Heinrich VIII.


Presentation / Essay (Pre-University), 2002

33 Pages, Grade: 1


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

A I. Aufhänger
A II. Einleitung

B I. Biografie
B I. 1. Eltern und Kindheit
B I. 2. Der Tod von Bruder Arthur
B I. 3. Der Tod seines Vaters Heinrich VII.
B I. 4. Die Heirat mit Katharina von Aragon
B I. 5. Annullierung der ersten Ehe, Ablösung Wolseys und Heirat mit Anne Boleyn
B I. 6. Hinrichtung von Anne Boleyn, Heirat mit Jane Seymour
B I. 7. Die kurze Ehe mit Anna von Cleve
B I. 8. Die Ehe mit Catherine Howard
B I. 9. Die Ehe mit Catherine Parr, die Sicherung der Nachfolge bis zu Heinrichs Tod
B II. Außenpolitik
B II. 1 (Erster) Krieg gegen Frankreich
B II. 2. Krieg gegen Schottland
B II. 3. Politik in Europa
B II. 4. (Zweiter) Krieg gegen Frankreich
B II. 4. (Dritter) Krieg gegen Frankreich
B III. Kirchenpolitik
B III. 1. Heinrich als „Defensor fidei“
B III. 2. Heinrich als Oberhaupt der Kirche

C I. Charakterisierung Heinrichs
C II. Thesen

D I. Schluss
D I. 1. Zusammenfassung
D I. 2. Beurteilung
D I. 3. Ideologiekritischer Ansatz

Aufhänger

„Bluff Henry the Eight to six spouses was wedded: One died, one survived, two divorced, two beheaded.“

- Alter englischer Kinderreim

Einleitung

Das eingangs zitierte Kinderlied zeigt schon wie berüchtigt König Heinrich, der Achte war und ist. Den meisten Leuten ist Heinrich VIII. als grausamer Tyrann sowie als erbarmungsloser und dazu sehr kriegerischer Herrscher bekannt. Sowohl im privaten Bereich (etwa gegenüber seinen sechs Ehefrauen) wie auch gegenüber seinen Feinden und sogar seinem eigenen Volk, den Engländern, ist er durch sein grobes Verhalten im Gedächtnis geblieben, zum Teil verhasst, von vielen gefürchtet, doch von allen sehr respektiert gewesen.

In den nachfolgenden Kapiteln will ich nicht nur erklären, worauf dieser Ruf besteht, sondern auch auf die übrigen (mitunter guten) Charaktereigenschaften und Heinrichs Talente hinweisen. Schwerpunkte dieser Arbeit sind hierbei sein faszinierendes Privatleben und die außerordentlich geschickt geführte Auslandspolitik (beinhaltet vor allem Kriegsführung und die Situation in Europa). Aber auch die Art der Regierung sowie die von ihm betriebene Kirchenpolitik und natürlich Heinrichs Karriere sollen hier Erwähnung finden.

Als Literatur habe ich hauptsächlich Uwe Baumanns im Rowohlt-Verlag erschienene Biografie „Heinrich VIII.“ verwendet, da diese die drei jüngsten (jeweils über 500 Seiten starken) Biografien über Heinrich zusammenfasst und außerdem, wichtige Quelltexte aus einem Sammelband von Eberhard Jacobs und Eva de Vitray beinhaltet. Aber auch Nachschlagewerke kamen zur besseren Strukturierung und zur Klarheit der Zusammenhänge zur Verwendung.

Biografie

Eltern und Kindheit

Nachdem der letzte York-König Richard III. (1452 - ´85) in der Schlacht von Bosworth am 22. August 1485 gefallen war, wurde Heinrich, Mitglied der Tudor-Dynastie, zum König erhoben und von nun an Heinrich VII. genannt. Er wurde am 7. November vom Parlament zum rechtmäßigen König erklärt und heiratete bereits 1486 Elisabeth von York, die von 1466 bis 1503 lebte. Durch diese Heirat herrschte endlich Frieden zwischen den beiden Häusern, da es zuvor blutige Kämpfe um den Thron zwischen ihnen gegeben hatte. Aus dieser Ehe gingen insgesamt vier Söhne hervor. Einer von ihnen war Heinrich, welcher als zweiter Sohn geboren wurde und später Heinrich VIII. werden sollte. Zunächst war jedoch der erstgeborene Sohn, nämlich Arthur (geboren 1486), als Thronfolger vorgesehen.

Am 5. April 1493, also im Alter von knapp 2 Jahren, erhielt Heinrich sein erstes Amt. Er wurde zur Vorstehung der Festung Dover und zum Aufseher der fünf Häfen (constable of Dover Castle and warden of the Cinque Ports) ernannt. Wenig später war er außerdem Großzeremonienmeister von England (earl marshal of England) und ab dem 12. September 1494 Statthalter von Irland (lieutenant of Ireland). Bereits am 30. und 31. Oktober, also im Alter von drei Jahren, wurde er zum Ritter des Barthordens geschlagen.

Über die Ausbildung, die der Königssohn in jungen Jahren erhielt, ist leider wenig bekannt, sie ließe sich lediglich aus Analogien erschließen. Was Heinrich VII. genau mit seinem zweiten Sohn vorhatte ist ebenfalls unklar, anscheinend war eine Karriere innerhalb der Kirche vorgesehen[1].

Heinrichs erster Lehrer war jedoch, dies ist bekannt, der große Humanist Erasmus von Rotterdam, der ihn und die ganze Königsfamilie während seines ersten England-Aufenthalts im Jahre 1499 besuchte. Der junge Heinrich war Erasmus anscheinend direkt aufgefallen, denn er beschreibt ihn später wie folgt:

„Neun Jahre alt und bereits ein gewisses königliches Benehmen verratend: nämlich Würde des Geistes, verbunden mit bemerkenswerter Höflichkeit.“[2]

Diese Aussage ist jedoch nur in Maßen glaubwürdig, da es sich zum Zeitpunkt des Verfassens, bereits um die Beschreibung eines Königs handelte, und diese – wenn nicht gerade von Feinden geschrieben – beinah immer ein wenig schmeichelnd ausfallen. Fest steht jedoch, dass Heinrich schon in jungen Jahren außerordentlich sprachgewandt war, was sich auch im späteren Verlauf der Herrschergeschichte bestätigt.

Eine detailliertere Beschreibung seiner Persönlichkeit sowie eine Auflistung der Fähigkeiten die Heinrich in seiner Jugend erwarb, findet sich im Kapitel „Charakterisierung“.

Der Tod von Bruder Arthur

Wie im vorigen Kapitel erwähnt, sollte Heinrich womöglich eine Karriere innerhalb der Kirche anstreben[3] oder hatte zumindest keine Aussicht auf den Thron seines Vaters. Dies änderte sich mit dem Tod seines älteren Bruder Arthur. Dieser starb am 2. April 1502 nach wenigen Monaten Ehe mit Katharina von Aragon an Schwindsucht. Damit galt Heinrich mit elf Jahren als Thronfolger. Dies zog zahlreiche Konsequenzen nach sich: Im Oktober 1502 wurde Heinrich der Titel seines toten Bruders „Herzog von Cornwall“ verliehen. Außerdem wurde er am 18. Februar 1503 zum „Prinzen von Wales“ und zum „Grafen von Chester“ ernannt.

