Tauchen Sie ein in die hitzige Debatte um das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz von 2002, das mit der Einführung des § 14 Abs. 1a UStG die Angabe der Steuernummer auf Rechnungen vorschrieb. War dies ein notwendiger Schritt zur Eindämmung von Umsatzsteuerbetrug oder ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Steuergeheimnis? Diese Analyse beleuchtet die Hintergründe, Ziele und Auswirkungen dieser umstrittenen Neuregelung. Untersucht werden die Beweggründe des Gesetzgebers, die konkrete Ausgestaltung des § 14 UStG und die potenziellen Vorteile für die Finanzbehörden bei der Aufdeckung von Steuerhinterziehung. Kritisch hinterfragt werden die Sinnhaftigkeit des Gesetzes, die befürchteten Auswirkungen auf das Steuerklima und die praktischen Probleme bei der Umsetzung. Es werden mögliche Lösungen zum Schutz des Steuergeheimnisses aufgezeigt und ein persönliches Fazit gezogen. Leser erwartet eine umfassende Auseinandersetzung mit den steuerlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Gesetzesänderung, inklusive der Diskussion um die Vorsteuerabzugsberechtigung und die Rolle der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die Analyse bietet somit eine fundierte Grundlage für Unternehmer, Steuerberater und alle, die sich mit den Feinheiten des Umsatzsteuerrechts auseinandersetzen müssen, um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es geht um die Auswirkungen auf Kleinunternehmer, die Angabe der Steuernummer in Gutschriften und Dauerverträgen, sowie die Abgrenzung zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Steuergeheimnis und den potenziellen Schwachstellen des Gesetzes runden das Bild ab. Abschließend werden praktikable Lösungen für Unternehmen vorgestellt, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig das Risiko des Missbrauchs persönlicher Daten zu minimieren, wodurch die Arbeit eine wertvolle Ressource für jeden darstellt, der sich mit den Feinheiten der deutschen Umsatzsteuer und den Auswirkungen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes auseinandersetzen muss und die Frage beantwortet, ob die Veröffentlichung der Steuernummer tatsächlich ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Steuerbetrug darstellt oder lediglich eine zusätzliche Belastung für ehrliche Unternehmen bedeutet.
Gliederung
1. Einleitung
2. War-Situation vor der Neuregelung
3. Ist-Situation durch die Änderung des § 14 UStG
4. Soll-Situation – oder was die Neuregelung bewirkt
5. Diskussion der Sinnhaftigkeit des Gesetzes
6. Lösungen und persönliches Fazit
1.Einleitung
Die Verwirrungen und Irritationen in Vorbereitung auf die neue Regelung des § 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zum 01. Juli 2002 im Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes waren groß. Zahlungen sollten im Falle einer Nichtbefolgung der Vorschrift verwehrt, Verträge nicht mehr abgeschlossen werden.
Insbesondere die steuerberatenden Berufe und deren Mitarbeiter haben aufgrund von Steuergeheimnissen, die sie mit dem Gesetz als praktisch aufgehoben sahen, energisch, wenn auch ohne Erfolg, gegen diese Verschärfung protestiert [vgl. Christ, 2002].
Die Aufregung war auch darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber in der letzten Legislaturperiode eine „neue Qualität von Aktionismus“ [Tipke, 2002 S. 4] an den Tag gelegt hat und eine immense Anzahl von Gesetzen und Gesetzesverschärfungen umgesetzt hat.
Gerade wegen des großen Aufsehens und der Empörung über den „Gesetzes-Schnellschuss des Gesetzgebers“ ([Chromow, 2002], [IHKOE, 2002]) von nicht zuletzt neun Wirtschaftsverbänden - darunter der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutschen Industrie und Handelskammertages – über die verschärfte Regelung lohnt sich ein tieferer Blick hinter die neue Fassade des § 14 UStG, der auf der einen Seite die Beweggründe der Finanzbehörden beleuchtet. Der aber auf der anderen Seite nicht außer Acht lässt, wie die – teilweise berechtigten – Kritiker dieses Gesetz sehen und was den Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Thema erwartet.
