Prototypensemantik am Beispiel der Vogelarten im Spanischen


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

16 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Repräsentation sprachlichen Wissens
1.1. Was ist die Prototypentheorie?
1.2. Was steht der Prototypentheorie gegenüber?
1.3. Stand der Wissenschaft

2. Prototypentheorie der Semantik am Beispiel der Vogelarten im Spanischen
2.1. Prototypikalität/ Radialität
2.2. Anwendbar auf alle Sprachen mit soziokulturellen Unterschieden

3. Lässt sich die Prototypentheorie durch Definitionen im einsprachigen Wörterbuch belegen?

4. Probleme der Prototypentheorie
4.1. Wissensrepräsentation - prototypisch oder klassisch kategorisierend?

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Vorwort

Ein Thema zu erarbeiten, welches so weite Ausmaße erfährt, wie die Prototypensemantik, ist einerseits eine Erleichterung, da umfassendes Material zur Ausarbeitung zur Verfügung steht und es genügend Punkte in diesem Bereich gibt, welche weiter ausgearbeitet werden müssen, aber andererseits stellt diese Tatsache hohe Anforderung an den Schreiber, in diesem Fall an mich, dieser Arbeit, sich im Rahmen des Möglichen zu bewegen, sprich unter Beachtung von Zeit, Umfang der Ausführungen und den eigenen analytischen Fähigkeiten.

Für mich als "Debütant" waren alle drei Probleme zu überwinden. Im Rahmen der drei genannten Kriterien habe ich versucht, dem so komplexen Themenbereich der Prototypensemantik so gerecht, wie mir eben möglich war, zu werden.

Das Thema hatte für mich besonderen Reiz. Es eröffnet dem Betrachter sehr viele interessante Facetten und Sichtweisen, ja sogar Einblicke in die eigene Kommunikation.

Interessant ist das Thema, weil ich glaube, dass jegliche Erkenntnisse in diesem wissenschaftlichen Gebiet, dafür sorgen, dass wir unsere, die menschliche Kommunikation, welche sehr viele Geheimnisse in sich birgt, besser verstehen werden und die Erkenntnisse einsetzen werden, um die Kommunikation hinsichtlich des gegenseitigen Verstehens entscheidend weiterentwickeln werden.

Dies hätte auch Auswirkungen auf andere wissenschaftliche Disziplinen, wie zum Beispiel der Psycholinguistik und der Informationswissenschaft. So könnten neue Erkenntnisse beispielsweise neue logopädische Therapien herbringen oder die Suche im Internet nach gewissen Inhalten nachhaltig revolutionieren.

Diese Gedanken waren für mich entscheidend, ein kleines Mosaiksteinchen der kognitiven Semantik näher zu betrachten und die Erkenntnisse der Prototypensemantik zusammenzufassen und die Problematik dieser Theorie darzustellen.

1. Repräsentation sprachlichen Wissens

Es gibt eine Unzahl an Wörtern, auf die der Mensch zurückgreifen kann. Es wird davon aus- gegangen, dass der menschliche Wortschatz theoretisch unbegrenzt ist. Dieser beinhaltet den aktiven Wortschatz mit durchschnittlich 8.000- 10.000 Wörtern und den passiven Wortschatz.

Es bedarf also der Organisation dieser Vielzahl von Wörtern. Sprachliches Wissen ist nicht willkürlich im Sprachvermögen des Menschen abgespeichert, sondern wird kategorisiert.

Ohne Organisation dieses Fundus, wäre die menschliche Kommunikation kaum möglich bzw. sehr chaotisch.

Nach welchem Prinzip funktioniert die mentale, unbewusste Organisation sprachlichen Wissens?

Im folgendem soll u.a. dieser Frage nachgegangen werden und ein Versuch unternommen werden, darzustellen, wie sprachliches Wissen kognitiv aufgenommen, gespeichert und verarbeitet wird. Gesucht wird eine Beschreibungsform oder eine Art von Modell, das veranschaulicht, welche Prozesse sich kognitiv bei der Aufnahme von Wörtern im menschlichen Wortschatz abspielen, wie diese gespeichert und kategorisiert werden, und wie sich dies in der menschlichen Kommunikation und in der Textverarbeitung auswirkt.

Es geht also auch darum, nachzuvollziehen, wie Wörter und Begriffe, bestehend aus einem Lautbild (fr. Signifiant, sp. Significante) und aus der Vorstellung im Kopf bzw. aus einem außersprachlichen Inhalt (fr. Signifie, sp. Significado), kognitiv in unserem Wissen verankert sind, und in wieweit die Beziehung von Significante und Significado dabei eine Rolle spielen.

Bestimmte Prozesse im menschlichen Gehirn spielen sich beim Verstehen und Benennen von Wörtern ab. Gibt es eine Art gespeichertes Lexikon im menschlichen Gehirn? Und wie ist dieses Lexikon angelegt, falls es überhaupt ein Lexikon gibt?

Ebenfalls soll versucht werden, festzustellen, ob sprachliches Wissen flexibel oder eher starr und unveränderlich in Kategorien gespeichert wird und, ob es allgemeine Konventionen der sprachlichen Wissensrepräsentation gibt.

1.1. Was ist die Prototypentheorie?

Prototyp (griech. prōtotypon 'Urbild, Original')1

Linguisten gehen davon aus, dass Bedeutungen von Wörtern eng mit dem Konzeptualisierungsvermögen des Menschen verknüpft sind, d.h. es gibt gewisse Konzepte und Regeln nach denen Wörter kognitiv behandelt werden. Es stellt sich die Frage, welche Regeln das sind.

