Eine Hausarbeit zur Beleuchtung der Gottesbeweise in den *Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous* von George Berkeley, unter Berücksichtung der Argumente Vernunft und Vorstellung


Trabajo de Seminario, 2002

18 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Gliederung:

1. Einleitung

2. historische Einordnung
2.1 Biographie Berkeleys
2.2 Berkeley und seine Zeit
2.3 Geschichtlicher Hintergrund in England und Irland

3. Formen des Gottesbeweises
3.1 Der kosmologische Gottesbeweis
3.2 Der teleologische Gottesbeweis
3.3. Der ontologische Gottesbeweis

4. Berkeleys Gottesbeweise
4.1. erster Gottesbeweis
4.2. zweiter Gottesbeweis
4.3 dritter Gottesbeweis
4.4 vierter Gottesbeweis

5 Vergleichende Darstellung des Materialismus vs. Idealismus
5.1 das Argument der Vernunft
5.2.das Argument der Vorstellung

6. Fazit

1. Einleitung:

Im Folgendem möchte ich die Gottesbeweise des George Berkeley in seinen Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous näher beleuchten. Dazu erscheint es mir notwendig, erst einmal einen biographischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund des Autors zu formulieren. Dies dient vor allem dem besseren Verständnis der Argumentationstruktur in Zusammenhang mit dessen zeitlichen Auftreten. Weiterhin werde ich eine Einteilung anderer Gottesbeweise (nach Kant) darstellen, um mögliche Zusammenhänge und Interferenzen untereinander besser begreiflich zu machen. Unter dem Aspekt der Kantschen Einteilung werde ich anschließend Berkeleys Argumente zur notwendigen Existenz eines Gottes, mit Hilfe einer vergleichenden und analysierenden Darstellung, beleuchten, deren zwingende Bestimmtheit hinterfragen, mögliche Kritikpunkte aufzeigen und eigene Gedanken mit hineinfließen lassen. Weiter werde ich versuchen, die Argumentation und Stringenz in Berkeleys Werk anhand des Begriffes „Vernunft“ und „Vorstellung“ zu analysieren, um abschließend darzustellen, wie sich die Wertigkeit dieser Argumente aus materialistischer -und immaterialistischer Sichtweise darstellt.

2. Historische Einordnung

2.1.Biorgraphie

- George Berkeley wird am 12.März 1685 in der irischen Grafschaft Kilkenny geboren
- Studium am Trinity College in Dublin
- 1704 Abschluss als B.A., und 1707 des M.A.
- 1707 Lehrer am Trinity College
- 1709 Veröffentlichung von: „Essays toward a new theory of vision“
- 1710 erscheint „Treatise concerning the principles of human knowledge ( Über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis)
- 1713 erscheint die popularisierte Fassung unter dem Titel: „Three dialogeues between Hylas and Philonous“ ( Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous)
- 1713-1714 Reise nach London, von dort weiter nach Paris und Italien
- Nochmalige Europareise 1716-1720
- Während dieser Reise setzt er die Arbeit am zweiten Teil der Prinzipien fort, welcher aber verloren ging und nicht weiter fortgesetzt wurde
- 1721 Veröffentlichung von „De motu“
- 1721 anonyme Veröffentlichung von „Essay toward preventing the ruin of Great Britain“
- 1728 Auswanderung Berkeleys nach Amerika mit der Hoffnung auf Errichtung einer Mission auf den Bermuda-Inseln
- 1732 Scheitern dieses Vorhabens
- Veröffentlichung von „Alciphron or the Minute Philosopher“ als Ergebnis seiner Amerika Studien
- Mitwirken am Aufbau der Yale University und der Columbia University
- Erscheinen von „Theory of vision, or visual language vindicated and explained“, und „The analyst“
- 1734 bis in den Ruhestand übernimmt er das Amt des Bischofs von Cloyne
- 1735 Erscheinen von „the querist“
- 1744 „Siris, a chain of philosophical reflections, and inquires concerning the virtues of tar-water“
- 14.Januar 1753 Tod Berkeleys[1]

2.2. Berkeley und seine Zeit

Um Berkeleys Argumente in seinen Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous besser zu verstehen, möchte ich einen kleinen Überblick darüber geben, in welcher Zeit er gelebt hat und welche Strömungen ihn in seiner Denkweise beeinflusst haben könnten.

In der Zeit von 1500-1700 wurden unheimliche Anstrengungen unternommen, die Welt nach christlichen Maßstäben zu gestalten. Dies beruhte auf eine Christianisierung der Gesellschaft im Mittelalter, in der die Vereinigung zum „corpus christianum“ im Abendmahl wichtiger geworden ist, als die Sippen- und Blutsbande. Es verbanden sich Bürger und Dörfer mit Ihren Gemeindevorstand zu Genossenschaften, die sich zugleich Gottes Geboten als oberste Instanz unterwarfen. Die Ehe wurde als ein Sakrament geheiligt und u.a. stärkte so die christliche Lehre schon früh die gesellschaftliche Ordnung.

Die nachreformatorischen Kirchen strebten nach der Verwirklichung des göttlichen Willens in der Gemeinschaft, über christliche Disziplin und Nächstenliebe.

Diese Christianisierung erfolgte zum einem nach Innen, mit dem Ziel der gesellschaftlichen Moralakzeptanz durch die zehn Gebote. Nach Außen richtete sich ein Bemühen der Missionierung der „Heiden“ und anderer Konfessionen, welches in den Konfessionskriegen einen ihrer Höhepunkte fand.

Dabei nahmen sich alle christlichen Glaubensformen (katholische, lutherische und reformierte) das Recht, ihr wahres Christentum selbst zu definieren. Hierbei bildete sich eine Unbedingtheit der einzelnen Konfessionen heraus, die mit ihrem Anspruch auf die einzige Wahrheit alle Abweichler (auch aus den eigenen Reihen) und alle anderen Glaubensgemeinschaften als Häretiker, als Söhne und Töchter des Teufels separierten.[2]

Die Missionierung war hingegen meist Aufgabe der katholischen Kirche. Vor 1800 unternahmen die Protestanten kaum Anstrengungen, den Heiden die „christliche Botschaft“ zu vermitteln.

Erfolgreich wurde auch nur von großen Kolonialmächten, wie England, Spanien, Portugal und Frankreich missioniert, wobei Spanien und Portugal in Süd- und Mittelamerika mehr Erfolg hatten als die beiden anderen Staaten. Dabei sollte jedoch, spätestens nach dem Papstdekret 1744, auf Inkulturation verzichtet werden. Dies bedeutete keine Verschmelzung der christlichen Lehren mit den „heidnischen“ Kulturen, und damit auch keine christliche Verankerung in Ihnen, sondern eine Erziehung der Gläubigen im europäischem Sinne.[3]

Ab ca. 1720 sah sich die damalige Welt mit einer neuen, gefährlichen Bewegung konfrontiert.

Es entwickelte sich die Epoche der Aufklärung. Hierin wurden die christlichen Vorstellungen weiter entzaubert. Ihr Rationalismus verschob die Prämissen des Handelns von der konfessionellen Dogmatik hin zur menschlichen Vernunft, welche gottähnliche Qualitäten besitzen sollte. Alles der Vernunft widersprechende wurde aus den Religionen abgezogen, sodass zuletzt Gott die erste physikalische Ursache der Welt sein sollte und sich das Christentum nicht mehr als eine weitere Entartung der natürlichen Religionen darstellte.

Dennoch fanden sich viele Gemeinsamkeiten in der Aufklärung und in der christlichen Ethik und deren Menschenbild. Nicht zuletzt Kants kategorischer Imperativ setzte Parallelen zu der christlichen Nächstenliebe. Die Gleichheit vor Gott gipfelte in der amerikanischen- und französischen Revolution und ihrem Streben nach politischer und rechtlicher Gleichheit.

