Politisierung des Bundesverfassungsgerichtes


Trabajo de Seminario, 2000

25 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis / Gliederung

1. Einleitung
Hinführung zum Thema und Konkretisierung der untersuchten Fragestellung
Erläuterung der Gliederung

2. Darstellung der Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichtes an Beispielen
2.1 Urteil zum Grundrecht auf freie Berufswahl
2.2 Urteil zur Parteienfinanzierung
2.3 Urteil zum Bund-Länder-Verhältnis

3. Analyse der Legitimation des Bundesverfassungsgerichtes, politische Einflußnahme zu üben
3.1 (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit als Element der Demokratie
3.1.1 Das Prinzip der Gewaltenteilung
3.1.2 Notwendigkeit von Verfassungsgerichtsbarkeit
3.2 Historische Begründungen der Legitimation des Bundesverfassungsgerichtes, Einfluß zu üben
3.3 Staatspraktische Begründungen der Legitimation des Bundesverfassungsgerichtes, Einfluß zu üben
3.4 Rechtsphilosophische Begründungen der Legitimation des Bundesverfassungsgerichtes, Einfluß zu üben

4. Analyse der Folgen dieser Einflußnahme für das politische System der BRD
4.1 Staatstheoretische Folgen für das politische System der BRD
4.2 Politisch-Praktische Folgen für das politische System der BRD

5. Abschließende Würdigung und Wertung durch den Verfasser

Anhang

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen im Überblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

‘In jüngster Zeit fällte das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen, die zu heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit führten’, doch dürfe ‘durch eine überzogene Kritik am Bundesverfassungsgericht (...) nicht die Akzeptanz des höchsten Gerichts gefährdet werden.’ So schreibt die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU) auf ihrer Homepage zum Bundesverfassungsgericht[1].

Nicht nur die CDU neigte in der Vergangenheit zu solch weisen Aussagen; ebensolche ließen sich bei allen anderen demokratischen Parteien finden. Und schon 1928 wurde von prominenten Rechtswissenschaftlern davor gewarnt, daß ‘statt einer Juridifizierung der Politik eine das Ansehen der Justiz untergrabende Politisierung der Justiz’ eintreten könne[2].

Doch nicht nur die CDU fiel in der Vergangenheit - auch nach 1995 - gelegentlich durch heftige Negativreaktionen auf Bundesverfassungsgerichtsurteile auf; auch dies läßt sich für alle anderen demokratischen Parteien gleichermaßen behaupten. Wem wäre nicht z.B. die Aufwallung der CDU-Schwesterpartei CSU in Bayern (und Teilen der ihr anhängenden Bevölkerung) gegen das sogenannte ‘Kruzifix-Urteil’ von 1996 in Erinnerung? Das Bundesverfassungsgericht[3] ist also kein politisch unumstrittenes Gericht - und damit kein politisch unumstrittenes Staatsorgan der Bundesrepublik Deutschland[4].

Vor dem Hintergrund dieser passiven Politisierung des BVerfG wird diese Hausarbeit den Eigenanteil des Gerichts an seiner Politisierung, also seine aktive Politisierung, untersuchen. Hierbei stellen sich drei zentrale Fragen: (1.) Inwiefern nehmen Entscheidungen des BVerfG direkten Einfluß auf den politischen (Gesetzgebungs-)Prozeß, (2.) inwieweit ist diese Einflußnahme legitim und (3.) welche Auswirkungen hat sie auf das Politische System der BRD?

Da jedoch jede dieser drei Fragen eine eigenständige Würdigung in einer Hausarbeit verdiente, wird sich meine Hausarbeit konzentriert mit der Legitimation der Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen. Denn um die anderen Fragen zu stellen, muß eine Einflußnahme zunächst gegeben sein. Hat diese Einflußnahme keine Auswirkungen auf das System (dessen Bestandteil die Politik ist), ist auch ihre Legitimation im bzw. durch das System nicht relevant. Ist jedoch die Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichtes auf politische Entscheidungen und sind damit verbundene Auswirkungen auf das System erwiesen, stellt sich die Frage nach ihrer Legitimation umso dringlicher, insbesondere vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Gefahr der Politisierung der Justiz. Andererseits zeigt dieser Zusammenhang, daß auch die beiden nicht schwerpunktmäßig behandelten Fragestellungen in dieser Hausarbeit nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben können.

Daher wird meine Hausarbeit zunächst das Vorhandensein politischer Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichtes an Beispielen nachweisen, um dann ihre Legitimation zu problematisieren und zuletzt die Auswirkungen auf das politische System zu analysieren.

Grundlage meiner Hausarbeit wird die Aufarbeitung reichhaltig vorhandener Sekundärliteratur sein, wobei Ausgangspunkt meiner Recherche das Werk ‘Verfassungsgerichtsbarkeit und politischer Prozeß’ von Heinz Laufer war.

Am Ende meiner Arbeit werden eigene, anhand der gesammelten Argumente begründete, Schlußfolgerungen angeboten.

2. Darstellung der Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichtes an Beispielen

2.1. Urteil zum Grundrecht auf freie Berufswahl / ‘Abtreibungsurteil’

Auf eine Verfassungsbeschwerde zweier betroffener Ärzte hin wurde gegen die bayerische Sonderregelung zum Schwangerschaftsabbruch vorgegangen, die es Ärzten untersagte, mehr als 25% ihrer Einkünfte aus Schwangerschaftsabbrüchen zu erzielen. Kritiker sahen hierin den Versuch der Verunmöglichung professioneller Abtreibungskliniken oder -ärzte im Freistaat Bayern (und damit die Einschränkung der Berufsfreiheit). Die Neuregelung des ‘Abtreibungsparagraphen’ (§218 StGB)[5], vom Bundestag erst 1995 beschlossen, sah diese Beschränkungen nicht vor, weshalb Bundespolitiker aller Parteien (außer der CSU) hierin einen Bruch des Bundesrechts sahen. Die Bayerische Staatsregierung hielt dem entgegen, was der Bund nicht regele, könne von den Ländern ergänzt werden, weshalb das Bundesrecht hier nicht gebrochen, sondern lediglich ergänzt werde. Das BVerfG konnte Bayerns Argumentation nicht folgen. Die Regelung des Freistaates wurde als verfassungswidrig verworfen. Weder wurde dem Freistaat Bayern eine Gesetzgebungskompetenz eingeräumt, noch war die mit seiner Regelung verbundene Einschränkung der Berufsfreiheit verfassungskonform.[6]

2.2. Urteile zur Parteienfinanzierung

Zur (staatlichen) Parteienfinanzierung gab es - jeweils auf Initiative der Hessischen Landesregierung - bereits 1958 und 1966 BVerfG-Urteile, ist doch das BVerfG vor dem Hintergrund generell großer Eintracht der etablierten Parteien bezüglich ihrer Finanzversorgung im besonderen Maße ‘(...) herausgefordert, die kleinen Parteien gegen die großen (...) in ihrem Grundrecht auf Chancengleichheit zu schützen’[7].

