Bewusstseinsdarstellung und Figurenrede in Gottfried Kellers "Kleider machen Leute"


Dossier / Travail, 2003

27 Pages, Note: 2-


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Theorie der Figurenrede und der Bewusstseinsdarstellung
1.1) Mehrschichtigkeit der Erzählung
1.2) Rede und Aktion
1.3) Die „Mischform“ Erzählkunst
1.4) Erzählerbericht
1.5) Direkte und indirekte Rede
1.5.1) Die direkte Rede
1.5.2) Das Gespräch
1.5.3) Die indirekte Rede
1.5.4) Der Redebericht
1.6) Bewusstseinsdarstellungen
1.6.1) Der Gedankenbericht
1.6.2) Style indirect libre
1.6.3) Monologue intérieur

2. Figurenrede und Bewusstseinsdarstellung in Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“
2.1) Teil 1 (S. 3 bis S. 27, 7)
2.2) Teil 2 (S. 27, 8 bis S. 40, 32)
2.3) Teil 3 (S. 40, 34 bis S. 58, 12)

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Hausarbeit ist so aufgebaut, dass zuerst in einem Theorieteil die Rede- und Bewußtseinsdarstellungen definiert und erläutert werden. Ein Schwerpunkt dabei bilden die Erkenntnisse Lämmerts, die ich in einem Referat schon dargestellt habe. Im folgenden praktischen Teil werden die dargestellten Erkenntnisse dann auf das Werk Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“ angewendet. Dort sollen sie auf ihre Funktion und Darstellung hin untersucht werden. Die Rede- Bewußtseinsdarstellungen werden mit ihren deutschen Begriffen (direkte Rede, indirekte Rede, erlebte Rede, innerer Monolog, Gedankenbericht, usw.) wiedergegeben, sollen aber die Definitionen von Genette, Lämmert, Cohn u. a. einschließen. Die Analyse des Werkes ist in drei Teile gegliedert. Sie folgt der Gliederung der Reclamausgabe. Die Seiten- und Zeilenangaben folgen ebenfalls der Reclamausgabe (siehe Literaturverzeichnis), in der die Zeilen auch am Rand angegeben sind.

Die zentrale Frage, die sich stellt ist, welche verschiedenen Rede- und Bewußtseinsdarstellungen Keller einsetzt und welche Funktionen diese im Text und der Erzählung innehaben.

1. Theorie der Figurenrede und der Bewusstseinsdarstellung

1.1) Mehrschichtigkeit der Erzählung

Nach Lämmert sind einige Erzählungen zweischichtig angelegt: Neben dem gegenwärtig erzählten Moment sprechen „andere zeitliche, räumliche und geistige Bereiche offen“[1] mit. „Zwischen der Meinung der Person und der wahren Meinung des Erzählers“[2] besteht eine Spannung. „In der direkten Personenrede tritt diese Spannung am offensten zutage“[3]. „Diese Spannung zwischen der Aktstruktur und der Aussagestruktur des gesprochenen Wortes bewirkt die Mehrschichtigkeit des Erzählvorgangs in allen Bereichen der Personenrede.“[4]

1.2) Rede und Aktion

Die Rede kann „über Aktionen reden, bevor, während und nachdem diese vollzogen sind“[5] (anzutreffen ist dies in Bericht und Planung). Dadurch kann sie die Vergangenheit „verwerten“ und die Zukunft verändern oder vorbereiten. Dies nennt Lämmert „ reflektierendes Sprechen und Denken“ oder auch die „handlungsbezogene Aussage“ [6] . Neben dem „ reflektierenden Sprechen und Denken“ steht der Begriff des „gegenwärtigen Vollzugs“ bzw. die „handelnde Aussage“ [7] . Dieses kann in einem Wort, einem Gespräch oder einem Denkvorgang bestehen. Sie gelten als die Wendepunkte geistiger Flucht und sind die geistige Entscheidung des Erzählvorgangs. Die dritte Möglichkeit sind die „ vorganglosen Formen der konkreten Beschreibung und der abstrakten Feststellung oder Erörterung“ [8] . Sie drücken „überzeitlichen Inhalt (in einem gegenwärtig-momentanem Erkenntnisakt)“[9] aus. Zeitform ist das Präsens, das allerdings nur rein logischen Charakter hat.

1.3) Die „Mischform“ Erzählkunst

In der Epik treten „das Erzählerwort und die Personenrede als zwei verschiedene Dimensionen der Aussage einander gegenüber“[10]. So können Darstellungen des Erzählers in der Personenrede nochmals wiederholt werden (Landschaft, Gefühle u.ä.), er kann Aussagen der Personen ergänzen und bewerten, sowie diese durch indirekte Rede selbst in die Hand nehmen und sich zum Sprecher der Aussage machen. Dadurch wird die Erzählung zweidimensional und zu einer Mischform erhoben.

1.4) Erzählerbericht

Der Erzählerbericht (vgl. hierzu auch den Redebericht, s. u. ) selbst kann sowohl berichten als auch „andere Funktionen“[11] einnehmen. Man kann verschiedene „Erzählweisen“ unterscheiden[12]: Der Bericht ist eine „straffe Rekapitulation eines Geschehensablaufs“[13]. Die Funktion ist die Feststellung (statt Illusionierung) der Vorgänge, ebenso hat er eine „rahmende“ und „stützende“ Funktion. Er neigt zur Raffung. Der Bericht lässt „die Mittelbarkeit des erzählten Geschehens und die Vermittlungsfunktion des Erzählers deutlich hervortreten“[14].

Die Szenische Darstellung [15] präsentiert das Geschehen scheinbar unmittelbar. Es findet keine oder nur eine geringe Raffung statt. Die direkten und dialogischen Personenreden werden integriert und dadurch an eine dramatisch-szenische Präsentation angenährt.

Die Beschreibung hält „ den augenblicklichen oder dauernden Zustand einer Sache oder Person, ihre äußerlich fassbare Erscheinung“[16] fest.

Dagegen löst sich in der Erörterung der Erzähler vom Geschehensablauf. Diese Erzählweise hat eher eine „besprechende“ anstatt eine „erzählende“ Funktion. Sie artikuliert allgemeine Sachverhalte und Fragestellungen (Kommentare, Reflexionen, zuspitzende Sentenzen, essayistischen Partien).[17]

Jürgen H. Petersen beschreibt den Erzählerbericht als Bericht, der „der Handlung, den Figuren, kurzum: dem Erzählgegenstand zugewandt [ist], weniger dem Narrator oder dem Leser“[18]. Im Erzählerbericht „spricht das „epische Medium, und zwar von dem Erzählgegenstand, von der >Geschichte<“[19]

1.5) Direkte und indirekte Rede

„In beiden Redeformen wird die jeweils sprechende Figur bzw. der Redeakt durch eine sogenannte inquit- Formel (von lat. inquit, er sagt), ein verbum dicendi (von lat. dicere, sagen) bezeichnet.“[20] Die inquit -Formel und das verbum dicendi können aber auch eingespart werden (z. B. um Monotonie zu vermeiden oder um Neugier zu erzeugen). Die Formel hat den Status eines Hauptsatzes. Bei direkter Rede wird die Rede der Person dann zitiert (i. d. R. folgt ein Satzzeichen, z. B. Doppelpunkt oder Komma, die Rede wird mit Anführungszeichen versehen).

„Der Wechsel zwischen beiden Formen, auch innerhalb einer einzigen Redesituation, gibt dem Erzähler die Möglichkeit, Perspektive und Tempo zu variieren und so der Monotonie entgegenzusteuern.“[21] Dadurch wirkt die Szene „zugleich gedrängt und anschaulich“. Der Erzähler kann komplexe Gespräche aufbauen und „indirekt eine Vielfalt von Ereignissen, Figuren, Orten, Fragestellungen in den Roman integrieren“[22].

1.5.1) Die direkte Rede

Die „direkte Rede wirkt unmittelbar, der Leser vernimmt wie im Drama die Figur selbst; andererseits unterbricht sie spürbar den Erzählfluss – und dies umso stärker, je ausgedehnter sie ist.“[23] Die direkte Rede ist dialogisch und dramatisch aufgebaut. Sie ist die Handlung. Direkte Rede ist zeitdeckend. Bei Petersen weckt die direkte Rede bzw. der Dialog „den Eindruck von Objektivität, Unmittelbarkeit, fehlender epischer Reflexion“[24]. Friedemann sieht in dem Gebrauch der direkten Rede die Möglichkeit gegeben dem Leser aufzuzeigen, „was dem Betreffenden an seinem Stoffe am wichtigsten ist.[...]so wird durch jedes direkte Wort die Gestalt in den Vordergrund, oder – vertauschen wir räumliche Vorstellungen mit zeitlichen- in die Gegenwart gerückt“[25].

Gérard Genette nennt die direkte Rede „... ‚nachgeahmte’ oder fiktiv berichtende Rede, die die ‚reale’ Rede der Person unverändert wiedergeben soll.“[26] Als Beispiel führt er auf: „Ich sagte zu meiner Mutter (oder ich dachte): ich muss Albertine unbedingt heiraten.“[27]

Nach Martinez/Scheffel (die sich auch auf Genette beziehen) ist die autonome direkte Rede immer dann anzutreffen, wenn „Figurenrede wörtlich, ohne Kommentare eines Erzählers, ohne verba dicendi [...] und womöglich sogar ohne distanzierende Anführungszeichen präsentiert wird. In diesem Fall ist tatsächlich nur die Rede der erlebten Figuren im Rahmen der Erzählung gegenwärtig, die Distanz zum erzählten Geschehen scheint vollkommen reduziert und jede Vermittlungsinstanz ausgeschaltet zu sein“[28]. In der direkten Figurenrede dagegen „kommen die Figuren scheinbar ungefiltert zu Wort“[29], allerdings treten hier z. B. die Anführungszeichen und das verbum dicendi auf.

Funktionen der (direkten) Rede[30]

- Der Vorgang in der Rede und der unmittelbare Vorgang: Eine Rede kann sich als Teil eines Gesprächs herausstellen. Das Gespräch (die zweite Handlung) überspannt also jenen erzählten Vorgang (die Rede).
- Die Rede als Mittel der Personengestaltung: Charakterdarstellungen zeichnen sich durch ihren besonders großen Redeanteil aus: Sie dokumentieren die Seelenhaltungen des Menschen, aber auch die individuelle Charakteristik, sowie menschliche Reaktionen auf den Gegenüber.
- Die Rede als Mittel zur Ordnung und Schürzung erzählter Abläufe: Ein Geschehen in der Vergangenheit wird durch die Rede(die einen bestimmten Zeitrahmen innehat) einer Person aktualisiert. Dies geschieht zusätzlich noch vom Erzähler, der die Begebenheiten durch die „Auseinanderlegung und neue eigentümliche Verschlingung zweier Handlungsstränge“[31] ordnet.
- Die Verselbständigung der Rede zum Stilmittel des äußeren Aufbaus: Staffel- und Rahmentechnik bedienen sich des gesprochenen Wortes zur Wiedergabe „der nächst tieferen Staffel bzw. des Erzählungskerns.“[32] Das gesprochene Wort wird so das Medium des Erzählers der in einer höheren Schicht behaftet ist und dadurch zum Stilmittel.
- Die Beihilfe der Rede zum inneren Aufbau. – Ausblick auf die Vorgangbildung im Drama: Im Drama herrscht scheinbar die „Einheit der Zeit“ vor. Gesprochene und besprochene Zeit erhalten allerdings im Gegensatz dazu die Spannung aufrecht.
- Mitwirken an der Konstitution mehrerer Erzählniveaus, wie an der Festlegung eines bestimmten Erzählwinkels[33]

1.5.2) Das Gespräch

Die Rede ist stets ein Gespräch, das auf[34] ein persönliches Gegenüber zielt (z. B. Ansprache aber auch Selbstgespräch). Es ist also Zwiesprache.

Die Dialogstruktur des Gesprächs:

Ein Gespräch beginnt mit einer prall-gegenwärtigen Forderung. Es wird gleich zu Beginn ein Gipfelpunkt gesetzt. Der Forderung kann nur folgen: Zustimmung, Ablehnung und Ausweichen. Die beiden ersten Möglichkeiten ergäben dann eine „Zwiesprache der Bezeichneten Art mit Endgipfel“. Soll ein Gespräch fortgesetzt werden, bedarf es der „Erweiterung und Erweichung seiner Intension“[35]. Der Fortsetzung könnte eine Einführung der Redenden durch den Erzähler erfolgen. Das Gespräch wird dann ausgewogen fortgesetzt und unterhält eine elliptische Struktur. Durch Eingriffe des Erzählers wird eine stufenweise Steigerung hervorgebracht, ebenso eine Polarität und progressive Steigerung sowie Verengung und Ausbuchtung.