Vertreter wie G. Lakoff und E. Rosch gehen davon aus, dass es bei der Erfassung von Gegenständen und Wörtern über eine Art Prototyp geht. Dabei spielt die Salienz eine große Rolle. Demnach erfolgt die Perzeption von Gegenständen, Wörtern und Begriffen dem Prinzip des Herausragens aus einer bestimmten Kategorie. Innerhalb einer Kategorie von Begriffen gibt es einen Begriff, mit einem sich dahinter befindlichen Inhalt, der herausragend bzw. salient ist. Auf diesen Begriff treffen die meisten Eigenschaften zu, die auf den sich in dieser Kategorie ebenfalls befindlichen Begriffen mehr oder weniger auch zutreffen. Nicht jeder Begriff dieser Kategorie umfasst die gleiche Anzahl von Eigenschaften. Deshalb haben die Kategoriemitglieder unterschiedliche Wertigkeiten. Es gibt gute und schlechte Vertreter einer Kategorie. Der Prototyp einer Kategorie ist der Begriff, der die Haupteigenschaften besitzt und der beste Vertreter der Kategorie ist. Der Begriff oder das Kategorieelement ist salient gegenüber den übrigen Begriffen der Kategorie. Die Salienz ist vom menschlichen Wahrnehmungsvermögen gesteuert und ist nicht ausschließlich an die Optik eines Gegenstandes gebunden. Es findet ein Abgleichen eines Schemas, welches sich im Wahrnehmungsvermögen befindet, mit einer wahrgenommenen Sache statt.

'Klassifizierungsrelevant sind, visuell auffällige Eigenschaften, ökologische Validität einer Eigenschaft, Verhaltensrelevanz von Eigenschaften, Häufigkeit des Auftretens von Eigenschaften, korrelative Beziehungen zwischen Eigenschaften'2

Entspricht der Gegenstand dem Schema, welches abgespeichert zum Abrufen bereit steht, so handelt es sich um den Prototypen einer Kategorie. Jeder Mensch kategorisiert unterschiedlich und individuell, wofür Herkunft eines Menschen, soziales Gefüge, in dem sich ein Mensch bewegt, und Kulturkreis, dem ein Mensch zugehörig ist, ausschlaggebend sind.

Darst. 1: Vase, Becher oder Schale?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: J. Aitchison, Words in the mind - an introduction to the mental lexicon, 2.Aufl.,

Oxford 1994, S. 46.

1.2 Was steht der Prototypentheorie gegenüber?

Der Prototypentheorie steht die klassische, aristotelische Theorie der Kategorisierung gegenüber. Im Grunde lässt sich das auch umgekehrt formulieren, denn die Prototypentheorie ging aus der klassischen, aristotelischen Kategorisierung hervor. Hier werden ebenfalls Objekte und Begriffe kategorisiert. Es wird von Strukturalisten und Anhängern dieser Theorie davon ausgegangen, dass Grenzen von Kategorien klar erkennbar und unveränderlich sind. Eine Art Katalog von Eigenschaften bzw. von Semen ist den Elementen einer Kategorie behaftet und entscheidet darüber, ob der Gegenstand in die eine oder andere Kategorie gehört. Die Kategoriezugehörigkeit wird durch Eigenschaften, welche ein Objekt besitzen muss, festgelegt. Dabei muss ein Objekt bloß ein Sem besitzen, welches distinktiv die Zugehörigkeit zu einer Kategorie belegt und auch auf alle anderen Mitglieder der Kategorie zutrifft. Diese Eigenschaften stehen fest.

Die Mitglieder einer Kategorie haben allesamt den gleichen Status. "In bezug auf die betreffende Kategorie ist jeder Vertreter ein ebenso "gutes" Exemplar wie jeder andere"3. Objekte, die eine Menge gemeinsamer Eigenschaften aufweisen, werden in einer Kategorie zusammengefasst. Es gibt also eine notwendige Bedingung, die erfüllt werden muss, um die Kategoriezugehörigkeit zu erlangen. Darüber hinaus gibt auch hinreichende Bedingungen, welche die Objekt weiter spezifizieren, die allerdings nicht notwendig sind, um die Kategoriezugehörigkeit zu sichern.

1.3 Stand der Wissenschaft

Beide Theorien der Repräsentation sprachlichen Wissens unterliegen der ständigen Hinterfragung und konkurrieren mit dem Anspruch ein Modell zu finden, welches auf alle Phänomene der sprachlichen, kognitiven Konzeptionalisierung adäquat anwendbar ist. Deshalb werden beide Theorien kontinuierlich weiterentwickelt, wodurch "erweiterte Versionen" beider Theorien hervorgebracht werden.

Die von Ludwig Wittgenstein mit in die Prototypentheorie hineingebrachte Familienähnlichkeit stellt eine der Erweiterung dar4. Weiter ausgebaut wurde die Prototypentheorie durch Hinzuziehung der sogenannten Taxonomien, welche die Lehre von den Methoden der Klassifizierung auf der Grundlage von Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Taxonomien unterworfenen Gegenständen darstellen5.

Es wurde herausgefunden, dass der Einstieg in eine Kategorie über eine Basisebene erfolgt.

Konkret bedeutet das, dass die Erschließung eines Objektes wie der "Schäferhund" zunächst über den "Hund" erfolgt und nicht über den "Schäferhund" selbst oder über das Hyperonym von "Hund" dem "Tier". Ein sogenanntes Basislevel dient als Einstieg in eine Art Hierarchie einer Kategorie. Hier ist der "Hund" der Ausgangspunkt. Das "Tier" hat zu viele Repräsentanten, aber kein konkretes Referenzobjekt.

Die Begrifflichkeit der Prototypentheorie hat sich geändert. Es wird nunmehr von einem prototypischen Effekt ausgegangen, da sich die wahre Prototypikalität nicht belegen lässt.

Das beste Exemplar, der beste Repräsentant einer Kategorie, fällt weg, wodurch der Bezug eines Objektes zu seiner semantischen Entsprechung aufgehoben wird und durch eine lexikalische Einheit ersetzt wird und "[d]ies führt zu einer polysemieorientierten bzw. multikategoriellen Version, ... die der Tatsache Rechnung trägt, daß ein einziges Wort mehrere Bedeutungen haben kann..."6. Über dieses neue weitergefasste Modell der Prototypentheorie lassen sich sprachliche Phänomene u.a. der Polyseme und Homonyme besser berücksichtigen.

