Die Pax Augusta als konkrete Utopie


Thèse Scolaire, 2002

21 Pages, Note: 14 Punkte


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Hauptteil

1. Vergil - eine kurze Biographie

2. Einordnung in den geschichtlichen Kontext: Die „Pax Augusta“
2.1 Die Situation vor Augustus
2.2 Die „Pax Augusta“

3. Die vierte Ekloge
3.1 Lateinischer Text der ersten 25 Verse
3.2 Übersetzung ins Deutsche
3.3 Gliederung und Erläuterungen
3.4 Skandierung
3.5 Stilistische Untersuchung

4. Wer ist der „göttliche Knabe“? - Deutungsversuche
4.1 christliche Deutung
4.2 nicht-christliche Deutung
4.3 abstrakte Deutung
4.4 Zusammenfassung

5. Exkurs: Die „Ara Pacis Augustae“ - ein Symbol des neuen Zeitalters

Schluss

I. Einleitung

Thema der Facharbeit: Die Pax Augusta als konkrete Utopie Textgrundlage: Vergil, Bucolica, Ecloga IV, Verse 1-25

Bei den zehn Eklogen Vergils (auch bekannt als „Bucolica“) handelt es sich um sog. Hirtengedichte, die er nach dem Vorbild des griechischen Dichters Theokrit von 42-39 v. Chr. verfasste. Die Eklogen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Idylle des Hirtenlebens, wie es charakteristisch für die Bucolica ist. Dagegen behandelt die Vierte Ekloge, die Gegenstand dieser Facharbeit ist, ein völlig anderes Thema: In ihr wird der Beginn eines neuen goldenen Zeitalters angekündigt, das in Verbindung mit der Geburt eines göttlichen Knaben steht.

Die vorliegende Facharbeit setzt sich vorrangig mit den ersten 25 Versen der Vierten Ekloge Vergils auseinander. Nach einer kurzen Einführung in das Leben des Dichters und einer Beschreibung des zeitgeschichtlichen Zusammenhangs wird der genannte Textabschnitt sowohl übersetzt als auch inhaltlich und sprachlich-stilistisch untersucht. Dies dient als Grundlage für die folgenden Deutungsversuche, die auf die Identität des im Gedicht thematisierten göttlichen Knaben eingehen und verschiedene Interpretationsansätze bieten. Abschließend wird ein kleiner Exkurs vorgenommen, der sich mit einem konkreten Symbol des Friedens beschäftigt, der „Ara Pacis Augustae“.

II. Hauptteil

1. Vergil - eine kurze Biographie

Vergil, eigentlich Publius Vergilius Maro, gilt neben Horaz und Ovid als einer der bedeutendsten römischen Dichter der augusteischen Zeit. Im Folgenden ein kurzer Überblick über sein Leben:

Vergil wurde am 15. Oktober im Jahre 70 v. Chr. in Andes bei Mantua geboren. Sein Vater war wohlhabend genug, um ihm eine umfassende Ausbildung bieten zu können, die sowohl den Elementarunterricht als auch Rhetorik und Philosophie beinhaltete und ihn gleichzeitig viel reisen ließ. Einige Stationen seiner Studien waren Mailand, Cremona, Rom und Neapel. Vergil erkannte jedoch früh, dass er sich für die juristisch-politische Laufbahn nicht eignete und gab sein ursprüngliches berufliches Ziel des Redners schon nach der ersten Prozessrede auf. Schließlich zog er nach einigen Jahren wieder in seine Heimat zurück und widmete sich - großzügig unterstützt von Gaius Maecenas - intensiv der Dichtung. Schon bald wurden bedeutende Vertreter dieser Kunst auf ihn aufmerksam, was ihm schon zu Lebzeiten zu großem Ruhm verhalf. Zu seinen Freunden zählten neben Dichtern wie Horaz, Tibull, Properz und Ovid auch bedeutende Staatsmänner wie der Konsul Pollio und Kaiser Augustus.

In seinen Gedichten (z.B. in der Ersten und Neunten Ekloge) verarbeitete Vergil auch sein eigenes Leben, besonders seine Jugend, die von den Schrecken der Bürgerkriegszeit geprägt war. Seine Familie war 42 v. Chr. enteignet worden, also direktes Opfer des Bürgerkrieges. In der Vierten Ekloge werden die Sehnsucht Vergils nach Frieden und die Hoffnung auf eine bessere Zeit deutlich, die er später unter Augustus miterlebte.

Berühmt wurde Vergil v. a. durch Werke wie die Bucolica (siehe Einleitung), die Georgica (ein Lehrgedicht über den Landbau) und die Aeneis (ein Heldengedicht, das von den Irrfahrten und der Ankunft des Aeneas in Italien berichtet, der dort eine Siedlung gründete, aus der schließlich Rom hervorgegangen sein soll - auch heute noch das Nationalepos der Römer). Nach dem Abschluss der Aeneis unternahm Vergil eine Reise nach Griechenland, erkrankte jedoch auf dem Rückweg und starb am 21. September 19 v. Chr. in Brundisium.

2. Einordnung in den geschichtlichen Kontext: Die „Pax Augusta“

Als „Pax Augusta“ (augusteischer Friede) wird insbesondere die Regierungszeit von Kaiser Augustus bezeichnet, in der er - nach einer schrecklichen Zeit von blutigen Kämpfen und Bürgerkriegen - die Ordnung im römischen Reich wiederherstellte und für einen verhältnismäßig lang andauernden Frieden sorgte.

