Das Verbot des Diebstahls & Das Verbot des Meineids im Dekalog


Seminar Paper, 2002

29 Pages, Grade: 3


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS:

Das Verbot des Diebstahls
Vortrag
Evaluation

Anhang
Arbeitsblatt
Vortrag

Bibliographie

Das Verbot des Meineids
Vortrag
Evaluation

Anhang
Arbeitsblatt
Folie
Vortrag

Bibliographie

Das Verbot des Diebstahls

Vortrag

Am 10. Januar 2002 hielt ich im Rahmen des Theologie-Seminars Dekalog bei Prof. Dr. Klinghardt einen Vortrag zum Thema Das Verbot des Diebstahls im Dekalog Der Dekalog ist den meisten besser bekannt unter der Bezeichnung Die Zehn Gebote. Ziel des Seminars war es, die Bedeutung der einzelnen Dekaloggebote sowie des Gesamttextes innerhalb der alttestamentlichen Überlieferung zu ergründen. Meine Wahl für ein Referat fiel auf die Gebote 7 und 8 (katholische / lutherische Zählung).

Gemäß Einheitsübersetzung lautet das 7. Gebot im Exodus (Ex; 2. Buch Mose) 20,15 und im Deuteronomium (Dtn; 5. Buch Mose) 5,19 Du sollst nicht stehlen. Im Levitikus (Lev; 3. Buch Mose) 19,11 hingegen steht: Ihr sollt nicht stehlen. Im folgenden Teil wird mein Referat schriftlich fixiert und anschließend durch eine Evaluation ergänzt. Gleiches gilt für das Meineidsverbot.

I Das Diebstahlverbot findet sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dekalogs in Zusammenhang mit den Verboten zwischenmenschlicher Vergehen wie Töten und Ehebrechen. Ein Beispiel für die Positionierung außerhalb des Dekalogs bietet Hosea 4,2:

Nein, Fluch und Betrug, Mord, Diebstahl und Ehebruch machen sich breit, Bluttat reiht sich an Bluttat.

II Im Alten Testament gibt es einen dreifach differenzierten Strafkatalog zum Diebstahl. Dazu gehören der Diebstahl von Gottes Eigentum, u.a. von geweihtem Banngut oder die Todesstrafe bei Menschendiebstahl (Bsp.: Ex 21,16).

Wer einen Menschen raubt, gleichgültig, ob er ihn verkauft hat oder ob man ihn noch in seiner Gewalt vorfindet, wird mit dem Tod bestraft.

An zweiter Stelle steht, daß für den Diebstahl von Vieh und Wertgütern für gewöhnlich doppelter Ersatz zu leisten war:

Ex 22,2-3 : 2 Doch ist darüber bereits die Sonne aufgegangen, dann entsteht Blutschuld. Ein Dieb muß Ersatz leisten. Besitzt er nichts, soll man ihn für den Wert des Gestohlenen verkaufen. 3 Findet man das Gestohlene, sei es Rind, Esel oder Schaf, noch lebend in seinem Besitz, dann soll er doppelten Ersatz leisten.

Ex 22,6-8 : 6 Übergibt jemand einem andern Geld oder Gerät zur Aufbewahrung und es wird aus dessen Haus gestohlen, dann soll der Dieb, wenn man ihn findet, doppelten Ersatz leisten. 7 Findet man den Dieb nicht, soll der Hausherr vor Gott erklären, daß er sich nicht selbst am Eigentum des andern vergriffen hat. 8 Wenn jemandem etwas veruntreut wurde, ein Rind, ein Esel, ein Schaf, ein Kleid oder sonst etwas, und er behauptet: Ja, das ist es, dann soll der Streitfall der beiden vor Gott kommen. Wen Gott als schuldig bezeichnet, soll dem andern doppelten Ersatz leisten.

Für bereits geschlachtete oder verkaufte Rinder, auch Schafe, war sogar vier- oder fünffacher Ersatz zu leisten:

Ex 21,37 : Wenn einer ein Rind oder ein Schaf stiehlt und es schlachtet oder verkauft, soll er fünf Stück Großvieh für das Rind oder vier Stück Kleinvieh für das Schaf als Ersatz geben.

Diese Strafen können als vergleichsweise mild angesehen werden, zieht man altorientalische Gesetze in Betracht. Liegt das daran, daß alttestamentliche Rechtsbestimmungen noch erheblich vom nomadischen Eigentumsverständnis geprägt waren, d.h. daß dem Eigentum des einzelnen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde, weil die damalige Gesellschaft noch nicht so individualistisch geprägt war? Sicher ist: im Alten Testament wird dem Diebstahl von Personen Vorrang vor jeglichem Eigentum gewährt.

