Themen erkannt (vgl. I 8, 85) und gewollt ist, jedoch die öffentliche Hand aufgrund der politischen Verantwortung noch mitreden (vgl. I 23, 319) möchte.

Es wird also im Kontext der Erhaltung oder Schaffung von Handlungsfähigkeit und der Frage nach möglichen Kompetenzverschiebungen darum gehen müs- sen, die sich aus einer offensichtlichen Notwendigkeit heraus formierenden Regionen auf eine Art und Weise zu organisieren und gegebenenfalls zu im- plementieren, daß anstehende Probleme und Aufgaben sowohl im Sinne des Gemeinwohls, d.h. in politischer Verantwortung des Staates i.w.S. als auch in einem - den aktuellen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Er- fordernissen - organisatorisch und finanziell angepaßten Rahmen gelöst werden können. So beurteilt dies auch ein Befragter aus dem Bereich Wirtschaft, denn es "nützt also die beste Wirtschaftsförderungsgesellschaft, egal, ob das der gemeinnützige Verein ist, ob das die GmbH oder sonst was ist, nichts, wenn Akteure aus der Kommunalpolitik den Willen für die Gemeinsamkeit nicht haben, also wenn dann die GmbH also nur ein Mantel ist, um irgend etwas zu verdecken oder die Plattform, um dann also die Diskussion, ich weiß nicht um was, zu führen" (I 20, 275). Ein anderer Interviewpartner sieht eben jenes Pro- blem bei der Gründung einer Wirtschaftsförderungs-GmbH im Main-Kinzig- Kreis, weil das, "was hier geschieht, ist nichts anderes als ein Alibi. Also jeder, der eine Verpflichtung hätte etwas zu tun in Sachen Wirtschaftsförderung, der gründet den Laden mit, weil er sagt, 'ja gut, da müssen die das dann machen, und ich brauch' mich da nicht mehr drum zu kümmern'. Im Grunde ist aber nie- mand mehr bereit, diesen Leuten dann ein ernsthaftes Instrument in die Hand zu geben, das dann auch in den eigenen Beritt Einschnitte machen würde" (I 6, 67). Was sich hierin andeutet, ist die Erkenntnis, daß eine Um- bzw. Neuorga- nisation der öffentlichen Hand und deren Aufgaben - unter den Modebegriffen "Regionalisierung" oder "Region" - kaum ohne eine Re-Definition von Kompe- tenzen innerhalb oder im Umfeld bestehender Regulationsmechanismen voll- ziehbar ist.

Diese Problematik scheint sich auch bei den Bemühungen um eine Region Spessart zu konkretisieren, insofern als im Organisationskomitee des Spessart- Projektes "sehr fähige Leute drinne [sitzen], in ihrem bestimmten Bereich, ne, ob das jetzt der Naturschutz ist oder was weiß ich, sitzen irgendwelche Kompe- tenzen, die... ehhh schon wissen von was 'se reden, aber damit ist die Sache noch lange nicht entschieden. Das Problem ist, daß uns der Rückhalt fehlt" (I 3, 38).

7.8.1. Regionale Kompetenz

Gerade vor dem Hintergrund eines fehlenden politischen Rückhaltes für regio- nale Ansätze "muß man sehen, daß die Entscheidungsgremien die Region abbilden, in der Region müssen die Entscheidungen für die Region getroffen werden, und zwar von den Gremien, die im Moment noch die Kompetenz dafür haben, anders geht es nicht" (I 19, 259). In Anlehnung daran sieht ein Experte der Regionalentwicklung die Notwendigkeit einer Verlagerung der Entschei- dungsebene in die Region (vgl. I 9, 99). Es geht also darum, "wenn man wirklich Überlegungen anstellt, auch regionalentwicklerisch miteinander zu kooperieren, [...] auch natürlich ein Stück weit Kompetenz ab[zu]treten. Das muß man ja sehen, also, es nützt ja nichts zu sagen, wir haben ein Riesenwillen zur Zu- sammenarbeit" (I 15, 187). Nach Ansicht eines bayerischen Politikers liegt die Schwierigkeit, über regionale Kooperationsbekundungen hinauszukommen oder gar regionale Beschlüsse oder Leitlinien umzusetzen, jedoch in "den politischen Strukturen. Die können sich die tollsten Leitlinien dort formulieren, die müssen dann ja dann irgendwo abgesichert werden in den politischen Gremien und das heißt, in den Kreistagen, in den Stadträten, bei den kreisfreien Städten. Und da wird's schon schwierig werden, denn es ist ja kein Mandat da für irgendeine Institution" (I 10, 118). Derselbe Gesprächspartner gibt weiter zu bedenken, daß selbst bei der erkannten Notwendigkeit einer wie auch immer gearteten regionalen Einrichtung diese "erstmal im luftleeren Raum" schwebt und Schwierigkeiten haben wird, "sich da entsprechend durchzusetzen, und sie muß sich ihre Legitimation eigentlich immer erst dann wieder in den [...] zuständigen Entscheidungsgremien holen. Das heißt ganz konkret, wenn hier Leitlinien verabschiedet werden, dann ist das nicht der Status-Quo, wo man sagt: 'So, jetzt setzen wir uns übermorgen wieder zusammen und setzen die um', sondern dann muß doch jeder erstmal wieder in seine Kreistage gehen und muß das da diskutieren" (ebenda). In den Worten eines Experten der Regionalentwicklung äußert sich hierin die "Politikvorstellung, man muß das in den klassischen Strukturen machen, sonst funktioniert das nicht" (I 14, 183). "Aber sich da mal reinzudenken, also das iss natürlich grad für Menschen, die so aus dem Bereich der Administration oder Institutionen kommen, 'ne total heiße Sache, ne. Das erscheint denen dann alles sehr ungeordnet" (I 14, 182). Derselbe Experte veranschaulicht die Problematik damit, daß beispielsweise die Einbeziehung von Projekt- und Arbeitsgruppen in die gemeindebezogene Entscheidungs- und Willensbildung momentan "eher als ein störendes Manöver empfunden [wird]. Der Bürgermeister ärgert sich, wenn Ideen an ihn heran- getragen werden... weil die Idee nicht von ihm gekommen ist" (I 14, 176). Somit ist das entscheidende Hindernis bezüglich der Umsetzung von Regionalent- wicklung, daß Projekten und Methoden im regionalen Bereich eine Verankerung "im politischen Denken oder in politischen Strukturen" (I 14, 183) fehlt.

Von den befragten Entscheidungsträgern werden daher auch für den Spessart kaum neue Strukturen thematisiert, obgleich sich andeutet, daß regionale An- liegen nur unter größten Anstrengungen - wenn überhaupt - im Rahmen der bestehenden Administrationen und Entscheidungsgremien bearbeitet oder gar umgesetzt werden können. Aus diesem Grund ist es derzeit möglicherweise sinnvoller, "wenn jeder seinen Ermessensspielraum ausnutzen würde" (I 6, 69), sozusagen im Sinne einer Nutzung von "schmalen Pfaden im Dickicht" beste- hender Entscheidungsstrukturen. Langfristig gesehen müßten die zuständigen Stellen allerdings "dann einfach auch bereit sein, ein Stückchen staatliche Souveränität den Gemeinden oder auch anderen Leuten zurückzugeben, das ist der Punkt, wenn Sie da nicht weiterkommen, dann hilft alles weitere nicht weiter" (ebenda).

Die Einrichtung eines regionalen Instrumentariums wird im Spessart dennoch für nicht angebracht und realisierbar gehalten, weil es sehr schwierig ist, "jetzt da noch mal irgendwo zwischendrin ...ehhh 'ne weitere Ebene einzufügen, die auch wirklich Kompetenzen hat" (I 10, 118). So ist ein bayerischer Politiker der festen Überzeugung, daß "ein großräumiges Instrument [...], das die Abtretung von eigenen Entscheidungsbefugnissen an eine neue Gesellschaft in irgend- einer Form zum Ziel hätte" (I 2, 13), weder auf hessischer noch auf bayerischer Seite - somit auch nicht in grenzübergreifender Ausrichtung - zustande kommen wird. Derselbe Gesprächspartner führt in diesem Kontext die Diskussion um eine Institutionalisierung des Rhein-Main-Forums an, "wo auch die hessischen Kommunalpolitiker nicht bereit sind, an ein großräumiges Instrument, wie z.B. den Regionalverband oder wer immer das ist, eigene Entscheidungs- kompetenzen abzutreten, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil die Kollegen letzten Endes nicht wissen, wie sich ein solches Instrument verselbständigt und was mal draus wird. [...] Aus dem Grund bin ich überzeugt, daß sich da für die überschaubare Zeit wohl kein neues Instrument etablieren wird" (ebenda; vgl. auch I 5, 54).

Ein Experte aus dem Bereich Tourismus ist der Meinung, daß es in der Dis- kussion um die Schaffung einer neuen regionalen Ebene um Macht geht (vgl. I 18, 250). Ein anderer Gesprächspartner beurteilt dies ähnlich und sieht die Schwierigkeit bei der Etablierung eines regionalen Instrumentariums darin, daß damit "wieder irgendwelche Machtbereiche in Frage gestellt [sind], und die, die Macht haben, werden sich natürlich hüten, gegen ihre eigenen Machtbereiche zu stimmen" (I 3, 31). Ein Experte der Wirtschaft meint gar, man habe "Systeme aufgebaut, die doch mehr oder weniger unverletzlich und unangreifbar sind, also wenn Sie solche Dinge heute grundsätzlich ändern wollen und dann eben dazu Mehrheiten brauchen, [...] das wird schwierig sein, also da etwas zu ändern und das dann natürlich auch vor Ort in diese Verflechtungen und in diese Verfilzungen, um es bösartig zu sagen, einzubringen" (I 20, 274). Noch kritischer wird die Lage von einem Tourismusexperten eingeschätzt, denn der Bürgermeister "hat den Hebel in der Hand. Den gibt der auch nicht aus der Hand, das... da opponiert auch keine Partei gegen, weil die ja auch mal drankommen könnten [...] und das gleiche Machtinstrument haben. Da sind die sich alle einig" (I 18, 252). Von diesem Befragten wird selbst die Möglichkeit einer Umsetzung bzw. Berücksichtigung regionaler Interessen - regional hier im Sinne einer grenzübergreifenden Region Spessart - im Rahmen der beste- henden Regionalplanung als ebenso unwahrscheinlich eingeschätzt, denn "die sind viel zu sehr abhängig von ihren Häuptlingen da. Das ist Quatsch, die sind da in ihrem Denken drin, denn haben 'se da ihre Schriften, und die sind fertig, und die lassen sich da auch nicht mehr groß in ihren Konzepten rumfummeln" (I 18, 248).