2. Prototypentheorie der Semantik am Beispiel der Vogelarten im Spanischen

Die Prototypentheorie lässt sich recht gut am Beispiel der Vogelarten im Spanischen darstellen und näher erläutern. Zur Untermauerung der Prototypentheorie kann man sich allerdings noch vieler anderer Kategorien bedienen. Die Vogelarten stellen hierbei nur eine Kategorie dar, an der sich die Prototypentheorie veranschaulichen lässt.

Es gibt unzählige Arten von Vögel. 'Sie stammen von den Reptilien ab und es gibt rund 8600 Arten von ihnen.'5 Viele davon kann man unter Umständen nicht einmal näher benennen. Hier soll nun der Versuch unternommen werden an den Vogelarten, bzw. an einigen davon, im Spanischen die Prototypentheorie zu belegen.

Der Vogel sp. pájaro S. m. ist Oberbegriff der Kategorie. 'Diese Kategorie umfasst Tiere, die i.d.R. fliegen können, deren vorderen Gliedmaßen zu Flügeln umgebildet sind, die ein Gefieder haben, und die ihren Nachwuchs in Kalkschaleneiern zur Welt bringen.'7

Darüber hinaus haben Vögel einen Schnabel.

Diese Definition trifft auf jede Vogelart mal mehr, mal weniger zu. Als Vogel auf dem dies zutrifft, sei hier das dt. Rotkehlchen S. n. sp. petirrojo S. m. 'Pájaro de color pardo oliváceo, con la frente, el cuello, la garganta y el pecho de color rojo vivo, afín del colirrojo y el ruiseñor.' (Dicc.M.Moliner) genannt. Das Rotkehlchen entspricht, ähnlich wie die Amsel, dem Schema eines Vogels, welches kognitiv im Konzeptionalisierungsvermögen des Menschen verankert ist. Dieses Schema wird durch das Rotkehlchen erfüllt. Das Rotkehlchen ist etwa 15 cm groß, hat einen Schnabel, Gefieder und ist mit seinen Flügeln flugfähig. Das Rotkehlchen ist ein sogenannter Teilzieher. Sein Lebensraum erstreckt sich von Nord Afrika, Europa bis nach Eurasien. Es kommt also durchaus in Spanien vor. Schaut man sich von Kindern gemalte Vogelbilder an, so lassen sich auffallende Ähnlichkeiten, zumindestens schemenhaftig, mit dem Rotkehlchen oder der Amsel feststellen. Dass das Rotkehlchen als einer der besten Vertreter der Kategorie Vogel angesehen wird, wurde auch wissenschaftlich von Eleanor Rosch nachgewiesen "About twenty years ago Eleanor Rosch...carried out a set of experiments in order to test the idea that people regard some types of birds as 'birdier' than other birds..."8

Auf sp. paloma S. f. dt. Taube S. f., definiert als "Ave de mediano tamaño y cuerpo rechoncho, cuyo tamaño y color varían según las especies." (Dicc.M.Moliner) treffen die Haupteigenschaften des Vogels auch zu. Es gibt etwa 300 Taubenarten. Tauben kommen annähernd auf der ganzen Welt vor und sind, je nach Taubenart, 15- 80 cm groß. Tauben stellen ebenfalls recht gute Vertreter der Vogelarten dar. Doch durch den etwas größeren Kropf und den verlängerten Schwanzfedern, passen Tauben nicht hundertprozentig in das kognitive Schema des Vogels.

Dies trifft auch auf sp. canario S. m. dt. Kanarienvogel S. m. (Pons Wörterb.) zu. Der Kanarienvogel, definiert als 'Pájaro granívoro, muy cantor, de color corrientemente amarillo, pero también verdoso, blanco, pardo o de color naranja, que se cría mucho en domesticidad' (Dicc.M.Moliner), ist etwa 12 cm groß, lebt gesellig in kleinen Gruppen und kommt hauptsächlich auf den Kanaren und Azoren oder in Mitteleuropa als Käfigvogel vor. Durch sein gelbgefärbtes Gefieder weicht er etwas vom Schema des Vogels ab, da er im Vergleich zum Rotkehlchen, dem besten Repräsentanten der Vögel, die natürliche Gefiederfärbung, sprich braun, rot und grau, nicht aufweisen kann. Die Gelbfärbung des Kanarienvogels wirkt exotisch. In unseren Breitengraden lebt der Kanarienvogel eigentlich überhaupt nicht. Die Häufigkeit, wie oft etwas vorkommt und wie oft nicht, spielt bei der Salienz eine große Rolle.

Ein weiterer guter Repräsentant stellt sp. gorrión S. m. dt. Spatz S. m., definiert im Spanischen als 'Pájaro muy corriente, de unos 10 cm de longitud, de color pardo con toques negros, con el pico corto y cónico; es omnivoro, muy voraz, y ha conseguido adaptarse perfectamente al ambiente urbano.' (Dicc.M.Moliner) dar. Der Spatz kommt in fast ganz Europa vor.

Dem Spatz fehlt die entsprechende Größe, um einen optimalen Vertreter der Vogelarten darzustellen. Sein Schnabel und seine Anpassung an das Stadtleben lässt den Spatz untypisch erscheinen, da Vögel eher der Natur zugerechnet werden, weshalb der Spatz kein optimaler Vertreter der Vogelarten ist.

Schon etwas weniger vogelprototypisch ist sp. lechuza S. f. dt. Eule S. f., definiert im einsprachigen Wörterbuch als 'Ave rapaz nocturna como el búho y el mochuelo; como ellos, tiene la cara redonda y plana, los ojos situados de frente, y pico corto y ganchudo...' (Dicc.M.Moliner).

Von Eulen gibt es etwa 140 verschiedene Arten. Eulen sind weltweit vorkommend und sind 15- 80 cm groß. Sie sind besonders in der Dämmerung und in der Nacht aktiv.