Nachdem 1958 die hohe steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteispenden verboten wurde[8] und in der Folge der Staatsanteil an der Finanzierung der Parteien stark zunahm, wurde die staatliche Parteienfinanzierung 1966 auf angemessene und die Chancengleichheit der Parteien wahrende Wahlkampfkostenrückerstattung beschränkt[9]. Jeweils mußte sich der Gesetzgeber dem fügen und die bestehenden - jeweils einmütig beschlossenen Regelungen - (ebenso einmütig) korrigieren.

Diese beiden ersten grundlegenden Urteile sollen an dieser Stelle genügen, lassen sich doch bereits an ihnen Auswirkungen auf das Politische System der BRD gut aufzeigen.

2.3. Urteil zum Bund-Länder-Verhältnis

Als klassisches Beispiel eines Streits um das Bund-Länder-Verhältnis und die konstitutive Kompetenzzuweisung zwischen Bund und Ländern kann der ‘Rundfunkstreit’ der (Bundes-)Regierung Adenauer mit den sozialdemokratisch geführten Landesregierungen gelten.

Der Bund war seit Errichtung der BRD daran interessiert, im Rundfunk- und Fernsehwesen aktiv zu werden und berief sich dabei auf die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Post- und Fernmeldewesen. Die Länder hatten - unter Berufung auf ihre Kulturhoheit - seit Bestehen der BRD Rundfunkgesetze erlassen und untereinander Staatsverträge für gemeinsame Rundfunk- und Fernsehanstalten abgeschlossen.

Als Bundestag und Bundesrat 1960 jeweils gegen die Stimmen der SPD bzw. der SPD-regierten Länder ein Bundesgesetz zur Errichtung der ‘drei Rundfunkanstalten des Bundesrechts’ beschlossen, das es der Bundesregierung ermöglicht hätte, ‘ein Bundesfernseh-Statut zu oktroyieren’[10], sahen die SPD-geführten Länder Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Hessen dies als Verstoß des Bundes gegen die Zuständigkeit der Länder (Art. 30 GG), gegen Art. 5 GG (Rundfunkfreiheit) sowie aufgrund der privatrechtlichen Form des geplanten neuen Senders gegen Art. 83 Abs. 3 GG an.

Am 28.02.1961 entschied dann das BVerfG, der Bund habe mit diesem Verfahren seine Kompetenzen überschritten (nach Art. 30 GG) und damit die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 GG verletzt[11]. Die bereits gegründete Bundesrundfunk- und -fernsehanstalt (‘Deutschland-Fernsehen GmbH’) wurde daher als verfassungswidrig wieder aufgelöst.

3. Analyse der Legitimation des Bundesverfassungsgerichtes, diese Einflussnahme zu üben

3.1. (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit als Element der Demokratie

3.1.1. Das Prinzip der Gewaltenteilung

Das Prinzip der Gewaltenteilung nimmt als eines der grundlegenden Prinzipien der staatlichen Ordnung der BRD großen Einfluß auf unser staatliches und politisches Leben insgesamt.

In Deutschland wird eine doppelte Gewaltenteilung praktiziert. Erstens horizontale Gewaltenteilung zwischen den einzelnen Gewalten auf einer staatlichen Ebene sowie zweitens vertikale Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern. Der Begriff ‘Gewaltenteilung’ trifft dabei die Sachlage nicht wirklich, ist es letztlich doch mehr eine sowohl organisatorische wie personelle Gewaltentrennung (wobei im Personellen auch Ausnahmen möglich sind)[12].

Durch die Kombination von Gewaltentrennung (genaue Zuweisung von Kompetenzen an die einzelnen Träger staatlicher Gewalt) und Gewaltenbalancierung (gegenseitige Kontrolle der Gewalten) sowie die dadurch erzeugte Abhängigkeit der drei Gewalten voneinander (checks and balances)[13] soll Willkür(herrschaft) verhindert werden: ‘Übt nicht nur ein (...) einzelnes Staatsorgan die Staatsgewalt aus, sondern sind die staatlichen Aufgaben zwischen mehreren Staatsorganen so verteilt, daß keines legal über die gesamte Staatsgewalt verfügen kann, so verringert sich die Gefahr einer widerrechtlichen Okkupation (...) der Staatsgewalt beträchtlich.’[14]

3.1.2. Notwendigkeit von Verfassungsgerichtsbarkeit

In einem demokratischen Verfassungsstaat kommt der Frage, wie die Sicherung und Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung dauerhaft zu gewährleisten ist, eine besondere Bedeutung zu. Dies ergibt sich aus der Aufgabe von Verfassungsrecht als herrschaftsbegründendes und herrschaftsbeschränkendes Recht, das auf Verbindlichkeit angelegt - und damit darauf angewiesen - ist, von der jeweiligen (politischen) Mehrheit nicht manipuliert werden zu können.[15] Dies gilt sowohl für die Durchsetzung der vertikalen Gewaltenteilung, in der - ohne Kontrolle - letztlich die Bundesebene die größere Durchsetzungskraft besäße, als auch für das Bürger-Staat-Verhältnis, wenn gesichert werden soll, daß die Grundrechte ‘nicht nur proklamativ, sondern effektiv sein sollen’.[16]

Hinzu kommt, daß Verfassungsrecht als Normierungs-Recht mit seiner geringen Regelungsdichte, die wiederum enorme Interpretationsspielräume eröffnet, nicht lückenlos ist. Dies kann auch nicht anders sein, muß die Verfassung eines in steter Entwicklung befindlichen Gemeinwesens ebenso entwickelbar - also (um)interpretierbar - sein[17]. So bedarf es einer richterlichen Instanz, die in letzter Autorität über verfassungsrechtliche Streitfragen entscheidet und die notwendige Konkretisierung der im Verfassungsrecht vorgegebenen Prinzipien vornimmt[18].