Am Besten werden die Hintergründe für beide Positionen durch eine zeitliche Betrachtung der Gesetzeshistorie deutlich:
- Wie war die Ausgangslage, was waren die Beweggründe für diesen Schritt des Gesetzgebers? – mit dieser Fragestellung beschäftigt sich das Kapitel 2: War-Situation vor der Neuregelung
- Wie sieht konkret die Neuformulierung des §14 UStG aus und was bedeutet das für den Unternehmer? – Hierüber gibt Kapitel 3 Aufschluss: Ist-Situation durch die Änderung des § 14 UStG
- Wodurch hilft dieses Gesetz also den Finanzbehörden? – Damit beschäftigt sich Kapitel 4: Soll-Situation – oder was die Neuregelung bewirkt
Nach der Analyse des Gesetzes und der Herausstellung der Hintergründe und Ziele dessen wird im letzten Teil der Arbeit nach einer kritischen Auseinandersetzung über dessen Sinnhaftigkeit potenzielle Lösungen aufgezeigt und ein persönliches Fazit des Autors gezogen, um somit die Diskussion abzurunden.
2. War-Situation vor der Neuregelung
Was führte zu der in der Einleitung erwähnten Verschärfung des §14 UStG durch das Ergänzen von Absatz 1a zum 01. Juli 2002?
Generell geht die Gesetzesinitiative des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes (siehe Kapitel 3) auf die Schwierigkeiten des Finanzamtes bei der Überprüfung der Richtigkeit von Rechnungen und damit verbunden Buchungen von Unternehmen zurück [vgl. Chromow, 2002].
Prinzipiell nachvollziehbarer Grund für den "General-Verdacht gegen Gründer": Der Trick bei betrügerischen Karussellgeschäften bestand darin, dass in Rechnung gestellte, aber nicht abgeführte Umsatzsteuern des einen Betriebes zur abzugsfähigen Vorsteuer des nächsten wurden (sog. „ Phönixfirmen “ [Buhl, 2002]).
Betrügerische Start-Ups nutzten in der Vergangenheit die dafür besonders praktische Zeitlücke von ein und halb Jahren zwischen ihrer Anmeldung beim Finanzamt und der ersten Steuererklärung.
Die nun vorgeschriebenen Voranmeldungen im Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes wurde angesichts von Einnahmeausfällen in einer jährlichen Größenordnung von bis zu zwanzig Milliarden eingeführt [vgl. Chromow, 2002].
Wer ein neues Unternehmen startet, muss nämlich künftig im Jahr der Gründung und dem darauf folgenden Jahr jeden Monat obligatorisch eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben.
3. Ist-Situation durch die Änderung des § 14 UStG
Nach der Betrachtung der Situation vor der Einführung der Verschärfung des Paragraphen 14 des UStG durch Absatz 1a zur Änderung der Rechnungsangaben beschäftigt sich der folgende Teil der Arbeit mit der Einordnung der Neuregelung in den Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes, um dann im Detail auf die neuen Verpflichtungen von Unternehmern durch § 14 Absatz 1a bei der Rechnungsstellung einzugehen.
Die Änderung des § 14 UStG stand nämlich im Rahmen einer umfangreichen Gesetzesverschärfung unter dem Mantel des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz zur Beseitigung der im vorhergehenden Kapitel behandelten Schwierigkeiten der Finanzämter.
Der Gesetzgeber verabschiedete am 19.12.2001 das „Gesetz zur Bekämpfung der Steuerkürzungen bei der Umsatzsteuer und zur Änderung anderer Steuergesetze (Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz, StVBG)“. Damit soll zukünftig insbesondere der missbräuchlichen Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugsrechts - namentlich mit Hilfe zwischengeschalteter betrügerischer Unternehmen, die eine in Rechnung gestellte, aber nie gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen - begegnet werden.
Bundesfinanzminister Hans Eichel erläutert das Gesetz so: „Um dem Missbrauch bei der Umsatzsteuer entgegenzutreten, wird mit verbesserten Kontrollverfahren ein schnelles und effizientes Handeln der Steuerverwaltung gewährleistet. Damit wird in Deutschland und auch in der Europäischen Union ein koordiniertes Vorgehen mit neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern bzw. zwischen dem Bund und den Ländern erreicht.“ [Buhl, 2002]
Folgende Regelungen des StVBG sind von allgemeinem Interesse:
- Ab dem 1.7.2002 muss der Unternehmer in einer Rechnung auch seine Steuernummer angeben (§ 14 Abs. 1a UStG).