Die Bundestheologie wurde durch John Locke und Jean-Jaques Rousseau zum Gesellschaftsvertrag umformuliert und steht mehr oder minder deutlich hinter den Erklärungen der Menschen- und Bürgerrechte, den Gründungsurkunden der Moderne.[4]

Die Aufklärung ist „der entscheidende Entwicklungsschritt in der Geschichte der Neuzeit: sie ist das wesentliche Moment für die Überwindung von Feudalismus und Absolutismus sowie die Erhebung der Ratio zum obersten Prinzip jeglichen Handelns. Die Aufklärung bildet den Abschluss einer Tradition abendländischen Denkens und kann als Geburtsstunde unserer modernen Welt angesehen werden- mit all ihren Vorzügen und Schattenseiten. Mit ihr und durch sie vollzieht sich die in Humanismus und Renaissance begonnene Emanzipation des Individuums, gewinnt aber auch eine mechanisch-empiristische Realitäts- und Weltauffassung die Oberhand.“[5]

2.3. Geschichtlicher Hintergrund in England und Irland

England:

Die Geschichte Englands ist in dieser Zeit genauso bewegt, wie die vieler anderen europäischen Staaten. Aus religiöser Sicht finden in der Epoche Berkeleys viele Auseinandersetzungen statt, die das spätere religiöse Leben mannigfaltig beeinflussen sollten.

Strenge Anhänger der reformierten Kirche ( Anglikaner ) kritisieren die alten Sitten und Gebräuche in der Kirche, mit dem Ziel diese zu modernisieren. Sie werden später Puritaner ( engl. Reiniger) genannt ( Um 1600 sind 15% der Anglikaner auch Puritaner).

Es entwickeln sich Konflikte zwischen diesen Gruppen, die bis in obere politische Bereiche Einfluss nehmen. Karl I. (regierte 1625-1649 ) rückt enger mit dem bischhöflich-anglikanischen Klerus zusammen, während das englische Parlament mit dem Puritanern sympathisiert. Durch den Krieg mit den Schotten gewinnt das Parlament an Macht und es kommt neben zahlreichen Hinrichtungen zum Bürgerkrieg 1642.

1646 hat die Seite des Parlaments gewonnen, welches sich aber unmittelbar zerstreitet.

England wird zwischenzeitlich Republik, um 1660 wieder als parlamentarische Monarchie zurückzukehren. 1648 findet eine zweite Revolution statt. Alle Abweichler des Staates werden am19.Mai 1962 von Staats- und Kirchenämtern ausgeschlossen. Viele fliehen nach Amerika.

Unter Jakob II. (regiert 1685-1688) wird die Zuwanderung von Jesuiten gefördert. Er ist ein überzeugter Katholik und fördert die Aufnahme von Katholiken in einflussreiche Stellungen wie z.B. an den Universitäten in Oxford oder Cambridge.

1688 wird Jakob II. abgesetzt und sein Schwiegersohn Wilhelm III. von Oranien auf den Thron gehoben. Dieser verspricht den Schutz des Parlaments und der anglikanischen Kirche.

1689 wird allen Konfessionen, außer den Katholiken, Juden und Antrittrinitaner die Religionsfreiheit zugesichert. Später garantiert die „Bill of Rights“ jedermann die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der persönlichen Freiheit.[6]

Irland:

1541 beginnt mit der Erhebung Heinrich VIII. zum König des Landes durch das anglo-irische Parlament, die eigentliche Unterwerfung Irlands unter die britische Herrschaft.

Es wurde stets versucht, Irland zur englischen Kirche zu führen, was aber aufgrund mangelnder protestantischer Missionen oft zur Duldung der katholischen Kirche führte.

1603 wird ein neunjähriger Aufstand von Jakob I. niedergeschlagen und sechs Provinzen des nordirischen Ulsters als Strafe besiedelt. Die katholischen Landbesitzer wurden enteignet.

Zwischen 1641 und 1690 gab es zahlreiche Versuche der Katholiken, sich gegen die Protestanten aufzulehnen. Selbst der abgesetzte katholische König, Jakob II., führte zum Ziele seiner erneuten Thronbesteigung katholische irische und französische Truppen gegen seine protestantischen Gegner in London, die eine Zeit lang diese Region mit Belagerungen in Atem hielten. 1690 konnte dann Wilhelm III. diesen Aufstand niederschlagen. Es wurden 90% des irischen Landes enteignet. Die 1691 zugesicherte Glaubensfreiheit wurde schon 1695 wieder aufgehoben und sollte erst 1791, durch das offizielle Freigeben von katholischen Gottesdiensten wieder nach Irland zurückkommen.[7]

3.Formen des Gottesbeweises

3.1. Der kosmologische Gottesbeweis

Der kosmologische Gottesbeweis stellt eine Sonderform des teleologischen Gottesbeweises dar. Die Existenz Gottes ist in der Existenz der Welt und des Universums begründet. Denn wenn man die Ursachen zurückverfolgt, wird man an den Anfang der Ursachen gelangen, welcher sich nicht weiter, als auf sich selbst zurückgeführt werden kann. Aristoteles bezeichnet ihn als "motor immobilis" (unbewegten Beweger), als "in Wirklichkeit und Notwendigkeit, ewiges und unbewegtes sowie vollkommenste Sein". Thomas von Aquin entwickelt diese Thesen in den "quinque viae" weiter. Er schließt auf eine erste Ursache durch die verschiedenen Merkmale der empirischen Kontingenz: Aus der Bewegtheit, aus der Rangfolge der Wirkungsursachen, aus der Hinfälligkeit, aus den Geraden der Vollkommenheiten und aus der Zielgerichtetheit. Zum Beispiel treten alle positiven Qualitäten, wie Schönheit, Wahrheit, etc. auf der Welt nur in unvollkommener Form auf. Gott ist also gedankenmäßig notwendig, um die reine Form zu erfahren, denn er gilt als Träger aller dieser vollkommen Qualitäten. Durch seine Seinsmitteilung ist er schöpferisch in jedem Sein anwesend.[8] Zwei Gottesbeweise von Thomas von Aquin (1225-1274) fallen unter die kosmologischen Gottesbeweise.

Der erste Gottesbeweis: (Bewegungsbeweis)

1. Es existiert etwas, was sich bewegt
2. Alles, was sich bewegt, wird von etwas anderem bewegt
3. Das kann aber unmöglich so ins Unendliche fortgehen
4. Daher: es existiert ein erstes Bewegtes

Der zweite Gottesbeweis: (Kausalitätsbeweis)

1. Es existiert etwas, was verursacht (bewirkt) ist
2. Alles, was verursacht ist, ist von etwas anderem verursacht
3. Es ist aber unmöglich, bei den Wirkursachen so ins unendliche fortzugehen
4. Daher: es existiert eine erste Ursache

Die erste Ursache ist bei Thomas von Aquin ein vollkommen seiendes, allwissendes, allgütiges und allmächtiges Wesen. „Dies ist der metaphysische, (mono-)theistische Gottesbegriff, der von Philosophen und Theologen damals gleichermaßen akzeptiert wurde.“[9] Ein möglicher Einwand ist bei diesem Bestreben die Frage, ob die Argumentation wirklich einen einzigen, allwissenden, allgütigen und allmächtigen Gott beweist, und was Gott eigentlich verursacht bzw. bewegt.

3.2 Der teleologische Gottesbeweis

Dieser Gottesbeweis geht von der Zweckmäßigkeit der Welt und von der durch Gott geschaffenen Ordnung aus. Daraus schließt man auf einen Schöpfer dieses Systems.
Aristoteles schrieb: "Wenn ein Seemann von weitem ein Schiff in den Hafen einlaufen sieht, vermutet er einen Steuermann auf ihm. So haben die, welche zuerst zum Himmel aufschauen und die Sonne sahen und den wohlgeordneten Reigen der Sterne einen Meister dieser herrlichen Weltordnung gesucht."Fragment, 11[10] Als Beispiel eines teleologischen Gottesbeweises dient uns wieder eine Argumentation von Thomas von Aquin.

1. Es existieren Dinge, die keine Erkenntnis haben (nämlich Naturkörper) und die auf ein Ziel hin tätig sind (streben).
2.Wenn ein Ding, das keine Erkenntnis hat, auf ein Ziel hin tätig ist (strebt), dann wird es von einem Wesen auf das Ziel hin gerichtet.
3.Daher: es existiert ein erkennendes Wesen, das alle Naturdinge auf ein Ziel hin richtet.

Hierbei gibt es mögliche Einwände. Z.B. ist die Harmonie und Funktionalität der Natur auch noch durch weitere Alternativen (Evolution) erklärbar. „Der Schluß von Wirkung auf Ursachen ist ebenfalls sehr umstritten, genauso wie die behauptete Analogie zwischen natürlichen und künstlichen (geplanten) Objekten.“[11]

3.3. Der ontologische Gottesbeweis

Im Gegensatz zum kosmologischen – und teleologischen Gottesbeweis, die von empirischen Prämissen Gebrauch machen, ruht der ontologische Gottesbeweis auf erfahrungsunabhängigen Prämissen (apriorischer Gottesbeweis). In diese Kategorie passt der klassische ontologische Gottesbeweis von Anselm von Canterbury (1033/34-1109).