Nach Lämmert gibt es mehrere Dialogtypen:

- Das ausgewogene Gespräch(Wechselrede): Die Ursituation menschlicher Wechselrede: Wort und Antwort, Aspekt und Aspekt zahnen ineinander. Der Redeanteil ist ausgewogen. Ziel ist nach Anwurf und Widerspruch, erneutem Anwurf und modifiziertem Wiederspruch eine „Vereinigung auf einen oder Verschanzung hinter zwei unvereinbaren Standpunkten. Eine dritte Schlussmöglichkeit ist der Vollzug der Synthese durch den dritten übergeordneten Schiedsmann.“[36]
- Die Überredung: Es findet eine Häufung der Argumente statt. Grund und Gegengrund wechseln sich ab. Der Redeanteil einer Person überwiegt klar
- Berichtende Rede: Geschlossene Verläufe werden referiert.
- Handlungsgespräch: Verwesentlichung größerer, weitgespannter Vorgänge.

1.5.3) Die indirekte Rede

Genette[37] nennt die indirekte Rede transponierte Rede. Er definiert sie dadurch, dass „die Anwesenheit des Erzählers [...] bereits auf der Ebene der Syntax des Satzes so stark [ist], dass die Rede nie die dokumentarische Autonomie eines Zitats erlangt. Man geht eigentlich immer davon aus, dass der Erzähler diese Sätze nicht bloß in Nebensätze umwandelt, sondern die fremde Rede zugleich verdichtet und seiner eigenen Rede integriert, sie also seinem eigenen Stil gemäß interpretiert.“[38] (z. B. als gesprochene Rede: „Ich sagte meiner Mutter, dass ich Albertine unbedingt heiraten müsste.“ bzw. als innere Rede: „Ich dachte, dass ich Albertine unbedingt heiraten müsste“[39] ). Martinez/Scheffel sehen in der indirekten Personenrede das Prinzip verwirklicht „alles Gesagte“ darzustellen, „es fehlt jedoch die Wörtlichkeit, d. h. wir wissen in diesem Fall nicht, wie die >wirklich< gesprochenen Worte der Figur lauten. Dadurch, dass eine narrative Instanz hier die Rede eines anderen in die eigene Rede integriert, geht der individuelle Stil der Figurenrede [...] verloren.“[40] Petersen sieht in der indirekten Rede keine Beeinflussung oder Einfärbung zur Rede der Person gegeben. Es erscheinen nur „die Worte der Figur [...] als Worte des Narrators. [...] Vielmehr gibt die indirekte Rede ausschließlich die Sehweise der Figur wieder. Auch wenn statt gesprochener Worte Gedanken mitgeteilt werden, spricht zwar der Erzähler, vermittelt aber nichts von sich und seiner Einstellung, sondern lediglich die Figurenmeinung, die er aufgrund seiner Innensicht kennt.“[41] Friedemann sieht in der indirekten Rede am besten die Möglichkeit gegeben, „über die Art und Weise eines Gesprächs zu berichten [...] die Eigenart einer Unterhaltung zu charakterisieren, bei der es weniger auf das „Was“ als auf das „Wie“ ankommt.“[42] Diese Funktion kann aber gerade auch insbesondere beim Redebericht und anderen Formen der nicht direkten Redewiedergabe auftreten. Nach Lämmert[43] hebt die indirekte Rede die Personenaussage in den Erzählervortrag hinein. Die „Erzählerstimme [ist] führend, die Personenstimme schwingt begleitend mit. Der Erzähler zitiert nicht, sondern referiert oder erzählt die Personenrede.“[44] Dadurch wird der eigentliche Erzählfluss unterbrochen und eine Erzählinstanz wird „zwischen sprechende Figur und Leser geschaltet“[45]. Die Personenaussage wird überwiegend stärker gerafft und straffer auf das Wichtige hin ausgewählt. Die strenge Bindung an den Zeitablauf entfällt. Das Tempo kann der Erzähler selbst bestimmen und verändern. „Immer mehr kommt es dann zur bloßen Vermeldung des Gesprächsaktes durch den Erzähler, und damit verlieren sich die spezifischen Spannungsformen zwischen Erzähler- und Personenwort. – Auf oft unmerkliche Weise geht die indirekte Rede bei abnehmender Ausführlichkeit über in den Redebericht.“[46] Die indirekte Rede steht normalerweise im Nebensatz (der Hauptsatz enthält das verbum dicendi). Sie enthält keine Anführungszeichen, indikativische Verbformen werden in den Konjunktiv verschoben. Die Sprechende Figur erhält das Personalpronomina der dritten Person.[47] Durch die Konjunktivform und die Erzählung in der dritten Person bewirkt dies „eine Distanzierung sowohl des Erzählers wie der Leser von der Person und ihrer Rede“[48]. Die indirekte Rede kann auch „mehrere Äußerungen einer oder verschiedener Figuren zusammen, kann die Auffassung einer Gruppe oder Institution [...] oder gar „Volkes Stimme“ wiedergeben.“[49] Sie relativiert die Personenaussage. „In aller indirekten Rede schwingt auch ein Unterton der Ungewissheit, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Rede mit – bis hin zur Möglichkeit bewusster Täuschung und Unwahrhaftigkeit.“[50]

1.5.4) Der Redebericht

Die Rede wird als einseitiges Geschehen wiedergegeben. Von der Aussage bleibt nur noch das faktische Resultat übrig „ohne ihren Inhalt näher zu referieren oder der Figur das Wort zu erteilen. Es ist vornehmlich die Aktstruktur der Personenrede, kaum ihre Aussagestruktur, die in den Erzählerbericht aufgenommen wird“[51]. Der Redebericht hat eine starke Raffungstendenz, „löst sich weitgehend vom Wortlaut der Personenrede“[52] und rückt die Rede in eine bestimmte (z. T. ironische) Perspektive. Für Genette ist dies die „distanzierteste und [...] am stärksten reduzierendste Form. Er nennt sie narrativisierte oder erzählte Rede (z. B. „Ich teilte meiner Mutter meine Entscheidung mit, Albertine zu heiraten).[53]

Der Redebericht kann auch die Gesprächspartner mit ihren Eigenarten und die kommunikative Situation wiederspiegeln. Er hat u. a. eine gliedernde, überbrückende Funktion. „Kleine Redeberichte werdender direkten wie der indirekten Rede zwischengefügt, um einzelne Gesprächspartien abzuteilen, vor allem aber, um eine längere Gesprächsdauer wahrscheinlich zu machen.“[54] Bei der direkten Rede geschieht dies abrupt, bei der indirekten Rede dagegen durch gleitende Übergänge.

1.6) Bewusstseinsdarstellungen

Käte Friedemann beschreibt in ihrem Buch „Die Rolle des Erzählers in der Epik“ die Möglichkeit der Bewusstseinsdarstellung wie folgt: „In der epischen Kunst besteht die Möglichkeit, den Leser durch den Erzähler direkt von dem Inneren der geschilderten Menschen zu unterrichten. Die Aufgabe des Erzählers besteht dann bloß darin, es irgendwie wahrscheinlich zu machen, dass ihm die Kenntnis von dem zuteil geworden, was sich unseren Blicken entzieht.“[55]

Vogt unterscheidet, im Gegensatz zu Lämmert, die Personenrede und die Bewusstseinsdarstellung. Zum Bewusstsein gehören „unausgesprochene Gedanken, Wahrnehmungen und Gefühle von Handlungsfiguren“[56], die in der „direkten und indirekten Personenrede wie des auktorialen Redeberichts grundsätzlich auch dies Unausgesprochene mitteilen können, sofern nur die inquit -Formel durch verba credendi (von lat. credere, glauben meinen) also durch Verben des Denkens, Wahrnehmens oder Fühlens ersetzt [wird]“[57].

Vogt unterteilt die Bewusstseinsdarstellungen in verschiedene Kategorien[58]:

1.6.1) Der Gedankenbericht

Der Gedankenbericht verhält sich wie der Redebericht. Vogt zählt beide aber zum Erzählerbericht. Der Gedankenbericht wird „in der Dritten Person erzählt“ und ist „weniger am Innenleben ihrer Personen als an ihren äußeren „Schicksalen“ (wir würden sagen: an action) interessiert und berichtet deshalb, wo es nicht zu vermeiden ist, von Gedanken und Empfindungen in wahrhaft auktorialer, ja autoritärer Manier: nach Belieben zusammenfassend, wertend und zensierend, aber auch verschweigend – ohne die Figuren in irgendeiner Weise selbst zu Wort kommen zu lassen. Die „Aktstruktur“ dominiert, ganz ähnlich wie in vielen Redeberichten, eindeutig über die „Aussagestruktur“.“[59] Genette nennt den Gedankenbericht narrativisierte oder erzählte Rede (Genettes´ Beispiel: „Ich entschloß mich, Albertine zu heiraten.“). Ihr kann jedoch „die Erzählung der inneren Auseinandersetzung, die zu dieser Entscheidung geführt hat, und die der Erzähler in seinem eigenen Namen vorträgt“ vorausgehen. Diese kann sich sehr lange hinziehen. Genette nennt diese Form Analyse „die man als eine Erzählung von Gedanken oder als narrativisierte innere Rede auffassen kann.“[60]

Dorrit Cohn bezeichnet den Gedankenbericht als „ psycho-narration “. Dieser wird überall dort, wo „eine Erzählerfigur nicht fähig oder willens ist, ihre Wahrnehmungen, Gedanken oder Gefühle auch nur „stumm“ zu artikulieren, wo also die Techniken des stummen Selbstgesprächs, der erlebten Rede oder des Inneren Monologs nicht greifen“[61] benutzt. Drei Situationen sind hierfür ausschlaggebend: Zum einen bei Gedanken und Gefühlen von Kindern (da sie diese noch nicht adäquat artikulieren können) sowie zur Ironisierung einer Figur indem der Erzähler „ihr das Recht vorenthält, ihre Empfindungen selbst zur Sprache zu bringen.“[62]. Als letztes „wenn die Wahrnehmungen oder Empfindungen einer Figur der Kontrolle ihres wachen Bewusstseins entzogen sind“[63] (z. B. in Träumen, Halluzinationen, Visionen, u.ä.). Die Verben des Denkens werden dann durch Verben des Sehens ersetzt. Die Funktion der psycho-narration bezeichnet Cohn wie folgt: „Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung muß der Romancier, der die am wenigsten bewußten Schichten des psychischen Lebens nachzeichnen will, dies auf dem indirektesten Wege und mit der traditionellsten aller verfügbaren Techniken tun. Paradoxerweise kann psycho-narration als direktester, ja als einziger Weg überhaupt angesehen werden, der in die vorsprachlichen Tiefen des Bewusstseins führt. (S. 56)“.[64]

Die (stumme) indirekte Rede wird mit einem verbum credendi eingeleitet, der Nebensatz steht im Konjunktiv. Sie wird am „ehesten innerhalb von psycho-narration verwendet, wenn der Erzähler seinen Gedankenbericht durch Einsprengsel von subjektiver (stummer) Rede auflockern will, ohne zugleich den Erzählfaden ganz aus der Hand zu geben.“ „für den Ausdruck von spontanen, schnell wechselnden Gedanken und Gefühlen [ist sie] einfach zu schwerfällig.“[65]

1.6.2) Style indirect libre

Dieser Rede- und Gedankenbericht „befreit die[66] Personenaussage von der offenen Regie des Erzählers“. Der Erzähler bleibt aber noch das „mitteilende“ Organ („modulierendes Sprachrohr“). Die Rede wird im Präteritum und der dritten Person wiedergegeben. Die „Unmittelbarkeit der Aussage“ wird einerseits vorgespiegelt, während andererseits die „Mitteilungsfähigkeit des Erzählers“ sich auf das Innenleben der Personen ausdehnt. Personenaussage und Erzählerbericht „verschmelzen“ miteinander: Der Leser verfolgt „den Bewusstseins- und Redevorgang Schritt für Schritt“. „Die Person selbst steht in voller Gegenwärtigkeit vor dem Leser“. Petersen beschreibt dies mit „denn in der erlebten Rede treffen Erzählersicht und Figurensicht aufeinander, besser: sie verbinden sich miteinander.“[67] Äußere (ausführlich beschriebene) Vorgänge können „nur durch die mitläufig ‚erlebten Eindrücke’ der Person“ dargestellt werden. „Im äußersten Falle findet die außerpersönliche Wirklichkeit überhaupt keine erzählerische Gestaltung mehr“.

Nach Martinez/Scheffel bleibt in der erlebten Rede „der Stil der gesprochenen Sprache in dieser Form der Erzählung von Worten so erhalten, dass der Eindruck einer großen Nähe zur Figurenrede entsteht“[68]. Kennzeichen sind nach ihnen, dass wie anstatt in der Figurenrede die Rede von der ersten Person Indikativ Präsens in die dritte Person Indikativ Imperfekt transponiert wird. „Der Übergang vom reinen Erzählbericht zur Darstellung von Figurenrede“[69] kann dadurch nahtlos sein.