Bereits während der zehntägigen Festlichkeiten, anlässlich der Heirat zwischen Arthur und Katharina von Aragon, hatte Heinrich, der sich im Übrigen während dieser Zeit durch „Grazie und Eifer im Tanz auszeichnete“, Katharina kennengelernt. Nach dem Tod des Bruders sollte er die jugendliche Witwe zur Frau nehmen, da dies nicht nur im Interesse seines Vaters, sondern auch des spanisch-englischen Bündnisses stand. Provisorisch wurde ein Heiratsvertrag gefertigt, der besagte, dass der im Moment elfjährige Heinrich die zu diesem Zeitpunkt siebzehnjährige Katharina zur Frau nehmen solle, sobald dieser das fünfzehnte Lebensjahr erreicht habe. Zudem mussten die Eltern der Katharina ein Mitgift von immerhin 100.000 Kronen schicken. Dies zeigt, dass das Interesse an der Heirat wohl eher auf der Seite der Eltern Katharinas und damit Spaniens lag, denn auf der Seite Heinrichs VII..

Ein weiteres Hindernis lag vor der Hochzeit: Nach kanonischem Recht benötigte Katharina eine päpstliche Dispens, damit sie nun den Bruder ihres verstorbenen Ehemannes Arthur heiraten durfte. Da diese Dispens genau wie die Zahlung des Mitgifts aber zu große Probleme darstellten, wurden Katharina und Heinrich zwar zunächst einmal am 25. Juni 1503 verlobt, doch der für den 28. Juni 1505 festgesetzte Hochzeitstermin musste verschoben werden. An diesem Tag wurde Heinrich vierzehn Jahre alt und erklärte, dass er den vor zwei Jahren geschlossenen Ehevertrag nicht anerkennt. Dieses Schreiben gab er zur Verkündigung an Bischof Richard Fox:

„Während meiner Minderjährigkeit bin ich in einem Vertrag verpflichtet worden, Katharina, Prinzessin von Wales, zu heiraten. Da ich nun fast volljährig bin, erkläre ich, dass ich den Heiratsvertrag nicht erfüllen werde, sondern im Gegenteil für null und nichtig ansehe.“[4]

Wie unschwer zu erkennen, war die Beziehung zwischen Heinrich und Katharina zwar von gegenseitigem Respekt getragen, aber nicht unbedingt die beste Vorraussetzung für eine Ehe. Aus diesem Grund machten sich Heinrichs Vater und seine Verwandten auf die Suche nache einer neuen Braut in ganz Europa. Zeitweilig standen

- Eleonara, eine Tochter Philipps, des Herzogs von Burgund und Nichte Katharinas
- Tochter des Herzogs von Bayern (Vorschlag von Maximilian I.) sowie
- Margaret von Alencon aus Frankreich zur Wahl.

Der Tod Heinrichs VII.

Nun zum zweiten Mal bedeutet der Tod eins Familienmitglieds einen deutlichen Wandel im Leben von Heinrich. In diesem Fall ändert er nicht nur den Verlauf der Geschichte, sondern beschleunigt auch eine Entscheidung, die sich über mehrere Jahre niemand zu treffen gewagt hat, nämlich die Wahl einer Ehegattin für Heinrich.

Heinrich VII. starb am 22. April 1509 im Alter von 51 Jahren im königlichen Palast zu Richmond. Sein Sohn musste für die nächsten Wochen – aus Sicherheitsgründen und aus Tradition – in den Tower einziehen. Am 9. Mai 1509 wurde der einbalsamierte Leichnam Heinrichs VII. in die St. Paul´s Kathedrale überführt und am nächsten Tag in Westminster Abbey, neben seiner Gemahlin Elisabeth von York, beigesetzt.

Mit dem Tod Heinrichs VII. trat nun die Thronfolge in Kraft, so dass Heinrich einen Tag nach dem Tode seines Vaters zum König Heinrich VIII. proklamiert wurde. Heinrichs Herrschaftsantritt lässt dabei England und alle Gelehrten Europas ein „Goldenes Zeitalter“ erwarten. So schrieb zum Beispiel Erasmus von Rotterdam:

„Der Himmel lacht , und die Erde freut sich; alles ist voller Milch, Honig und Nektar. Die Habgier hat das Land verlassen. Unser König sucht nicht Gold oder Edelsteine oder kostbare Metalle, sondern Tugend, Ruhm und Unsterblichkeit.“[5]

Diese Euphorie sollte noch lange Anhalten und nie ist sie in Ernüchterung oder gar Schlimmeres gegenüber Heinrich VIII. umgeschlagen.

Heinrichs Herrschaftsantritt erwies sich nicht nur wegen der großen Zustimmung des Volkes als relativ einfach. Er konnte außerdem auf ein exzellent funktionierendes Gemeinwesen, sehr königstreue Untertanen und die bewährten Beamten seines Vaters zählen.

Es gilt jedoch zu betonen, dass Heinrich die Regierung seines Vaters nicht einfach unverändert übernommen hat, sondern sehr wohl darauf bedacht war, seine eigenen Vorstellungen (mit aller Gewalt, wie sich im späteren Verlauf auch herausstellen wird) durchzusetzen. Wie an Erasmus eindeutiger Schilderung unschwer zu erkennen, war Heinrichs Vater unter anderem wegen seiner sehr sparsamen und durchaus gewinnorientierten Finanz- und seiner extrem vorsichtigen, ja beinah kriegsfürchtenden Außenpolitik beim Volk und vorallem den Geehrten ziemlich unbeliebt gewesen. Aus diesem Grunde ließ Heinrich zwei der übelsten Steuereintreiber seines Vaters, nämlich Richard Empson und Edmund Dudley zunächst einkerkern und später mit der - nicht beweisbaren - Behauptung, sie hätten in die eigene Tasche gewirtschaftet, hinrichten. Dies ist aus drei Gründen geschehen:

1. Eine Hinrichtung dieser verhassten Steuereintreiber dient der Selbstdarstellung des neuen Herrschers, setzt ein Zeichen für die Änderung der bestehenden Verhältnisse (politische Demonstration) und grenzt dabei möglicherweise an Populismus.
2. Heinrich verdeutlicht hiermit seine Absicht, die stark an fiskalischen Interessen orientierte Politik seines Vaters aufzugeben.[6]
3. Dieser „Akt kalkulierter Grausamkeit“ entspricht einer Strategie zum Macht- und Ordnungserhalt, die wenig später auch in Niccolò Machiavellis „Il Principe“ angepriesen wird. Hierin heißt es - knapp formuliert -, dass ein paar wenige abschreckende Beispiele (wie z. B. öffentliche Exekutionen oder andere Grausamkeiten), dem Chaos und, damit verbunden, dem Tod vieler Tausender vergebeugt wird, ein guter Herrscher also durchaus grausam sein soll.