- Bei Aufnahme einer Unternehmertätigkeit ist Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG) (nicht mehr, wie bisher üblich, das Quartal oder Kalenderjahr).
- Um die Erstattung aufgrund einer Steueranmeldung zu beschleunigen, kann das Finanzamt die Zustimmung im Einvernehmen mit dem Unternehmer vorab gegen Sicherungsleistung (z. B. Bankbürgschaften) erteilen.
- Die Sicherheitsleistung kann längstens für die Dauer der notwendigen Prüfung verlangt werden (§ 18 f. UStG).
Die Neuregelung des § 14 UStG finden wir im Detail in der Veröffentlichung vom 27.12.2001.
Im Bundesgesetzblatt 2001 Teil 1 Nr. 74 [Bundesgesetzblatt, 2002, S. 2], herausgegeben zu Bonn heißt es dazu in Artikel 1 Nr. 2 des StVBG zum § 14 UStG:
„Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
‚(1a) Der leistende Unternehmer hat in der Rechnung die ihm vom Finanzamt zugeteilte Steuernummer anzugeben. ‛“
Weiter in Artikel 1 Ziff. 8 des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes heißt es:
„§ 27 UStG wird folgender Absatz 3 eingefügt:
‚ § 14 Abs. 1a ist anzuwenden auf Rechnungen, die nach dem 30. Juni 2002
ausgestellt werden. ‛“
Das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz trat nach dem Bundesgesetzblatt zum 01.01.2002 in Kraft, die Erweiterung des § 14 UStG somit zum 30.06.2002.
Das Bundesministerium für Finanzen hat, als Reaktion auf die deutschlandweit geführte hitzige Diskussion durch einen am 28. Juni 2002 veröffentlichten Anwendungserlass verschiedene Zweifelsfragen des § 14 UStG geregelt.
Es veröffentlichte nach der Erörterung des Gesetzes mit den Finanzbehörden der Länder sinngemäß[BMF, 2002]:
- In jeder Rechnung eines Unternehmers (definiert in § 2 UStG), das mit Angabe des Steuersatzes ausgegeben wurde, muss die Steuernummer des Unternehmers enthalten sein. Das ist auch bei Rechnungen nach dem Durchschnittssteuersatz (§24 UStG) der Fall.
- Keine Verpflichtung zur Angabe der Steuernummer haben Kleinunternehmer (§ 19 UStG) und Unternehmer, die über nicht steuerbare (wenn einer der Kriterien des § 1 UStG nicht zutrifft) oder steuerfreie (aufgeführt in §§ 4 und 5 UStG, an sich nach § 1 Satz 1 bis 5 steuerbare) Umsätze (z.B. Kleinbetragsrechnungen nach §33 UStDV bis 100 Euro oder Fahrausweisen nach §34 UStDV) oder Umsätze, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner (§13b UStG) ist, Rechnungen abgeben.
- Als Rechnungen (definiert in §14 Absatz 1 UStG) gelten auch Gutschriften §14 Abs. 5 UStG sowie elektronische Abrechnungen nach §14 Abs. 4 S. 2 UStG. Erkennt der leistende Unternehmer z. B. infolge einer Mängelbeanstandung des Kunden eine Änderung der Bemessungsgrundlage des Umsatzes an und stellt darüber dem Kunden eine Gutschrift aus, hat er selbstverständlich seine Steuernummer als Gutschriftsaussteller anzugeben.
- In bestimmten Fällen gilt auch ein Vertrag als Rechnung, wenn er die Merkmale gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG (Rechnungsangaben) erfüllt – Abschn. 183 Abs. 2 UStR. Der ab 1. Juli 2002 in Kraft getretene § 14 Abs. 1a UStG bezieht sich nun auch auf diese Verwaltungsanweisung. Darunter fallen Dauerverträge wie Mietverträge mit Option zur Umsatzsteuer, Wartungsverträge, Pauschalverträge mit Steuerberatern und ähnliche Verträge. Personen, die Verträge über sog. Dauerleistungen (§ 13 UStG) abgeschlossen haben, die lediglich in Teilleistungen über den Nachweis mittels Zahlungsbelegen abgerechnet werden, hat der leistende Unternehmer unverzüglich seinem Vertragspartner die ihm vom Finanzamt erteilte Steuernummer mitzuteilen. Dies gilt über die Dauer des Vertrages auch bei allen Änderungen der Steuernummer.