7.8.2. Organisation des Regionalen

Von einem Experten wird die kritische Frage gestellt, "ob wir nicht für diese Regionalentwicklung überorganisiert sind" (I 9, 93) und deshalb die Schaffung eines zusätzlichen regionalen Instrumentariums lediglich einem Mehr an Verwaltung - so wird dies von den meisten Befragten wahrgenommen (vgl. z.B. I 22, 301) - gleichkommen würde. Ein weiterer Experte der Regionalentwicklung meint, daß man neben den Kreisverwaltungen noch eine weitere Stelle in einer etwas flexibleren Form einrichten könnte, sich jedoch vorsehen muß, "daß man die Regionalentwicklung nicht überinstitutionalisiert" (I 19, 268). Insofern wird die Berücksichtigung regionaler Anliegen in Form einer speziell dafür zuständi- gen Einrichtung für sinnvoll erachtet, gleichsam jedoch vor dem Hintergrund unklarer Kompetenzen und überbordender Verwaltungsstrukturen sicherlich als kritisch beurteilt, vor allem dann, wenn neue regionale Instrumentarien an be- stehende Verwaltungen angegliedert werden (sollen) (vgl. Kap. 7.8.4.).

Unter den derzeitigen Bedingungen wird hinsichtlich der Möglichkeit einer Um- setzung regionaler Interessen das "Thema Gesetzesabbau" (I 20, 274), d.h. Verringerung der Regelungsdichte sowie Bürokratieberuhigung, als vorrangig eingestuft (vgl. I 6, 69). Denn "neue Organisationsformen alleine reichen nicht aus" (I 11, 132; vgl. auch I 8, 90). Aufgrund der Schwierigkeiten mit neuen Or- ganisationsformen sieht ein Experte der Wirtschaft deshalb die Notwendigkeit, "auf lange Sicht ab[zu]specken" (I 6, 69) und "auch vielleicht Instrumentarien [zu] schaffen, um solche Zusammenschlüsse zu fördern. Also, diejenigen, die zusammengehen, müßten einen Vorteil haben davon" (ebenda). Es wird hier konkret die Dringlichkeit sowie Möglichkeit der Förderung regionaler, koopera- tiver Projekte im Rahmen bestehender Strukturen - z.B. "indem man die Geset- ze aufweicht" (I 18, 238) - thematisiert. An diesem Punkt wäre "dann wirklich die Verwaltung gefordert, nämlich um Gesetze zu vereinfachen und auf das notwendige Maß zu reduzieren" (I 18, 237), so daß kooperatives Handeln - wenn nötig auch über Kreis- und Ländergrenzen hinweg - möglich wird. In die- ser Richtung meint ein anderer Gesprächspartner, daß es hinsichtlich der Be- rücksichtigung des Regionalen nur eine Lösung geben kann, "wenn man [...] dort vielleicht auch Mittel findet, um bestimmmte Gesetze und Verordnungen flexibel auch zu handhaben" (I 8, 90).

Ein mögliches Problem liegt jedoch darin, daß die verantwortlichen Entschei- dungsträger in den Administrationen bei der Debatte um Regionalisierung "nicht an Vereinbarung von Gemeinde A bis B oder Landkreis A bis D [denken], sondern die denken immer gleich in Institutionen so à la Umlandverband. Das wird es nicht geben, das können Sie vergessen. Aber solange die so von den Gedanken nicht abgehen, da wird sich nichts tun" (I 6, 73). Diese Einstellung offenbart sich ansatzweise in der folgenden Äußerung eines Verwaltungsan- gestellten: "Man muß zunächst mal davon ausgehen, was besteht, was ist da, und da kann man zunächst mal nedd dran vorbei, daß jeder in einer gewissen Planungsregion lebt und dort auch gewisse Abläufe sind" (I 15, 187). Ein Experte der Regionalentwicklung hält es ungeachtet aller Schwierigkeiten für zweckmäßig "mal so 'ne offenere Form von ...ehhh Entwicklungsplanung [zu] machen, wo wir mal einfach Leute zusammenholen und mit denen auch offen beraten" (I 14, 183). Ein Gesprächspartner aus dem Bereich Wirtschafts- förderung hält die Diskussion um Organisationsformen hingegen für zweitran- gig. Viel wichtiger ist - seiner Ansicht nach - die Formulierung gemeinsamer Ziele. Danach "kann man sich über die Organisationsform streiten" (I 11, 140).

7.8.3. Institutionalisierung des Regionalen im Spessart

Die Frage, ob "man so ein bayerisches-hessisches Spessart-Projekt institutio- nalisieren [kann] und wie, ist ungelöst, ist sicherlich 'ne Sache, die auch sehr kompliziert sein wird, weil auf bayerischer Seite nicht die gleichen Strukturen einer regionalen Förderung existieren wie in Hessen. Es gibt zwar von bayeri- scher Seite sehr wohl Anerkennung und auch Aussagen darüber, daß man ei- nen weiteren Schritt, eine weitere gutachterliche oder irgendwie geartete Sache vielleicht irgendwie unterstützen wird, es gibt z. Zt. aber keine Absprachen zwischen den Projektträgern, die in Richtung gehen könnten, zu sagen, daß wir beispielsweise, was weiß ich, ab Januar sich irgendein Entwicklungsverein Spessart e.V. oder sowas gründet, das gibt's nicht" (I 21, 287). Mithin kreist die Frage nach Kompetenz und Organisation des Regionalen im Spessart "wieder um diese Sache der Fortführung, es müßte halt beständig institutionalisiert werden, ne. Das iss ja immer noch ein Problem. Das läuft sich ja oft tot, wenn da nicht irgendwas Neues ist" (I 17, 219). So fürchtet ein Spessart-Kenner, "daß das Projekt... ehhh sein Ende findet, wenn der Kongreß vorbei ist, weil die Teilnehmer da alle institutionell gebunden sind" (I 17, 220). Insofern bestätigt diese Befürchtung das Dilemma zwischen der Notwendigkeit einer regionalen Koordinationsstelle und den Schwierigkeiten hinsichtlich der Akzeptanz und Realisierbarkeit einer solchen Einrichtung gerade im Kontext bestehender Kompetenz- und Administrationsstrukturen. Dies unterstreicht auch die Äuße- rung eines Gesprächspartners aus der Verwaltung: "Die Stelle ist sicherlich aus meiner Sicht sehr wünschenswert, nur ich ... ich seh' keinen Erfolg für diese Stelle. Die würd' sich die Zähne ausbeißen [...] ich kann mir nicht vorstellen, daß auch so eine Stelle da irgendwas bewirken kann" (I 3, 36).

Ein Experte der Regionalentwicklung hält es für entscheidend, "daß es sowas wie eine initiierende, koordinierende, moderierende Einrichtung gibt, die ein Stück [...] Kontinuität, Verläßlichkeit, Kompetenzen darstellt" (I 13, 160). Ähnlich sieht dies auch ein bayerischer Politiker für den Spessart. Denn sollte es "zumindest in Ansätzen gelingen, [...] Ziele zu formulieren [...], dann brauchen wir natürlich irgendwo eine Stelle, die diesen Prozeß am Laufen hält. Wie man die auch immer nennt, ob das ein Moderationsbüro iss oder 'ne andere Institu- tion, ja, ein Regionalparlament, vielleicht in Anführungszeichen, oder sonst was" (I 10, 123). Derselbe Politiker gibt gleichzeitig zu bedenken, daß es indes noch keine "exakt formulierten Vorstellungen" bezüglich einer solchen Stelle gibt und daß es "blauäugig" wäre, "wenn man meint, ich weiß nicht, ob solche Vorstellungen da sind, ab und zu hört man 'se mal zwischen den Zeilen hervor, man kann jetzt hier so'n, ich sag' mal, Spessart-Forum gründen, so'ne Art Spessartparlament, in dem also die Landkreise da drinsitzen. Das bringt meiner Meinung nach überhaupt nichts. Das wär' auch zu kurz gesprungen. Dann hätte man halt noch 'ne Institution mehr, die im Endeffekt nichts zu sagen hat" (I 10, 117). Dieser Aussage schließt sich ein weiterer bayerischer Politiker an, der die Gründung eines neuen Büros mit "Geschäftsführer, der dann 5 Leute unter sich hat, die sich dann wieder vermehren" (I 5, 55) nicht für sinnvoll hält, "weil das würde auch den Apparat sehr viel schwerfälliger machen" (ebenda). Bezogen auf mögliche Konsequenzen aus dem Spessart-Kongreß wäre das "Schlimmste, was uns passieren könnte, wenn herauskommen würde, wir... wir brauchen einen Riesenapparat. Ich sag's mal übertrieben. [...] Neue Hierar- chien, neue Institutionen. Also das... würd' ich sagen, das wird wohl auch von kaum einem mitgetragen werden. Das wollen wir nicht, [...] das können wir uns auch nicht erlauben" (I 10, 124).

Von Experten der Wirtschaft wird dies ähnlich beurteilt. So ist für einen Inter- viewpartner "die Frage [...] auch immer die, also versuche ich hier künstlich, neue Einheiten und Abgrenzungen zu schaffen? Da frage ich mich dann, muß das sein?" (I 20, 275). Entsprechend äußert sich auch ein hessischer Experte: "Nöö, das halt' ich nicht für richtig. Zusätzliche Stellen schaffen für Dinge, von denen man nicht so ganz genau weiß, was sie tun sollen ...ehhh halt' ich für völlig verkehrt. Wir brauchen ja grad ...ehh geringe Verwaltungen und Freiheit der Bürger, sich zu entfalten. Also, wenn Initiativen aus dem Bereich des Spes- sart kommen, dann muß man die zwar unterstützen, aber wir hamm' Admini- strationen genug" (I 22, 301). In Fortführung dieses Gedankens sollte man - so dieser Experte - "nicht ...ehhhh sich jetzt unter dem Druck fühlen, zu sagen, jetzt hamm' wir dieses Projekt, und jetzt muß danach auch dies und jenes und ein Drittes passieren, Geld ausgegeben werden für Sachen, die vielleicht völlig blödsinnig sind, nur weil es eben eine Erfolgsmeldung zu diesem Projekt noch geben muß" (ebenda). "Also das würde ich unter dem Gesichtspunkt, nix Neues an Administration, irgendwo aufsatteln... ehhhh... eigentlich als nicht sehr sinnvoll betrachten, [...] ... bringt nichts, neee. Bringt nix. Iss nur ... sind Kosten" (I 22, 304). Für die Mehrheit der Befragten ist es deshalb nur schwer vorstellbar, daß eine regionale Stelle im Spessart eingerichtet wird (vgl. z.B. I 15, 192 oder I 21, 286ff.).