III In der Originalsprache, dem Hebräischen, steht das Verb ganab - stehlen ohne Objekt. Die Frage, die sich stellt: kann es den eingeschränkten Sinn Menschen stehlen meinen? Tatsache ist, daß nur gelegentlich Personen in Erscheinung treten, genau genommen drei Mal bei 55 Bibelstellen, wie man herausgefunden hat. Hierzu gehören:

Dtn 24,7 : Wenn ein Mann dabei ertappt wird, wie er einen seiner Brüder, einen Israeliten, entführt, ihn als Sklaven kennzeichnet und verkauft, dann soll dieser Entführer sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.

sowie:

Gen 40,15 : Denn entführt hat man mich aus dem Land der Hebräer, und auch hier habe ich nichts getan, daß man mich hätte ins Gefängnis werfen müssen.

Statt dessen geht es viel öfter um Vieh, wie Ex 22,9-11 belegt:

Ex 22,9-11 : 9 Wenn jemand einem andern einen Esel, ein Rind, ein Schaf oder sonst ein Haustier zur Verwahrung übergibt und das Tier eingeht, sich etwas bricht oder fortgetrieben wird, ohne daß es jemand sieht, 10 dann soll ein Eid beim Namen des Herrn Klarheit darüber schaffen, daß der eine sich nicht am Eigentum des andern vergriffen hat. Der Eigentümer soll an sich nehmen, was noch da ist, ohne daß der andere Ersatz zu leisten hätte. 11 Ist es ihm aber gestohlen worden, muß er dem Eigentümer Ersatz leisten.

oder aber Sachen, sogar Geld:

Gen 44,8 : Sieh her, das Geld, das wir oben in unseren Getreidesäcken fanden, haben wir dir aus Kanaan zurückgebracht. Wie könnten wir da aus dem Haus deines Herrn Silber oder Gold stehlen?

Jos 7,21 : Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Schinar, außerdem zweihundert Schekel Silber und einen Goldbarren, der fünfzig Schekel wog. Ich wollte es haben und nahm es an mich. Es ist in meinem Zelt im Boden vergraben, das Silber an unterster Stelle.

Mit dem Nicht-Vorhanden-Sein eines Objektes, ergibt sich eine stark erweiterte Bedeutung für das Gebot, das das Verbot des Menschenraubes, wie auch alle anderen Arten des Diebstahls, einschließt. Wenn also der Menschenraub gemeint wäre, hätte man dann nicht bei dem Verb stehlen ein Objekt zu erwarten? Heißt es deshalb im Dekalog nur stehlen ?

IV Die Religionsforscher sind geteilter Meinung. Einige würden sicher darauf hinweisen, daß der Tatbestand des Diebstahls bereits in einigen der ältesten erhaltenen Rechtssatzreihen enthalten ist. Das bekannteste biblische Beispiel dazu ist die Erzählung vom Verkauf Jospehs nach Ägypten:

Gen 37,26-28 : 26 Da schlug Juda seinen Brüdern vor: Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder erschlagen und sein Blut zudecken? 27 Kommt, verkaufen wir ihn den Ismaelitern. Wir wollen aber nicht Hand an ihn legen, denn er ist doch unser Bruder und unser Verwandter. Seine Brüder waren einverstanden. 28 Midianitische Kaufleute kamen vorbei. Da zogen sie Josef aus der Zisterne heraus und verkauften ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter. Diese brachten Josef nach Ägypten.

An dieser Stelle ist also von dem die Rede, was wir heute als Freiheitsberaubung bezeichnen würden. Mit Gen 37,26-28 geht auch die bereits oben erwähnte Bestimmung Dtn 24,7 einher. Beide Bibelstellen widmen sich dem am Menschen begangenen Diebstahl. Im Dtn steht er sogar mit der ausdrücklichen Einschränkung, daß es sich nur dann um einen Diebstahl handele, wenn der seiner Freiheit beraubte Betroffene Angehöriger (Bruder) des eigenen Volkes (Israelit) sei. Diese Einschränkung kann auch auf Gen 37 übertragen werden.

