Männliche Selbstinszenierungen in Bialy Kruk von A. Stasiuk


Dossier / Travail, 2002

28 Pages, Note: 1.0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung

2. Die Handlung

3. Stasiuks Prosa
3.1. Die literarischen Vorbilder
3.2. Auf Zivilisationsflucht
3.3. Sentimentalität

4. Männertypen - Die fünf Hauptpersonen 7
4.1. Wasyl Bandurko
4.2. Kostek Górka
4.3. Der Kleine - Der Erzähler - Gasior

5. Konstruktionselemente von Männlichkeit
5.1. Der Kampf
5.2. Tabak, Alkohol und eine eigene Sprache
5.3. Frauen in einer Männerwelt
5.3.1. Die Mutter
5.3.2. Das andere Geschlecht
5.4. Von Mann zu Mann

6. Zusammenfassung

7. Streszczenie

Literaturverzeichnis

1. Vorbemerkung

Befragt nach dem Motto seines literarischen Schaffens, einem ,,manifest literacki", antwortete Andrzej Stasiuk einmal: ,,Pisac, skreslac, myslec, patrzec, sluchac, pisac, skreslac, skreslac, skreslac ... A poza tym niezaleznie od sytuacji dobrze jest sie napic." (Nycz 1996: 119) Damit entspricht der 1960 in Warschau geborene, heute in den Beskiden lebende Autor, genau den Erwartungen, die nach Veröffentlichung seiner ersten Erzählungen und Romane an ihn gestellt werden: Einer der harten und männlichen Autoren zu sein, die derzeit in Polen schreiben. Die Themen Männlichkeit, das Zusammensein von Männern und die Freundschaft Jugendlicher stehen im Mittelpunkt des Romans Bialy kruk (1995, dt. Der weiße Rabe, 1998). Die Handlung, die Figuren und der Erzählstil, aber deutlich auch die Sprache, stehen hier im Ruf, sehr männlich zu sein.

Die vorliegende Arbeit möchte sich dem Thema Männlichkeit von der Seite der auffälligen Selbstinszenierungen her nähern. Es soll untersucht werden, wie Männlichkeit und Männerfreundschaft in Bialy kruk dargestellt, welche Elemente wahrer Männlichkeit an den Akteuren hervorgehoben werden. Auf diese Weise kann der Gegenentwurf zur modernen Zivilisation deutlicher werden, der sich in der Flucht aus der Großstadt Warschau als die Hauptmotivation der Fünf andeutet.

2. Die Handlung

Im Mittelpunkt der Handlung stehen fünf Männer Anfang dreißig, die einen Ausflug in die verschneiten Beskiden unternehmen. Das erste Romandrittel beschreibt, wie sich die Gruppe nacheinander in einer verlassenen Schutzhütte einfindet. Der namenlose Erzähler wird zu Beginn von Wasyl Bandurko, dem geistigen Anführer der Gruppe, zur Hütte geführt, in der bereits die Freunde - Gasior und Der Kleine genannt - warten. Nach einem Ausflug in die Natur der Umgebung begibt sich der Erzähler allein in die nächste größere Ortschaft, um dort Kostek Górka abzuholen, der verspätet mit dem Bus eintrifft. Nach einer auf dem Bahnhof durchwachten Nacht fahren beide mit dem Bus ins grenznahe Gebirge zurück und machen sich dann zu Fuß in Richtung Hütte auf. Sie werden von einem einzelnen Grenzpolizisten verfolgt, der sie kontrollieren will, von Kostek aber niedergeschlagen wird. Nach dieser Tat fahren beide mit dem Jeep des Grenzers in die Kleinstadt zurück, um von dort aus - auf Umwegen und unerkannt - zur Schutzhütte zu finden. Hier angekommen berichten sie von den Ereignissen und versetzen alle in Unruhe.

Sich verfolgt glaubend, fliehen die fünf Freunde - Gasior ist bereits erkrankt - durch unwegsames Gelände ohne ein genaues Ziel zu haben. Obdach für eine Nacht finden sie unterwegs bei einem einsamen Bergbauern, dessen Haus Schauplatz eines skurrilen Aufeinandertreffens von kargem Leben im Gebirge und moderner Mediengesellschaft wird. Das nächste Unterkommen finden sie in einer Herberge, in der zeitgleich eine größere Gruppe jugendlicher Urlauber feiert. Ein genaueres Kennenlernen wird durch plötzlich auftauchende Polizisten unterbrochen, die eine erneute Flucht von Wasyl, Gasior und dem Erzähler auslösen.

In stockdunkler Nacht erreichen die drei eine verlassene Kirche und lagern dort. Wasyl bricht nach durchwachter Nacht und auf Drängen des Erzählers allein auf, in der Hoffnung, so mehr Chancen auf ein Durchkommen zu haben. Ihm folgt kurz darauf der stark fieberkranke Gasior. Der zurückbleibende Erzähler sieht anschließend aus einem versteckten Beobachtungsposten den Kleinen und Kostek vorbeikommen. Nachdem er sie eingeholt hat und sie gemeinsam den zusammengebrochenen Gasior aufgelesen haben, suchen die vier Unterschlupf in einem verlassenen Steinbruch. Hier strebt die psychische Belastung ihrem Höhepunkt entgegen, als Kostek versucht, die Kontrolle und Gewalt an sich zu reißen. Unverhofft trifft Bandurko mit Lebensmitteln ein. Die Rivalität der beiden gipfelt in einem Zweikampf, der für beide tödlich ausgeht. Die Übriggebliebenen treten, physisch und psychisch angeschlagen, den Heimweg in die Zivilisation an.

3. Stasiuks Prosa

3.1. Die literarischen Vorbilder

Andrzej Stasiuk zeigt in seiner Prosa ein besonderes Faible für das Thema Männlichkeit, wie Lidia Burska feststellt: ,,Stasiuk lubi meskie gesty i facetów, którzy potrafia je ladnie spelniac. Czesto wydaje sie, ze bardziej fascynuja go literackie rytualy buntu, ryzyka, podrózy do kresu niz rzeczywiste tresci poznania i samowiedzy osiagane w taki sposób." (Burska 1996: 35) Er, dem dafür eine besondere Kompetenz nachgesagt wird, siedelt das Thema auf einem schmalen Grat zwischen Mystifikation und Banalisierung an und verarbeitet so verschiedene Traditionen.

Burska sieht in seinen Texten Repliken auf literarische Vorbilder wie Ernest Hemingway, Louis-Ferdinand Céline oder Marek Hlasko, verortet sie aber - im Unterschied zu deren Texten - ,,gdzies na pograniczu - mierzac sie z wielkimi i mocno juz zmistyfikownaymi tematami literatury [...], w otoczeniu pospolitym, gdzie chaotycznie miesza sie wartosci" (ebd.: 34). Die Helden des Weißen Raben besitzen Anklänge an die `schwarze Literatur' eines Franz Kafka oder der französischen Existenzialisten, denen sie ihren männlichen Stil verdanken: ,,Na tych przykladach ucza sie w kazdym razie meskiego stylu bycia" (ebd.: 35).

Elemente einer mystifizierten Männlichkeit sind für Burska hier vor allem ,,bunt, bedacy bezinteresownym dzialaniem i manifestacja wolnosci, niebezpiecznie zycie na krawedzi oraz rozmaite egzystencjalne podróze do kresu po samowiedze i samopotwierdzenie." (ebd.: 34) Männlicher Lebensstil aber, wie er in Literatur und Kino geprägt wurde, sei eher ein Produkt der Literatur, also ,,wartoscia przede wszystkim estetyczna, rytualem sztuki, nie zas norma zachowan, chocby i wyjatkowch tylko." Ohne eine völlige Entsprechung in der Wirklichkeit zu haben, möchte er aber keinesfalls künstlich erscheinen oder literarisch wirken, sondern dient dazu, ,,zycie uczynic stylowa autokreacja, desperackim gestem buntu. Gest ów mialbyc `rzeczywisty', nie literacki, spelniany nie zas opisywany." (ebd.: 35)

Lidia Burska sieht zwei literarische Traditionen in Bialy kruk zusammengeführt. Zum einen wurde mit dem Mythos, dem ,,mit wyobcowanego herosa, twardziela, cechujacy wczesniej powiesci Céline'a, Camusa, Malraux, Hemingwaya" (ebd.: 36), Unabhängigkeit gegenüber einem unmännlichen Schicksal bewiesen. Die zweite Tradition knüpft aber an Vorbilder wie Dostojewski und fügt dem Text eine fast religiöse Komponente hinzu: ,,egzystencjalism i sceptycyzm [...] zostaje w prozie Stasiuka otoczony aura metafizyki oraz specyficznej - religijnej - wrazliwosci na istnienie. Wrazliwosc te cechuje nostalgia wiecznosci i nie zawsze mozliwa do spelnienia potrzeba wielkiego sensu." (ebd.: 36) Daneben findet Burska einen ,,strywializowany nietzscheanizm", in dem der harte, einsame Mann die Position des Übermenschen einnimmt und es zu einem Paradoxon kommt: ,,sentymentalizm oraz kompensacyjna mitomanie bezsilnego, w gruncie rzeczy, silnego faceta." (ebd.: 38)

Eine harmonische Vermischung der Stile bescheinigt Andrzej Stasiuk auch der Literaturkritiker Jan Blonski, wenn er ihn einen literarischen Naturalisten nennt, der durch seine `Herrschaft des Vergleichens und der Übertragung' eine Wahrheit erkennt. ,,[Z]as zwiazek naturalizmu z estetyzmem ma tak solidna genealogie, ze nie musze dluzej usprawiedliwiac Stasiukowej mizantropii, mizogynii i upodobania w okrucienstwie!" (Blonski 1995: 383)

3.2. Auf Zivilisationsflucht

Die Gruppe der Fünf macht sich auf, um sich abseits der verweichlichten Zivilisation in einer rauen Welt zu beweisen. Es ist dies aber auch eine Reise in ihre gemeinsame Vergangenheit einer Jugendfreundschaft, die durch ein erneutes Abenteuer beschworen werden soll. Seit der Schulzeit bilden Wasyl Bandurko, Gasior, der Kleine und der Erzähler einen Kreis, dem sich später Kostek Górka anschloss:

,,Zbieralismy sie w kregu , jak rycerze Okraglego Stolu. Ramie przy ramieniu, postawione kolnierze, wydawalo sie, ze w ten sposób chronimy chmurki ciepla uciekajace z kufli. Nie mielismy króla Artura. Zupelna anarchia. Lecz wydawalo sie nam, ze jestesmy wszyscy ulepieni z tego samego kruszcu. Stad ten krag. Drobni pijaczkowie tez stawali w kregu. Wszyscy chlopcy formuja sie w kregi, jak Indianie, jak Zulusi." (Stasiuk 2000: 103)

Die Reise soll in einer Reihe mit ihrer früheren, gemeinsam verbrachter Zeit stehen, als sie ebenso auf der Flucht waren. Der Erzähler bezeichnet sie als ,,Prawdziwi uciekinierzy" (Stasiuk 2000: 99) und berichtet von ihren wilden Jahren:

,,[...] wyruszalismy w zwariuwane objazdy dookola Polski, scigajac sie autostopem, dwie, trzy doby bez snu, pozostawiajac na wylotówkach miast, na drogowskazach czarne znaki. Tak, wlasnie po to: chudzi, biedni i glodni, scigani przez wlasne wyobrazenia." (Stasiuk 2000: 78)

Doch was als Erlebnis und Wiederbelebung einer Jugendfreundschaft gedacht ist, misslingt: Ein Gruppengefühl kann nur ganz kurz, im 7. und 8. Kapitel, hergestellt werden, denn schon kurz darauf beginnt die Gruppe zu zerfallen, weil sich die Motive aller Beteiligten unterscheiden, weil die Unterschiede der Charaktere zu offensichtlich sind.

Zu Beginn allerdings empfinden alle, auch wenn Gasior in dieser Hinsicht am zögerlichsten ist, eine Ablehnung ihrer Umwelt, so wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Sie erkennen ihre damaligen Vorstellungen vom Leben als gescheitert und einer verweichlichten Zivilisation unterworfen, und brechen zu einer Reise aus der Großstadt in die Berge Südpolens auf. Wie im Erzählband Mury Hebronu, den Stasiuk 1992 veröffentlichte, wird auch hier die Metapher der Welt als einem Gefängnis benutzt: ,,czekaja na nich od dawna gotowe role spoleczne i nudna, meczaca jednostajnosc czynnosci codziennych, od których trudno sie uwolnic, bo kazdy odlot od rutyny, kazde swieto chlopców zwykle profanuje jakas zona." (Burska 1996: 37) Die raue, wahre Männlichkeit, versinnbildlicht im ,,twardziel idacy przez zycie bez oporów i wzruszen jak czolg, pozycja w swiecie zawdziecza wartosciom wymiernym i sprawdzalnym: nielomnosci charakteru, fizycznej sprawnosci i ,,kozactwu" (Burska 1996: 38), bildet einen Gegenentwurf zur zivilisierten, mit Frauen und unmännlichen Männern bevölkerten Welt der heutigen Gesellschaft.