Bezüglich einer zum Interviewzeitpunkt möglichen, inzwischen aber vollzogenen, Weiterführung des Spessart-Projektes im Rahmen des ländlichen Regionalprogramms im hessischen Teil des Spessarts, begegnet ein Verwaltungsangestellter der "Funktionalisierung des Projektes rein in die Interessen des Amtes für Regionalentwicklung, äh, was durchaus denkbar wäre, äh, also mit einer gewissen Vorsicht" (I 21, 656-660).

7.8.4. Lösung: Intermediäre Organisation?

Bei der Organisation und Implementierung des Regionalen sieht ein Befragter den Ansatz momentan eher darin, "den gesellschaftlichen Bereich zu stärken, und diese ganzen politischen Gremien sind natürlich wichtig, also sind elemen- tarer Bestandteil von föderalistisch oder demokratisch verfaßtem Staatswesen. Nur sie unterliegen eben relativ harten formalen Regeln, und das wird vielleicht auch der Regionalentwicklung nicht immer gerecht" (I 1, 6). Infolgedessen wird "eine Institution, die unabhängig von solchen formalen Zuständigkeiten ist, ei- gentlich für notwendig" (I 13, 160) gehalten. Eine solche regionale Einrichtung wird allerdings "nur machbar sein, das macht ihre Schwierigkeit auch aus, wenn es ihr gelingt, einerseits unabhängig zu sein, aber gleichzeitig - sagen wir mal - einen relativ guten Draht zu allen Agenten in der Region aufzubauen und zu erhalten, mit Agenten meine ich die Handelnden in der Region, die auch Zuständigkeit entsprechend auch zu tragen haben und letztendlich die Dinge auch umsetzen, ääh... wenn dies nicht gelingt, ist das mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt" (I 13, 157). Gerade was eine Zusammenarbeit mit bestehenden Administrationen und Institutionen angeht, müßte eine wie hier beschriebene regionale Einrichtung durch "dieses ständige gebetsmühlenartige Eindringen in Verwaltung und andere Teile" (I 16, 201) versuchen, eine gewisse Akzeptanz, wenn nicht Kooperationsbereitschaft auf seiten der vorhandenen Institutionen zu wecken. In diesem Kontext wird ein möglicher regionaler Zusammenschluß auf organisatorischer Ebene generell nur auf freiwilliger Basis als machbar eingeschätzt (vgl. I 1, 6; I 6, 68).

Eine regionales Instrumentarium müßte "sich sozusagen um Nischen kümmern, also jedenfalls nicht in gewollter Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen agieren, sei das nun von der IHK über die Wirtschaftsförderung zum Amt für Regionalentwicklung und anderen, nicht in Konkurrenz dazu, sondern in den Bereichen, die aus unterschiedlichen Gründen - Kompetenz, Ressourcen oder welchen auch immer - von anderen nicht bearbeitet werden, und insofern geht es in aller Regel eigentlich um innovative Dinge, also um die Realisierung von Ideen" (I 13, 158). Bei den erwähnten Nischen handelt es sich quasi um inter- mediäre, regionale Themenfelder und Bereiche, "die staatlich oder in den klassischen Institutionen nicht mehr bewältigt werden können" (I 14, 163), d.h. sich der Zuständigkeit und Kapazität bestehender Strukturen entziehen. Eine intermediäre Organsiation auf regionaler Ebene "wär' also keine... keine starre Struktur, das iss richtig, [...] es wäre nur eine organisatorische Einheit" (I 18, 251), deren Aufgabe es sein könnte, "quasi über politische Grenzen hinweg Region zu bilden" (I 18, 255). Im Sinne einer "Nicht-Behörde" wäre diese re- gionale Einrichtung keine Zusatzverwaltung, sondern ein Puffer bzw. Moderator zwischen den Betroffenen, d.h. im Extremfall dem Bürger und den zuständigen Verwaltungseinheiten, also den Ämtern oder übergeordneten Behörden (vgl. I 18, 250ff. sowie Abb. 18).

Die Aussagen der Interviewten - vor allem der Experten aus dem Bereich Re- gionalentwicklung - deuten auf die Notwendigkeit einer regionalen Koordina- tionsstelle hin, die gegebenenfalls vermittelnd zwischen Staat, Markt und priva- ten Haushalten, also intermediär ausgerichtet und tätig wäre. Eine der Haupt- aufgaben einer solchen regionalen Einrichtung könnte sein, für bestimmte (regionale) Anliegen Vernetzungen und Kooperationsstrukturen aufzubauen bzw. zu vermitteln. Beispielsweise "kann nicht der Bürgermeister direkt an die Nachbargemeinde herantreten, weil das dann sofort auf der zu hohen Ebene ist, sondern er wird natürlich erstmal sagen: Wir haben ein Konzept ...ehhh der Mülleinsparung. Mit wem könnten wir denn da kooperieren" (I 14, 163)? In die- sem konkreten Fall wäre eine regionale Stelle damit befaßt, das Anliegen des Bürgermeisters auf Realisierbarkeit hin zu prüfen, potentielle Kooperations- partner ausfindig zu machen, sowie gegebenenfalls erste Schritte hinsichtlich der Umsetzung einzuleiten und zu begleiten. In diesem Sinn wäre es Funktion einer regionalen Einrichtung "gleichzeitig als Nebenbedingung aus[zuhandeln], daß die Planung angelegt werden soll, ja, wie's so schön heißt, als kommuni- kativer Prozeß" (I 14, 165), so daß die Integration unterschiedlicher Meinungen und Interessen nicht von Beginn an ausgeschlossen wird. Des weiteren wären gerade hinsichtlich eines integrativen Ansatzes von Regionalentwicklung zu- sätzlich methodische Hilfestellungen zu geben, und zwar unter dem Stichwort "Wie plane ich denn jetzt eigentlich die Planung?" (ebenda).

Neben der generell vermittelnden und vernetzenden Tätigkeit - hier in erster Linie zwischen den verschiedenen Akteuren und Interessen - wären auch Initiierung, Beratung und Koordination von Projekten und Maßnahmen mögliche Aufgaben einer regionalen intermediären Organisation (vgl. Abb. 18).

Abb. 18: Regionale intermediäre Organisation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an KNIELING 1995, 124 (eigene Gestaltung, V.S.)

Es geht also gerade vor dem Hintergrund der "Realisierung von Ideen" und dem Anspruch integrativer und (grenz)übergreifender Regionalentwicklung darum, nicht "der staatlichen Willensbildung nahestehenden oder verhafteten Einrichtungen" ein Mehr an Bedeutung zuzuordnen, sondern "ein Beratungs- und Gesprächsangebot [zu] institutionalisieren, das verschiedene Gruppen zu- sammenbringen kann" (I 14, 163; vgl. auch I 17, 225) und somit eventuell dazu beiträgt, die Bürgernähe von Entscheidungen und Entwicklungen wiederher- zustellen. Ein Experte aus dem Bereich Tourismus erachtet gerade aufgrund der Problematik einer Abgehobenheit politischer Entscheidungen eine inter- mediär und regional angesiedelte organisatorische Einheit für notwendig. Denn "wenn Sie also heute hier jemanden brauchen, weil irgendein Tennisplatz sich verlagern will um 100 Meter in die Richtung, sag' ich jetzt mal, dann müssen Stellen angesprochen werden in Darmstadt, die keine Ahnung von dem Ort ha- ben. Da reden Sie mit Leuten wie mit 'nem Blinden über die Farbe." (I 18, 249ff.). Aus diesem Grund müßte eine regionale Koordinationsstelle - so ein Experte der Regionalentwicklung - "schon unten an der Basis angewachsen sein und nicht bei Behörden" (I 16, 199).

Trotz der generellen Bedenken gegenüber neuen Institutionen und Administra- tionen sowie der Befürchtung um Macht- bzw. Kompetenzverlust kristallisiert sich auch im Spessart sehr wohl die Notwendigkeit einer intermediären Koor- dinationsstelle heraus, vor allem dann, wenn tatsächlich grenzübergreifende, integrative Entwicklungsprojekte und -maßnahmen durchgeführt werden sollen.

7.9. Über Ziele einer Region Spessart

Die bereits weiter oben angesprochene "Nicht-Rationalisierung" von Vorstel- lungen und Interessen der befragten Akteure äußert sich durch die Interviews in nur vage bzw. ansatzweise formulierten Zielen bezüglich einer Region Spes- sart. Ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft meint sogar, daß es "bei vielen Leuten im weiten Feld immer noch nicht gelungen [ist] zu sagen, 'was will man überhaupt mit diesem Spessart-Projekt'" (I 6, 70) und einer Region Spessart? Dennoch sind einige der interviewten Experten in der Lage, ihre Zielvorstellun- gen bezüglich Spessart-Projekt und Region Spessart zu konkretisieren. So denkt ein Experte, daß es Ziel sein muß, "letztlich im Interesse des Ganzen und vor allen Dingen auch im Interesse einer vernünftigen regionalen und wirt- schaftlichen Entwicklung, so viel wie möglich an Gemeinsamkeiten dort herauszuholen" (I 20, 274) und "zumindest wegzukommen, also von dem Ge- ruch Armenhaus" (I 20, 281). Ein Politiker sieht allgemeine Entwicklungsziele im wirtschaftlichen Bereich, der Kultur, Natur sowie im Fremdenverkehr (vgl. I 23, 320). Ein weiterer Politiker ist der Meinung, daß Region Spessart "unter dem Ziel, wirklich mehr Lebensqualität für die Bürger des Spessarts, die Bewohner des Spessarts" (I 10, 125) zu sehen ist. Mögliche Entwicklungsziele werden dabei hauptsächlich unter zwei Aspekten gesehen, nämlich im Kontext der Plazierung des Spessarts im Ballungsraum Rhein-Main sowie im Span- nungsfeld von Konservierung und Wachstum. In diesem Zusammenhang meint ein Spessart-Kenner jedoch, daß es nicht bloß darum gehen kann, "an irgend- welchen Scheinidyllen fest[zu]halten, sondern [zu] sagen, 'da ist ein Stück Le- bensqualität. Das läßt sich formulieren, [...] das möchten wir erhalten und nicht dem Zugriff anderer preisgeben'" (I 17, 218). Mögliche Entwicklungsziele sollten daher gegebenfalls berücksichtigen, "daß es da noch etwas anderes gibt außer der reinen Verwertbarkeit" (I 17, 215) des Spessarts als Region.

