Die Gegensätzlichkeit zwischen familiären Sein und öffentlichen Schein in "Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar" von Heinrich Kaufringer


Hausarbeit, 2021

15 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die ideale Ehefrau
2.1. Theorie der idealen Ehefrau
2.2. Ideale Ehefrau bei Kaufringer

3. Widerspruch zwischen privatem Sein und öffentlichem Schein

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis
5.1. Primärliteratur
5.2. Sekundärliteratur

1. Einleitung

Das Märe „Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar“ steht, wie die anderen Mären Kaufringers, in der einzigen überlieferten Handschrift von 1464. Das Märe wurde vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts verfasst. Das Märe besteht aus einer Rahmenhandlung und zwei Binnengeschichten, die von einem Prolog und einem Epilog umfasst werden. Ein wohlhabender Bürger liebt es, Feste zu feiern, seine Ehefrau wiederum ist sparsam und tadelt ihn wegen seiner wirtschaftlichen Verschwendung. Die Tatsache, dass das Ehepaar von der Öffentlichkeit zwar als ideales Ehepaar wahrgenommen werden, in ihrem privaten Sein jedoch Konflikte austragen, veranlasst den Ehemann auszubrechen. Dieser Widerspruch zwischen öffentlichem Schein und dem privaten Sein ist das Thema meiner Hausarbeit, in der ich den öffentlichen und privaten Raum analysiere im Märe, um herauszuarbeiten, welche Diskrepanz zwischen den beiden herrscht. Dazu erarbeite ich erstmal die grundsätzliche Theorie einer idealen Ehefrau, da die Erzählungen darauf aufbauen, dass die Ehemänner keine perfekte Ehefrau haben und somit auch kein glückliches Ehepaar sind. Weiterhin erarbeite ich die perfekte/ideale Ehefrau im Märe heraus und was der Text über die ideale Ehe verkündet. Diese beiden Punkte dienen als Grundlage für meinen Hauptteil der Hausarbeit. Der Widerspruch zwischen dem privaten Sein und dem öffentlichen Schein im Konzept des Märes „Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar“. Abschließend verfasse ich ein Fazit und reflektiere die Gesamtarbeit. Hierbei ist zu beachten, dass die gesellschaftliche Thematisierung der zwischenmenschlichen Liebe und des Ehebruches nicht als neuzeitliches Phänomen verstanden werden darf.

2. Die ideale Ehefrau

2.1. Theorie der idealen Ehefrau

Die Geschlechterrollen basieren auf soziokulturellen Normen, die Frauen und Männern je andere Verhaltensweisen und soziale Funktionen zuschreiben. Diese erfuhren im Laufe der Geschichte verschiedene Veränderungen.

Eine vorbildliche Ehefrau sollte, in der Frühen Neuzeit den Normen entsprechend, erfüllt sein von Gehorsam und Hingebung zu ihrem Ehemann. Die eheliche Sexualität ist nur eine der Pflichten, die die Frau erfüllen muss, das heißt es ist kein Akt der Lust, sondern ein Aufgabebereich der Ehefrau. Vor allem innerhalb der Adelsgesellschaft hatte die Zeugung von Nachfahren oberste Priorität1. Verheiratete Paare sollten ihre Gemeinschaft gemäß den christlichen Richtlinien führen. Die ideale Ehefrau sollte Fähigkeiten und Fertigkeiten in Sachen Haushaltsführung und Kindererziehung aufzeigen. Darüber hinaus sollte eine ideale Ehefrau Meinungsverschiedenheiten und die Launen des Ehemannes aushalten und positiv klären, um die Beziehung weiterhin zu stabilisieren. Zu Konflikten kam es demnach nur, wenn die Ehefrau die männliche Autorität nicht anerkannte oder untergrub. Ihr Ruf war für den sozialen Status einer Frau von besonderer Bedeutung. Der Ruf einer Frau beruhte auf ihrem sexuellen Verhalten, wobei eine Frau, die unehelichen Geschlechtsverkehr hatte, unerwünscht war und sie wurde für ihr Verhalten sanktioniert. Der Ruf einer Frau hing demnach nicht nur von Tatsachen ab, sondern allein das Gerücht des Ehebruchs konnte der Frau ihren Ruf als „ideale Ehefrau“ nehmen. Andererseits hängt der soziale Status eines Mannes nicht von seinem sexuellen Verhalten ab. „Ideale Ehefrauen“ waren Frauen, die mit einem Bürger der Stadt verheiratet waren. Diese Frauen besaßen ein ausschließlich eheliches Sexualleben und verkörperten damit die Idealvorstellung einer Frau im Spätmittelalter. Das Eheleben wurde ab dem 13. Jahrhundert durch ein klares Konzept und ein ausgewogenes Kräfteverhältnis in der Familienstruktur eingeschränkt. Hier wurde dem Ehemann theoretisch die alleinige Macht eingeräumt. Andererseits musste sich die Frau ihrem Ehemann unterwerfen und sich an ihn anpassen. Jede Frau geriet somit unter die Autorität des Mannes, der die Ehe beherrschte.