- Eine Angabe der vom Bundesamt für Finanzen erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) nach §27a Abs. 1 UStG genügt nicht.
- Eine Angabe der Steuernummer in anderen Unterlagen als der Rechnung (vgl. 31 Abs. 1 UStDV, Abschnitt 183 Abs. 2 UStG) genügt nicht. Zum Beispiel gilt ein Vertrag in diesem Falle als Rechnung und muss in Folge dessen die Steuernummer des leistenden Unternehmers nach §14 Absatz 1a UStG enthalten. Eine Angabe der Steuernummer in einem anderen Schriftstück als den Vertrag ist nicht genügend.
- In Gutschriften muss die Steuernummer des leistenden Unternehmens aufgeführt sein §14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Da das leistende Unternehmen der Gutschriftempfänger ist, hat der Empfänger in diesem Fall dem Aussteller der Gutschrift seine Steuernummer mitzuteilen, was auch für ausländische Unternehmen gilt, die eine inländische Steuernummer besitzen.
- Leistet ein Unternehmer im eigenen Namen (Eigengeschäft) und vermittelt er einen Umsatz in fremdem Namen und für fremde Rechnung (vermittelter Umsatz), gilt, dass er für das Eigengeschäft seine Steuernummer angeben muss. Rechnet er jedoch einen vermittelten Umsatz ab, so hat er die Steuernummer des leistenden Unternehmens anzuführen. Zum Beispiel hat ein Reisebüro bei der Vermittlung eines Fluges mit der Lufthansa die Steuernummer der Lufthansa auf der Rechnung zu integrieren. Bei einer Kombinierung beider Leistungsarten auf einer Rechnung muss die Steuernummer des jeweils leistenden Unternehmens den einzelnen Rechnungsposten zuzuordnen sein (siehe unten in der Beispielrechnung).
- Für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1 UStG ist die Angabe der Steuernummer in Rechnungen und Gutschriften nicht notwendig.
- Die Nichtverletzung des Steuergeheimnisses durch die Aufführung der Steuernummer wird betont. Bei Zweifel über die Berechtigung des Auskunftssuchenden zur Steuerakte müssen sich die Finanzbehörden in geeigneter Weise davon vergewissern (Dieser Punkt wurde auf eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 18.4.2002 (S 0130 - 41/02 - St 411) in den Anwendungserlass eingebracht)
Auf Grundlage dieser Neuregelung muss eine Rechnung nach § 14 UStG Absatz 1 und Absatz 1a folgende Charakteristiken aufweisen:
- den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers,
- den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers,
- die Menge und die handelsübliche Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung oder die Art und Umfang der sonstigen Leistung,
- den Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung,
- das Entgeld für die Lieferung oder sonstigen Leistung (§ 10),
- den auf das Entgeld (Nummer 5) entfallenden Steuerbetrag, der gesondert auszuweisen ist, oder den Hinweis auf Steuerbefreiung und
- seit dem 01. Juli 2002: die ihm vom Finanzamt erteilte Steuernummer anzugeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Beispielrechung unter Angabe der Steuernummer (eigene Darstellung)
Die Abbildung zeigt eine Beispielrechnung unter Berücksichtigung der Vorschriften des §14 Absatz 1 und 1 a UStG. Der Steuerbetrag von 16 % wurde gesondert ausgewiesen (§ 15 I Nr. 1 UStG) und die Steuernummern sind den jeweils leistenden Unternehmen eindeutig zuzuordnen.
Auf diese Betrachtung des Gesetzes und der damit verbundenen neuen Verpflichtungen von leistenden Unternehmen folgend gibt der nächste Abschnitt Auskunft darüber, was sich der Gesetzgeber als Resultat der Verschärfungen verspricht.
4. Soll-Situation – oder was die Neuregelung bewirkt
Wodurch hilft dieses Gesetz also konkret bei der Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug von Unternehmern?
Mit Hilfe der nach §14 Absatz 1a UStG ab 01. Juli 2002 in Rechnungen anzuführenden Steuernummer soll die Prüfung des der einzelnen Rechnung zu Grunde liegenden Umsatzes ohne mühsame Nachforschung den Finanzbeamten ermöglicht werden.
