Boden- und Agrarreformen in Vietnam


Trabajo Escrito, 2003

19 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entwicklung bis 1945
2.1 Errichtung der französischen Herrschaft bis 1859
2.2 Kolonialzeit ab 1859

3. Agrarreformen bis 1975
3.1 Nordvietnam
3.1.1 Landreform ab Dezember 1953
3.1.2 Erste Phase 1955-57: lockere Form der Kooperation durch Arbeitsteams
3.1.3 Zweite Phase 1958-60: Die Etablierung von Low-Level Kooperativen7
3.1.4 Dritte Phase 1961 bis in die späten 70er7
3.2 Südvietnam
3.2.1 Proklamierung der „unabhängigen“ südvietnamesischen Republik Cochinchina 1946
3.2.2 Landreformen 1956 - 1974
3.2.3 Technologietransfer

4. Entwicklung seit der Wiedervereinigung 1975
4.1 Eingliederung Südvietnams
4.1.1 Kollektivierung in Südvietnam
4.1.2 Die Krise Ende der 70‘er
4.2 Erste Reformansätze
4.2.1 Legalisierung des Haushaltskontraktsystems 1981
4.2.2 Änderungen im Landmanagement
4.2.3 Reform der Landwirtschaftssteuer 1984
4.2.4 Korrektur der Landpachten im Süden Vietnams 1985
4.3 Umfassende Restrukturierung der Landwirtschaft (Doi Moi)
4.3.1 Resolution 10
4.3.2 Management- und Produktionsneuorganisation
4.3.3 Landreform
4.3.4 Vermarktungsprogramme
4.3.5 Organisation des Technologietransfer
4.3.6 Kreditprogramme
4.3.7 Resolution 05-NQ/HNTW

5. Fazit
5.1 Spürbare Erfolge der Reformen
5.2 Probleme
5.3 Schlussbewertung

Literatur

1. Einleitung

Die sozialistische Volksrepublik Vietnam ist ein Staat in Südostasien mit einer Fläche von 331.114 km2, der im Norden an China, im Westen an Laos und Kam­bodscha und im Süden und Osten an das südchinesische Meer grenzt. Obwohl das Grundgesetz Wirtschaftsliberalisierung fixiert, hat die Kommunistische Partei Viet­nams (KPV) das Machtmonopol inne. Staatsoberhaupt, Oberbefehls­haber der Streit­kräfte und Vorsitzender des nationalen Verteidigungs- und Sicher­heits­rates ist der Präsident[1].

80% der Gesamtbevölkerung von über 80 Mio. leben auf dem Land. Während die Gebirgsländer nahezu unbewohnt sind, beträgt die Bevölkerungsdichte in den äußerst fruchtbaren Regionen des Roten-Fluss- und Mekong- Deltas über 1000 Einwohner pro km2. Wichtigste Ballungszentren sind die Hauptstadt Hanoi und Hoh Tschi Minh Stadt (Saigon). Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,5% (in Deutsch­land vergleichsweise bei 0%)1.

Die Landwirtschaft hat eine zentrale Bedeutung für Vietnam. 70% der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt und über 25% des Brutto­sozialprodukts werden in der Landwirtschaft erwirtschaftet[2]. Durch den Anteil an subtropischem und tropischem Klima ist eine große Breite von Anbaukulturen ver­treten. Die Hauptanbau­kultur ist Reis (80% der landwirtschaftlichen Nutzfläche), für den Export werden Tee, Ananas, Tabak, Zuckerrohr, Kaffee, Kautschuk und Baumwolle angebaut1.

In den letzten Jahrzehnten war die Geschichte Vietnams durch eine große Zahl von Umwälzungen geprägt. Nach der Überwindung der Kolonialzeit 1945 kam es zur Teilung des Landes, die später im Vietnamkrieg gipfelte. Im Norden wurde eine Umstrukturierung der Landwirtschaft nach sozialistischen Grundsätzen vorgenommen, im Süden ein marktwirtschaftliches System etabliert. Die Zusammen­führung dieser Systeme unter nordvietnamesischer Regie war mit weiteren Pro­blemen verbunden. Diese Arbeit stellt die verschiedenen Boden- und Be­wirt­schaftungs­­­reformen in diesem Zusammenhang dar und widmet sich eingehend den Umwälzungen der letzten Jahre und der wirtschaftlichen Liberalisierung.

2. Entwicklung bis 1945

2.1 Errichtung der französischen Herrschaft bis 1859

Ende des 18. Jahrhunderts rückte Vietnam in das Interesse der französischen Kolonialpolitik. Nachdem der französische Missionar „Pierre Pigneau de Behaine“ „Nguyen Anh“ bei der Wiedervereinigung Vietnams 1802 unterstützt hatte, erhoffte sich Frankreich größeren Einfluss im wiedervereinigten Vietnam. Diese Hoffnungen wurden allerdings enttäuscht, da die Nguyen-Dynastie ein großes Misstrauen dem französischen Einfluss gegenüber hatte[3]. Das ging so weit, dass es in den 40’er Jahren des 19. Jahrhunderts zur Schließung des Landes und zu Christen­ver­folgungen kam. Diesen Umstand nutzte die französische Regierung unter Napoleon III 1858 zur militärischen Intervention. 1862 wurde Vietnam wieder geteilt und das fruchtbare Mekong Delta wurde französische Kolonie. Die Provinzen Annam und das fruchtbare Tonking wurden französisches Protektorat und 1887 in die Indo­chinesische Union der Franzosen integriert3.

2.2 Kolonialzeit ab 1859

Mit der Übernahme des Landes durch die Franzosen und die Einbindung in den internationalen Handel wurden in Vietnam völlig neue Strukturen geschaffen. Es entstand kolonialer Großgrundbesitz und die Plantagenwirtschaft wurde im großen Stil aufgenommen.