Der Vorteil der verfassungsgerichtlichen Interpretationshoheit liegt dabei vor allem darin, daß Richter qua Amt der Hermeneutik verpflichtet sind, und diese Interpretationshoheit – auch bei einem direkt gewählten - Staatspräsidenten oder gar einem Parlament bei an der Gesetzgebung zumindest mittelbar und - im Falle des Staatspräsidenten - an der Gesetzesausführung unmittelbar beteiligten Organen läge, was nicht zur Unparteilichkeit beitrüge[19].

3.2. Historische Begründungen der Legitimation des Bundesverfas- sungsgerichtes, Einfluß zu üben

Das BVerfG stellt eine sehr starke Abweichung von der traditionellen deutschen Staatsrechtslehre dar. Traditionell wurden neben dem Volke lediglich Reichstag, Reichsrat und Minister als Staatsorgane anerkannt[20], da sie ‘das innere Leben des Staates zum Gegenstand [hätten], wie es sich in der Tätigkeit der staatlichen Organe darstellt’, wohingegen die Gerichtsbarkeit lediglich ‘das staatliche Leben ins Auge faßt, wie es sich auf der Grundlage dieser Organbetätigung (...) darstellt’[21]. (Dies greift zwar der später folgenden Analyse der rechtsphilosophischen Begründungen der Legitimation verfassungsgerichtlicher Einflußnahme vor, doch ist die Geschichte der deutschen Staatsrechtslehre in diesem Punkte auch für das Verständnis der historischen Gründe der Machtfülle des BVerfG von großer Bedeutung.)

Als eines der Hauptargumente, dem BVerfG auch größere Einflußnahme auf das politische Geschehen in der Bundesrepublik - und damit Organcharakter - zuzugestehen, dient demnach die Geschichte, insbesondere das Scheitern der Weimarer Republik, das übereinstimmend - auch - darauf zurückgeführt wird, daß die (Grundrechte in der) Verfassung einen lediglich proklamativen Charakter hatte(n), es jedoch keine neutrale Kontrollinstanz gab, die das politische Geschehen in seiner Substanz auf Verfassungstreue hin untersuchte. Dies führte dazu, daß die Nazi-Diktatur des Dritten Reiches unter dem Deckmantel formal korrekt zustande gekommener Gesetze Staat und Justiz ungehemmt zur Unterdrückung der Grundrechte einsetzen konnte[22]. Um eine nicht nur formal, sondern materiell demokratische und rechtsstaatliche Staatsform in der BRD zu sichern, wurde das BVerfG geschaffen.

Zudem sollte das BVerfG durch seine stetige Begleitung der verfassungsrelevanten politischen Akte in Verbindung mit seiner Aufgabe, seine Urteile anhand der Verfassung zu begründen, die zugleich rationale, in bezug auf ihre Verfassungskonformität verläßliche sowie kontinuierliche Entwicklung des ausgelegten Verfassungsrechtes sowie der Politischen Kultur der BRD gewährleisten[23].

Darüber hinaus wird angeführt, durch diese Kontrollinstitution würden auch die kontrollierten Organe zu rationaler Begründung ihrer Entscheidungen gezwungen. Folge dessen sei Einheitlichkeit bei Anwendung und Auslegung der Verfassung[24] (hier seien die bereits erwähnten großen semantischen Spielräume bedacht): Auch dies eine Konsequenz aus der Weimarer Republik, in der die Verfassungslehre keine einheitliche Interpretation vorzuweisen hatte.

Um nicht nur aufzuzeigen, daß die Ermöglichung direkter Eingriffe des Bundesverfassungsgerichtes in politische Entwicklungen aufgrund der geschichtlichen Erfahrungen nicht nur gewollt gewesen sein könnte, sondern tatsächlich gewollt war, sei zum Schluß noch aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates zitiert: So sollte es Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes sein, ‘einem jeden Einwohner Deutschlands den nötigen Schutz gegen Beeinträchtigungen der ihm verfassungsmäßig zugesicherten Grundrechte zu gewähren’[25]. Auch wenn die hierin anklingende Verfassungsbeschwerde vom Parlamentarischen Rat zunächst abgelehnt und erst später ins Grundgesetz aufgenommen wurde, zeigt dies doch, daß den Abgeordneten Sinn und Wirkung dieses Instrumentes zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bewußt gewesen sein muß.

3.3. Staatspraktische Begründungen der Legitimation des Bundesverfas- sungsgerichtes, Einfluß zu üben

Dieses Kapitel wird die speziell in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz, liegenden Begründungen für die Legitimität unmittelbarer verfassungsgerichtlicher Einflußnahme auf die Politik darstellen. Darüber hinaus werden allgemeingültige praktische Zusammenhänge, die die Notwendigkeit direkter Einflußnahme des BVerfG zeigen, angeführt.

Hier ist insbesondere die Interpretation des Grundgesetzes von Bedeutung, die besagt, die grundsätzliche, klare Trennung der gesetzgebenden und ausführenden Gewalt einerseits und der Jurisprudenz andererseits[26] sei nicht nur eine formale und organisatorische Unterscheidung, sondern eine qualitative, materielle. Diese klare Zuweisung der unterschiedlichen Aufgaben im Staate, die jedoch nicht spezifisch definiert ist, sondern durchaus unterschiedlich ausgelegt werden kann (und daher in jedem Staate eigens festgelegt werden kann bzw. muß), an unterschiedliche Organe geschieht in der Bundesrepublik unter anderem in Art. 20 II GG. Der materielle Gehalt dieser Zuordnung (in Verbindung mit der Bindung der drei Gewalten an die Grundrechte durch Art. 1 III GG) induziert dabei bereits die Möglichkeit der Normenkontrolle durch ein oberstes Rechtsprechungsorgan[27] ; andernfalls würde im Grundgesetz die Heraushebung der Rechtsprechung als eines der ‘besonderen Organe’[28] keinen Sinn ergeben. Zwar normiert Art. 20 II GG die Funktionen der einzelnen Gewalten vom Grundsatz her, indem er beschreibt, die Gesetzgebung sei ‘an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden’, während demgegenüber die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung ‘an Recht und Gesetz’ gebunden seien, also an die Entscheidungen der Legislative, was eine Unterordnung auch der Judikative unter die Gesetzgebung herleitet[29]. Wenn jedoch Art. 20 II GG und 20 III GG in einen Zusammenhang gestellt werden, läßt sich erkennen, daß diese Unterordnung auf das Verhältnis von Gesetzgeber und BVerfG nicht zutreffen kann, besagt gerade der in Art. 20 II GG induzierte Normenkontrollauftrag an das BVerfG die Überprüfung aller Rechtsnormen unterhalb der Verfassung auf ihre Verfassungskonformität[30] ; er erhebt das Gesetz also nicht zum Maßstab, sondern zum Gegenstand des Verfahrens[31]. Dies hebt das BVerfG nicht nur innerhalb der Verfassungsorgane hervor, sondern auch gegenüber der übrigen Gerichtsbarkeit[32].