Nimmt man folglich an, daß nur ein Bruder, ein Israelit, gemeint ist, überschneidet sich das auch nicht mit dem 9. und 10. Gebot, die beide bekanntlich vom Begehren des Hauses, der Frau, des Knechtes und der Magd des Nächsten, nicht aber einem Mann sprechen. Im Zeitalter der Sklaverei, als hohe Sklavenpreise den Markt regierten, war Menschenraub kein seltenes, weil rentables Unterfangen, so daß ein breites Publikum die Meinung vertritt, das 7. Gebot bezöge sich ausschließlich auf den Menschendiebstahl.

V Es dürfte für den Betrachter klar auf der Hand liegen, daß die drei Gebote, 7 und 9 und 10, zueinander in inhaltlichem Verhältnis stehen. Man nahm früher an, daß es sich beim Diebstahlverbot um die Untersagung einer vollzogenen Tat und beim Begehrverbot um die des aufkeimenden Entschlusses handele und diese einander gegenübergestellt würden. Damit wäre zu klären, ob man nicht nur begehren verwendet hat, weil kein treffenderes Wort vorlag und ob das Originalverb nicht eigentlich tätliche Machenschaften zur Aneignung fremden Eigentums meint? Nimmt man also in diesem Fall an, daß sich die Gebote 9 und 10 auf derlei Handlungen beziehen, ist nicht erkennbar, wie die Gebote 7 und 9 und 10 sachlich voneinander abgegrenzt sein sollen, wo doch im Dekalog keine anderen zwei Verbote in einem ähnlichen Verhältnis zueinander stehen. Wie wäre eine solche Doppelung zu erklären, noch dazu wenn die betreffenden Gebote durch das Meineidsverbot getrennt werden? Eine Möglichkeit: die beiden Gebote standen einander ursprünglich nicht so nahe und beschrieben von vornherein zwei verschiedene Stadien, vollendet bzw. begonnen (noch im Gang).

Wenn demnach kein Unterschied im Hinblick auf die verwendeten Verben erkennbar ist, muß er etwas mit den Objekten zu tun haben, sprich den Sachbereichen, denen der Diebstahl und das Begehren gelten. Aber auch hier ergibt sich eine Schwierigkeit: das Begehrverbot besitzt explizite Objekte, verfügt über die Aufzählung einer Reihe spezieller Besitztümer, während das Diebstahlverbot objektlos ist und so einen besonders kategorischen Klang erhält und somit sämtliche Handlungen vom Verbot eingeschlossen werden, die etwas mit dem Begriff Diebstahl zu tun haben.

VI Um daher entscheiden zu können, ob sich das Diebstahlverbot nun nur auf den Menschendiebstahl bezieht oder auf alle Diebstahlarten, kann nur noch die Positionierung des Gebots zur Aufklärung beitragen. Sie wäre nur dann vollkommen verständlich, würde sich das Gebot ausschließlich auf den Menschendiebstahl beziehen!

VII Vielleicht bietet ja das Begehrverbot eine indirekte Bestätigung dafür: In seiner Aufzählung werden die wesentlichsten Kategorien gewaltunterworfener Menschen in der israelitischen Gesellschaft genannt (Sklaven, Frauen etc.). Die freien Männer, die einzigen vollgültigen Rechtspersonen nach Ansicht des israelischen Volkes, bleiben unerwähnt. Aufgrund ihrer rechtlichen Sonderstellung sollten sie aber gewiß nicht ungeschützt bleiben und gar keine Erwähnung finden, sondern sie sollten vielleicht nur nicht an gleicher Stelle mit den ihnen unterworfenen Menschen und Sachgütern genannt werden. Demnach wären sie an anderer Stelle zu nennen, wie z. Bsp. in der Reihe der Gebote, die der Abwehr von Rechtsübergriffen auf die persönlichen Grundrechte der freien Männer, besagter Kerngesellschaft der israelitischen Gemeinschaft, gewidmet sind. Das Diebstahlverbot wird umrahmt von den Verboten des Ehebruchs und Meineids und würde damit genau so eine Reihe beschreiben und perfekt in sie hineinpassen! Diese Schlußfolgerung liegt zwar weitab von der herkömmlichen Auffassung zum Diebstahlverbot, steht aber der ursprünglichen Konstitution des israelischen Volkes um so näher. Fazit: Heutzutage verstehen viele das Diebstahlverbot als allgemeines, jegliche Form des Diebstahls bezeichnendes Verbot, doch zur Zeit seiner Entstehung beschrieb es nur den Menschendiebstahl!