Auf dem Land hatten Bauern mit hohen Steuern und Pachtzahlungen an die kollaborierenden Landbesitzer zu kämpfen. Auf den Kautschukplantagen litten die Arbeiter bei nur geringer Bezahlung unter katastrophalen Bedingungen[4].

Die Ausbeutung des Landes fand während des zweiten Weltkrieges ihren Höhe­punkt. Als Folge der Niederlage Frankreichs entmachtete Japan ab 1940 die fran­zösischen Kolonialbehörden. Die Japaner stellten die Produktion des Landes in den Dienst ihrer Kriegsmaschinerie. Die Lebensmittelproduktion wurde zugunsten industrieller Produktion stark zurückgefahren. Die folgenden Hungersnöte schürten weiter das revolutionäre Klima.

Im August 1945 kam es zur Revolution durch die Viet-Minh, einer Un­ab­hängig­keits­bewegung, die 1941 unter anderem von Ho Tschi Minh gegründet wurde. Die Vertreibung der Japaner gelang, und die Vieth-Minh übernahmen die Macht in Hanoi und dem nördlichen Teil Vietnams. Nach einigen Jahren im Indochinakrieg gegen Frankreich und den südlichen Teil Vietnams gelang es den Nord­vietnamesen mit dem Genfer Friedensabkommen 1954 ihre Republik zu kon­solidieren und sie nach dem Prinzip der sozialistischen Planwirtschaft zu formen[5].

3. Agrarreformen bis 1975

3.1 Nordvietnam

3.1.1 Landreform ab Dezember 1953

Am 19. Dez. 1953, noch während des ersten Indochinakrieges, erließ die Dang Lao-Dong (Kommunistische Partei) ein Land­reformgesetz. Damit wollte sie erstens durch eine Landverteilung ihre Herrschaft auf dem Land sichern und zweitens überschüssige Arbeitskräfte aus dem Agrarbereich in den sich ent­wickelnden Industriellen Sektor umleiten. Es wurden massiv Landenteignungen durchgeführt und Tausende vermeintlich reiche Bauern vor Land­reform-Tribunale gestellt und teilweise sogar hingerichtet. 810.000 ha wurden an 2,1 Mio. Bauern umverteilt (durchschnittlich 0,4 ha)[6].

Durch das willkürliche Handeln örtlicher Stellen und die steigende soziale Un­sicher­heit brachen 1956 Unruhen aus. Diese zwangen die KP (Kommunistische Partei) einen anderen politischen Kurs einzuschlagen. Ho Tschi Minh, der wieder die Parteiführung übernahm, führte einige Korrekturen durch und die Landreform wurde abgebrochen[6].

Nach der gescheiterten Landreform einigte man sich in der KP auf eine Strategie zur Kollektivierung der Landwirtschaft in drei Phasen, um die Ziele der Sicherstellung der Volksernährung und der Freistellung von Arbeitskräften für die industrielle Produktion zu erreichen.

3.1.2 Erste Phase 1955-57: lockere Form der Kooperation durch Arbeits­teams

In der ersten Phase der Kollektivierung legten[7] Gruppen von Bauern ihre Ressourcen zusammen, gewöhnlich Arbeit und mobile Produktionsmittel. Die Produktion wurde durch die Teilnahme an den saisonalen oder permanenten Arbeitsteams gefördert. Es gab keinen Arbeitslohn, sondern es handelte sich um ein System gegenseitiger Hilfe, vergleichbar mit dem System der Hand- und Spanndienste in Deutschland nach dem II. Weltkrieg. Ein Team konnte ein ganzes Dorf umfassen oder nur einige Familien. Die Arbeit der Teams umfasste Aufgaben wie z. B. Düngen, Pflanzenschutz oder Bewässerung. Die Mitglieder der permanenten Spezial­arbeits­teams wurden nach einem System von Arbeitspunkten für spezielle Aufgaben ent­lohnt. Der Grundsatz der Partei war, die Teilnahme durch Anreize zu fördern, anstatt sie zwangsweise durchzusetzen. 1955 waren bereits 1 Mio. Familien in 153000 Teams organisiert, das ent­­­­­­­­­­sprach 41­% der ländlichen Bevölkerung[8].

In diesen ersten 3 Jahren zeigte sich ein spürbarer Fortschritt in der strapazierten Landwirtschaft Nord Vietnams, zumal mit Er­richtung der ersten Arbeits­teams auch 85 % des durch den vorangegangen Indochinakrieg brach liegenden Landes rekultiviert wurde8.

3.1.3 Zweite Phase 1958-60: Die Etablierung von Low-Level Kooperativen7

Zur Zusammenlegung der Produktionsmittel kam jetzt auch erstmals die Aggregierung von Landflächen. Die Bauern legten ihre Flächen zusammen, um Skaleneffekte zu nutzen. Die KP beschloss die Kollektivierung mit großer Energie voranzutreiben, vor allem als Gegengewicht zu wieder aufkommenden kapitalistischen Strömungen nach der gescheiterten Landreform und als Schlüssel­element der sozialistischen Transformation.

Obwohl es offensichtlich war, dass man sich nicht genug Gedanken um die Konditionen der sich schnell entwickelnden Kooperativen gemacht hatte wurden die Probleme als Lektion gewertet und nicht als Zeichen des Scheiterns der Kollek­ti­vie­rung. Im Gegenteil, diese Low Level Kooperativen genügten noch nicht den Ansprüchen der Regierung an ihre Landwirtschaft8.