Dieser ,,niemeski pólswiatek obludy, oszustwo, stworzony przez slabe i strachem podszyte stado, które swój samoobronny instynkt ubralo w szate praw, regul etycznych, godnosci i urzedów" (ebd.) steht der Domäne ehrlicher Regeln gegenüber. Dort herrschen ,,proste normy postepowania oraz czysta matematyka wyrównywanych rachunków. [...] tylko te bowiem przydatne sa w zyciu bedacym nieustanna wlaka, nie znoszacym slabosci." (ebd.)

Obwohl es sich um eine Gruppe von mehreren Personen handelt, findet der beliebte Topos des Einsamen Helden Verwendung, der niemals dort fehlen darf, wo es um den Mythos Männlichkeit geht. Die Helden sind in der Regel nicht wortwörtlich einsam, aber ihr Kampf mit einer übermächtigen Welt ist es. Ihrer Normalität und Langeweile wollen sie sich widersetzen. Im Laufe der Handlung zeigt sich aber, dass die einzelnen Akteure ein zu unterschiedliches Verhältnis zur Welt besitzen und deshalb, nach einer deutlichen Zweiteilung der Gruppe, auf die ser Reise zu unterschiedlichen (Selbst-)Erfahrungen gelangen. Kostek und Wasyl, ,,to wodzowie wyprawy-ucieczki, `sztab generalny paranoi', ideologowie konsekwencji, fanatycy urzeczywistniania literackich idei czy raczej iluzji" (Burska 1996: 40), folgen ihren Vorstellungen bis zum Ende. Die drei Übriggebliebenen aber fühlen sich völlig fehl am Platz: ,,Zelazna logika podrózy do kresu przekraczala ich wyobraznie, zdolna akceptowac tylko wolnosc praktyczna - ucieczke od monotonnej egzystencji [...]. Ale tez podróz-ucieczka uswiadomila im to jak bardzo zwiasani sa z `normalnoscia', jak bardzo nie chca jej porzucac." (ebd.).

Der verspürte Gegensatz von Wirklichkeit und den Illusionen männlichen Lebensstils, wie den Ideen der Anführer zugrunde liegt, aber auch in Schilderungen des Autors zum Ausdruck kommt, ruft eine große Enttäuschung hervor, der auch die Jugendfreundschaft zum Opfer fällt: ,,'Poukladany swiat' rodzinnych domów [...] byl niemozliwy do odzyskania. Zas meskie wartosci takie jak egzystencja heroiczna, samotna, absurdalna [...] wydaly sie pretensionalne i zupelnie nie z tej bajki, która przezywali w Beskidach, w strachu, zmeczeniu" (ebd.: 41).

3.3. Sentimentalität

Eine besondere Form von Sentimentalität erscheint als weiteres wichtiges Element der Männerliteratur Stasiuks. So findet Burska u.a.: ,,Sentymentalna jest liryka chlopiecych marzen oraz maniera tubylczych desperados, cechujaca bohaterów Bialego kruka." (Burska 1996: 38) Lässt Stasiuk seine einerseits so männlichen Helden aber in sentimentaen Erinnerungen Zuflucht suchen, beginnt er inkonsequent zu werden, so die Kritikerin. Diese Inkonsequenz sei für Stasiuks Prosa charakteristisch:

,,Ta latwa prawda w stylu gazetowych reportazy, podobnie jak liryczny ton rozgadanych wspomnien w Bialym kruku, czy symboliczna ucieczka ze swiata bardzo meskich doswiadczen dyskredituja literacki fason Stasiuka - fason takich przeciez, co lubia milczec i `nie placza po nocach w poduszke'". (ebd.)

In diesem Widerspruch allerdings sieht die Autorin - und das ist die zentrale These ihrer Arbeit - einen wichtigen positiven Effekt in seinem Prosawerk:

,,Andrzej Stasiuk wszakze nie tylko bezwiednie, brakiem konsekwencji, dyskredituje meski styl literatury. Jego twórczosc, zwlaszcza Bialy kruk, bywa tez swiadomie polemiczna, rozrachunkowa wobec estetycznej maniery poprzedników.

Dawnej fascynacji towarzyszy wiec dystans, który w koncu sprawia, ze mit czlowieka wyobcowanego, osobnego, czlowieka zbuntowanego i wolnego rozpada sie na kawalki. [... On] odkrywa w koncu i literacki falsz szokujacych prawd: zbyt latwych, zbyt dla papieru lekkich, zbyt czesto wypowiadanych z nieczystym sumieniem [...] staje sie w koncu demistyfikatorem mitu literackiego i niszczycielem zludzen wlasnych"" (Burska 1996: 39)

Die Ansicht, Stasiuk sei einer der männlichsten Autoren, rührt demzufolge auch und gerade daher, daß Stasiuk keine Furcht zeigt, in seinen Texten immer wieder von neuem Illusionen zu entlarven. Auch auf der Autorenebene wird Furchtlosigkeit so zu einer Eigenschaft, Männlichkeit zu schaffen.

In Bialy kruk werden Illusionen enttarnt. Vor allem zeigt sich, dass jenseits des Grates, der als Außengrenze der weibisch verachteten Welt gesehen wird, kein Mehr an Freiheit und Sinn ist:

,,Zadnej istotnej prawdy, zadnego objawnienia sensu. [...] Co zatem z poszukiwanym sensem? Co z wolnoscia i innymi meskimi sprawami? [...] Doswiadczenie graniczne okazalo sie bowiem doswiadczeniem pustki." (Burska 1996: 39f.)

Wie genau sieht aber der Gegenentwurf zur verweichlichten Zivilisation aus? Welches sind die Bauteile, aus denen sich insbesondere der Erzähler sein männliches Universum zusammensetzt? In Burskas Arbeit bleibt weitgehend ausgespart, wie die einzelnen Mitglieder der Gruppe agieren, welche Beziehungen sich unter ihnen entwickeln und wie die unterschiedlichen Ausprägungen von Männlichkeit in ihren Charakteren deutlich werden. Über die angesprochene Zweiteilung hinaus lassen sich aber in jedem der fünf Teilnehmer Möglichkeiten einer Männlichkeit finden.

4. Männertypen - Die fünf Hauptpersonen

Alle fünf Figuren treffen im dritten Kapitel, wenn auch in einer Rückschau, das erste Mal gemeinsam bei einem Treffen zur Vorbereitung dieses Ausfluges aufeinander. Der Abschnitt wird zu einer ersten und deutlichen Charakteristik der Gruppe und ihrer einzelnen Mitglieder.

4.1. Wasyl Bandurko

Auf einen ersten Blick drängt sich die Vermutung auf, dass Wasyl sich selbst in der Rolle und Tradition eines Revolutionärs sieht, der von der Notwendigkeit überzeugt ist, sein Leben und das der anderen zu ändern. Er gibt für die gemeinsame Unternehmung eine martialische Losung aus: ,,>Zycie albo smierc, chcecie zdychac, to zdychajcie.<" (Stasiuk 2000: 14) Später wird er seinem Freund die Auffassung von der Aussichtslosigkeit ihrer Existenz nochmals erklären:

,,>Bo przeciez tak nie bylo mozna, Gasior, sam wiesz, sam mi to mówiles. [...] Spójrz na siebie, Gasior, japisie od siedmiu bolesci z teczka i w butach za milion. Wszyscy zdechniecie albo oszalejecie, gdy wszystko, co macie do zrobienia, bedzie juz zrobione. Tylko ze nie ma takiej mozliwosci, wiec zdechniecie albo oszalejecie grubo przed koncem, chociazby dlatego, ze tego konca nigdy nie bedzie widac. Koniec jest jeden, ale wam to sie w tych glupich glowach nie miesci.<" (Stasiuk 2000: 24)

Wasyl ist Intellektueller und Künstler, der - materiell abgesichert - genug Zeit hat, über die menschliche Existenz in der Gesellschaft nachzudenken. Er quält sich mit der empfundenen Sinnlosigkeit bürgerlichen Daseins herum und beschließt, aus diesem auszubrechen. Seinen intellektuellen Anschein verstärkt er durch die Art des Auftretens hier und in anderen Szenen. Er erscheint nicht als ein gleichrangiges Mitglied dieser Gruppe, sondern unterscheidet sich von ihr, hebt sich ab. ,,Bandurko ciagnal czerwone wytrawne" (Stasiuk 2000: 14), während alle anderen Bier oder billigen Schnaps trinken. Auch sonst wirkt er intellektuell anspruchsvoller, denn er war ,,chyba zly za idiotyczne zarty, które przerwaly potok slów, i teraz nie mógl na nowo powiazac tych nitek, a raczej nie potrafil zebrac emocji, które pozwolily mu gadac przez pól godziny bez przerwy. Bo to byl rzecz natchnienia. Bandurko byl natchniony. Wszyscy o tym wiedzieli. I jeszcze byl zelota. Gorliwcem-wrazliwcem, i latwo go bylo zranic [...]." (Stasiuk 2000: 15)

Doch eben noch durch seine Losung eher als Revolutionär aufgetreten, findet er sich hier in einer anderen Rolle: Einem ,religiösen Eiferer' wird er mindestens ebenso gerecht, wie dem Revolutionär. Denn anders als verschiedene Revolutionäre vor ihm, besitzt er keine wissenschaftliche Theorie, mit der er seine Ansichten (die überdies eher unklar bleiben und am ehesten einem zivilisationsflüchtenden ,Zurück zur Natur' entsprechen) untermauern könnte. Er appelliert vielmehr an die emotionale Seite, an das Gefühl seiner Kameraden, und gesteht: ,,>Nie moge cie do niczego przekonac, nie mam zadnych racjonalnych argumentów.<" (Stasiuk 2000: 28). Die Freunde folgen ihm dank seines Charismas, den Sinn des Ausfluges durchschauen sie dabei nicht ganz. Wasyl ist sich dieses Charismas bewusst, ja er sieht sich mitunter selbst als religiösen Führer, der seine Jünger um sich schart:

,,Ja mam trzydziesci dwa lata, bylem pianista i pederasta, potem czytalem ksiazki i chodzilem po ulicach, i wierzylem, ze jestem obrazem i podobienstwem. Zwlaszcza jak mi ktos dokopal. Bo wtedy cierpialem, a zadne inne podobienstwo nie przychodzilo mi do glowy." (Stasiuk 2000: 24) ,,[...] wiec pewnie chodzil wsród tych szescianów ze stali, szkla, zapuszczal sie miedzy hale i dangary, zeby sie cwiczyc w retoryce, poscic na pustyni, miec wizje i prorokowac zaglade Jerozolimie z falistej blachy." (Stasiuk 2000: 17)

Die Ähnlichkeit zu Christus, auf die hier der Erzähler anspielt, die an vielen Einzelheiten (wie seinem Alter, Anspielungen auf den Leidensweg Christi und Parallelen in der Handlung) festgemacht werden kann, wird auch im Verhältnis zu Kostek deutlich. Beide sind Rivalen, doch Wasyl lädt besonders auch Kostek zur Teilnahme an der Reise ein. Bevor Kostek ihn tödlich verwundet, warnt Wasyl ihn noch vor der Gefahr, in eine Spalte zu stürzen (vgl. Stasiuk 2000: 270). Die Ausstrahlung, die Wasyl auf seine Freunde hat, zeugt von unbedingter Treue und Liebe zu ihnen. Diese Liebe wird mehrmals - auch scherzhaft - erwähnt, sie beruht nicht auf Gegenseitigkeit, keiner der anderen erwidert sie:

,,Milosc Wasyla byla wielka. [...] Podwójna, potrójna milosc Wasyla. Niewykluczone, ze bylismy kutasami, nie oddajac mu tego wszystkiego, czym nas obdarzal. Czasami az rzygan sie chcialo." (Stasiuk 2000: 121) ,,On nigdy nie dzialal z rozmyslem, a chec zranienia kogokolwiek byla mu najzupelniej obca. To on byl zawsze raniony i zapewne cierpial wtedy bardziej niz ja ze swoim pustym i zasmarkanym wieczorem.

Siedzial w tym pospiesznie poskladanym z okruchów swiecie, a wiedzia l jak jest kruchy i nieprawdziwy, bo stanowil tylko odpowiedz, dalekie, smutne odbicie naszych swiatów, beznadziejnych konstrukcji strachu i zaniechania." (Stasiuk 2000: 207)

Trotz seines Leidens an einer Welt, aus der er ausbrechen und Einsamkeit suchen möchte, ist er sich seiner tiefen Verantwortung den anderen gegenüber voll bewusst und kommt vorrangig ihr nach. Kurz vor Schluss wird das noch einmal deutlich. Im 33. Kapitel erscheint er plötzlich und unerwartet, obwohl er sich vorher endgültig verabschiedet und auf einen einsamen Weg gemacht hatte, um allein sein Glück zu versuchen. Nun bringt er den übrigen Nahrung und Zigaretten.

,,I wydawalo sie, ze tylko on, wasyl, jest elementem stalym. Tkwi nieporuszony w srodku zametu i utrzymje go w równowadze. Moze tak, moze bez niego rozpierzchlibysmy sie, przepadli w chaosie obcym i wrogim. Byl, po prostu byl." (Stasiuk 2000: 209).

Wasyl Bandurko gelingt es nur durch ein Charisma der Hingabe und Verantwortung, seine Freunde zum Mitgehen zu bewegen. Sein Verhalten nimmt Züge einer Christusgestalt an, wenn er das Leid, das er in der Welt der Menschen empfindet und sieht, allein zu tragen bereit ist und dabei immer auch für seine Freunde Sorge trägt. Diese Eigenschaften machen ihn, ohne dass er dies anstrebt, zum Anführer der Gruppe.