1. Das, als was [über dem] nichts größeres gedacht werden kann, existiert nicht in Wirklichkeit, sondern nur im Verstand
2. Wenn das, als was nichts größeres gedacht werden kann, nicht in Wirklichkeit, sondern nur im Verstand existiert, dann kann etwas gedacht werden, was größer ist als das, als was nichts größeres gedacht werden kann
3. Wenn etwas gedacht werden kann, was größer ist als das, als was nichts größeres gedacht werden kann, dann ist das, als was nichts Größeres gedacht werden kann, etwas, als was Größeres gedacht werden kann
4. Das, als was nichts Größeres gedacht werden kann, ist etwas, als was Größeres gedacht werden kann
5. Daher: das, als was nichts Größeres gedacht werden kann, existiert in Wirklichkeit und nicht nur im Verstand

„Anselms Beweis ist von der Erfahrung unabhängig, da er vom Begriff Gottes ausgeht: Gott ist das, als was nichts größeres gedacht werden kann. Der Beweis ist vom Typ her ein sog. indirekter Beweis oder Widerspruchsbeweis, der das Gegenteil des zu Beweisenden annimmt:

Prämisse 1. Diese Annahme wird dann auf einen Widerspruch geführt: Prämisse 4. daher kann das zu Beweisende als Konklusion -5- erschlossen werden.“[12]

Als Einwände zu dieser Beweisform wird angemahnt, dass der Beweis einen sog. Zirkelfehler enthält, d.h. dass er das zu Beweisende implizit voraussetzt.

Immanuel Kant (1724-1804) gab hier noch zu bedenken: „Existenz ist kein Prädikat (keine Eigenschaft), denn Existenz fügt der Definition eines Begriffs keine weitere Eigenschaft hinzu, sondern ist Vorbedingung dafür, um überhaupt Eigenschaften zu haben, genauso wie der Begriff von 100 Talern nichts mit der Existenz oder Nichtexistenz der Taler zu tun hat.“[13]

4. Berkeleys Gottesbeweis

4.1. Erster Gottesbeweis

Phil.:„(...) Mir ist es aus den Gründen, mit denen Du einverstanden bist, klar, dass sinnliche Dinge nicht anders als in einem Geist oder Seelenwesen existieren können. Hieraus schließe ich nicht, dass sie kein wirkliches Dasein haben, sondern in Anbetracht, dass sie nicht von meinen Gedanken abhängen und ein von meinen Wahrnehmungen verschiedenes Dasein führen, dass es irgendeinen anderen Geist geben muss, in dem sie existieren. So sicher also die sinnliche Welt wirklich existiert, so sicher gibt es ein unendliches allgegenwärtiges seelisches Wesen, das sie enthält und trägt.“[14]

Mit diesem Satz leitet Berkeley, in der literarischen Figur des Philonous, seine Argumentationsstruktur eines Gottesbeweises ein, die vorher schon mit seiner Darstellung der Wahrnehmung von Gegenständen geebnet worden ist.

Er geht davon aus, dass sinnliche Dinge nicht außerhalb eines Geistes existieren können. Da unser Geist (der menschliche) die äußere Wahrnehmung nicht wirklich beeinflussen kann, kommt er zu dem Schluss, dass es ein unendliches, allgegenwärtiges, seelisches Wesen gibt, in welchem diese Dinge existieren.

Prämisse 1: Sinnliche Dinge existieren nur in einem Geist bzw. in einem Seelenwesen

Prämisse 2: Diese Dinge existieren unabhängig von meinem Geist und besitzen ein von meinen Wahrnehmungen verschiedenes Dasein

Daher: Es muss einen Geist geben, der unendlich und allgegenwärtig ist, indem sie existieren.

Berkeleys Gottesbeweis ergibt sich nach Sicht des Autors daraus, dass er nicht wie viele andere aus dem Glauben an Gott auf dessen ubiquitäres Auftreten schließt, sondern dass er durch das Erkennen von sinnlichen Dingen auf, seiner Meinung nach, die notwendige Existenz Gottes kommen muss.

Phil.: „(...) Gibt es denn außerdem keinen Unterschied zwischen dem Satz: Es gibt einen Gott, deshalb nimmt er alle Dinge wahr, und dem Satz: Sinnliche Dinge existieren wirklich; und wenn sie wirklich existieren, werden sie notwendig von einem unendlichen Geist wahrgenommen; also gibt es einen unendlichen Geist oder Gott? Dies liefert dir einen direkten und unmittelbaren Beweis aus einem höchst einleuchtenden Grundsatz für das Dasein eines Gottes.(...)“[15]

Berkeley hält diesen „geläufigen“ (auch von anderen Philosophen benutzten) Gottesbeweis für einleuchtend und schlagend. Der Autor geht davon aus, dass man mit diesem Argument jeden Atheisten zum Überdenken und Widerrufen seiner Anschauung bringt. Dazu bedient er sich folgender Argumentationsstruktur: sinnliche Welt = wird durch unsere Sinne wahrgenommen; durch die Sinne wird nichts weiter wahrgenommen als Vorstellungen. ➙ keine Vorstellung noch das Urbild einer Vorstellung kann außerhalb eines Geistes existieren.

„Du kannst nun dem eifrigsten Verfechter des Atheismus ohne alles mühsame Forschen in der Wissenschaften, ohne alle Spitzfindigkeiten der Vernunft oder ermüdend lange Untersuchungen entgegentreten und ihn vernichten.“[16]

Dieses Argument ist in meinen Augen auf den ersten Blick relativ überzeugend, weil es dem Argumentationspartner an einen Punkt bringt, an dem er eingestehen muss, dass alle Wahrnehmungen auch Vorstellungen sind. Wenn dieser Schritt nun vollbracht ist, so ist es äußerst schwierig, dieses Argument zu widerlegen. Trotzdem bleiben auch hier ein paar Punkte im Ungewissen und bieten somit Raum, um diesen Gottesbeweis zu kritisieren.

Zum Einem lässt sich aus Berkeleys Darstellung nicht erschließen, warum es sich unmittelbar um einen, in meinen Augen von Berkeley vertretenen Ansatz, eines monotheistischen Gottes handeln muss. Vorstellbar bleibt auch eine Anzahl von unabhängigen geistigen Wesen und Vorstellungen, die theoretisch in sehr großen Zahlen denkbar wären. Es ist in meinen Augen nicht auszuschließen, dass selbst jeder einzige Gegenstand bzw. jede Wahrnehmung ihren eigenen wahrnehmbaren Geist besitzen könnte. Sicherlich ein Punkt, der so nicht in Berkeleys katholischem Interesse ist, der jedoch auch nicht argumentativ von ihm ausgeschlossen wurde.

Prämisse 1 ist ferner davon abhängig, ob man es anerkennt, dass alle sinnlichen Dinge nur im Geiste existieren. Berkeley hat diesen Fakt im Ersten Dialog, meines Erachtens, genügend dargestellt und es fällt zum jetzigen Zeitpunkt schwer, diese Argumentation zu durchbrechen. Phil.: „ Aber wie kann das, was empfindbar ist, dem gleichen was nicht empfindbar ist? Kann ein wirkliches Ding, an sich unsichtbar, einer Farbe gleichen oder ein wirkliches Ding, das nicht gehört werden kann, einem Ton? Mit einem Wort, kann irgend etwas einer Empfindung oder Vorstellung gleichen, außer einer anderen Empfindung oder Vorstellung?“[17]

Da alle unsere Wahrnehmungen auch Vorstellungen sind, ist es schwer, Berkeleys Argumente zu widerlegen, zumal unsere sämtlichen Theorien letztenendes auch nur Vorstellungen sind. Damals wie heute bleibt uns dabei verborgen, was hinter diesen Vorstellungen steht. Was die eigentliche, endgültige Ursache der Vorstellungen ist. Bis zu der wissenschaftlichen (vielleicht naturwissenschaftlichen) Lösung des Leib-Seele-Problems bleibt die „Vorstellungs- und Wahrnehmungstheorie“ Berkeleys in meinen Augen nicht wirklich widerlegbar.