3.1.4 Dritte Phase 1961 bis in die späten 70er7

Ab Januar 1961 wurden die Bemühungen, die Kooperativen zu intensivieren und zu vergrößern, verstärkt. Allerdings ergaben sich viele Probleme. 1961 überstieg die Zahl der Haushalte, die aus den Kooperativen austreten wollten, die Zahl derer, die ein­treten wollten. Fehler wie Missmanagement, Korruption und Verschwendung wurden offenbar (von 1959 bis 1961 sank der Pro Kopf Output an Reis um 21% von 334kg auf 261kg)[9]. Des weiteren zeichneten sich viele der offiziell für die Kooperativen Ver­antwortlichen durch sehr mangelhafte Kenntnisse aus (viele hatten nur Grund­schulbildung genossen, bzw. waren sogar Analphabeten). Mit Hilfe der Sowjetunion und China wurde aber weiterhin versucht, die Ko­llek­tivierung voran­zutreiben, jetzt auch unter Anwendung von Druck (z.B. Repressalien gegen aus­scheidende Mit­glieder, die Teilweise ihr eingebrachtes Land nicht zur Be­wirtschaftung zurück erhielten); vor allem aber durch Investitionen, Propaganda, Erziehung und Bildung. Bis 1965 wurde so eine beinahe 90%-ige Beteiligung der nordvietnamesischen Bauern­haus­halte an den Kooperativen erreicht[10].

1966 wurde ein Kontraktsystem eingeführt, um das Management der Kooperativen zu ver­bessern. Zwischen den an den Kooperativen beteiligten Haushalten und dem Kooperativenmanage­ment wurden Verträge über die Lieferung von Produktions­mitteln (Pro­duktions­auslagen (-ausgaben) Kontrakt) , abzuleistende Arbeits­punkte (Arbeitspunkte Kontrakt) und den geforderten Output (Output Kontrakt) geschlossen. Diese stärkere Dezentrali­sierung der Entscheidungen er­mög­lichte ein besser an die lokalen Verhältnisse angepasstes Wirtschaften[11].

Die Kollektivierung in Nord Vietnam wurde durch den Krieg gegen die USA noch gefördert, denn der nationale Geist der Bevölkerung führte zu einer großen Zustimmung zur Kollektivierungsbewegung. Die meisten Menschen stellten ihre privaten ökonomischen Interessen zurück und halfen mit, bei der Durch­führung der Kollektivierung. (Während des Krieges wurde ein egalitäres Profitver­teilungs­schema vorgenommen: min. 13 kg Reis / Monat und Kopf max. 18 kg Reis/ Monat und Kopf)[12].

3.2 Südvietnam

3.2.1 Proklamierung der „unabhängigen“ südvietnamesischen Republik Cochinchina 1946

Die 1946 proklamierte Republik war weiterhin eine Republik von Frankreichs Gnaden. Die Macht wurde von den französischen Kolonialherren ausgeübt und die heimische Bevölkerung blieb weiter von politischer Mitverantwortung aus­ge­schlossen. Die Ziele der Regierung wurden vorwiegend von französischen Kaut­schuk­plantagenbesitzern und Reisexporteuren mit Hilfe der Bank von Indochina bestimmt. Bemerkenswert ist, dass Dr. Van Trinh bereits 4 Monate nach seiner Amts­über­nahme als Präsident dieses pseudo- unabhängigen Südvietnams, vor den Mitgliedern seines Kabinetts erklärte, ihm breche das Herz, in der Erkenntnis, auf welch unseliges Abenteuer er sich eingelassen habe. Dann nach Hause ging und sich erhängte[13].

1955 lies sich Ngo Dinh Diem dann mit 98% bei einer Volksabstimmung zum ersten Prä­sidenten der unabhängigen Republik Vietnam wählen. Die im Genfer Ab­kom­men versprochenen gesamtvietnamesischen (Nord- und Südvietnam) Wahlen lies er nicht stattfinden, stattdessen festigte er die Teilung Vietnams durch Wahlen zur Südvietnamesischen Nationalver­sammlung.

Unterstützt wurde Ngo Dinh Diem von den Amerikanern. Um den Weltkommunismus aufzuhalten, versuchten die Amerikaner sich die Loyalität des Südens zu sichern und die kommunistische Viet-Minh Bewegung einzudämmen, indem sie neben der späteren militärischen Intervention auch Milliarden in die Wirtschaft und die Entwicklung des Landes fließen ließen[14].

3.2.2 Landreformen 1956 - 1974

Eine Serie von Landreformen lies die Probleme von ungleicher Land­verteilung und hohen Bodenpachten in Südvietnam überwinden. Eine Pachtkon­trolle und Landbesitzobergrenze wurde 1956 eingeführt; eine Land­um­verteilung fand ab 1970 statt. Das Programm unter dem Titel „ Land für den Be­wirtschafter“ (Land to the Tiller) ermöglichte die Umverteilung von 1,3 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche an über 1 Mio. Bauern bis 1974 (durchschnittlich 1,3 ha pro Bauer)[15].

Aber auch diese Landreform war mit Problemen behaftet: Ab Mitte 1959 be­gann die Regierung Diem mit massiven Zwangsumsiedlungen der Landbe­völkerung in befestigte Dörfer (Hamlets). Damit wollte man den Einfluss der Viet Minh auf die Bauern unterbinden. Sehr schwer wog für die Bauern der Umstand, dass sie gezwungen wurden, die Gräber ihrer Ahnen zu verlassen und insbesondere die Ab­schaffung der dörflichen Selbstverwaltungen führte zur Unzufriedenheit der Landbevölkerung[16].

3.2.3 Technologietransfer

Die südvietnamesische Landwirtschaft war im Gegensatz zum Norden hoch spezialisiert und mechanisiert. Dieser Mechanisierungsgrad fußte vor allem auf der massiven Unterstützung der USA. Der Einsatz von Düngemitteln war viel intensiver als im Norden und 32% der kultivierten Fläche war mit neuen Hochleistungs-Reissorten besetzt.

Nach der Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens zogen sich die Amerikaner zurück. Die Südvietnamesen führten den Krieg allerdings weiter, konnten sich aber nur noch bis 1975 halten. Am 30. April 1975 übernahmen die Nordvietnamesen und die Viet-Minh die Macht in Saigon[17].