Vom kognitiven Schema eines Vogels weicht die Eule, aufgrund ihres großen Kopfes, ihres kleinen nach unten gebogenen Schnabels und der unbeweglichen, von einem Federkranz umsäumten Augen, ab. Dabei spielt auch die Disproportionalität der Eule eine Rolle.

Der dt. Fasan S. m. sp. faisán S. m. 'Ave gallinácea de carne muy apreciada. Tiene el tamaño aproximado del gallo y el macho tiene el plumaje de colores vistosos: amarillo, verde y rojizo, con reflejos metálicos.' (Dicc.M.Moliner), der weltweit vorkommt und zu den Hühnervögeln gehört, weicht ebenfalls schon recht deutlich vom Vogelschema ab.

Der Hauptgrund dafür ist, dass er nicht fliegen kann. Der Fasan ist ein Bodenvogel, der zwar Flügel besitzt, aber im Laufe der Zeit das Fliegen aufgegeben hat. Der Fasan ist auch, wegen seines Gefieders, welches metallisch glänzt, und seines bis zu 80 cm langen Schwanzes, ein "untypischer" Vogel.

In diese Gruppe gehört auch der dt. Papagei S. m. sp. papagayo S. m. 'Loro de África y de la zona central de Sudamérica, de cuerpo rechoncho, cola corta y vistosos colores.' (Dicc.M.Moliner). Der Papagei lebt hauptsächlich in wärmeren Gebieten der Erde und ist zwischen 0,1- 1 m groß. Es gibt rund 300 verschiedene Papageienarten. 'Dem Verhalten und der Entwicklung des Gehirns nach, gehört der Papagei zu den höchstentwickelten Vögeln'9.

Der Papagei hat meist ein buntes Gefieder und einen sehr langen Federschwanz, was den Papagei ebenfalls zu einem in Europa, auch weil er nicht in Europa vorkommt, untypischen Vogel macht. Sein Schnabel wirkt, aufgrund seiner nach vorne hin abgerundeten, hakigen Form und aufgrund der Benutzung des Schnabels nicht nur zur bloßen Nahrungsaufnahme, sondern auch zum Klettern, sehr exotisch und untypisch. Ein weiteres Merkmal, welches nicht allen Vogelarten gleichsam ist, ist seine nachgewiesene Intelligenz und seine Fähigkeit recht komplexe Lautäußerungen von sich zu geben, die sich deutlich von denen eines Singvogels unterscheiden.

Die folgenden Beispiele werden noch abweichender vom Rotkehlchen, dem besten Vertreter der Vogelarten, sein. Doch ist allen das eine gemein; sie sind als Vögel im Konzeptionali-sierungsvermögen abgespeichert.

Sp. pato S. m. dt. Ente S. f. 'Nombre de diversas aves pertenecientes a la familia de las anátidas, así como de otras aves nadadoras medianas o pequeñas, caracterizados por el pico ancho y aplastado y los dedos palmeados' (Dicc.M.Moliner).

Die Ente weicht, wegen ihrer Größe, Disproportionalität, Fähigkeit- neben dem Fliegen, schwimmen zu können- und ihres Schnabels, ab. Darüber hinaus kann die Ente, wie ein Bodenvogel, sich recht gut auf dem Boden bewegen, was sie auch häufig tut. Sie weißt also auch noch ein Verhalten auf, das sich von dem eines "typischen" Vogel deutlich unterscheidet. Zu erwähnen sei auch, dass die männliche Ente (Erpel) ein partiell grün- und lilaglänzendes Gefieder aufweist, was die Ente zu einem eher untypischen Vogel macht.

Der dt. Pfau S. m. sp. pavo real S. m.'Ave galliforme, oriunda de Asia, aproximadamente del tamaño del pavo ordinario y parecida a él en la forma, pero de colores brillantísimos, especialmente el macho; tiene un penacho de plumas modificadas en la cabeza y una cola larga que le arrastra, con dibujos de colores brillantes y que puede extender en abanico'.(Dicc.M.Moliner) weicht auch sehr vom Rotkehlchen ab und zeigt besondere "Abnormalitäten". Der Pfau ist mit der Gattung der Fasanen verwandt und lebt in Wäldern und dschungelartigen Landschaften Südasiens. Pfauen unterscheiden sich in ihrer körperlichen Größe und Form von Rotkehlchen. Die Pfauen sind Bodenvögel und können nur bedingt fliegen. Sie können beispielsweise vom Boden auf einen 1,5 m hohen Zaun fliegen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich Größe, Form und Farbe voneinander. Das Weibchen hat überwiegend ein weißes und braunes Gefieder. Am Kopf ist das Gefieder grün- bis blauglänzend. Das Männchen ist im ganzen noch etwas größer und weist auffällig glänzende Farben auf. Sie glänzen grün, blau bis hin zu Lila. Das Männchen hat im Gegensatz zum Weibchen mit Augenflecken gezierte Oberschwanzdecken, welche der Pfau zur Balz oder zum Vertreiben eines Rivalen zu einem Rad aufstellen kann. Der Pfau wird in Europa häufig als Ziervogel gehalten, was untermauert, dass der Pfau ein weniger guter Repräsentant der Kategorie Vogel darstellt.

Ein noch untypischeres Beispiel für einen Vogel stellt der sp. pingüino S. m. dt. Pinguin S. m. 'Originariamente, ave caradriforme extinguida a mediados del siglo XIX que habitaba en el Atlántico norte. Tenía las als reducias, inútiles para el vuelo, que utilizaba para nadar' (Dicc.M.Moliner) dar, der eine der Haupteigenschaften der Kategorie Vogel, nämlich das Fliegen, gegen die Fähigkeit zu schwimmen eingetauscht hat. Der Pinguin lebt von Fischen und setzt zum Schwimmen seine Flügel ein. Der Pinguin hat auch im eigentlichen Sinne keine Federn, sondern schuppenförmige Federn, die stark gefettet sind, damit sie sich beim Schwimmen nicht voll Wasser saugen. Pinguine können je nach Art bis 1,2 m groß werden. Sie leben im Gebiet der Antarktis und um die Kälteströme des Meeres. Sie haben einen spindelförmigen, schweren Körper, der sie stromlinienförmig durch das Wasser gleiten lässt.