Mindestens bleibt Berkeleys Immaterialismus, zumindest in unserer Zeit, nicht als einzige Theorie bestehen, da ohne ein überzeugendes und fundiertes Modell unserer Erkenntnis auch ein „materialistischer“ Ansatz eines „eigenschaftslosen Trägers von Eigenschaften“ nicht bis zum Letzten ausgeschlossen werden kann.

Anhand dieses, mit Sicherheit überspitzen Beispiels, kann man sehen, dass die Beweisführung eher auf Wahrscheinlichkeiten, und somit auf Vernunft beruht. Wie viele menschliche Anschauungen beruhen Materialismus und Immaterialismus auf Rückschlüssen der Vernunft, nur mit unterschiedlichen Denkansätzen. Der Immaterialismus stützt sich auf die Basis einer göttlichen, der Materialismus eher auf eine Art humane Vernunft, die sich seit der Aufklärung immer deutlicher herauskristallisierte. Im Widerspruch dazu steht letztenendes auch Berkeley selbst, denn: Phil.: „Die Materie also, auf der Du noch bestehst, ist vermutlich ein Gedankending, etwas durch die Vernunft und nicht durch die Sinne Erkanntes.“[18] und: Phil.: „(...) Ich habe durchaus nichts an Deinem Schluss auszusetzen, wenn Du aus Erscheinungen eine Ursache folgerst, aber ich bestreite, dass die Ursache, die man mit Hilfe der Vernunft ableiten kann, sinngemäß Materie benannt werden darf.“[19]

Hier wird meiner Ansicht nach deutlich, dass er den Materialisten den „Vernunftsschluss“ nicht zugesteht, während er ihn bei den Immaterialisten als gegeben annimmt. Dies wird auch in der folgenden Textstelle deutlich: „Und nehme ich Gott auch nicht durch die Sinne wahr, so habe ich doch einen Begriff von ihm oder erkenne ihn durch Selbstwahrnehmung und vernünftiges Nachdenken.“[20]

4.2. Zweiter Gottesbeweis

Phil.: „ (...) ich frage nur, ob die Ordnung und Regelmäßigkeit, die sich in den Reihen unserer Vorstellungen oder dem Laufe der Natur beobachten lässt, nicht genügend durch die Weisheit und Macht Gottes gerechtfertigt wird; und ob nicht diesen Attributen Abbruch getan wird durch die Annahme, er sei durch eine ungeistige Substanz beeinflusst, geleitet oder erinnert, wann und was er zu wirken habe (...)“

Berkeley geht hier in Richtung eines teleologischen Gottesbeweises, auch wenn er ihn in diesem Rahmen eher anreißt, als ausführt. Die Prämissen sind hierbei denen des oben erwähnten teleologischen Beweises des Thomas von Aquin ähnlich.

Prämisse 1: in der Natur ist jedes Lebewesen, jeder Vorgang auf ein Ziel hin gerichtet

Prämisse 2: einzelne Lebensformen, einzelne Vorgänge haben keine Erkenntnis von ihren

Zielen, die sie aber trotzdem verfolgen

Daher: Es muss einen Gott geben, der diese Ziele verfolgt

Es ergeben sich hieraus ähnliche Einwände, wie bei Thomas von Aquin. Zum Ersten muss man sich fragen, ob dieses wirklich einen allmächtigen, allwissenden, allgütigen Gott beweißt. Zumindest aber gibt es für die zielgerichtete Auslegung unserer Welt noch andere Erklärungen, als nur diese. Spätestens nach Charles Darwin und Arno Holz stellten sich der Realismus und der Naturalismus als adäquate Alternativen dar. Wieder ist hier ein Schluss von der Wirkung auf die Ursache möglich, wie oben auch schon dargestellt. Doch bleibt dieser umstritten.

Ferner sagt Philonous: „Aus alle dem schließe ich, es gibt einen Geist, der in mir in jedem Augenblick all die sinnlichen Eindrücke, die ich wahrnehme, hervorbringt. Und aus der Mannigfaltigkeit, Ordnung und Beschaffenheit schließe ich, dass ihr Urheber unermesslich weise, mächtig und gut ist.“[21]

Außer dem oben Erwähnten bleibt hierzu noch zu sagen, dass die Aussage, bzw. die Notwendigkeit eines guten Gottes nicht aus dieser Zielstrebigkeit der Eindrücke und der Natur folgt. Die Frage nach der Ursache des „Bösen“ bei einem guten Gott bleibt zusätzlich offen, auch wenn Thomas von Aquin auf diese Frage geantwortet hat: „Auf das Erste ist also zu sagen, dass, wie Augustin im Enchiridion Kap.II spricht: „Gott in seiner höchsten Güte durchaus nichts Böses in seinen Werken bestehen lassen würde, wenn er nicht so sehr allmächtig und gütig wäre, dass er auch aus dem Bösen Gutes machte.“ Es kommt also von Gottes unendlicher Güte, dass er Böses sein lässt und Gutes daraus hervorzubringen weiß.“[22]

Auch wenn hier zumindest die Aussage eines guten Gottes begründet werden kann, bleibt doch der Zweifel, ob die gesamte Beweisführung zwingend schlüssig ist. Ein schlechter Gott wäre mit Berkeleys Theorie, in meinen Augen, genauso gut kompatibel, denn einen letzten schlagenden Beweis für einen ausschließlich guten Gott bleibt Berkeley schuldig.

4.3 Dritter Gottesbeweis

Phil.: „(...) Nun es ist klar, dass Dinge ein Dasein außerhalb meines Geistes führen; (...) Es gibt demnach einen anderen Geist, indem sie in den Zeiten existieren, die zwischen meinen Wahrnehmungen von ihnen liegen, wie sie es vor meiner Geburt taten und nach meiner angenommenen Vernichtung tun würden. Und da das für alle endlichen geschaffenen Seelenwesen zutrifft, so folgt daraus notwendig das Dasein eines allgegenwärtigen ewigen Geistes, der alle Dinge kennt und begreift und sie unserer Auffassung auf solche Weise und nach solchen Regeln darbietet, die er selbst bestimmt hat und die wir Naturgesetze nennen.“[23]

Prämisse 1: Dinge haben ein Dasein außerhalb meines Geistes, von vor meiner Geburt bis weiter nach meinem Tode

Prämisse 2: es gibt demnach einen Geist indem sie zwischen der individuellen Wahrnehmung liegen

Daher: es gibt einen allgegenwärtigen, ewigen Geist, der alle Dinge kennt und begreift und uns diese im Rahmen der Naturgesetze darbietet

Wie auch in den vorherigen Gottesbeweisen finden sich zunächst ähnliche Kritikpunkte an Berkeleys Argumentation.

Als erstes kann man in Bezug auf die Konklusio wieder fragen, ob es sich zwingend um eine monotheistische Anschauung handeln muss. Mit Sicherheit gelingt es Berkeley nicht, das Bild von nur einem Gott zu beweisen. Auszuschließen ist beispielsweise nicht, dass es sich bei Berkeleys allgegenwärtigem, ewigem Geist nur um eine Form des Geistes handelt. Es ist denkbar, dass es auch mehrere Götter sein können, die ihre Wahrnehmungen auf uns projizieren. Jegliche Gottesformen wären hierfür geeignet.

Die Darstellung der Naturgesetze ist aus meiner Sicht ebenso nicht zwingend. Es finden sich wiederum Alternativen (s.o.), welche die Naturgesetze erklären können, und somit die Beweisführung in Berkeleys Schlussfolgerung zumindest schwächen.

Ein weiterer, nicht zwingender Beweis, findet sich für mich in der zweiten Prämisse. In diesem Bezug könnte man sicherlich fragen, ob Gott denn etwas wahrnehmen oder aufnehmen kann, da dieses passive oder leidende Tätigkeiten sind, die in gewisser Weise konträr zu der Allmacht Gottes stehen. Wenn Gott etwas passiv wahrnimmt, so kann er nicht allmächtig sein.