2.1 Die Situation vor Augustus

Die Zeit vor der Herrschaft des Augustus war geprägt von Bürgerkriegen, die sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft zu Grunde gehen ließen, viele Existenzen vernichteten und einen nie gekannten Sittenverfall hervorriefen. Als Bürgerkriegszeit werden die Jahre 133-27 v. Chr. angesehen, beginnend mit den Kämpfen wegen des Reformversuches der Gracchen (133-121 v. Chr.). Es folgten die Parteikämpfe zwischen Sulla, dem Optimaten aus der Senatspartei, und Marius, dem Popularen aus der Volkspartei (111-79 v. Chr.). Ein weiteres blutiges Beispiel aus dieser Zeit ist der Spartakus-Aufstand, dem Pompeius im Jahre 71 v. Chr. ein Ende bereitete. Mit dem Tod des Crassus im Partherkrieg (53 v. Chr.) zerbrach das 60 v. Chr. geschlossene Triumvirat zwischen Crassus, Julius Caesar und Pompeius, woraufhin ein Bürgerkrieg zwischen den beiden Überlebenden entbrannte (ab 49 v. Chr.), den Caesar schließlich für sich entschied. Er hatte als Diktator nun alle Machtbefugnisse inne, was gleichzeitig auch das Ende der Republik bedeutete. Auch nach Caesars Ermordung im Jahre 44 v. Chr. besserte sich die Situation nicht. Antonius riss das Heer und die

Macht an sich und weitere Bürgerkriegsjahre waren die Folge, in denen Octavian (Augustus´ früherer Name), der Großneffe, Haupterbe und Adoptivsohn Caesars, ebenfalls ein eigenes Heer aufstellte und zuerst mit Antonius gemeinsam, später jedoch gegen ihn kämpfte. Als ein erster Schritt Richtung Frieden gilt der Vertragsabschluss von Brundisium (40 v. Chr.), der aber ebenfalls nicht die erhoffte Besserung brachte. Trotz der Machtaufteilung zwischen Octavian und Antonius ging der Krieg weiter; auch Ägypten schaltete sich ein: Kleopatra kämpfte auf Seiten Antonius´ - dennoch gelang schließlich Octavian in der berühmten Seeschlacht von Actium (31 v. Chr.) der entscheidende Triumph. Nun sollte sich die Lage im gesamten römischen Reich ändern.

2.2 Die „Pax Augusta“

Mit dem Sieg über Kleopatra und Antonius war Octavian nun alleiniger Herrscher des römischen Reiches. Diese sehr machtvolle Stellung nutzte er jedoch nicht negativ aus, sondern gab seine besonderen Vollmachten am 13. Januar des Jahres 27 v. Chr. an den Senat zurück, da er aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre um die Problematik einer solch herausragenden Position wusste. Die alte Verfassung der Republik („res publica restituta“) war somit wieder hergestellt. Als besondere Ehre wurde ihm aufgrund dieses Aktes der Beiname („cognomen“) „Augustus“ (der Erhabene) verliehen; später wurde sogar der Name des Monats „sextilis“ in „Augustus“ umgewandelt. Obwohl Augustus seine großen persönlichen Machtbefugnisse formell zurückgegeben hatte, änderte dies kaum etwas an der Tatsache, dass er - wenn auch inoffiziell - mit Abstand der mächtigste Mann im Staat war, da der Senat ihm einige Sonderrechte übergeben hatte.

Die Republik blühte unter Augustus regelrecht auf. Sowohl in den Kern- als auch in den Grenzgebieten des römischen Reiches sorgte er für eine neue Ordnung. Diese basierte v. a. auf einer neuen Regelung der Rechtsnormen, die dem einzelnen Bürger mehr Freiheiten zur Gestaltung des eigenen Lebens ließen und so eine neuartige Lebensgrundlage darstellten. Aber nicht nur in rechtlichen und politischen Bereichen fanden Veränderungen statt; besonders die Ebene des geistigen Lebens und der Künste erlebte einen ungeahnten Aufschwung. Bestes Beispiel dafür ist in diesem Zusammenhang die römische Dichtkunst, die mit Namen wie Vergil, Horaz, Properz, Tibull und Ovid in Verbindung gebracht wird.

Allerdings ist ein immer wieder auftauchender Kritikpunkt nicht außer Acht zu lassen: Nicht alle Menschen erlebten diese Zeit als eine ungewöhnlich positive. Es gab auch gesellschaftliche Schichten (wie z. B. die wirtschaftlich Schwachen oder die Sklaven), die die „Pax Augusta“ eher in Resignation und Verzweiflung erlebten. Es kam sogar zu Protesten und Aufständen, die aber letztendlich niedergeschlagen wurden. Trotz dieser nicht zu übersehenden negativen Aspekte stellte die „Pax Augusta“ für die meisten Bewohner des Römischen Reiches eine neue Lebensform und -qualität dar, die bis zu diesem Zeitpunkt kaum vorstellbar gewesen war. Insgesamt gesehen rechtfertigt also auch die spätere Betrachtung dieser Zeit die Bezeichnung „Pax Augusta“.

