Börsenkurse repräsentieren Erwartungen, Visionen und Phantasien. Sie nehmen somit die Wahrscheinlichkeit für zukünftige Entwicklungen vorweg und werden dadurch zu einem Objekt spekulativer Investitionen. Der Investor selbst orientiert sich hierbei an Informationen, um Chancen und Risiken besser abschätzen zu können. Der Grund hierfür besteht in der dialogischen Natur des Menschen, der sich seiner Umwelt nicht vollständig und auf Dauer entziehen kann.
Die Interpretation der Information führt schließlich, im Sinne einer Reiz-Reaktions-Handlung, zu der Entscheidung des Kaufens, Haltens oder Verkaufens von Wertpapieren. Da die Börse selbst nur eine Schaltstelle ist, deren Dialogfunktion auf die „kühle“ Vermittlung eines Geschäfts beschränkt ist, werden alle dialogischen Bedürfnisse auf Ersatzfiguren übertragen. Diese Übertragung findet fast immer in einem Klima statt, das von einer unsicheren Grundhaltung geprägt ist, da die börsenbezogenen Dialoge grundsätzlich auf die offene Frage ausgerichtet sind, ob dieses oder jenes Investment einen Gewinn bringen wird. Je sicherer einer der Dialogpartner auftritt, desto glaubwürdiger wirkt er und um so dankbarer werden seine Ansichten aufgenommen. Denn nichts wünscht sich ein unsicherer Anleger sehnlicher als Sicherheit. Die vorliegende Arbeit handelt also primär von der Art und Weise der Präsentation, Verarbeitung und Auslegung von Informationen, die kursrelevante Auswirkungen haben können, da der Inhalt selbst von den Marktteilnehmern häufig mißverstanden oder aufgrund der Informationsflut gar nicht erst zur Kenntnis genommen wird. Es werden hierbei sozial- und verhaltenspsychologische Mechanismen sowie kommunikative Funktionsprozesse mit einbezogen.
Zu jedem Zeitpunkt, egal ob Hausse oder Baisse, gibt es besonders „laute“ Stimmen, die aus dem allgemeinen „Grundrauschen“ wirkungsvoll herausragen und somit einen mehr oder weniger bedeutsamen Einfluß auf das lokale oder weltweite Börsengeschehen haben.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN
- 1. Börsenbezogene Grundlagen und Begriffsdefinitionen
- 1.1. Die Börse und ihre Funktion
- 1.2. Börsenteilnehmer und Anlagestrategien
- 1.3. Beeinflussungsfaktoren
- 2. Marktverhalten und Psychologie
- 2.1. Markteffizienzhypothese und Börsenpsychologie
- 2.2. Kognitive Prozesse und Behavioral Finance
- 2.2.1 Heuristisches Entscheiden
- 2.2.2 Überreaktionen auf Informationen aufgrund der Verfügbarkeitsheuristik
- 2.2.3 Unterreaktionen auf Informationen aufgrund der Verankerungsheuristik
- 2.2.4 Schematisches Denken aufgrund der Repräsentativitätsheuristik
- 2.3. Massenpsychologische Faktoren
- 3. Marktkommunikation
- 3.1. Kommunikationskanäle und symbolische Kommunikation
- 3.2. Erscheinungsformen der börsenbezogenen Marktkommunikation
- 3.2.1. Wirtschafts- und Börsennachrichten
- 3.2.2. Zweckorientierte Empfehlungen
- 3.2.3. Investor Relations
- 3.3. Elemente des Kommunikationsprozesses
- 3.3.1. Der Kommunikator
- 3.3.2. Die Botschaft
- 3.3.3. Die Zielgruppe
- 3.3.4. Das Medium- Mediaanalyse
- 3.3.5. Die Wirkung
- 4. Rhetorische Grundlagen für das Börsengeschehen
- 4.1. Argumentation
- 4.1.1. Börsenbezogene Dialektik
- 4.1.2. Argumentationsarten
- 4.1.3. Argumentationsmuster (Topik)
- 4.2. Stil und Stilistik
- 4.2.1. Stilprinzipien
- 4.2.2. Stilfiguren
- 5. Analyse des Wirkungsgeschehens unterschiedlicher börsenrelevanter Stellungnahmen
- 5.1. Stellungnahme mit langfristiger und konservativer Orientierung
- 5.2. Stellungnahme mit mittelfristiger und konservativ-spekulativer Orientierung