7.9.1. Eigenständigkeit oder Abhängigkeit vom Ballungsraum Rhein- Main

Bei der Formierung und Entwicklung einer Region Spessart als Teil des Rhein- Main-Ballungsraumes (vgl. I 15, 190; I 10, 115) kommt es - so die Meinung vieler Gesprächstpartner - darauf an, einen Teil der Dynamik des Rhein-Main- Gebietes auf den Spessart zu übertragen (vgl. I 10, 115). Gleichzeitig muß es jedoch - so ein bayerischer Verwaltungsangestellter - darum gehen, "daß wir unser Gesicht irgendwo behalten, daß wir trotz der Verflechtungen noch ein eigenes Gesicht haben im Spessart selber. Wir haben auch eigene Bedürf- nisse, die sind nedd deckungsgleich mit Frankfurt" (I 15, 190). Es geht also darum, einen Kooperationsweg mit anderen Räumen, insbesondere dem Rhein-Main-Gebiet offenzuhalten, gleichzeitig aber ein eigenes Konzept zu entwerfen" (vgl. I 15, 190). Insofern müßte Region Spessart als "eine Art Ge- gengewicht oder Eigengewicht [...] in dieser ganzen Rhein-Main-Diskussion" (I 2, 11) fungieren, so daß man mögliche Interessen "gegenüber dem Rhein-Main- Raum oder Rhein-Main-Gebiet stärker ...ehh artikulieren" (I 10, 117) kann. Ziel müßte es demnach sein, "ein gewisses Maß an Eigenständigkeit für diesen Raum [Spessart] zu bewahren und nicht Planungsmasse für Frankfurt zu werden" (I 15, 186). Eigenständigkeit ist in diesem Zusammenhang eher als Eigen- bzw. Gegengewicht im Rahmen der Zugehörigkeit zum Rhein-Main- Gebiet zu interpretieren (vgl. auch Kap. 7.2.), weil angezeigt ist, "Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, kooperieren so weit es geht, aber auch dort, wo wir denken, es ist wichtig noch einen eigenen Akzent zu setzen, da dann auch Handlungsspielraum zu bewahren" (I 15, 186). Gleichsam wäre es sinnvoll, "bewußter als bislang, Teil des Rhein-Main-Gebietes zu sein und die Chancen, die sich daraus ergeben, stärker zu nutzen" (I 6, 71), denn im "Rhein-Main- Gebiet, da spielt die Musik eigentlich, und da müssen wir versuchen, daß wir da 'ne Querverbindung hinkriegen" (I 10, 119). Ein befragter Politiker sieht die Möglichkeit der Einbindung einer Region Spessart "in diese große Chance Rhein-Main" (I 23, 310) jedoch nur, wenn es gelingt, mit Bayern über etwaige Eitelkeiten und Egoismen hinweg zusammenzuarbeiten (vgl. ebenda). Jedoch kann eine ausschließliche, d.h. einseitige Ausrichtung an die Anforderungen des Rhein-Main-Gebietes auch nicht die Lösung sein (I 3, 25ff.).

Weiter konkretisiert wäre der Spessart gut beraten - so ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft - die Position als weicher Standortfaktor für Rhein-Main be- wußter als bisher einzusetzen. Dies allerdings "nicht in dem Sinne, also, daß man jetzt die Landschaft übernutzt, aber, ich sag' mal, der Landrat [...] sagt immer, man muß die Braut schmücken, also mit den Pfunden muß man wu- chern" (I 6, 65). Dabei ist von der gerade im bayerischen Spessart weit verbrei- teten Einstellung, daß man nicht die "Vesperbank des Raumes Frankfurt" sein möchte, abzurücken (vgl. I 6, 71). Ein bayerischer Politiker meint konträr dazu, daß man im Spessart aufpassen muß, "daß das sich nicht noch weiter ausbrei- tet. Denn wir sind schon am Wochenende [...] vereinnahmt schon in verschie- denen Bereichen" (I 5, 61).

Von einem Experten der Regionalentwicklung wird die Chance einer Region Spessart in einem "ohne Verlust der eigenen Identität ...ehhh geprägten Leitbild als ballungsraumnahe Naherholungs- und Naturregion" (I 9, 109) gesehen. Bei einer derart ausgerichteten Entwicklung wäre - laut dieses Experten - jedoch ein großer ökologischer Anteil zu berücksichtigen (vgl. ebenda). Im Rahmen eines solchen Leitbildes wäre es gegebenenfalls sinnvoll, die "beiden Schwerpunkte, Erhaltung der Identität und der Wertigkeit als Ressource" in den Vordergrund zu rücken, "um auch zu bestimmen, wie stark man überrollt wird" (ebenda).

7.9.2. Entwicklung im Spannungsfeld von Konservierung und Wachstum

Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion einer Plazierung oder gar In- Wertsetzung des Spessarts innerhalb des Rhein-Main-Gebietes, stellt sich die zentrale Frage, wieviel Wachstum bzw. Konservierung nötig und sinnvoll ist. Nach Ansicht eines bayerischen Verwaltungsangestellten befindet sich der Spessart in einer Zwangslage zwischen dem ungebrochenen Siedlungsdruck aus dem Kern des Rhein-Main-Gebietes und dem Bedürfnis, die vorhandene Natur- bzw. Kulturlandschaft zu erhalten (vgl. I 15, 194). Ein bayerischer Politi- ker konkretisiert die Problematik folgendermaßen: "Will man möglichst viele neue Bürger und neue Betriebe in die jetzigen Gemeinden hereinholen oder neigt man eher dazu, zu bremsen bei der Ausdehnung der jetzigen Siedlungen? Das ist vielleicht die zentrale Frage überhaupt. Was will man? Will man, daß sozusagen alles zusammenwächst und die Freiräume zwischen den Ge- meinden immer kleiner werden und das ganz bewußt weiter fördern? Oder will man mehr auf den Bedarf der eigenen Bevölkerung abstellen, natürlich auch der nachwachsenden jungen Generation, damit die vernünftig wohnen können und arbeiten können?" (I 2, 14). Nach Meinung dieses Experten muß man sich entscheiden, inwieweit Zuzug von außen, d.h. primär aus dem Rhein-Main- Gebiet gewünscht (vgl. I 2, 15) ist und ob man überhaupt einen Verbrauch von Landschaft für die Ansiedlung neuer Unternehmen und den Siedlungsausbau in Kauf nehmen will (vgl. I 2, 14). "In gewissem Umfang wird man das sicherlich müssen, einfach um qualifizierte Arbeitsplätze auch anbieten zu können, um die Steuern zu sichern" (ebenda), dennoch sollte man "nicht offensiv werben für den Landverbrauch, sondern mit Augenmaß überlegen, was wir für unsere derzeitigen Bedürfnisse unserer hier schon angesiedelten Bevölkerung brau- chen" (I 2, 15ff.). Ein anderer Gesprächspartner gibt zu bedenken, daß, wenn keine Arbeitplätze geschaffen werden können, "die Pendlerei gewaltig zuneh- men wird. Wir werden Verhältnisse bekommen wie vor 30, 40, 50 Jahren, weil die Leute sonst keine Arbeitsplätze finden" (I 6, 68). Deshalb wird die Meinung vertreten, daß man "schon den Gemeinden auch ...ehhh Chancen geben [muß], ihre Entwicklung, auch in wirtschaftlicher Hinsicht ...ehhh voranzubringen" (I 22, 293), also "daß das örtliche Gewerbe die Möglichkeit zur Entwicklung bekommt, das Handwerk, kleinere Fabriken und sowas" (ebenda).

Bezüglich des möglichen Ausbaus von Siedlungsfunktionen im Spessart stellt sich ein Spessart-Kenner die provokante Frage, ob es sich nicht bereits um eine beginnende Wohnvorortbildung im Sinne neuer Schleifstädte handelt (vgl. I 17, 227) bzw. zukünftig um einen Alterswohnsitz à la "Mallorca im Spessart" bzw. "Sun City" (vgl. ebenda) handeln könnte. Vor dem Hintergrund zuneh- menden Flächenverbrauchs gibt dieser Experte zu bedenken, daß es gegebe- nenfalls angebracht wäre, einer beliebigen Ausweitung des Großraums Frank- furt Einhalt zu gebieten und bestimmte Areale im Spessart freizuhalten (I 17, 222).