Genette stimmt mit den Äußerungen Lämmerts überein: „In der erlebten Rede[70] übernimmt der Erzähler die Figurenrede, d. h. die Figur spricht mit der Stimme des Erzählers und die beiden Instanzen werden vermengt“[71]. Neben der „Vermengung von Figur und Erzähler“ tritt nach Genette auch eine „Vermengung von Rede und Denken“[72] auf. Bei Genette kann die erlebte Rede auch in der 1. oder 2. Person stehen (z. B. „Ich beschloss, Albertine zu heiraten: ich war unsterblich in sie verliebt“). Allgemein lässt sich sagen, dass Genette keine Abhängigkeit von erster, zweiter oder dritter Person zu irgendeiner Form (z. B. auto-narration und psycho-narration bei Cohn) sieht[73]. Durch die Zweideutigkeit der Aussage sieht Genette für den Erzähler v. a. zwei Möglichkeiten der Funktion gegeben: die Aussage soll ironisiert werden oder das Denken der Figur steht im Gegensatz zu dem des Erzählers.[74]

Stanzel beschreibt in seiner „Theorie des Erzählens“, dass das „Wesen der erlebten Rede in der doppelten Sicht eines dargestellten Sachverhaltes durch einen Erzähler und durch eine Romanfigur angenommen wird. Die Doppelperspektive der erlebten Rede ist wiederum als eine besondere Ausdrucksform der Mittelbarkeit des Erzählens zu verstehen. In erlebter Rede treffen [...] der Erzähler als greifbare Verkörperung der Mittelbarkeit des Erzählens und die Illusion der Unmittelbarkeit durch Spiegelung der dargestellten Wirklichkeit im Bewusstsein eines personalen Mediums oder einer Reflektorfigur aufeinander. Durch den erzählerischen Kontext wird allerdings die personale Seite dieser Doppelperspektive meistens stärker gestützt als die auktoriale.“[75] Die erlebte Rede steht „nicht isoliert im Satz sondern im Zusammenhang mit anderen, verwandten Erscheinungen der Erzählweise“[76].

Was Lämmert (wie auch Roy Pascal: free indirect speech [77] ) als style indirect libre bezeichnet, bezeichnet Vogt als erlebte Rede und Dorrit Cohn als narrated monologue [78] . Nach Cohn scheint die „Erlebte Rede ihre Form und Wirkung aus der Spannung zwischen Erzählerbericht und (direkter) Personenrede zu gewinnen.“[79] Ebenso gut kann dies aber auch in indirekter Rede geschehen. Der erzählte Monolog steht im epischen Präteritum und eröffnet dem Leser eine verborgene, erkenntliche Beziehung zwischen Gesagtem und Gedanken. Cohn unterscheidet noch zwischen consonance (der Erzähler ist „im Einklang mit seiner Figur und deren Bewusstsein“[80] ) und disonance (eine „Spannung zwischen ihm [dem Erzähler] und der Figur, die er zu Wort kommen lässt“[81] tritt auf). Disonance wird besonders zur Ironisierung, Illusion und Selbsttäuschung einer Figur und ihren Gefühlen und Denkweisen benutzt.

Erlebte Rede kann aber nicht ohne Kontext stehen, oftmals wird sie durch indirekte Rede angekündigt (aber meist nicht mit der inquit-Formel oder einer Konjunktion). Vogt sieht durch die Erlebte Rede die Möglichkeit „das Figurenbewusstsein als Tiefendimension des Erzählgeschehens“[82] erschließen zu können. „Die erlebte Rede grundiert die direkte und unterläuft sie zugleich.“[83] Der Erzähler spricht mit. Es ist eine „Zwischenstellung zwischen direkter und indirekter Personenrede“, wobei die Erlebte Rede auch Gedanken und Gefühle behandeln kann. Cohn bemerkt dies, dass der „Bewusstseinsinhalt einer Figur mittelbarer als jene und direkter als diese“[84] wiedergegeben wird. Die erlebte Rede (bzw. hier der narrated monologue) kann „psychische Reaktionen unmerklich in den neutralen und objektiven Bericht von Handlungen, Szenen und Äußerungen integrieren“[85] aber sie signalisiert auch „höchste Anspannung, Erregung oder auch psychische Labilität und Gefährdung“[86].

Hinweise zum Erkennen der erlebten Rede sind[87]: deiktische Zeit – und Raumadverbien („morgen“, „hier“, „nun“) die sich auf den Figurenstandpunkt beziehen; affektive oder argumentative Interjektionen („gewiß“, „jedoch“); emphatische Ausrufe („Ach“); rhetorische Fragen; Modalverben mit subjektiver Qualität („hatte sie den Baum zu putzen“); explizite Gedankenankündungen („dachte sie“); ironische Untertöne, die den Erzähler erkennen lassen; Kennzeichen eines Inneren Monologs der Figur; quasi-auktoriale Verwendung der erlebten Rede, die unartikulierte, wirre, halbbewusste Regungen einer Figur versprachlicht. Durch dieses Fluktuieren ist erlebte Rede „besonders geeignet, subjektive, flüchtige, in sich widersprüchliche, affektiv betonte Zustände, Phasen und Reflexe der Psyche einzufangen“[88]

1.6.3) Monologue intérieur

Im Monologue intérieur mischen sich Rede- und Gedankenäußerung bis zur Unkenntlichkeit. Die Person macht sich „mit ihren Gedanken selbständig und isoliert sich vom Erzähler“. „Im inneren Monolog tritt dem Leser ein Ich gegenüber, das bereits die charakteristischen Merkmale einer Reflektorfigur aufweist: es erzählt nicht, wendet sich an keinen Zuhörer oder Leser, sondern spiegelt in seinem Bewusstsein seine eigene momentane Situation, einschließlich von Rückerinnerungen, die durch diese Situation aufgerufen werden. Die in einem inneren Monolog dargestellte äußere Welt erscheint also nur als Reflex im Bewusstsein der Ich –Figur“[89] wie Stanzel beschreibt. Das Ablauftempo ist variabel, in der Regel aber gedehnt, da „der Bewusstseinsakt schneller als das gesprochene Wort abläuft“. Der Monologue intérieur „kreist und strudelt um ganz bestimmte Komplexe“.

Andere Bezeichnungen des M onologue intérieurs sind stummer oder innerer Monolog, stumme direkte Rede sowie bei Dorrit Cohn quoted monologue (zitierter Monolog). Vogt kritisiert den Monologue intérieur dahingehend, dass dieser nur die „kommunikative (oder gerade nichtkommunikative) Funktion eines Bewusstseinsprozesses, nicht die sprachliche Form, die er im Erzähltext annimmt“[90] wiedergibt. Funktion des inneren Monologs ist die Wiedergabe des Bewusstseins Dritter (Gedanken ohne jede Veränderung und Gefühlsregungen), die „unmittelbaren Einblick in die Psyche und affektives Miterleben suggerieren.“[91] Vogt sieht den inneren Monolog auch als zeitdehnend an, er erkennt eine „Diskrepanz zwischen der Flüchtigkeit und assoziativen Struktur des Bewusstseinsprozesses einerseits, der Ausdehnung und syntaktisch-logischen Durchformung des Monologs andererseits“[92]. Kennzeichen[93] sind seine dialogische Strukturiertheit, („nimm dich zusammen“), die direkte Personenrede und die syntaktische Unabhängigkeit (z. T. neigt die Sprache zu syntaktischen Verkürzungen). Die Zeitform ist das Präsens, Indikativ, die erste Person wird benutzt. „Es fehlen verba credendi wie auch die Anführungszeichen“[94]. Der innere Monolog zeigt einen Kontrast zwischen Figur und Erzähler auf. „Prinzip ist es, das Figurenbewusstsein selbst ‚sprechen’ zu lassen: Wahrnehmungen, Empfindungen, Assoziationen aller Art, Erinnerungen, Überlegungen, auch bloße Lautfolgen ohne ausdrückliche Ankündigung oder Eingriff einer Erzählinstanz, ‚aufzuzeichnen’.“[95] Im inneren Monolog treten Fragen, unabgeschlossene Sätze und Ausrufezeichen, sowie das Auslassen von Artikeln, Präpositionen und Konjunktionen auf.

Genette benennt den inneren Monolog dagegen mit unmittelbare Rede [ discours immédiat ] („Ich muss Albertine unbedingt heiraten...“). Diese befreit sich „von Anfang an („von den ersten Zeilen an“) von jeder narrativen Vormundschaft“ und schiebt „sich sofort in den Vordergrund der ‚Szene’“.[96] Genette sieht diese Form am besten in einer Erzählung verwirklicht in der „von Anfang an der Person das Wort überlassen wurde, um so auch noch die letzten Spuren der narrativen Instanz zu tilgen.“[97] Dort „wird die höhere Instanz annulliert, und man hat es mit einer Erzählung im Präsens und „in der ersten Person“ zu tun.“[98] Wie die unmittelbare Rede schon sagt, muss sie „unmittelbar“ empfunden werden: „Unabhängig vom Umfang genügt es, dass er [der innere Monolog] sich selbst präsentiert, also ohne die Vermittlung einer narrativen Instanz, die er zum Schweigen verurteilt und deren Funktion er übernimmt.“ Der Erzähler tritt „völlig zurück und wird durch die Figur ersetzt. “ Trotz allem „wird die narrative Instanz (wenngleich mit dem nötigen Abstand) durch den Kontext aufrechterhalten.“[99]

Als eine Untergattung des inneren Monologs wäre noch der stream of consciousness zu nennen. „Die Information, die der Innere Monolog durch seine psychologisch-syntaktischen Verkürzungen ausspart, kann vom Leser aufgrund seiner Vorkenntnis rekonstruiert werden; zugleich wird durch solch implizite Rückgriffe die Kontinuität, das ‚Strömen’ des Bewusstseinsstroms anschaulich.“[100]. Im stream of consciousness können nur „ versprachlichte und insofern bewusste psychische Impulse ‚zu Wort kommen’“[101]. Benutzt wird die (stumme) direkte Personenrede. Eine andere Untergattung stellt die Monologerzählung (Jürgen Zenke) oder autonomous monologue (Dorrit Chon) dar. Dabei wird in der Erzählung ausschließlich der stumme Monolog als Erzählweise benutzt. „Inneres und äußeres Geschehen, sei es alltäglich-monoton oder dramatisch zugespitzt, fließen ineinander und werden, abgesehen von den Dialogpartien, nur in subjektiver Wahrnehmung, Empfindung und (stumm bleibender) Versprachlichung erfasst.“[102]

2. Figurenrede und Bewusstseinsdarstellung in Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“

2.1) Teil 1 (S. 3 bis S. 27, 7)

Die Personenrede in Gottfried Kellers Novelle „Kleider machen Leute“ beginnt schon mit der Überschrift derselben. „Kleider machen Leute!“ ist die Inschrift des letzten Schlittens der seldwyler Gesellschaft (S. 34, 2). Als Inschrift ist sie nicht direkt der Personenrede zuzuordnen und auch als Titel der Novelle kann sie nicht als Personenrede oder Bewußtseinsdarstellung erkannt werden. Im heutigen Sprachbewußtsein und in den Anmerkungen des Buches ist allerdings zu erkennen, dass der Ausdruck „Kleider machen Leute“ als geflügeltes Wort in unseren Sprachgebrauch aufgenommen wurde und so als Zitat einfloss[103]. Lämmert beschreibt diese Formen der Rede mit dem Ausdruck „vorganglose Formen der konkreten Beschreibung und der abstrakten Feststellung oder Erörterug“(s. o. ). Der Titel beschreibt mit diesem Ausdruck den hauptsächlichen Handlungsstrang der Erzählung. Als Zitat aus dieser ist er vom Leser nicht zu erkennen, der Leser erinnert sich vielmehr an die gleiche bekannte Redewendung.