Zu seiner Rolle im politischen Prozeß hat dabei das BVerfG selbst - sehr frühzeitig - Stellung bezogen, und sich dabei dagegen verwahrt, daß politische Entscheidungen in seine Hand gelegt würden, da es nur dem Recht diene und nur dem Recht verantwortlich sei[33]. In seinem Urteil stellte es jedoch ebenfalls heraus, daß es zwar nicht in seinem Aufgabenbereich liege, eine politische Entscheidung, die ausschließlich der Legislative obliege, zu treffen. Allerdings sei es seine Aufgabe, die rechtliche (meint: verfassungsrechtliche) Grundlage und Voraussetzung für die politische Entscheidung zu klären. So führte es aus, wer dem BVerfG sein Prüfungsrecht versagen wolle, nehme damit die unbedingte Verbindlichkeit der von der Mehrheit beschlossenen Gesetze in Kauf, gleichgültig, ob diese mit dem Grundgesetz in Einklang stünden oder nicht[34]. Damit unterstreicht das BVerfG eindrucksvoll die Ansicht, es ‘[spreche] Recht im Namen des Grundgesetzes’[35].

Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da selbst diejenigen, die heute zu große Einflußnahme des BVerfG auf die Politik beklagen, durchaus zugestehen, daß die Politik selbst das BVerfG in die Rolle des Ersatzgesetzgebers dränge[36], wenn die politischen Akteure zu uneins oder zu zögerlich seien, die Probleme selbst zu lösen.

Eine weitere Legitimation der verfassunsgsrechtlichen Interpretationshoheit, und damit indirekt einer Einflußnahme des BVerfG - zumindest auf den politischen Alltag, wenn auch nicht zwingend auf den Gesetzgebungsprozeß an sich - stellt die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes dar, die eigenständige Interpretation oder Anwendung der Grundrechte durch jedes einzelne Gericht zu verhindern[37], also für die Einheitlichkeit der Verfassungsinterpretation zu sorgen. Solch einer einheitlichen Interpretation kann allerdings der Gesetzgeber keine andere gegenüberstellen; dies wäre keine Einheitlichkeit mehr. In diesen Grenzkonflikten[38], in denen die kompromißlose Gewährleistung der Grundrechte in Konflikt gerät mit legitimen, über die Einhaltung der Grundrechte hinausgehenden Anliegen des Gesetzgebers, kommt dem Bundesverfassungsgericht die Aufgabe des Schlichters zu. Die Existenz derartiger Grenzkonflikte wird dabei eindeutig bejaht, indem dem Gesetzgeber in den Gesetzesvorbehalten, die den meisten Grundrechten angefügt sind, ein eigener Gestaltungsspielraum bei der Abwägung der Grundrechte des einzelnen und anderer Rechtsgüter (wie z.B. allgemein dem Wohle der Gemeinschaft) gegeben wird. Wachte über den Gesetzgeber jedoch kein Kontrollorgan, gölten die Grundrechte - insbesondere - unter dieser Einschränkung der Gesetzesvorbehalte nur in dem Maße, wie der Gesetzgeber selbst dies zuließe[39].

Eine gewichtige Einschränkung der Verfassungsgerichtsbarkeit wird jedoch vorgenommen: Dort, wo eine kompromißlose Umsetzung des Verfassungsrechts zur Handlungs- oder Entscheidungsunfähigkeit des Staates führte, ist hierauf zu verzichten.[40]

Das Gericht selbst hat sich ebenfalls eine weitere Selbstbeschränkung auferlegt: So verzichtet es darauf, noch nicht beschlossene Gesetze quasi-prophylaktisch auf ihre Verfassungskonformität zu überprüfen (dies kann also erst nach Verkündung im Bundesgesetzblatt geschehen), da eine eventuelle Unwirksamkeitserklärung automatisch Gesetzeskraft habe und somit - bei noch nicht vollendeter Beratung durch die eigentlich mit der Gesetzgebung beauftragten Organe - die Stellung des BVerfG gegenüber der Legislative überhöhen würde.[41]

Als einen letzten Nachweis der Legitimität politischer Einflußnahme durch das BVerfG ist noch die Notwendigkeit eines Antrages an das BVerfG, prüfend aktiv zu werden, anzusehen. Die Kompetenzen des Gerichtes sind klar eingegrenzt, eine unaufgeforderte Einmischung des BVerfG in den politischen Prozeß ist nicht möglich.[42]

Grenzen der Legitimität politischer Einflußnahme hat das BVerfG nach Meinung einschlägiger Fachleute allerdings dennoch überschritten. Das (gut gemeinte) Erteilen von Ratschlägen, wie künftige Gesetze auszusehen hätten, ist sicherlich mit dem - vom BVerfG selbst abgelehnten - Überprüfen von Gesetzen vor deren Inkrafttreten vergleichbar, und bedeutete ebenso wie dieses eine gesetzgeberische Anmaßung des BVerfG, die ihm nicht zusteht[43].

Ebendies gilt für die verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen. Zwar ist die Zurückhaltung, Gesetze als verfassungswidrig für nichtig zu erklären, mit Rücksicht auf die Offensichtlichkeit des damit verbundenen politischen Eingriffes, verständlich[44]. Diesbezüglich herrscht in der Fachliteratur große Einigkeit, wenn auch der verfassungskonformen Auslegung zugute gehalten werden kann, dies sei lediglich eine Fortsetzung bzw. der Übertrag des Prinzipes ‘in dubio pro reo’ auf das Verfassungsrecht[45]: Ein Gesetz, das verfassungskonform ausgelegt werden könne, sei als verfassungskonform anzunehmen[46].