- 5.3. Stellungnahme mit kurzfristiger und spekulativer Orientierung
- 5.4. Zusammenfassende Wertung
- III. RESÜMEE
- Die Funktion der Börse und deren Bedeutung für die Wirtschaft
- Die Rolle der Psychologie in der Entscheidungsfindung von Anlegern und deren Einfluss auf das Marktgeschehen
- Die Bedeutung von Kommunikation für die Gestaltung der öffentlichen Wahrnehmung von börsenrelevanten Informationen
- Die Analyse von Rhetorischen Mitteln, die in börsenbezogenen Stellungnahmen eingesetzt werden, und deren Einfluss auf die Empfänger
- Die Untersuchung der Wirkungsweise von Stellungnahmen mit unterschiedlichen Orientierungen (langfristig, mittelfristig, kurzfristig)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rhetorik börsenbezogener Stellungnahmen und deren Wirkung auf das Marktgeschehen. Ziel ist es, die Verbindung von Rhetorik, Psychologie und Kommunikation im Kontext der Börsenkommunikation aufzuzeigen und die Mechanismen zu untersuchen, die die Wirkungsweise solcher Stellungnahmen beeinflussen. Der Fokus liegt dabei auf der Untersuchung der psychologischen Prozesse, die bei der Interpretation und Reaktion auf börsenbezogene Informationen eine Rolle spielen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Rhetorik börsenbezogener Stellungnahmen ein und erläutert die Relevanz des Themas vor dem Hintergrund der komplexen und dynamischen Welt der Finanzmärkte. Es wird die Bedeutung von Erwartungen, Visionen und Phantasien im Kontext der Börsenkurse hervorgehoben, die durch die Interpretation von Informationen beeinflusst werden.
Das zweite Kapitel behandelt die theoretischen Grundlagen der Arbeit. Es werden die Funktion der Börse, die verschiedenen Börsenteilnehmer und ihre Anlagestrategien sowie die wichtigsten Beeinflussungsfaktoren des Marktgeschehens dargestellt. Außerdem wird die Bedeutung der Psychologie im Kontext von Marktverhalten und Entscheidungsfindung beleuchtet. Hierbei werden die Markteffizienzhypothese, kognitive Prozesse und Behavioral Finance sowie Massenpsychologische Faktoren in den Fokus genommen.
Im dritten Kapitel werden die Kommunikationskanäle und -formen im Kontext der Börsenkommunikation behandelt, wobei der Schwerpunkt auf Wirtschafts- und Börsennachrichten, zweckorientierten Empfehlungen und Investor Relations liegt. Die einzelnen Elemente des Kommunikationsprozesses, wie Kommunikator, Botschaft, Zielgruppe, Medium und Wirkung, werden ausführlich analysiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit den rhetorischen Grundlagen für das Börsengeschehen. Hier werden die Bedeutung der Argumentation, die verschiedenen Argumentationsarten und -muster sowie die Prinzipien von Stil und Stilistik im Kontext der Börsenkommunikation erläutert.
Das fünfte Kapitel analysiert die Wirkungsweise unterschiedlicher börsenrelevanter Stellungnahmen. Es werden Stellungnahmen mit langfristiger und konservativer, mittelfristiger und konservativ-spekulativer sowie kurzfristiger und spekulativer Orientierung untersucht.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind: Rhetorik, Börsenkommunikation, Marktpsychologie, Behavioral Finance, Argumentation, Stilistik, Wirkungsanalyse, Stellungnahmen, Investor Relations, Informationsverarbeitung, Markteffizienz, Überreaktion, Verfügbarkeitsheuristik, Verankerungsheuristik, Repräsentativitätsheuristik, Massenpsychologie, Kommunikationskanäle, Medienanalyse.
- Quote paper
- Vitus Forchheimer (Author), 2001, Zur Rhetorik börsenbezogener Stellungnahmen - Eine psycholinguistische Untersuchung des Wirkungsgeschehens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10630