Die Heirat mit Katharina von Aragon

Der Tod Heinrichs VII. hatte aber nicht nur, wie zu Beginn des Kapitels bereits erwähnt, seinen Herrschaftsantritt und eine maßgebliche Veränderung der Politik zur Folge, sondern klärte auch endlich eine für lange Zeit aufgeschobene Frage zur Brautwahl. Heinrich, der Achte, erfüllte den letzten Wunsch seines Vaters: Obwohl Heinrich dies unlängst abgelehnt hatte, zeigte er nun Interesse an einer Heirat mit Katharina von Aragon. Mehr noch, er bezeichnete die Fragen der Finanzierung der Mitgift als Nichtigkeiten, rückte diese also in den Hintergrund und ließ eine baldige Heirat in die Wege leiten. Die Tatsache, dass Heinrich sich nach dem Wunsch seines Vaters richtet, zeigt wie viele positive Werte er inne hat: nämlich Treue, Gehorsam und Gottesglaube (zumindest bedeutet ihm ein letzter Wunsch Einiges). Es ist allerdings auch möglich, dass es den letzten Wunsch des sterbenden Vaters nie gegeben hat und – wie Historiker vermuten – diese Geschichte nur eine offizielle Version war, „um die Enttäuschung der Habsburger in Grenzen zu halten“.

Am 11. Juni 1509 wurden Heinrich VIII. und Katharina von Aragon in der Franziskaner Kirche zu Greenwich getraut. Die zwei Wochen später stattfindene Krönungsfeier löste ebenfalls genau wie Heinrichs Herrschaftsantritt Jubel und Freude aus. Ich möchte hierzu aus einem Epigramm des Thomas Morus zitieren:

„Dieser Tag ist das Ende der Knechtschaft, er ist die Geburt der Freiheit , das Ende der Traurigkeit und Quelle der Fröhlichkeit.“[7]

Auch hier wird wieder in zahlreichen, lebhaften Metaphern der Kontrast zwischen altem, und neuem Herrscher gezogen. Auf die Unterschiede zwischen Vater und Sohn (Heinrich VII. und VIII.) wird außerdem in einem späteren Kapitel eingegangen.

Die nächsten Wochen und Monate war Heinrich mit der Organisation von Rittertunieren und Festspielen sowie einigen Auftritten, die fast schon an eine Art Selbstheroisierung grenzten, befasst. Mehr zu diesen Inszenierungen und wahren Talenten finden sich im Kapitel „Charakterisierung“.

Außenpolitik

(Erster) Krieg gegen Frankreich

Wie für die damalige Zeit und das Land England üblich, in der Tradition des englischen Hochmittelalters und zum Charakter des als kriegslüstern verschrieenen Königs passend, machte sich Heinrich VIII. schon bald nach seiner Krönung daran, Frankreich den Krieg zu erklären. Die Bedingungen für diesen Krieg stellten sich als äußerst günstig heraus, da Papst Julius II., der kriegerischem Treiben ebenfalls nicht abgeneigt war, eine tatkräfige Allianz europäischer Staaten ins Leben gerufen hatte, mit dem Ziel Franreich aus Italien zu vertreiben. Alles Drohen half König Ludwig XII. von Frankreich nicht, und schon bald war Heinrich auf der Seite der sogenannten „Heiligen Liga“, jener antifranzösischer Allianz.

Um einen eindeutigen Kriegsgrund zu schaffen, verlangte Heinrich von Ludwig das schismatische Konzil abzusagen und sich mit dem Papst zu versöhnen, was der französische König, wie zu erwarten gewesen war, ablehnte. Dies führte Ende April 1512 zur offiziellen Kriegserklärung seitens Heinrichs an Frankreich.

Ein etwas zu überstürzt begonnener Feldzug gegen Frankreich brachte nicht den gewünschten Erfolg, sondern – ganz im Gegenteil – hohe Verluste, sowohl zu Wasser als auch zu Land. Auf See ging sogar eins der riesigen Schlachtschiffe, nämlich die „Regent“, unter und auch die Fußtruppen waren äußerst unerfolgreich, da sie mit der vereinbarten Unterstützung von Spanien letztendlich wohl doch nicht rechnen konnten. Ferdinand hatte Heinrich hier zum ersten, aber nicht zum letzten Mal auf schmerzliche Weise hintergangen. Da das englische Heer den Mangel an brauchbaren Rüstungen sowie die mangelnde verpflegung schon bald leid waren, hielten sie sich an den spanischen Wein und segelte weniger als schlagkräftiges Heer, denn als „aufrührerischer Haufen“[8] zurück.

Nach diesem Versagen machte es sich Heinrich VIII., motiviert durch ein Breve, das ihm der Papst bereits am 20. März 1512 erlassen hatte und ihm und seinen Nachkommen „den Namen, den Ruhm und die Macht“ eines Königs von Frankreich verlieh, im nächsten Jahr, das war 1513, zur persönlichen Aufgabe, diesen Krieg zu gewinnen. So persönlich, dass er nicht nur die Truppenstärke um ein vielfaches aufstockte, neue Schiffe bauen ließ und optimale Ausrüsstung und Verpflegung gewährleistete, sondern der persönlichen Führung von Streitkräften an der Picardie oder in der Normandie einwilligte.

Unglücklicherweise fiel ihm Ferdinand schon wieder in den Rücken; diesmal in dem er einen Waffenstillstand mit Frankreich, der England mit einschloss, unterzeichnet hatte. Doch Heinrich VIII. konnte nichts mehr aufhalten und so setzte er mit einer 40.000 Mann starken Armee über den Kanal. Einzig Maximilian half mit einigen seiner Truppen. Zwischen Calais und Therouanné kommt es dann nach mehreren Wochen für eine Eroberung unbedeutenden Aufenthalts, zur ersten bedeutenden Schlacht dieses Jahres, nämlich der sogenannten „Sporenschlacht“ (erlangte ihren Namen, weil Sporen in dieser Auseinandersetzung wichtiger waren als die Degen). Dieses Gefecht zwischen Engländern und Franzosen kam eher zufällig zu Stande, und war nicht geplant gewesen, weshalb auch Heinrich nicht anwesend war. Ausgang der Schlacht war ein Sieg für England, was Heinrich feiern ließ und als gutes Omen für den weiteren Kriegsverlauf ansah.

Eine Woche später gab auch die Garnison von Thérouanne auf, so dass es am 24. August zu einem triumphalen Einzug (allen voran Heinrich und Bündnispartner Maximilian) in die besiegte Stadt kam. Maximilian ließ die Stadt dann zerstören, und Heinrich trug ersteinmal nichts als den Triumph des Sieges davon.[9]

Am 24. September wurde eine weitere französische Festung, nämlich Tournai, nach achttägiger Belagerung eingenommen.