Der dt. Straußenvogel S. m. oder dt. Vogelstrauß S. m. sp. avestruz S. m. 'Ave corredora de África y Arabia, la mayor de las conocidas, de patas largas y robustas, con sólo dos dedos.' (Dicc.M.Moliner) hat auch nicht mehr sehr viel mit dem Rotkehlchen zu tun. Der Strauß 'ist ein bis zu 3 m hoher, langhalsiger und langbeiniger, flugunfähiger Vogel, v.a. in Halbwüsten, Steppen und Savannen Afrikas zuhause'10.

Beim Laufen kann der Strauß eine Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen. Übrigens steckt der Straußenvogel bei Gefahr seinen Kopf nicht in den Sand.

Der Straußenvogel und der Pinguin haben mit dem Rotkehlchen nur eines gemeinsam. Sie legen, wie das Rotkehlchen, Eier. Das machen alle Vögel. Aber das ist nicht das Kriterium, weshalb der Vogel, egal wie geartet, als Vogel kategorisiert wird. Denn Schildkröten legen auch Eier, aber sind deshalb noch lange keine Vögel. Die Eigenschaft des Eierlegens ist ein Kriterium, allerdings stellt es keines dar, um klar zu definieren, was ein Vogel ist und was nicht. Es werden weitere Kriterien nötig sein. Das Kriterium des Fliegens kann alleine den Vogel auch nicht definieren. Ansonsten wäre ja die Libelle auch ein Vogel.

Auch wäre in diesem Falle der neuseeländische Kiwi kein Vogel mehr, da dieser weder Flügel hat noch fliegen kann. Genau an diesem Punkt trifft die klassische, aristotelische Kategorisierung mit ihrer Forderung nach einer notwendigen und hinreichenden Bedingung an ihre Grenzen. Schließlich gibt es kein Sem, welches auf alle Vogelarten zutrifft.

Hier setzt die Prototypensemantik recht hilfreich an und schließt eine klaffende Lücke. Denn diese scheint ein geeignetes Modell zu sein, dass untermauert, dass kognitiv nicht bloß starr und unveränderlich kategorisiert wird.

Am Beispiel der Vogelarten wird deutlich, wie wichtig eine erweiterte Form der Kategorisierung ist.

Es müssen also mehrere Eigenschaften zusammen treffen, die nur im gemeinsamen Erscheinen beim Menschen unbewusst suggerieren, dass es sich bei Rotkehlchen, Enten und Straußenvögel wohlmöglich um einen Vogel handelt. Diese Eigenschaften sind, wie an den Vogelarten verdeutlicht wurde, unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt Eigenschaften, die bei dem einen Vogel sehr stark ausgeprägt sind und beim anderen Vogel weniger. Bei jedem Vogel wird ständig der Bezug zum besten Repräsentanten der Vögel hergestellt. Dabei gibt es stark vom besten Repräsentanten abweichende Vögel und weniger stark abweichende Repräsentanten. Sie sind aber dennoch alle Vögel, die wir auch als solche erkennen.

2.1 Prototypikalität/ Radialität

Das Inbezugsetzen eines Repräsentanten mit dem Prototyp einer Kategorie, bildet schlechte und gute Repräsentanten einer Kategorie heraus. Die Mitglieder einer Kategorie haben unterschiedliche viele und verschiedene Seme. Die Wertigkeiten der Mitglieder sind dadurch ebenfalls unterschiedlich. Das bedeutet, dass die Wertigkeit ein Indikator für Prototypikalität darstellt. Je prototypischer ein Element einer Kategorie ist bzw. je mehr Prototypikalität ein Element ausweist, desto höher ist die Wertigkeit des Elements, und desto ähnlicher sieht es dem Prototypen der Kategorie.

Ferner lässt sich festhalten, dass die Elemente einer Kategorie alle einen unterschiedlichen Abstand zu einander haben, wodurch Radialität entsteht. Dadurch kann modellartig dargestellt werden, dass die Grenzen einer Kategorie je nach Richtung unterschiedlich weit weg vom Prototypen sein können, und dass die Mitglieder mit unterschiedlicher Wertigkeit einer Kategorie dennoch etwas gemeinsam haben, nämlich die Familienähnlichkeit. Den Begriff der "Familienähnlichkeit" prägte der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Dieser Begriff entwickelte die Prototypentheorie weiter.

Ludwig Wittgenstein ging davon aus, dass die Prototypikalität von Objekten hauptsächlich über einer Menge ähnlicher Seme verläuft. Allerdings fehlt der Bezug zum Prototypen und der Vergleich mit einem Prototypen. Damit wurden auch Kategorien erfasst, die keinen prototypischen Vertreter besitzen. Die Kategorie der Spiele beispielsweise weist keinen Prototypen auf. Die Familienähnlichkeit schließt hier also eine Lücke der Prototypentheorie.

Darst. 2: Prototypikalität/ Radialität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Die Prototypentheorie deckt einen bis dato schwierig zu kategorisierenden Bereich ab. Dies ist der Bereich der motivierten Begriffe. Motivierte Begriffe sind "[Wortbildungen], deren Bildungsweise und Bedeutung aus ihren Einzelteilen rekonstruiert werden kann"11, wie z.b. Fledermaus. Das Wort bzw. das sprachliche Zeichen Fledermaus ist eine Komposition aus zwei Basislexemen. Die Fledermaus ist schwer zu kategorisieren. Ist eine Fledermaus ein Vogel? Eine Fledermaus hat Eigenschaften eines Vogels. Sie kann fliegen und verfügt über Flügel. Allerdings legt die Fledermaus keine Eier und ist ein Säugetier. Ist die Fledermaus eventuell eine Maus, die fliegen kann? Die Fledermaus gehört zu den sogenannten Flattertieren.