Diese allgegenwärtige Andersartigkeit wird durch seine Homosexualität noch unterstützt.

Seine Freunde bemerken schon von Anfang an, dass er nicht wie sie ist, doch gelang es, dies weniger wichtig zu nehmen. Ihre Toleranz beschränkt sich aber wohl auf die Bandurko, denn das Wort ,tuntig' dürfte eindeutig pejorativen Charakter haben:

,,Wtedy moglismy jego niechec i nieobecnosc przypisac dobremu wychowaniu. I tak zapewne robilismy. >Wasyl jest cipowaty< - tak powtarzalismy, i z biegiem czasu coraz mniej w tych slowach bylo wzgardy, po prostu spokojna konstatacja pomagajaca poruszac sie w rzeczywistosci." (Stasiuk 2000: 189)

4.2. Kostek Górka

Durch eine spitze, ja fast bösartige Erwiderung auf das oben angeführte Motto der Reise entpuppt sich Kostek Górka als Widerpart Bandurkos: ,,>Socjalizm albo smierc, socjalizm, Bandurko. Tak powiedzial comendante Castro i tak prosze powtarzac.<" (Stasiuk 2000: 14) Er stellt Wasyl in der Rolle des Revolutionärs bloß und benennt historische und zeitgenössische Vorgänger, deren Vorbildfunktion durch aussichtslosen Kampf (F. Castro) oder Scheitern (Revolutionäre des Sozialismus allgemein) ins Lächerliche gezogen wird. Es wird einer der wesentlichen Züge des Charakters Kostek Górkas deutlich: Distanz zu anderen Menschen. Er ist ihnen zwar körperlich nahe, wird sich aber nie dazu herablassen, sich vereinnahmen zu lassen oder seine Unabhängigkeit aufzugeben. So ist auch er Außenseiter - wie sein Rivale.

Kostek zeigt alles andere als heiligen Eifer, bei ihm ist es vielmehr Spott und Sarkasmus, mit dem er sich von allem und jedem distanziert, ohne dabei aber eine wirkliche Gegenposition zu vertreten. Seine Handlungen, mit denen er auch später seine externe Position betont, sind nie tatsächliche Alternativen zu denen Wasyls, vielmehr Abwandlungen, Überspitzungen oder Trotzreaktionen. Er, ,,[c]zarnowlosy, chudy i smagly, wygladal na Cygana albo na kogos, kto znalazl sie tutaj przypadkiem. On zawsze wygladal tak, jakby sie przysiadl, bo akurat bylo wolne miejsce. Myslal, kpil, nudzil sie na wlasny rachunek. Z rekami wcisnietymi w kieszenie spodni, z nogami hen, pod stolikiem, z postawionym kolnierzem kurtki, z oczami utkwionymi w etykietce Okocim o'k beer siedzial jak kibic nudnej partii." (Stasiuk 2000: 15)

Er ist vermutlich auch derjenige, der seine Biographie am gelungensten zu inszenieren und zu seiner eigenen Schöpfung zu machen versteht. Mit der Versenkung seiner dreijährigen schriftstellerischen Arbeit in der Weichsel distanziert er sich von der eigenen Vergangenheit, tut dies aber in einer allgemeinen Protesthandlung. ,,Odwracajac sie od literatury jako sfery odlegley od zycia, zarazem pragnie przeniesc w zycie utrwalone w niej ladne style komponowania biografii." (Burska 1996: 35)

Kostek erinnert zum Teil an einen Nihilisten oder einen wirklichen Revolutionär, der sich von der Durchsetzung einer Idee die Verbesserung der menschlichen Gesellschaft verspricht. Die Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz liegt in der Regellosigkeit und Unordnung, im Chaos, dessen Elemente sich gegenseitig aufheben: ,,Nie zostaje nic." (Stasiuk 2000: 239) Er äußert zwar keine ausgearbeitete Theorie, dies zu verändern, erscheint dem Erzähler aber zum Schluss des Romans als Fanatiker, als ,,lódzki demiurg za piec zlotych" (Stasiuk 2000: 241). Vor dem Warschauer Stadionmarkt beobachten der Erzähler und Kostek die Menschenmenge, ,,idacy sprzedawac i kupowac" (Stasiuk 2000: 239). Kostek scheint

,,zachwycony, ze tlum nie ma nawet pojecia o jego istnieniu, za to on sam obejmuje ich wszystkich swoimi myslami, wszystkich ludzi na tym stadionie i wszystkich ludzi od poczatku swiata. [...] on zajmuje sie nimi, próbujac przeniknac te wszystkie prawa bezwladu i nieruchomosci, dzieki którym mozemy istniec [...] potulni, ulegli i pogodzeni. [On] musial przygladac sie zyciz, zeby wpasc na pomysl, ze zycie domaga sie korekt. [...] prawdopodobnie obmyslal nowe stworzenie swiata, nowe prawa, dla siebie zostawiajac skromna funkcje rozumnego losu." (Stasiuk 2000: 241)

In dieser rückwärtigen Vision des Erzählers scheint Kostek vor allem als Nachfolger Raskolnikows, der sich bereits mehr als hundert Jahre zuvor in der Rolle des Vollstreckers eines ewigen Schicksals sah und als wahrer Mensch über der Masse der übrigen zu stehen glaubte. Wie dieser sich mit einem Napoleon verglich, so hat auch Kostek Górka Eigenschaften eines Usurpators an sich, der eine Führerschaft nicht aufgrund seines Charismas oder dem Wunsch der Geführten erringt, sondern durch Selbstzusprechung. In einer Ansprache fordert er die Führung (,,>Nikt nigdzie sobie nie pójdzie. Pójdziecie tam, gdzie ja zechce.<", Stasiuk 2000: 114), ohne dabei das Verantwortungsbewusstsein eines wirklichen Anführers zu zeigen (,,>Tylko ja moge was z tego odskrobac. Jak bede chcial i kiedy bede chcial. Dobrze mówie, Bandurko? Dobrze wiesz, ze dobrze. Od tej pory jestes moim komisarzem politycznym, ponial?<", Stasiuk 2000: 115).

Bandurko und Kostek sind ein Gegensatzpaar, das sich wechselseitig bedingt und dessen Einer ohne den Anderen vielleicht nicht existie ren kann. Beide sind einsam, aber aus freiem Entschluss, denn sie können und wollen sich an niemanden binden. Ihr Motive allerdings sind gegensätzlich und nicht vereinbar, in der Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Führungsrolle unterscheiden sie sich maßgeblich.

4.3. Der Kleine - Der Erzähler - Gasior

Es bleiben drei Mitglieder der Gruppe übrig, die - nach dem Gesagten - als eigentlicher Kern angesehen werden müssen, da sie sich nicht als Außenseiter verstehen. Sie sind hier das Publikum, das die Auseinandersetzung der beiden Einzelgänger schweigend und in Erwartung von Ereignissen verfolgt. Einerseits scheint die Achtung vor dem Charisma Wasyls sie vor einem Aufbegehren zu bewahren, denn ,,[c]hociaz Wasyl bredzil, nikt mu nie przerywal." (Stasiuk 2000: 15) Andererseits sind sie erleichtert, wenn ihnen jemand diesen Schritt der Auseinandersetzung mit Wasyls Ideen abnimmt: ,,moze dlatego siedzilismy w milczeniu, póki Kostek nie wyciagnal tej swojej szpileczki i nie upuscil powietrza z Wasylowego balonika." (Stasiuk 2000: 15) Denn nach einer solchen Unterbrechung sind sie wieder mit Zufriedenheit innerhalb ihres Problemhorizonts angekommen, ,,zaczelismy rozmawiac o duperelach, o tym, co bylo wczoraj, dzis, co zrobimy jutro, z kim to chcemy zrobic, a z kim robilismy kiedys." (ebd.)

Über die drei, den Erzähler, den Kleinen und Gasior wird weniger ausgesagt, als wir über die ,Extreme' Wasyl und Kostek erfahren. Sie entsprechen eher beschaulichen Normalbürgern, die mit dem Leben im Großen und Ganzen zufrieden sein dürften, eine revolutionäre oder religiöse Unruhe aber keineswegs verspüren. Sie können mit dem Ernst, mit dem Wasyl vom Tod spricht, nichts anfangen (,,>Jakiej prawdy? Ze jade sie bawic w partyzanta? Wasyl, badz powazny.<", Stasiuk 2000: 25) und sind in Erwartung eines kleinen Abenteuers oder einfach eines kurzen Urlaubs (,,>Mówiles, ze bedziemy chodzili.<", Stasiuk 2000: 26).

Auch wenn dies am deutlichsten an den Aussagen von Gasior festzumachen ist, so wird eine solche Einstellung doch auch beim Kleinen und dem Erzähler deutlich. Der Kleine, nach mehreren versuchten Selbstmorden, stellt kaum Fragen nach Sinn und Zweck, sondern macht geduldig mit. Entscheidend für ihn ist sowieso die Lust oder Unlust, weshalb er auch nach einem missglückten Suizid eine Wiederholung mit der Begründung ablehnen kann: ,,[...] a potem juz mi nie chcialo. Bylem jakis taki wypoczety [...]." (Stasiuk 2000: 32). Es findet sich kein In-Frage-Stellen oder Verteidigen von Sinn und Zweck des Ausflugs von ihm, seine Natur als Zuschauer wird klar, als er auf den Vorschlag des Erzählers, einfach abzuhauen, antwortet

,,>Wiesz, chyba nie. Z paru powodów. Pierwszy jast taki, ze mi sie zwyczajnie nie chce. Moze to jest najwazniejszy. A po drugie, to chcialbym zobaczyc, jak to sie skonczy. Zwykla ciekawosc. [...] Ja chyba sie nie boje. Caly czas mysle, ze to taka zabawa, i mysle, ze wszyscy na swiecie tak mysla. No i kusi mnie, zeby zobaczyc, jak ta zabawa zamienia sie w cos, co nie jest zabawa.<" (Stasiuk 2000: 149)

Wahrscheinlich treiben ähnlic he Motive den Erzähler dazu, nicht einfach wegzulaufen. Er bleibt bei den anderen, auch wenn ihm kein wirklicher Sinn hinter dem Ausflug zu stehen scheint, ,,[...] bo laczyla nas przeszlosc, która swiadomie lub nie, próbowalismy zatrzymac." (Stasiuk 2000: 47). Der Erzähler lässt allerdings die größte geistige Nähe zu Wasyl Bandurko spüren, ja er steht augenscheinlich in einem Verhältnis besonderer Sympathie zu diesem.

Das zeigen Stellen, wie die gemeinsame Wanderung am Beginn des Romans und die durchwachte Nacht in der verlassenen Kirche, in denen eine geistige Nähe spürbar wird. Die Vorliebe Wasyls, der unter den Fünfen der einzige wahre Zivilisationsflüchtling, Berg- und Naturfreund sein dürfte, teilt auch der Erzähler, wie durch eindrucksvolle Naturbeschreibungen (vgl. Stasiuk 2000: u.a. 8, 35-39) deutlich wird. Da er im Text als Ich- Erzähler auftritt, ist ihm nur beschränkt zu trauen. Das Verhältnis zu Wasyl ist so zumindest einseitig. Diese einen authentischen Bericht suggerierende Subjektivität lässt das gesamte Ideengebäude einer männlichen Idealwelt auf den Erzähler beschränkt bleiben.

Der dritte in dieser Kerngruppe ist Gasior, der den familienverwurzelten, im anspruchslosen Berufsleben verankerten Mann darstellt. Er steht unter dem Pantoffel seiner Frau, die in ihrem Fernsehalltag dem bürgerlichen Bedürfnis von Abenteuer in sicherer Entfernung am gerechtesten wird (vgl. Stasiuk 2000: 26f.). Dem Ausflug versucht er keinen tieferen Sinn abzugewinnen und zumindest keine kritischen Fragen zu stellen. ,,Gasior byl harcerzem" (Stasiuk 2000: 29) ist der zu Anfang wesentliche Eindruck. Hauptsächlich wird er als bequemer Mensch und ,Yuppie' beschrieben, der Anstrengung überhaupt nicht verkraften kann (,,>Albo posiedzial. Czlowiek powinien wiecej siedziec.< odrzekl Gasior.", Stasiuk 2000: 37). Ab dem 19. Kapitel beginnt er zu fiebern und gesundet - anders als Kostek - nicht wieder. Zwischenzeitlich ruft er als Gitarrensolist beim Erzähler Erinnerungen an die gemeinsame wilde Jugend wach. Hier verliert er als ,,wcieleniem poety" (Stasiuk 2000: 172) und ,,jedynym, który cos potrafil" (Stasiuk 2000: 144f.) selbst den Anschein intellektueller Unzulänglichkeit.