3. Die Vierte Ekloge

3.1 Lateinischer Text der ersten 25 Verse

1. Sicelides Musae, paulo maiora canamus!1
2. Non omnis arbusta iuvant humilesque myricae;
3. si canimus silvas, silvae sint2 consule dignae.
4. Ultima Cumaei venit iam carminis aetas;
5. magnus ab integro saeclorum nascitur ordo;
6. iam redit et virgo, redeunt Saturnia regna;
7. iam nova progenies caelo demittitur alto.
8. Tu modo nascenti puero, quo ferrea primum
9. desinet ac toto surget gens aurea mundo,
10. casta fave Lucina; tuus iam regnat Apollo.
11. Teque adeo decus hoc aevi, te consule, inibit,
12. Pollio, et incipient magni procedere menses;
13. te duce, si qua manent sceleris vestigia nostri,
14. inrita perpetua solvent formidine terras.
15. Ille deum vitam accipiet divisque videbit
16. permixtos heroas et ipse videbitur illis
17. pacatumque reget patriis virtutibus orbem.
18. At tibi prima, puer, nullo munuscula cultu
19. errantis hederas passim cum baccare tellus
20. mixtaque ridenti colocasia fundet acantho.
21. Ipsae lacte domum referent distenta capellae
22. ubera, nec magnos metuent armenta leones.
23. Ipsa tibi blandos fundent cunabula flores.
24. Occidet et serpens et fallax herba veneni
25. occidet, Assyrium vulgo nascetur amomum.

3.2 Übersetzung ins Deutsche

1. Musen Siziliens, lasst uns ein wenig Größeres singen!
2. Nicht alle erfreuen Gebüsche und niedrige Tamariskensträucher;
3. wenn wir Wälder singen, mögen die Wälder eines Konsuls würdig sein.
4. Das letzte Zeitalter des Liedes aus Cumae ist schon gekommen;
5. der große Kreislauf der Zeitalter wird von neuem geboren;
6. schon kehrt die Jungfrau zurück, die saturnischen Königsherrschaften kehren zurück;
7. Schon wird ein neuer Nachkomme aus dem hohen Himmel herabgelassen.
8. Sei du nur dem geborenen Jungen, durch den das eiserne Zeitalter zum ersten Mal
9. ein Ende nimmt und sich in der ganzen Welt ein goldenes Zeitalter erhebt,
10. günstig, reine Lucina, schon herrscht dein Apollo.
11. Und gerade hier unter dir, wird die Herrlichkeit des Zeitalters, unter dir als Konsul, beginnen,
12. Pollio, und die großen Monate werden anfangen ihren Lauf zu nehmen;
13. unter deiner Führung, wenn noch Spuren unseres Verbrechens bleiben,
14. werden sie getilgt und sie werden die Erde von der fortlaufenden Angst befreien.
15. Jener wird das Leben der Götter annehmen und er wird
16. die Heroen vermischt mit den Göttern sehen und er selbst wird unter jenen gesehen
17. und er wird den friedlichen Kreis mit väterlichen Tugenden regieren.
18. Dir dagegen, Junge, wird die Erde als erste Kleingeschenke ohne Pflege
19. rankenden Efeu ringsumher mit Baldrian
20. und Wasserrosen gemischt mit strahlendem Bärenklau streuen.
21. Selbst die Ziegen werden prall mit Milch gefüllte Euter nach Hause bringen,
22. und die Rinderherden werden die großen Löwen nicht fürchten.
23. Selbst die Wiege wird dir liebliche Blumen streuen.
24. Die Schlange wird untergehen, und die trügerische Giftpflanze wird untergehen;
25. überall wird assyrischer Balsam wachsen.

3.3 Gliederung und Erläuterungen

Die nun vorliegende Übersetzung (siehe Punkt 3.2) bedarf einiger Erläuterungen und Erklärungen, da sie verhältnismäßig stark an den lateinischen Text gebunden ist3. Durch die Einteilung der 25 Verse in mehrere kleine Abschnitte lassen sich die unterschiedlichen Inhalte der einzelnen Passagen am besten wiedergeben.

Verse 1-3: Prooemium; in diesem Vorwort wird das Thema der Ekloge (die Verheißung des neuen Weltzeitalters) angekündigt. Die drei ersten Verse zeigen, dass es sich bei dem vorliegenden Gedicht um ein bukolisches handelt, denn Vergil spricht von verschiedenen Pflanzenarten („arbusta“, „humilesque myricae“ und „silvae“). Auch wird hervorgehoben, dass sich dieses Gedicht von den anderen abhebt, da von etwas Größerem („paulo maiora“) gesungen werden soll. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass die Ekloge nicht von Büschen oder Sträuchern, sondern von ganzen Wäldern handelt.

Verse 4-7: In diesem Abschnitt wird das letzte, schlechte Zeitalter („ultima … aetas“) verabschiedet und der Anbruch des neuen, goldenen („magnus ab integro saeclorum nascitur ordo“) verkündet. Das saturnische Reich („Saturnia regna“) steht allgemein für das goldene Zeitalter, in dem Saturn, der Herrscher des guten Reiches, regiert und in dem die Menschen friedlich zusammen leben. Außerdem wird schon angedeutet, dass das kommende Zeitalter mit einem neuen Geschlecht, einem Nachkommen („nova progenies“) zusammenhängt.

Verse 8-10: Lucina, die Göttin der Geburt, wird angesprochen und gebeten, bei der Geburt des Jungen gnädig zu sein („casta fave Lucina“), denn dieser wird zum ersten Mal für das Ende des eisernen Zeitalters sorgen und den Beginn des goldenen einleiten.