Ein Experte aus dem Bereich Wirtschaft sieht Aufgabe und Ziel darin, "in die- sem Landschaftsschutzgebiet Spessart soviel Entwicklungsspielraum zu lassen, daß er nicht zum Zoo wird für Menschen" (I 6, 70). Ähnlich meint ein bayerischer Verwaltungsangestellter, daß die Menschen im Spessart "also nedd nur den Naturpark bewachen" (I 15, 196) wollen bzw. sollten. So ist auch einem bayerischen Politiker die bloße Konservierung einfach zu wenig (vgl. I 10, 115). Nach Auffassung dieses Befragten muß man eine Entwicklungsoption finden, die weitestgehend die landschaftliche Schönheit des Spessarts erhält und trotzdem eine sehr dynamische Entwicklung ermöglicht (vgl. ebenda). Dies soll jedoch nicht bedeuten, daß der Spessart "zubetoniert" (I 10, 16) oder "platt gemacht" (I 6, 70) werden soll, sondern daß man unter Berücksichtigung der weichen Standortfaktoren (vgl. ebenda) eine gleichsam ökologisch verträgliche und wirtschaftlich tragfähige, auf die regionalspezifischen Probleme des Spes- sarts zugeschnittene Entwicklung vollzieht. Es geht also darum, "so die tradi- tionellen Werte, die der Spessart hat, was man so traditionell mit dem Spessart verbindet, [...] Lebensfreude, hohe Lebensqualität, weiß der Teufel was alles, ja, Ökologie, intakte Natur und so weiter und so fort, klares Wasser" (I 10, 125) zu erhalten, gleichzeitig aber den Bürgern auch eine Entwicklungsmöglichkeit aufzuzeigen und zu "sagen: Es rentiert sich, Ihr könnt hier bleiben, auch wenn Ihr nicht unbedingt jetzt als Kellner oder Hotelier arbeiten wollt. Es gibt hier auch wirklich umweltverträgliche Entwicklungsmöglichkeiten oder umweltscho- nende, sag' ich mal, Entwicklungsmöglichkeiten, daß man hier auch wirklich High-Tech-Arbeitsplätze ...ehh schaffen können" (ebenda). Ein anderer Politiker bemerkt in ähnlicher Weise, "es wäre schrecklich, wenn wir meinen, wir müßten uns in der Region Spessart oder im Bereich Wirtschaftsförderung... wenn wir uns vorstellen, daß wir von Siemens ein Zweigwerk mit soundsoviel Tausend Mitarbeitern kriegen, das kann nicht Region Spessart sein, das kann nicht die Vision sein, sondern es muß eine ganz andere Wirtschaftsstruktur sein, es muß eine verträgliche Wirtschaftsstruktur sein, aber der Spessart wird nicht lebhaft sein nur durch Fremdenverkehr. Er wird nicht lebhaft sein, nur daß wir die Biber dort angesiedelt haben. Er wird nicht lebhaft sein, daß wir also irgendwelche Flüsse re-naturieren, er wird nicht lebhaft sein, wenn wir gleichzeitig die Kultur vergessen und wenn wir Wirtschaftsförderung vergessen, aber es muß eine andere Wirtschaftsförderung sein" (I 23, 320). Ein weiterer Politiker denkt ebenso, man sollte "nicht darauf abzielen, sozusagen, Großkonzerne hier herzubekommen, sondern eine möglichst breitgefächerte, nach Branchen breitgefächerte Wirtschaftsstruktur zu erhalten und sie natürlich auch umzustel- len auf die Erfordernisse einer neuen Zeit" (I 2, 19).

7.9.3. Konkretisierung der Entwicklungsoptionen

Die von den Interviewten benannten Entwicklungsziele oder -optionen beziehen sich vornehmlich auf einen Ausgleich von Ökologie und Ökonomie bzw. eine ökologisch akzeptable wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen einer Region Spessart, obgleich sicherlich Ansätze einer integrativen Gestaltung der Region Spessart als Lebensraum zum Vorschein kommen.

7.9.3.1. Ökologie - Erhaltung der Landschaft und Ressourcen

Eine der Fragen von regionaler Entwicklung im Spessart dreht sich aus Sicht der befragten Experten auch um die Erhaltung der Natur- bzw. Kulturlandschaft Spessart (vgl. z.B. I 15, 192ff.), wobei dem Schutz von Ressourcen - vor allem Wasser und Wald - eine hohe Bedeutung beigemessen wird. So sieht ein Experte der Regionalentwicklung "keine so gewaltigen Gefahren, daß der Spessart seine... relativ naturnahe Struktur erhalten muß, wobei ich eher das Problem sehe, bei dem Bewaldungsgrad, daß man den offenen Teil der Landschaft im Spessart dann wahrscheinlich aktiver schützen muß, schüt- zen im Sinne von erhalten" (I 9, 109). Ähnlich sieht dies auch ein regionaler Experte, der aufgrund des Rückgangs der Landwirtschaft den Auenschutz in den Vordergrund der Landschaftspflege im Spessart gerückt sehen möchte (vgl. I 16, 204), da ansonsten eine natürliche Sukzession des Waldes das spessarttypische Kulturlandschaftsbild nachhaltig verändern würde. Ein bayeri- scher Politiker denkt, "daß man vielleicht sogar im Spessart so ein bißchen, so eine Art Reservate schafft, also mal eben ein Stück ausweist, meinethalben im Staatswald oder im... weiß nedd, kann auch Privatwald sein, dann muß man halt den Leuten dafür was geben, daß man sagt jetzt, 'da wird nix mehr'. Das iss also jetzt Urwald und da sammelt sich dann Getier und die Vögel entspre- chend" (I 5, 53).

Die Erhaltung von Landschaft und Ressourcen wird auch im Spessart größtenteils als restriktive bzw. permissive Rahmenbedingung für eine wirtschaftliche Entwicklung eingestuft (vgl. auch 5.1.2.). In diesem Sinn werden Natur und Umwelt vorwiegend als (weiche) Standortfaktoren einer ökonomisch ausgerichteten Entwicklung thematisiert (vgl. z.B. I 6, 70).

7.9.3.2. Ökonomie - Erhaltung von Erwerbsmöglichkeiten

Bei der Entwicklung einer Region Spessart "iss die Wirtschaft natürlich ein ganz entscheidender Faktor, ne, mit allen Ausuferungen" (I 10, 115). Nach Ansicht eines Gesprächspartners ist es mehr als normal, daß im Spessart eine wirtschaftliche Entwicklung gebraucht wird (vgl. I 22, 293). "Man kann nicht ein großes Gebiet wie den Spessart [...] zum Reservat erklären" (ebenda). Von Politikern und Wirtschaftsexperten gleichermaßen wird betont, daß es Ziel sein sollte, "am Ende nicht mit weniger Arbeitsplätzen dazustehen, sondern mit mehr" (I 6, 66). Gerade in diesem Zusammenhang sind "Gewerbeflächen ganz, ganz wichtig, das muß man auch sehen im Zusammenhang mit dem Thema Region und Europa der Regionen" (I 20, 282), denn nur eine wettbewerbsfähige Region wird auch in der Lage sein, ein gewisses Angebot an Arbeitsplätzen für die dort lebende Bevölkerung zu schaffen. Da es aufgrund des Nachteils gegenüber Billiglohn-Standorten - z.B. durch hohe Lohn(neben)kosten - kaum mehr machbar sein wird, im Spessart "möglichst krisensichere, möglichst hochtechnisierte Produktionsarbeitsplätze" (I 6, 65; vgl. auch I 2, 19) zu schaf- fen, müßten etwaige neue Arbeitsplätze sicherlich im Dienstleistungssektor angesiedelt sein (vgl. I 6, 66; vgl. auch I 22, 293ff.). Jedoch genügt es nicht "zu sagen, 'wir wollen mehr Dienstleistungen', das ist noch viel zu wenig, da muß man wissen, was für Dienstleistungen man möchte, man muß sich darüber unterhalten, wie die eingebettet sein sollen in die weichen Standortfaktoren [...]. Man muß sich letztlich über die Verkehrserschließung klar werden" (I 6, 66). Insofern ginge eine eventuelle Ansiedlung von Dienstleistungsbetrieben aus dem Kern des Rhein-Main-Gebietes gegebenenfalls mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der Anlage attraktiver Gewerbegebiete in verkehrs- günstiger Lage einher.

Der Fremdenverkehr ist möglichenfalls einer der Bereiche, in dem weitere Dienstleistungsarbeitsplätze geschaffen werden könnten. Allerdings wäre es gerade unter dem Aspekt eigenständiger Entwicklung auch hier sinnvoll, nicht jene Arbeitsplätze zu schaffen, "die halt nur der Rhein-Main-Raum einmal sonntags will" (I 17, 227), sondern "über diesen Wochenendtourismus und Massentourismus [...] etwas drüber[zu]setzen, ja, das von entsprechender Qualität wäre" (I 5, 61). Ähnlich sieht dies ein anderer Gesprächspartner, der "eine Region Spessart für den Fremdenverkehr, für Freizeit, für Wochenende" (I 23, 312) als nicht erstrebenswert beurteilt. Selbst bei einem umfassenden Konzept des sanften Tourismus sieht ein anderer Experte das Entwicklungs- problem um eine Region Spessart nur zum Teil gelöst (vgl. I 17, 228). Gleich- wohl wäre es angebracht "den Spessart... nicht touristisch zu erschließen, aber ihn touristisch attraktiver zu machen, um ihn als Ort, als Lebensort zu erhalten" (I 7, 76). Neben einer wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung der Region Spessart wird hier wiederum die Lebensqualität für die Bewohner thematisiert, was inhaltlich in Richtung einer integrativen, d.h. alle Lebensbereiche umfassenden Entwicklung interpretiert werden kann.

8. Regionalität im Spessart

Die hier für den Spessart formulierte Regionalität könnte als Ausgangspunkt gemeinsamen Handlungsbewußtseins sowie regionaler Handlungsbereitschaft und -fähigkeit (vgl. Kap. 4.2.3.), d.h. als Basis für die Formierung und Entwicklung des Spessarts als Region dienen. Sie leitet sich aus der beschriebenen Struktur sowie den mit Hilfe von Interviews erfaßten Momenten und Zielen regionaler Entwicklung aus Sicht der maßgeblichen Akteure ab.

Regionalität bezogen auf den Spessart bedeutet generell eine Standortqualität in Ergänzung zu bzw. um die harten Standortfaktoren des Rhein-Main-Gebietes herum. Im Sinne einer reflexiv-diskursiven Eigenständigkeit des Spessarts ist Rhein-Main als "Standort für Menschen und Industrie und Gewerbe auf der einen Seite" (I 2, 16) zu sehen und Region Spessart als "Standort für eine dün- nere Besiedlung und die Naherholung und den Fremdenverkehr auf der ande- ren Seite" (ebenda). Die wesentlichen Momente einer derartigen Spessart-Re- gionalität wären unter dem Begriff der Lebensqualität zusammenzufassen. Bestandteile dieser durch Region Spessart symbolisierten Lebensqualität sind Wohnqualität, die Möglichkeiten zur Verwirklichung von Eigenheim und Eigen- tum allgemein, Relaxen (vgl. I 16, 211), die Vermeidung des Städtischen (vgl. I 18, 256) sowie die Möglichkeit rauszuziehen, aber doch noch drin zu sein, und zwar unter dem Motto "Rhein-Main haben, aber nicht sein". Untermauert wird diese Regionalität durch ökologisch wertvolle, natürliche Potentiale, und zwar im Sinne von zusammenhängendem Naturraum, weitgehend intakter, von Men- schenhand geschaffener Kulturlandschaft, vorhandenen Schutzgebieten sowie Verfügbarkeit von Wald und Wasser. Insofern beinhaltet Regionalität im Spes- sart "eine gewisse Form von Idylle oder das, was man nicht vor der Haustür hat" (I 17, 231), irgend etwas Abgeschlossenes abseits von Hektik, Stau, Dreck und Stadt (vgl. I 17, 232).