Krieg gegen Schottland

Zeitgleich mit den Kriegsgeschehnissen in Frankreich, erklärte Jakob IV. von Schottland (1488 – 1513) Heinrich am 11. August den Krieg. Dies geschah, obwohl er mit Heinrichs Schwester Margarethe verheiratet war, wegen der traditionellen Verbundenheit Schottlands mit Frankreich. Jakob und seine Invasionsarmee überquerten den Tweed, wonach es bei Flodden zu einer blutigen, dreistündigen Schlacht kam, die mit der Niederlage von Schottland und dem Tod König Jakobs IV. endete.[10]

Die seelische Anführerin bei der erfolgreichen Abwehr und dem Sieg über die Schotten war jedoch Katharina, die Regentin, wodurch diese im Jahr 1513 mehr Ruhm für militärische Erfolge einheimste, als Heinrich.[11] Hier lässt sich auch bildlich ein guter Vergleich anstellen: „Heinrich sandte seine vornehmsten Gefangenen über den Kanal, sie aber schickte ihm den blutdurchtränkten Waffenrock des Schottenkönigs (...)“[12].

Sämtliche Heerführer sowohl von Flodden als auch von Frankreich wurden hiernach gerühmt und ausgezeichnet.

Politik in Europa

Im Winter 1513/´14 plante England bereits einen weiteren Sommerfeldzug vor, ungeachtet der Tatsache, dass sich in Europa politisch viel verändert hatte. So hatte sich der König von Frankreich mittlerweile mit dem Papst ausgesöhnt, das sismatische Konzil in Pisa abgesagt und sich dem Papstkonzil unterworfen. Damit waren nahezu alle Bedingungen erfüllt, was echte Gründe für eine Weiterführung des Krieges missen ließ. Der neue Papst Leo X. (seit März 1513 im Amt) war außerdem um die Auflösung der „Heiligen Allianz“ bemüht und außerdem für einen dauerhaften Frieden in Europa.

Dennoch plante Heinrich weiterhin Frankreich zu erobern, zumindest bis Ferdinand ihm erneut Steine in den Weg legte. Der neu ausgehandelte Waffenstillstandsvertrag (den Ferdinand gegen Bestechungsgelder von Ludwig XII. unterschrieb) umfasste diesmal auch Heinrichs ehemaligen Verbündeten Maximilian, wodurch Heinrich diesmal (von Schweizerischen Söldnertruppen einmal abgesehen) keine Verbündeten mehr hatte. Aus diesem Grund – und trotzdem völlig unerwartet – schlossen Heinrich VIII. und Ludwig XII. Frieden. Verantwortlich für die Durchsetzung dieses durchaus komplizierten Vertrages war Heinrichs rechte Hand Thomas Wolsey. Wolsey war mittlerweile zu einem Spitzenpolitiker avanciert. Dieser nahm seinem König nicht nur lästige Alltagsarbeit ab, sondern galt, genau wie Heinrich, als „kraftvoll, energisch, extrovertiert, (...) sehr intelligent“ und „lechzte geradezu nach Ansehen, Prunk und unsterblichem Ruhm“[13]. Dies machte Wolsey zum idealen Gefährten und nebenbei auch zu einem guten Freund Heinrichs.

Doch zurück zum Geschehen. Ludwig musste nach Schließung des Vertrages zusätzlich zu anderen, früher geschlossenen Verträgen, eine Million Goldkronen sowie halbjährliche Raten von 26.315 Kronen bezahlen, was man durchaus als erpresserisch bezeichnen kann, da keine Gegenleistung erbracht wurde und auch keine Schulden zu begleichen waren.

Um den Frieden zwischen England und Frankreich zu erhalten bzw. noch zu stärken, wurde beschlossen Ludwig XII. (seit Januar 1514 Witwer) mit Heinrichs Schwester Mary zu verheiraten. Ludwig stimmte dem Vertrag in allen oben genannten Einzelheiten zu; er trat am 20. August in Kraft. Der Friedensvertrag sollte ein Jahr über den Tod einer der beiden Herrscher hinaus gehen. Mit diesen Beschlüssen kann sich Heinrich (wegen der Heirat von Mary Tudor und Ludwig XII.) aber auch keine Hoffnungen mehr auf die Eroberung Frankreichs machen.

Für den plötzlichen Sinneswandel Heinrichs VIII. gibt es mehrere mögliche Gründe. Keiner von ihnen konnte jedoch bewiesen werden:

- Heinrich war ein Feldzug mit nur den Schweizer Söldnern zu riskant.
- Die Friedensmahnungen des Papstes zeigten schließlich doch noch Wirkung.[14]
- Das Verhältnis zu Spanien war nach den Vorfällen mit Ferdinand mehr als gespannt.

Es ist auch eine Mischung der oben genannten Beweggründe denkbar. Letztendlich lässt sich keiner der Gründe als entscheidender Faktor ausmachen.

Am 13. August muss Heinrichs Schwester Mary den alten, sehr gebrechlichen Greis Ludwig heiraten. Diese hatte nur eingewilligt, weil ihm Heinrich das Versprechen gab, dass sie sich nach dem Tod Ludwigs den nächsten Gatten selber heraussuchen dürfe. Am Neujahrstag nächsten Jahres verstarb Ludwig XII. Mary war nicht schwanger, so dass Ludwig keinen Sohn hatte, den er hätte einsetzen können. Stattdessen kam Franz I., Ludwigs Cousin und Schwiegersohn, auf den Thron. Dieser war stets darum bemüht, England zu reizen, indem er sich zum Beispiel weigerte die Mitgift Mary´s zurückzuzahlen. Deshalb verschlechterten sich die Beziehungen zwischen England und Frankreich. Es sollte jedoch nicht zu einem Krieg kommen, denn Heinrich und Wolsey hatten schon wieder einen sehr klugen Plan ausgeheckt. Mit diplomatischen Geschick gelang es Wolsey schließlich einen Vetrag anzufertigen, der vom Papst, England, Frankreich, Spanien und vom Kaiser unterzeichnet wurde. Dieser Vetrag (genannt „Vertrag von London“) verpflichtete all die oben Genannten zum Frieden. Jegliche kriegerische Aggression sollte mit einem Gegenschlag aller anderen Länder, die diesen Vertrag unterschrieben haben, besftraft werden. Dieser Vertrag sollte den Frieden für einige Zeit gewährleisten.

Wiedereinmal wurden diese Friedensbemühungen durch eine Heirat untermauert. In diesem Fall durch die Heirat zwischen der zweieinhalbjährigen Tochter Heinrichs, Maria, und dem fünf monate altem Sohn des französischen Königs, Dauphin, wenn beide vierzehn Jahre alt sind.

Mit dem Tod von Kaiser Maximilian im Januar des Jahres 1519 war der Friede in Europa wieder in Gefahr. Auch Ferdinand von Spanien war schon am 23. Januar 1516 gestorben. Durch dieses neu entstandene Machtungleichgewicht, entwickelte sich rasch eine Rivalität zwischen Karl V. und Franz I. Lediglich England war noch auf Schlichtung der Verhältnisse aus und versuchte den Frieden zu sichern.