4. Entwicklung seit der Wiedervereinigung 1975

4.1 Eingliederung Südvietnams

4.1.1 Kollektivierung in Südvietnam

Im Bereich der zentralen Küstenregion zeigten sich große Erfolge (83,3%-ige Teilnahme an den Kooperativen bis 1980). Im Hauptanbaugebiet für Reis, dem Mekong Delta, blieb die Kollektivierungsinitiative allerdings erfolglos (nur 1,7% Teil­name an den Kooperativen bis 1980).

Die starken Unterschiede in den verschiedenen Regionen lassen sich sehr gut aus den Unterschieden in den Produktionsbedingungen ableiten. In der bergigen, im Verhältnis zum Mekong-Delta sehr unfruchtbaren zentralen Küstenregion, (dem ehemaligen Annam) sahen sich die Bauern durch die Arbeitsweise in Kooperativen sozial besser abgesichert und das Produktionsrisiko wurde durch diese Form des Wirtschaftens entschärft. Somit musste hier weit weniger Überzeugungsarbeit geleistet werden als in der sehr fruchtbaren Region des Mekong Deltas. Nach Jahren des selbstverantwortlichen Wirtschaftens und dem Eingehen vieler spezifischer Investitionen, war die Bereitschaft der dortigen Bauern sich in Kooperativen zu vereinigen sehr gering. Die Teilnahme an Kooperativen wurde von den Bauern des Mekong Deltas als Nachteil angesehen und abgelehnt.

Hieraus folgte, dass die Südvietnamesen alles in allem nicht in die kollektive Landwirtschaft des Nordens integriert werden konnten[18].

4.1.2 Die Krise Ende der 70‘er

Zu diesen strukturellen Problemen der Kollektivierung in Südvietnam kamen die schlechten Ernten in den späten Siebzigern. Sie führten dazu, dass die Bauern ihre Arbeitskraft nicht mehr in die Kooperative einbrachten, sondern den Hauptanteil ihrer Arbeit auf das kleine Stück Land verwendeten, das ihnen zur privaten Nutzung belassen wurde. Dieses Stück Land wurde so zur Haupteinnahmequelle der Land­wirte.

Der Staat machte zwar weiterhin große In­ves­titionen zur Förderung der Kooperativen in Bewässerungs­anlagen, Ausbildung der Arbeiter, Einführung neuer Tech­no­logien und einen höheren Mechanisierungsgrad. Außerdem wurde versucht zu diversifizieren, und die Monokulturanbaumethoden der Vergangenheit zu überwinden. Trotz allem machte die Landwirtschaft keine nennenswerten Fortschritte mehr.

Es zeigte sich, dass die Stagnation in der Landwirtschaft nicht auf mang­elnden Investitionen oder technischen Innovationen, sondern auf der Art der Produktion als solcher gründete. Die Landwirtschaft war bürokratisch und die Ergebnisse wurden in numerischen Planungszielen gemessen, die nicht zwingend den realen Bedürfnissen der Gesellschaft entsprachen. Des weiteren förderte die Entwicklung der High–Level Kooperativen und spezialisierten Arbeits­gruppen Autokratismus, Ineffizienz, Korruption, Verschwendung und Unzufriedenheit[19].

4.2 Erste Reformansätze

4.2.1 Legalisierung des Haushaltskontraktsystems 1981

Um der Stagnation entgegen zu wirken, wurde Ende der Siebziger unter der Hand ein Haushaltskontraktsystem aufgenommen. Die Haushalte wurden mit Produktionsmitteln versorgt und erhielten Land von ihrer Kooperative. Als Gegenleistung mussten sie eine festgelegte Menge an Agrarprodukten abgegeben; der erwirtschaftete Überschuss stand den Bauern zur freien Verfügung[20].

Bereits 1966 gab es in einigen nordvietnamesischen Provinzen erste erfolg­reiche Experimente mit Haushaltskontrakten. Diese führten zwar zu einer signi­fikanten Produktivitätssteigerung, doch das Zentralkomitee sah darin eine Tendenz in Richtung der „verteufelten“ Marktwirtschaft. Die Haushaltskontrakte wurden verboten, die Verantwortlichen in den Provinzen ihrer Stellungen enthoben.

Diese seit Ende der Siebziger übliche Praxis, wurde 1981 durch die berühmt gewordene Direktive 100 CT/TW legalisiert und gefördert[21].

4.2.2 Änderungen im Landmanagement

Um die Motivation der Bauern zu fördern und die Entscheidungen weiter zu dezentralisieren, wurde den Bauern ein größerer Einfluss auf die Land­be­wirt­schaftung gewährt. So wurde zum Beispiel vom Kooperativen­manage­ment eine Fläche für Reis ausgewiesen, die Sorte konnte der Haushalt aber selber auswählen[22].

4.2.3 Reform der Landwirtschaftssteuer 1984

Die Steuer wurde damals als Landwirtschaftssteuer und nicht als Bodensteuer erhoben, sie wurde kalkuliert nach dem erwarteten Output und lag bei ungefähr 8 – 10 % des jährlichen Output. Die Bauern wurden dadurch gezwungen mehr zu produzieren und die Bildung der privaten Hauswirtschaft wurde behindert.

1984 wurden nun private Hauswirtschaften von der Land­wirt­schafts­steuer befreit: nur eine Schlachtungssteuer und eine Steuer für kultiviertes Land war noch zu zahlen. rekultiviertes Land wurde allerdings für 5 Jahre von dieser Land-Steuer befreit (38 CT/TW)[23].

4.2.4 Korrektur der Landpachten im Süden Vietnams 1985

Diese Korrektur bedeutete, dass der Staat sich zuerst das Land aneignete, um es dann in egalitärer Weise zu verteilen. Allerdings war das zum einen ein Bruch mit der bis­herigen Praxis, die eine größere Landakkumulation der Farmer im Süden zuge­lassen hatte (Vertrauens­bruch) und zum anderen eine „unfaire“ Verteilung, weil oft Funktionäre oder deren Verwandte bevorzugt wurden, auch wenn diese selber keine Landwirtschaft betrieben.