Die Steuernummer gibt nicht nur Auskunft darüber, welcher Finanzbeamte für das jeweilige Unternehmen innerhalb eines Finanzamtes zuständig ist, sondern mit der Steuernummer lässt sich auch das zuständige Finanzamt identifizieren. Mit diesen Informationen an der Hand wird es den Finanzämtern erheblich leichter fallen, Missbräuchen und Steuerhinterziehungen auf die Spur zu kommen. Denn das Finanzamt kann mit Hilfe der Steuernummer erheblich effektiver und schneller prüfen, ob die aus einer Rechnung geltend gemachte Vorsteuer, die in der Rechnung als Umsatzsteuer ausgewiesen wird, zur Recht ausgewiesen wurde. Denn nur in diesen Fällen besteht das Recht, die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend zu machen - vorausgesetzt, der Empfänger der Leistung hat Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer. [Vgl. Christ, 2002]
Mit dem Gesetzespaket des StVBG werden außerdem sog. "Allgemeine Nachschauen" den Finanzämtern erlaubt, welche es den Finanzbeamten ermöglichen ohne Vorankündigung vor Ort Ermittlungen durchzuführen, und zwar sowohl bezüglich aktueller steuerlich relevanter Vorgänge des Unternehmens als auch hinsichtlich Personen, die steuerpflichtig sein könnten. So soll auch jeder Unternehmer, der in Karussellgeschäfte verwickelt ist oder von ihnen Kenntnis hat/hätte haben müssen, in Anspruch genommen werden können.
5. Diskussion der Sinnhaftigkeit des Gesetzes
Die Betrachtung zeigt also auf: Es ist zwar verpflichtend für Unternehmen, die Steuernummer auf jeder Rechnung anzugeben, rechtliche Konsequenzen drohen aber niemanden bei Nichteinhaltung. Und wer wird sich dann daran halten? Nur zu gern hätte es die Finanzverwaltung gesehen, dass ihr das Recht eingeräumt worden wäre, Vorsteuern nur dann anerkennen zu müssen, wenn in der Rechnung die Steuernummer des ausstellenden Unternehmens enthalten ist. Soweit durfte der deutsche Gesetzgeber aber nicht gehen:
Regelungen der 6. EG-Richtlinien verbieten derzeit noch eine entsprechende Verschärfung des Vorsteuerabzugs (§ 15 UStG). Das hat zur Folge, dass zwar ab dem 1. Juli 2002 jedes Unternehmen verpflichtet ist, die Steuernummer mit in die Abrechnung aufzunehmen. Sanktionen sind aber nicht vorgesehen, wenn gegen diese Pflicht verstoßen wird. Das wird sich ändern. Voraussichtlich ab dem 1. Januar 2004 wird die Berechtigung zum Vorsteuerabzug davon abhängen, dass die Steuernummer in der Rechnung enthalten ist. Dann soll die Richtlinie 2001/115/EG vom 20. Dezember 2001 "zur Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsausstellung" in nationales Recht umgesetzt sein, die es erlaubt, den Vorsteuerabzug davon abhängig zu machen, dass die Steuernummer in der Rechnung enthalten ist.
Andere Stimmen weisen auf eine weitere Schwachstelle des Gesetzes durch den einfacheren Zugang zu Steuerakten in der Praxis hin: Es lassen sich durch eindeutige Steuer- oder Betriebsnummern auf Rechnungen schnelle und punktgenaue Plausibilitätsprüfungen innerhalb der Finanzverwaltung durchführen. Nicht in Betracht genommen hatten jedoch die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Beamten, dass die betriebliche und die persönliche Steuernummer bei vielen Selbstständigen und Unternehmern identisch ist.
Eine separate "Firmen-Steuernummer" gibt es nämlich nur im Fall von
- Gesellschaften sowie
- Einzelunternehmern, die mehr als einen Betrieb angemeldet haben.
R. Chromow [2002] verweist auf zwei weitere, treffende und gravierende Aspekte hin: Im Fall von Verheirateten ist die zwangsweise auf der Rechnung anzugebende Steuernummer zugleich die des unbeteiligten Ehepartners.
Wer die Steuernummer sowie Name und Anschrift von Steuerpflichtigen kennt, kann den Sachbearbeiter des Finanzamtes etwa zur Preisgabe von persönlichen Geheimnissen bewegen - sogar bei hochoffiziellen Transaktionen des Bundesfinanzministeriums fungiert die Steuernummer quasi als Kennwort-PIN.