Als Kranker wird er meist mit einem kleinen Jungen verglichen und erhält so den Anschein der Zurückgebliebenheit und Unmännlichkeit (,,Wygladal jak maly chlopiec o zniszczonej twarzy.", Stasiuk 2000: 101; ,,twarz bez sladu zarostu, zniszczona twarz chlopca, który nigdy nie dbal o cere.", Stasiuk 2000: 106). Selten trägt er während dieser Phasen die eindeutigen Sympathien des Erzählers - vermutlich gerade wegen dieses unmännlichen Verhaltens. Zum Ende hin nimmt er zunehmend weniger an den Ereignissen teil und wird als Fieberkranker mitgeschleppt und getragen. Besonders diese passive Rolle des geistig nicht Anwesenden trägt zu seinem unmännlichen Eindruck bei. Dennoch lässt sich in der Last, die Gasior darstellt, für den Erzähler und den christushaften Wasyl eine positive Komponente gewinnen: ,,Istna droga krzyzowa, tyle ze jak na krzyz Gasior byl za bardzo flakowaty." (Stasiuk 2000: 200)

Die Teilung der Gruppe in zwei ,Außenseiter' und drei ,Gefolgsleute' wird auch vom Erzähler vermittelt :

,,Tylko wódz-szaleniec i jego zastepca-wariat trzymali sie razem, niemal wsparci ramionami, w komunii emaliowanego kubka [...]. A my trzej jak czysty przypadek: kawa, choroba, strach i pragnienie ciepla, suchych butów, czerwonego jablka po tych zwalach swinskiego tluszczu i telewizora [...]. Kostek Górka i Wasyl Bandurko [...] Sztab generalny paranoi. I trzy diwizje szmaciarzy. " (Stasiuk 2000: 119)

Die männlichen Typen, die hier sichtbar werden, lassen sich also in zwei Kategorien ordnen, die der Zweite ilung Burskas entspricht: Auf der einen Seite sind es Einzelgänger und Außenseiter, die eher mit sich selbst und ihrer Rolle in der Welt, aber auch mit tieferen Fragen der menschlichen Existenz befasst zu sein scheinen. Sie versuchen auf die anderen einzuw irken und so Veränderungen in ihrem und in deren Leben zu erreichen.

Auf der anderen Seite sind es die in die Gesellschaft Integrierten, die mit ihrem Leben im Grunde genommen zufrieden sind und eine Veränderung ihres Lebens nur zeitweise akzeptieren. Nach dem Wegfall des Grundes für eine solche zwischenzeitliche Veränderung, kehren sie in die alten Bahnen zurück.

5. Konstruktionselemente von Männlichkeit

Den Leser erfasst bereits unmittelbar zu Beginn des Romans das Gefühl, in eine rein männliche Welt vorzustoßen. Wodurch entsteht dieser Eindruck? Welche Eigenschaften und Verhaltensweisen sind es, die einzelne Charaktere als besonders männlich erscheinen, andere in ihren Bemühungen, richtige Männer zu sein, scheitern lassen? Ein paar Beobachtungen sollen zu mehr Klarheit führen.

5.1. Der Kampf

Im ersten Kapitel werden wir Zeuge, wie sich Bandurko und der Erzähler auf dem Weg zu ihren Kameraden durch hüfthohen Schnee kämpfen, getrieben vom Wetter und der Zeit, denn eine Übernachtung im Freien wäre fatal. Der Eindruck des Kämpfens wird verstärkt durch die Sprache, mit der ihrer körperlichen Anstrengung Ausdruck verliehen werden soll: Es wird geflucht (,,Co za syf!", ,,ta cholerna odwilz", Stasiuk 2000: 5), aber auch starke Ausdrücke eindeutig männlicher Umgebung (,,przemoczeni po same jajca", ebd., ,,no i chuj", Stasiuk 2000: 110).

Später werden andere Anzeichen körperlicher Anstrengung und Erschöpfung gegeben (,,czy od wody, czy od potu", ,,Zólte wlosy mial pozlepiane i przyklapniete", ,,Jego twarz [przypominala] pyszczek prosiaczka udreczonego.", Stasiuk 2000: 6), aber auch direkt benannt (,,Z trudem nadazalem", Stasiuk 2000: 7). Im Text findet sich zudem eine Reihe von Eigenschaftswörtern wie ,,koszmarnym" oder ,,beznadziejna" Stasiuk 2000: 7), oder die Kleidung Bandurkos, bestehend aus straffem ,,zielonym drelichem", einer ,,czarna kominarke" (Stasiuk 2000: 5f.) und ,,wojskowe buty" (Stasiuk 2000: 27) - insgesamt ein militärischer Kampfanzug. Ebenso trägt der Hang, an dem sie sich befinden, Züge eines Kampfplatzes:

,,Przys pokrzyzowane, poplatane, nieruchome, z robakami wewnatrz, z gnijaca i odlazaca skóra na wierzchu. Przelazilismy przez nie i przelazilismy. Wielki wyrab przed nami wygladal jak amfiteatr. " (Stasiuk 2000: 8)

Der Kampf stellt ein wesentliches Element männlicher Rituale und Mythen dar. Im vorliegenden Roman stellen sich die Fünf meist aus eigenem Willen verschiedenen Kämpfen:

_ Der Kampf des Menschen gegen die Natur ist ein Kampf gegen die Elemente und das Elementare. Er steht deshalb im Ruf, eine größere - die größte - Herausforderung zu sein. In den winterlichen Beskiden ist ein solcher Kampf als Mühsal nachzuvollziehen. Er findet während der gesamten Zeit statt, in der sich die Gruppe durch Schnee, Kälte, Wald und über Berge kämpft, mit der Zeit und der Vergänglichkeit ringt.

- Der Kampf der Aussteiger gegen die Zivilisation ist das eigentliche Motiv dieser Reise. Alle begeben sich mehr oder weniger zu diesem Zweck in die Berge. Sie erwarten auf dieser Flucht vor den Verlockungen der Zivilisation (,,Zapadniemy w lasy, góry, bedzie ciemno, zimno i pusto. Bedziemy musieli starac sie o jakies zarcie. Tam do najblizszego sklepu jest dziesiec kilometrów, a do najblizszego nie bedziemy mogli chodzic.", Stasiuk 2000: 27) eine Rache und Rückholversuche dieser Zivilisation. Aber die übermächtige Gegnerin nimmt Wasyl und die seinen überhaupt nicht wahr (weder der Grenzpolizist, noch der Hubschrauber, noch die in der Baude auftauchende Polizei suchen die fünf Helden).
- Der Kampf des Menschen gegen sich selbst ist - in Verbindung mit dem gegen die Natur - der wahrscheinlich am wenigsten von den Helden realisierte. Gasior verliert ihn eindeutig, aber auch an Wasyl und Kostek scheint er nicht ganz spurlos vorbeigegangen zu sein. Nicht nur physische Schäden sondern vielmehr auch psychische Beeinträchtigungen müssen auf dieser Reise an die eigenen Grenzen von allen in Kauf genommen werden.
- Der Kampf der Menschen gegeneinander ist schließlic h der am wenigsten erwartete Kampf, in dem sich die fünf Helden wiederfinden. Aufgebrochen sind sie als eine Gruppe guter Kumpels, die sich seit fünfzehn Jahren kennen. Der vorher schlecht zu kalkulierende Störfaktor ist eindeutig Kostek, der gekommen war, um zu töten. Er gehört nicht eigentlich zu dieser Gruppe, will sie aber seinem Durst nach Ereignissen und später seiner Paranoia unterwerfen.

Kostek Górka ist es auch, der durch ein besonderes Interesse an Waffen auffällt. Seine Faszination steht ihm beim Kauf eines Springmessers ins Gesicht geschrieben: ,,Kostek gladzil kciukiem rekojesc i przygladal sie scepycznie zabawce. [...] Blysk i dzwiek chyba go zhipnotyzowaly." (Stasiuk 2000: 57f.) Dieses Messer, mit dem er auch später noch beschäftigt ist, wird schließlich Anlass zu einer Auseinandersetzung zwischen Kostek und dem Kleinen, der sich bedroht fühlt. Auf dem Russenmarkt in Gardlica ist Kostek kurz davor, ein Maschinengewehr zu kaufen. Hier kommt es zu einer bezeichnenden Szene, die nach dem Vorbild von Kinofilmen inszenierte Gewalt zeigt: ,,Kostek podszedl do dziewczyny i bez slowa wyjal jej z reki bron. Odwrócil sie, poszukal mnie wzrokiem i puscil mi serie w brzuch." (Stasiuk 2000: 83)

Aber auch die Selbstbezeichnungen der Gruppe entstammen meist der Sprache von Krieg oder einer mit kriegerischen Auseinandersetzungen assoziierten Umgebung: Zu Anfang ,,bylismy oddzialem partyzanckim Wasyla Bandurke" (Stasiuk 2000: 35), der sich auf der Flucht in eine ,,rozwleczona banda" (Stasiuk 2000: 117) verwandelt, ,,bylismy oddzialem chwilowo rozformowanym, moze cos jak desant" (Stasiuk 2000: 171), und schließlich: ,,bylismy zaloga lodzi podwodnej" (Stasiuk 2000: 264). Auch die Hierarchie ist klar: ,,Ty jestes dowódca. Teraz to nawet wódzem wojennym, jak u Indian." (Stasiuk 2000: 110)

Unweigerlich drängen sich hier die Vorbilder aus Kino und Fernsehen auf, besonders die polnischer Filme und Serien, die den Zweiten Weltkrieg zum Thema hatten1. In deren Handlung gibt es meist ein gr oßes Ziel, das es zu erreichen, einen Feind, den es zu besiegen gilt.

Im vorliegenden Roman wird ein Feind nie wirklich benannt (stets heißt es: ,,prawda jest jedna: juz nas scigaja i beda scigac", Stasiuk 2000: 72), eine Jagd findet nicht statt, zum Kampf des ,Trupps' mit den Verfolgern kommt es nicht. Doch am Ende liefern sich die beiden rivalisierenden Führern ein Duell, das für beide zum unerwarteten Tod führt. Die Inszenierung eines Abenteuers misslingt selbst in diesem Punkt. Dennoch, es sind Elemente des Actionkinos, die Eingang in diese Selbstinszenierung finden.

In Ihrem Aufsatz Helden des Tötens entwirft Ulrike Brunotte ein allgemeines Handlungsmuster für Action- und Kriegsfilme:

,,Es kommt darauf an, ohne zu sterben, durch möglichst viel Leid und Qual zu gehen und möglichst grausame und zerstörerische Handlungen mit möglichst wenig Gefühl auszuführen. Sieht man einen Moment von dem real vorgeführten Gemetzel ab, dann klingt dieses Programm nach Mutprobe und erinnert an Zeiten des Kinderspiels und den in Jugendbanden selbst erfundenen Initiationsprüfungen, Kämpfen und Ritualen." (Brunotte 1995: 7)

Solche Initiationsrituale besitzen eine große Bedeutung für die Entwicklung eines Menschen.

,,[Es] spielte dabei Angstbewältigung durch Schmerz die zentrale Rolle. Proben und Kämpfe (Duelle) [...] dienten als Beweis für die Geschlechtsreife - sprich der Männlichkeit - und waren somit Zeichen für die Aufnahme in die Männergemeinschaft, die Bande oder den Bund." (ebd.)

Das Duell, das den Höhepunkt der Handlung darstellt, hat für die Gruppe eine finale Bedeutung, denn es bildet den Schlusspunkt einer langjährigen Freundschaft. Einerseits erscheint es als ein Ritual, auf das alle gewartet haben, seit die Spaltung in Parteien für und gegen Wasyl im 20. Kapitel klar war. Eine existenzielle Bedeutung besaß der Ausflug von Anfang an durch Wasyl, der von ,Leben oder Tod' sprach, eine gewaltsame Lösung wurde von den meisten herbeigesehnt, ja auch versucht (,,bo ruszylem w jego strone z glupio wyciagnietymi rekami, ja kbym go chcial ucapic za gardlo", Stasiuk 2000: 243). Die tatsächliche Wirkung, der Tod beider Duellanten und gleichzeitig das Ende einer engen Freundschaft, wurde aber von niemandem vorhergesehen.

5.2. Tabak, Alkohol und eine eigene Sprache

Männliche Selbstinszenierung geschieht aber nicht nur Kampfverhalten und Identifizierung mit Kriegs- und Filmhelden. Sie beginnt bereits bei alltäglichen Tätigkeiten, beim Genuss von Tabak, Kaffee und Alkohol.

Tabakkonsum wird in Bialy kruk nur selten als ein Vergnügen oder eine Erleichterung beschrieben. Er hat eher den Rang einer unumgängliche Notwendigkeit inne, der man sich zwar widerstrebend, aber doch duldend, womöglich leidend, aussetzt. Bereits die Bezeichnung signalisiert Gefahr und Übel (,,czerwona paczke kosynierów", Stasiuk 2000: 6), der Prozess des Rauchens selbst Schwierigkeit und Mühsal:

,,Bandurko wyjal papierosa, wetknal go sobie do ust, a bibulka rozlazla sie natychmiast i zostal z wachlarzykiem miedzy wargami, dopóki nie wygrzebalem nowego szluga o wzglednie zdrowym wygladzie. Trzecia zapalka zapalila sie." (ebd.)

Es entsteht der Eindruck einer Pflicht, die erfüllt werden muss, um gehorsam wirken (,,Nie chcialo nam sie siadac. Nie chcialo nam sie tez palic, ale palilismy [...].", Stasiuk 2000: 7). Anders, als es der nicht verspürte Genuss (,,[...] chociaz papierosy mialy dziwny, podszyty wiatrem smak, spalaly sie nierówno, siejac iskry i rozzarzone skrawki bibulki", ebd.) oder die Qualität der Zigaretten (,,>Powinien nazywac sie kostucha.<", Stasiuk 2000: 8) vermuten lassen würden, wird leicht und ungezwungen mit ihnen umgegangen (,,szluga", ,,cisnal swojego kosyniera w snieg", Stasiuk 2000: 7f.).