Verse 11-14: Nun wird der Konsul Pollio angesprochen, dem diese Ekloge gewidmet ist. Vergil macht eine konkrete Zeitangabe über den Anfang des neuen Zeitalters: Es wird seinen Anfang zu der Regierungszeit Pollios (d.h. im Jahre 40 v. Chr.) nehmen („teque adeo decus hoc aevi te consule inibit“) und die ganze Erde wird von Verbrechen und Ängsten befreit sein.

Verse 15-17: In diesem Absatz geht es hauptsächlich um den Jungen selbst („ille“ = puer), der göttliche Züge aufweist („ille deum vitam accipiet“). Neben den Eigenschaften des Jungen geht es hier um seine Art, das Reich zu regieren, nämlich mit den väterlichen Tugenden („reget patriis virtutibus“).

Verse 18-20: Nun beschreibt Vergil die Reaktion der Natur auf die Geburt des göttlichen Knaben: Ohne irgendwelche menschliche Pflege beginnen die Pflanzen aufzublühen, gedeihen in voller Pracht und „beschenken“ den Jungen mit ihrer besonders schönen und reichen Vielfalt („errantis hederas passim cum baccare tellus mixtaque ridenti colocasia“).

Verse 21-22: Auch in der Tierwelt finden Veränderungen statt. Als Beispiele werden genannt, dass die Ziegen mehr Milch geben („ipsae lacte domum referent distenta capellae ubera“) und eigentlich verfeindete Tierarten wie Rinder und Löwen einträchtig zusammen leben („magnos metuent armenta leones“).

Vers 23: Dieser Vers ist weder der Flora noch der Fauna zuzuordnen; er zeigt vielmehr, dass nicht nur Lebewesen von der Geburt des Jungen beeinflusst werden, sondern auch leblose, „tote“ Gegenstände wie z.B. eine Wiege („cunabula“) die Ankunft des Knaben „realisieren“ und ihn willkommen heißen.

Verse 24-25: Die letzten beiden Verse verdeutlichen, dass nicht nur „das Gute“ seinen Platz in der Welt hat, sondern dass in gleicher Weise „das Böse“ vernichtet und aus der Welt verbannt wird. Vergil nennt hier die Schlange („serpens“) und die trügerische Giftpflanze („fallax hera veneni“), die untergehen werden. Aber trotzdem betont er noch einmal, dass überall assyrischer Balsam („Assyrium … amomum“) wachsen wird, der als eine Pflanze von heilender Kraft bekannt ist.

Die folgenden Verse, von Vers 26 bis zum Ende der Ekloge (Vers 63), - die nicht Thema dieser Facharbeit sind - schildern sowohl die Entwicklung des

Knaben als auch die Entwicklung des neuen Zeitalters. Besonders die Parallelen zwischen beiden werden hervorgehoben. Das Ende der Ekloge beschreibt den Augenblick der Geburt des „puer“.

3.4 Skandierung

Vergil hat seine Vierte Ekloge im Versmaß „Hexameter“ verfasst. Als Hexameter bezeichnet man einen Vers, der aus 6 (gr. hex = sechs) daktylischen Versfüßen besteht. Die ersten vier Versfüße können sowohl aus Daktylen (lang-kurz-kurz) als auch aus Spondeen (lang-lang) bestehen. Der fünfte ist (mit sehr wenigen Ausnahmen) immer ein Daktylus und der sechste Vers besteht aus einem zweisilbigen Metrum, dessen erste Silbe lang, die zweite lang oder kurz ist. Dieses metrische Schema ist charakteristisch für die bukolische Dichtung.

Beispiel für Hexameter in Vergils Vierter Ekloge, Verse 4-7:

4. Ultima Cumaei venit iam carminis aetas;

5. magnus ab integro saeclorum nascitur ordo;

6. iam redit et virgo, redeunt Saturnia regna;

7. iam nova progenies caelo demittitur alto.

3.5 Stilistische Untersuchung

Die Vierte Ekloge Vergils ist nicht nur inhaltlich eines der berühmtesten Gedichte der Weltliteratur, sie stellt ebenso stilistisch ein außergewöhnliches Beispiel für dichterische Eleganz und Schönheit dar. Dies soll in dem folgenden Textabschnitt exemplarisch untersucht und verdeutlicht werden.

Klangfiguren:

• Vers 3 - Alliteration: si … silvas silvae sint

• Vers 6/7 - Anapher: iam… iam…

• Vers 8 - Homoioteleuton: modo … puero quo

• Vers 14 - Homoioteleuton: inrita perpetua

• Vers 15 - Homoioteleuton: deum vitam

• Vers 24/25 - Anapher: occidet… occidet…

Stilistische Mittel:

• Vers 2/3 - Antithese: „arbusta… humilisque myricae“ --- „silvas, silvae“

=> Mithilfe dieser Antithese verdeutlicht Vergil anschaulich den Unterschied, der dieses Gedicht von anderen, „gewöhnlichen“ abhebt. Er betont, dass nicht nur von „Büschen und niedrigen

Tamariskensträuchern“ gesungen werden soll, sondern von ganzen „Wäldern“.

• Vers 3 - Traductio: „silvas, silvae“ => Durch das vorliegende Traductio

betont Vergil noch einmal den besonderen Status des Gedichtes. Indem er zweimal „silva“ schreibt, wird klar, dass wirklich von etwas Höherem berichtet werden soll.