Das führte wieder zu einer Verschlechterung der Produktionskräfte im Süden Vietnams. Die Farmer gaben ihre Haushaltskontrakte zurück und arbeiteten nur noch ein Minimum zum Lebensunterhalt. Dadurch stand die Landwirtschaft 1986 und 1987 wieder vor einer Krise. Diese wurde 1987 noch durch Naturkatastrophen verstärkt, die die Zerbrechlichkeit der vietnamesischen Landwirtschaft nur zu deutlich machten und zu einer Hungersnot im März 1988 führten[24].

4.3 Umfassende Restrukturierung der Landwirtschaft (Doi Moi)

4.3.1 Resolution 10

Die Krise belegte eindeutig, dass es neuer und umfassende Maßnahmen be­durfte, um die Probleme der Landwirtschaft nachhaltig zu überwinden. Die Resolution 10 wurde im April 1988 verabschiedet und ersetzte das ausgediente und in die Krise geratene Kontrakt 100 (100 CT/TW) System.

Die Resolution 10 beinhaltete einen grundlegenden Wandel in der Pro­duktions­­philo­sophie des Landes. Landwirtschaftliche Haushalte wurden jetzt als die unabhängige ökonomische Basiseinheit der Landwirtschaft betrachtet. Die Existenz und die positiven Effekte einer privaten und individuellen Wirtschaft wurden endgültig anerkannt[25].

Mit der reinen Anerkennung gingen auch einige Bewirtschaftungsreformen einher, die im folgenden kurz dargestellt werden:

4.3.2 Management- und Produktionsneuorganisation

Den privaten Unternehmen und Haushalten wurden nun viele Rechte zugestanden, die die ökonomische Rolle der Privatwirtschaft untermauerten, wie z.B. das Einstellen von Arbeitskräften nach Arbeitsbedarf.

Die Preise unterlagen jetzt den freien Kräften des Marktes und der private Verkauf von Produkten über die Grenzen der Kommunen wurde ermöglicht.

Private Haushalte und Kooperativen waren nun gleichberechtigt und mussten sich an den Marktmechanismen orientieren.

Die Kooperativen mussten wirtschaftlicher werden und ihr Personal reduzieren. Managementpersonal, das nicht direkt in der Landwirtschaft arbeitete wurde zu über 50% abgebaut.

Die Kooperativen konzentrierten sich immer mehr auf Gemeinschaftsaufgaben, wie z.B. Bewässerung (mittlerweile ihre zentrale Aufgabe) oder Einkauf von Pro­duktions­mitteln. Kooperativen, die nicht so vorraus­schauend geführt wurden, zerfielen. Insgesamt verloren die Kooperativen ihre führende Rolle in der Landwirtschaft und wurden im besten Fall Serviceorganisationen.

All das war ein großer Schritt in Richtung Liberalisierung und De­zentralisierung. Die Wiedereinsetzung der Bauernhaushalte als autonome wirt­schaftliche Einheiten war die tiefgehenste Entscheidung in dieser wirtschaftlichen Revolution[26].

4.3.3 Landreform

Die Landnutzungsgarantie wurde für 15 Jahre gewährt und die Kontraktnormen wurden für 5 Jahre festgelegt (Planungssicherheit)

Die Landnutzungserlaubnis durfte nun innerhalb dieser Periode an die Kinder übertragen werden, außerdem bestand die Möglichkeit, das Land an dritte zu übertragen, wenn man das Gewerbe wechselt.

Im Norden und Zentralvietnam wurde das Land in drei Arten von Pacht unterteilt[27]:

1. Der Grund-Pachtbesitz (Quy Dat Co Ban) umfasste das Minimum an Land, das zur Erfüllung der Grundbedürfnisse der lokalen Gemeinschaft nötig ist. Die Größe war abhängig von der Produktivität des Standorts. Dieser Pachtbesitz für den der Besitzer Steuern zahlen musste, wurde durch­schnittlich pro Kopf verteilt. Die Steuer sah so aus, dass vertraglich fest­gelegte Produktionsquoten bezahlt werden mussten.
2. Die Pachtreserve (Quy Dat Du Phong) wurde von der örtlichen Verwaltung zurückgehalten, um eine Reserve für Bevölkerungswachstum oder demobilisierte Soldaten zu haben (gewöhnlich ungefähr 15% des Landes). Es konnte vorübergehend um die Produktion zu steigern von privaten Haushalten als Extra­parzelle gepachtet werden,. Die Produk­tions­quote, die die der Farmer bezahlen musste, ist höher als bei Land der ersten Kategorie.
3. Pachtland für Bieter (Tender) (Quy Dat Dau Thau). Hierunter fiel alles Land, das nach der Verteilung des Landes der ersten zwei Kategorien übrig blieb. Bauern konnten sich um dieses Land bewerben und es wurde zu ähnlichen Konditionen, wie Land der Kategorie 2 verteilt.

Diese neuen Bestimmungen waren sehr variabel und differierten von Ort zu Ort in ihrer genauen Ausformulierung. (Verteilung nach Familienmitgliedern oder nach Arbeitspunkten oder an den, der es ursprünglich in die Kooperative einbrachte ... etc.). Das führte zu Verteilungskonflikten innerhalb der Kooperative und zwischen den einzelnen Familien, aber auch zu Grenzkonflikten zwischen den Kommunen, da eine wirklich eindeutige Landzuordnung kaum möglich war. Diese Konflikte wurden durch Kurzzeitlösungen und Kompromisse beigelegt, allerdings steht eine endgültige Lösung dieser Probleme noch aus und es ist Aufgabe des Staates die rechtlichen Bedingungen für eine Lösung zu schaffen, vor allem um Rechtssicherheit für die Bauern zu gewährleisten[28].