Gleichsam beinhaltet eine Spessart-Regionalität auch Problembereiche, wie z.B. starke Pendlerströme in Richtung Rhein-Main, Siedlungsdruck von Rhein- Main kommend, wachsende Baulandpreise, mangelhafter ÖPNV, Schadstoffbe- lastung durch Straßen- und Luftverkehr, räumliche Disparitäten (stark urbani- sierte versus ländlich geprägte Räume), wirtschaftsräumliche Dreiteilung (Kinzig-Tal/Mainschiene, Hochspessart, mainfränkischer Spessart) (vgl. Kap.

6.3.) sowie Umstrukturierung der Wirtschaft bei weitgehender Dominanz des produzierenden Gewerbes und Rückgang des Fremdenverkehrs. Darüber hinaus beinhaltet Spessart konträr zum Idyllischen auch eine schleichende Erosion von ländlicher Tradition, Kultur und Gemeinschaft bei gleich- zeitiger Individualisierung und Anonymisierung der Gesellschaft infolge einer zunehmenden Beeinflussung - z.B. durch Zuzug von außen oder Orientierung an überregionalen, städtischen oder globalen Werten.

Regionalität im Spessart bedeutet aber auch Probleme und Chancen eines grenzübergreifenden Raumes zugleich. Schwierigkeiten bei der Koordination unterschiedlicher Administrations- und Politikstrukturen stehen hier den Mög- lichkeiten grenzübergreifender Problemlösungen und Entwicklungen gegen- über.

Die beschriebene Regionalität muß darauf ausgerichtet sein, die bestehende Symbolik für Lebensqualität, die dem Spessart zugeordnet wird, praktisch als ein Stück greifbare Lebensqualität (vgl. I 17, 218) zu operationalisieren, indem beispielsweise in gewissem Ausmaß regional verträgliche Arbeitsplätze ge- schaffen werden, gleichzeitig aber der Wohn- und Erholungswert bewahrt wird. Ähnliche Abwägungen müssen in anderen Bereichen (z.B. Siedlungsauswei- tung versus Beibehaltung der Naturparkgrenzen, Subvention der Landwirtschaft versus Verfall der Kulturlandschaft etc.) vollzogen werden. Eine konkrete Lebensqualität ließe sich für den Spessart etwa derart beschreiben, daß dort Apfelbäume sind, die an guten Apfelwein erinnern, dort die kleine Kneipe ist, wo es Erbsensuppe und Rindswurst gibt (vgl. I 17, 230), es möglich ist, stun- denlang im Wald zu laufen, ohne herauszukommen (vgl. I 11, 132), es gleich- zeitig aber nicht erforderlich ist, nach Frankfurt oder Hanau zu fahren, um ar- beiten oder einkaufen zu können. Sicherlich ist es dabei in Verfolgung einer räumlich sowie fachlich integrativen Entwicklung der Region unabdingbar, re- gionale grenzübergreifende Kompromisse einzugehen.

9. Leitbilder integrativer Regionalentwicklung im Spessart

Die hier angebotenen (Teil-)Leitbilder beziehen sich auf eine grenzübergreifende, integrative Formierung und Entwicklung einer Region Spessart. Sie basieren auf den von den Experten geäußerten Zielen hinsichtlich einer möglichen Region Spessart, der Zusammenfassung der Forderungen der Arbeitskreise des Spessart-Kongresses sowie auf der Evaluierung und Interpretation dieser Ziele und Forderungen durch den Verfasser. Es soll also versucht werden, auch vor dem Hintergrund der oben formulierten Regionalität, Tendenzen und zielorientierte Handlungserfordernisse einer möglichen Gestaltung und Entwicklung der Region Spessart aufzuzeigen.

Dabei deutet sich die inhaltliche Ausrichtung und Komplexität eines angestreb- ten gesamtökologischen, integrativen Ansatzes der Regionalentwicklung bereits mit der Aussage an, daß "der Mensch [...] nicht vom Brot allein [lebt]. Das iss halt relativ vage, aber sonst müßte ich hier irgendeine Vorstellung formulieren, die ich vielleicht erst am Lebensende formulieren kann und dann auch nur für den Augenblick" (I 17, 219).

Als Ausgangspunkt der Formierung und Entwicklung einer Region Spessart steht die Frage, wie die Kulturlandschaft Spessart ausgewogen im Sinne einer übergreifenden, ausgleichsorientierten Region und unter Berücksichtigung bayerischer und hessischer Anliegen entwickelt werden kann. Wie kann eine eigenständige, jedoch gleichzeitig in das Rhein-Main-Gebiet integrierte Region Spessart aussehen? Welche Schwerpunkte sind zu setzen, um spessartspezifische Probleme - wie z.B. Behauptung gegen Fremdbestimmung oder Erhaltung als alltagsweltlicher Lebensraum versus Entwicklung als Teil des potenten Wirtschaftsraumes Rhein-Main (vgl. Kap. 7.9.) - zu lösen?

9.1. Wirtschaft und Infrastruktur

Um die nötige wirtschaftliche Entwicklung des Spessarts zu gewährleisten, erscheint es geboten, durch Förderung regional vorhandener Klein- und Mittel- betriebe sowie durch Neuansiedlung Arbeitsplätze zu schaffen. Vor dem Hin- tergrund einer zunehmenden Tertiärisierung der Wirtschaftsstruktur wäre auch im Spessart eine selektive Ansiedlung von Dienstleistungbetrieben angezeigt, zumal mittel- und langfristig weitere unvermeidliche Arbeitsplatzverluste im derzeit noch dominierenden sekundären Sektor aufzufangen sein werden. Lage und Struktur des Spessarts werden es allerdings kaum erlauben, "High-tech-" oder "Head-office-Dienstleistungen" zu akquirieren. Möglichenfalls ist in Kooperation und unter Wissenstransfer mit der neu gegründeten Fachhoch- schule Aschaffenburg eine Ansiedlung von technikbezogenen Dienstleistungen (z.B. unternehmensbezogene Dienstleistungen für bestehende Industrien) zu bewerkstelligen. Ansonsten wären gegebenenfalls aus dem Kern des Rhein- Main-Gebietes ausgelagerte Dienstleistungen - sog. "Back-office-Tätigkeiten", die auch der regionalen Arbeitnehmerschaft eher anzupassen wären - über Gelnhausen hinaus in verkehrsmäßig gut erreichbare Spessartgebiete anzu- siedeln. Vergleichsweise günstige Bodenpreise sowie weiche Standortfaktoren könnten hierzu förderlich sein. Möglicherweise wären hierfür, zusätzliche attraktive und verkehrlich gut angebundene Gewerbegebiete - wenn möglich in Autobahn- oder Zentrennähe - auszuweisen. Diese sollten zweckmäßigerweise in interkommunaler Zusammenarbeit und mit entsprechendem Lastenausgleich angelegt werden. Einer Neuausweisung von Flächen ist - um eine Inanspruchnahme bisher unbelasteter Gebiete zu vermeiden - eine Umnutzung brachfallender Flächen (z.B. ehem. U.S. Army-Gelände) vorzuziehen. Um unnötigen Flächenkonsum zu vermeiden, sind bestehende Gewerbe- und Siedlungsgebiete auf Nachverdichtung zu überprüfen.

Lokale bzw. direkte Vermarktung von regionalen Produkten könnte in Teilbereichen bedingt zu einer Steigerung der regionalen Wertschöpfung beitragen, wenngleich hiermit weder Landwirtschaft zu sanieren ist, noch eine regionalwirtschaftliche Eigenständigkeit erreicht werden kann.

Im Fremdenverkehr - als eine der wichtigsten wirtschaftlichen Säulen des Spessarts - wären ebenso weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Die landschaftli- che Struktur des Spessarts spricht für einen weitgehend naturverträglichen Tourismus, der weniger auf Masse, denn auf eine bestimmte Klasse abzielen sollte. Schwerpunkte könnten hierbei (Natur)Erfahrungstourismus i.w.S. sowie eine qualitativ ansprechende Gastronomie sein. Der hier bedeutsame Tages- und Wochenendtourismus müßte positiver genutzt werden, denn als deutsches Mittelgebirge ist der Spessart sicherlich kein Zielgebiet für längere Aufenthalte mehr. Ausgenommen hiervon sind die Kurzentren Bad Orb und Bad Soden- Salmünster, deren teilweise veraltete Struktur jedoch auf eine neue Klientel auszurichten wäre.

Durch gezielte Maßnahmen (z.B. touristisches Informations- und Buchungs- system an strategisch wichtigen Punkten oder Eingabe von entsprechenden Daten ins World Wide Web) auf der Basis aussagekräftiger Untersuchungen (z.B. Analyse der Reiseverkehrsströme und Zielgruppendefinition) wären mög- licherweise neue, normalerweise den Spessart nur per Autobahn durchque- rende Gäste zu einem Kurzurlaub in der Region zu bewegen. In diesem Zu- sammenhang könnte zusätzlich ein regionales Tourismusmarketing von Hilfe sein.

In enger Verbindung zur wirtschaftlichen Entwicklung steht der Ausbau der (Verkehrs)Infrastruktur. Eine verkehrsmäßige Binnenerschließung der Region in Form eines grenzübergreifenden ÖPNV-Angebotes wäre auch aus Gründen der Naturverträglichkeit anzustreben. Ein Ansatzpunkt wäre beispielsweise die Schaffung von Schnellbusverbindungen zwischen den wichtigsten Zentren und Attraktionen des Spessarts (Aschaffenburg, Bad Orb, Lohr, Mespelbrunn etc.),

die möglichenfalls durch eine Koordination bzw. Kooperation eventuell beste- hender Verkehrsgesellschaften auf Landkreisebene realisiert werden könnten. Desgleichen wären reguläre Busverbindungen, die auch kleinere Orte bedie- nen, in regionaler Ausrichtung aufzubauen. Hinsichtlich des Bedarfs und Fahr- gastaufkommens wären jedoch weiterführende Untersuchungen erforderlich.