Da die Fledermaus sich nicht in die Kategorie der Vögel und auch nicht in die Kategorie der Mäuse einordnen lässt, nennt man diesen Begriff engl. fuzzy 'unklar, ungenau, unscharf' (OxAdLeDict). Dieser Bereich der unklaren und schwer definierbaren Begriffe wird von der Prototypensemantik abgedeckt und entsteht durch Überlappung von zwei oder mehreren Kategorien. Die Schnittmenge ist "fuzzy", weil sie potentiell zu unterschiedlichen Kategorien gehört. Dieses Phänomen wurde durch die klassische Kategorisierung nicht berücksichtigt.

2.2 Anwendbar auf alle Sprachen mit soziokulturellen Unterschieden

Das Konzeptionalisierungsvermögen ist bei jedem Menschen gleich angelegt. Vorausgesetzt er ist geistig und körperlich gesund. Dabei gibt es allerdings den Unterschied zwischen der individuellen und der kollektiven Konzeptionalisierung, aber im Folgendem wird zunächst der Aspekt der Allgemeingültigkeit der Prototypensemantik in allen Sprachen an der kollektiven Konzeptionalisierung dargelegt. Die geografische Lage eines Menschen hat auf die Perzeption eines Gegenstandes und auf die darauffolgende Konzeptionalisierung nur geringen Einfluss. Die Perzeption folgt gewiss nicht anderen Regeln, der Prozess bleibt der gleiche, aber durch Glaubenzugehörigkeit, geografische Lage, soziale Situation und kulturelle Unterschiede entstehen Kategorisierungsdifferenzen.

Genauso ist es auch mit der Sprache an sich. Auch diese unterliegt gewissen Konventionen der menschlichen Kommunikation, die unbewusst eingehalten werden. Jede Sprache basiert auf sprachliche Zeichen, bestehend aus einem Inhalt und einem dazugehörigen Lautkontinuum. Kultur und soziale Lage von Menschen sorgen dafür, dass Kategorien weiter oder enger gefasst werden. Geographische Lage, finanzielle Situation und Glaubenszugehörigkeit sind u.a. dafür verantwortlich, dass gewisse Kategorien anders ausfallen als anderswo. Das ist je nach Kulturkreis verschieden. So sind z.b. die Bezeichnungen für die Farbe weiß in Mitteleuropa begrenzt vorkommend. Die Inuits kennen aufgrund ihres täglichen Umgangs mit Schnee erheblich mehr Bezeichnungen für Schnee, weiß und Weißtöne. Demnach lässt sich feststellen, dass das auch mit dem Vorhandensein bzw. mit dem Vorkommen einer Sache innerhalb einer Region zusammenhängt. Überhaupt lässt sich dies anhand der Farbbezeichnungen untermauern. Schließlich sind Farbbezeichnungen je nach Kulturkreis unterschiedlich vorkommend.

Bei der individuellen Konzeptionalisierung machen sich ebenfalls deutliche Kategorisierungsunterschiede bemerkbar. Hierbei spielen Herkunft, soziales Umfeld, Bildung, Sozialstatus, Kultur und Glaubenszugehörigkeit des Individuums eine große Rolle, denn je nach Ausprägung der genannten Kriterien, können auch innerhalb des gleichen Kulturkreises erhebliche Unterschiede im Umfang gewisser Kategorien auftreten.

3. Lässt sich die Prototypentheorie durch Definitionen im einsprachigen Wörterbuch belegen?

Die Prototypentheorie liefert Dank ihrer Erweiterungen genügend Belege dafür, dass prototypische Effekte auch in einsprachigen Wörterbüchern zu finden sind. E. Rosch fand in Untersuchungen heraus, dass die Identifikation von Objekten nicht direkt über das Objekt selbst, sondern über seinen übergeordneten Begriff, über sein Hyperonym, geht. Zur näheren Erläuterung soll hier noch einmal das Beispiel mit dem Hund herangezogen werden. 'E. Rosch legte verschiedenen Probanden ein Bild eines Schäferhundes vor und fragte die Probanden, was das Bild denn zeige. Die Mehrzahl der Probanden sagte aus, dass es sich auf dem Bild um einen Hund handele. Sie sagten nicht aus, dass sie einen Schäferhund sehen würden oder ein Tier'12. Diese Untersuchung führte E. Rosch auch noch mit den Begriffen Golden Delicious (in bezug auf Apfel) und Klappstuhl (bezüglich Stuhl), sowie vielen weiteren Begriffen, durch. Das Ergebnis der Untersuchung lautete, dass es eine Basisebene, als eine Art Einstiegsebene, eine übergeordnete und untergeordnete Ebene bei der Identifikation bzw. Perzeption von Objekten gibt. Auf der Basisebene befindet sich der Begriff einer Kategorie, auf den a) die meisten Seme der Kategorie zutreffen, und, b) der den höchsten Abstraktionsgrad erreicht hat, ohne unkonkret oder "fuzzy" zu werden. Dies zeigt exemplarisch die alte Erkenntnis, dass Sprache ökonomisch ist und dazu neigt zu vereinfachen. Die Basisebene ist aus dem kognitiven Blickwinkel betrachtet ökonomisch.

Der Begriff der Basisebene verfügt also über die gleichen Attribute der anderen Kategoriemitglieder und vereint diese in sich selbst, dadurch steht dieser Begriff stellvertretend für eine Kategorie. Der untergeordnete Begriff bzw. das Hyponym und der Begriff der Basisebene, auch Genus proximum genannt, sind sich ähnlicher in ihren Eigenschaften als Hyperonym und Begriff der Basisebene bzw. Hyperonym und Hyponym. Das Hyperonym verfügt über sehr wenige Seme einer Kategorie und kann auch übergeordneter Begriff anderer Kategorien sein. Der übergeordnete Begriff besitzt auch kein Referenzobjekt. Was soll konkret gemalt werden, wenn die Aufgabe lautet, ein Tier zu malen? Die "Entdeckung" der Basisebene ist signifikant für Linguisten, Psychologen und Informationswissenschaftler zugleich. Die Basisebene komprimiert annähernd maximales, sprachliches Wissen einer Kategorie durch ansichgebundene Seme in ein sprachliches Zeichen.