Eine weitere Infragestellung der Legitimität der Einflußnahme des Bundesverfassungsgerichtes tritt auf bezüglich der Spezifizität und Tiefe der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle. So sei das Netz an Entscheidungen so dicht geknüpft, die Differenzierung so vorangeschritten, daß dem Gesetzgeber nur noch wenig gestaltender Spielraum bleibe und zudem die Transparenz sowohl für Bürger und Verwaltung, als auch für die Instanzgerichte, die die verfassungsgerichtlichen Entscheidungen anwenden und umsetzen müßten, nicht mehr gegeben sei[47].

3.4. Rechtsphilosophische Begründungen der Legitimation des Bundesver- fassungsgerichtes, Einfluß zu üben

Wie bereits angeschnitten, herrschte insbesondere in der deutschen Staatsrechtslehre der Gedanke vor, Verfassungsgerichtsbarkeit könne keine Gerichtsbarkeit sein, da Verfassungsfragen automatisch eine politische Dimension aufwiesen[48]. Verfassungsgerichtsbarkeit bringe eine Juridifizierung der Politik und eine Politisierung der Justiz mit sich[49], weshalb ‘Hüter der Verfassung’ nur ‘eine hochpolitische Instanz mit besonders intensiver politischer Kraft’ sein könne[50]. Verfassungsgerichtsbarkeit sei daher ein Widerspruch in ich selbst, da der Vorgang der Normenkontrolle zugleich automatisch ein Vorgang der (aktiven) Gesetzgebung und damit der Legislative sei. So fürchtete Schmitt[51], was heutzutage als ‘[gleitender] Übergang vom parlamentarischen Gesetzgebungsstaat zum verfassungsrechtlichen Jurisdiktionsstaat’[52] bezeichnet wird.

In einem Punkte ergibt die Literatur ein eindeutiges Bild: Verfassungsgerichtsbarkeit bedeutet - zumindest potentiell - immer einen Eingriff in das politische Geschehen. So wirkt auch das Bundesverfassungsgericht ‘in den Bereich des Politischen hinein’[53]. Das BVerfG greife ‘regulierend in die politische Lebensordnung’[54] unseres Staates ein, da ‘sein Gegenstand die Verfassung eines politischen Gemeinwesens [sei]’[55]. Über die Politizität verfassungsgerichtlicher Entscheidungen besteht demnach kein Dissens. Auch über die Natürlichkeit dieses Vorganges nicht, denn Adolf Arndts Feststellung, daß ‘Kontrolle der Macht notwendig selber Macht’[56] sei, würde auch von Seiten Schmitts und seiner Meinunsgenossen nicht widersprochen, wenn sie ausführen, ein Verfassungsgericht müsse entgegen dem Wesen eines Gerichtes als an sich unpolitisches Gremium hochpolitische Sachverhalte normativ zu klären versuchen[57].

Diese Auffassung war jedoch schon damals nicht unwidersprochen. So wurde den Verfechtern der Juridifizierungs- und Politisierungstheorie vorgeworfen, lediglich rein terminologisch zu argumentieren. Die eigentliche Frage sei nicht, ob die Kontrollinstitution nun Gericht heiße und der Vorgang echte Justiz sei, sondern, in welcher Weise an die (politisch-rechtliche) Frage herangetreten werde, wobei die unrichtige Annahme als Grundlage diene, politische und rechtliche Akte stünden in einem Gegensatz. Der Gegensatz zu den eigentlichen politischen Akteuren bestehe vielmehr darin, daß die Verfassungsgerichtsbarkeit in keinem institutionellen Verantwortlichkeitsverhältnis zu Parlament und Regierung stehe.[58]

Dem widerspricht die These, Richten heiße erkennen und nicht gestalten. Dieser Auffassung steht widerum entgegen, daß in diesem Falle lediglich die Fähigkeiten zu lesen, zu sehen und/oder zu hören sowie ein wenig Menschenverstand eine hinreichende Qualifikation für das Richteramt darstellten, da diese Fähigkeiten in Kombination die Kenntnisnahme des geltenden Rechts sowie des rechtlich zu klärenden Falles ermöglichten. Auch werde nicht berücksichtigt, daß die Rechtsordnung weder lückenlos, noch widerspruchsfrei, sprachlich eindeutig und dem Wandel erhaben sei[59], so daß ‘in jeden Akt richterlicher Rechtsanwendung (...) kognitive und volitive Elemente eine unauflösbare Verbindung’ eingingen[60], wodurch der Richter selbst Recht schaffe[61].

Dies gilt jedoch nicht ohne Einschränkungen: Hier gibt es zwei Einwände (oder Ratschläge) gegen allzu schwerwiegendes und häufiges Eingreifen in den politischen Prozeß:

Zunächst die gerne empfohlene Maxime der Enthaltsamkeit (judicial self-restraint). Hiergegen wird jedoch eingewandt, Kontrolle von Macht und Sicherung von Grundrechten könnten im Zweifelsfalle energisches Eingreifen und Nutzen der gegebenen Möglichkeiten notwendig machen, und nicht Nichtwahrnehmung seiner Pflichten - auch auf die Gefahr hin, andere Verfassungsorgane damit zu brüskieren. Allerdings gebiete die Achtung der Gewaltenteilung auch, seine Kompetenzen nicht eigenmächtig zu erweitern.[62]

So bleibt die political-question-Einschränkung, die politische Abwägungen zum Gegenstand verfassungsgerichtlicher Erwägungen zu erheben sucht. Dies bietet jedoch die Möglichkeit, die gegebene Verantwortung nicht wahrnehmen zu sollen, zu müssen oder zu wollen, weil ein unbequemer rechtlicher Streitfall gegebenenfalls als zu politisch eingestuft werden kann, insbesondere der Begriff des Politischen sehr undeutlich und schwer definierbar ist[63]. Da diese Maxime keinen verbindlichen Maßstab bilden kann für das Handeln des BVerfG, ist sie letztlich auch nicht praktikabel, will man nicht die Funktionsfähigkeit des BVerfG gefährden[64], obwohl es zweifelsfrei Fälle oder auch Fallgruppen gibt, in denen das BVerfG - auch von sich aus - Zurückhaltung übt (wie z.B. Prognoseentscheidungen oder Zweckmäßigkeitserwägungen)[65].