Erste Feindseligkeit, die aus dieser Rivalität entstand, war ein Angriff Franz auf Karls Königreich Navarra[15]. Durch diesen kriegerischen Akt, war die Bedingung für einen Gegenschlag aller übrigen Unterzeichner des Vertrags erfüllt, weshalb Karl Heinrich um Hilfe bat. Heinrich konnte ihm jedoch nur anbieten zwischen den beiden Rivalen zu vermitteln, was die faktische Auflösung des Vertrags von London bedeutete.

Erneut sollte eine Eheschließung die heikle Situation retten. Heinrichs Tochter Maria sollte Karl V. heiraten. Gemeinsam mit Karl könnte man später in Frankreich einfallen. Die Vision Wolseys und sicherlich auch Heinrichs war es, dass Karl und Maria eines Tages gemeinsam über England, Spanien und Frankreich herrschen sollten. Karl wollte dieses Angebot jedoch nicht annehmen, da Heinrich wegen des Bruches des Londoner Vertrages nicht mehr als vertrauenswürdig eingestuft werden konnte.

Um seine Macht zu vergrößern, versuchte Wolsey der Nachfolger von Papst Leo X. zu werden. Dieser Plan scheiterte jedoch und der flämische Kardinal Adrian wurde zum Papst Hadrian VI.

(Zweiter) Krieg gegen Frankreich

Karl V. sorgte dafür, dass sich die ohnehin kritische Situation innerhalb Europas weiterhin verschlechterte, indem er Heinrich VIII. verraten wollte. Zudem gab es keinerlei funktionierende Regelungen oder gar Verträge, die irgendeine der Parteien von einem Krieg abhalten könnten.

Aus Platzersparnisgründen und um nicht zu weit von der Person Heinrichs uns seiner Politik abzuweichen, werden die Kriegszüge der Jahre 1522 und ´23, „die das englische Heer unter Suffolk im November 1523 bis auf knapp 100 Kilometer an Paris heranführten“[16], nicht weiter ausgeführt. Die für den weiteren Verlauf der Geschichte entscheidende Schlacht war die von Karls V. Vasallen, dem Herzog von Bourbon geführt. Dieser besiegte die Franzosen bei Pavia und nahm Franz I. gefangen.

Diese Erfolgsmeldung wurde durch die Erkenntnis gedämpft, dass Karl Heinrich keinerlei Unterstützung einwilligte, damit dieser den Thron Frankreichs gewinnen könne.

Franz I. wurde im März 1526 gegen „erhebliche territoriale Einbußen (Burgund, Tournai, weitere Städte in Flandern, dazu das Herzogtum Mailand)“[17] und der Überstellung seiner Söhne wieder freigelassen.

Kirchenpolitik

Heinrich als „Defensor fidei“

Zu einer Zeit (1527), in der die politische Welt ohnehin Kopf stand – „Europa in Aufruhr, die Türken in Ungarn, der Papst Gefangener Karls V., England im Bunde mit Frankreich und der Heiligen Liga gegen den Kaiser, in England Unzufriedenheit gegenüber Kardinal Wolsey“[18] [u.a. wegen seiner bürgerfeindlichen Steuerpolitik] – destabilisierte auch noch die „Neue Lehre“ Martin Luthers (veröffentlicht seit 1517) das Kräftegleichgewicht in Europa. Am 12. Mai 1521 hielt Bischof Fisher eine Predigt über die Gottlosigkeit Luthers, wonach lutherische Schriften öffentlich verbrannt wurden. Um dieser als ketzerisch bezeichneten „Neuen Lehre“ entgegen zu wirken, veröffentlichte Heinrich VIII. im Juli 1521 die „ Assertio septem Sacramentorum “, „eine theologisch fundierte Rechtfertigung der traditionellen Lehre von den sieben Sakramenten“[19].

Für dieses Werk wurde Heinrich mit dem Titel „ Defensor fidei “, Verteidiger des Glaubens, ausgezeichnet. Somit war Heinrich VIII. im Frühjahr 1527 sowohl politisch ein verbündeter des Papstes und außerdem ein Verfechter des traditonellen Glaubens. Darum lautet sein offizieller Titel auch:

„Von Gottes Gnaden König von England und Frankreich, Verteidiger des Glaubens und Lord von Irland“.

Biografie

Annullierung der ersten Ehe, Ablösung Wolseys und Heirat mit Anne Boleyn

Im Winter 1526/27 beschließt Heinrich VIII. sich von seiner Gemählin Katharina von Aragon scheiden zu lassen oder, besser gesagt, die Ehe zu annullieren, denn etwas Anderes ist nicht zulässig. Dieser Entschluss ist wegen unten geschilderter Vorgehensweisen von einem privaten Fall zu einer Veränderung der Kirche Englands geworden und damit die folgenschwerste Entscheidung, die Heinrich je in seinem Leben getroffen hat.

Es gibt im wesentlichen drei Motive, die Heinrich zu diesem Entschluss gebracht haben könnten:

- Echte Gewissensskrupel, da die Ehe wider ein göttliches Gebot geschlossen wurde (Katharina war zuvor mit seinem Bruder verheiratet gewesen)
- Katharina von Aragon ist zu alt, um ihm noch einen männlichen Nachfolger für den Thron zu gebähren (eine Nachfolgerin wäre leicht anzufechten gewesen).
- Die Liebe zu Anne Boleyn[20] (es wurden siebzehn Liebesbriefe von Heinrich an Anne Boleyn gefunden)

Heinrich setzt zur erfolgreichen Annullierung das sogenannte Levitus-Arugument ein. Dies besagt, dass sich selbst ein Papst nicht gegen göttliches Recht stellen darf. Und da die Ehe mit der Witwe des Bruders durch göttliches Recht untersagt war, würde die nachträgliche Annulierung auch unabhängig vom Papst gelten. Was Heinrich ursprünglich nur für private Zwecke nutzte, brachte einen Stein ins Rollen, der später die englische Kirche von Rom trennte.

Doch zurück zur Scheidung. Wolsey suchte im Auftrag Heinrichs nach Beweisen für die Ungültigkeit der Ehe. Während dieses Annullierungsprozesses fiel Wolsey einem Adelsputsch zum Opfer, der ihn um Macht, Reichtum und letztendlich um das Leben brachte. Obwohl Heinrich VIII. gut mit Wolsey befreundet war, konnte er wenig gegen die Anklage gegen Wolsey, erhoben am 9. Oktober 1528, unternehmen. Diese beschuldigte ihn als päpstlicher Legat seine Macht in Heinrichs Reich ausgeübt und damit die königliche Autorität untergraben zu haben. Auch wenn ein solcher Fall noch nie behandelt und ein entsprechender Prozess nie geführt worden war, bekannte sich Thomas Wolsey schuldig. Minister Kardinal Thomas Wolsey wurde 1529 hingerichtet.