Im Folgendem soll nun, mithilfe der Definitionen der Vogelarten13 im einsprachigen, spanischen Wörterbuch, belegt werden, dass die Prototypentheorie in ihrer Erweiterung, durch die soeben erläuterten drei Ebenen, tatsächlichen Bestand hat.

Das erste hier anzuführende Beispiel sei sp. petirrojo S. m. dt. 'Rotkehlchen'. Das Rotkehlchen wird im einsprachigen Wörterbuch als "Pájaro de color pardo, con la frente...de color rojo vivo..." (Dicc.M.Moliner) definiert. Hier ist die Struktur der drei Ebenen ansatzweise auffindbar. Das Rotkehlchen wird zunächst über sein Hyperonym, dem Genus proximum sp. pájaro S. m. dt. 'Vogel', definiert. Danach erfolgt die spezifische Definition (Differentia), die Beschreibung, was das Rotkehlchen von seinem Hyperonym unterscheidet. Die Unterscheidung bezieht sich in diesem Beispiel fast ausschließlich auf die Farbe des Rotkehlchen. Voraussetzung für diese Definition ist die Annahme, dass es eine klare Vorstellung, ein eindeutiges Schema, eines Vogels gibt. Es gibt also eine Art Prototyp, der nicht näher, vielleicht unbewusst, erläutert wird. Das Rotkehlchen wird als eine Art abweichende Variante des Vogels beschrieben, wobei der Bezug zum Vogel aufrecht erhalten wird. In diesem Beispiel liegen die Vorstellung eines Vogels und das Rotkehlchen jedoch sehr nah bei einander.

Bei Hinzuziehung eines weiteren Beispiels, wird der Zusammenhang zwischen den Definitionen im einsprachigen Wörterbuch und der Prototypentheorie noch deutlicher.

Die Ente sp. pato S. m. wird ausführlicher und distinktiver in Kontrast zum Vogel gesetzt " Nombre de diversas aves pertenecientes a la familia de las anátidas, así como de otras aves nadadores medianas o pequeñas, caracterizadas por el pico ancho y aplastado y los dedos palmeados." (Dicc.M.Moliner). Hier findet ebenfalls wieder der Bezug zum Vogel bzw. der Vergleich mit dem Vogel statt, worauf die Beschreibung der distinktiven und entscheidenden Merkmale folgt.

Als drittes Beispiel soll noch einmal der Vogelstrauß angeführt werden. Sogar dieser sehr vom Vogelschema abweichende Vogel wird über den Vogel beschrieben. Wobei direkt das Hauptmerkmal des Vogelstrauß mitgenannt wird "Ave corredora". Der Vogelstrauß ist ein dt. ' Laufvogel ', was den Vogelstrauß vom Vogel sofort wieder trennt. Hier wird abermals davon ausgegangen, dass allgemein klar ist, was ein Vogel ist. Man bedient sich der Basisebene, weil diese Ebene die meisten Informationen über eine Kategorie beinhaltet und weil nur über diese klar wird, worum es geht. Die bloße Aufzählung intensionaler, objektiver Merkmale würde nicht ausreichen, darzustellen, was genau definiert werden soll. Die intensionalen Merkmale des Vogelstrauß sind, seine Lauffähigkeit, seine langen und robusten Beine und seine zwei Zehen " Ave corredora de África y Arabia, la mayor de las conocidas, de patas largas y robustas, con sólo dos dedos" (Dicc.M.Moliner).

Feststellbar ist, dass gewisse Objekte über ihre Hyperonyme definiert werden. Es scheint also, durch die Inbezugsetzung eines Objektes mit seinem Prototyp, in einsprachigen Wörterbüchern prototypische Effekte zu geben.

4. Probleme der Prototypentheorie

Das Phänomen der prototypischen Effekte im einsprachigen Wörterbuch trifft nicht auf alle Definitionen gleichermaßen zu. Denn abstraktere Begriffe, wie z.b. Tier, Sitzgelegenheit, und Wesen, müssen deutlich anders definiert werden. Abstrakte Begriffe, ohne außersprachlicher Wirklichkeit, entziehen sich der Prototypentheorie. Auch Begriffe, die sich oberhalb der Basisebene befinden, lassen sich nur schwer mit der Prototypentheorie in Einklang bringen. Diese Begriffe haben keinen Prototyp mehr und erklären sich nur von selbst und nicht mithilfe von Kategoriemitgliedern.

Ein weiteres Problem stellt der Hauptanspruch der Prototypentheorie, die definitorischen Grenzen nicht strickt einzuhalten, dar. Bei den Beispielen der Vogelarten erweist sich dies sicherlich als Vorteil, da erklärbar ist, weshalb die Kategorie Vogel so viele Referenten beinhaltet, ohne dass alle den gleichen Merkmalen unterliegen. Der Nachteil wird aber dann deutlich, wenn versucht wird einzelne Kategorien analytisch zu betrachten und zu untersuchen. Durch die Prototypentheorie ist eine analytische Untersuchung von einzelnen Kategorien nur schwer möglich, da Grenzen beweglich und verschiebbar sind. Aber auch die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Kategorie kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die Zugehörigkeit zu einer Kategorie definiert sich also doch über die Optik und weniger über klare Zugehörigkeitsdefinitionen.

Große Kontroversen scheint es zu geben, wenn die Frage der Anwendung der Prototypentheorie auf die Wortarten aufkommt. Es ist " einfacher [ ] , sich das beste Exemplar von Vogel vorzustellen als das beste Exemplar von laufen oder in."14 Substantive lassen sich einfacher und klarer kategorisieren als Wörter anderer Wortarten.