Berkeley würde vielleicht hierzu sagen, dass Gott über eine direkte Wahrnehmung verfügt und somit nicht passiv wahrnimmt, wie z.B. wir Menschen. Ob man dieses als Beweis gelten lassen kann, ist fraglich. Ferner bleibt auch die Diskussion darüber, wie ein Gott wahrnimmt ungeklärt. Denn wie ist eine reale Diskussion über eine göttliche Wahrnehmung möglich, wenn diese außerhalb unserer Vorstellung liegt? Weiterhin bleibt genau zu hinterfragen, ob denn Gottes Vorstellungen tatsächlich mit den unsrigen identisch sein können. Ist es überhaupt möglich, dass zwei Wesen identische Vorstellungen haben? Wenn man davon ausgeht das dieses nicht möglich ist, so würde es u.U. bedeuten, dass der Mensch nur vorgefilterte Wahrnehmungen Gottes erfährt und somit in gewisser Weise seinen freien Willen einbüßt. Ein Schluss, der sicherlich nicht nur von Vorteil für Berkeley sein dürfte Zu guter Letzt bleibt noch Prämisse 1, mit einem erfahrungsabhängigen (a posteriori) Argument, dass die Dinge außerhalb unseres Geistes weiter existieren. Niemand von uns wird dieses Argument ernsthaft für falsch halten, doch kann man es trotzdem hinterfragen und damit auch anzweifeln. Denn wäre die Welt theoretisch an einem bestimmten Zeitpunkt von Gott so eingesetzt worden, wie wir sie heute kennen, hätte sie eine von uns vermutete Geschichte, die jedoch nicht existent wäre.

Letzenendes ist auch dieser Gottesbeweis, in Berkeleys Argumentationsstruktur sicher schlüssig, doch zeigt er nicht zwingend die Notwendigkeit eines monotheistischen Gottesbildes, denn es könnten auch mehrere Götter sein. Auch wenn es sich sicherlich zu der Zeit Berkeleys als das Naheliegenste und Vernünftigste darstellte.

4.4 Vierter Gottesbeweis

Phil.: „Werden nicht das Dasein eines Gottes und die Unzerstörbarkeit der Seele, diese großen Hauptstücke der Religion, mit der klarsten und unmittelbarsten Gewissheit bewiesen? (...) sondern Gott, im strengen und eigentlichen Sinne des Wortes, ein Wesen, dessen Geistigkeit, Allgegenwart, Vorsehung, Allwissenheit, unendliche Macht und Güte so in die Augen fallen, wie das Dasein der sinnlichen Dinge, an dem (trotz der trügerischen Vorspiegelung und angenommenen Bedenken der Skeptiker) nicht mehr Grund zu zweifeln ist als an unserem eigenem Dasein.“[24]

Diesen letzten Gottesbeweis kann man u.U. nicht als wirklichen Beweis im eigentlichen Sinne verstehen, sondern es ist in meinen Augen vielmehr als letzter Appell eines katholischen Bischofs an die theologische Vernunft und die Rechtschaffenheit einer Religion zu sehen.

Berkeley versucht hier letzte Überzeugungsarbeit, indem er die Logik seiner theologischen Wahrheiten aufzeigt. Philonous stellt in dem letzten Teil des Buches Hylas dar, wie gut das damalige Weltbild funktioniert und das es keinen Bedarf gibt, zumindest für Berkeley, eine neue Anschauung aufzustellen. Berkeley geht hierbei so weit, dass er sogar die Gebräuchlichkeit des neuen, materialistischen Weltbild gänzlich leugnet. Phil.: „was nun die menschliche Wissenschaft anlangt: zu welchen Verwicklungen, Dunkelheiten, Widersprüchen hat nicht in der Naturphilosophie der Glaube an die Materie geführt! (...) Gott ist ja unendlich weise und vorsehend, die Materie aber ohne Pläne und Absichten (...)-Selbst die Mathematik wird klarer und leichter, wenn wir das absolute Dasein ausgedehnter Dinge fallen lassen; beruhen doch die unsinnigsten Paradoxien und verwickelsten Gedankengänge in jener Wissenschaft auf der unendlichen Teilbarkeit der endlichen Ausdehnung, die wiederum auf dieser Annahme beruht.“[25]

Aus heutiger Sicht ist diese Darstellung sicherlich das schwächste Argument Berkeleys für die Existenz eines Gottes bzw. die Notwendigkeit des katholischen Weltbildes. Meiner Ansicht nach folgen die oben angeführten Beweise einer gewissen Beweisführung, wobei jedoch dieser letzte Versuch eher einem Appell gleicht. Wenn man sich in die damalige Zeit zurückversetzt, so stellt dieser Appell an die Funktionalität des Gebräuchlichen auf jeden Fall einen Punkt dar, dem viele Menschen zustimmen konnten. Damit gestaltet Berkeley den Weg für ein intuitive Zustimmung und vielleicht auch für einen positiveren Zugang der Massen an sein Modell. Dies steht auch im Einklang mit der Absicht Berkeleys, welche er schon auf dem Titelblatt seiner Drei Dialoge zwischen Hylas und Philonous formulierte. Dort heißt es: „Drei Dialoge zwischen Hylas und Philonous. Deren Absicht es ist, die Wirklichkeit und Vollkommenheit der menschlichen Erkenntnis, die unkörperliche Natur der Seele und die unmittelbare Vorsehung einer Gottheit klar darzutun: zur Bekämpfung von Skeptikern und Atheisten, zugleich, um ein Verfahren einzuführen, die Wissenschaften leichter, nützlicher und knapper zu gestalten.“

In der Zeit Berkeleys wurde die Argumentation für einen Gott nicht ganz so kritisch hinterleuchtet, wie das in unserer modernen Zeit vielleicht der Fall ist. Dem monotheistischen Weltbild war sein fester Platz in den Köpfen sicher, so wie wir in der heutigen Zeit eher die Materie anerkennen. Vielleicht könnte man dieses Argument als ein psychologisches Argument Berkeleys anführen.

Dieser letzte Gottesbeweis schafft vielleicht einen Eindruck, wie ausgefeilt, aber auch zeitabhängig Berkeleys Immaterialismus ist. Bis heute tut man sich schwer mit der Widerlegung der in sich sehr logischen Anschauung des Autors und trotz vieler Widersprüche bleibt die Auseinandersetzung mit diesem Thema spannend.

5. Materielle vs Immaterielle Darstellung Berkleys

In meinen Augen ist eine der Grundlagen des Berkeleyschen Immaterialismus die Erkenntnis- und Wahrnehmungstheorie. Auf diesen grundlegenden Ansichten basiert meiner Ansicht nach die ganze Argumentation in den Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous.

Was versteht Berkeley aber nun unter seinem Immaterialismus? Wie bei den oben aufgeführten Gottesbeweisen schon teilweise aufgeführt, teilt der Autor seine Wahrnehmung in mittelbar und unmittelbar ein. Wobei die unmittelbare Wahrnehmung die ist, die von den individuellen Sinnesorganen als sozusagen „adäquater Reiz“ wahrgenommen wird. Das heißt darunter fällt das, was ohne geistige Folgerung wahrgenommen wird.

Folgerichtig versteht Berkeley unter einer mittelbaren Wahrnehmung diejenige, welche sich nach der Verarbeitung der unmittelbaren Wahrnehmungen unserem Geist erschließt. Phil.: „Wenn ich ein Buch lese, nehme ich unmittelbar die Buchstaben wahr; aber mittelbar, d.h. durch diese vermittelt, werden meinem Geiste die Begriffe von Gott, Tugend, Wahrheit usw. eingegeben.“[26]

Da der Mensch jedoch alle seine Vorstellungen im Geiste verarbeitet, sie also schlussendlich alle mittelbar werden, spricht Berkeley von Vorstellungen. Hinter diesen Vorstellung verbirgt sich nach seiner Ansicht ein allwissendes, allmächtiges, allgegenwärtiges geistiges Wesen (in Berkeleys Augen Gott), das diese Vorstellungen in unserem Geiste projiziert. Dieses „Esse est percipi“ Prinzip (das die Dinge in ihrem Sein erst durch die Wahrnehmung begründet sind) steht in unmittelbaren Kontrast zu der materialistischen Sichtweise des Hylas in den drei Dialogen. Dieser Materialismus sieht die Materie als eigentliche Realität und als Ursache aller anderen Phänomene.