Wolsey wurde schon bald durch Thomas Cromwell ersetzt, der dem König zwar nicht sonderlich sympatisch war, aber ein „brilliantes Werkzeug“[21] für ihn darstellte. Er war unter anderem an der Auflösung der 22 Klöster zugunsten des Kronschatzes beteiligt gewesen.

Um die schwierige Scheidung voran zu treiben, „formulierte Heinrich einen historischen Grundsatz: weder er noch irgendeiner seier Landsleute könnte vor einen römischen Gerichtshof zitiert werden, da nach altem Brauch und gemäß der Privilegien des Reiches sich kein Engländer einer fremden Rechtssprechung unterwerfen müsse“[22].

Schlussendlich ließ Heinrich seine Ehe am 23. Mai 1533 von Thomas Cramer, dem Erzbischof von Canterbury, für nichtig und von Beginn an ungültig erklären. Bereits am 25. Januar 1533 hatte er bereits seine Geliebte Anne Boleyn, eine Hofdame, geheiratet.

Elisabeth starb am 7. Januar 1536 eines natürlichen Todes.

Mehr oder weniger unfreiwillig hatte Heinrich durch den Annullierungsprozeß die englische Kirche von Rom getrennt und sich selbst zum Oberhaupt der englischen Kirche gemacht.[23]

Kirchenpolitik

Heinrich als Oberhaupt der Kirche

Heinrichs eher unfreiwillige Suprematie hatte einige innenpolitische Konflikte zu folge. Ein jeder war gezwungen, dem König den Supremateid zu leisten. Wer dies nicht tat, wurde mit dem Tode bestraft. Prominentester Verweigerer war wohl Thomas More, der Nachfolger Wolseys. More wurde am 6. Juli 1535 hingerichtet, weil er sich zur Suprematie des Königs nicht äußerte und auch beim Sukzessionseid[24] schwieg. Dessen Nachfolger, Thomas Cromwell, leistete dem Despotismus[25] keinen Widerstand. Mönche und Priester wurden auf brutale Weise hingerichtet, weil sie an ihrer Überzeugung fest hielten. „Diese Hinrichtungen erschütterten die christliche Welt Europas.“[26]

Im Januar 1535 ernannte Heinrich VIII. Thomas Cromwell zu seinem Generalvikar und Stellvertreter in allen kirchlichen Angelgenheiten.

Biografie

Hinrichtung von Anne Boleyn und Heirat mit Jane Seymour

Zu Beginn des Jahres 1536 wurde bekannt, dass sich der König für eine andere Frau, mit Namen Jane Seymour, eine schlichte 25-jährige, nicht sonderlich intelligente Dame, interessiert. Durch eine Intrige und eine falsche Zeugenaussage (beides durch Thomas Cromwell intrigiert), wurde Anne Boleyn wegen Hochverrats, Ehebruchs und Konspiration gegen den König am 19. Mai 1936 innerhalb des Towers enthauptet. Die Ehe zwischen Anne Boleyn und Heinrich VIII. wurde kurz später „ohne Angabe von Gründen“[27] für ungültig erklärt.

Noch im selben Jahr heiratete er Jane Seymour, die sich relativ unpolitisch, aber sehr gottesfürchtig verhielt und somit im Vergleich zu den Frauen, die Heinrich zuvor hatte, eine angenehme Entspannung darstellt. Jane Seymour bringt am 12. Oktober 1537 einen Knaben, den späteren Edward VI., zur Welt. Heinrich VIII. hatte damit seinen lange erwarteten Nachfolger.

Zwölf Tage nach der Geburt starb Königin Jane vermutlich an Blutvergiftung oder an Kindbettfieber.

Die kurze Ehe mit Anna von Cleve

Obwohl Heinrich VIII. 1533 noch fürchtete eine anti-englische Allianz könne sich bilden, um England poilitisch zu isolieren, besserte sich die Situation durch den Tod seiner Tante. Mit dem Tod Katharinas, seiner Tante, stand ihm nun auch Karl V. nicht mehr feindlich gegenüber.[28] Sowohl Franz I. als auch Karl V. umwarben Heinrich VIII., weil sie ihn beide auf ihrer Seite haben wollten, um gegen den jeweils anderen einen Krieg führen zu können.

Aus diesem Grunde hatte Heinrich Gelegenheit sich in aller Ruhe nach einer neuen Gattin umzusehen, was sich als nicht einfach erwies, da sich sein grober bis zum Teil brutaler Umgang mit Frauen herumgesprochen hatte. Ende Dezember 1537 stand beispielsweise die attraktive, sechzehnjährige Herzogin von Mailand zur Wahl, die jedoch ablehnte, da sie Heinrich nicht trauen konnte. Gerüchten zu folge trug er nämlich Schuld am Tod aller drei Ehefrauen, die er bisher gehabt hatte.

Die Wahl fällt letztendlich auf eine Empfehlung vom Thomas Cromwell, Anna von Cleve, deren Portrait war aber arg geschönt[29], weshalb der König maßlos enttäuscht ist. Die Ehe ließ sich derart kurzfristig wohl nicht mehr verhindern, währte aber auch nur für wenige Monate. Wegen Heinrichs großer Enttäuschung über das belanglose Aussehen und Auftreten der Anna von Cleve, ließ er Cromwell kurzerhand hinrichten und sich von Anna von Cleve ebenso rasch scheiden.

Die Ehe mit Catherine Howard

Die letzten Lebensjahre Heinrichs VIII. weisen deutliche Parallelen zu früheren Jahren auf. So ähnelt der Sturz Cromwells frapierend dem Untergang Kardinal Wolseys.[30] Ebenso ähnelt Heinrichs fünfte Ehe, die er mit Catherine Howard einging, in ihrem gesamten Verlauf der mit Anne Boleyn.[31] Am 28. Juli 1540 (gleichzeitig dem Tag Cromwells Hinrichtung) heiratete er Catherine Howard, stellte sie am 8. August und ließ sie 1542 – genau wie Anne Boleyn damals – wegen Ehebruchs zum Tode verurteilen. In diesem einen Fall ließ sich sogar ein Ehebruch nachweisen, da ein von ihr geschriebener Liebesbrief an ihren Geliebten, Thomas Culpeper, gefunden wurde.

Auch hier reagierte Heinrich wieder auf eine sehr unerwartete Weise: Da Catherine Howard traditionell katholisch war, hatte man von Heinrich nach der Hinrichtung seiner Gattin einen Umschwung hin zu den Reformern erwartet. Einen Monat später erließ der König eine Proklamation gegen protestantische Bücher.