Durch die Erweiterungen der Prototypentheorie durch die Miteinbeziehung der Theorie der Familienähnlichkeit von Rudolf Wittgenstein und durch die Substitution der Prototypentheorie durch die prototypischen Effekte verliert die Prototypentheorie an Bestand und Glaubwürdigkeit. Es gibt bei der Prototypentheorie wie auch bei der klassischen, aristotelischen Kategorisierung zu viele Reibungspunkte, die durch mangelnde Belegbarkeit entstehen, die dem Suchen nach weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen in der kognitiven Semantik kein Ende setzen können.

4.1 Repräsentation sprachlichen Wissens- prototypisch oder klassisch kategorisierend?

Bislang scheint es kognitiv eine Art Mischung der beiden Theorien zu geben. Die Prototypentheorie kommt nicht ohne die klassische, aristotelische Kategorisierung mit notwendiger und hinreichender Bedingung aus und umgekehrt. An den Stellen, an denen die eine Theorie nicht greift, greift häufig die andere Theorie. Die Theorien ergänzen sich in vielen Punkten.

Die Frage nach der Art und Weise wie sprachliches Wissen kognitiv gespeichert ist und welchen Prozessen die Identifikation eines Objektes kognitiv zu Grunde liegt, kann noch nicht einheitlich mit Evidenz belegt werden. Die Repräsentation sprachlichen Wissens obliegt einer kognitiven Organisation, der versucht wird auf den Grund zu gehen. Bislang existieren zwei gegensätzliche Thesen, wie solche Prozesse aussehen könnten. Doch haben sowohl die klassische, aristotelische Kategorisierung als auch die Prototypensemantik ihre Lücken. Es gibt Bereiche, welche von beiden nicht adäquat und eindeutig erfasst werden können. Es gibt Bereiche, in denen mal die klassische, aristotelische Kategorisierung, mal die Prototypentheorie stärkere Beweiskraft besitzt. Beiden ist gemeinsam, dass beide nicht eindeutig belegbar oder widerlegbar sind.

Beide Theorien umfassen und beschreiben im Prinzip nur einen Bruchteil von dem, wozu die Denkleistung und das menschliche Konzeptionalisierungsvermögen in der Lage ist.

Aber es ist nicht zu leugnen, dass diese Theorien Meilensteine darstellen, auf denen es sich lohnt aufzubauen. Es muss erklärt werden, inwieweit und wie semantische Verknüpfungen das klassische Kategoriegebilde überspringen. Gibt es vielleicht eine weitere Dimension in der Art der kognitiven Konzeptionalisierung?

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

Aitchison, J. [Words, 1994]:

Words in the mind – an introduction to the mental lexicon,

2. Aufl., Oxford 1994.

Crowther J. (Hgrs.) [Dictionary, 1995]:

Oxford Advanced Learner`s Dictionary of Current English, Fifth edition, Oxford 1995.

Glück H. (Hgrs.) [Lexikon-Sprache, 2000]: Metzler - Lexikon - Sprache, Stuttgart 2000.

Kleiber G. [Prototypensemantik, 1998]:

Prototypensemantik: Eine Einführung, 2. Aufl., Tübingen 1998.

Meyers Lexikonredaktion (Hrgs.) [Duden, 1999]: Duden, das neue Lexikon, 3. Aufl., 1999.

Moliner M. [Diccionario, 1998]: Diccionario de Uso, segunda edición, Madrid 1998.

Rosch E. et al. [Natural Categories, 1996]: Basic Objects in Natural Categories, 1996.

Schäffner C. [Linguistische Studien, 1990]: Linguistische Studien - Reihe A Arbeitsberichte, Berlin 1990.

[...]


1 Vgl. H.Glück [Hrsg], Metzler-Lexikon Sprache, Stuttgart 2000.

2 Vgl. C. Schäffner, Linguistische Studien, 1.Aufl., Berlin 1990, S. 6.

3 G. Kleiber, Prototypensemantik: Eine Einführung, 2.Aufl.,S.12, Tübingen 1998.

4 Betreffende Stelle der eigenen Arbeit: 2.1 Prototypikalität/ Radialität.

5 Vgl. Meyers Lexikonredaktion [Hrsg], Duden – Das Neue Lexikon, 3. Aufl., Bd. 10, S. 3705, 1999.

6 Georges Kleiber, Prototypensemantik: Eine Einführung, 2.Aufl.,S.115, Tübingen 1998.

7 Vgl. Meyers Lexikonredaktion [Hrsg], Duden – Das Neue Lexikon, 3. Aufl., Bd. 10, S. 3705, 1999.

8 J. Aitchison, Words in the mind - an introduction to the mental lexicon, 2.Aufl., Oxford 1994, S. 52-53.

9 Vgl. Meyers Lexikonredaktion [Hrsg], Duden – Das Neue Lexikon, 3. Aufl., Bd. 7, S. 2534, 1996.

10 Vgl. Meyers Lexikonredaktion [Hrsg], Duden – Das Neue Lexikon, 3. Aufl., Bd. 9, 1996.

11 H.Glück [Hrsg], Metzler-Lexikon Sprache, S. 457, Stuttgart 2000.

12 Vgl. E. Rosch et al., Basic Objects in Natural Categories, S.382-436, 1976.

13 Betreffende Stelle der eigenen Arbeit: 2. Prototypentheorie der Semantik am Beispiel der Vogelarten.

14 Georges Kleiber, Prototypensemantik: Eine Einführung, 2.Aufl.,S.94, Tübingen 1998.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Prototypensemantik am Beispiel der Vogelarten im Spanischen
Université
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"
Cours
PS spanischer Wortschatz der Gegenwart
Note
1,3
Auteur
Année
2003
Pages
16
N° de catalogue
V107717
ISBN (ebook)
9783640059553
Taille d'un fichier
479 KB
Langue
allemand
Annotations
Eine veranschaulichende Illustration über die Prototypensemantik und über das menschliche Perzeptionalisierungsvermögen.
Mots clés
Prototypensemantik, Beispiel, Vogelarten, Spanischen, Wortschatz, Gegenwart
Citation du texte
Alexander Malek (Auteur), 2003, Prototypensemantik am Beispiel der Vogelarten im Spanischen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107717

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