Die Antwort der USA auf den 11. September 2001


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

17 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Neorealismus von Kenneth Waltz
2.1) Struktur des internationalen Systems
2.2) Internationale Anarchie und Selbsthilfe
2.3) Balance-of-Power

3) Die neue Bedrohung und die Antwort der USA
3.1) Sicherheitsbegriff
3.2) „Verstaatlichung“ des Terrorismus`
3.3) Sicherheit durch erweiterte Fähigkeiten
3.4) Krieg gegen Afghanistan im Ad-hoc Bündnis mit Großbritannien

4) Bestätigung der Ergebnisse: Die neue Nationale Sicherheitsdoktrin

5) Fazit

6) Literaturverzeichnis

1) Einleitung

„Die Terroranschläge vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon bei Washington haben für immer den Blick der USA auf sich selbst und die Welt verändert.“[1] Quasi über Nacht erlangt der internationale Terrorismus eine größere Dimension als je zuvor. Die inneramerikanische Bedrohung dominiert die amerikanische Sicherheitspolitik und wird sie auch noch für einige Zeit beherrschen. Innerhalb von nur zwei Tagen reduziert die USA das hochkomplexe Ereignis auf drei Säulen:

„Osama Bin Laden und seine Organisation „Al Quaida“ haben die Anschläge ausgeführt. Ihre Basis liegt in Afghanistan und muss in einem Krieg beseitigt werden. Der Krieg muss sich danach auch auf andere Länder erstrecken, die Terroristen einen Hafen bieten.“[2]

Innenpolitische Themen wie Bildungsreform und Steuersenkungen traten nach den Anschlägen eindeutig in den Hintergrund. Die politische Agenda wird ab diesem Zeitpunkt durch das neue organisatorische Prinzip der US-amerikanischen (Außen)Politik, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Landesverteidigung, gestellt.[3]

Die US-amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik definiert Terrorismus aber nicht als transnational, sondern als international. Die Bedrohung, die von einem gesellschaftlichen Akteur ohne herkömmliche Massenvernichtungswaffen ausging[4], wird so auf Staaten übertragen, die den Terrorismus unterstützen. Man versucht, den Terrorismus greifbar zu machen, um ihn mit den Mitteln der Staatenwelt bekämpfen zu können. Der Krieg gegen sogenannte Schurkenstaaten, die Terroristen Unterschlupf gewähren oder sie mit atomaren, chemischen oder biologischen Waffen versorgen (könnten), ist das Ergebnis dieses Außenpolitikverständnisses.[5]

Es liegt aber im Wesen des Terrorismus, dass er nicht in großen organisierten Formationen auftritt, die sich mit Krieg eliminieren lassen, sondern in kleinen Gruppen und über viele Länder verteilt.[6] Dem internationalen Terrorismus ist mit dem traditionellen Mittel der Staatenwelt, nämlich Krieg, nicht beizukommen.

„Eine absolut zuverlässige Sicherheitsstrategie könnte es (...) in einer offenen Gesellschaft nur durch deren Abschaffung geben. Beim Thema Terrorismus drängt sich der Vergleich mit der Bekämpfung der Malaria auf. (...) Malaria bekämpft man nicht, indem man Fliegengitter vor die Fenster hängt oder ein paar lästige Mücken erschlägt. Man muss vielmehr Massenimpfungen vornehmen und vor allem Sümpfe der Brutstätten trockenlegen.“[7]

Die Außen- und Sicherheitspolitik der USA sieht jedoch - nach wie vor - eine traditionelle Bedrohung durch feindliche Staaten. Obwohl gesellschaftliche Akteure zunehmend in den Vordergrund rücken und spätestens am 11. September klar gemacht haben dürften, über wieviel Macht sie verfügen, interpretiert die USA die Gefahr in den Bedeutungsmustern der Staatenwelt und reagiert auf die neue Gefahr mit dessen neorealistischen Strategien und Mitteln. Bush antwortet als erstes mit einem Krieg gegen Afghanistan.[8]

Die „Antwortformulierung“ der USA auf die terroristischen Angriffe vom 11.09.2001 soll in dieser Hausarbeit dargestellt werden. Dabei soll gezeigt werden, dass sich die USA bei ihrer Interpretation der Terroranschläge und ihrer Reaktion darauf nach wie vor an den alten Bedeutungsmustern der Staatenwelt orientieren und sogar verstärkt eine neorealistische Außenpolitik betrieben wird. Das Nachdenken über Terrorismus wurde deshalb auch nicht in eine angepasste, aktuelle Sicherheitspolitik übersetzt.

Um dieser These nachgehen zu können, ist in Kapitel 2 zunächst ein Blick auf die in diesem Zusammenhang relevanten Begriffe der „neorealistischen Theorie“ interessant. Anschließend soll gezeigt werden, wie die US-amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik auf die Bedrohung vom 11. September nach wie vor mit den traditionellen neorealistischen Maßnahmen reagiert hat. Zuletzt werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick auf eine andere, angepasste Strategie im Umgang mit internationalem Terrorismus gegeben.

2) Neorealismus von Kenneth Waltz

Der amerikanische Politologe Kenneth Waltz (*1924) entwickelte eine neorealistische Theorie, die er 1959 in seinem Buch „Theory of International Politics“ veröffentlicht. Im Folgenden sollen seine wichtigsten Überlegungen dargelegt und grundlegende Begriffe erläutert werden.