Berkeley kritisiert diese philosophische Richtung nicht nur, weil sie zum Atheismus führt, sondern er bekämpft diese auch, weil sie in Berkeleys Augen in einem unmittelbaren Kontrast zu seiner Erkenntnistheorie steht. Phil.: „ Die Streitfrage zwischen den Materialisten und mir ist nicht, ob die Dinge ein wirkliches Dasein außerhalb des Geistes dieser oder jener Person haben, sondern ob sie ein absolutes Dasein haben, unterschieden von der Wahrnehmung Gottes und außerhalb jedes Geistes.“[27]

Er schließt die Existenz von Materie und das gleichzeitige Bestehen eines Gottes aus. Somit wäre für ihn der Beweis der Existenz von Materie ein Zusammenbruch seiner Anschauung und umgekehrt. Die beiden Strömungen stehen unmittelbar in Konkurrenz und es scheint, als können diese nicht zusammen existieren.

Im Folgenden werde ich zwei Argumentationsgrundlagen der beiden Seiten in den Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous beleuchten.

5.1 Das Argument der Vernunft

Die Vernunft spielt schon am Anfang des ersten Dialoges eine Rolle. Hylas und Philonous erkennen gemeinsam, dass das Zusammenfassen von Ursachen und Veranlassungen Sache der Vernunft ist (Seite 14).

Zum Beweis seiner Vorstellungstheorie und der Darstellung der Unterteilung von unmittelbaren und mittelbaren Wahrnehmungen greift Berkeley abermals auf die Vernunft zurück. Phil.: „Kurz, nur solche Dinge werden tatsächlich und streng genommen durch irgendeinen Sinn wahrgenommen, die es auch in dem Falle würden, wenn dieser selbe Sinn uns eben erst verliehen wäre. Von den übrigen Dingen ist es klar, dass sie nur die Erfahrung, auf frühere Wahrnehmungen gegründet, dem Geist eingibt.“[28]

Interessant wird nun der nächste Punkt, an dem Berkeley das Argument der Vernunft zu Hilfe nimmt. Hier bezieht er sich bei dem Beweis der Unmöglichkeit der Materie auf die Vernunft. Hylas, der durch selbige nach einem Ursache ß➙ Wirkung - Prinzip auf die Notwendigkeit einer Materie anspielt und damit bei Philonous argumentativ nicht punkten kann. Phil.: „Die Materie also, auf der du noch bestehst, ist vermutlich ein Gedankending, etwas durch die Vernunft und nicht durch die Sinne Erkanntes.“[29]

Bei diesem Beispiel lässt Berkeley das Argument der Vernunft nicht wirklich gelten und leitet damit, in meinen Augen, ein Verlassen seiner Stringenz, in diesem Punkt, ein.

Mit Hilfe der Vernunft kann man nicht auf die Existenz der Materie kommen, geschweige denn, sie beweisen. Phil.: Ich habe durchaus nichts an deinem Schluss auszusetzen, wenn du aus den Erscheinungen eine Ursache folgerst, aber ich bestreite, dass die Ursache, die man mit Hilfe der Vernunft ableiten kann, sinngemäß Materie benannt werden darf.“[30]

Ganz verworren wird es weiter im zweiten Dialog. Phil.: „Ich gebe gern zu, dass man aus einer Ursache, Wirkung, einem Vorgang, Anzeichen oder anderen Umständen vernünftigerweise auf das Dasein eines nicht unmittelbar wahrgenommenen Dinges schließen kann und das es sinnlos wäre, wollte jemand seine Einwände gegen das Dasein dieses Dinges daraus, dass kein unmittelbarer und positiver Begriff davon da ist, herleiten.“[31]

Berkeley lässt den Schluss zu, dass man von Ursachen und Wirkungen etc. auf etwas schließen kann. Es leuchtet ihm dabei jedoch nicht ein, wie dieses bei der Materie geschehen soll. Wenn damit zwar nicht Berkeleys Thesen widerlegt werden können, kann man doch sehen, dass es gewisse Unsicherheiten in der Argumentation Berkeleys zu geben scheint und es bleibt weiter zu hinterfragen ob Berkeleys Argumentationsstrukturen tatsächlich beiden Seiten dieses Dialoges gleichwertig genüge tun.

Im dritten Dialog nutzt Philonous nun wiederum das Argument der Vernunft und es bleibt der leise Verdacht, als würde Hylas die Wertigkeit des Argumente anders bewerten als dies Philonous tut. Phil.: „Und nehme ich Gott auch nicht durch die Sinne wahr, so habe ich doch einen Begriff von ihm oder erkenne ihn durch Selbstwahrnehmung und vernünftiges Nachdenken.“[32] Bei diesem argumentativen Grenzgang bleibt sicherlich noch zu beleuchten, inwiefern der Autor seinen Spielraum in der Auslegung ähnlicher Argumente auf beiden Seiten gerecht geworden ist und zu welchem Zeitpunkt sich diese Gradwanderung in eine subjektive Darstellung umformen könnte, die zumindest Raum für Kritik schafft und evtl. einige Argumente Berkeleys überarbeitungswürdig erscheinen lässt.

5.2.das Argument der Vorstellung

Wie bereits oben erwähnt ist das „Vorstellungsargument“ in meinen Augen eines der wichtigsten in Berkeleys Aufbau der Drei Dialoge zwischen Hylas und Philonous. Im Folgenden möchte ich kurz darauf eingehen, wie genau Berkeley dieses Argument verwendet und wie sich dieses im Vergleich von Materialismus und Immaterialismus verhält.

Im ersten Dialog beginnt Philonous seine Darstellung von Vorstellungen. Nach seiner Anschauung sind Vorstellungen unabhängig vom Geist nicht möglich. Phil.: „aber dass ein unmittelbarer Gegenstand der Sinne - d.h. eine Vorstellung oder Verbindung von Vorstellungen - in einer ungeistigen Substanz oder außerhalb jedes Geistes existieren soll, ist in sich selbst ein deutlicher Widerspruch.“[33] Da jedoch auch alle Wahrnehmungen unmittelbar auch Vorstellungen sind, ist nach dieser ersten Argumentation ein Empfinden ohne Geist nicht möglich. Damit ist der erste Schritt für die Existenz eines Gottes argumentativ bereitet.

Als nächstes bringt Philonous das Argument der Vorstellung eines nicht vorgestellten Hauses.

Dieses untermalt noch einmal die Untrennbarkeit von Vorstellung und Wahrnehmung aus der Sicht von Philonous. Phil.: „Ist es nicht ein ebenso großer Widerspruch, über das Vorstellen von etwas, das nicht vorgestellt wird, zu reden?“[34] Diese Argumentation soll zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal Stoff für eine genauere Diskussion über Berkeleys Stringenz in dem Gebrauch des „Vorstellungsargumentes“ geben.

Im zweiten Dialog führt Hylas die Vorstellung darauf zurück, dass diese von der Materie verursacht werden. Somit will Hylas die Begriffe der Materie und der Vorstellung vereinen, um seinen materialistischen Standpunkt zu festigen. Hylas: „ (...), als dass sie die Ursache meiner Vorstellungen ist. Und dies Ding, was es auch sei, nenne ich Materie.“[35] Diese Ansichten werden im Verlauf immer wieder von Philonous widerlegt. Wobei Hylas seine Vorstellung nicht recht identifizieren kann und von der Materie als Veranlassung bis zu einem Werkzeug spricht, was jedoch den kritischen Argumenten Berkeleys in der Rolle des Philonous nicht standhalten kann. Phil.: „ –Was denn die Materie selbst betrifft, so frage ich, ob sie Gegenstand, Substrat, Ursache, Werkzeug oder Veranlassung ist? Du hast bereits jedes von ihnen verteidigt, indem du deine Begriffe verschobst und die Materie bald in dieser, bald in jener Gestalt erschienen ließest.“[36] Dadurch, dass Hylas keinen Begriff von der Materie liefern kann, scheint es nahezu unmöglich den Immaterialisten davon zu überzeugen, dass es Materie gibt. Phil.: „Schließlich überlege doch bitte, ob es einen Philosophen, ja nur einen Menschen von gesundem Verstande ansteht, zu behaupten, er glaube und wisse nicht warum.“[37] Berkeley zweifelt aus der nicht Wahrnehmbarkeit der Materie deren Existenz an. Phil.: „ Wie kann die angenommene Wirklichkeit von etwas, das nicht betastet, nicht gesehen oder ganz allgemein nicht wahrgenommen werden kann, dafür ein Beweis sein, dass etwas Tastbares, ein sichtbares Ding oder überhaupt etwas Wahrnehmbares wirklich existiert?“[38]

Leider verpasst es Hylas in diesem Zusammenhang Philonous zu fragen, inwiefern denn das eben Erwähnte auch auf einen Gott zutreffen könnte. Ist Gott wahrnehmbar? Wir werden im Weiteren sehen, wie Berkeley dieses Problem, zumindest erst einmal, lösen wird.