VIII Egal, welche Theorie ein jeder vertreten möchte, definitiv gegeben ist, daß es beim 7. Gebot nicht nur um die widerrechtliche Aneignung von Menschen, Freien, Sklaven und auch Sachen geht, sondern auch darum, daß dem Nächsten durch einen Rechtsbruch ein Teil seiner Lebensgrundlage, seiner ihm von Jahwe gewährten Freiheit nach der Befreiung aus dem Sklavenhaus, entzogen wird.

Evaluation

Alles schön und gut, aber auf den Punkt gebracht, was genau spricht denn nun dafür, daß es um Menschendiebstahl bzw. stehlen allgemein geht? Nun, erstens bleibt in den Begehrverboten der freie Israelit unerwähnt; zweitens muß es einen Unterschied zwischen den Begehrverboten und dem Diebstahlverbot geben. So z. Bsp. den, daß die den Mann nicht enthaltende Aufzählung in den Begehrverboten nahelegt, daß sich das Diebstahlverbot auf ihn bezieht. Drittens spricht die Stellung des Diebstahlverbots im Dekalog dafür, aber auch viertens das Verhältnis, die Doppelung an sich in den Begehrverboten. Demgegenüber spricht für stehlen allgemein ein Argument weniger, nämlich erstens, daß es in den wenigsten Bibelstellen um den Diebstahl von Personen geht; zweitens das Gebot wegen seiner Objektlosigkeit einen sehr kategorischen Klang annimmt und drittens, es im Zuge der Weiterentwicklung heute als allgemeingültig aufgefaßt wird.

Während das allerdings eine eingeschränkte Sichtweise auf die Bedeutung des Diebstahlverbots wirft, hier noch einmal eine Zusammenfassung aller acht soeben dargelegter GEsichtspunkte. Für die Betrachtung des 7. Gebotes machen sie deutlich, daß es: 1. sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dekalogs wiedergefunden werden kann; 2. je nach Schwere des Diebstahls verschiedene Strafmaße ansetzt; 3. in den wenigsten zutreffenden Bibelstellen um den Diebstahl von Personen geht; 4. einen Unterschied zwischen den Begehrverboten und dem vorliegenden Diebstahlverbot geben muß; 5. aufgrund seiner Objektlosigkeit einen sehr kategorischen Klang annimmt; 6. im Hinblick auf seine Positionierung nur dann einen Sinn ergibt, wenn es sich ausschließlich auf Menschendiebstahl bezieht; 7. dem Ursprungsgedanken nach für Menschendiebstahl steht, aber im Zuge der Weiterentwicklung heute allgemein gehalten wird, und daß es 8. sowohl um eine widerrechtliche Aneignung als auch einen Entzug der von Jahwe gewährten Freiheit nach der Befreiung aus dem Sklavenhaus geht!

Ist alledem in irgendeiner Weise zu widersprechen? Eher nicht. Die Punkte 1 bis 3 bzw. 8 sind Tatsachen, die nicht bestritten werden können; die Argumentation zu Punkt 4 ist leicht nachvollziehbar; Punkt 5 klingt logisch, wäre doch mit einem Objekt eine Einschränkung gegeben; Punkt 6 ist nicht nur als gegeben hinzunehmen, sondern auch hier ist die Argumentation lückenlos. Und Punkt 7? Was birgt mehr Wahrheit in sich, als daß nichts beständiger ist als die Unbeständigkeit?

Im Seminar kam noch die Idee auf, daß die Begehrverbote den Mann ausschließen, weil seine Unantastbarkeit klar auf der Hand lag. Dann wären neue Kriterien für das Diebstahlverbot zu suchen. Bei allem Verständnis, aber die dargelegten Gesichtspunkte scheinen mir doch mehr als plausibel! Außerdem leben wir in einem Zeitalter der Veränderung, weshalb ich mir sehr gut vorstellen kann, daß früher Menschendiebstahl bezeichnete, was wir heute als allgemeinen Diebstahl klassifizieren.

Anhang

Arbeitsblatt

Prof. Dr. Matthias Klinghardt Do (4) Seminar: Dekalog

Silke-Katrin Kunze 10.01.2002 "Du sollst nicht stehlen"

Ex 20,15; Dtn 5,19: Du sollst nicht stehlen.

Lev 19,11: Ihr sollt nicht stehlen.