Die Novelle beginnt Keller mit einem Erzählerbericht. Er beschreibt die Landschaft und fokalisiert sich sogleich auf den Schneider. Der Bericht beginnt neutral, erste Bewußtseinsdarstellungen streuen sich aber als auktorialer Gedankenbericht schon mit ein („...die Finger schmerzten ihn...“ (S. 3, 9), „...und er sah noch weniger ab, wo das geringste Mittagsbrot herwachsen sollte.“ (S. 3, 15f)). Diese erste Bewußtseinsdarstellungen sollen den Schneider charakterisieren und den Leser für die Lage des Schneiders sensibilisieren. Der Erzähler fährt nun mit der Personenbeschreibung des Schneiders fort und dringt abermals kurz in sein Bewußtsein ein: „Solcher Habitus war ihm zum Bedürfnis geworden, ohne dass er etwas Schlimmes oder Betrügerisches dabei im Schilde führte; vielmehr war er zufrieden...“(S. 3, 26 – 29). Hier fasst Keller wiederum das Bewusstsein des Schneiders, vielmehr seine Einstellung in einem Gedankenbericht zusammen. Die Erzählperspektive ist auf den Schneider ausgerichtet und so wird die Situation des Schneiders beschrieben. Ob der Schneider aber gerade auch über diese Situation nachdenkt, bzw. ob er diese auch in sein Bewußtsein ruft, lässt der Erzähler offen. Das Problem Gedankenbericht[104] oder erlebte Rede zeigt Vogt auch selbst auf: „Schließlich bleibt die Abgrenzung zwischen Erzählerbericht und erlebter Rede schwierig. Oft ist es nach Roy Pascals Beobachtung ’sogar unmöglich, gewisse Passagen mit Sicherheit dem Erzählerbericht oder der erlebten Rede zuzurechnen; möglicherweise geben weder die grammatische Form noch der sprachliche Stil, noch der Inhalt sichere Indizien.’(S. 38)“[105]. Dieses Problem wird ebenso in dem folgenden Absatz deutlich „Er konnte deshalb [...] geriet er in die größte Not. Näherte er sich einem Hause, so betrachteten ihn die Leute mit Verwunderung und Neugierde...“(S. 3, 35ff). Trotz allem tendiert dies eher zum Gedankenbericht als zur erlebten Rede. Im nächsten Abschnitt erwähnt Keller wiederum eher nebensächlich, daß der Schneider „bekümmert und geschwächt“(S. 4, 9) eine Anhöhe hinaufgeht. Hier ein deutlicher Gedankenbericht. Erlebte Rede ist in dieser Situation, da diese nicht handlungstragend aber auch nicht ganz unwichtig ist (da dadurch der Schneider die Kutsche besteigen kann), nicht nötig.

Die erste Auseinandersetzung mit der Personenrede erfolgt nun: Der Kutscher fragt in indirekter Rede den Schneider, ob dieser nicht mitfahren wolle (S. 4, 21f). Der Schneider nimmt dankbar an (S. 4, 26f). Obwohl dies für die spätere Handlung und die Geschichte der wichtigste Moment darstellt, wird in indirekter Rede berichtet. Dies hat hier wohl zwei Gründe: Der Erzähler will den Vorgang (noch) nicht aufbauschen. Die Geschichte soll sich erst noch aufbauen. Der Vorgang soll als nebensächlich erscheinen, damit der Leser weiterhin zum Geschehen hingeführt wird. Zweitens zeigt die indirekte Rede an, welche Bedeutung der Erzähler diesem Dialog beimisst. Auch er sieht ihn nicht als verlaufstragend an. Noch hat dieser Dialog keinerlei Auswirkungen und unter „gewöhnlichen“ Umständen hätte auch diese Handlung keinerlei Auswirkungen gehabt. Dadurch wird auch dem Schneider im voraus keine böse Absicht unterstellt werden können.

Es folgen weitere Gedankenberichte des Autors: Die Leute schauen „neugierig“(S. 4, 36), der Schneider „verdutzt“ (S. 5, 2) und er „schien ihnen wenigstens ein geheimnisvoller Prinz oder Grafensohn zu sein.“ (S. 5, 4-6). Die Gedankenberichte sind hier neutral und gerafft dargestellt. Der erste und der letzte sind Zusammenfassungen von Gedanken mehrerer Personen, solche Gedankenberichte als erlebte Rede Mehrerer tauchen (zumindest bei Vogt, Genette, u.a.) nicht auf.

Auch der folgende Abschnitt kann als erlebte Rede einerseits als auch als Gedankenbericht des Autors andererseits gewertet werden. Keller beschreibt den Weg des Schneiders ins Gasthaus. Anfangs klar Erzählerbericht („Der Raum zwischen dem Reisewagen und der Pforte...“ S. 5, 6), folgt eine Frage („Mochte er nun der Mangel an Geistesgegenwart oder an Mut sein, den Haufen zu durchbrechen und einfach seines Weges zu gehen...“ S. 5, 9ff) im rhetorischen Stil, nach Vogt (s. o.) Zeichen der erlebten Rede, ebenso wie der ironische Unterton und die persönliche Sprache (Keller würde wohl eher „Ansammlung“ statt „Haufen“ sagen). Trotz allem liest sich der Abschnitt im gesamten eher neutral und dem Erzähler zugehörig, als dem Gedankengang des Schneiders. Auch hier haben wir also das selbe Problem wie oben. Klar dem Gedankenbericht zugehörig sind die Passagen „ließ sich willenlos [...] und bemerkte seine neue, seltsame Lage erst recht,...“ (S. 5, 11ff), da dies raffend dargestellt und klar dem Erzähler zugehörig ist.

Es folgt ein längerer Abschnitt in direkter Rede: Ein Dialog zwischen dem Waagwirt und der Köchin über das Essen (S.5, 17 – S.7, 19). Funktion der direkten Rede ist die Szene zu beleben. Nach dem Erzählerbericht kommen Personen zu Wort. Die Situation wird hierdurch einerseits aufgelockert, die Spannung andererseits dadurch auch erhöht. Im Anschluss dieser längeren Passage der direkten Rede folgt eine Bewusstseinsdarstellung des Schneiders („befand sich der Schneider in der peinlichen Angst [...] vor kurzem noch nach einiger Nahrung gesehnt hatte, so ängstlich wünschte er jetzt der drohenden Mahlzeit zu entfliehen. Endlich faßte er sich einen Mut...“, S. 7, 20f/23-25). Keller beginnt die Passage nach dieser direkten Rede mit dem Gedankenbericht. Er berichtet allgemein und recht unspezifisch über die „Angst“ des Schneiders. Danach fokussiert sich allerdings der Gedankenbericht auf die Flucht, tritt aber nicht in die erlebte Rede ein. Denn nach dieser Fokussierung verwässert der Gedankenbericht wieder in das allgemeine Geschehen. Der Fluchtdrang soll hier noch nicht detailliert dargestellt werden. Er soll die Gutmütigkeit des Schneiders untermauern und aufzeigen, dass die entstehende Situation nicht von ihm gewollt ist, sondern dass dieser schon zu Beginn der Ereignisse versucht, diesen zu umgehen. Der nächste Gedankenbericht („aber in seiner Verwirrung [...] so glaubte der Kellner [...] jener suche eine gewisse Bequemlichkeit“ S. 7, 28-32) leitet auf die Pointe hin, die mit der direkten Rede („Erlauben Sie gefälligst, mein Herr, ich werde ihnen den Weg weisen!“, S. 7, 33f) einsetzt und diese dann auch durch den weiteren Verlauf lebendig und witzig erscheinen läßt. Als nun der Schneider Zeit zum Nachdenken hat, bedient sich Keller der erlebten Rede, wobei dies auch in enger Anlehnung an den Gedankenbericht geschieht: „Dort lehnte er sich seufzend an die Wand und wünschte der goldenen Freiheit der Landstraße wieder teilhaftig zu sein, welche ihm jetzt, so schlecht das Wetter war, als das höchste Glück erschien.“(S. 8, 4-7) Der Erzähler gibt den gedanken wieder; der Leser erlebt ihn. Hier als Kennzeichen der erlebten Rede sind die deiktischen Zeitadverbien „wieder“ und „jetzt“. Die von Cohn angeführte Disonance tritt klar zu tage, vor allem aber im nächsten Absatz der die erlebte Rede erläutert: „Doch verwickelte er sich jetzt in die erste selbsttätige Lüge, weil er in dem verschlossenen Raume ein wenig verweilte, und er betrat hiemit den abschüssigen Weg des Bösen.“(S. 8, 8-11). Die Gedanken des Schneiders, die zuerst klar geschildert werden und dem Leser aufdrängen, dass der Schneider nun (auch geistig) umkehrt und „das Weite sucht“ werden durch den Bruch des Erzählers und dessen Kommentar („verwickelte er sich in die erste selbsttätige Lüge“) wieder zurechtgerückt. Der Erzähler beschreibt hier keineswegs den Wendepunkt, sondern er teilt die Entscheidng des Schneiders aus seiner Erzählperspektive mit. Die Erzählzeit und die erzählte Zeit sind keineswegs deckend. Die erzählte Zeit (und dadurch auch die Gedanken des Schneiders) ist zeitlich länger als die Erzählzeit. Nach dieser ersten möglichen Umkehr Strapinskis kehrt Keller sogleich zum Erzählvorgang zurück. Die komische Sequenz wird beibehalten. Dies geschieht abermals durch die gutgläubige Rede des Wirtes, wieder in direkter Rede, um das eigentliche Geschehen leichter bewußt zu machen und lebendig zu gestalten (S. 8, 13-18). Im nächsten Abschnitt wechseln sich Gedanken- und Redebericht ab(S. 8, 29 – 9, 7): der Schneider kommt „melancholisch“ und wird vom Wirt mit „hundert Komplimenten und Handreibungen“ begleitet und „an den Tisch gebeten“. Der Schneider riecht die Suppe und wird nun „vollends seines Willens beraubt, so ließ er sich in Gottes Namen nieder...“. Diese kleine Passaage, nicht ganz einen Satz lang (S. 8, 27f) wird in erleber Rede („seines Willens beraubt“, „in Gottes Namen“) wiedergegeben, da bei diesen Gedanken der Schneider sich bei seiner Entscheidung bestätigt fühlt. Nun setzt der Gedanken- und Redebericht wieder ein: Das tiefe Schweigen erkennt der Wirt als Zufriedenheit des vermeintlichen Adligen. Er muntert diesen auf noch mehr zu essen, der Schneider „von Sorgen gequält, wagte in seiner Blödigkeit nicht“ die Forelle mit dem Messer zu essen. Dem raffenden Bericht folgt nun, wieder als komische Sequenz, die direkte Rede der Köchin und des Wirtes (S. 9, 9-22). Wieder wird die Szene dadurch belebt. Der Erzähler knüpft nun aber an seinen letzten Kommentar an und mischt in diesen Gedankenbericht mit indirekte Rede: „Da beging der Schneider den zweiten selbsttätigen Fehler, indem er aus Gehorsam ja statt nein sagte“(S. 9, 22-24). Keller legt hier nicht soviel Wert darauf, die Gedanken des Schneiders wiederzugeben oder sein Tun bzw. sein Ja zu erläutern, er möchte es eher bewerten. Es ist ihm wichtig, dass der Schneider abermals einen Fehler begeht. Welcher Gehorsam ihn zum Ja-Sagen, zum Fehler, bringt spielt hierbei keine Rolle. Der Erzähler schiebt nun wieder eine erlebte Rede des Wirtes ein: „denn es lag ihm alles daran, daß man sagen könne, es sei etwas Rechtes im Ort zu haben.“(S. 9, 26f) Der Wirt soll durch diese Gedanken, wie auch durch die direkte Rede als naive Persönlichkeit dargestellt werden. Seine Gedanken sind von einfacher Natur. Die nächsten Gedankenberichte sind im Erzählbericht eingebettet und sollen hier auch nur die Persönlichkeiten untermauern („aus bösem Gewissen“, „voll Freuden“, S. 9, 29/39). Der Dialog zwischen der Köchin und dem Wirt untermauert deren Naivität und die komische Szene (S. 9, 31-36). Dem Verlauf der Mahlzeit folgt ein Gedankenbericht („vielmehr begann der Hunger, der immerfort so gefährlich gereizt wurde, nun den Schrecken zu überwinden, und als die Pastete von Rebhühnern erschien, schlug die Stimmung des Schneiders gleichzeitig um, und ein fester Gedanke begann sich in ihm zu bilden.“(S. 10, 7-12), der die Einleitung zu einem inneren Monolog darstellt. Der Gedankenbericht soll also hier nur den inneren Monolog ankündigen und ihn im Kontext von Gedanken erscheinen lassen, so daß der innere Monolog des Schneiders nicht plötzlich auftaucht. Die Funktion und der Gebrauch des inneren Monologs in diesem Abschnitt ist deshalb angebracht, da der Schneider erstmals bewußt und mit voller Absicht eine „handelnde Aussage“ begeht. Bisher wurde er in die Situation hineingedrängt und leistete keine Gegenwehr. Nun nutzt er die Situation für sich und drängt sich selbst noch mit hinein: „Es ist jetzt einmal wie es ist![...]kann mir kein König rauben!’“(S. 10, 12-22). Nach diesem inneren Monolog setzt der Schneider seine Gedanken in die Tat um. Um dies zu verdeutlichen untermauert Keller seinen Erzählerbericht mit Gedankenberichten („mit dem Mute der Verzweiflung[...]ohne an ein Aufhören zu denken[...]nur besorgt, sein Ränzchen voll zu packen, ehe das Verhängnis hereinbräche...“(S. 10, 22/23f/28-30). Jetzt kehrt der Erzähler nachdem er den Gedanken des Schneiders gefolgt ist, zu dem Geschehen (der Mahlzeit) zurück. Um den Leser die humoristische Passage wieder ins Gedächtnis zu bringen, wendet der Erzähler der direkten Rede an (S. 10, 36.-S. 11, 10). Die Situation wird wieder anschaulich, lebendig und vor allem witzig. Nun erfährt das Geschehen eine Wendung. Die Erzählung fokussiert sich auf den Kutscher. Die Spannung wird erhöht, indem zuerst die „Angehörigen des Gasthofes“ in indirekter Rede den Kutscher befragen, wer der Mitfahrer sei und wie er heiße (S. 11, 16-18). Die Frage, obwohl in indirekter Rede vorgetragen, erhöht die Spannung eben auch dadurch, das der Erzähler vor und nach der indirekten Rede noch wertende Kommentare hinzufügt („nun nicht länger enthalten[...]eh´ es zu spät wurde[...]Der Kutscher, ein schalkhafter und durchtriebener Kerl“, S. 11, 16ff). Gerade durch diese Kommentare, die in direkter Rede entfallen wären, kann sich die Spannung besser aufbauen, die sich dann gerade in direkter Rede entlädt. Die Antwort des Kutschers ist von großer Wichtigkeit für den weiteren Verlauf, die Spannung entlädt sich dadurch fürs Erste, hält sich aber weiterhin noch aufrecht (S. 11, 21-25). Die nun folgenden Gedanken des Kutschers („...wie er glaubte, statt ihm für seine Gefälligkeit ein Wort des Dankes und des Abschiedes zu sagen, sich ohne Umsehen in das Haus begeben hatte und den Herren spielte.“, S. 11, 27-31) sind in erlebter Rede wiedergegeben. Der Leser versetzt sich in den Kutscher hinein und erfährt dessen Gedanken, wie er sie sieht (insbesondere zu sehen bei: „...und den Herren spielte.“, S.11, 30f). Das Verhalten des Kutschers ist dadurch nachvollziehbar und leitet auf die allgemeinen Gedanken der Leute weiter („...und alles ward so in der Ordnung befunden und dem guten Schneider aufs Kerbholz gebracht.“, S. 11, 35f). Die neuen Erkenntnissse anwendend befragt der Wirt nun den vermeintlichen Grafen nach einem Nachtisch (S. 12, 8-11). Das Benutzen der indirekten Rede unterstreicht das Verhalten des Wirtes. Durch die indirekte Rede, drängt sich der Wirt mit seinem Wissen nicht auf. Die Frage und die Erkenntnis, dass ein Graf hier speist und nächtigt soll nebensächlich dargestellt werden. Der Schneider wird nicht direkt damit konfrontiert und kann so auch nicht mit direkten Gedanken sondern nur in einem Gedankenbericht („...da erblaßte der arme Strapinski, verwirrte sich von neuem und erwiderte gar nichts“ S. 12, 11ff) reagieren. Die nun folgende direkte Rede des Wirts („’Höchst interesant!’ brummte der Wirt“ S. 12, 14) erzeugt abermals eine Spannung, die dann in dem Erzählerbericht aber wieder abflacht.