Verschiedentlich wird ebenso die Gefährlichkeit von Alkohol betont (,,uczciwa piecdziesiatke tej trucizny z przemytu", Stasiuk 2000: 23, ,,Podal mu flaszke z chemicznym zwiazkiem", Stasiuk 2000: 152), aber auch hier wieder eine Leichtigkeit demonstriert, die in Widerspruch zum dargestellten Risiko steht (,,Stu procent to nie mialo, ale sie demdziesiat na pewno.", Stasiuk 2000: 58, ,,Masz jeszcze te drobiazgi?", Stasiuk 2000: 62). Dieser Widerspruch vermittelt den Eindruck von Härte und Unerschütterlichkeit; fast scheint diese Art von Alkohol nichts besonderes zu sein.

Das unterstreicht den allgemeine männlichen Ausdruck des Rauchens und der Zigarette, wie sie der Marlboro-Man verkörpert - Ikone des Aussteigers und Zivilisationsflüchtlings. Zwischen diesem Spiel mit der Gefahr wird aber auch eine ,Partisanenromantik' sichtbar. Zweifel an Sinn oder Unsinn verstummen angesichts der Heimkehr in die Natur, die eine implizierte Ur-Einheit von Mann und Natur wiederherstellt:

,,Czarny dym gitanesów, bialy ogien spirytusu. To robilo wrazenie. Plukalismy usta wiatrem. Pojedyncze sniezynki chlodzily je zyk. Wlasciwie gotowi bylismy zostac. Gdzies w srodku ziemi, w srodku ciemnosci, w miejscu przypadkowym.Ta zgoda przypominala zgode na sens albo na zakryty, utajony sens zdarzen. Tutaj nie przyszloby mi do glowy zadawanie tych wszystkich pytan z dworca. Czegos wiecej moglem oczekiwac od Wasyla?" (Stasiuk 2000: 64).

Der Rauch der Zigaretten und die Wirkung des Alkohols werden zu Kräften der Natur, die dem Mann diese Heimkehr erst ermöglichen. Zweifel und rationale Argumente können einer solchen Romantik nic hts entgegensetzen, weil diese ihre Kräfte aus dem Irrationalen eines vom Geheimnis verhüllten Mythos bezieht, das es zu einer Glaubenssache werden lässt.

Werden dem Tabak- und Alkoholkonsum keine rauen oder schmerzauslösenden Attribute zugeschrieben, so wird lediglich der Fakt erwähnt. Beim Bergbauern und in der Baude gerät der Alkoholgenuss aber zu einer positiven Erfahrung, denn er beschleunigt die Kontaktaufnahme:

,,[...] wyjalem flaszke i postawilem na stole. Swiecila. Najjasniejszy punkt w izbie. Bandurko wypatrzyl kieliszek. Na tym zóltym, oltarzowym, niemilosiernie zasyfionym kredensie. Nalal odrobione i ceremonialnie przepil do Starego, nalal pól i podal dziadkowi." (Stasiuk 2000: 130)

Diesem wird durch den Wodka sofort die Zunge gelöst. In der Baude freunden sich der Erzähler und ein gewisser Maciek an: ,,Ten z broda powiedzial >Maciek jestem<, i znów sie napilismy, podal mi papierosa west, ja wzialem i zostalismy na krótka chwile przyjaciólmi." (Stasiuk 2000: 147).

Doch trotz allem bleibt der negative, zerstörerisch-quälende Beiklang dieser Genüsse: ,,[...] i moglem zobaczyc szczupla, nerwowa twarz, z której powoli scieral urode." (Stasiuk 2000: 167), ,,jak obraz mlodzienczej prywatki, gdy skatowani alkoholem, papierosami i bezsennoscia kolesie miela powoli jezykami, w nadziei ze wysilek sie oplaci, ze w koncu dotkna jakiegos objawienia, ogniem porozumienia" (ebd.). Am Ende des Romans, als die Handlung insgesamt an Qual zunimmt, hilft auch der Alkohol fast nicht mehr, die anschwellenden Ängste zu besiegen. Wasyl deckt sich mit einer ,,butelka wódki kupiona dla odwagi, bo przeciez bal sie jak cholera." (Stasiuk 2000: 260), doch weder schafft sie Genuss, noch Erleichterung: ,,Maly z trudem unosil do ust butelke wódki, jakby zawierala rtec. Ostroznie wysuwal dolna warge i czekal, az gesty metaliczny plyn wytoczy sie na nia, moze bal sie goraca." (Stasiuk 2000: 263)

In den Erinnerungen an die Jugendzeit wird das Exzessive des Alkoholtrinkens noch deutlicher herausgestellt. Die Notwendigkeit wird zur Routine, ja zur Charakteristik eines ganzen Lebensabschnitts. Unausgesprochen klingt in dieser Selbstdarstellung ein gegenseitiges Bedingen mit, das die Armut und den Alkohol zum Mittel macht, ,all die Plätze' zu finden.

,,Jakim cudem nie poumierasmy od alkoholu, papierosów i bezsennosci, gdy majac juz wszystkie te zasrane szkoly za soba, rozbijalismy w trzech pokojach obozowiska na cale tygodnie i miesiace? Lecz nasze ciala to wytrzymywaly i chcialy jeszcze.", (Stasiuk 2000: 209)

,,Bylismy biedni, szary, zatruci tanim alkoholem, ale potrafilismy odnalezc wszystkie miejsca, których dzisiaj nie ma." (Stasiuk 2000: 28).

Der ausdauernde, übermäßige Genuss von Alkohol und Tabak in Verbindung mit übergreifender Untätigkeit schafft ein Paralleluniversum, das einen Ausstieg aus der normalen Welt der Großstadt ermöglicht (,,[...] dawnych, nie konczacych sie przyjec, dzieki którym swiat za oknem wygladal ja pospolita halucynacja.", Stasiuk 2000: 42), ohne dass dabei besondere Anstrengungen und weite Reisen nötig wären. Exzess ist wörtlich als ein ,herausgehen', ein Grenzüberschreiten zu verstehen, mit dem der Ausstieg aus der Zivilisation simuliert wird. Aus einer solchen Entfernung betrachtet erscheint die Zivilisation vollkommen unwirklich, endzeitlich:

,,Sad Ostateczny i Powstanie Z Martwych w ogromnej skali najwiekszego skrzyzowania w miescie. Jak u sredniowiecznych prymitiwów, z otchlane wylazily male figurki, odrzucaly wieczka o przykrywki, elektryczne traby graly pobudke na dalekich peryferiach ... A potem nadjezdzaly tramwaje `Fa', `Cukier krzepi', woskriesienci ladowali sie jak pionowe mumie i jechali na spotkanie wyroku." (Stasiuk 2000: 32)

Nicht die Tatsache, dass oder auf welche Art sie rauchen, ob oder wie viel sie trinken, ist hier von Interesse, sondern die Erwähnung und ausführliche Beschreibung, quasi die Zur-Schau- Stellung dieses Umstandes. Denn nur so wird das Bild der Männer als echter Männer stimmig und zeigt den immerwährenden Kampf mit den Widrigkeiten der eigenen Existenz, die Erfüllung ewiger Pflichten und der Duldung dieser Notwendigkeiten. Diese kleinen und eher unscheinbaren Elemente stellen eine wichtige Ergänzung zur anderen Selbstinszenierung als Helden im Kampf gegen die verschiedensten Gewalten dar.

Zu solch kleinen Details zählt natürlic h auch die Sprache, derer sich die Helden und der Erzähler im Text bedienen. Es lassen sich eine Reihe typisch männlicher Sprachbausteine finden, angefangen von einfachen Kraftausdrücke und groben Flüchen. Einen besonderen Stellenwert nehmen aber wie gewöhnlich Begriffe aus dem sexuell-anatomischen Gebiet ein. Sie stammen meist aus dem Bereich der Geschlechtsteile, aber es kommen auch drastische Bezeichnungen des Aktes vor.

Wendungen wie ,,przemoczeni po same jajca" (Stasiuk 2000: 5), ,,najpierw po kolana, potem po jaja" (das auf der folgenden Seite noch einmal wiederholt wird, Stasiuk 2000:95), ,,chuj na kaczych lapach tu sie zjawi" (Stasiuk 2000: 118) besitzen dabei keine tiefere Bedeutung und sind nur stilistisch einem eindeutig männlichen Milieu zuzuordnen. Anders dagegen deutliche Ausdrücke aus der Umgangssprache wie ,,polyskliwe rzygowiny" (Stasiuk 2000: 14), der sich auf einen ,,strumien kolorowych samochodów" (ebd.) in der Warschauer Innenstadt bezieht. Hier scheint die Zivilisationskritik durch, die als Grundmotivation der Reise gelten kann; sie wird zwar nicht in diesem (3.) Kapitel, dafür aber später thematisiert.

Auffällig ist allerdings, dass sich eine derartige Sprachebene, auf der auch die vielmalige, phantasievolle Erwähnung von ,,chuj" oder ,,dupa" anzusiedeln ist, vorrangig im ersten Teil des Romans findet (etwa bis zum 20. Kapitel), danach sind solche Wendungen und Bezüge nicht mehr in dieser Dichte nachweisbar. Auch das Fluchen und bedeutungsvolle Anspielen findet sich nicht mehr, es sei denn in weniger derben und direkten Worten. Lediglich bei der Behandlung der pubertären Phase in der Jugend tauchen einzelne Begriffe auf.

Wahrscheinlich zeigt sich hierin der von Burska festgestellte unregelmäßige Stil ,,bezwiednie, brakiem konsekwencji" (Burska 1996, 39).

Eine andere sprachliche Besonderheit ist die speziell männliche Sprecheigenart sein, auf die der Erzähler verweist:

,,Wiec gadal i gadal, jakby slowa mialy zakrzepnac w nowe, heroiczne cialo, skomplikowane, ale odporne, zlozone z ran i razów, z pomylek, z tego wszystkiego, co stanowi jadro opowiesci z knajp, barów, z nocnych autobusów. I nigdy kobiety, zawsze snuja je mezczyzni, opuchnieci, zaczerwienione oczy, zaduch zmeczenia ciagnacy spod garniturów, i teraz, i na wieki placz." (Stasiuk 2000: 79)

Hauptgegenstand dieses männlichen Sprechens dürfte das endlose Philosophieren sein, die Suche nach einem Sinn, der sich in Verschwörungstheorien und Erleuchtungen äußert. Kostek erweist sich als Muttersprachler dieser Zunge, denn endlos bringt er seine Theorien und Verschwörungsstrategien vor (vgl. Stasiuk 2000: 74-77). ,,[...] glos Kostka jak bluszcz, jak powój, jak dzikie wino nizal sie na twardy rzden stukotu." (Stasiuk 2000: 78)

5.3. Frauen in einer Männerwelt

Innerhalb einer Untersuchung von Männlichkeit in diesem Roman sollen an dieser Stelle die Frauen betrachtet werden. Es fällt auf, dass kaum Frauen auftauchen, die eine wesentliche Rolle spielen, uns begegnet eine rein männliche Welt. Dennoch gibt es zwei bezeichnende - allerdings nicht durchweg positive - Frauengestalten. Allein die Untersuchung dieser beiden Gestalten böte Material für eine eigene Arbeit, deshalb sollen mögliche Ansatzpunkte hier nur skizziert werden.

5.3.1. Die Mutter

Bei der ersten wichtigen Frauengestalt handelt es sich um die starke, auf alle Jungen Eindruck ausübende Mutter Wasyls, die eine besondere Machtposition auch in der Stadt Warschau und in Volkspolen inne hat, denn ihr untersteht die künstlerische Leitung der Gestaltung von Staats- und Parteifeierlichkeiten. Mit der Gestaltung jener Paraden inszeniert sie die Macht selbst, entscheidet damit über deren Wohl und Wehe:

,,Lecz wtedy, widzac jego [Gierka] postac, widzialem piramide ludzi, trzydziesci pare milionów, i on byl tej piramidy ukoronowaniem. [...] A tutaj stal, moze nie Bóg, ale ktos stojacy w jego bliskosci na drabinie bytów. [...] I to wlasnie matka Wasyla wymyslala scenografie tych wzruszen." (Stasiuk 2000: 56f.)

Selbst der mächtigste Mann des Staates muss sich ihren Ideen unterordnen, auch wenn er dabei droht, lächerlich zu erscheinen (,,Gierek pewnie nawet nie wiedzial, jak równo i promieniscie zbiegaja sie na wysokosci jego jajec dwie plisowane szarfy, odwrócony baldachin.", ebd.) oder sonst beeinträchtigt (,,[...] jak zyja ludzie w tych pokojach o oknach przeslonietych czerwonym materialem.", ebd.). Sie selbst nach ihrer Arbeit zu fragen, erfordert Mut, den der Erzähler nicht besitzt. Ihre überragende Stellung wird noch dadurch betont, dass sie offensichtlich keine Polin ist.2

Wasyls Mutter hat keinen Namen, sie ist nur Mutter. Dabei wirkt sie auf die Jungen nicht als typische Frau: ,,To byla wielka bezksztaltna baba z siwiejacymi wlosami, ostrzyzona jak mezczyzna." (Stasiuk 2000: 55) Wasyl muss sich zu Beginn der Freundschaft zwischen den Jungs und ihr entscheiden, ihre Anwesenheit wird als ein Hindernis empfunden, die Integration Wasyls in die Jungengruppe als Entführung ,,z egipskiej niewoli rodzinnego domu" (ebd.) bezeichnet. Wasyl wächst augenscheinlich ohne Vater auf und sucht in der Gruppe eine Alternative zur Mutter. Ihr Tod trifft ihn schwer und verändert sein Leben.