2.2. Ideale Ehefrau bei Kaufringer

Nachdem vorab beschrieben worden ist, wie eine ideale Ehefrau charakterisiert wird, soll im Weiteren geklärt werden, wie diese Thematik in dem Märe „Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar“ von Heinrich Kaufringer beschrieben wird. Die Einführung besteht aus einem Sprichwort: ain man und auch sein eweib zwuo sel und ainen leib süllen mit ainander haun. was ir ainem wirt getaun, es seie guot oder pein, das sol in baiden gschehen sein. si süllen also sein veraint, was ir ains mit willen maint und im ein wolgefallen ist, so sol das ander ze der frist auch sein gunst darzuo geben. das haist wol ain raines leben und ist ain rechte ee zwar2 Dies beschreibt den idealen Zustand der Ehe, in dem der Mann und die Frau ein Ganzes bilden. In diesem Ehebund sollte absolute Einigkeit erreicht werden, und mögliche Unterschiede zwischen den Partnern sollten toleriert werden. In diesen ersten Versen wird deutlich aufgezeigt, welche Art von Bild die Ehe haben muss, um Herausforderungen bewältigen zu können. Da dies nicht der Fall ist, sieht der Prolog die Handlung hervor und zeigt auf, wie die nachfolgende Erzählung weitergeht.

Auch in Kaufringers Märe lobt der Erzähler die guten Eigenschaften der Ehefrau des Protagonisten.

Denn er hett gar ain säligs weib; die was im lieb sam sein leib. er und frumkait hett si vil und tugent oun endes zil. si was wol in dem willen sein.3

Zudem wird sie als frawen gout und gefölgig beschrieben, selbst das Dorf preist sie an, das si hab oun endes zil / tugent, er und frümkait vil. Dem gegenüber steht bei Kaufringer die Sparsamkeit als schlechtes Verhalten der Ehefrau, demnach ist Sparsamkeit in den Augen des Ehemanns eine Eigenschaft einer schlechten, nicht idealen Ehefrau. Diese nicht ideale Charaktereigenschaft veranlasst den Ehemann zu seiner Reise. Er begibt sich auf die Suche nach einem vermeintlich harmonisch zusammenlebenden Ehepaar und einer damit einhergehenden idealen Ehefrau. Erst nach seiner Rückkehr und der damit verbundenen Erfahrung revidiert er seine Meinung, dass Sparsamkeit eine schlechte Eigenschaft sei, das heißt, erst durch die Erfahrungen, die ihm während seiner langjährigen Fahrt widerfahren sind, geschieht ein Umdeuten der vermeintlich schlechten Eigenschaft. Dementsprechend zählt Sparsamkeit daher auch zu den positiven Eigenschaften einer idealen Frau. Ideal bedeutet nicht unbedingt Fantasie oder Illusion, weshalb in Heinrich Kaufringer die ideale Ehefrau erwähnt wird. Der Mann war getrübt von den Idealen seiner Zeit, weshalb er die Reise auf sich nimmt, da er sich nicht mit der Eigenschaft seiner Frau nicht abfinden konnte. Dabei vergisst der Mann sein eignes Verhalten zu reflektieren. Erst am Ende erfährt er Einsicht, wie auch das Epimythion schon formuliert: ain ieglich fromer man sol zwar seinem weib das Übersehen, ob er anders nicht mag spehen an ir, dann das si kark sei. da muoß frümkait wonen bei.4