In der nun folgenden Szene, in der die Neuankömmlinge zuerst beschrieben werden leitet eine Charakterdarstellung („...weswegen sie selbst die Welt sattsam zu kennen glaubten.“ S. 13, 5f) in erlebte Rede über. Sehr nah am inneren Monolog angelehnt werden die Gedanken der Gesellschaft dargelegt. Trotz allem zeigt der Gesamtzusammenhang in dem die Gedanken stehen, die erlebte Rede an. Die Gedanken werden scheinbar zwar direkt, aber in einem indirekten Zusammenhang (3. Person Plural, Präteritum) wiedergegeben: „Also das sollte ein polnischer Graf sein? Den Wagen hatten sie freilich von ihrem Comptoirstuhl aus gesehen; auch wußte man nicht, ob der Wirt den Grafen oder dieser jenen bewirte; doch hatte der Wirt bis jetzt noch keine dummen Streiche gemacht; er war vielmehr als ein ziemlich schlauer Kopf bekannt,...“ (S. 13, 8-14). Um die Gedanken der Gesellschaft wieder kurze Zeit später aufzugreifen bedient sich Keller abermals der erlebten Rede („galt es einen Schluck trefflichen Kaffe zu nehmen und dem Polacken, wie sie den Scheneider bereits nannten, mit gutem Rauchzeug aufzuwarten, damit er immer mehr röche, wo er eigentlich wäre.“, S. 13, 21-25). Ein Wechsel in den Gedankenbericht wäre auch nicht angebracht, da dieser die Situation entkrampfen und objektiver darstellen würde. Die vorhergehende erlebte Rede und die folgende direkte Rede (S. 13, 26- S. 14, 4) zieht in diesem Kontext auch die erlebte Rede mit sich. Die direkte Rede wiederum versucht die Situation zu entspannen und eine lockere Atmosphäre zu erzeugen. In dieser wiederum „plätschert“ nun der weitere Verlauf vor sich hin. Eine neue Umgebung soll den Verlauf nun verändern. Die Gesellschaft wünscht auszufahren und lädt den Schneider hierzu ein. Die Einladung und der Entschluss zum Ausfahren werden in indirekter Rede wiedergegeben (S.14, 10-21) um eine Zwangslosigkeit damit zu erreichen. Der (gesellschaftliche) Druck auf den Schneider ist scheinbar nicht gegeben. Die zeitgleiche Entspannung der Situation zieht aber auch eine Chance des Entrinnens des Schneiders mit sich. Auch diese Gedanken des Schneiders in erlebter Rede wiedergegeben (S. 14, 22-29) lassen den Leser darauf schliessen, dass der Fluchtversuch gelingen könnte. Durch diese Gedankendarstellung stellt sich der Leser auf die Seite Strapinskis und hofft ebenfalls mit ihm auf einen guten Ausgang. Auch hier folgt, um nicht aus dem Kontext gerissen zu werden, die indirekte Rede (S. 14, 27f, sowie S. 14, 35f) der erlebten Rede. Die direkte Rede dagegen wird immer dann eingesetzt, wenn die Umwelt des Schneiders ihn klar als Graf bzw. Adligen zu erkennen glaubt. Gerade auch dann benutzt diese der Erzähler, wenn die Spannung etwas zurückgeht und er die Erzählung wieder komisch gestalten will (S. 15, 4f: „Es ist richtig, es ist jedenfalls ein Herr!“; S. 16, 15f: „Es ist ein vollkommener Junker!“). Zur Untermauerung der Stellung des adligen Grafen, ohne Komik, um die weitere Umwelt ebenfalls in den Glauben zu ziehen, benutzt Keller die indirekte Rede („während der Hausherr im Hause die Kunde herumtrug, es sei ein vornehmer Graf da, ein Polacke,...“, S. 15, 16ff). Um die Erzählung nicht allzu oft zu brechen, wird während des Erzählvortrags der Redebericht benutzt („...wurde belobt...“ S. 15, 14; „Strapinski, welcher die Teilnahme aus verschiedenen Gründen ablehnen mußte, wurde eingeladen zuzusehen, denn das schien ihnen imerhin der Mühe wert...“ S. 15, 26-S.16,5). Dieser ist so in die Erzählung eingebettet, das der Erzählfluss exakt erhalten bleibt und ihn nicht dehnt oder rafft. In dem Redebericht setzt Keller auch einen Gedankenbericht ein, der in dem Kontext kaum auffällt („Strapinski wußte hier auch am besten Bescheid; denn er brauchte nur[...]Wenn er diese Redensarten auch nur sparsam, mit einer gewissen Bescheidenheit und stets mit einem schwermütigen Lächeln vorbrachte, so erreichte er damit nur eine größere Wirkung;“, S. 16, 5-15). Sie ist nah an die erlebte Rede angelehnt, durch den Stil aber noch als Gedankenbericht erkennbar.

Die nun folgende Szene, die der Erzähler gleich im voraus als inneren Monolog kennzeichnet („Nur Melchior Böhni,sagte zu sich selbst:“, S. 16, 17ff) erhöht die Spannung auf das Äußerste. Gerade dieser innere Monolog („Ich sehe es kommen, daß es wieder einen Goldacher Putsch gibt,[...]Nun ich werde mich hüten den Verlauf zu stören!“, S. 16, 19-25) ist es aber, der den Verlauf und die Erzählung verändert. Erstmals durchschaut eine Figur die falsche Idendität des Grafen Strapinski. Die Figur ist sich aber selbst noch nicht sicher bezüglich des Verdachtes und wartet ab. Der innere Monolog ist hier angebracht um die Spannung zu erhöhen und die Erzählung lebendig zu gestalten. Ein Gedankenbericht oder eine erlebte Rede hätte nicht den Zweck erfüllen können, den Verdacht angebracht zu äußern, da durch das Mitschwingen der Erzählerstimme die Gedanken subjektiv wiedergegeben worden wären. Der Autor, der sich der Situation bewußt ist und die Verwechslung kennt, hätte die Spannung nicht durch eine andere Gedankendarstellung erhöhen können. Die fehlenden Anführungszeichen sollen hier wohl eher untermauern, dass Gedanken und keine Worte wiedergegeben werden. Die nächste Szene wird durch einen Redebericht eröffnet („...ein allgemeines Hasardspiel vorgeschlagen wurde.“, S. 16, 32f). Der Redebericht verdeutlicht, dass dies zur Aktstruktur der Erzählung zählt. Er leitet in das neue Geschehen über, der Leser wird sich im voraus schon bewußt, dass abermals für den Schneider Probleme auftauchen könnten und werden. Das so auch kommende Problem: Das Fehlen von Geld zum Spiel („Ich habe nicht ein solches Geldstück“, S. 16, 36f) wirkt in der direkten Rede dramatisierend. Der Schneider scheint kurz vor seiner Entdeckung zu stehen. Böhni, der Zweifel regt, könnte nun diesen Versuch starten, doch statt dessen steht er dem Schneider bei. Die Gedanken der Gesellschaft im Gedankenbericht(S. 17, 3ff) wiedergegeben, zeigen auf, dass die übrigen Teilnehmer des Spiels weder Verdacht schöpfen noch irgendwelche Zweifel gegen den vermeintlichen Grafen hegen. Auch der Schneider wird, um ihn zu charakterisieren, als Gedankenbericht wiedergegeben („...verwirrt[...]still und ruhig[...]nicht ohne Furcht, dass alles ein Traum sei.“, S. 17, 8/13/20f). Erst als dem Buchhalter abermals Zweifel kommen, wird dieser im inneren Monolog zitiert: „Böhni[...]dachte: den Teufel fährt der in einem vierspännigen Wagen!“. Funktion des inneren Monologs ist abermals die Steigerung der Spannung. Der Leser versetzt sich in das Geschehen hinein. Ihm ist der wahre Strapinski bekannt und seine Symphatien liegen auch bei diesem und nicht bei der naiven Gesellschaft. Abermals benutzt der Erzähler keine Anführungszeichen. Der innere Monolog ist also abermals nicht klar ersichtlich. Der Autor dürfte dies durchaus beabsichtigt haben. Dadurch glaubt der Leser, das dies eventuell nur ein Gedankenbericht sein könnte. Böhni könnte also noch zusätzlich zu diesem Gedanken („der Graf ist kein Graf“) eine Entlarvungstheorie entwickelt haben, die der Erzähler aber dem Leser nicht mitteilen will. Dadurch das keine Anführungszeichen gesetzt sind, bleibt also diese Möglichkeit offen. Um aber kein allzu großen Interpretationsspielraum zu gewähren schließt sich abermals ein Gedankenbericht an, der das Vorgehen und die Sichtweise von Böhni erläutert (S. 17, 25-29). Der folgende Gedankenbericht des Schneiders („nahm jetzo seine Gedanken zusammen...“, S. 17, 30-36) passt so als Reaktion des Autors (und dadurch auch als indirekte Reaktion des Schneiders) auf die Gedanken Böhnis in die Struktur der Erzählung. Der Gedankenbericht erläutert zwar die Wichtigkeit der Gedanken, der Erzähler kann sie aber so nach seiner Intension zusammenfassen und bearbeiten, dass die Gedanken nicht so schwerwiegend dargestellt sind, wie sie Strapinski erscheinen.

Den Ausreißversuch Strapinskis beschreibt der Autor in einem Erzählbericht. Auch das Kommen des Amtsrates mit seiner Tochter Nettchen ist in einem Erzählbericht gehalten. Dieser wird jäh durch die direkte Rede (S. 18, 23-28)des Amtsrates gebrochen. Der Schnitt in der Erzählung wird eben durch die direkte Rede vollzogen. Die Möglichkeit der Flucht erhält abrupt ein Ende als der Graf angesprochen wird. Die direkte Rede bringt dies unmittelbar hervor.