2.1) Struktur des internationalen Systems

Jedes System– und somit auch das internationale System – besteht aus einer bestimmten Struktur und interagierenden Einheiten („units“).[9] Die Strukturen befinden sich „über“ den Einheiten, beeinflussen sie. Staaten als Akteure des internationalen Systems können Strukturen ihrerseits aber nicht beeinflussen.[10] Struktur wird dabei durch drei Komponenten definiert: Erstens durch das System, das sie ordnet, zweitens durch die Spezifikation der Funktion der unterschiedlichen Einheiten und drittens auch durch die Verteilung von Fähigkeiten zwischen den Einheiten.[11] Der Zweck der Struktur ist die Möglichkeit, Prognosen über die „outcomes“ von Systemen zu treffen.

Die Struktur von internationalen politischen Systemen ist nach Waltz gekennzeichnet durch eine anarchische Ordnung, was das Fehlen einer übergeordneten Regelungs- und Sanktionsinstanz bedeutet. Kein Staat wird an der Ausübung von Gewalt gehindert beziehungsweise dafür wie ein Akteur im nationalen System „bestraft“.[12] Dadurch ist die Sicherheit der Staaten gefährdet, das internationale System wird zum Selbsthilfesystem. Strukturell determinierte Selbsthilfe stellt deshalb auch das vorherrschende Handlungsmuster der Staaten dar.[13] „States are alike in the tasks they face, though not in their abilities to perform them.“[14]

2.2) Internationale Anarchie und Selbsthilfe

Zentrales Problem der internationalen Beziehungen ist nach Waltz die internationale Anarchie. Aufgrund von fehlenden zwingenden und zuverlässigen Regulierungs- und Versöhnungsprozessen bei Konflikten werden einige Staaten bei Interessenskonflikten immer wieder auch die Mittel des Krieges anwenden.[15] Kriege haben für Realisten keine moralisch verwerfliche Qualität, sie sind systembedingt und daher nicht einer moralischen Beurteilung zugänglich. Sie sind ein legitimes Mittel der Politik.[16] Weil das Risiko der Gewalt permanent besteht, muss jeder Staat gewaltbereit sein, um sich zu schützen. Ansonsten muss man sich im Ernstfall wohl oder übel dem Willen des mächtigen Nachbarn unterwerfen.[17] Das vorrangige Ziel eines jeden Staats und oberstes Prinzip der internationalen Politik im Selbsthilfesystem ist es deshalb, für das eigene Überleben und deshalb für die eigene Sicherheit zu sorgen.[18] Dies ist die Grundlage und Voraussetzung für die Realisierung aller weiteren Ziele.

Durch das Risiko der Gewalt und des Krieges wird außerdem die Kooperation und internationale Arbeitsteilung zwischen Staaten verhindert:[19] „If an expected gain is to be devided, say, in ration of two to one, one state may use its desproportionate gain to implement a policy intended to damage or destroy the other.“[20] In Selbsthilfe-Systemen ist die Interdependenz zwischen den Einheiten nur begrenzt möglich, weil Staaten vor allem nach Souveränität streben. Sie wollen ihre Autonomie bewahren, indem sie möglichst wenige Abhängigkeiten von anderen Staaten anstreben. Kooperation existiert in dieser Theorie nur mit der Einschränkung, dass die anderen dabei nicht mehr gewinnen als man selbst.[21] Neben der Vorsorge für die Verteidigung und Abschreckung werden die Staaten natürlich auch durch Bündnisse ihre Macht stärken. Diese Bündnisse oder internationalen Verträge stellen jedoch immer nur eine lose Verknüpfung dar.[22]

[...]


[1] Kreft, Heinrich: Vom Kalten zum „Grauen Krieg“ - Paradigmenwechsel in der amerikanischen Außenpolitik. Aus Politik und Zeitgeschichte 25, 21.6.2002, S.1

[2] Bröckers, Mathias: Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9. Frankfurt a. M. 2000, S.262f.

[3] Vgl. Kreft, Heinrich: Vom Kalten zum „Grauen Krieg“. a.a.O., S.1

[4] Vgl. ebd., S.10f.

[5] Vgl. Czempiel, Ernst-Otto: Weltpolitik im Umbruch. Die Pax Americana, der Terrorismus und die Zukunft der internationalen Beziehungen. Bonn 2002., S.8f.

[6] Vgl. ebd., S.49

[7] Kohout, Franz: Krieg und Terrorismus: Zur Veränderung politischer Konflikte im 21. Jahrhundert. In: Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Krieg – Instrument der Politik? Bewaffnete Konflikte im Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert. Baden-Baden 2002, S.356

[8] Vgl. Czempiel, Ernst-Otto: Weltpolitik im Umbruch. a.a.O., S.8

[9] Vgl. Waltz, Kenneth: Theory of International Politics. New York 1979, S.79-128, S.79

[10] Vgl. ebd., S.80

[11] Vgl. ebd., S.88

[12] Vgl.ebd., S.88

[13] Vgl. ebd., S.91

[14] Ebd., S.96

[15] Vgl. Waltz, Kenneth: Man, the State and War. A Theoretical Analysis. New York, London 1959, S.238

[16] Rosenthal, Claudius: Zur Legitimation von Außenpolitik durch Politische Theorie. Münster 2001, S.372

[17] Vgl. Waltz, Kenneth: Theory of International Politics. a.a.O., S.102

[18] Vgl. ebd., S.104

[19] Vgl. ebd., S.102

[20] Ebd., S.105

[21] Vgl. ebd., S.105

[22] Vgl. ebd., S.105

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Die Antwort der USA auf den 11. September 2001
Université
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Politikwissenschaft)
Cours
Grundseminar: Internationale Beziehungen
Note
1,3
Auteur
Année
2003
Pages
17
N° de catalogue
V10749
ISBN (ebook)
9783638170956
Taille d'un fichier
598 KB
Langue
allemand
Mots clés
Antwort, September, Grundseminar, Internationale, Beziehungen
Citation du texte
Nannette Remmel (Auteur), 2003, Die Antwort der USA auf den 11. September 2001, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10749

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