Mitarbeiter von Finanzverwaltungen haben intern bereits darauf hingewiesen, dass die geforderte Steuernummer-Publizistik unmittelbare Auswirkungen auf ihre Beratungstätigkeit haben wird: die telefonischen Alltags-Auskünfte der Finanzämter basieren bislang häufig auf der zutreffenden Angabe von Namen und Steuernummer. Bei der heutigen Gesetzeslage muss erst ein gängiges Verfahren zur eindeutigen Identifikation des Informationssuchenden gefunden werden.
Harte Kritik üben fast alle Verbände an dem gesamten Maßnahmenpaket [vgl. Buhl, 2002]. Sie beklagen insbesondere, dass der Schwerpunkt wieder in der Gesetzgebung, nicht jedoch in einer wirksameren Kontrolle durch die Finanzverwaltung liege.
Es sei offensichtlich, dass die erwogenen Maßnahmen nicht zielgenau wirkten und bei einer willkürlichen Umsetzung durch die Finanzverwaltung das Klima für Existenzgründungen und die Liquiditätsausstattung der Unternehmen in Deutschland schädigen. Es sei fraglich, ob für steuerehrliche Unternehmen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibe.
Pessimisten befürchten gar einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für den Steuerpflichtigen und eine wesentliche Verschlechterung des Steuerklimas in Deutschland [vgl. Buhl, 2002].
6. Lösungen und persönliches Fazit
Einfachstes, wenn auch für die Finanzverwaltung kostenintensiveres Mittel für die Behebung der Schwierigkeiten im Steuergeheimnisschutz wäre der telefonische Rückruf. Aber davon - so die Ausführungen von S. Christ [2002] - soll nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden. Insgesamt ist das eine wenig befriedigende Lösung, denn das Finanzamt hält höchst sensible Daten bereit, die, wenn sie in falsche Hände geraten, fatale Folgen haben können. So können Vertragsverhandlungen ganz anders geführt werden, wenn beispielsweise herausgefunden werden kann in welch prekärer finanzieller Situation sich der Verhandlungspartner befindet.
Zwar soll das Steuergeheimnis vor dem Zugriff Unberechtigter auf die bei dem Finanzamt gespeicherten Daten schützen; es bedarf aber nicht allzu viel Fantasie, sich vorzustellen, wie ein geschickter Anrufer nur allzu leicht an unberechtigte Informationen kommen kann. Letztendlich trägt der einzelne Steuerpflichtige das Risiko. Eine Möglichkeit, sich vor diesen Gefahren zu schützen, wäre die Vereinbarung eines Kennwortes mit der Finanzverwaltung und den steuerlichen Beratern. Informationen sollen nur dann preisgegeben werden, wenn sich Anrufer mit diesem Kennwort legitimieren können.
Wer auf politische Erfolge nicht warten will, ist nach der IHK Osnabrück-Emsland [IHKOE, 2002] gut beraten, in den Abrechnungsdokumenten generell
- die finanzamtsbezogene Steuernummer und
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)
anzugeben. Gleichzeitig sollten die Fakturierungsprogramme bei Abrechnungen innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 6a UStG) und bestimmter innergemeinschaftlicher Dienstleistungen (Güterbeförderungen gem. § 3b Abs. 3 UStG, Handelsvertreterleistungen gem. § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG und Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen gem. § 3a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c Satz 2) bei der Leistungsbeschreibung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) beider Vertragspartner nochmals enthalten. Ansonsten könnte es wegen der Angabe der Steuernummer zu Missverständnissen mit EU-ausländischen Kunden kommen.
Mit der Integration von beiden Angaben (Steuernummer und USt-IdNr.) spart sich das Unternehmen die spätere, wiederholt notwendige Anpassung des Fakturierungssystems. Dann bleibt es beim einmaligen Aufwand für die Anpassung.
Insgesamt bleibt also ein fader Beigeschmack nach der Verschärfung des § 14 Absatz 1a UStG aus unternehmerischer Sicht, denn die Bedenken um das Steuergeheimnis sind angebracht, gerade in der Übergangszeit bis die Neuregelung wirklich allen Finanzbeamten eingeimpft worden ist. Bis dahin kann man nur hoffen, dass die aufgedeckten offensichtlichen Schwachstellen nicht missbraucht werden. Ebenso als Kritik berechtigt ist der Punkt um die Mehrkosten für Unternehmen durch die Änderung der Fakturierungssysteme.