Ob der folgende Satz („Denn eine neue Wendung war eingetreten, ein Fräulein beschritt den Schauplatz der Ereignisse.“, S. 18, 31ff)den Gedanken des Schneiders oder des Erzählers angehören ist nicht ersichtlich und vom Erzähler wohl auch so bewußt gewählt. Als wertender Erzählerbericht beschreibt er nur die Situation. Als Gedankenbericht des Schneiders aber zeigt er die Veränderung auf, dass der Schneider nicht mehr Willens ist, wegen Nettchen, sofort die Flucht zu ergreifen. Nun wechselt der Erzähler die Perspektive und richtet sein Blick auf das Fräulein. Zuerst beschreibt er ihre Gedanken in einem raffenden Gedankenbericht (S. 18, 35-S. 19, 2), dann wechselt er augenblicklich in den inneren Monolog(„Da sieht man, fuhr es ihr durch den Sinn, je nobler, desto bescheidener und unverdorbener;...“, S. 19, 2-6). Der Monolog zeigt auf, wie sich das Mädchen zu verlieben beginnt. Der Leser soll sich bewusst sein, dass sich hier eine Liebelei beginnt aufzubauen. Um dies dem Leser am besten zu verdeutlichen bedient sich Keller dieser Redevariante. Der Redebericht folgt diesem nun, damit der Erzähler seine subjektiven Wahrnehmungen und seine Wertungen und Beschreibungen mit in die Rede aufnehmen und so auch dadurch das Verlieben aufzeigen kann („Sie grüßte[...]auf das holdseligste, indem sie auch lieblich errötete[...]begann er nun unwillkürlich, etwas gesuchter zu sprechen, und mischte allerhand polnische Brocken in die Rede...“, S. 19, 7-19). Doch auch nach dem gescheiterten Fluchtversuch zeigt sich dem Leser in den Gedanken des Schneiders eine Symphatie auf, die der Erzähler zuerst in einem Gedankenbericht (sehr nah an der erlebten Rede gehalten) wiedergibt, um dann in einen kurzen inneren Monolog zu verfallen. Der Gedankenbericht (S. 19, 22-28) führt zum inneren Monolog hin und stellt den Leser auf die Seite des Schneiders. Der innere Monolog (S. 19, 28ff) soll das aufkommende Verlieben des Schneiders verdeutlichen und die Sympathien für die Figur auf Seiten des Lesers stärken. Die Anführungszeichen fehlen, da dadurch der Leser auch die folgenden Sätze (S. 19, 31-36) als inneren Monolog des Schneiders verstehen könnte. Die folgenden Redeberichte (S. 20, 1-9) sind in die Erzählweise eingebunden und bedürfen daher weder der direkten noch der indirekten Rede. Der Gedankenbericht des Schneiders über das Lied (S. 20, 10-14) soll den Leser zu diesem hinführen. Die direkte Rede bei dem Lied selbst (S. 20, 18-25) und die Reaktion der Gesellschaft (S. 20, 26ff) sollen deren Naivität verdeutlichen, sowie die Komik, die darin und dadurch zu Tage tritt. Der weitere Erzählbericht schließt abermals Redeberichte und Gedankenberichte ein (S. 21, 1/4/6/10/13f). Diese untermauern die Erzählung und dienen des berichtenden Stils der Erzählung. Der dann folgende Dialog (S. 21, 14-30) in direkter Rede wiedergegeben und der Redebericht bzw. die indirekte Rede des Wirtes (S. 21, 33-S.22,2) zeigen abermals auf, dass das Verhalten und die Worte des Schneiders immer umgedeutet bzw. in nur eine Richtung gedeutet werden: Der Schneider ist ein politisch verfolgter Graf. Der Dialog zeigt dies zuerst auf und lässt die Worte objektiv erscheinen. Die folgende indirekte Rede bzw. der Redebericht verstärken dies.

Die indirekte Rede (S. 22, 15-21), am nächsten Morgen von Dienstboten an den Schneider gerichtet, soll auch dem Leser den Tagesanbruch sanft verdeutlichen. Ebenso sanft soll dem Leser dann wieder die Situation vor Augen gehalten werden mit einem Gedankenbericht des Erzählers über die Gedanken der Goldacher (S. 22, 23-34). Nachdem die Gedanken der Gesellschaft über den gestrigen Tage beschrieben wurden, wird nun in erlebter Rede (S. 23, 1-6) das Bewußtsein des Schneiders wiedergegeben. Die erlebte Rede fungiert hier als Sprachrohr des Erzählers, aber als objektive Darstellung der Gedanken des Schneiders. Der Leser setzt sich zwischen den Erzähler und den Schneider. Nach dem langen Erzählbericht, indem die Stadt vorgestellt wird, kehrt Keller auf den Schneider zurück und zeigt dem Leser auf, welchen Eindruck die Stadt auf diesen gemacht hat. Um dies nicht so fernab des Schneiders darzustellen benutzt er hierfür wieder die erlebte Rede, recht nah allerdings am Gedankenbericht (S. 25, 6-20).

In diesem Augenblick führt der Erzähler die erlebte Rede fort und zwar gerade dann, als sich der Schneider „zum letzten Male“ die Fluchtmöglichkeit vor Augen führt. Zuerst denkt der Leser der Erzähler kehrt zum Erzählbericht zurück, nachdem er kurz den Gedanken angeschnitten hat („und wie er nun so über das freie Feld hinblickte, meldete sich zum letzten Male der pflichtgemäße Gedanke, seinen Weg unverweilt fortzusetzen.“, S. 25, 23ff). Der Erzähler beschreibt die Lage des Schneiders (S. 25, 25ff) und kehrt während dieser Beschreibung in die erlebte Rede zurück („...Glück, Genuß und Verschuldung, ein geheimnisvolles Schicksal winkten dort; von der Feldseite her aber glänzte die freie Ferne; Arbeit, Entbehrung, Armut, Dunkelheit harrten dort, aber auch ein gutes Gewissen und ein ruhiger Wandel; dieses fühlend, wollte er denn auch entschlossen ins Feld abschenken...“, S. 25, 34-26, 5). Erst am Ende der Gedanken offenbart sich, dass diese Darstellung zu dem Schneider gehört („dieses fühlend“) und hier nicht der Erzähler spricht. Der Autor hat hier die erlebte Rede ganz bewußt angewendet: Der Leser fühlt sich den Gedanken Strapinskis näher, aber auch nicht zu nah, um nicht vollkommen objektiv die Lage beurteilen zu können. Der innere Monolog würde hier spezielle Assoziationen des Schneiders hervorrufen. Die erlebte Rede dagegen, kann in jedem Leser selbst bestimmte, eigene persönliche Assoziationen hervorrufen. Der Leser entscheidet sich selbst, ob er fliehen würde oder nicht. Die Entscheidung des Lesers und des Schneiders wird aber beiden in dem Augenblick abgenommen, als das Fräulein die Szene betritt (S. 26, 5-18). Egal, wie sich Leser oder Schneider entschieden hätten, beide müssen zur Stadt zurückkehren. Die Entscheidung und die Möglichkeit zur Flucht sind ihnen abgenommen worden.

Die dann folgenden Gedankenberichte sollen seine situation und sein Verhalten aufzeigen (S. 26, 24ff/S. 26, 30-34).

2.2) Teil 2 (S. 27, 8 bis S. 40, 32)

Der folgende Teil der Erzählung beginnt mit einem Bericht in dem Gedankenberichte des Schneiders eingebettet sind (S. 27, 8-24). Auch dieser hat die Funktion den Schneider, seine Situation und seine Ehrlichkeit darzustellen. Der Erzähler untermauert so die Position des Schneiders, der ohne Zutun in diese heikle Situation kam. Durch den Bericht solidarisiert sich der Leser mit dem Schneider und seiner ungewollten Situation. Dieses wird gerade durch den Gedankenbericht hervorgerufen, da hier der Erzähler den Blick des Lesers klar lenken kann.

Die Erzählung könnte sich nun weiter hinziehen, doch zwei Veränderungen tun sich auf. Erstmals hat der Schneider wirklich die Möglichkeit zu verschwinden. Die Gedanken darüber werden abermals in erlebter Rede(S. 28, 1-21) wiedergegeben. Die Spannung wird dadurch erhöht, der Leser sensibilisiert sich nun stark für das Geschehen. Er vollzieht die Gedanken des Schneiders nach. Dadurch wird die Hoffnung auf einen guten Ausgang genährt. Der dann folgende Bericht, indem auch Redeberichte („..schon manche Redensarten im Umlauf...Gräfin genannt wurde.“, S. 28, 25/27) und Gedankenberichte („zu erfreuen hatte“, S. 28, 24) auftauchen, mindert diese Hoffnung aber wieder. Der Leser und der Schneider hegen die gleichen Gedanken („Wie konnte er diesem Wesen nun eine solche Entwicklung bereiten? Wie konnte er das Schicksal, das ihn gewaltsam so erhöht hatte, so frevelhaft Lügen strafen und sich selbst beschämen?“, S. 28, 27-31), die der Erzähler dann abermals als erlebte Rede wiedergibt. Die erlebte Rede findet darin ihre Anwendung, da hier der Leser und der Schneider die selben Gedanken führen, im inneren Monolog dagegen würde sich der Schneider von dem Leser abgrenzen.

Die nun folgende Szene (S. 28, 32-S. 29, 19) beinhaltet Gedanken- und Redeberichte, die in den Erzählervortrag vermischt sind (S. 28, 35f/S. 29, 1f/5f/7f/9f/13ff/16). Dies ist damit zu erklären, dass in dieser Sequenz die Geschichte zu einem Wendepunkt hinführt. Die Spannung wird dadurch erhöht und gehalten, dass in dieser Szene innerhalb kürzester Zeit mehrere Strukturen der Erzählung sich treffen. Der Schneider scheint die Möglichkeit zur Flucht wahrnehmen zu können ohne sein Gesicht zu verlieren und ruhigen Gewissens seine Wege gehen zu können. Erst als er sich über seine Gefühle klar wird, verändert sich die Situation. Diese Gedanken sind in erlebter Rede wiedergegeben („Es wurde ihm nun klar, daß er eigentlich nur dieses Wesens halber so lange dageblieben sei...“, S. 29, 19-24), da die Gefühle und das Verliebtsein des Schneiders näher zu diesem gerückt werden müssen, als andere Gedanken. Die darin enthaltene Spannung wird durch den kurzen Redebericht Nettchens nur unterstützt („Nettchen ging an ihm vorüber und schien, nach einigen ausgerufenen Worten zu urteilen, ach ihrem Wagen zu suchen.“, S. 29, 26-29).

Der Wendepunkt der Geschichte wird nüchtern in einem (Gedanken- und Rede-) Bericht wiedergegeben („Strapinski aber verlor in diesem Abenteuer seinen Verstand und gewann das Glück, das öfter den Unverständigen hold ist. Nettchen eröffnete ihrem Vater noch in selbiger Nacht beim Nachhausefahren, dass kein anderer als der Graf der Ihrige sein werde;“, S. 30, 7-12). Der Erzähler scheint diesem keine sonderliche Bedeutung zuzumessen. Aber gerade diese Kürze verstärkt die Phantasie des Lesers und läßt diesem freien Lauf und Interpretationsspielraum, wie genau sich die Szene zugetragen haben könnte.

Die folgende Rede des Vaters (S. 30, 16-35), indem abermals die „Verwechslung“ des Schneiders als Graf Strapinski eine entscheidende Rolle spielt sit dann wieder in direkter Rede gehalten, wohl vor allem um nach langen (Rede-, Gedanken- und Erzähl-) Berichten die Geschichte wieder lebendig zu gestalten: Die Komik kehrt direkt und in absoluter Härte zurück. Der Wendepunkt der Geschichte ist vollzogen, wenn auch ganz anders als ursprünglich (nämlich mit der Flucht) gedacht. Der direkten Rede schließt sich unmittelbar die indirekte Rede an (S. 31, 2-6), die dieses noch untermauert.

Der Redebericht über die Verabredung zur Schlittenfahrt („daß die Seldwyler auf den gleichen Tag wie die Goldacher auch eine Schlittenfahrt verabredeten,...“, S. 31, 25ff) nimmt schon vorweg, dass während dieser etwas passieren muss. Der Redebericht vor allem sein Inhalt, die Schlittenfahrt, erzeugt im Leser eine Erwartung und Spannung und führt auf diese hin.