Ein weiteres mit dem Landtransfer einhergehendes Problem ist die zukünftige Rolle der Kooperativen. Sie sind nun nicht mehr in der Lage, im selben Umfang wie früher soziale Dienste anzubieten. Kooperativen spielen jetzt im Wesentlichen nur noch die Rolle von Steuereintreibern und Repräsentanten des Staates. Das Streben der Verantwortlichen der Kooperativen nach Machterhalt ist ein Grund dafür, dass der Landtransfer sehr langsam vonstatten ging. Bis 1992 folgten nur 7,3% der Kooperativen strikt dem Landverteilungsgrundsatz.

4.3.4 Vermarktungsprogramme

Zu Zeiten der zentralen Planwirtschaft hatte der Staat den Warenverkehr monopolisiert. Nach Implementierung von Direktive 100 mussten die Bauern einen zunehmenden Teil ihrer Produktion zu festgelegten Preisen an den staatlichen Markt verkaufen. Das führte zu künstlicher Lebens­mittel­knappheit, da der Anreiz zum Schwarzhandel sehr groß war. Nach Beschluss der Resolution 10 war es den wirtschaftenden Individuen erlaubt, auf dem profitabelsten Markt zu verkaufen[29].

Auch die Betriebsmittel, wie z. B. Düngemittel, Insektizide, aber auch Diesel und Schmieröl wurden im Markt freigegeben.

Trotzdem setzte der Staat nach wie vor bei wichtigen Diensten Maximal­preise, z.B. bei Elektrizität oder Bewässerungsanlagen.

Probleme bestehen für die Bauern immer noch im Informationsmangel. Da kein Marktinformationssystem existiert, kann es zu Überschüssen kommen. Durch die starke Abhängigkeit der Bauern von den Händlern können diese oft niedrige Preise durchsetzen[30].

4.3.5 Organisation des Technologietransfer

Vor Resolution 10 wurde die technische Anleitung für alle Arten von Pro­duktions­einheiten von Wissenschaftlern und Technikern geleistet, die von der Regierung eingesetzt und gemanagt wurden.

Nun konnten die Bauern ihre eigenen Produktionspläne aufstellen. Das hatte den positiven Effekt, dass sie nicht mehr vom zentral gesteuerten Management abhängig waren, allerdings ist die Anleitung durch Spezialisten wichtig, um Zugriff auf technologische Neuerungen zur Produktionssteigerung zu bekommen.

Eine Reihe von staatlichen landwirtschaftlichen Forschungs­ein­richtungen schlossen Verträge mit den privaten Haus­halten; eine rein ökonomische Beziehung, mit der Priorität, die Produktivität der Farmer zu optimieren.

Viele dieser Beratungsdienste werden von internationalen Hilfsorganisationen und NRO’s (Nicht­-Regierungsorganisationen) finanziert.

Im März 1993 wurde von Staatlicher Seite ein landwirtschaftliches Beratungs­system ein­geführt, um die Information der Bauern nachhaltig zu gewährleisten. Es werden keine festen Vorgaben gemacht, sondern es ist den Bauern selbst überlassen, in wie weit sie die Beratung annehmen[31].

4.3.6 Kreditprogramme

Bisher wurde Geld von der Landwirtschaftlichen-Kredit-Behörde (später Viet­namesische Bank für Landwirtschaft) nach dem zentralen Wirt­schafts­plan vergeben. Es floss hauptsächlich an Staatsgesellschaften und Ko­operativen. 1981-87 gingen trotz Einführung der Direktive 100 96,6% des gesamten Kreditvolumens an kollektive Wirtschaftseinheiten, die Kooperativen bekamen alleine 76,5% der Kredite. Private Unter­nehmen und Haushalte hatten gerade einmal Zugriff auf 2,3% des Kreditvolumens.

Die Dezentralisierung der Wirtschaft und die Kappung der Subvention von Produktionsmitteln erhöhte den Bedarf der privaten Haushalte an Krediten.

In den späten 80ern und frühen 90ern waren die Kunden der VBA (Vietnamesische Bank für Landwirtschaft ) weiterhin hauptsächlich Staatsbetriebe und Kooperativen. Die landwirtschaftlichen Haushalte hatten noch nicht das Vertrauen der Bank gewonnen und mussten sich bei Kapitalbedarf an private Geldverleiher wenden. Bei ihnen waren Zinsforderungen von 15-20 % im Monat üblich.

Für die Winterfrucht 1990-91 begann die VBA versuchsweise Geld auch an private Haushalte zu verleihen. Ein Experiment, das durch hohe Rückzahlquoten von Erfolg gekrönt war.

Die von der Bank geforderten Sicherheiten waren allerdings schwer auf­zubringen, denn bis 1994 (als es per Gesetz festgelegt wurde) akzeptierte die VBA das Haus und das Land eines privaten Haushalts nicht als Sicherheit für ihre Kredite. Arme Haushalte waren also weiterhin gezwungen, sich Geld, wenn überhaut möglich privat zu leihen oder wurden sogar von jeglicher Fremdfinanzierung ausge­schlossen.

Die VBA ist zwar die führende Kapitalquelle der Landwirtschaft in Vietnam, aber mittlerweile gibt es noch weitere Institutionen, die Kredite vergeben[32]:

1. inländische Privatbanken
2. ländliche Genossenschaftsbanken
3. Treuhandfonds diverser Ministerien zur Unterstützung des ländlichen Raumes
4. Freiwillige und soziale Kreditorganisationen
5. Private Unternehmen, die Kredite für einen Anteil an der land­wirt­schaft­lichen Produktion gewähren
6. Gelder der Entwicklungszusammenarbeit
7. ausländische NRO’s

Die steigende Zahl an Kreditquellen reduzierte das Interesse an Krediten bei privaten Geldverleihern und die Zinsen der Verleiher fielen auf unter 10% pro Monat (Stand 1997).