I) Innerhalb und (z.B.: Hos 4,2) Dekalog in Zusammenhang von Verboten Vergehens (Töten, Ehebrechen)

Hos 4,2:

2 Nein, Fluch und Betrug, Mord, Diebstahl und Ehebruch machen sich breit, Bluttat reiht sich an Bluttat.

II) AT: dreifach differenzierter Strafkatalog für Diebstahl

1. für Menschendiebstahl (z.B.: Ex 21,16) & Eigentum Gottes (geweihtes Banngut)

Ex 21,16

16 Wer einen Menschen raubt, gleichgültig, ob er ihn verkauft hat oder ob man ihn noch in seiner Gewalt vorfindet, wird mit dem Tod bestraft.

2. Gewöhnlich für Diebstahl Vieh & Wertgüter: (z.B.: Ex 22,3)

Ex 22,2-3

2 Doch ist darüber bereits die Sonne aufgegangen, dann entsteht Blutschuld. Ein Dieb muß Ersatz leisten. Besitzt er nichts, soll man ihn für den Wert des Gestohlenen verkaufen. 3 Findet man das Gestohlene, sei es Rind, Esel oder Schaf, noch lebend in seinem Besitz, dann soll er doppelten Ersatz leisten.

3. Rinder / Schafe bereits geschlachtet / verkauft: (z.B.: Ex 21,37)

Ex 21,37

37 Wenn einer ein Rind oder ein Schaf stiehlt und es schlachtet oder verkauft, soll er fünf Stück Großvieh für das Rind oder vier Stück Kleinvieh für das Schaf als Ersatz geben.

III) Verb ganab „stehlen“ ohne Objektangabe = „Menschen stehlen“ (eingeschränkter Sinn)?

+ Nur gelegentlich (3 v. 55 - z.B.: Gen 40,15)

Gen 40,15

15 Denn entführt hat man mich aus dem Land der Hebräer, und auch hier habe ich nichts getan, daß man mich hätte ins Gefängnis werfen müssen.

+ Oft (z.B.: Ex 22,11)

Ex 22,9-11

9 Wenn jemand einem andern einen Esel, ein Rind, ein Schaf oder sonst ein Haustier zur Verwahrung übergibt und das Tier eingeht, sich etwas bricht oder fortgetrieben wird, ohne daß es jemand sieht, 10 dann soll ein Eid beim Namen des Herrn Klarheit darüber schaffen, daß der eine sich nicht am Eigentum des andern vergriffen hat. Der Eigentümer soll an sich nehmen, was noch da ist, ohne daß der andere Ersatz zu leisten hätte. 11 Ist es ihm aber gestohlen worden, muß er dem Eigentümer Ersatz leisten.

+ Oder _ (Geld [z.B.: Jos 7,21 ])

Jos 7,21

21 Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Schinar, außerdem zweihundert Schekel Silber und einen Goldbarren, der fünfzig Schekel wog. Ich wollte es haben und nahm es an mich. Es ist in meinem Zelt im Boden vergraben, das Silber an unterster Stelle.

→ Durch Objektauslassung: stark erweiterte

IV) Diebstahl innerhalb ältester erhaltener Rechtssatzreihe

Ex 21,16

16 Wer einen Menschen raubt, gleichgültig, ob er ihn verkauft hat oder ob man ihn noch in seiner Gewalt vorfindet, wird mit dem Tod bestraft.

+ Bekanntestes biblisches Bsp.: Erzählung vom Verkauf Josephs nach Ägypten (Gen 37,26-28)

* Dazu :

Dtn 24,7

7 Wenn ein Mann dabei ertappt wird, wie er einen seiner Brüder, einen Israeliten, entführt, ihn als Sklaven kennzeichnet und verkauft, dann soll dieser Entführer sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.

→ Beide Stellen an Menschen begangenen qualifizierten _ im Auge

+ Zweite: ausdrückliche Einschränkung

= Nur dann, wenn Angehörigen (Bruder, Israeliten) eigenen Volkes beraubt

+ Gleiche Einschränkung aller Wahrscheinlichkeit nach stillschweigend an erster Stelle

* Ursprünglich nur

→ Keine Überschneidung mit 10. Gebot: Haus, Frau, Knecht, Magd vs.Mann

V) Verhältnis Diebstahlverbot & Begehren fremden Eigentums

- "Begehren" = Ermangelung treffenderen Wortes vs.