Aus Sicht der Finanzbehörden ist ein Schritt in die richtige Richtung vom Gesetzgeber getan worden, denn die Möglichkeiten zur Bekämpfung von Steuerausfällen wurden erweitert. Die Berechtigung zum Entzug der Vorsteuerabzugsmöglichkeit jedoch bleibt ihnen bis auf weiteres verwehrt.
Somit bleibt auch nach dieser Analyse das Fragezeichen hinter der Sinnhaftigkeit der Veröffentlichung der Steuernummer nach dem 30. Juni 2002 weiter bestehen.
Es bleibt abzuwarten, ob die neue Vorschrift mit der Umsetzung der EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Rechnungsangaben ab 1. Januar 2004 noch eine für Wirtschaft und Verwaltung praktikablere und wirksamere Ausgestaltung erfährt.
Quellenangaben
[BMF, 2002]
(kein Verfasser, gezeichnet durch Dr. Sturmann) (2002): Angabe der Steuernummer ab dem 01. Juli 2002 (§ 14 Abs. 1a UStG)
Bonn.
Online publiziert
Webadresse:
http://www.bundesfinanzministerium.de/Aktuelles/Aktuelles-.378.12840/.htm
[Bundesgesetzblatt, 2001]
(kein Verfasser) (2001): Bundesgesetzblatt Nr. 27 vom 27. Dezember 2001 -Teil I
Bonn.
Online publiziert
Webadresse:
http://www.bundesfinanzministerium.de/Aktuelles/Aktuelle-Gesetze-.388.6383/.htm
[Buhl, 2002]
(kein Verfasser) (2002): Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz
Online publiziert von Buhl Data Service GmbH
Webadresse:
http://www.steuer-sparbuch.de/de/pub/th_mo/neu2002/verkuerz.cfm
[Christ, 2002]
Christ, S. (2002): Steuernummer seit 1. Juli 2002 zwingender Inhalt einer Rechnung Die Kanzlei 07/02, Hermann Luchterhand Verlag, Köln
[Chromow, 2002]
Chromow, R. (2001): Publikationszwang für "Steuer-PIN", unter Akademie.de online publiziert; eingesehen am 22.08.2002
Webadresse:
http://www.akademie.de
[HK, 2002]
(kein Verfasser) (2002): Angabe der Steuernummer in der Rechnung, eingesehen am 26.08.2002, online publiziert von Handelskammer Hamburg
Webadresse:
http://www.hk24.de/produktmarken/produktmarken.jsp?name=content&url=http%3A//www.hk24.de/produktmarken/recht_und_fair_play/steuerrecht/umsatzsteuer/umsatzsteuer1.jsp
[IHKOE, 2002]
(kein Verfasser) (2002): Angabe der Steuernummer in der Rechnung
Online publiziert von Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland
Webadresse
http://www.osnabrueck.ihk24.de/produktmarken/recht_und_fair_play/steuerrecht/Downloads/bru-mb-steuernum.pdf
[Tipke, 2002]
Tipke, K. (2002): Steuerrecht / begr. von Klaus Tipke. Fortgef. von Joachim Lang. Unter Mitarb. Von Roman Seer
O. Schmidt Verlag, Köln; 17. Auflage
[WeigandBach, 2002]
Weigand, H.-J. / Bach, T. (2002): Angabe der Steuernummer in der Rechnung: Einige Antworten auf noch offene Fragen
Online publiziert
Webadresse:
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz und welche Auswirkungen hat es?
Das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) wurde erlassen, um Steuerkürzungen bei der Umsatzsteuer zu bekämpfen. Es soll insbesondere den missbräuchlichen Vorsteuerabzug verhindern, bei dem betrügerische Unternehmen Umsatzsteuer in Rechnung stellen, aber nicht abführen, und diese als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen. Es verpflichtet Unternehmer, die neu starten, in den ersten zwei Jahren monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben.
Was ändert sich durch die Neuregelung des § 14 UStG (Umsatzsteuergesetz)?
Durch die Ergänzung des § 14 UStG um Absatz 1a müssen leistende Unternehmer in jeder Rechnung ihre Steuernummer angeben. Diese Regelung gilt für Rechnungen, die nach dem 30. Juni 2002 ausgestellt werden.