Im dritten Dialog kommt Philonous wieder auf die Vorstellungen zu sprechen. Phil.: „Vorstellungen können nicht unabhängig vom Geist da sein; ihr Dasein besteht demnach im Wahrgenommenwerden; wenn sie also tatsächlich wahrgenommen worden sind, kann man an ihrem Dasein nicht zweifeln.“[39]

Prämisse 1: Vorstellungen können nicht unabhängig vom Geist existieren

Prämisse 2: Ihr Dasein besteht demnach im Wahrgenommenwerden

Daher: Wenn sie wahrgenommen werden, kann man an ihrem Dasein nicht zweifeln

Dieses Argument Berkeleys könnte man auch in Hinsicht eines Gottesbeweis beleuchten.

Wenn man von der Bibel ausgeht und die Wahrnehmungen des Moses als Vorstellungen gelten lässt, so könnte man einen sicherlich schwachen Gottesbeweis daraus schlussfolgern. Wenn ich Gott jemals wahrnehme, so ist er existent.

Natürlich bleibt auch hier Raum für Kritik übrig. Zum einem kann man es anzweifeln, dass das Dasein von Vorstellungen im Wahrgenommenen liegt. Es ist genauso denkbar, dass Vorstellungen außerhalb geistiger Wesen „herumirren“ und diese erst Ihre Wirklichkeit beim Auftreffen auf ein geistiges Wesen entfalten. Zum zweiten kann man bei ihrem Auftreten sehr wohl an ihrem Dasein zweifeln. In einem Traum, oder bei Halluzinationen bleibt sicherlich jedem denkenden Wesen der Weg offen, an der Existenz seiner Vorstellungen zu zweifeln.

Im weiteren fragt Hylas: „Wie kannst du, da du also keine Vorstellung von dem Geist Gottes hast, die Möglichkeit begreifen, dass Dinge in seinem Geist existieren sollten? Und warum sollte ich nicht das Dasein von Materie begreifen, obgleich ich keine Vorstellung von ihr habe, wenn du den Geist Gottes begreifen kannst, ohne eine Vorstellung von ihm zu haben?“[40] Für mich stellt diese Frage eine Kernfrage in der Diskussion zwischen Materialismus und Immaterialismus dar. Berkeley muss schließlich spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Schlupfloch in seiner Argumentation finden, welche für die materialistische Anschauung nicht zutreffen sollte. Er gibt zu, eigentlich keine Vorstellung von Gott zu haben. Phil.: „(...) gebe ich zu, dass ich eigentlich keine Vorstellung weder von Gott noch von einem anderen Seelenwesen habe; (...) Vorstellungen sind untätige und wahrgenommene Dinge, und Seelenwesen eine Art gänzlich davon verschiedener Wesen.“[41]

Phil.: „(...) meine Seele liefert mir eine Vorstellung, d.h. ein Bild oder Gleichnis Gottes- wenn auch freilich äußerst unzureichend.“[42] In seinen langen Ausführungen kommt Berkeley nun sehr geschickt von der ersten Aussage, er habe keine Vorstellung von Gott oder anderen Seelenwesen bis dahin das Ihm seine Seele eigentlich doch ein, wenn auch unzureichendes Bild, dieser Seelenwesen gibt. Phil.: „darum habe ich , wenn auch nicht eine untätige Vorstellung, so doch in mir selbst eine Art von tätigem, geistigem Abbild der Gottheit. Und nehme ich Gott auch nicht durch die Sinne wahr, so habe ich doch einen Begriff von ihm oder erkenne ihn durch Selbstwahrnehmung und vernünftiges Nachdenken.“[43] Berkeley meistert diese Hürde dadurch, dass er die Selbstwahrnehmung mit in die Diskussion bringt. Er gibt an, dass seine Seele ihm ein vielleicht indirektes Bild der Vorstellung von Gott liefern kann. Sicherlich bietet dieses einigen Platz für Kritik. Fraglich ist zum einem, inwiefern eine menschliche Seele Rückschlüsse auf einen Gott zulassen kann und ob diese Einstellung nicht eher mit der Ansicht der katholischen Kirche, deren Meinung Berkeley offensichtlich vertritt, im Widerspruch steht. Letztenendes hat er durch seine Selbstwahrnehmung, in meinen Augen, kein größeres Argument als die Materialisten. Man ist beinahe geneigt, dieses Argument als intuitiv gelten zu lassen. Auf jeden Fall bietet dieses Erklärungsmodell einige Punkte, die diskutiert werden müssten. Auf das Anfügen der Vernunft in diesem Zusammenhang bin ich im vorherigen Abschnitt schon einmal eingegangen und die Wertigkeit dieses Vernunftargumentes bleibt sicherlich weiterhin fraglich. Das zumindest Berkeley diesen Zusammenhang noch erkannt hat, zeigt Hylas eingehen auf Philonous Ausführungen. Hylas: „Du sagst, deine Seele liefert dir eine Art Vorstellung oder Bild von Gott. Aber zugleich gibst du zu, dass du im eigentlichem Sinne keine Vorstellung von deiner eigenen Seele hast. Ja, du versicherst, dass Seelenwesen eine von Vorstellungen ganz verschiedene Art Wesen sind; folglich kann keine Vorstellung Seelenwesen gleichen. Wir haben demnach keine Vorstellung von einem Seelenwesen. Nichtsdestoweniger nimmst du das Dasein einer Seelensubstanz an, obgleich Du keine Vorstellung von ihr hast, während du leugnest, dass etwas wie materielle Substanz existieren könne, weil du weder Begriff noch Vorstellung von ihr hast.“[44]

Das Eingehen von Philonous befriedigt dieses berechtigte Argument von Hylas in meinen Augen nicht. Philonous begründet sein Verhalten damit, dass der Begriff der Materie voller Widersprüche ist und er zusätzlich keinen Grund für den Glauben an Materie erschließen kann. Phil.: „Ich sage nicht, dass ich das Dasein einer materiellen Substanz nicht bloß darum leugne, weil ich keinen Begriff von ihr habe, sondern weil der Begriff von ihr Unvereinbares enthält, oder mit anderen Worten, weil es widerspruchsvoll ist, wenn es überhaupt einen Begriff von ihr gäbe (...) so dürfen wir doch nicht glauben, irgend ein besonderes Ding existiere, ohne einen Grund für solchen Glauben: für den Glauben an das Dasein der Materie aber habe ich keinen Grund.“[45] Gerade das Argument des fehlenden Grundes kann in unserer heutigen Zeit sicher nicht mehr den gleichen Stellenwert einnehmen wie es dies vielleicht damals getan hat. In unserer modernen Zeit der Aufklärung sehen viele keinen Grund mehr, an die Vorstellung eines Gottes zu glauben. Für sie besteht eher eine Notwendigkeit den vorherrschenden Materialismus anzuerkennen. Zugegebener Maßen mag das zu Lebzeiten des Autors anders gewesen sein, so dass dieses Argument wohl eher seine Wertigkeit durch das Voranschreiten der Zeit verloren hat. Die Frage nach richtig oder falsch bleibt hierbei jedoch von mir unbeantwortet, da wir genauso Kinder unserer Zeit sind, wie es Berkeleys gewesen ist. Wir können somit auch nur eine Betrachtung aus unserer Zeit liefern. Erst die Zukunft kann dabei helfen, diese Einschätzung zu ergänzen. Zu hinterfragen bleibt dabei jedoch folgende abschließende Aussage von Philonous: „ich nehme es nicht wie eine Vorstellung wahr, noch durch eine Vorstellung, sondern erkenne es durch Selbstwahrnehmung.“[46] Dabei bleibt meines Erachtens offen, wie man etwas ohne Vorstellung wahrnehmen kann. Ist denn Berkeleys Selbstwahrnehmung wirklich ohne eine Vorstellung davon zu betrachten? Wie nimmt sich Berkeley selbst wahr, ohne davon eine Vorstellung zu haben. Nach Berkeleys Ansichten können ja nur Vorstellungen Vorstellungen auslösen. Daher bleiben wohl noch viele Widersprüche bestehen, die zumindest Ansatz zur Kritik an der Vorstellungstheorie Berkeleys bieten. In meinen Augen legt er auch bei der Verwendung des Arguments der Vorstellungen eine verschiedenartige Wertigkeit der Argumente zwischen Materialismus und Immaterialismus an den Tag. Wenn man damit zwar nicht unmittelbar Berkeleys Anschauungen widerlegen kann, bilden sie doch Gedankenstützen zum Verständnis der Argumentation und der dazugehörigen Logik in der selbigen. Berkeleys Struktur und Logik ist sicherlich kaum wirklich zu widerlegen, doch sollten die Beispiele der Vernunft und der Vorstellung deutlich machen, dass es einige kleinere Gegendarstellungen gibt, die das Gebäude des Immaterialismus sicherlich nicht zum Einbruch bringen können, aber deutlich machen, dass es Verbesserungen dieser Theorie gibt.