Als Stärkung der Legitimationsbasis dient hingegen die Tatsache unterschiedlich verteilter Interessen in einer pluralistischen Gesellschaft. Zwischen jeweiligen Minderheiten und Mehrheiten muß dabei vermittelt werden, um zu einer gesamtgesellschaftlichen Mehrheitsfindung zu gelangen. Da diese Gruppen ihrerseits direkte Teilhaber am politischen Prozeß sind, können sie diesen demokratischen Meinungsbildungsprozeß der Gesamtheit nicht selbst organisieren. Dem dient die Verfassungsgerichtsbarkeit[66].

Dies sind die Argumentationsmuster, die man für bzw. gegen die Legitimität verfassungsgerichtlicher Einflußnahme auf den politischen Prozeß in der Fachliteratur finden kann.

4. Analyse der Folgen dieser Einflussnahme für das Politische System der BRD

4.1. Staatstheoretische Folgen für das Politische System der BRD

Zu den Folgen, die die Einflussnahme des BVerfG hat, gehört zweifelsfrei eine verstärkte Bindung des Bürgers an das Grundgesetz und an die verfassungsmäßigen Werte, da das BVerfG einen alltäglichen Einfluß auf die Bürger ausübt, indem es die Bedeutung einzelner Grundrechte an konkreten Beispielen täglich vor Augen führt. Dies ist eine Leistung, die das BVerfG erbringt, die selbst von seinen Kritikern anerkannt wird[67].

Auch der Ausgleich zwischen gesellschaftlicher Mehrheit, starken Lobbygruppen einerseits, und der gesellschaftlichen Minderheit, gesellschaftlichen Randgruppen andererseits, der die Einbindung auch der Minderheit in den Volkswillen beinhaltet, ist nur durch das Wirken dieser verfassungsgerichtlichen Institution zu erreichen, denn in einer pluralistischen Gesellschaft wie unserer ist das Mehrheitsprinzip letztlich nicht mehr als eine ’formelle Abstimmungsregel’[68].

Letzter wichtiger zu erwähnender Punkt ist die bereits angesprochene, durch das Bundesverfassungsgericht gewährleistete, Entwicklung der normativen Werte anhand der sich entwickelnden Bedürfnisse - nicht momentanen Stimmungen - der Bevölkerung.

Als negativer Gesichtspunkt tritt hier jedoch hinzu, daß die Akzeptanz sowohl der Politik als auch des Bundesverfassungsgerichtes dadurch nicht gesteigert wird, daß sich die Politik weigert, politisch unbequeme Beschlüsse zu fällen und diese stattdessen lieber einer Entscheidung des BVerfG zuführt[69], und umgekehrt, daß dann das BVerfG den politisch unbequemen rechtlichen Notwendigkeiten zur Geltung verhelfen muß.

4.2. Politisch-Praktische Folgen für das Politische System der BRD

Zu den politisch-praktischen Folgen, die die Entscheidungsvielfalt ,-tiefe und -wirkung des BVerfG hat in bezug auf seine Einflußnahme auf die politischen Entscheidungen, gehört sicherlich die Tatsache, daß nunmehr politischen Entscheidungen in der Regel sehr genaue Prüfungen vorhergehen, ob die geplanten Gesetze tatsächlich verfassungskonform sind. Die ständig als Damoklesschwert über den politischen Entscheidungsträgern hängenden Entscheidungen des BVerfG führen also zu einer prophylaktischen Untersuchung der geplanten Gesetzeswerke auf ihre Verfassungskonformität hin, entfalten also eine verfassungsbindende Vorwirkung auf den Gesetzgebungsprozeß[70].

Häufig genug jedoch haben die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes dennoch im Nachhinein noch politikrelevante Wirkung, wenn die Vorprüfung durch die Politik nicht hinreichend sorgfältig vorgenommen wurde oder eine nicht weiterentwickelte Gesetzesnorm den veränderten Bedürfnissen der Gesellschaft nicht mehr gerecht werden kann und dadurch verfassungsrechtlich eine Überarbeitung der Gesetzesnorm notwendig wird. Doch auch eine - mehr oder weniger vage - Gewichtsverschiebung bei der Bewertung einzelner Normen kann zu einer graduellen Änderung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen zu denselben oder ähnlichen Entscheidungsobjekten führen: So hat das Bundesverfassungsgericht lange Zeit aus den Grundrechten keine Teilhaberechte hergeleitet, aus denen sich konkrete Leistungsansprüche für den Bürger an den Staat ergäben, die dann haushaltsrelevant würden. Dies begann sich jedoch bereits in den 1970er Jahren zu ändern[71].

Andere, offen ersichtliche Wirkungen, sind die Ungültigerklärung gesellschaftspolitischer Gesetze (wie dies letztlich das unter 2.1. behandelte bayerische Abtreibungsgesetz war, wenn auch über den Umweg der Einschränkung der Berufsfreiheit) sowie die Auswirkungen, die das BVerfG auf die politischen Parteien genommen hat. Die politischen Parteien, die sich zu Beginn der BRD in großer Eintracht gezeigt hatten, einen möglichst großen Kuchen von der Öffentlichkeit und untereinander möglicht unbehelligt aufzuteilen, mußten mehrfach in ihre Schranken verwiesen werden, um die Chancengleichheit auch den nichtetablierten, kleineren Parteien zu gewähren[72].

Festzustellen bleibt als objektive Folge der verfassungsgerichtlichen Entscheidungsdichte zudem die zunehmende Eingeschränktheit politischer Entscheidungsfreiheit[73], was jeweils von den Bundestagsoppositionen zu nutzen versucht wird[74].

5. Abschließende Würdigung und Wertung durch den Verfasser

Zusammengefaßt lassen sich zur Begründung der Legitimation der Kompetenzen und ihrer Ausnutzung durch das BverfG folgende Adpekte herausstellen:

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit nicht demokratischen und nicht die Staatsgewalt auf verschiedene Organe teilenden Staatssystemen (seien dies nun die absolutistischen Herrschaften der Kaiser und Könige oder auch Gewaltherrschaften wie z.B. im Dritten Reich) ist der Notwendigkeit von Gewaltenteilung zur Gewährleistung von Demokratie und Menschenrechten nicht zu widersprechen. Um dabei die Gewaltenteilung und ihre Achtung zu Gewährleisten, ist ein Verfassungsgericht – trotz lang währender rechtsphilosophischer Kontroversen hierum die geeignetste Institution.