Originalverbum meint tätliche Machenschaften zur Aneignung fremden Eigentums

→ Bezieht sich letztes Verbot Dekalog auf solche Handlungen

⇒ Schlecht sehen, wie sachlich von in geringem Abstand vorhergehendem Diebstahlverbot abgegrenzt sein soll

= Verhältnis: bis volle

- Aber: Dekalog nirgends sonst ähnliches Verhältnis zwischen zwei Verboten

⇒ : Verbote Diebstahl & Begehren mindestens in ursprünglicher Konzeption Dekalog einander noch nicht so nahe

= Von vornherein nur zwei verschiedene Stadien im Ablauf von (vollendete vs. erst begonnene & noch im Gang befindliche Handlung) getroffen & getroffen werden sollten

→ Wenn Unterschied kaum in Ausdruck als Prädikate verwendeter Verba, dann in genannten / gemeinten

VI) Zur Entscheidung, ob ursprünglich nur auf Menschendiebstahl oder seit jeher auf alle Arten Diebstahl, nur noch Weg gangbar, noch nicht erklärte Merkwürdigkeit im Gesamtaufbau Dekalog unter Gesichtpunkt, bei welchem Verständnis Verbot als sinnvoll bezeichnet werden kann und bei welchem nicht

= Durch mindestens ein Verbot ganz anderen Inhalts getrennt

→ Schwierigkeit löst sich nur dann, wenn bei jenen Verboten von Hause aus um Abwehr rechtswidriger Übergriffe auf Kategorien von Objekten, die für im Dekalog herrschende Betrachtungsweise klar voneinander geschieden

+ Herkömmliche Beziehung Diebstahlsverbot auf jeden Diebstahl schlechthin _ nicht möglich

+ Aber ohne weiteres, wenn ursprünglich nur Diebstahl von

→ Stellung verständlich

VII) Vielleicht Begehrverbot indirekte :

- In jener Aufzählung wesentlichste Kategorien gewaltunterworfener Menschen israelitischer Gesellschaft (Frauen, Sklaven, Sklavinnen) genannt, hingegen nicht freie Männer, eigentliche Träger dieser Gesellschaft und einzige Rechtspersonen nach Anschauung Volk Israel

→ Fehlen gewiß kein Zufall

⇒ Diebstahlverbot gerade in Beschränkung auf ausgezeichnet zu es umgebenden Verboten Ehebruchs und Falschaussage vor Gericht passend

- Schlußfolgerung weit von Diebstahlverbotes Dekalog

+ Aber um so näher an Volkes Israel

VIII) Nächstem unter Bruch Recht Teil seiner ihm von Jahwe entziehend

Vortrag

Prof. Dr. Matthias Klinghardt VORTRAG Seminar: Dekalog

Silke-Katrin Kunze 10. Januar 2002 "Du sollst nicht stehlen"

Ex 20,15 : Du sollst nicht stehlen.

Lev 19,11 : Ihr sollt nicht stehlen.

Dtn 5,19 : Du sollst nicht stehlen.

I) Innerhalb und außerhalb (e.g.: Hos 4,2) Dekalog in Zusammenhang von Verboten zwischenmenschlichen Vergehens (Töten, Ehebrechen)

Hos 4,2:

2 Nein, Fluch und Betrug, Mord, Diebstahl und Ehebruch machen sich breit, Bluttat reiht sich an Bluttat.

II) AT: dreifach differenzierter Strafkatalog für Diebstahl

1. Todesstrafe für Menschendiebstahl (e.g.: Ex 21,16) & Eigentum Gottes (geweihtes Banngut)

Ex 21,16

16 Wer einen Menschen raubt, gleichgültig, ob er ihn verkauft hat oder ob man ihn noch in seiner Gewalt vorfindet, wird mit dem Tod bestraft.

2. Gewöhnlich für Diebstahl Vieh & Wertgüter: doppelter Ersatz (e.g.: Ex 22,3.6.8)

Ex 22,2-3

2 Doch ist darüber bereits die Sonne aufgegangen, dann entsteht Blutschuld. Ein Dieb muß Ersatz leisten. Besitzt er nichts, soll man ihn für den Wert des Gestohlenen verkaufen. 3 Findet man das Gestohlene, sei es Rind, Esel oder Schaf, noch lebend in seinem Besitz, dann soll er doppelten Ersatz leisten.