• Vers 7 - Pleonasmus: „caelo alto“ = „Hoher Himmel“ => Eigentlich ist

das Adjektiv „hoch“ an dieser Stelle überflüssig, da das Wort „Himmel“ schon aussagekräftig genug ist. Durch die Dopplung wird noch einmal die Besonderheit des Knaben verdeutlicht, der nicht nur aus dem Himmel auf die Erde geschickt wird, sondern sogar aus dem hohen Himmel.

• Vers 8/9 - Metapher/Antithese: „ferrea“ und „aurea“ => Vergil benutzt zur Verdeutlichung des letzten Zeitalters den Begriff „eisern“. Dieses Wort hat einen negativen Beiklang: Es steht für das vergangene schlechte Zeitalter, das nun von dem neuen „goldenen“ abgelöst wird.

• Vers 22 - Paradoxon: „ nec magnos metuent armenta leones“ => Anhand dieses Paradoxons wird die Ungewöhnlichkeit des kommenden Friedens hervorgehoben. Sogar verfeindete Tierarten wie Rinder und

Löwen, die unter normalen Umständen nicht einträchtig miteinander leben könnten, bringt der Friede zusammen, d.h. er macht etwas eigentlich Unmögliches möglich.

• Vers 24/25 - Antithese: „fallax herba veneni“ --- „Assyrium amomum“ => An dieser Stelle wird noch einmal der Kontrast zwischen dem alten und dem neuen Zeitalter verdeutlicht. Die Giftpflanze (ein Gewächs, das das schlechte Zeitalter symbolisiert) wird vernichtet, stattdessen wächst nun überall die sehr seltene Heilpflanze, die für das gute Zeitalter steht.

4. Wer ist der „göttliche Knabe“? - Deutungsversuche

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit einer Auswahl verschiedener Deutungsversuche des göttlichen Knaben. Problematisch ist in diesem Zusammenhang v. a. die Tatsache, dass Vergil eine sehr konkrete Zeitangabe (das Jahr des Konsulats des Pollio, d. h. 40 v. Chr.) über den Beginn des neuen Zeitalters - folglich auch über die Geburt des Jungen - macht, die mit den wenigsten Deutungen vereinbar ist.4 Insgesamt kann man davon sprechen, dass es drei verschiedene Deutungsrichtungen gibt, die mit der Schwierigkeit bezüglich der Datierung in sehr unterschiedlicher Art und Weise umgehen: die christliche Deutung, die nicht-christliche und die sich auf keine Person beziehende, abstrakt gehaltene.

4.1 Christliche Deutung: Für diese Deutung, die Jesus Christus als den göttlichen Knaben ansieht, bietet besonders die erstaunliche Ähnlichkeit der Vierten Ekloge (z.B. Verse 18-25) mit alttestamentarischen Texten (z.B. Jesaja, 7,14ff; 9,5; 11,6-9) einen handfesten Ansatzpunkt:

Ekloge 4, 18-25: „Dir dagegen, Junge, wird die Erde als erste Kleingeschenke ohne Pflege rankenden Efeu ringsumher mit Baldrian und Wasserrosen gemischt mit strahlendem Bärenklau streuen. Selbst die Ziegen werden prall mit Milch gefüllte Euter nach Hause bringen, und die Rinderherden werden die großen Löwen nicht fürchten. Selbst die Wiege wird dir liebliche Blumen streuen. Die Schlange wird untergehen, und die trügerische Giftpflanze wird untergehen; überall wird assyrischer Balsam wachsen.“

Jesaja, 11, 6-9: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses mehr und begeht keine Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.“

In den beiden Textstellen von Jesaja und Vergil wird in verblüffend ähnlicher Art und Weise die Verheißung des messianischen Reiches bzw. des neuen goldenen Zeitalters beschrieben. Den Bezug der Vierten Ekloge zum Christentum stellte schon Kaiser Konstantin 325 auf dem Konzil in Nicaea her. Für ihn stellte z.B. auch der 7. Vers in der Ekloge („iam nova progenies caelo demittitur alto“) ein deutliches Indiz für die messianische Deutung dar, denn mit dem „neuen Nachkommen, der aus dem Himmel herabgelassen wird“, konnte nur Jesus Christus gemeint sein. In einer weiteren Textstelle spricht Vergil von einer Jungfrau (Vers 6: „iam redit et virgo“), was ebenfalls als Anzeichen für den christlichen Charakter der Ekloge angesehen wurde.

Neben Konstantin, der die Vierte Ekloge als Offenbarung Gottes den Heiden gegenüber bezeichnete, spielten noch die Kirchenväter Laktanz und Augustinus eine Rolle, die in Vergil ebenfalls den Propheten des Messias sahen. Im Mittelalter wurde Vergil sogar als Heiliger verehrt und er bekam aufgrund der christlichen Deutung der Ekloge den Titel „Vater des Abendlandes“. Innerhalb der christlichen Deutungen gibt es mehrere Strömungen mit unterschiedlich gelagerten Schwerpunkten. So steht auf der einen Seite z. B. der Ansatz, dass in der Vierten Ekloge das Reich Gottes nach dem Jüngsten Gericht geschildert wird. Auf einer anderen Seite liegt der Schwerpunkt eher auf der Menschwerdung Christi.5

Die angeführten Beispiele stellen nur eine kleine Auswahl dar. Sie sollen andeuten, inwieweit das Hirtengedicht Interpretationsmöglichkeiten für eine

christliche Deutung anhand verschiedener Textstellen und Bezüge zur Bibel bietet.