Allein durch den Bestand eines Verfassunsggerichtes können Legislative und Executive zur Berücksichtigung auch der individuellen Menschenrechte gegenüber dem vermeintlich übergeordneten `Gemeinwohl´ gezwungen werden. Dies gilt aber auch nur dann, wenn die Verfassungsgerichtsbarkeit auch konkrete Mittel `an die Hand bekommt´, mögliche Verstöße von Gesetzgeber oder Regierung gegen die Menschenrechte rechtswirksam zu unterbinden; dies erzwingt geradezu die Möglichkeit des BVerfG, nicht verfassungskonforme Gesetze auch als nicht geltendes Recht zu qualifizieren und damit für unwirksam zu erklären.

Dabei kann es keine objektiv zu kontrollierenden Einschränkungen dieser Kontrollbefugnisse geben, da jede Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten des BVerfG eine mögliche Einschränkung der Grundrechte durch Parlament oder Regierung nach sich zöge. Damit ist unumgänglich, daß das BVerfG sich auch mit strittigen politischen Entscheidungen befassen muß. Ist es Aufgabe der Politik, im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch politische Entscheidungen das Funktionieren unseres Gemeinwesen sicherzustellen, kann dies doch immer dazu führen, daß hierbei wichtige Eckpfeiler dieser verfassunsmäßigen Ordnung, insbesondere die individuellen Grundrechte, aus dem Blick geraten und nicht mehr die ihnen zustehende Achtung erfahren. Die (politische) Gestaltung unseres Gemeinwesens ist also selbstverständlich ständiger Kontrolle auf die dabei gegebene Achtung der im Grundgesetz zugrundegelegten Rahmenbedingungen unseres Gemeinwesens unterworfen. Sagen wir also Kontrolle der Einhaltung unserer Grundrechte, meinen wir damit Kontrolle der Politik.

Zur Kritik von (Partei-)Politikern und (partei-)politisch Interessierten, wie sie immer wieder zu vernehmen ist, läßt sich also antworten:

Das BVerfG hat seine herausgehobene Stellung begründet auf seiner grundgesetzlichen Verankerung und seinem in der Regel bedachten Umgang mit seiner Macht, wie die in Kapitel 3.3. aufgezeigten Selbstbeschränkungen des BVerfG zeigen. Dennoch ist es in den nunmehr nahezu fünfzig Jahren seines Bestehens zu einer überwältigenden Regelungsdichte gekommen, die eben die Tatsache, daß die Verfassung flexibel sein muß, bei Wahrung der Grundrechte, nicht mehr hinreichend berücksichtigt.

Diese entsteht jedoch nicht, wie dies die Urteilsschelte der jeweils Unterlegenen in politisch bedeutsamen Rechtskonflikten zu unterstellen versucht, durch eine Kompetenzüberschreitung des BVerfG - auch nicht durch eine Überbewertung der Grundrechte durch das Bundesverfassungsgericht (denn zu deren Bewahrung ist es nun einmal vorgesehen), sondern durch die Zögerlichkeit der zuständigen Politiker, sich selbst um eine hinreichende Rechtslage zu bemühen, daß das BVerfG nicht in die für beide Seiten letztlich unvorteilhafte Situation kommt, ihre Entscheidungen für sie vorwegnehmen zu müssen oder sie zu korrigieren.

Dennoch ist von einer sehr starken, möglicherweise zu starken Einflußnahme des BVerfG auf das politische System der BRD zu sprechen, wobei allerdings die Notwendigkeit einer Verfassungsgerichtsbarkeit in einer pluralistischen und von ambivalenten Interessen beherrschten Gesellschaft vor dem historischen Hintergrund der Weimarer Republik ebenso unbestreitbar ist. Es ist und bleibt also nun Aufgabe der Politik, künftig zu tun, wozu sie da ist: Die Gestaltung unseres Gemeinwesen gesetzgeberisch zu lenken und dabei besondere Rücksicht auf die Grundrechte des Einzelnen zu nehmen.

Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mainz, den 15. April 2001

Adrian Hermann Hoos

Mit einem freundlichen Dank an seinen ehemaligen Gemeinschaftskunde-Leistungskursleiter, der ihn auf dieses Thema während seiner Schulzeit aufmerksam gemacht hat...

Wertung: Die ursprüngliche Arbeit erhielt die Note 1,7. Hauptkritikpunkte waren die vorhandenen Brüche zwischen Legitimitätsbejahenden Argumentationen und legitimationskritischen sowie die nicht hinreichend zusammenfassende abschließende Würdigung und Wertung.

[...]


[1] http://www.cdu.de/politik-a-z/recht/kapc3.htm; Zugriff am 30.01.2000. S. 1.

[2] Schmitt, Carl: Verfassungslehre. Berlin 1928. S. 119.

[3] künftig im Text: BVerfG

[4] künftig im Text: BRD

[5] StGB = Strafgesetzbuch

[6] www.bundesverfassungsgsericht.de/entscheidungen/rs19980623/1bvr230698

[7] Landfried, Christine: Bundesverfassungsgericht und Gesetzgeber. Wirkungen der Verfassungsrechtsprechung auf parlamentarische Willensbil- dung und soziale Realität. Baden-Baden 1984. S. 102.

[8] BVerfGE 8, 51.

[9] BVerfGE 20, 56.

[10] Laufer, Heinz: Verfassungsgerichtsbarkeit und politischer Prozeß. Studien zum Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland. Tübingen 1968. S. 450

[11] BVerfGE 12, 207

[12] Hesse, Konrad: Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland.. Heidelberg 1999. S. 207, RN 476

[13] Ibid., S. 207, RN 476.

[14] Hesselberger, Dieter: Das Grundgesetz. Kommentar für die politische Bildung. 10. Auflage. Bonn 1996. S. 174, RN 22.

[15] Starck, Christian: Das Bundesverfassungsgericht im politischen Prozeß der Bundesrepublik. Tübingen 1976. (=Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart; 466/467). S. 5.

[16] Ibid., S. 8f.

[17] Geiger, Willi: Verfassungsentwicklung durch Verfassungsgerichtsbarkeit. Düsseldorf 1965. S. 4.

[18] Limbach, Jutta: Das Bundesverfassungsgericht als politischer Machtfaktor. Speyer 1995. (=Speyrer Vorträge, Heft 30/1995). S. 15ff.