Ein mögliches Leitbild für den wirtschaftlichen Bereich könnte wie folgt lauten:

"Dem fortschreitenden Strukturwandel langfristig angepaßte Arbeitsplätze in eine verkehrsmäßig erschlossene Erholungsregion Spessart holen"

9.2. Natur und Landschaft

Im Kontext von Lebensqualität im Spessart kommt der Bewahrung der Kultur- landschaft, d.h. der faunistisch-floristischen Vielfalt, der Gewässer sowie des Waldökosystems, ein zentraler Stellenwert zu. Um das derzeitige Kulturland- schaftsbild bei rückläufiger landwirtschaftlicher Tätigkeit zu erhalten, muß die Landschaft aktiv geschützt, d.h. gepflegt werden. Hierfür wäre entweder eine Bezuschussung der bestehenden Landwirtschaft bzw. die Einrichtung einer aktiv tätigen Landschaftspflegeeinheit von Nöten. Eine Finanzierung wäre ge- gebenenfalls über Mittelumverteilung zu erreichen. Die Erhaltung der vorhan- denen Spessart-Landschaft wäre also nur durch aktives und finanzielles Enga- gement der verantwortlichen Stellen zu gewährleisten. In diesem Rahmen wä- ren Auen freizuhalten, Biotope anzulegen bzw. zu vernetzen sowie der Wald als anthropogen geprägtes Ökosystem - bei gleichzeitiger Nutzung - zu erhalten. Die bestehenden Naturparkgrenzen und -verordnungen müßten daher als zwingend verbindlich angesehen werden. Allerdings wären bei der Ausweisung neuer Flächen für Siedlung und Gewerbe in naturparkzugehörigen, jedoch be- reits belasteten Gebieten - z.B. in Autobahnnähe - Abwägungen zu treffen. Möglichenfalls könnte im konkreten Fall eine Kompensation durch Unter- schutzstellung anderer, weniger belasteter Flächen erfolgen.

Vor dem Hintergrund und in Ergänzung des wirtschaftlichen Leitbildes wäre eine biologische, extensive Landwirtschaft in den noch bestehenden Betrieben anzustreben sowie umweltfreundliche Technologien im gesamten Wirtschafts- bereich anzuwenden. Die langfristige Verlagerung hin zu Dienstleistungen wäre unter ökologischen Gesichtspunkten vermutlich positiv zu bewerten. Hinsichtlich der Siedlungserweiterung könnte es sich unter Gesichtspunkten der Naturverträglichkeit und Flächeneinsparung als sinnreich erweisen, keine bandförmige Erweiterung entlang sog. Entwicklungsachsen, sondern - wenn möglich - eine punktförmige (Nach)Verdichtung an vorhandenen Siedlungspunkten zu vollziehen.

Im Kontext der vieldiskutierten Abfallproblematik scheint gerade in der Region Spessart ein grenzübergreifendes, regional-kooperatives Verhalten ratsam. So wäre beispielsweise zu prüfen, ob die beiden zur Debatte stehenden Müllent- sorgungsanlagen - in Hanau und Aschaffenburg kaum 40 Kilometer voneinan- der entfernt, jedoch durch besagte Landesgrenze getrennt - nicht aus Umwelt- sowie Kosten- und Effizienzgründen zusammengelegt werden könnten.

Ein mögliches Leitbild für den natürlichen und landschaftlichen Bereich könnte wie folgt aussehen:

"Erhaltung der naturnahen, anthropogen geprägten Landschaft als natürliche Lebensqualität einer Region Spessart"

9.3. Kultur und Identität

Vor dem Hintergrund, daß der Spessart auch oder vor allem in der Vergangen- heit von außen definiert und bestimmt wurde, erscheint es im Hinblick auf eine eigenverantwortliche, grenzübergreifende Gestaltung und Entwicklung not- wendig, einer Region Spessart die Möglichkeit zu geben, eine reflexiv-diskur- sive Standortbestimmung in Sachen Kultur und Identität zu vollziehen. Es kann hierbei allerdings nicht darum gehen, eine "Spessart-Einheitskultur" (vgl. I 2, 18) bzw. regionale Spessart-Identität zu schaffen, sondern die gegenwärtigen, zum Teil konträr gerichteten gesellschaftlichen und kulturellen Prozesse aufeinander zu beziehen. In diesem Sinn wäre unter den Vorzeichen einer verschwindenden ländlichen Kultur und Tradition eine mögliche Integration von modernistisch- städtischen (rhein-mainischen?) Aspekten zu diskutieren, denn Vergangenheit läßt sich durch Symbole und Bilder (z.B. Wirtshaus im Spessart, Schneewittchen, Räuber-Idylle) kaum erhalten. Insofern müssen Kultur und Identität - letztere im Sinne eines auf die Region bezogenen Wissensvorrates - einer Region Spessart den gegenwärtigen Ansprüchen und den angedeuteten zukünftigen Entwicklungen gerecht werden. Region Spessart könnte auf dieser Ebene demnach eine Möglichkeit zur Integration von ländlicher Restkultur und - tradition und modernen, globalisierten Wertvorstellungen sowie bayerischer und hessischer Lebensart sein. Ein sinnvolles Ziel wäre hierbei, durch einen Stadt- Land-, Zentrum-Peripherie- bzw. Rhein-Main-Spessart-Dialog auf sozio- kultureller wie ökonomischer Ebene auch innerhalb des Spessarts, die Region über ihre Bedeutung als Handlungsraum hinaus auch als gesellschaftliche und politische Wertekategorie zu thematisieren.

Vor diesem Hintergrund müßte eine regionale Auseinandersetzung mit Kultur und Identität auch auf eine alltagsweltliche, d.h. die Bewohner des Spessarts integrierende Ebene projeziert sein. Denn ohne die Einbeziehung lebensweltli- cher Vollzüge und Praktiken läßt sich die Region als Lebensraum für die Be- wohner kaum gestalten. Diesbezüglich wären auf regionsspezifische Themen und Probleme ausgerichtete Veranstaltungen und Projekte vor Ort anzusetzen. Da sich die vorliegende Arbeit ausschließlich auf die expertenweltliche Be- trachtung von Region bezieht, wäre eine Bestandsaufnahme der Regionsthe- matik im Spessart auf alltagsweltlicher Ebene bezüglich der Verwirklichung eines integrativen Entwicklungsansatzes dringend erforderlich.

Ein Leitbild im Bereich Kultur und Identität könnte demnach wie folgt formuliert werden:

"Etablierung der Region Spessart als Lebensraum durch die Vermittlung regionaler Experten- und Alltagsvorstellungen sowie Stadt-Land-Dialog"

9.4. Organisation und Implementierung

Vor dem Hintergrund der Frage, wie nach Ende des Spessart-Kongresses den hier vorgestellten Leitbildern Geltung verschafft werden könnte, wie die Bayern weiter "bei der Stange" zu halten sind (vgl. FR vom 30.09.95) bzw. wie ein Auflösen des ursprünglich bayerisch-hessischen Spessart-Projektes verhindert werden kann, ist es unerläßlich, eine angemessene Organisationstruktur zu finden. Dabei wäre eine gleichwertige Berücksichtigung bayerischer sowie hessischer Bedürfnisse zu gewährleisten. Denn nur dadurch läßt sich gegebenenfalls eine grenzübergreifende, bayerisch-hessische Region Spessart "machen".

Um den Ansprüchen einer grenzübergreifenden, d.h. räumlich wie fachlich integrativen Regionalentwicklung in einer bayerisch-hessischen Region Spessart gerecht werden zu können, wäre daher eine regionale Koordinationsstelle - etwa unter dem Titel IRIS (vgl. Abb. 19) - von Nöten. Aufgabe dieser Stelle sollte oder müßte es in erster Linie sein, die verschiedenen regional bedeutsamen Interessensgruppen miteinander zu vernetzen, Kommunikations- sowie Vermittlungsstrukturen zu schaffen und Verbindungen zu übergeordneten, für die Umsetzung von Maßnahmen notwendigen Akteuren herzustellen (vgl. Abb. 19). Dabei wäre vor allem gute Kontakte zu den jeweiligen Stellen der Landesregierungen in München und Wiesbaden für eine Umsetzung grenzübergreifender Maßnahmen unerläßlich. Nicht zuletzt aufgrund der berechtigten negativen Vorbehalte gegenüber neuen Administrationen (vgl. Kap. 7.8.3.) wäre die Orientierung an bestehenden Verwaltungs- und Kompetenzstrukturen entscheidend für die Effektivität und Akzeptanz von IRIS. Aufgrund dessen und der kritischen Einstellung der Akteure im Spessart gegenüber neuen bzw. zusätzlichen Instrumentarien wäre auf eine Institutionalisierung von IRIS im Sinne eines regionalplanerischen Instrumentes mit eigenen Kompetenzen (derzeit noch) zu verzichten. Ganz im Sinne einer intermediären Organisation (vgl. Kap. 7.8.4.) müßten sich die Handlungsfelder von IRIS auf für die Region Spessart relevante Nischen und Defizite im bestehenden politischen und administrativen System beschränken. Um jedoch die notwendige Unabhängigkeit, d.h. Unparteilichkeit und Akzeptanz von IRIS zu gewährleisten, müßte eine weitgehende Transparenz der Aufgaben und Tätigkeiten gegeben sein. Dadurch wäre ebenfalls einer Privatisierung öffentlicher bzw. dem Allgemeinwohl dienender Anliegen entgegenzuwirken.

Abb. 19: Organisatorisches Konzept einer regionalen Koordinationsstelle im Spessart

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf, V.S.

Einer derartigen Einrichtung wäre bei Beschluß durch die Projektträger gegebenenfalls eine Anschubfinanzierung bzw. finanzielle Unterstützung zu gewähren. Finanzielles Engagement wäre jedoch vor allem von seiten der beteiligten Bundesländer - durch Umverteilung entsprechender Mittel aus bisherigen "Regionaltöpfen" - angezeigt. In Bayern könnte dies beispielsweise dadurch geschehen, daß im Rahmen der Planungsregion Bayerischer Untermain den Landkreisen die Entscheidung über die Verwendung der im planungsregionalen Rahmen angedachten Mittel anheimgestellt wird. Dem Landkreis Main-Spessart - als bereits anerkanntes 5b-Gebiet der EU - wäre in diesem Kontext die alleinige Kompetenz über die bewilligten EU-Fördermittel zu überlassen. Derzeit werden diese Mittel durch Franken bzw. die zuständigen Ämter für Landwirtschaft zentral verwaltet. Auf hessischer Seite wären etwaige Förderungen im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms, des Produktinnovations-/Marketingprogramms für Landwirtschaft sowie des Hessischen Kulturlandschaftsprogramms zu ermitteln.