3. Widerspruch zwischen privatem Sein und öffentlichem Schein

Das Märe beginnt mit einem Promythion, welches die ideale Einheit des Ehepaares thematisiert. Diese ideale Beziehung stellt sich jedoch im Ehealltag als schwer realisierbar dar, da die unterschiedlichen Eigenschaften der Partner Grund für Konflikte schaffen, welche die Harmonie in einer Ehe stören können. Voraussetzung für ein mittelalterliches Eheglück ist beidseitige Friedfertigkeit sowie gegenseitige Liebe, was nur durch einen Partner erreicht werden konnte, der das zweite "Ich" des anderen darstellte. Um ein harmonisches Miteinander zu gewährleisten, sollten beide Partner in einer Ehe das Bestreben haben, den anderen innig zu kennen und dies gleichermaßen verfolgen. Diese Vorstellung war eher ein Ziel einer harmonischen Beziehung als tatsächliche Realität. Diese Erkenntnis ist bereits in der einleitenden Rahmenerzählung zu erkennen. si süllen also sein veraint, was ir ains mit willen maint und im ain wolgefallen ist, so sol das ander ze der frist auch sein gunst dazuo geben. das haist wol ain raines leben und ist ain rechte ee zwar. Ich will ew sagen das für war.5

Vor allem in dem letzten angegeben Vers lässt sich erkennen, dass der Erzähler das ideale nicht als Wahrheit ansieht und uns diese Wahrheit nun vorstellt. Innereheliche Harmonie und eheliche Reproduktion waren gleichermaßen oberste Maxime einer Ehe. Der Ehemann und wohlbetuchter Bürger in dem Märe feiert gerne, seine ebenso angesehene Ehefrau prangert seine wirtschaftliche Verschwendung an. Die Eheleute werden von der Gesellschaft, also von der Öffentlichkeit als ideales, perfektes Ehepaar wahrgenommen, dennoch herrscht in dem Privaten der beiden Eheleute Streit. Diese Streitigkeiten veranlassen den Ehemann, auf Aventiure zu fahren, um ein ideales Ehepaar zu finden. Dagegen spricht, dass die Ehefrau in der ganzen Stadt als tugendhafte, ehrbare und tüchtige Frau angesehen wird. Darüber hinaus wird die Ehefrau als makellos beschrieben: man sagt von ir auch für war,/si sei oun allen wandel gar.6 Trotz all des Lobes über seine Frau und ihre Qualitäten ist der Ehemann nicht zufrieden und beklagt sich über die Sparsamkeit seiner Frau: das dunkt mich ain torhait sein,/wann si tuot mir laid und pein/mit irer bösen karkhait.7 Darüber hinaus bekundet der Ehemann, dass er unter dieser Eigenschaft schon viele Jahre lang leidet. das haun ich gar haimlich zwar gelitten manig zeit und tag, das ichs nit lenger leiden mag. wir seien nicht also veraint, als man von uns spricht und maint.8

[...]


1 Vgl. Opitz-Belakhal, Claudia. “Frauenalltag im Mittelalter: Biographien des 13. und 14. Jahrhunderts / Claudia Opitz.” Dt. Studien-Verl., 1991. S.146f.

2 Grubmüller, Klaus. Novellistik Des Mittelalters: Märendichtung / Hrsg., übers. Und Kommentiert Von Klaus Grubmüller. 1. Aufl. ed. Frankfurt Am Main: Dt. Klassiker-Verl., 1996. S. 768 V.3-15

3 Ebd. S. 768 V. 29 - 33.

4 Grubmüller, Klaus. Novellistik Des Mittelalters: Märendichtung / Hrsg., übers. und Kommentiert von Klaus Grubmüller. 1. Aufl. ed. Frankfurt am Main: Dt. Klassiker-Verl., 1996. S. 794 V. 496-500.

5 Grubmüller, Klaus. Novellistik Des Mittelalters: Märendichtung / Hrsg., übers. und Kommentiert von Klaus Grubmüller. 1. Aufl. ed. Frankfurt am Main: Dt. Klassiker-Verl., 1996. S. 768 V. 9-15.

6 Ebd. S. 770 V. 57f.

7 Ebd. S. 770 V. 59ff.

8 Ebd. S. 770-771 V. 66- 70.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Gegensätzlichkeit zwischen familiären Sein und öffentlichen Schein in "Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar" von Heinrich Kaufringer
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
15
Katalognummer
V1064287
ISBN (eBook)
9783346474483
ISBN (Buch)
9783346474490
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kaufringer, Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar, ÄDL
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Die Gegensätzlichkeit zwischen familiären Sein und öffentlichen Schein in "Die Suche nach dem glücklichen Ehepaar" von Heinrich Kaufringer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1064287

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