Auslandspolitik

(Dritter) Krieg gegen Frankreich

Auch außenpolitisch vollzieht sich die „Wiederkehr des Gleichen“[32]. Nachdem die Rebellen von Ulster erfolgreich bezwungen waren, wurde Heinrich auch in Irland vom Parlament zum König ausgerufen. Es herrschte also wieder einmal Ruhe im eigenen Land, so dass Heinrich sich verstärkt der Situation in Europa und einem weiteren Krieg gegen Frankreich widmen konnte. Sein letzter Eroberungsfeldzug war für den Sommer 1544 angesetzt. Zeit genug sich im Herbst 1542 um ein Problem (seit Jahren gab es dort kleinere Grenzzwischenfälle) im Norden des Landes, nämlich in Schottland, zu kümmern. Die beiden Kontrahenten Jakob V. und Heinrich VIII. brandten sich gegenseitig ein paar Dörfer im Grenzgebiet nieder, bis es zu einer offenen Schlacht kam, aus der England als Sieger hervorging und bei der mehr als tausend Gefangene gemacht wurden, „darunter zwei Grafen und über fünfhundert Edelmänner“[33].

Ein weiterer Schicksalsschlag für den Schottenkönig, war die Geburt einer Tochter, Maria Stuart, anstatt eines Sohnes, so dass Jakob V. am 14. Dezember 1542 ohne männlichen Thronnachfolger starb. Da Schottland auch hiernach nicht zur Ruhe kam, brannte eine englische Invasionsarmee am 7. und 8. Mai Edinburgh nieder.

Im Januar 1544 wurden dann noch die letzten Vorbereitungen für den bevorstehenden Frankreich-Feldzug getroffen. Heinrich VIII. plante sich wieder, so als wäre er noch jung, an die Spitze seiner Armee zu stellen. Obwohl sich Heinrich weitaus mehr vorgenommen hatte, erreichte er schließlich nur Eroberungen von Bolougne und einer Festung zwischen Bolougne und Montreuil. „Karl V. und Franz I. hatten einen Seperatfrieden geschlossen“[34], so dass sich Heinrich wieder nach England zurückzog.

Der Invasionsversuch der Franzosen im Jahr 1545 verlief ebenfalls erfolglos und konnte an der ungeheuren Stabilität Englands nichts ändern.

Biografie

Die Ehe mit Catherine Parr, die Sicherung der Nachfolge bis zu Heinrichs Tod

Die Ehe mit Catherine Parr wurde am 12. Juli 1543 geschlossen und war nun endlich eine glückliche, Heinrich VIII. wurde gemäßigter und genoss das Familienleben.

Das einzige Problem, das Heinrich nicht mehr zu lösen gelang, waren die religiösen Auseinandersetzungen innerhalb des Landes, die ja bekanntermaßen bis heute nicht gelöst sind. Auch wenn Heinrich all die religiösen Probleme nicht lösen konnte, verstand er sich bestens darauf, religiöse Gruppen in Schach zu halten und teilweise sogar gegeneinander auszuspielen.

Heinrichs Frau machte noch einmal negativ auf sich aufmerksam, indem sie eine junge Frau unterstützte die verbotene, protestantische Bücher in London verteilte, und damit selbst in den Verdacht der Ketzerei geriet. Die katholischen Mitglieder des Staatsrates wollten die Königin deshalb hinrichten lassen, doch ließ sich Heinrich von seiner Frau besänftigen[35], so dass er sie am Leben ließ.

Zum Schluss seiner Regierungszeit waren noch viele Ketzerverfolgungen im Gange. Im Winter 1546/47 entschloss sich Heinrich VIII. einen im wesentlichen reformatorisch orientierten Staat zu hinterlassen. Als sich sein Zustand weiter verschlechterte, kündigte er an, er wolle seinen Sohn Edward zum Prinzen von Wales machen. Am 30. Dezember machte der König sein Testament. Diese Thronfolge wurde festgelgt:

- Prinz Edward und dessen Nachkommen
- Prinzessin Maria und deren Nachkommen
- Prinzessin Elisabeth und deren Nachkommen

Heinrich, der Achte, König von England starb in einer kalten Winternacht vom 27. zum 28. Januar 1547 gegen zwei Uhr morgens.

Charakterisierung Heinrichs VIII.

Obwohl Heinrich VIII. gemeinhin als schroff und brutal gilt, haben sich auch einige Textpassagen, Dokumente und Aussagen gefunden, die den Charakter von Heinrich entweder in einem sehr vielschichtigerem oder teilweise sogar einem viel helleren Licht erscheinen lassen.

Lacy B. Smith muss zum Beispiel Heinrichs großartigen Fähigkeiten als Herrscher anerkennen:

„Heinrich war ein Widerling und ein prüder Pendant in seinem Privatleben, aber ein großer König.“

Der venezianische Botschafter geht sogar noch weiter, indem er sagt:

„Der junge König Heinrich VIII. galt seinen Zeitgenossen als Inbegriff jugendlicher Schönheit und Kraft, als mit körperlichen und geistigen Talenten geradzu verschwenderisch ausgestattet.“

Dass all das nicht nur schmeichelnder Lobgesang auf einen Königssohn ist, lässt sich leicht an Fakten belegen:

- Heinrich VIII. sprach Latein, Französisch, Spanisch du ein wenig Italienisch.
- Für kurze Zeit studierte er das Griechische.
- Er besaß für einen König ungewöhnliche hohe theologische Bildung.
- Er interessierte sich für Mathematik, Geometrie und Astronomie
- Er war überaus musikalisch: Spielte sehr gut Flöte, Laute und das Varginal (ein kleines englisches Spinett), er besaß eine starke, sichere Sangesstimme (konnte vom Blatt singen)
- Komponierte zwei vollständige Messen, zwei Motette, viele Instrumentalstücke und Lieder

Auch die körperlichen Talente lassen sich belegen:

- er war ein sehr guter Tänzer,
- Bogenschütze und Speerwerfer,
- und galt als unbesiegbar mit den Bihändern.

Bei öffentlichen Inszenierungen bediente sich heinrich VIII außerdem den Bildern alter Herrscher und Krieger. So trat er gerne übertrieben Ritterlich (etwa mit großen Schwertern auf), was damals schon längst nicht mehr modern war.

Seine Vorbilder waren

- Edward I. (1272 – 1307)
- Edward III. (1327 – 1377)
- Edward, der schwarze Prinz (1330 –1376)
- Heinrich V. (1413 –1422)

Thesen

1. Heinrich war ein typischer Renaissance-Tyrann

Dies lässt sich wohl kaum leugnen, da Heinrich VIII. sehr unbarmherzig Jagd auf sogenannte Ketzer gemacht hat, sein eigenes Volk tyrannisiert hat und extrem verschwenderisch mit Geldmitteln und dem Militär umgegangen ist.

Sein Streben nach Macht, Lebensgenuss und höfischem Glanz lässt sich zweifelsohne als rücksichtlos bis hin zu skrupellos bezeichnen. Leichtfertig nahm er den Tod seiner ehemligen Freunde, politischen Mitstreiter und sogar seiner Ehefrauen in Kauf.[36]

Heinrich, der Achte bildet somit das Bild eines typischen Renaissance-Tyrannen.

2. In seiner Kirchenpolitik kamen ihm Besonderheiten der englischen Verhältnisse, die seit dem frühen Mittelalter existieren, zu gute.