Der Münchner Psychologe Wolfgang Mertens stellt in einem Aufsatz zu Männlichkeit aus psychoanalytischer Sicht, die Positionen verschiedener Schulen kritisch dar. Zum Mutter- Sohn Verhältnis, das für das aufwachsende Kind besonders wichtig ist, heißt es u.a.: ,,Lange Zeit galt [die Beziehung] als die unproblematischste, wozu sicherlich Freuds verklärende Fehleinschätzung beigetragen hat, dass es keine idealere Beziehung als die zwischen Mutter und Sohn gebe." (Mertens 1997: 47) Die neuere Forschung geht demnach von einem Bruch in dieser Beziehung aus, der auf die ersten Jahre einer sehr intensiven Identifizierung folge. ,,Nur die Ent-Identifizierung könne sicherstellen, dass der Junge die Bereitschaft zeige, sich voll und ganz mit seinem Vater zu identifizieren, und das Weiblich-Mütterliche allmählich von sich zu weisen beginne." (Mertens 1997: 48)3 Da diese Phase oft traumatischen Charakter habe, macht Mertens vor allem auf den Vater und dessen

,,wichtige Funktion [...] als eines Dritten aufmerksam, der die Abwendung, Trennung und Loslösung von der Mutter anregt, konfliktvermittelnd wirkt und vor allem die Repräsentanz eines Dritten verkörpert. [...] Die Identifizierung mit der Mutter kann vom Jungen sehr viel leichter und ohne Scham beibehalten werden, wenn der Sohn ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hat und eine Vorbildfunktion für Identifizierungs- und Internalisierungsprozesse aufweist." (Mertens 1997: 51)

Wasyl fehlt eine Vaterfigur, die ihm die Ablösung von seiner Mutter leichter machen würde und die ihm die Möglichkeit einer anderen Welt außerhalb seines Elternhauses zeigen könnte. Im Verhalten mit den anderen Jungen fällt seine Andersartigkeit und Unsicherheit auf, ebenso zeigt er, wie viel ihm an der Integration in diese ihm so fremde Gruppe liegt:

,,>[...] A ja mam wolna chate, chlopaki ...< I w jego glosie byla prosba, i nadzieja." (Stasiuk 2000: 57)

,,Az krew nas nas zalewala, gdy pytal, czy moze isc z nami tam albo przyjsc gdzie indziej, no, nieustanna prosba i przepraszam, ze zyje." (Stasiuk 2000: 121)

,,>Po co?< pytal Bandurko, a my nie potrafilismy mu odpowiedzic[...]." (Stasiuk 2000: 122)

Was seine Mutter für ihn bedeutet, zeigt sich erst mit ihrem Tode, wenn den anderen plötzlich auffällt, wie ,,tak naprawde to Wasyl byl zupelnie sam" (Stasiuk 2000: 176), wie er sein Klavierspiel völlig aufgibt (vgl. Stasiuk 2000: 208).

Auch Elisabeth Badinter schreibt vom ,,zerstörerischen Mythos des Mutterinstinkts", dass ,,je übermächtiger der Einfluss ist, den Mütter auf ihre Söhne ausüben, desto mehr Angst haben diese vor den Frauen, meiden oder unterdrücken sie." (Badinter 1997: 87) Wenn Wasyl in der sehr fraulichen Gzanka dann einen Geschlechtsfeind sieht (vgl. Stasiuk 2000: 155) kann dies auch an der mächtigen Mutter liegen.

5.3.2. Das andere Geschlecht

Die zweite Frauenfigur, die im Roman eine Rolle spielt, ist die junge Jola , die, vom Senn betrunken gemacht, dem Erzähler im Treppenhaus der Baude begegnet. Jola ist, anders als Wasyls Mutter, keine bedeutsame, furchteinflößende Frau, sondern ein hilfloses Mädchen, das keine Chance erhält, einen Charakter zu zeigen. Der Erzähler ist ihr beim Urinieren im Freien behilflich und hat daraufhin mit ihr Geschlechtsverkehr. Anschließend liegt sie im Zimmer der Fünfergruppe und schläft - oder ,,musiala udawac. Czego to kobieta nie zrobi dla zachowania niewinnosci." (Stasiuk 2000: 150)

Jolas Beschreibung ist entweder rein körperlich oder sehr unvorteilhaft. Vorgestellt wird sie als Objekt, mit dem sich der Senn beschäftigt (,,[...] i chyba trzymal za cyc pulchna blondynke, niezle juz trafiona.", Stasiuk 2000: 140), während im Fernsehen ein Pornofilm zu sehen ist. Die günstigste Beschreibung ist jene als ,,nawet nie byla zla. Taka duza i lagodna. Jak jakies zwierze, krowa, ladna krówka, cos w tym guscie." (ebd.) Später ist sie ein ,,calkiem ladne zwierzatko, bezmyslne iskoltunione." (Stasiuk 2000: 141) Doch das schadet nichts: ,,Biorac czajnik, otarlemsie o jej tylak. Natychmiast zadzialalo. W koncu bylem partyzantem." (ebd.) Ihre Hilflosigkeit wird später besonders durch das Lallen deutlich hervorgehoben (,,>Jola nie sspi ... Jola bedzie sssikac<", Stasiuk 2000: 142).

Nach dem Ausflug an die frische Luft verliert sie jede Fraulichkeit: ,,miala otwarte usta ichrapala. [...] pochrzakiwala niewinnie i prosieco [...] z obloczkami przetrawionego alkoholu zwnetrznosci Joli" (Stasiuk 2000: 148f) ausstoßend. Zum Mädchen wird sie erst wieder, als ihr Freund Maciej eintritt (,,ksiaze i spiaca królewna, tak to wygladalo", Stasiuk 2000: 151). Jola ist zu vergleichen mit Gzanka, die nur erwähnt wird, weil sie große Brüste besitzt, die alle pubertierenden Jungen gern begrapschen wollen. Jenseits ihrer Eigenschaft als Frauenkörper haben sie keine Daseinsberechtigung, wie auch die groben Reduktionen auf weibliche Geschlechtsteile wie z.B. ,,najlepsza dupe wybrali kaszubi" (Stasiuk 2000: 28) zeigen. Eine andere Sichtweise ist illusionär: ,,To bylo zbiorowe zaczadzenie, bo w koncu byla tylko idiotka z duzym cycem, a caly proces beatyfikacyjny odbywal sie w naszych glowach." (Stasiuk 2000: 155)

Frauen werden zum ,Auffangbehälter für Sperma' degradiert, wie Jan Blonski schreibt:

,,Ale o kobietach, tym wypoczynku wojownika, w Bialym kruku niewiele. Istnieja, owszem, jako obsesja, lup i kubel na sperme ..., ale same przebywaja w swiecie trosk domowych i porad zdrowotnych, metnej duchowosci [...] i telewizyjnych seriali" (Blonski 1995: 380)

Zu letzterem Typus gehört neben der Frau Gasiors auch jene, ,,która perorowala o zdrowej zywnosci, matce ziemi, kielkach pszenicy i Korze Jackowskiej" (Stasiuk 2000: 154): Frauen also, die in einer so fremden, ihrer eigenen Welt leben und deshalb für die männlichen Helden von noch weniger Interesse sind, als es die gerade so mit ihrer ,körperlichen Funktionalität' sind. Und das führt im Endeffekt dahin, dass ,,ich podobienstwiem do dziwek ze zdjec bylo na tyle jednoznaczne, ze wtajemniczenie w plec nie moglo sie odbyc inna droga." (Stasiuk 2000: 185)

Die Frauenfiguren in diesem Roman scheinen keine wirkliche Alternative zur rauen männlichen Welt der fünf Helden darzustellen. Sie haben nur eine Chance, wenn sie - wie

Wasyls Mutter - nicht als Frauen in Erscheinung treten, sondern als männlich frisierte Mutter. Als eine solche ist jene auch für Bandurko zu akzeptieren, der Vertreterinnen des Typs Gzanka ,,nienawidzil [...] nie klasowo, tylko plciowo." (Stasiuk 2000: 199). Sie stellt auch für die anderen Jungs das Ideal einer Frau dar:

,,chcielismy, zeby ta siwiejaca, zwalista kobieta pozostala po prostu mata taka troche lepsza matka, moze idealem matka, do którego moglibysmy sobie tesknic. Do naszych rodzicielek nie moglismy Zbytnio przypominaly reszte znanych nam kobiet [...]" (Stasiuk 2000: 55).

Zu Müttern darf man Sehnsucht haben - zu anderen Frauen nicht. Die Verwendung des Wortes ,rodzicielek - Gebärerinnen' deutet noch einmal auf die rein funktionale Bedeutung hin, die Frauen in diesem Weltbild einnehmen, und von der richtige Mütter ausgenommen sind, wie auch deutlich wird, wenn Blonski zwar die Frauenrolle beschreibt, auf die der Mutter aber nicht eingeht.

Die Bedeutung, welche die Mütter für die Helden des Romans spielen, wird ebenfalls an Stellen deutlich, in denen die Mutter eine übertragene Bedeutung erhält. So heißt es bspw. vom (herablassend und naiv dargestellten) Turteln Gasiors mit der ,Kahlen', dass ,,makta noc pomiesci ich w swoim brzuchu" (Stasiuk 2000: 173). An anderer Stelle fühlen sich Kostek und der Erzähler ,,bezpieczni jak w brzuchu matki" (Stasiuk 2000: 68). Dies zeigt, wie für die wirklichen Männer allein die Mutter Schutz und Zuflucht bieten kann. Frauen jenseits der Mutterrolle sind das Gegenteil: Statt Rückzugsmöglichkeiten bieten sie ein Ziel für Eroberungen und Unterwerfungen:

,,Zapwene czulismy, ze wchodzimy do brzucha ogromnej, lezacej na wznak kobiety. Leniwe, cieple cialo, stopy i dlonie gdzies na przedmiesciach, gdzie juz hulal chlód, a tutaj sam srodek, wejscie i wnetzre, w którym mozemy bladzic, slizgac sie, ociewrac o miekkie, gorace wnetrznosci. Ciemnosc jak podszewka palta ustepowala pod naszym dotykiem." (Stasiuk 2000: 191)

Die Enthüllung männlicher Selbstinszenierungen und Sichtweisen in diesem Roman, die ,,rozrachunkowa wobec estetycznej maniery poprzedników" (Burska 1996: 39), findet im dargestellten Frauenbild wohl seinen Höhepunkt.

5.4. Von Mann zu Mann

Interessant ist den Aspekten der Männlichkeit neben den (mehr oder weniger gelungenen) Selbstinszenierungen einzelner Mitglieder der Fünfergruppe oder deren Verhältnis zu den (abwesenden bis bedeutungslosen) Frauen auch das Verhältnis der Figuren als Männer zueinander. Die Erfahrung der Nähe von Geschlechtsgenossen spielt in einer Gruppe,in die bewusst keine Frauen aufgenommen wurden, eine wichtige Rolle und wurde im Roman klar verarbeitet.

Bereits beim flüchtigen Betrachten erscheint die Männergruppe hier als ein Männerbund, der jener Definition entspricht, die Bernd Widdig aufgestellt hat:

,,Bei Männerbünden handelt es sich um einen freiwilligen und bewussten Zusammenschluss von Männern. Die Mitgliedschaft ist mit der Anerkennung von oft hochgesteckten Werten und Idealen verbunden, charakteristisch ist eine gewisse Aura des Geheimnisvollen, ein Aufnahmeritus, eine hierarchische Struktur und häufig die dominierende Stellung einer charismatischen Führerpersönlichkeit." (Widdig 1997: 236)

All diese Merkmale lassen sich auf den vorliegenden Roman anwenden: Eine lange gewachsene Jugendfreundschaft bildet den Bund, der auf der Reise in die Berge eine besondere Form des Zusammenlebens darstellt. Die Mitglieder suchen diesen bedeutend engeren Zusammenhalt, gehen ihn bewusst ein. Dabei wird auf die höheren, stets geheimnisvoll gehüteten Werte einer vorgeblich sinnvollen und wirklich gelebten Existenz Bezug genommen (vgl. Stasiuk 2000: 24f.) sowie eine klare Struktur, die ein Oben und ein Unten kennt. Angeführt wird der Bund von der charismatischen Führerpersönlichkeit Wasyl Bandurko.