4.2 Nicht-christliche Deutung: Innerhalb dieses sehr allgemein gefassten Bereiches der nicht-christlichen Deutung gibt es große Kontraste, wie die Fülle der z. T. sehr gegensätzlichen Interpretationen zeigt. Aber eine unbestrittene Gemeinsamkeit gibt es: Jede Deutung für sich sieht in dem göttlichen Knaben nicht den Messias, sondern versucht ihm eine historische Persönlichkeit zuzuordnen. Die Anhänger der nicht-messianischen Deutung stehen nun vor dem Problem, die Identität des „puer“ erklären und belegen zu müssen, um als eine ernstzunehmende Gegenposition zum christlichen Deutungsansatz angesehen werden zu können.

In den meisten Fällen sucht die Forschung nach einer Erklärung, die ihren Ursprung im Gedicht selbst hat: Die Entstehung der Ekloge und die Zeit der Geburt des Jungen sind grob von Ende 41 - 40 v. Chr. anzusetzen (vgl. Vers 8 und 11f), so dass auch nach Kindern, die in dieser Zeit geboren wurden, gesucht werden muss. Kaum eine Erklärung scheint zur Ekloge zu passen:6 Ein erster Deutungsversuch sieht den Sohn Pollios als den „puer“ an. Dies scheint jedoch sehr weit hergeholt, da es in der Ekloge keine Hinweise dafür gibt. Außerdem ist ein solches Kind nicht „göttlich“ genug, um dem Anspruch Vergils gerecht zu werden. Aufgrund der späteren Bedeutung, die Octavian durch seine Taten zukam, wurde auch in seiner Verwandtschaft nach einem „passenden Kind“ gesucht. Könnte der Knabe ein Kind des Octavian oder eines von Octavia (der Schwester von Augustus) und Antonius sein? Da ein Kind der Octavia (Marcellus) im Jahre 41 v. Chr. - folglich im Hinblick auf die Ekloge zu früh - geboren wurde bzw. das Kind des Octavian weiblich war (Julia, im Jahre 39 v. Chr. geboren) und aus der Ehe von Octavia und Antonius keine Kinder hervorgingen, ist auch diese Theorie auszuschließen. Nur ein Kind von Antonius und Kleopatra wäre denkbar. Zeitlich wäre die Geburt der Zwillinge (Alexander Helios und Kleopatra Selene - durchaus Namen, die einen Bezug zur Götterwelt der Ekloge haben) korrekt, dennoch scheiden auch sie wegen mangelnder Beziehung zur römischen Welt aus. Es kommen also für das Jahr 40 v. Chr. keine Kinder in Betracht, die sich mit dem Hintergrund der vergilischen Idee vereinbaren ließen.

Eine eigentlich „sinnlose“ Deutung sei an dieser Stelle trotzdem angeführt: Octavian selbst als der göttliche „puer“. Sinnlos ist diese Interpretation aus Sicht des Gedichtes; sie passt in keiner Weise zu dem festgelegten Datum des Konsulats des Pollio. Dennoch erscheint es durchaus berechtigt, sie in diesem Rahmen aufzunehmen, da sie insgesamt sehr gut zu Vergils gesamten Werken und seiner herausragenden Meinung von Augustus passt, die sich besonders auch in der Aeneis widerspiegelt.

Aufgrund der vorliegenden nicht-messianischen Deutungsversuche wird klar, dass es unter ihnen keine wirklich in sich logische Lösung gibt, die sowohl der zeitlichen Angabe als auch dem vergilischen Gedanken und der Verbindung zum Römischen Reich gerecht wird.

Wegen dieses unbefriedigenden Ergebnisses liegt nun die Frage nahe, ob es sich bei dem „puer“ der Vierten Ekloge überhaupt um ein irdisches Kind handelt.

4.3 Die abstrakte Deutung: Die Frage nach dem „puer“ als einem irdischen Kind wird in der „abstrakten Deutung“ eindeutig mit einem „Nein“ beantwortet. In der berühmtesten Deutung nach Karl Büchner7 ist der Knabe eine Metapher für das goldene Zeitalter selbst. Die Geburtsstunde dieses Zeitalters stellt der „Frieden von Brundisium“ (40 v.

Chr.) dar. Jeder Versuch dem „puer“ eine historische Persönlichkeit zuzuordnen ist im Sinne des von Metaphern und abstrakten Begriffen geprägten Gedichtes nicht angemessen. Für Büchner symbolisieren der Knabe und die Beschreibung seiner Kindheit und Jugend die Entwicklung des Friedens. Dies ist eine durchaus verständliche Annahme, denn die Römer waren bekannt für ihre Art, geistige

Entwicklungen in biologischen Metaphern auszudrücken. Insofern kann der Knabe für eine zwar langsame, aber immer vorangehende, dynamische Entwicklung stehen. Aber es gibt ein wichtiges Gegenargument: Zu sehr betont Vergil die Parallelen in der Entwicklung des Jungen und des Zeitalters, so dass die vorgestellte abstrakte Deutung des „puer“ auch nicht sehr überzeugend ist.8 Vergil hätte sonst vermutlich einen anderen Weg gewählt und nicht einen solch großen Wert auf den Parallelismus zwischen der neuen goldenen Zeit und dem Knaben gelegt.