Ex 22,6-8

6 Übergibt jemand einem andern Geld oder Gerät zur Aufbewahrung und es wird aus dessen Haus gestohlen, dann soll der Dieb, wenn man ihn findet, doppelten Ersatz leisten. 7 Findet man den Dieb nicht, soll der Hausherr vor Gott erklären, daß er sich nicht selbst am Eigentum des andern vergriffen hat. 8 Wenn jemandem etwas veruntreut wurde, ein Rind, ein Esel, ein Schaf, ein Kleid oder sonst etwas, und er behauptet: Ja, das ist es, dann soll der Streitfall der beiden vor Gott kommen. Wen Gott als schuldig bezeichnet, soll dem andern doppelten Ersatz leisten.

3. Rinder / Schafe bereits geschlachtet / verkauft: 4 / 5facherErsatz (e.g.: Ex 21,37)

Ex 21,37

37 Wenn einer ein Rind oder ein Schaf stiehlt und es schlachtet oder verkauft, soll er fünf Stück Großvieh für das Rind oder vier Stück Kleinvieh für das Schaf als Ersatz geben.

→ Vergleichsweise milde Strafen für Diebstahl (viel geringer als in altorientalischen Gesetzen → Milde: weil alttestamentliche Rechtsbestimmungen noch erheblich vom nomadischen Eigentumsverständnis [mehr gruppenbezogen als individualistisch ausgerichtet] geprägt? = dem Eigentum des einzelnen weniger Aufmerksamkeit)

⇒ Im AT: Personen Vorrang vor Eigentum

III) Verb ganab „stehlen“ ohne Objektangabe = „Menschen stehlen“ (eingeschränkter Sinn)?

+ Nur gelegentlich Personen (3 v. 55 - e.g.: Dtn. 24,7; Gen 40,15)

Dtn 24,7

7 Wenn ein Mann dabei ertappt wird, wie er einen seiner Brüder, einen Israeliten, entführt, ihn als Sklaven kennzeichnet und verkauft, dann soll dieser Entführer sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.

Gen 40,15

15 Denn entführt hat man mich aus dem Land der Hebräer, und auch hier habe ich nichts getan, daß man mich hätte ins Gefängnis werfen müssen.

+ Oft Vieh (e.g.: Ex 22,11)

Ex 22,9-11

9 Wenn jemand einem andern einen Esel, ein Rind, ein Schaf oder sonst ein Haustier zur Verwahrung übergibt und das Tier eingeht, sich etwas bricht oder fortgetrieben wird, ohne daß es jemand sieht, 10 dann soll ein Eid beim Namen des Herrn Klarheit darüber schaffen, daß der eine sich nicht am Eigentum des andern vergriffen hat. Der Eigentümer soll an sich nehmen, was noch da ist, ohne daß der andere Ersatz zu leisten hätte. 11 Ist es ihm aber gestohlen worden, muß er dem Eigentümer Ersatz leisten.

+ Oder Sachen (Geld [e.g.: Gen 44,8; Jos 7,21 ])

Gen 44,8

8 Sieh her, das Geld, das wir oben in unseren Getreidesäcken fanden, haben wir dir aus Kanaan zurückgebracht. Wie könnten wir da aus dem Haus deines Herrn Silber oder Gold stehlen?

Jos 7,21

21 Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Schinar, außerdem zweihundert Schekel Silber und einen Goldbarren, der fünfzig Schekel wog. Ich wollte es haben und nahm es an mich. Es ist in meinem Zelt im Boden vergraben, das Silber an unterster Stelle.

→ Durch Objektauslassung: stark erweiterte Bedeutung

⇒ Verbot Menschenraub (todeswürdiges Verbrechen) nicht aus-, sondern eingeschlossen plus alle anderen Arten Diebstahl

- Wenn gemeint: bei „stehlen“ Nennung Objekt erwarten

→ Dekalog: kein Objekt

⇒ „Stehlen“

VS.

IV) Tatbestand Diebstahl innerhalb ältester erhaltener Rechtssatzreihe

=

Ex 21,16

16 Wer einen Menschen raubt, gleichgültig, ob er ihn verkauft hat oder ob man ihn noch in seiner Gewalt vorfindet, wird mit dem Tod bestraft.

+ Bekanntestes biblisches Bsp.: Erzählung vom Verkauf Josephs nach Ägypten (Gen 37,25ff.)

Gen 37,26-28

26 Da schlug Juda seinen Brüdern vor: Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder erschlagen und sein Blut zudecken? 27 Kommt, verkaufen wir ihn den Ismaelitern. Wir wollen aber nicht Hand an ihn legen, denn er ist doch unser Bruder und unser Verwandter. Seine Brüder waren einverstanden. 28 Midianitische Kaufleute kamen vorbei. Da zogen sie Josef aus der Zisterne heraus und verkauften ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter. Diese brachten Josef nach Ägypten.