,,Die charismatische Herrschaft steht als eine Alternative zur modernen bürokratisch-rationalen Herrschaft bereit, als eine Ausbruchsmöglichkeit aus dem stahlharten >Gehäuse< einer von Sachzwängen bestimmten modernen Gesellschaft." (Widdig 1997: 239)

Ebenfalls das spiegelt sich wider in der Art von Zivilisationsflucht, wie sie die Helden unternehmen. Einen fernen Nachhall finden hier aber auch die Thesen Hans Blühers (1888- 1955), der in seinem Buch Die Rolle der Erotik in der männlichen Gesellschaft (1917) behauptet, ,,dass die moderne Gesellschaft und Kultur durch den zunehmenden Einfluss von Frau und Familie >verweiblichte< und daher vom Niederhang bedroht sei." (zit. nach Widdig 1997: 238)

In der Tat werden Formen einer rein männlichen Gesellschaft ausdrücklich positiv hervorgehoben und als Alternative zur herrschenden ,verweiblichten' Gesellschaft dargestellt. In einem Dialog, der eindeutig von Aggression und Rivalität geprägt ist (s.u.) lässt sich der Erzähler über ein Beispiel des ,idealen Staates' aus:

,,>Zostawmy zasrana demokracje atenska, to zabawa dla bab, a my wszak chlopy odurzone wolnoscia, wlasnym potem i zwierzecym cuchem. No wiec oni tam, na Zaporozu, palili dlugie faje, pili gorzalke na umór i zyli przeczekujac czas pomiedzy jedna i druga zadyma. Prawidlowo, na wyspach, w izolacji [...]. Jedli u jednej miski, jedna derka sie okrywali. Komunia calkowita. A ze cecha idealu jest prostota, postanowili swój byt okroic z rzeczy zbednych i przypadkowych. [...] Otóz pierwsza i wlasciwie jedyna istotna zmiana bylo to, ze przepedzili ze swojego zycia kobiety. Panstwo samców, ze wszystkich stron woda, Dniepr, a oni w swych warowniach realizowali ustrój bezklasowy i jednoplciowy. [...] Pozbyc sie diabla, znaczy unicztozyc szczegól. Ten irytujacy dodatkowy szczegól meskosci, jakim jest kobiecosc." (Stasiuk 2000: 181)

Diese ,Modellsituation' gipfelt damit in der zentralen Idee eines Männerbundes. Auch in Polen gab es vor der Streikbewegung Anklänge an eine so ideale Gesellschaft, die die Väter beherrschten:

,,Zylismy przeciez w swiecie prawdziwych mezczyzn. Twardych, monotonnie upartych. [...] To byli prawdziwi mezczyzni. Ojciej Gasiora, ojciec Malego, mój ojciec. Nie skarzyli sie nigdy. [...] To oni dawali nam prawdziwa wolnosc, wolnosc ucieczki. Zdrada przyszla z innej strony. Ze strony pizdzielców nie potrafiacych znosic swego losu. Od bob. Nie na darmo kryli sie w kosciolach pomiedzy chlopami w kieckach." (Stasiuk 2000: 105).

Der Solidarnosc-Bewegung wird hier nicht der Kampf gegen etwas vorgeworfen, sondern ein Nicht-Kämpfen mit den gegebenen Widrigkeiten, ein Klagen und Lärmen, das nur unter dem Schutz ,röcketragender Männern' habe stattfinden können.

,,Männerbündisches Denken ist zutiefst defensiv, seine Aggressivität und Kompromisslosigkeit speist sich aus dem Gefühl eines drohenden Verlustes von Identität und einer Endzeit-Stimmung." (Widdig 1997: 235) Die gesamte Handlung des Romans ist Beispiel für diese defensive und endzeitliche Grundstimmung. Sie ist nicht nur im Todestrieb eines Wasyl Bandurko zu spüren, auch das Endzeit- und Erlösungsvokabular des Erzählers (Fegefeuer S. 11, S. 174, die Apokalypse S. 32; Auferweckung des Lazarus S. 93, S. 114; Führung aus der Sklaverei S. 121; Golgatha S. 144; Kreuzweg S. 200, Turm zu Babel S. 211) deutet darauf hin. Verstärkt und besonders unterstrichen wird sie auch von der Paranoia Kostek Górkas, der mit autoritären und militärischen Methoden versucht, die Kontrolle zu behalten und einen Fluchtweg zu finden.

Die Verbindung von männerbündischem Denken und der Homoerotik wurde im Titel von Blühers Buch angedeutet, aber auch von seriöseren Autoren erneut aufgegriffen4. Tatsächlich findet sich in Bialy kruk eine Reihe von Hinweisen auf eine unterschwellige und für die Beteiligten nicht unangenehme Homoerotik. Dies beginnt bei einer allgemeinen Körperbetonung, dem Erlebnis des eigenen Körpers, führt weiter zur Erfahrung von Körperkontakten und erstreckt sich bis zu einer intensiven vergeistigen Beziehung, die zwischen dem Erzähler und Wasyl Bandurko.

Im gesamten Text wird Körperlichkeit thematisiert und damit speziell der männliche Körper in den Mittelpunkt gerückt, im Besonderen aber der eigene Körper. Nähe und das Gefühl des Eigenen wird erfahrbar, das Bedürfnis nach Sicherheit findet Ausdruck:

,,W spiworze bylo cieplo i ciemno. Czulem duszna won wlasnego ciala."(Stasiuk 2000: 24)

,,Zwijalem sie w ciasny klebek, zeby stac sie naprawde soba, zeby wypchnac z faldów ubrania cala obca przestrzen, cale powietrze, wszystkie atomy niepokoju i przypadku. [...] We wlasnym smroduie jak w wodach pldowych, pomyslalem sobie. Schowalem sie w koncu z glowa." (Stasiuk 2000: 108)

Die im Eigenen erlebte Sicherheit wird durch die Ausgrenzung des Fremden und Zufälligen erzeugt. Wie auch im vorigen Abschnitt ist das Zufällige hier ein feindliches Element, das es abzuwehren gilt. Das Gefühl des Eigenen kann aber auch fehlen, die Assoziierung mit Bedrohung und Feindlichem wird deutlicher: ,,nogi, przemoczone, zgrabiale, jakby cudze, nie chcialy sie rozgrzec" (Stasiuk 2000: 89). Während eines Besuches in Wasyls Wohnung ,,pozbylismy sie koszul, zeby czuc, jak pot splywa po piersiach, po plecach" (Stasiuk 2000: 177).

Damit wird sowohl dem Bedürfnis nach Gleichwerdung wie dem sinnlichen Genuss, den eigenen Körper zu spüren, entsprochen, das nur durch das Gefühl einer gemeinschaftlichen Handlung verstärkt werden kann. Jan Blonski sieht im Körperlichen das Einzige, das für die Männer zur eigenen Selbstbestätigung dienlich sein kann: ,,Choc nieglupi, nie zdradzaja ani szczególnych talentów, ani nawet - ujadlej wytrwalosci. Medium afirmacji musi w´wczas stac sie wlasne cialo: jego sprawnosc bitewna, seksualna, alkoholowa ...". (Blonski 1995: 381)

Eine besonders intensive körperliche Nähe erreichen der Erzähler und Kostek, als sie auf dem Weg zu ihren Gefährten übernachten und sich in einer Schneekuhle eingraben müssen. Auch diese Situation erfährt der Erzähler als positiv.

,,W czapkach, w szalikach, w rekawiczkach, ulozeni na boku z podkurczonymi nogami, wtuleni w siebie, ja w jego plcy, udawalismy przed soba, ze spimy. Ale nasze oddechy nie mogly siegnac sennej dlugosci i glebokosci. Moze nie chcielismy przesypiac tego bezpiecznego czasu, tych dwunastu godzin, w których nic nie moglo sie stac, nic nam nie moglo zagrozic, nic prócz zapalenia pluc. Trzeba bylo to cenic, smakowac powoli, po odrobince" (Stasiuk 2000: 89),

auch wenn der besondere Reiz in der Situation als ,,dwie malenkie figurki przylepione do wirujacej skorupy" im Vordergrund steht. In dieser Lage verbringen sie die Nacht: ,,Kostek wtulal we mnie posladki, a ja oddychalem mu w kark. Moze spalismy." (Stasiuk 2000: 92). Zwar kann im weiteren Verlauf nicht von einer besonders innigen Freundschaft zwischen Kostek und dem Erzähler gesprochen werden, doch bis zur Spaltung der Gruppe ist dies noch nicht sichtbar, im Gegenteil: Der Erzähler verweist auf eine enge Männerfreundschaft zu Kostek hin, die aber mit Begriffen einer Ehe beschrieben wird: ,,Kostkowi z Lodzi, Kostkowi przybledzie, Kostkowi zakochanemu, gdy my bylismy starym malzenstwem." (Stasiuk 2000: 57).

Der Erzähler hegt, im Gegenteil zu Kostek, große Sympathien für Bandurko. Ein großes Vertrauensverhältnis besteht bereits in den ersten beiden Kapiteln, als er Wasyl blind folgt, im Bewusstsein, dass dieser sich irrt. In der Nacht beobachtet der Erzähler den Schlafenden. Angesichts der Unsicherheit imponiert ihm diese völlige Ruhe und Entspanntheit:

,,Od czasu do czasu zapadalem w cos w rodzaju drzemki. Ale nie byl to sen. [...] Bandurko lezal po drugiej strony ognie i chyba spal. Wsparty glowe, z rekami splecionymi na brzuchu, oddychal równo i wolno, a jego twarz byla spokojna i nieruchoma. Drelich spodni nagrzewal sie, parowal i musialo Bandurce byc goraco, bo od czasu do czasu poruszal nogami." (Stasiuk 2000: 9)

Auch in der verlassenen Kirche besteht eine Atmosphäre besonderen Vertrauens und Verständnisses, fast eine besondere Art der Liebe, zwischen den beiden (vgl. Stasiuk 2000: 220-225). Der Abschied fällt beiden sehr schwer, doch niemand will es zugeben. Während der letzten Worte haben sich beide innerlich voneinander getrennt, der andere existiert fast nur noch in der schmerzlichen Erinnerung. Dann doch vollzogen, erfolgt der Abschied durch eine letzte Berührung, einen Schubs.

Der Trennungsschmerz wird so vorgezogen und im Abschied klingt bereits das Abgeschieden-Sein an. Der Erzähler stellt noch einmal die Innere Einsamkeit Wasyl Bandurkos in den Mittelpunkt und skizziert die Flucht, die fehlende Zuflucht Bandurkos:

,,Maly buro-zielony ptaszek z plama krwi w miejscu serca, frunacy ku granicom powitrza, ku prózni, w której skrzydla nie znajda oparcia. Widzialem, jak przepada w mrocznym lesie, gdy szczyty gór oswietlone sa juz sloncem, idzie naprzód z nadzieja, ze mu sie w koncu uda, ze zerie wszystkie nici, uwolni sie wreszczie z sidel za cene utraty wszystkiego, nawet pamieci." (Hervorhebung meine, Stasiuk 2000: 222)

Die besondere (geistige) Verbundenheit zwischen beiden, wird in einer andere Szene deutlich, in welcher der Erzähler zum einzigen Mal bewusst gegen den Willen Bandurkos handelt. In der Baude beobachtet der Erzähler bereits längere Zeit, wie Wasyl ,,rozmawial z jakims chlopaczkiem o dlugich, falujacych sie wlosach" (Stasiuk 2000: 147), der sein Gesicht nicht zeigt, ,,tylko dlon która podnos il papierosa, szczupla,. biala, dziewczeca." (ebd.)

Während Wasyl ,,zagladal w oczy hipisowatemu cherubinkowi" (Stasiuk 2000: 190), schließt der Erzähler kurz eine Männerfreundschaft, verliert aber die beiden nicht aus den Augen. Später, sie zwischenzeit lich umkreisend, setzt er sich doch zu ihnen und beginnt, in aggressivem Ton auf Wasyls Bekanntschaft einzureden, ihn mit absurden Partisanengeschichten und Erzählungen von echten Männergruppen zu beeindrucken. Das lauernde Umrunden und die Abschätzigkeit, mit der er den Jungen beschreibt - als Knaben oder als Jüngling, der ,,nie pasowal do tej bandy glosnych, nie ogolonych samczyków w kraciastych koszulach" (Stasiuk 2000: 178), als Langhaarigen, der vom Aussehen ,,rzeczywiscie byl niezly" (Stasiuk 2000: 179) - deutet bereits auf den Versuch hin, die Bedrohung, die dieser Rivale für ihn darstellt, zu reduzieren, indem er auf ihn als nicht ebenbürtig herabschaut.

Das zentrale Mittel dieser Verachtung besteht in der Charakterisierung des Jungen als jünglings- oder mädchenhaft, als weich und zart, im Grunde genommen als dem Anschein nach offen homosexuell. Unmännlichkeit und Homosexualität werden hier vereint. Die wahre Aggressivität kommt aber erst durch die bewusste Verletzung Bandurkos zum Vorschein:

,,Wasyl przecknal sie calkiem, pochylil sie do przodu, jakby chcial sie wsunac miedzy nas. Nie dalem mu szans. [...] Zobaczylem w oczach Bandurki proszacy blask, miekkie lzawe lsnienie, które, jezeli ktos nie jest akurat przepelniony miloscia blizniego, wywoluje jedynie pragnienie najpodlejszych igraszek." (Stasiuk 2000: 180),

bevor Wasyl ihn stoppt (,,Bandurko przerwal mi cichym glosem: >Przestan, przestan wreszcie ... <" (Stasiuk 2000: 182). Diese sadistischen ,Spielchen' offenbaren eine tiefe Eifersucht und große Angst, die der Erzähler nur ertragen kann, indem er sich über den Jungen lustig macht. Er macht deshalb er seinen Anspruch auf Bandurko diesem Fremden gegenüber so aggressiv geltend. Es ist also kein purer Scherz, kein wirkliches Lächerlichmachen des Langhaarigen, dafür verletzt er Bandurko zu sichtbar. Aggressivität wird hier als einziges Mittel erkennbar, mit Ängsten umzugehen. (Noch deutlicher ist dies in der Schlussepisode zu spüren, in der die alle zermürbende Angst zu Gewalt und Verzweiflungstaten führt.)