[19] Isensee, Josef: Die Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Recht und Politik. In: Tutzinger Schriften zur Politik 3 / Hrsg: Piazzolo, Michael: Das Bundesverfassungsgericht im Schnittpunkt von Recht und Politik. Mainz-München (hic!) 1995. S. 52f.

[20] Jerusalem, Franz W.: Die Staatsgerichtsbarkeit. Tübingen 1930. S. 61ff.

[21] Ibid., S. 30.

[22] http://stud-www.uni-marburg.de/Neumanna/politik/bundesverfassungsgericht.html; Zugriff am 30.01.2000. S. 1.

[23] Starck: a.a.O., S. 11.

[24] Ossenbühl, Fritz: Kontrolle von Tatsachenfeststellungen und Prognoseentscheidungen. In: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, xxx 1976, S. 501

[25] Stenographischer Bericht des Parlamentarischen Rates. Bonn 1949. S. 25. (Abgeordneter Süsterhenn)

[26] Hesse, Konrad: a.a.O., 234f., RN 547f.

[27] Gusy, Christoph: Parlamentarischer Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht. Berlin 1985. (=Schriften zum öffentlichen Recht 482). S. 88.

[28] Art. 20 II GG.

[29] Gusy, Christoph, a.a.O., S. 89.

[30] Marcic, René: Verfassung und Verfassungsgericht. Wien 1963. S. 107.

[31] Gusy, Christoph, a.a.O., S. 89.

[32] Starck, Christian. a.a.O., S. 28.

[33] BVerfGE 2, 96.

[34] Ibid.

[35] http://www.humboldt-forum-recht.de/12-1996; Zugriff am 30.01.2001. Limbach, Jutta: Das BVerfG als politischer Machtfaktor. (=Humboldt- Forum Recht 12-1996; Drucktext). S. 3. [künftig angegeben als: Limbach, Jutta: Humboldt Forum Recht.]

[36] Wassermann, Rudolf. Geschwächte Autorität. (=Die Welt, 5.1.1998; Leitartikel)

[37] BVerfGE 1, 197, BVerfGE 2, 128, BVerfGE 6,63.

[38] Limbach, Jutta: Humboldt Forum Recht. S. 2.

[39] Starck, Christian: a.a.O., S. 9f.

[40] Wittig, Peter: a.a.O., S. 146 ff.

[41] BVerfGE 1, 408.

[42] Limbach, Jutta: Humboldt Forum Recht. S. 5.

[43] Starck, Christian. a.a.O., S. 27

[44] Haak, Volker: No5rmenkontrolle und verfassungskonforme Gesetzesauslegung des Richters. Bonn 1963. S. 3ff.

[45] Laufer, Heinz: a.a.O., S. 366.

[46] BVerfGE 2, 266-286

[47] Wassermann, Rudolf: Geschwächte Autorität.

[48] Schmitt, Carl: Das Reichsgericht als Hüter der Verfassung. In: Verfassungsgserichtliche Aufsätze. Berlin 1959. S. 63ff.

[49] Guizot, Francois: Des conspiration et la justice politique. Paris 1821. S. 12 ff.

[50] Schmitt, Carl: Das Reichsgericht als Hüter der Verfassung. S. 69f.

[51] Ibid., S. 74, S. 98.

[52] Wassermann, Rudolf: Geschwächte Autorität.

[53] Limbach, Jutta: Speyrer Vorträge 1995. S. 12.

[54] Häberle, Peter: Das Bild des Richters. Karlsruhe 1957. S. 15

[55] Häberle, Peter: Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Politik und Rechtswissenschaft. Königstein 1980. S. 59.

[56] Arndt, Adolf: Das Bild des Richters. Karlsruhe 1957. S. 8.

[57] Popitz, Johannes: Wer ist der Hüter der Verfassung? In: Schmitt, Carl: Verfassungsrechtliche Aufsätze. S. 101ff.

[58] Kelsen, Hans: Wer soll Hüter der Verfassung sein? Berlin 1931. S. 11ff., S. 38.

[59] Limbach, Jutta: Humboldt-Forum-Recht. S. 6.

[60] Grimm, Dieter: Politik und Recht. In: Grundrechte, soziale Ordnung und Verfassungsgerichtsbarkeit. Heidelberg 1995. S. 91ff.

[61] Limbach, Jutta: Humboldt-Forum-Recht. S. 6

[62] Hesse, Konrad: Funktionelle Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit. In: Recht als Prozeß und Gefüge. Festschrift für Hans Huber. Bern 1981. S. 261ff.

[63] Abraham, Henry J.: The Judicial Process. Oxford University Press 1993. S. 358 ff.

[64] Brugger, Winfried: Einführung in das öffentliche Recht der USA. München 1993. S.20ff.

[65] Schupperts, Gunnar F.: Self-Restraints der Rechtsprechung. In: DVBl 1988, S. 1191ff..

[66] Gusy, Christoph: a.a.O., S. 25ff.

[67] Wassermann, Rudolf: Geschwächte Autorität.

[67] Gusy, Christoph: a.a.O., S. 26f.

[68] Gusy, Christoph: a.a.O., S. 26f.

[69] Arnim, Hans-Herbert von: Demokratie vor neuen Herausforderungen. (=ZRP 1995). S. 340ff.

[70] Starck, Christian: a.a.O., S. 16f.

[71] Starck, Christian: a.a.O., S.26.

[72] Eschenburg, Theodor: Parteienfinanzierung III. In: Zur Politischen Praxis II. S. 241ff.

[73] Wassermann, Rudolf: Geschwächte Autorität.

[74] Landfried, Christine: a.a.O., S. 52ff.

Final del extracto de 25 páginas

Detalles

Título
Politisierung des Bundesverfassungsgerichtes
Universidad
Johannes Gutenberg University Mainz
Curso
Grundseminar Politisches System der BRD
Calificación
1,7
Autor
Año
2000
Páginas
25
No. de catálogo
V108004
ISBN (Ebook)
9783640062089
Tamaño de fichero
524 KB
Idioma
Alemán
Notas
Aktive Politisierung des BVerfG.
Palabras clave
Politisierung, Bundesverfassungsgerichtes, Grundseminar, Politisches, System
Citar trabajo
Adrian Hoos (Autor), 2000, Politisierung des Bundesverfassungsgerichtes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108004

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