1993 verabschiedete die Regierung eine Reform, die es den armen Bauern ohne Sicherheiten ermöglichte, Geld auf Basis von Empfehlungen ihrer Kommune oder anderer öffentlicher Organisationen zu leihen.

Ein großes Problem ist, dass die VBA nur ca. 20% des privaten Kapitalbedarf deckt (Stand 1997), und die Wartezeit für einen Kredit mehrere Monate beträgt, was für den zeitspezifischen Kapitalbedarf im Pflanzenbau sehr problematisch ist[33].

4.3.7 Resolution 05-NQ/HNTW

Am 10.6.1993 wurde die Resolution 05-NQ/HNTW als Weiterführung der bisherigen Reformen beschlossen. Sie enthielt folgende Erklärungen[34]:

- Den Bauern müssen langfristige Nutzungs- und Transferrechte für den Boden eingeräumt werden.
- Die Landwirtschaftssteuer soll durch eine Landnutzungssteuer ersetzt werden, die wieder als Investitionen in die Landwirtschaft zurückfließen soll. Für bestimmte Kreise von Landwirten muss sie erlassen oder zumindest reduziert werden ( Bewirtschaftung bergiger Regionen, Kriegsversehrte).
- Programme für Investitionen und Kredite sollen abgeändert und den neuen Umständen angepasst werden. Formalitäten für Kredite müssen vereinfacht und praktikabler für den Bewerber werden.

Die daraus resultierende Novelle des Bodengesetzes 1993 umfasste35:

- Der Boden bleibt Staatseigentum, aber der Staat übergibt den Boden an Organisationen, Bauernfamilien und Einzelbürgern zur Nutzung. Das Nutzungs­­recht wird vom Staat bestätigt. Auch Ausländer dürfen Boden pachten.
- Der Staat gewährleistet, dass alle Landwirte Boden zur Bewirtschaftung er­halten.
- Der Bodennutzer hat das Recht, ihm übertragene Bodenflächen zu vererben, zu verpachten, zu tauschen sowie das ihm übertragene Nutzungsrecht als Sicherheit für Darlehen einzusetzen.
- Der Bodenpreis wird in Abhängigkeit von Qualität und Art der Nutzung staatlich festgelegt,. Dieser Preis dient als Grundlage für die Besteuerung, sowie als Grundlage für die Entschädigung durch den Staat bei Abnahme der Verfü­gungs­rechte oder als Maß beim Bodentausch zwischen zwei Nutzern.
Die Nutzungsrechte werden langfristig übertragen[35]:
- für Ackerland auf 20 Jahre
- für Dauerkulturflächen auf 50 Jahre

Nach Ablauf der Frist wird die Nutzungsdazer bei fortlaufender Bewirt­schaftung verlängert, bei Enteignung der Nutzungsrechte wird der Boden­nutzer entschädigt.

Die Durchsetzung der Resolution 05-NQ/HNTW bringt allerdings viele Probleme mit sich. Für eine effektive, konfliktfreie Verteilung des Landes ist die pas­sende Infrastruktur notwendig, bestehend aus[36]:

- Korrekten Übersichtskarten
- Landregistern (Kataster)
- Kommunalen Bodenmanagement Stellen

Diese Vorraussetzungen sind aber noch nicht erfüllt (Stand 1997). Die bereits ange­sprochene, konflikt­beladene Landumverteilung findet also immer noch provisorisch statt und die Lösungen bleiben Kompromisse.

Ein weiteres Problem ist in den Strukturen der Kooperativen an sich zu sehen. Durch die Landverteilung verlieren sie ihre Mitglieder, und somit auch deren Einkommen. Bei den Verant­wortlichen ist ein großes Interesse vor­handen, den Wandel herauszuzögern und ihren Status zu erhalten[37].

5. Fazit

5.1 Spürbare Erfolge der Reformen

Die Reformen führten zu einer spürbaren Verbesserung des Lebensstandards der Mehrheit der Landbevölkerung. Der Ernährungsstandard ist in den letzten Jahren gestiegen (siehe Figure 5.3 in den Jahren 1991 bis 1993), außerdem ist es mit Beginn der Liberalisierung zu einem Sprunghafter Anstieg des landwirtschaftlichen Outputs gekommen (siehe Figure 5.1 im Jahr 1991 – 1993). Noch im April 1989 kam eine Kommission von FAO und Weltbank zu dem Schluss, dass die Ernährung Vietnams nur durch Importe gedeckt werden könnte. Doch schon kurz nach der Liberalisierung (1990) wurde in der Landwirtschaft ein Überschuss produziert und nun gehört Vietnam zu den Reisexportländern.[38]

5.2 Probleme

Die Reformen sind nach wie vor mit Problemen behaftet. Die vielen Ver­teilungs­­kon­flikte, die bislang nur unzureichend gelöst wurden, bedürfen dringend einer Reform.

Den Bauern wird der Boden nun zwar auf längere Zeit zugesichert, er befindet sich jedoch immer noch im Staatsbesitz, was ein freies Handeln mit dem Boden in letzter Konsequenz unterbindet[39]. Die Banken akzeptieren zwar mittlerweile die Ver­fügungs­rechte und die Hofgebäude als Sicherheit, aber eine nachhaltige Sicherheit wäre erst gegeben, wenn der Boden in den Besitz der Landwirte übergeht. Dieser Übergang setzt ein Kataster und eine Landverwaltung voraus; diese stecken jedoch noch in den Kinderschuhen. Das Kreditsystem an sich bedarf ebenso einer weiteren Reformierung, da es immer noch nicht den Ansprüchen der Produzenten zu genügt[40].