6. Fazit

Abschließend kann man sagen, dass Berkeley versucht hat, sich mit seiner „Erkenntnistheorie“ objektiv auseinander zu setzten, um dieses Thema für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich zu machen Leider ist es ihm nicht gelungen, den letzten zwingenden Beweis für sein Modell zu offenbaren. Es konnte meines Erachtens im Vorangegangenen gezeigt werden, das sich zumindest Kritikpunkte an der Beweisführung zur Existenz Gottes, im Bezug auf Berkeleys Darstellungen, finden lassen. Die Logik und Argumentation lässt sich dennoch nicht wirklich widerlegen und Berkeleys Theorie bleibt in meinen Augen ein essentielle Treppenstufe in dem Hochhaus Philosophie. Mit Sicherheit muss man die Zusammenhänge eher in der vorhersehenden Zeit des Autors, als in der Unfehlbarkeit unserer materialistischen Weltanschauung suchen. Unter einer objektiven Betrachtungsweise lassen sich meiner Meinung nach Punkte in der Argumentation finden, bei denen Berkeley wahrscheinlich eher eine intuitive – als eine objektive Wertigkeit gelten lässt. Ich denke an den Beispielen der Vernunft und der Vorstellungen konnte dieses, zumindest in Ansätzen, deutlich gemacht werden.

Abschließend möchte ich noch einmal auf den Ursprung des Buches zurückkommen. Berkeley schrieb diese Dialoge u.a. zur Bekämpfung des Skeptizismus und der Atheisten, wie er im Auftakt seines Buches zu verstehen gibt. Für Berkeley ist eine seiner Prämissen die Unvereinbarkeit von Materie und Gott. Wenn es einen Gott gibt, so kann es keine Materie geben und umgekehrt. Daraus resultiert in meinen Augen die harte Konkurrenz der beiden Modelle. Doch vielleicht bleibt uns zum jetzigen Zeitpunkt nur noch übrig, die Sicht eines Skeptikers, mit dem Ziel einer Annäherung des Materialismus und des Immaterialismus, aufzugreifen, um zu fragen, was denn wirklich hinter unseren Wahrnehmungen und Vorstellungen steckt. Was wir wissen ist die Existenz von mind. zwei Vorstellungstheorien, die in Berkeleys Buch diskutiert worden sind. Uns ist unklar was sich wirklich hinter all diesem verbirgt, vielleicht werden wir es nie erfahren. Doch sicher ist, dass diese beiden Theorien nur Modelle unseres Verstandes sind und sie damit eine Gemeinsamkeit haben, die sie auch ein Stück näher zusammen bringt. Wer kann es schon wissen, ob denn nicht schlussendlich Teile von beiden Modellen zur „wahren Erkenntnis“ führen. Und so lange es Philosophen wie Berkeley gibt, so umstritten sie auch sein mögen, wird die Suche nach dem, was sich dahinter verbirgt, weiter gehen. Somit entbehren sich Fragen nach richtig oder falsch, Wahrheit oder Lüge und der Mensch wird seinem Streben nach dem Wissen weiter nachgehen. Dabei werden Vernunft und Vorstellungen mit Sicherheit weiter ihren Platz in den argumentativen Reihen der Philosophen haben.

Literatur:

- George Berkeley „Drei Dialoge zwischen Hylas und Philonous“ 4., verb. Auflage Breidert.-Hamburg : Meiner, 1991

- George Berkeley, The Internet Encyclopedia of Philosophy , http://www.utm.edu/research/iep/b/berkeley.htm 24.03.03

- George Berkeley, http://home.allgaeu.org/kschroep/emprat/berkeley.htm Georg Berkeley, http://www.bautz.de/bbkl/b/berkeley_g.shtml

- Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm 24.03.03

- Aufklärung, http://www.xlibris.de/Epochen/Aufklaer/Aufklae1.htm

- Amerbauer, Martin / Erste Schritte in der Philosophie. Einheit 4:Gott und Sein, ; http://www.ubs.sbg.ac.at/people/abpriv.htm#www

- Georg Meggle, texte zur Vorlesung: http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/vl-t1.pdf; Existenz Gottes

- Philosophisch - theologische Gottesbeweise , http://www.m-schumann.de/docs/gottesb.htm

[...]


[1] George Berkeley, The Internet Encyclopedia of Philosophy , http://www.utm.edu/research/iep/b/berkeley.htm George Berkeley, http://home.allgaeu.org/kschroep/emprat/berkeley.htm Georg Berkeley, http://www.bautz.de/bbkl/b/berkeley_g.shtml

[2] Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, Seite 1, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm

[3] Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, Seite 2, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm

[4] Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, Seiten 3-4, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm

[5] Aufklärung, http://www.xlibris.de/Epochen/Aufklaer/Aufklae1.htm

[6] Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, Seite 20-40, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm

[7] Absolutismus und Aufklärung-Vom christlichen Fundamentalismus zum Vernunftglauben, von Heinrich, Richard Schmidt, Seiten 33-35, http://www.hist.unibe.ch./schmidt/veroeffh/chronik.htm

[8] Philosophisch - theologische Gottesbeweise , http://www.m-schumann.de/docs/gottesb.htm

[9] Amerbauer, Martin / Erste Schritte in der Philosophie. Einheit 4:Gott und Sein, Seite 37 ; http://www.ubs.sbg.ac.at/people/abpriv.htm#www

[10] Philosophisch - theologische Gottesbeweise , http://www.m-schumann.de/docs/gottesb.htm

[11] Amerbauer, Martin / Erste Schritte in der Philosophie. Einheit 4:Gott und Sein Seite 38; http://www.ubs.sbg.ac.at/people/abpriv.htm#www

[12] Amerbauer, Martin / Erste Schritte in der Philosophie. Einheit 4:Gott und Sein Seite 38,39; http://www.ubs.sbg.ac.at/people/abpriv.htm#www

[13] Amerbauer, Martin / Erste Schritte in der Philosophie. Einheit 4:Gott und Sein Seite 39; http://www.ubs.sbg.ac.at/people/abpriv.htm#www

[14] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 70/71

[15] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 71

[16] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 72

[17] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 61

[18] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 76

[19] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 78

[20] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 100

[21] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 75

[22] Georg Meggle, texte zur Vorlesung: http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/vl-t1.pdf; Existenz Gottes

[23] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 98/99

[24] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 138

[25] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 138-140

[26] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 13

[27] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 105

[28] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 58

[29] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 76

[30] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 78

[31] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 87

[32] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 100

[33] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 45

[34] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 53

[35] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 77

[36] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 84

[37] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 80

[38] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 89/90

[39] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 98

[40] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 99

[41] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 99/100

[42] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 100

[43] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 100

[44] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 101

[45] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 101

[46] Berkeley, Drei Dialoge zw. Hylas und Philonous; zweiter Dialog; Seite 101

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Eine Hausarbeit zur Beleuchtung der Gottesbeweise in den *Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous* von George Berkeley, unter Berücksichtung der Argumente Vernunft und Vorstellung
Universidad
University of Göttingen
Curso
Seminar
Calificación
1,7
Autor
Año
2002
Páginas
18
No. de catálogo
V107848
ISBN (Ebook)
9783640060696
Tamaño de fichero
509 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Eine, Hausarbeit, Beleuchtung, Gottesbeweise, Dialogen, Hylas, Philonous*, George, Berkeley, Berücksichtung, Argumente, Vernunft, Vorstellung, Seminar
Citar trabajo
Jens Schaumberg (Autor), 2002, Eine Hausarbeit zur Beleuchtung der Gottesbeweise in den *Drei Dialogen zwischen Hylas und Philonous* von George Berkeley, unter Berücksichtung der Argumente Vernunft und Vorstellung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107848

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