Wer muss die Steuernummer auf der Rechnung angeben?
Jeder Unternehmer (definiert in § 2 UStG), der Rechnungen mit Angabe des Steuersatzes ausstellt, muss seine Steuernummer angeben. Dies gilt auch für Rechnungen nach dem Durchschnittssteuersatz (§24 UStG).
Wer muss die Steuernummer nicht auf der Rechnung angeben?
Kleinunternehmer (§ 19 UStG) sowie Unternehmer, die nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze tätigen (z.B. Kleinbetragsrechnungen nach §33 UStDV bis 100 Euro oder Fahrausweise nach §34 UStDV), oder Umsätze, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner (§13b UStG) ist, sind nicht verpflichtet, die Steuernummer anzugeben.
Gilt die Pflicht zur Angabe der Steuernummer auch für Gutschriften und elektronische Rechnungen?
Ja, die Pflicht zur Angabe der Steuernummer gilt auch für Gutschriften (§14 Abs. 5 UStG) und elektronische Abrechnungen (§14 Abs. 4 S. 2 UStG).
Was ist, wenn ein Vertrag als Rechnung gilt?
Wenn ein Vertrag die Merkmale einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG erfüllt, gilt die Pflicht zur Angabe der Steuernummer auch für diesen Vertrag. Dies betrifft insbesondere Dauerverträge wie Mietverträge oder Wartungsverträge.
Reicht die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) anstelle der Steuernummer?
Nein, die Angabe der USt-IdNr. reicht nicht aus. Es muss die vom Finanzamt zugeteilte Steuernummer angegeben werden.
Kann das Finanzamt Vorsteuer nur dann anerkennen, wenn die Steuernummer auf der Rechnung steht?
Zum Zeitpunkt des Textes (2002) war dies noch nicht möglich. Regelungen der 6. EG-Richtlinien verbieten eine entsprechende Verschärfung des Vorsteuerabzugs (§ 15 UStG). Es wurde jedoch erwartet, dass dies ab dem 1. Januar 2004 durch die Umsetzung der Richtlinie 2001/115/EG möglich sein wird. Jedoch zum Zeitpunkt dieses Textes, drohen keine rechtlichen Konsequenzen, wenn man die Steuernummer nicht angibt. Jedoch sollte sich das bald ändern.
Welche Vorteile bringt die Angabe der Steuernummer für die Finanzverwaltung?
Die Steuernummer ermöglicht es den Finanzbeamten, die Prüfung des der einzelnen Rechnung zugrunde liegenden Umsatzes ohne mühsame Nachforschung durchzuführen. Sie gibt Auskunft darüber, welcher Finanzbeamte und welches Finanzamt für das jeweilige Unternehmen zuständig ist. Damit können Missbräuche und Steuerhinterziehungen leichter aufgedeckt werden.
Welche Kritik gibt es an der Neuregelung?
Kritikpunkte sind unter anderem:
- Es wird befürchtet, dass die Steuernummer in falsche Hände geraten und das Steuergeheimnis verletzt werden kann, insbesondere wenn die betriebliche und private Steuernummer identisch sind.
- Es wird bemängelt, dass die Maßnahmen nicht zielgenau wirken und zu einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen führen.
- Es wird kritisiert, dass der Schwerpunkt auf der Gesetzgebung liegt und nicht auf einer wirksameren Kontrolle durch die Finanzverwaltung.
Welche Lösungen werden vorgeschlagen, um die Bedenken hinsichtlich des Steuergeheimnisses zu minimieren?
Es wird vorgeschlagen, ein Kennwort mit der Finanzverwaltung und den steuerlichen Beratern zu vereinbaren, sodass Informationen nur dann preisgegeben werden, wenn sich Anrufer mit diesem Kennwort legitimieren können.
Welche Empfehlungen gibt die IHK Osnabrück-Emsland?
Die IHK Osnabrück-Emsland empfiehlt, in den Abrechnungsdokumenten generell die finanzamtsbezogene Steuernummer und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) anzugeben.
- Citar trabajo
- Balint Tolnay-Knefely (Autor), 2003, Die Sinnhaftigkeit der Veröffentlichung der Steuer-Nr. auf den Rechnungen eines leistenden Unternehmers ab 1. Juli 2002 gem. §14 UStG, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107793