Nun folgt wieder ein langer Erzählerbericht, der durch direkte Rede aufgelockert wird („das Volk rief: „Seht, da kommt die Tapferkeit! Wie schön ist die Tüchtigkeit!““, S. 32, 17-21). Der Leser der im Laufe des Erzählerberichts das Vorhaben der Seldwyler ahnt, wird dadurch noch gefesselter und die Geschichte noch spannender, da die Goldacher immer noch nichts ahnen („Die Herrschaften von Goldach waren überrascht und erstaunt...“, S. 33, 28-31). Der Gedankenbericht der Goldacher, vom Erzähler wertend, hält den Leser in Atem. Beim Schriftzug „Kleider machen Leute!“(S. 34, 2)erahnt der Leser das weitere Geschehen. Dieser Schriftzug, in Anführungszeichen gesetzt und somit versprachlicht, legt die Idendität des Schneiders offen. Der Leser ist sich nun sicher, dass in kurzer Zeit der „Schwindel auffliegt, der Höhepunkt der Geschichte scheint in Kürze erreicht. Abermals berichtet der Erzähler die Gedanken einerseits der Gesellschaft des Grafen („...fand dies Benehmen schicklich...“, S. 34, 16-19) und andererseits des Grafen selbst („nur der Graf selbst hegte gar dunkle Empfindungen, die ihm nicht behagten,...“, S. 34, 19-24). Als wertender Gedankenbericht überlässt es der Erzähler wiederum dem Leser, wo und wieviel Symphatie er welcher Partei zukommen lassen will. Um die Spannung dann noch einmal zu erhöhen, läßt er Böhni (S. 34, 27ff) und die Seldwyler (S. 35, 3-7) in indirekter Rede sprechen. Diese sollen das folgende Geschehen vorbereiten, den Erzählerbericht aber nicht unterbrechen, sondern eingebettet darin zu unterstützen.

Nun folgt die Darstellung der Seldwyler Gesellschaft mit dem Endpunkt, dass der Graf als Schneider aufgedeckt wird. Dieser Höhepunkt wird zusätzlich bzw. vor allem dadurch erreicht, dass ein Seldwyler den Goldachern mit einem Monolog (S. 37, 4-12/16-20) die Augen öffnet. Die direkte Rede erfüllt hier den Zweck, dass sie plötzlich (direkt) entspringt und die Tatsache klar darstellt und offenlegt. Die direkte Rede kann in kurzer Zeit die Spannung entladen, die sich aufgebaut hat und zwar in der größten Intensität, weil sie das Geschehene (die Rede) unmittelbar und lebendig wiedergeben kann. Die Reaktion des Grafen („Zugleich gab er dem bleich und lächelnd dasitzenden Grafensohn die Hand, welche dieser willenlos ergriff...“, S. 37, 14f) kann nur kurz und präzise (als Gedankenbericht) dargestellt werden, um die lebendige Szene nicht zu zerstören. Gleich nach der Enttarnung werden in Rede- und Gedankenberichte erste Reaktionen der Gesellschaft aufgezeigt (Reaktion Böhnis: S. 37, 31f; Reaktion der Gesellschaft: S. 38,1/2f). Die Gedanken Nettchens oder des Schneiders teilt der Erzähler aber dem Leser nicht mit, sondern er beschreibt deren Reaktion. Erst allmählich fixiert er sich auf den Schneider und seine Gedanken („und er wandelte halb unbewußt, nur in der Meinung, nicht mehr nach Goldach zurückzukommen“, S. 38, 24ff). Die Einleitung zur erlebten Rede geschieht noch im Gedankenbericht („während seine Gedanken sich allmählich sammelten und zu einigem Erkennen gelangten.“, S. 38, 35f). Die erlebte Rede (S. 38, 36-S. 39, 21) ist aber auch z. T. mit kurzen Gedankenberichten gespickt, welche die Gedanken kurz erläutern („Dann löste sich dieses Gefühl aber auf eine Art Bewußtsein erlittenen Unrechts...soweit seine Gedanken in die Kindheit zurückreichten...Er kam sich wie ein Kind vor“). Die erlebte Rede läßt den Leser in die Gedanken- und Gefühlswelt des Schneiders einblicken. Sie erzeugt so Mitleid und Mitgefühl, sowie Verständnis für die Situation des Schneiders im Leser. Der innere Monolog könnte dagegen die Gedanken nicht erläutern (s. o.) und ist daher nicht angebracht.

Nach dieser erlebten Rede wird die Ungerechtigkeit, die dem Schneider widerfahren ist, erläutert (S. 39, 22-S. 40, 3), ob dies allerdings einen inneren Monolog des Schneiders darstellt scheint nicht gegeben zu sein, da der Erzähler die Erläuterungen dem Schneider gegenüberstellt („Unser Schneider aber weinte...“, S. 40, 4). Es ist aber durchaus auch möglich, dass der Schneider selbst Vergleiche zieht. Für den Leser ist dies allerdings nur von geringer Bedeutung. Der Leser soll nur für die Situation sensiblisiert werden und sich in den Schneider einfühlen können. Gerade diese Sensibilität und Einfühlsamkeit soll dem Schneider dann in dem folgenden Gedankenbericht zuteil werden. Der Leser soll hier ganz klar Stellung zum Schneider beziehen und für ihn Mitgefühl aufbringen („...als nun seine Gedanken an der schweren Kette, an der sie hingen, unversehens zu der verlassenen Braut zurückkehrten“, S. 40, 4-12). Das Mitleid erlangt seinen Höhepunkt als der Schneider im Gedankenbericht von „seiner gramvollen Dummheit übermannt“(S. 40,28f) sich in den Schnee legt.

2.3) Teil 3 (S. 40, 34 bis S. 58, 12)

Nachdem also die wahre Idendität des Grafen aufgedeckt wurde und sich der Erzähler kurz dem Schneider widmete, dreht sich sein Augenmerk zu Nettchen. Der Leser kann vom Erzählerbericht keine Aufschlüsse gewinnen, was Nettchen fühlt oder welche Gedanken sie hegt. Der Leser erfährt einzig, dass sie „bitterlich zu weinen begann“ nachdem sie „länger als eine Stunde unbeweglich da [saß]“ (S. 41, 1f). Im Erzählerbericht sind hier abermals Rede- und Gedankenberichte eingebettet („Zwei Freundinnen gesellten sich nun zu ihr mit zweifelhaft tröstenden Worten; sie bat dieselben...so sah sie sich genötigt...worauf sie stolz und zornig..., der sich ihr freundlich, demütig und lächelnd...“, S. 41, 3ff/13/14). Böhni sieht seine Chance gekommen und bietet seine Hilfe in indirekter Rede (anfänlich noch im Redebericht) an (S. 41, 15-20). Zweck dessen, ist (auch durch die indirekte Rede), dass die Hilfe nicht aufgedrungen wirkt, sondern einfühlsam und einschleimend. Die Szene wird dann aber wieder durch die (in der indirekten Rede gehaltenen) „Hoho! Und Haltrufen“(S. 42, 1) aufgefrischt, Spannung erlangt auch die Erzählung wiederum, als im Redebericht der Erzähler von einem Ärgernis bei den Goldachern spricht („in welcher das Ärgernis bereits alle Zungen beschäftigte“, S. 42, 5f). Der Leser fragt sich nun, wie sich die Gesellschaft im weiteren Verlauf verhält.

Der Erzähler wechselt nun abermals die Perspektive, allerdings unterlässt er das Berichten von Nettchens Gedanken, sondern nutzt die Aussenperspektive, um somit die Spannung zu erhöhen. Er selbst spekuliert auf Gedanken der Verlobten bzw. beurteilt ihr Wissen(„ob in der Verwirrung oder mit Vorsatz, ist nicht sicher zu berichtenund sie selbst wußte es nichtSie wußte jetzt noch nicht, daß Mütze und Handschuhe neben ihr lagen“, S. 42, 7f/15f/17f). Noch immer aber berichtet Keller nicht von ihren Gedanken, sondern führt den Leser zu diesen, mit Spannung erwarteten, hin. Dies geschieht durch die direkte Rede („Ich muss noch zwei Worte mit ihm Sprechen, nur zwei Worte!“, S. 42, 18ff), durch Spekulationen über ihre Gedanken („Diese beiden Tatsachen scheinen zu beweisen, daß nicht ganz der Zufall die feurigen Pferde lenkte.“, S. 42, 21ff), sowie durch einen Gedankenbericht („Und doch war gleichzeitig ihre Seele wie in tiefer, schwerer, unglücklicher Vergessenheit befangen.“, S. 42, 32ff). Erst jetzt folgt ein innerer Monolog, der auf psycho-narration angelegt ist („Solche mehr geträumte als gedachte Fragen umfingen die Seele Nettchens“, S. 43, 7f) und der ihren Zustand und ihre Bewußtseinshaltung wiedergibt. Direkter und objektiver, als dies kaum möglich ist. Dies verdeutlichen auch die Frage- und Ausrufezeichen nach jedem Satz. Hier wird das Bewußtsein ohne Einschränkung wiedergegeben („Was sind Glück und Leben! Von was hangen sie ab? Was sind wir selbst“, S. 42, 32-S. 43, 6).

Als dann Nettchen den Schneider entdeckt, lässt der Erzähler offen, ob ihre Gedanken wiedergegeben werden oder ob dies ein Erzählerbericht darstellt („Ja, er war es. Der dunkelgrüne Samt seines Rockes ...“, S. 43, 23-28). Beide, Erzähler und Nettchen, aber hegen hier die gleichen Gedanken, die lebendig dargestellt werden. Da der Inhalt der Gedanken beider der gleiche also darstellt ist es hier nur von untergeordneter Wichtigkeit zu welchem diese zu rechnen sind. Die Todesangst um den Verlobten wird im Gedankenbericht wiedergegeben („...sah sie auch sogleich die Gefahr, in der sein Leben schwebte, und fürchtete, er möchte bereits erfroren sein...“, S. 43, 30-35, sowie S. 44, 5f), um die Begegnung lebendig und in direkter Rede erscheinen lassen zu können. Die direkte Rede drückt hier das Überleben und die entladende Spannung aus (S. 43, 36/S. 44, 16-19). Die Flucht zur Patin und die Begrüßung in direkter Rede (S. 45, 4-8) läuten die neue Szene ein. Der Leser wird sich bewußt, dass nun eine Aussprache erfolgt. Die Hinführung zur Aussprache, geschieht auch dadurch, dass die Gedanken der Bäuerin, die die Enttarnung des Schneiders nicht mitbekommen hat, als Gedankenbericht wiedergegeben werden. Der Leser erinnert sich an die Situation und das Geshcehene (S. 45, 11-18). Der Dialog, die Aussprache beginnt mit der direkten Rede Nettchens (S. 45, 33).Der Dialog wird durch die direkte Rede lebendig und objektiv. Der Leser ist in die Szene integriert. Er erlebt sie so „wirklich“ mit. Der Dialog ist dramatisch aufgebaut. Nettchen stellt kurze Fragen (S. 46, 11/ S. 47, 33ff/ S. 48, 9/ S. 49, 11f/ S. 50, 8/19) und erteilt Anweisungen (S. 46, 3/S. 47, 5). Der Schneider gibt Antworten und Erläuterungen (S. 46, 22ff/S. 47, 10ff/ S. 48, 10ff/ S. 49, 14ff/S. 50, 15/20). Die direkte Rede wird von dem Erzähler nur gelegentlich unterbrochen, um diese bzw. die Reaktionen und Gefühlsregungen zu erläutern (S. 46, 16ff/S. 46, 29ff/S. 47, 5ff/ S. 47, 27ff/ S. 49, 9ff/ S. 50, 4). Indirekte Rede oder Redeberichte treten dann zu Tage, wenn der Schneider seine Erlebnisse in Goldach wiedergibt, welche ja in der Erzählung beschrieben sind (S. 46, 24ff), bzw. als Stilmittel, um die direkte Rede zu brechen und den Redefluss kurz innezuhalten (S. 49, 29f).

Die Unterredung nimmt eine neue Wendung, als der Erzähler von der Erregung des Sprechers berichtet und Wenzel auf die (direkt gestellte) Frage Nettchens (ebenfalls direkt) antwortet (S. 51, 18-27)und nun Nettchen ihre Entscheidung zugunsten des Schneiders mitteilt. Ihre Entscheidung wird durch die direkte Rede („Ich will dich nicht verlassen! Du bist mein, und ich will mit dir gehen trotz aller Welt!“, S. 52, 2ff) und den Gedankenbericht („aus tief entschlossener Seele, indem sie in süßer Leidenschaft ein Schicksal auf sich nahm und Treue hielt“, S. 52, 5ff) verstärkt und dramatisiert.

Nachdem nun die Beziehung zwischen Nettchen und dem Schneider geklärt ist und diese sich glücklich schätzen können, wechselt das Geschehen zur Beziehung zwischen den Beiden und der seldwyler wie goldacher Gesellschaft. Hier ist Nettchen die treibende Kraft: ersichtlich durch die direkte Rede (S. 52, 13-16/S. 52, 21-27), während Wenzel sich zurückzieht (ebenfalls ersichtlich durch den Rede- und Gedankenbericht S. 52, 17-20).