Zusätzlich wären die Möglichkeit der Durchsetzbarkeit der bayerisch- hessischen Spessartregion als von Verwaltungsgrenzen unabhängiges EFRE- 5b-Gebiet sowie weitere EU-Fördermöglichkeiten (z.B. LEADER / CARRÉFOUR) zu überprüfen. Das Problem der grenzübergreifenden Ausrichtung könnte sich bei einer gemeinsamen Präsentation, d.h. Befürwortung durch die Länder Bayern und Hessen, möglichenfalls als Vorteil erweisen (vgl. I 16, 202). Angesichts eines "Verplemperns von Zuschüssen für strukturschwache Regionen" (vgl. hierzu FR vom 18.10.95) sollte es möglich erscheinen, auch oder gerade für eine grenzübergreifende Region Spessart EU-Fördermittel zu erhalten.

Ein Leitbild im Bereich Organisation und Implementierung könnte wie folgt lauten:

"Etablierung der bayerisch-hessischen Region Spessart durch eine integrativ angelegte Koordinationsstelle (IRIS) zur Umsetzung regionaler Projekte und Entwicklungsmaßnahmen"

Durch die Gründung der Entwicklungsgruppe "Spessart-regional" auf hessischer Seite im Rahmen des ländlichen Regionalprogramms schon im Oktober '95, wurde einer vorab dargestellten grenzübergreifenden, räumlich integrativen hessisch-bayerischen Koordinationsstelle jedoch bereits weitgehend der Wind aus den Segeln genommen, weil sicherlich keine Lobby für eine zweite regionale Einrichtung zu gewinnen sein wird. Die von einem Experten befürchtete Funktionalisierung des Spessart-Projektes in die Interessen des Amtes für Regionalentwicklung (I 21, 289) ist somit vermutlich Realität geworden. Wenngleich im Rahmen der sich auf hessisches Territorium beschränkenden Entwicklungsgruppe "Spessart-regional" eine Klammer nach Bayern vorgesehen ist (vgl. I 16, 199) und davon ausgegangen wird, daß die Entwicklungsgruppe "auch dann die Anlaufstelle für Bayern" (I 16, 200) sein könnte, so scheint aufgrund anderer Strukturen (z.B. unterschiedlicher Regionalförderprogramme und -richtlinien) sowie zögerndem Verhalten einiger entscheidender bayerischer Akteure - so auch der Landesregierung in München - die Zukunft einer grenzübergreifenden hessisch-bayerischen Region Spessart zumindest in Frage gestellt. Die Verwirklichung einer ursprünglich für möglich gehaltenen, räumlich wie fachlich integrativen sowie grenzübergreifenden Gestaltung und Entwicklung einer Region Spessart ist somit mehr als ungewiß.

10. Fazit oder: Kann man Regionen machen?

Wie die vorliegende Arbeit gezeigt hat, dreht sich die derzeitige Diskussion um Region und Regionalisierung auch im Spessart um die Sicherung bzw. Rückgewinnung von Handlungsfähigkeit auf einer Ebene, die infolge des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandels regional ausgerichtet ist. Die Bemühungen um eine Etablierung des Regionalen als Handlungs- und Koordinationsebene - zumindest aus Sicht der hier befragten Experten - sind vor dem Hintergrund komplexer werdender Aufgaben und Probleme sowie notwendiger integrierter und vernetzter Lösungsansätze zu sehen. Die im Rahmen der Arbeit dargestellten Aspekte und Ziele einer Region Spessart passen in die allgemeine Auseinandersetzung zwischen Stadt und Land - hier Rhein-Main und Spessart - bzw. dem, was unter Region als zukunftsfähigem Lebensraummodell zu verstehen ist. Analog zu veränderten Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen lassen sich auch veränderte Elemente der Gestaltung von Region identifizieren. So sind endogene Potentiale, regionale Identität, Regionalmarketing, regionale Kooperation i.w.S. Ausdruck neuer Erfordernisse bezüglich einer Formierung und Entwicklung von Region unter den gegebenen Rahmenbedingungen.

Im Rekurs auf die Zielsetzung einer Entwicklungsperspektive des Spessarts von vor 75 Jahren ist hervorzuheben, daß auch heute noch die Schaffung und Erhaltung von Erwerbsmöglichkeiten sowie Verkehrserschließung wichtige Zielgrößen regionaler Entwicklung im Spessart sind. Möglicherweise werden andere, damals weniger bedeutsame Faktoren - z.B. Landschafts- und Naturerhaltung oder Schaffung einer regionalen Identität - heute zusätzlich in regionale Zielsetzungen integriert. Wie die Diskussion der Ziele und die angebotenen Leitbilder zeigen, liegt die Zukunft regionaler Entwicklung im Spessart im Konsens, d.h. im Ausgleich zwischen bzw. der Symbiose von Ökologie und Ökonomie als wesentliche Determinaten von Lebensqualität.

Die Unüberwindbarkeit der Grenzen - damals zwischen Bayern und Preußen - scheint in einem seit knapp 50 Jahren sich (nicht) entwickelnden bayerisch-hessischen Verhältnis kaum abgenommen zu haben. Denn wie sich andeutet, kann auch heute noch keine grenzübergreifende bayerisch-hessische Region Spessart "gemacht" werden. Dies ist in erster Linie auf die Unvereinbarkeit der bestehenden unterschiedlichen Administrations- und Politikstrukturen zurückzuführen. Gestaltet sich bereits die Zusammenarbeit von Akteuren auf einer von administrativen Grenzen unabhängigen Ebene innerhalb eines Bundeslandes mehr als schwierig, so muß der weitgehend "von unten" organisierte, durchaus richtige und wünschenswerte Versuch, eine grenzübergreifende bayerisch-hessische Region Spessart zu machen, im nachhinein als tollkühnes, jedoch eigentlich gescheitertes Husarenstück bewertet werden. Dies soll nicht heißen, daß eine solche Initiative zwecklos oder gar falsch wäre, zumal die von den befragten Experten formulierten Inhalte und Ziele sicherlich für die Entwicklung einer Region Spessart als grenzübergreifenden Lebensraum im Rahmen des Rhein-Main-Gebietes sprechen. Allein die selbstorganisierte Veranstaltung des Spessart-Projektes einschließlich Kongreß sowie Beteiligung und Interesse der regionalen Akteure verweisen auf eine regionale Handlungsbereitschaft und die Notwendigkeit der Sicherung oder Schaffung einer gegenwartsbezogenen und zukunftsfähigen regionalen Handlungsfähigkeit. Insofern drängen sich Zweckmäßig- und Erforderlichkeit einer bayerisch-hessischen Region Spessart geradezu auf, zumal auch von seiten der beteiligten Länder eine gewisse regionale Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit erwünscht ist (vgl. BSLU 1994, AII sowie HM 1994, 2).

Die Diskussion um die "Machbarkeit der Region" hängt also im Spessart genauso wie andernorts von der Bereitschaft ab, neue Formen und Strukturen der (über)kommunalen, regionalen und wenn nötig bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit zu etablieren, die es wiederum ermöglichen, einen integrativen Ansatz von Raumgestaltung und -entwicklung zu verwirklichen. Dies erscheint notwendig, wenn die Region als Handlungs-, Lebens- und Wirtschaftsraum, d.h. als Zielebene zur Verwirklichung von Lebensqualität - mit all ihren Facetten - erhalten oder entwickelt werden soll.

Unter der Annahme, daß neue Formen und Mechanismen der kommunalen Zusammenarbeit notwendig, jedoch derzeit nicht institutionalisierbar sind, ergibt sich zumindest die Forderung, daß alle derzeit bestehenden Administrationen und Institutionen in Zeiten eines umfassenden Wandels auf den Prüfstand müssen. Vielleicht gelingt es dann, im Rahmen bestehender Strukturen effektivere Koordinationsmechanismen zu aktivieren oder sogar die notwendigen Räume für neue, integrativ ausgerichtete regionale Kooperations- und Koordinationsinstrumente zu schaffen.

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[...]


1 Nachfolgend wird aus Gründen der Übersichtlichkeit auf eine Unterscheidung der Geschlechter verzichtet. Dies soll in keiner Weise eine Diskriminierung darstellen, sondern lediglich dem Lesefluß dienen. Zudem erscheint es aus Datenschutzgründen

2 Alle Angaben - wenn nicht anders vermerkt - beziehen sich auf den Stand vom 31.12.1993. Quellen sind die angegebenen Veröffentlichungen des Hessischen Statistischen Landesamtes sowie des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung.

3 Es handelt sich hier und nachfolgend um sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer.

4 Aufgrund lückenhafter Statistiken bei den Beschäftigtenzahlen handelt es sich bei den Angaben im Bereich des Landkreises Miltenberg hinsichtlich der Dienstleistungen um Näherungswerte.

5 Es handelt sich hierbei um eine Quellenangabe aus den Interviews. Aus Anonymitätsgründen wurden die Interviews von I 1 bis I 23 durchnumeriert. Die Zahl hinter dem Komma gibt die entsprechende Seitenzahl im Anhangband an.

6 Die mit "A" gekennzeichneten Abschnitte sind die Antworten des Befragten. "F" steht als Abkürzung für die Fragen des Interviewers.

Final del extracto de 161 páginas

Detalles

Título
Kann man Regionen machen? Ansätze grenzübergreifender Regionalentwicklung: Das Fallbeispiel Spessart
Universidad
University of Frankfurt (Main)
Calificación
1,0
Autor
Año
1996
Páginas
161
No. de catálogo
V105965
ISBN (Ebook)
9783640042449
Tamaño de fichero
1044 KB
Idioma
Alemán
Notas
Am Beispiel Spessart werden Ansätze und Themen grenzübergreifender Regionalentwicklung diskutiert. Konkrete Handlungsempfehlungen werden abgeleitet. Die Arbeit basiert u.a. auf 25 Experteninterviews mit maßgeblichen Akteuren der Region.
Palabras clave
Kann, Regionen, Ansätze, Regionalentwicklung, Fallbeispiel, Spessart
Citar trabajo
Volker Schneider (Autor), 1996, Kann man Regionen machen? Ansätze grenzübergreifender Regionalentwicklung: Das Fallbeispiel Spessart, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105965

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