Ohne Kritik kann diese „abstrakte Deutung“ also auch nicht akzeptiert werden. Sie bietet aber einen interessanten Ansatz, der deutlich macht, dass die Suche nach einer Erklärung für den „puer“ zu beschränkt und eng bleibt, solange sie sich nur auf historische Personen konzentriert. Somit zeigt sie einen Weg auf, der eine völlig andere Lösungsmöglichkeit für dieses Problem bietet.

4.4 Zusammenfassung: Nachdem nun die drei Deutungsrichtungen in Ansätzen vorgestellt und anhand einiger Beispiele veranschaulicht wurden, ist deutlich geworden, dass es kaum eine „richtige“ Deutung des Knaben geben kann. Seit nunmehr 2000 Jahren versuchen Historiker und Vergilforscher die „Puer-Frage“ zu beantworten. Es scheint jedoch unmöglich zu sein, zu einem zufrieden stellenden Ergebnis zu kommen. Jede Interpretation mag aufgrund ihrer Argumentation überzeugend wirken, wird aber meist durch die unzähligen Gegenargumente anderer Deutungen in Frage gestellt. Vielleicht liegt auch gerade in diesem Rätsel der Sinn der Vierten Ekloge? Vielleicht wollte Vergil gar nicht, dass dieses Geheimnis gelüftet wird? Vielleicht hatte er selbst gar keine konkrete Vorstellung von dem Jungen? Doch dies alles sind reine Spekulationen, die sich nicht verifizieren lassen, egal wie sehr man sich um eine Erklärung bemüht.

5. Exkurs: Die „Ara Pacis Augustae“ - ein Symbol des neuen Zeitalters

Die „Ara Pacis“ ist eines der wichtigsten und konkretesten Symbole für den augusteischen Frieden. In ihrem Erscheinungsbild vereinen sich mythologisch gedachte Visionen des neuen, goldenen Zeitalters (z.B. das Tellus-Relief) mit Abbildungen von historischen Ereignissen (z.B. die Prozession bei der Grundsteinlegung 13 v. Chr.)9.

Das Äußere der „Ara Pacis“: Der ganze Bau besteht aus lunensischem (carrarischem) Marmor. Er ist fast quadratisch (11,6 x10,6 m) aufgebaut und steht auf einem Sockel, auf dem sich die Umfassungsmauer erhebt. Über eine Treppe gelangt man in den Innenraum, in dem der Altartisch steht, auf dem Opfer dargebracht wurden. Das Bild zeigt die Vorderseite der „Ara Pacis“:10

Als Kaiser Augustus im Jahre 9 v. Chr. siegreich aus Gallien und Spanien zurückkehrte, stiftete der Senat ihm zu Ehren diesen „Altar der erhabenen

Friedensgöttin“. Augustus selbst nahm in seinem berühmten

Rechenschaftsbericht, den „res gestae“, zu dieser ihm erwiesenen Ehre wie folgt Stellung: „Als ich aus Spanien und Gallien unter dem

Konsulat des Tiberius Nero und Publius Quintilius erfolgreich nach Rom zurückkam, beschloss der Senat, für meine Rückkehr einen Altar der Pax Augusta auf dem Marsfeld zu weihen, und gebot, dass auf ihm die Magistrate, Priester und Vestalinnen alljährlich ein Opfer darbringen sollten.“11 In dem Erscheinungsbild des Altars wird in künstlerisch anmutiger Weise die Idee der „Pax Augusta“ dargestellt. Die Dekoration an der Außenseite ist in zwei Streifen geteilt; diese werden durch ein Mäanderband voneinander getrennt. Der Schmuck besteht aus einem Pflanzenornament (dem unteren Streifen) sowie einem Figurenfries (dem oberen Streifen). Durch das Pflanzenornament werden die Pracht der Natur und die Fruchtbarkeit im neuen Zeitalter offenbar. Die Abbildungen des Figurenfrieses zeigen in verherrlichender Weise den neu wiederhergestellten Frieden, die Ordnung und den Wohlstand im Reich. Besonders die allegorischen Darstellungen verdeutlichen die Verheißung des neuen Weltzeitalters.

Die Göttin „Pax“: Nach der Weihe der Ara Pacis wurde der lateinische Begriff des Friedens („pax“) personifiziert und es begann die Verehrung der Göttin „Pax“. Dies ist ein erstaunlich später Zeitpunkt für das „Entstehen“ einer Gottheit, hatten die Römer doch schon vorher für so viele Dinge einen entsprechenden Gott oder eine Göttin. Erklären lässt sich die Tatsache vielleicht mit den wechselhaften Verhältnissen im römischen Reich, die einen Gott für den Frieden, der erfahrungsgemäß nie lange anhielt, kaum rechtfertigten. So kann wohl behauptet werden, dass nun die „Pax Augusta“ einen solch neuartigen und großartigen Frieden darstellte, dass die Menschen sogar eine eigene Gottheit für ihn erschufen.

Das Tellus-Relief an der Ostseite des Altars (siehe Bild12 )

Auf diesem Relief ist Tellus, die Göttin der Erde, als Mutter von zwei kleinen Kindern dargestellt. Sie hält die beiden auf ihrem Schoß und betrachtet sie mit liebevollem, behütendem Blick. Dies verleiht ihr selbst ein friedliches Aussehen und erzeugt eine sehr positive Atmosphäre. Die Mutter und ihre Kinder sind umgeben von prachtvoll gedeihenden Pflanzen, Blüten und Früchten, die als Symbole der Fruchtbarkeit gelten.