Nun fokalisiert sich die Erzählung auf die Seldwyler. Eingeleitet wird dies erst noch mit der Verabschiedung von der Bäuerin (in indirekter Rede, S. 52, 28). Die Gedanken der Seldwyler (und später der Goldacher, S. 52, 17) werden in direkter Rede wiedergegeben (S. 53, 4ff). Die Naivität und Komik soll dadurch abermals aufgezeigt werden. Das Vorhaben des Hochzeitspaares und ihre Aktionen (sowie ihre Reden, die sich dadurch ergeben) werden indirekt (S. 53, 24ff/26ff/31ff) bzw. in Redeberichten (S. 53, 12) wiedergegeben. Auch die Gedanken von Nettchens Vater werden in einem Gedankenbericht wiedergegeben (S. 53, 35-54, 3). Es ist hierbei nicht wichtig, wie etwas gesagt wird, sondern was gesagt wird. Durch die Redeberichte kann der Erzähler gewisse Sachverhalte erklären und selbst noch erläutern. Dies ist auch seine Intension, als er den Dialog zwischen Nettchen und ihrem Vater in indirekter Rede, vermischt mit Redeberichten wiedergibt (S. 54,4-S. 55, 5). Die folgende Auseinandersetzung, in der dann auch ein Anwalt indirekt zu Worte kommt zeigt dies ebenfalls auf. Eingeleitet wird dies abermals mit einem Redebericht („Es gab nun ein fruchtloses Hin- und Widerreden, welches die standhafte Schöne endlich doch zum Tränenvergießen brachte.“, S. 55,6-8). Durch die indirekte Rede des Anwalts (S. 55, 14-23/26-29) kehrt auch auf den Leser eine Besonnenheit zurück. Die Wogen werden leichter geglättet, als dies bei der direkten Rede geschehen könnte, die kräftiger, lebendiger und verletzender für beide Seiten wirken könnte. Die indirekte Rede wirkt dagegen auf den Leser neutral. Diese Neutralität wird dann aber wieder aufgehoben als die Erzählung den Beschluss der Seldwyler schildert S. 55, 31-36). Dieses mal zeigt die indirkte Rede deren Naivität auf.

Die dann folgende indirekte Rede (S. 56, 31-34/S. 57, 2-5/19-22) ist in den Erzählervortrag eingebunden und führt diesen weiter aus bzw. erläutert diesen. Das Ende der Geschichte nimmt der Erzähler selbst in die Hand, um so den guten Abschluss der Geschichte zu garantieren und selbständig aufzuzeigen.

Fazit

In Bezug auf die erlebte Rede kann man sich Neuse anschließen: „Wie Storm ist auch Gottfried Keller (1819-1890) mit der Anwendung beider Redeformen vertraut, nur dass Keller ebenso oft den I. M. anwendet wie die E. R., die bei Storm überwiegt. Keller benutzt die E. R. kaum, um expositorisch Erinnerungen zu gestalten oder ganze Novellen als Rückblenden zu konstruieren. Auch versucht er wenig, beide Redeformen gegeneinander abzusetzen, um stilistische Effekte hervorzurufen. Viel öfter dient ihm die E. R. dazu, Redeberichte wiederzugeben, die entweder Teile der Vorgeschichte enthalten oder wichtige Einschaltungen in die Novelle einfügen. Wenn seine Personen sich Erinnerungen oder Vergangenheitsbildern hingeben, so werden diese nicht zu einer selbständigen Geschichte entwickelt, sondern bleiben im Rahmen der angefangenen Erzählung.“[106] Die indirekte Rede und der Redebericht dienen meistens dazu, die Reden der Personen wiederzugeben, allerdings in einer bestimmten Distanz zum Leser und Erzähler. Der Erzähler kann diese subjektiv darstellen und nutzt dies auch oft, um selbst noch wertende Kommentare, aber auch Zusätze und Erläuterungen (zum Verhalten und zur Umwelt) wiederzugeben. Die direkte Rede dient vor allem der Ironisierung der Figuren (meist der goldacher Gesellschaft) oder gibt wichtige zur Aktstruktrur des Werkes gehörende Reden wieder. Sinntragende Reden werden von Keller meist in direkter Rede wiedergegeben, um den Leser am Geschehen teilhaben zu lassen und eine größtmögliche Nähe zu ihm herzustellen. Sie sollen lebendig und objektiv wirken. Der Wechsel zur direkten Rede wird meist durch indirekte eingeleitet. Dagegen wird die indirekte Rede meist mit einem Redebericht eingeleitet bzw. ergänzt.

In den Darstellung der Gedanken tritt der Gedankenbericht am häufigsten auf. Eine klare Abgrenzung zur erlebten Rede ist oft schwierig. Beide ergänzen einander. Dagegen tritt, anders als Neuse behauptet („In den übrigen Novellen der Leute von Seldwyla tritt von beiden Redeformen [erlebte Rede und innerer Monolog, P. C.] nur der I.M. gelegentlich auf.“[107] ) der innere Monolog, im Gegensatz zur erlebten Rede (s. o.) äußerst selten auf. Er dient dann aber zur objektiven Gedankenwiedergabe von Nettchen oder dem Schneider. Meist bei bedeutungstragenden Szenen dient er diesen zur Veranschaulichung und Untermauerung der Gedanken. Auch hier soll der Leser unmittelbar am Geschehen beteiligt werden und dieses so lebendig und so nah wie möglich miterleben.

Literaturverzeichnis

Keller, Gottfried: Kleider machen Leute, Stuttgart 1992

Neuse, Werner: Geschichte der erlebten Rede und des inneren Monologs in der deutschen Prosa, New York 1990

[...]


[1] Lämmert, S.195

[2] ebd., S. 196

[3] ebd., S. 196

[4] ebd., S. 196

[5] ebd., S. 197

[6] ebd., S. 197

[7] ebd., S. 197

[8] ebd., S. 198

[9] ebd., S. 198

[10] ebd., S. 201

[11] Vogt, S. 145

[12] nach Lämmert, aus: Vogt, S. 145ff

[13] Vogt, S. 145

[14] ebd., S. 145

[15] ebd., S. 147

[16] ebd. S. 148

[17] ebd. S. 148

[18] Petersen, S. 80

[19] ebd., S. 80

[20] Vogt, S. 150

[21] ebd., S. 155

[22] ebd., S. 155

[23] ebd., S. 151

[24] Petersen, S. 81

[25] Friedemann, S. 165

[26] Genette, S. 121

[27] ebd., S. 123

[28] Martinez/Scheffel, S. 51

[29] ebd., S. 51

[30] nach Lämmert, S. 202 –214; Die Funktionen der direkten Rede können aber auch meiner Meinung nach in der indirekten Rede und in anderen Redeweisen zum Tragen kommen.

[31] Lämmert, S. 208

[32] ebd., S. 209

[33] Vogt, S. 150; Leider geht Vogt nicht näher darauf ein

[34] nach Lämmert, S. 214 - 233

[35] Lämmert, S. 215

[36] ebd., S. 240

[37] Genette unterscheidet nach McHale „sieben aufsteigende „Mimetismus“-Stufen: „ 1. das „diegetische Summary“, das den sprachlichen Akt erwähnt, ohne seinen Inhalt zu spezifizieren, Beispiel (wie die folgenden von mir): „Marcel sprach eine Stunde lang mit seiner Mutter“; 2. das „weniger rein diegetische Summary“, das den Inhalt spezifiziert: „Marcel teilte seiner Mutter seinen Entschluss mit, Albertine zu heiraten“; diese beiden ersten Stufen entsprechen meiner „narrativisierten Rede“; 3. „indirekte Paraphase des Inhalts“ (regierte indirekte Rede): Marcel erklärte seiner Mutter, dass er Albertine heiraten wolle“; 4. die „partiell mimetische regierte indirekte Rede“, die in bestimmten stilistischen Punkten der (re)produzierten Rede treu bleibt: „Marcel erklärte seiner Mutter, er wolle dieses kleine Luder Albertine heiraten“; 5. erlebte Rede [discours indirect libre]: „Marcel vertraute sich seiner Mutter an: er mußte Albertine unbedingt heiraten“; diese drei Stufen entsprechen meiner „transponierten Rede“; 6. direkte Rede: „Marcel sagte zu seiner Mutter: „Ich muß Albertine unbedingt heiraten“; 7. freie direkte Rede [discours direct libre], der autonome Zustand der „unmittelbaren Rede“, ohne abgrenzende Zeichen: „Marcel geht zu seiner Mutter. Ich muss Albertine unbedingt heiraten“[...]; die beiden letzten Stufen entsprechen meiner „berichtenden Rede“.“ Genette, S. 228f

[38] Genette, S. 122

[39] ebd., S. 122

[40] Martinez/Scheffel, S. 52

[41] Petersen, S. 81

[42] Friedemann, S. 168

[43] Lämmert, S. 234f

[44] Vogt, S. 150

[45] ebd., S. 153

[46] Lämmet, S. 235

[47] vgl. Vogt, S. 150

[48] Vogt, S. 150

[49] ebd., S. 153

[50] ebd., S. 153

[51] ebd., S. 145f

[52] Vogt, S. 146

[53] Genette, S. 122

[54] Lämmert, S. 235

[55] Friedemann, S. 69

[56] Vogt, S. 157

[57] ebd., S. 157

[58] ebd., S. 157ff

[59] Vogt, S. 157

[60] Genette, S. 122

[61] Vogt, S. 159

[62] ebd., S. 159

[63] ebd., S. 160

[64] ebd., S. 162

[65] ebd., S. 162

[66] Lämmert, S. 235f

[67] Petersen, S. 81

[68] Martinez/Scheffel, S. 53

[69] ebd., S. 53

[70] Der Übersetzer übersetzt „style indirect libre“ mit „erlebter Rede“

[71] Genette, S. 124

[72] ebd., S. 226

[73] Genette, S. 232

[74] siehe Genette, S. 227f

[75] Stanzel, S. 247

[76] ebd., S. 248

[77] Die erlebte Rede hält die „spezifische Tempora und grammatische Personen“ der indirekten Rede bei. „Sie füllt diese ziemlich farblose Form mit der Lebhaftigkeit der direkten Rede, indem sie den persönlichen Ton, die Gestik und oft auch die Ausdrucksweise der denkenden oder sprechenden Person anklingen lässt.“ Sie kann auch Wahrnehmungen und Sinneseindrücke wiedergeben. Siehe Vogt, S. 163

[78] narrated monologue ist „die Wiedergabe der Gedanken einer Figur unter Beibehaltung eines Erzählrahmens in der Dritten Person und des normalen Erzähltempus – meist also des Impferfekts (S. 100)“ aus Vogt, S. 163

[79] Vogt, S. 164

[80] ebd., S. 168

[81] ebd., S. 168

[82] Vogt, S. 165

[83] ebd, S. 165

[84] ebd., S. 165

[85] ebd., S. 178

[86] ebd., S. 178

[87] entnommen aus Vogt, S. 165f, der wohl auf Genette zurückgreift. Kennzeichen bei Genette sind: „Consecutio temporum, Konversion der Pronomen, Fehlen der Rektion, Beibehaltung deiktischer Adverbien der zeitlichen Nähe, Beibehaltung der direkten Frage sowie gewisser interjektiver und expressiver Züge“, Genette, S. 226

[88] Vogt, S. 166

[89] Stanzel, S. 271

[90] Vogt, S. 181

[91] ebd., S. 181

[92] ebd., S. 181

[93] nach Vogt, S. 180ff

[94] Vogt, S. 182

[95] ebd, S. 182f

[96] Genette, S. 124

[97] Genette, S. 123. Hierzu auch: „Der Leser sähe sich von den ersten Zeilen an in das Denken der Hauptperson versetzt, und nur dieser ununterbrochene Fluss ihres Denkens, der die übliche Form der Erzählung vollständig ersetzen würde, würde uns darüber informieren, was die Person tut und was ihr widerfährt.“ Genette, S. 123f

[98] Genette, S. 124f

[99] ebd., S. 124

[100] Vogt, S. 184f

[101] ebd., S. 186

[102] ebd., S. 188

[103] ebd: S. 62 „Der Titel nimmt eine zum Sprichwort gewordene moralische Verhaltensregel aus der Institutio oratoria (VIII,5) des römischen Rhetorikers Quintilian (35-96 n. Chr.) auf: „vestis virum reddit“

[104] bei Vogt auch „Erzählbericht“

[105] Vogt, S. 165

[106] Neuse, S. 250

[107] Neuse, S. 256

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Bewusstseinsdarstellung und Figurenrede in Gottfried Kellers "Kleider machen Leute"
Université
University of Koblenz-Landau
Cours
Erzähltheorie
Note
2-
Auteur
Année
2003
Pages
27
N° de catalogue
V107944
ISBN (ebook)
9783640061518
Taille d'un fichier
595 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bewusstseinsdarstellung, Figurenrede, Gottfried, Kellers, Kleider, Leute, Erzähltheorie, Thema Kleider machen Leute
Citation du texte
Patrick Christmann (Auteur), 2003, Bewusstseinsdarstellung und Figurenrede in Gottfried Kellers "Kleider machen Leute", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107944

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