Auch dies ist richtig, und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Genau genommen verhalfen Heinrich VIII. diese Besonderheiten in zwei Fällen weiter. Nämlich der Annullierung seiner Ehe mit Katharina von Aragonien (also für private Zwecke) und später zur Unabhängigkeit der englischen Kirche von Rom (zur Verwirklichung politscher Ziele.

Kaum ein anderes Land hätte solch eine Begründung (nämlich, dass kein Engländer ausländischer Gerichtsbarkeit unterliegt) in ihrer geschichtlichen Vergangenheit hervorbringen können als England.

3. Heinrich weist ausschließlich gegenteilige Charaktereigenschaften zu seinem Vater auf.

In der Tat haben Vater und Sohn, Heinrich VII. und VIII. wenig gemein. Gemeinsamer Nenner von Vater und Sohn ist fast nur ihr Geschlecht (sowohl im biologischen wie ich im ständegesellschaftlichem Sinne) und ihre politische Position. Ihr Verhalten jedoch ist unterschiedlich, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte. Der eine (Heinrich VII.) ist über Jahrzehnte hinweg damit beschäftigt zu sparen, und der andere (Heinrich VIII.) prasst ungeheure Geldsummen für militärische Ausrüstung, Kriege und Schiffe, sowie einen verschwenderischen Lebensstil heraus. Der Vater gibt sich mit einer Ehefrau zu frieden. Er lässt weder Ehen annulieren, noch Leute enthaupten. Ganz anders ist das bei seinem Sohn. Dieser ist für seine Blutrünstigkeit bekannt und über die Landesgrenzen hinweg gefürchtet. Heinrich VII. hat Kriege eher gescheut und kaum Drohungen ausgesprochen, während Heinrich VIII. zwischen Friedensplänen (meist nur vorübergehend) und wüsten Eroberungsplänen schwankt.

Zusammenfassung

Heinrich VIII. hatte sechs Frauen, von denen eine starb, eine überlebte, zwei geschieden und wiederum zwei geköpft wurden.

Er führte drei Feldzüge gegen Frankreich, von denen keiner zur erwünschten Eroberung führte, einen Krieg gegen Schottland und lieferte sich kleinere Schlachten mit Irland und Aufständlern.

Er schrieb gegen Martin Luther und ist für die Unabhängigkeit der englischen Kirche verantwortlich.

(Prospektive) Beurteilung

Die 1520er bis ´40er-Jahre gelten zu recht als die wichtigsten Jahre in Geschichte Englands. Zu kaum einer anderen Zeit wurden derart viel Grundsteine (vor allem im kirchenpolitschen Bereich) gelegt, wie zur Regierungszeit Heinrich VIII.

Ideologiekritischer Ansatz

Meiner Meinung nach war ein Herrscher wie Heinrich, der Achte wichtig für die damalige Zeit. Er war nicht nur – trotz einer sehr harten Inlandspolitik – beim Volk geachtet, sondern auch eine besondere Persönlichkeit vielseitiger Talente. Er hat nicht nur innerhalb Englands für deutlich spürbare politische Änderungen gesorgt, sondern auch zu seinen Lebzeiten viel zu der Politik in Europa beigetragen.

Einzig sein Umgang mit den Mitmenschen gerade auch im politischen Bereich war sehr undankbar und in einigen Fällen mit Sicherheit unklug und übertrieben.

Zweifelsohne wusste Heinrich VIII. jedoch seine Macht zu erhalten. Womöglich gelang dies nur weil er sich an ähnlichen Maßstäben orientiert hat, die auch in „Il Principe“ zu finden sind. Ob ein Machterhalt in derart schwierigen Zeiten auch einem zurückhaltender agierenden Herrscher gelungen wäre, wage ich sehr zu bezweifeln.

Literaturverzeichnis

- Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Duden-Verlag, Mannheim 1968
- Uwe Baumann, „Heinrich VIII.“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1999

[...]


[1] Nach: Herbert, Lord Edward (of Cherbury), The life and raigne of King Henry the Eighth, hg. von F. Nacnamara. London 1924

[2] Erasmus von Rotterdam, Opus Epistolarum Des. Erasmi Retoredami, h.g. von P.S. Allen, H. M. Allen und H. W. Garrod, 12 Bde. Oxford 1906-1958

[3] Nach: Herbert, Lord Edward (of Cherbury), The life and raigne of King Henry the Eighth, hg. von F. Nacnamara. London 1924

[4] Fox, R. , „The letters of Richard Fox“, hg. von P. S. und H. M. Allen, Oxford, 1929

[5] Erasmus von Rotterdam, Opus Epistolarum Des. Erasmi Retoredami, h.g. von P.S. Allen, H. M. Allen und H. W. Garrod, 12 Bde. Oxford 1906-1958

[6] nach Uwe Baumann, 1991, S. 21

[7] Uwe Baumann, 1991, S. 21

[8] Uwe Baumann, 1991, S. 29

[9] Nach Uwe Baumann, 1999, S. 33/34

[10] Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Duden-Verlag, Mannheim 1968, S. 361

[11] Nach Uwe Baumann, 1999, S. 33/34

[12] Uwe Baumann, 1999, S. 33/34

[13] Uwe Baumann, 1999, S. 33/34

[14] Uwe Baumann, 1999, S. 43

[15] Dies behauptet zumindest Uwe Baumann, 1999, S.52

[16] Uwe Baumann, 1999, S. 53

[17]

[18] Uwe Baumann, 1999, S. 55

[19] Definition nach Uwe Baumann, 1999, S. 53

[20] nach Uwe Baumann, 1999, S. 58, 60, 61

[21] Uwe Baumann, 1999, S. 80

[22] Uwe Baumann, 1999, S. 82

[23] nach Uwe Baumann, 1999, S. 88

[24] Sukzession = Übernahme der Rechte und Pflichten

[25] Gewaltherrschaft

[26] Uwe Baumann, 1999, S. 97

[27] Uwe Baumann, 1999, S. 55

[28] nach Uwe Baumann, 1999, S. 111

[29] nach: Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Duden- Verlag, Mannheim 1968, S. 361

[30] nach Uwe Baumann, 1999, S. 121

[31] Vgl. : Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Duden-

Verlag, Mannheim 1968, S. 361

[32] Leitmotiv von Uwe Baumann, 1999, S. 121

[33] Uwe Baumann, 1999, S. 122

[34] Uwe Baumann, 1999, S. 123

[35] Uwe Baumann, 1999, S. 128

[36] Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Duden-Verlag, Mannheim 1968, S. 361

Excerpt out of 33 pages

Details

Title
Heinrich VIII.
Grade
1
Author
Year
2002
Pages
33
Catalog Number
V107722
ISBN (eBook)
9783640059607
File size
525 KB
Language
German
Keywords
Heinrich, VIII
Quote paper
Konstantin Magnus Lucke (Author), 2002, Heinrich VIII., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107722

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Title: Heinrich VIII.



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