Das im Vordergrund des Reliefs dargestellte Schaf und die Kuh symbolisieren ebenfalls die Fruchtbarkeit der Erde. Rechts und links befinden sich zwei Gestalten (die Genien derLuft und des Wassers); die eine sitzt auf dem Rücken eines Schwans, die andere auf dem eines Seeungeheuers und beide betrachten Tellus.

Die dargestellte Szene ist sehr bezeichnend für das damalige Bild von einer neuen Friedensordnung. Sie gibt gut erkennbar auch die Vorstellung Vergils vom neuen goldenen Zeitalter wieder. In seiner Vierten Ekloge betont er besonders das Aufblühen und die Pracht der Natur sowie die neuartige Friedlichkeit im Zusammenleben aller Geschöpfe. Insofern kann das Tellus- Relief als eine konkrete Abbildung des vergilischen Gedankens gelten.

III. Schluss

Persönliches Fazit:

Je mehr ich mich während der Erarbeitung der Facharbeit mit der Vierten Ekloge Vergils auseinandergesetzt habe, desto deutlicher wurde mir, dass die Aussagen des Gedichtes keinesfalls veraltet oder überholt sind, sondern dass die Ekloge auch in unserer Zeit hochaktuell ist. Die gegenwärtige gesellschaftliche und politische Situation in weiten Teilen der Welt zeigt, dass die Menschheit sich auch heute noch - mehr als 2000 Jahre nach Vergil - in einem Zustand der Sehnsucht nach einer besseren Zeit, einem neuen goldenen Zeitalter befindet. Gerade hier liegt der Hauptaspekt der Ekloge, denn ihr Gegenstand ist das ureigenste menschliche Phänomen: die Hoffnung auf ein Leben in Glück und Frieden.

Diese Aussage der Vierten Ekloge wird auch weiterhin ihre Gültigkeit bewahren, unabhängig von ihrer weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung und neuen Deutungsversuchen. Vielleicht wird man der Vierten Ekloge aber auch am ehesten gerecht, wenn man sie im Sinne des folgenden Zitates versteht:

„Das Unbestimmte ist in dem Gedicht das eigentlich Bestimmende; ein Phantasiegebilde sollte man nicht in die nackte Realität bannen und es dadurch der höheren Wahrheit, die es nur als das Unwirkliche besitzt, berauben.“

[Eduard Norden]13

[...]


1 Textgrundlage: Zink, Norbert. Die Pax Augusta als konkrete Utopie. (siehe Literaturverzeichnis - Primärliteratur).

2 In der Textausgabe eigentlich „sunt“, aber aufgrund anderer Quellen und auch nach meiner eigenen Auffassung hinsichtlich der Übersetzung umgeändert in „sint“.

3 Gliederung angelehnt an: Zink, Norbert. Die Pax Augusta als konkrete Utopie. Kapitel 1.4.4. „Gliederung“: S.58.

4 Vgl. „Wann ist die Ekloge geschrieben worden?“ In: Naumann, Heinrich. Der altsprachliche Unterricht (siehe Literaturverzeichnis). Kapitel 3. S. 31/32.

5 Vgl. Internetartikel „Deutungsversuche“. Detaillierte Erläuterungen zu den Unterschieden der messianischen Deutungsansätze.

6 Vgl. „Wer ist da Kind?“ In: Naumann, Heinrich. Der altsprachliche Unterricht (siehe Literaturverzeichnis). Kapitel 4. S. 32-35.

7 Der kleine Pauly. Band 5. Vergilius. Spalte 1193. Z. 29-46. Karl Büchner.

8 Vgl. „Wer ist das Kind?“ In: Naumann, Heinrich. Der altsprachliche Unterricht (siehe Literaturverzeichnis). Kapitel 4.6. S. 32/33.

9 Informationen vorwiegend aus: Moretti, Guiseppe. Die Ara Pacis Augustae.

10 Bildquelle: www.duerrholz.de/latein-welt/rom/monumente/ara_pacis/ara_pacis.html.

11 Zitat entnommen: Internetartikel „Die Ara Pacis Augustae“.

12 Bildquelle: www.duerrholz.de/latein-welt/rom/monumente/ara_pacis/ara_pacis.html.

13 Zitat entnommen: Naumann, Heinrich. Das Geheimnis der Vierten Ekloge. In: Der altsprachliche Unterricht - Zu Vergils 2000. Todestag. Jahrgang XXIV, 1981. Heft 5. S. 29.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Die Pax Augusta als konkrete Utopie
Note
14 Punkte
Auteur
Année
2002
Pages
21
N° de catalogue
V106985
ISBN (ebook)
9783640052608
Taille d'un fichier
548 KB
Langue
allemand
Annotations
Hallo ihr Wissbegierigen! *g* Ich hoffe, dass ich wenigstens einigen von euch mit dieser Arbeit ein kleines bisschen weiterhelfen kann! Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass mir das Verfassen dieser Facharbeit sehr großen Spaß gemacht hat - vielleicht merkt ihr das ja beim Lesen..! :-)) Über Kommentare würde ich mich sehr freuen! Katharina
Mots clés
Augusta, Utopie
Citation du texte
Teske Katharina (Auteur), 2002, Die Pax Augusta als konkrete Utopie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106985

Commentaires

  • invité le 20/6/2004

    !.

    Eindeutig das Beste, was ich im Netz über die 4.Ekloge gefunden habe..

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Titre: Die Pax Augusta als konkrete Utopie



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