Ein weiterer ungeklärter Punkt ist die Zukunft der Alten- und Invaliden­ver­sorgung. Die früher von den Kooperativen getragene Hilfe fällt nun nach und nach weg, weil sie nicht mehr geleistet werden kann. Zu klären wäre, inwieweit der Staat diese Lücke füllt, um die Versorgung auch außerhalb der Großfamilie zu gewähr­leisten.

Zum Schluss ist noch der Prozess der Demokratisierung zu nennen. Auch wenn der vietnamesischen Bevölkerung mittlerweile viele Freiheiten eingeräumt wurden, ist die Regierungsform Vietnams stark autoritär geprägt. In der jetzigen komplexen Situation des Umbruchs, müsste sich aber auch eine Bewegung von unten etablieren. Eine Bewegung der Bauern, die von den Reformen profitieren und diese auch gegen den Wiederstand der Etablierten Kräfte durchsetzen. Allerdings wird es eine solche Bewegung „von unten“ ohne eine Demokratisierung im Land schwer haben[41].

5.3 Schlussbewertung

Der Prozess des „ Doi Moi“ ist alles andere als einfach, und die Reform ist noch weit von ihrem Abschluss entfernt. Gesamtwirtschaftlich gesehen, ist der Reformprozess ein Erfolg, aber im Wesentlichen spielt sich derzeit ein Konflikt zwischen denen, die den Fortschritt vorantreiben wollen und denen, die noch von den alten Strukturen profitieren, ab[42]. Eine Ausdehnung der Liberalisierung auf die Gesellschaft wäre der nächste und effektivste Schritt, um alte Strukturen zu überwinden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass Vietnam ein Land zwischen Tradition, Sozialismus und Moderne ist, das einen großen Schritt in die richtige Richtung unternommen hat, allerdings noch ein gutes Stück Weg vor sich hat.

Literatur

Bücher:

Meyers großes Taschenlexikon (2001) Band 24, 8.Auflage

Fischer Weltgeschichte (1981): Das Zwanzigste Jahrhundert III – Weltprobleme zwischen den Machtblöcken, 1. Auflage, München

Tran, Thi Que (1998): Vietnams agriculture: the challenges and achievements

Irvin, George W. (1995): Viet nam: will market transition increase poverty?

Duy, Le Anh (1995): Agrarpolitische und Betriebswirtschaftliche Aspekte beim Übergang zur marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung im Bereich der Landwirtschaft Vietnams, 1Auflage, Halle

Kirsch, Ottfried C. (1997): Vietnam: Agricultural Cooperatives in Transitional Economies, Heidelberg

Worldbank (2000): The Quality of Growth

Websites:

http://www.baumer.net/works/HistVietn/geschichte_vietnams.htm

(Letzter Besuch am 27.02.03)

http://www.sealinks.de/laender/vietnam/vietnam.htm

(Letzter Besuch am 27.02.03)

http://www.weltalmanach.de/staat/staat_detail.php?staat=Vietnam

(Letzter Besuch am 27.02.03)

http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/vm.html

(Letzter Besuch am 27.02.03)

[...]


[1] vgl. Meyers großes Taschenlexikon S.113

[2] Le Anh Duy S. 44

[3] vgl. Meyers großes Taschenlexikon S.113

[4] vgl. Fischer Weltgeschichte S. 216

[5] vgl. Fischer Weltgeschichte S. 214, S. 218, S. 219

[6] vgl. Tran, Thi Que S.26 + Fischer Weltgeschichte S. 222, S. 223

[7] vgl. Tran, Thi Que S.12

[8] vgl. Tran, Thi Que S.13

[9] vgl. Tran, Thi Que S.17

[10] Kirsch, Ottfried C. S. 4

[11] vgl. Tran, Thi Que S.20

[12] vgl. Tran, Thi Que S.21

[13] vgl. Fischers Weltlexikon S. 216

[14] vgl. Fischers Weltlexikon S. 222

[15] vgl. Tran, Thi Que S. 26

[16] vgl. Fischers Weltlexikon S. 225

[17] vgl. Fischers Weltlexikon S. 244

[18] vgl. Tran, Thi Que S. 24

[19] vgl. Tran, Thi Que S. 29

[20] vgl. Kirsch, Ottfried C. S. 6

[21] vgl. Tran, Thi Que S. 34

[22] vgl. Tran, Thi Que S. 37

[23] vgl. Tran, Thi Que S. 39 und Duy, Le Anh S. 63-64

[24] vgl. Tran, Thi Que S. 43

[25] vgl. Tran, Thi Que S. 46

[26] vgl. Tran, Thi Que S. 49

[27] vgl. Tran, Thi Que S. 53

[28] vgl. Tran, Thi Que S. 55

[29] vgl. Kirsch, Ottfried C. S. 6

[30] vgl. Tran, Thi Que S. 60

[31] vgl. Tran, Thi Que S. 69

[32] vgl. Tran, Thi Que S. 66

[33] vgl. Tran, Thi Que S. 64

[34] vgl. Tran, Thi Que S. 73

[35] vgl. Duy, Le Anh S. 61

[36] vgl. Tran, Thi Que S. 75

[37] vgl. Kirsch, Ottfried C. S. 9

[38] vgl. Tran, Thi Que S. 82

[39] vgl. Duy, Le Anh S. 61, S. 89, S. 90

[40] vgl. Tran, Thi Que S. 68

[41] vgl. The Quality of Growth S. 162, S. 163

[42] vgl. Tran, Thi Que S. 79

Final del extracto de 19 páginas

Detalles

Título
Boden- und Agrarreformen in Vietnam
Universidad
University of Bonn
Calificación
1,3
Autor
Año
2003
Páginas
19
No. de catálogo
V107819
ISBN (Ebook)
9783640060429
Tamaño de fichero
529 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Boden-, Agrarreformen, Vietnam
Citar trabajo
Marcus Koll (Autor), 2003, Boden- und Agrarreformen in Vietnam, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107819

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