In der Abendszene will der Erzähler aber mit einer Berührung- da er nun nicht mehr weiß, wie er sich anders Ausdruck geben soll - seine Forderungen an Zuwendung einklagen: ,,Wyciagnalem reke i chcialem dotknac jego ramienia" (Stasiuk 2000: 192). In der Sekunde zwischen Unterbrechung und Berührung sinnt er über das beginnende Auseinanderbrechen des ,Kreises' und die Entdeckung der Frauen nach:

,,[...] pomieszanie smierci, milosci, kobiet, miasta, wszystko w ruchu,

zawierucha zdarzen i przedmiotw, przez która przedzieralismy sie w rozpietch kurtkach, z golymi glowami, w przemoczonach butach, poganiani pragnieniem, wiatr wial przez nasze pólotwarte wnetrza, pólnagie wnetrznosci, i czulismy tylko glód, glód nie do zaspokojenia."(Hervorhebungen von mir, ebd.)

Auch dieses Textfragment ist wieder bestimmt von einer Sprache des Heldentums, des Kampfes mit den Widrigkeiten des Lebens. Es dominieren stereotype Worte, die Heldentum verbildlichen, die Widrigkeiten des Lebens werden mit den Widrigkeiten der Natur verglichen: ,Wind weht', ,mit bloßem Körper'. Begriffe wie ,Verlangen', unstillbarer Hunger' und erneute Elemente des Kampfes lassen einen höheren Sinn und Zweck hinter diesem Tun vermuten. Eine Sehnsucht nach Unendlichkeit deutet sich auch in den absoluten Begriffen ,Liebe' und ,Tod' an.

Die Angst vor einem Ende, dem endgültigen Auseinanderbrechen dieser Freundschaft zwischen Jungen, die erwachsen geworden sind, ist hier am deutlichsten zu spüren. Frauen waren es offensichtlich, die diesen Kreis angreifbar gemacht haben, denn in der Zeit der ersten Erfahrungen mit ihnen begann er langsam, aber sicher auseinander zu brechen. Das Gefühl des Verlierens und die Ahnung des unwiderruflichen Abschieds an diesem Abend macht sich im Erzähler breit. Es bleibt nur noch die Erinnerung an gemeinsame Zeiten und die damaligen Erwartungen ans Leben, die noch ungetrübt waren von den Bequemlichkeiten des Heute.

6. Zusammenfassung

Der Roman Bialy kruk stellt ein Experiment dar, in dem das Zusammensein verschiedener Männertypen unter extremen Bedingungen beobachtet werden kann. Es bietet sich das Panorama einer rein männlichen, dennoch realistischen Welt, in dem deutlich auf literarische Vorbilder des 19. und 20. Jahrhunderts verwiesen wird.

In den fünf Hauptfiguren werden verschiedene Typen von Männern vorgestellt, die sich wiederum unterteilen. Dem revolutionären oder charismatischen Einzelgänger, der sich mit existenziellen Fragen von Sinn und Zweck des Lebens befasst, steht der geduldige, in die Gesellschaft Integrierte gegenüber, der keine dauernden Veränderungen seines Lebens anstrebt. Der von den Helden des Romans verspürte Gegensatz zwischen der Realität und den Auffassungen eines wirklich männlichen Lebensstils ruft eine tiefgreifende Enttäuschung hervor, die zum Ende der langjährigen Freundschaft führt.

Die Erzählweise des Ich-Erzählers täuscht einen authentischen Bericht vor, die Charaktere des Romans und ihr Verhältnis zueinander sind aber damit der Subjektivität des ,Verfassers' unterworfen. Damit bietet sich Raum für bewusste Inszenierungen männlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen. Diese deutlichen Inszenierungen gewähren einen Blick auf das Ideengebäude einer männlichen Idealwelt im Bewusstsein des Erzählers. Er hebt in seinem Bericht das männliche bzw. unmännliche Verhalten seiner Kameraden hervor, stellt es als einen Kampf mit elementaren Kräften außerhalb der Zivilisation dar und schildert diesen mit betont männlicher Sprache. Die permanente Akzentuierung des bewusst ungesunden Tabak- und Alkoholkonsum soll dabei u.a. auf eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem eigenen Körper verweisen, die sonst nur gegenüber der eigenen Umwelt deutlich wird.

Frauen spielen in dieser männlichen Welt nur eine untergeordnete und auf ihre Funktion als Mutter oder Sexualpartner beschränkte Rolle. Diese ,direkte' Sichtweise spiegelt sich auch in der Sprache wieder, die einen derben und direkten Umgang mit den Dingen vorgibt, ohne sich hinter verschämten Worten zu verstecken. Sowohl im Frauenbild als auch in der Sprache wird die Abgrenzung des Anderen, des Fremden stets betont und dem Eigenen und Männlichen gegenübergestellt. Die Betonung von Körperlichkeit unterstreicht das. Die Gemeinschaft nimmt Formen eines Männerbundes an, der sich in der Tradition historischer Männergesellschaften sieht. Sie wird deutlich von Aggressivität und einer dauernd Verteidigungshaltung bestimmt. Dabei wird ein Mythos ,wahren Lebens außerhalb der verweichlichten Großstadt' die ideologische Grundlage dieser Reise an die eigenen Grenzen, bleibt aber undeutlich und geheimnisvoll.

In den Anspielungen auf die Gesellschaft der Volksrepublik Polen, den Zweiten Weltkrieg sowie Vorgänge während und nach der Oktoberrevolution wird zwar eine sozialistische Mystik deutlich, mindestens ebenso zentral aber dürfte die biblische Rhetorik und das Spiel mit der Christusfigur Wasyl Bandurkos sein. Diese beiden Motivreihen können möglicherweise auch antagonistisch wirken und gegeneinander verlaufen.

Zentral für die Romanhandlung ist eine besondere Beziehung zwischen dem Erzähler und der Hauptfigur Wasyl Bandurko. Die besondere geistige Verbundenheit der Beiden, vielleicht auch Liebe, ist vermutlich der Grund für die Abfassung dieses ,Berichtes', der einer Aufarbeitung der Trennung von Wasyl Bandurko gleichkommt. Sinnbild des Außenseiters Wasyl Bandurko kann dabei der - in der Handlung nur am Rande auftauchende - weiße Rabe sein, der trotz seines Andersseins nicht ausgestoßen wird:

,,Er war schneeweiß. Und groß. Ein Rabe. Corvus corax. Allesfresser. Krächzt nicht. Die Krähen krächzen. Vielleicht war es ein gewöhnlicher Albino. Aber die anderen hätten ihn zu Tode hacken oder verjagen müssen ... es sei denn, er ist der Stärkste von allen ... Corvus corax albus." (Stasiuk 2000: 40)

7. Streszczenie

Praca ta zbliza sie do tematu Meskosci w powiesci Bialy kruk od strony autokreacji glównych postaci i opisuje meski swiat, jaki sie pojawia w wyobrazeniu bohatera-narratora. Powiesc przedstawia panorame czystego meskiego swiata. Glówne postaci reprezentuja rózne rodzaje mezczyzn, dzielac sie na idealistycznych samców, którzy cierpia na swiat i chca go zmienic, oraz malodusznych obywateli, którym teskno do telewizora. Róznica miedzy ich wyobrazeniem meskiego stylu zycia i rzeczywistoscia prowadzi do radykalnego rozczarowania i konca dlugoletniej przyjazni.

Sposób i perspektywa narracji w pierwszej osobie sugeruje autentyczny reportaz, choc przez to charakterystyka bohaterów i stosunki miedzy nimi podlegaja subjektywizmowi narratora. Przez to pojawia sie mozliwosci swiadomej autokreacji meskich wlasciwosci oraz inscenizacji zachowan prawdziwych mezczyzn. Bohater-narrator podkresla w swoim reportazu meskie lub niemeskie sposoby zachowan swoich kolegów i opisuje ich przygody w Bieszczadach jako walke z elementarnymi mocami poza cywilizacja. W takim meskim swiecie kobiety graja tylko podrzedna role, znaczenie drugiej plci jest ograniczone do funkcji matki lub partnera seksualnego.

O tym swiatopogladzie swiadczy takze zaakcentowany meski jezyk, który chce pokazac mocny i bezposredni stosunek do rzeczywistosci. Ten jezyk dziala bez potrzeby ukrywania sie za zawstydzonymi slowami. Zarówno w obrazie kobiet jak i w jezyku czuje sie rozgraniczenie Drugiego lub Obcego. W przeciwienstwie do tego istnieje prawdziwy ideal we Wlasnym i Meskim. Akcentowanie cielesnosci oraz spozycia alkoholu i tytoniu podkresla mocny sposób bycia.

Owa wspólnota mezczyzn ma forme zwiazku mezczyzn (tzw. Männerbund), który odnajduje sie w tradycji historycznych meskich stowarzyszen. Wyraznie jest on zdominowany przez agresje i nieustanna poze obrony. Ideologiczna podstawa podrózy `do kresu' staje sie mit `prawdziwego zycia' poza cywilizacjymi miastami, wyrazajac sie w ogólniej krytyce cywilizacji. Ideologia ta nie zostaje skonkretyzowana i pozostaje w mgle tajemnicy. W powiesci pojawiaja sie jednoczesnie motywe z peerelowskiego spoleczenstwa, z Drugiej Wojny Swiatowej jak i chrzescijanskich Ewangelii i Apokalipsy. Szczególny (duchowy czy milosny) stosunek miedzy narratorem a bohaterem Wasylem Bandurki staje sie powodem ukladania `reportazu'.

Literaturverzeichnis

A. Primärliteratur

Stasiuk, Andrzej (2000): Bialy kruk. Warszawa: W.A.B.

Stasiuk, Andrzej (2000): Der weiße Rabe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch.

B. Sekundärliteratur

Badinter, Elisabeth (1997): Die Identität des Mannes. Seine Natur, seine Seele, seine Rolle. München: Piper.

Blonski, Jan: ,,Stasiuk u natury bram." in: Jarzebski, Jerzy (Hrsg.) (2001): Wszystko co literackie. Kraków: Wydawnictwo Literackie.

Burska, Lidia: ,,Sprawy meskie i nie." in: Nycz, Ryszard u.a. (Hrsg) (1996): Teksty Drugie. (Nr 5), Warszawa: Instytut Badan Literackich.

Mertens, Wolfgang: ,,Männlichkeit aus psychoanalytischer Sicht." in: Erhart, Wolfgang/ Herrmann, Britta (Hrsg.) (1997): Wann ist der Mann ein Mann? Zur Geschichte der Männlichkeit. Stuttgart und Weimar: Metzler.

Nycz, Ryszard u.a. (Hrsg.): ,,Ankieta Tekstów Drugich." in: ders. (Hrsg) (1996): Teksty Drugie. (Nr 5), Warszawa: Instytut Badan Literackich.

Widdig, Bernd: ,,>Ein herber Kultus des Männlic hen<: Männerbünde um 1900." in: Erhart, Wolfgang/ Herrmann, Britta (Hrsg.) (1997): Wann ist der Mann ein Mann? Zur Geschichte der Männlichkeit. Stuttgart und Weimar: Metzler.

Brunotte, Ulrike (1995): Helden des Tötens. Rituale der Männlichkeit und die Faszination der Gewalt. Dortmund: Humanitas.

[...]


1 dazu zählen Kapitan Kloss (Stawka wieksza niz zycie, 1966-68), aber auch die Serie Vier Panzerfahrer und ein Hund (70er Jahre); auf die allgemeine Identifizierung mit Filmhelden wird aber an anderer Stelle ausdrücklich Bezug genommen: ,,wir fühlten uns wie alte und erschöpfte Helden eines miesen Films.", S. 227

2 eines der wenigen Worte, die Wasyls Mutter spricht, ist das russische ,,bezprizorni" (= ,Stromer', Stasiuk 2000: 55)

3 Mertens schränkt diese These im Folgenden zwar teilweise ein, bezweifelt jedoch weder eine Ent-Identifizierung, noch, dass ,,der Junge gezwungen werde, als weiblich empfundene Eigenschaften abzulegen" (Mertens 1997: 48)

4 u.a. Theweleit, Klaus: Männerphantasien. 2 Bände, Reinbeck 1980

Fin de l'extrait de 28 pages

Résumé des informations

Titre
Männliche Selbstinszenierungen in Bialy Kruk von A. Stasiuk
Université
European University Viadrina Frankfurt (Oder)
Cours
Die junge Generation der Schriftsteller in Polen
Note
1.0
Auteur
Année
2002
Pages
28
N° de catalogue
V107431
ISBN (ebook)
9783640057047
Taille d'un fichier
572 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Arbeit deutet die wichtigsten Charaktere als Bilder eines männlichen Selbstverständnisses in Polen. Sie verdeutlicht die Problematik einer solchen Rollenauffassung und zeigt ihr Scheitern.
Mots clés
Männliche, Selbstinszenierungen, Bialy, Kruk, Stasiuk, Generation, Schriftsteller, Polen
Citation du texte
Bernd Böttcher (Auteur), 2002, Männliche Selbstinszenierungen in Bialy Kruk von A. Stasiuk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107431

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Titre: Männliche Selbstinszenierungen in Bialy Kruk von A. Stasiuk



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