= "Freiheitsberaubung"

* Dazu Bestimmung:

Dtn 24,7

7 Wenn ein Mann dabei ertappt wird, wie er einen seiner Brüder, einen Israeliten, entführt, ihn als Sklaven kennzeichnet und verkauft, dann soll dieser Entführer sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.

→ Beide Stellen an Menschen begangenen qualifizierten Diebstahl im Auge

+ Zweite: ausdrückliche Einschränkung

= Nur dann, wenn Angehörigen (Bruder, Israeliten) eigenen Volkes Freiheit beraubt

+ Gleiche Einschränkung aller Wahrscheinlichkeit nach stillschweigend an erster Stelle

* Ursprünglich nur Mann

→ Keine Überschneidung mit 10. Gebot: Haus, Frau, Knecht, Magd vs.Mann

+ Zeitalter Sklaverei bei hohen Sklavenpreisen: nicht seltenes, rentables Unterfangen

* Dekalog meint Menschendiebstahl

→ Breit aufgenommen worden

V) Inhaltliches Verhältnis Diebstahlverbot & Begehren fremden Eigentums

+ Früher angenommen: Gegenüberstellung & je für sich Untersagung vollzogene Tat und aufkeimender Entschluß zu ihr

- "Begehren" = Ermangelung treffenderen Wortes vs.

Originalverbum meint tätliche Machenschaften zur Aneignung fremden Eigentums

→ Bezieht sich letztes Verbot Dekalog auf solche Handlungen

⇒ Schlecht sehen, wie sachlich von in geringem Abstand vorhergehendem Diebstahlverbot abgegrenzt sein soll

= Verhältnis: Überschneidung bis volle Deckung

- Aber: Dekalog nirgends sonst ähnliches Verhältnis zwischen zwei Verboten

→ Wieso hier Verdoppelung Verbot; noch dazu wenn durch mit ganz anderen Dingen zu tun habende Sätze voneinander getrennt?

⇒ Vermutung: Verbote Diebstahl & Begehren mindestens in ursprünglicher Konzeption Dekalog einander noch nicht so nahe

= Von vornherein nur zwei verschiedene Stadien im Ablauf von Rechtsverletzungen (vollendete vs. erst begonnene & noch im Gang befindliche Handlung) getroffen & getroffen werden sollten

→ Wenn Unterschied kaum in Ausdruck als Prädikate verwendeter Verba, dann in genannten / gemeinten Objekten

⇒ Sachbereichen, denen Handlungen Diebstahl und Begehren gelten

⇒ Schwierigkeit:

- Begehrverbot: ausgesprochenes Objekt

+ ursprünglich: "das Haus deines Nächsten"

→ Aufzählung Reihe spezieller Besitztümer

- Diebstahlverbot: objektlos (wie Mord und Ehebruch)

→ Besonders kategorischer Klang

= Keine Handlung, die überhaupt zu Begriff Diebstahl von Verbot ausgeschlossen

VI) Zur Entscheidung, ob ursprünglich nur auf Menschendiebstahl oder seit jeher auf alle Arten Diebstahl, nur noch Weg gangbar, noch nicht erklärte Merkwürdigkeit Stellung im Gesamtaufbau Dekalog unter Gesichtpunkt, bei welchem Verständnis Verbot als sinnvoll bezeichnet werden kann und bei welchem nicht

= Durch mindestens ein Verbot ganz anderen Inhalts getrennt

→ Schwierigkeit löst sich nur dann, wenn bei jenen Verboten von Hause aus um Abwehr rechtswidriger Übergriffe auf Kategorien von Objekten, die für im Dekalog herrschende Betrachtungsweise klar voneinander geschieden

+ Herkömmliche Beziehung Diebstahlsverbot auf jeden Diebstahl schlechthin Unterscheidung nicht möglich

+ Aber ohne weiteres, wenn ursprünglich nur Diebstahl von Personen

→ Stellung verständlich

VII) Vielleicht Begehrverbot indirekte Bestätigung:

- In jener Aufzählung wesentlichste Kategorien gewaltunterworfener Menschen israelitischer Gesellschaft (Frauen, Sklaven, Sklavinnen) genannt, hingegen nicht freie Männer, eigentliche Träger dieser Gesellschaft und einzige vollgültige Rechtspersonen nach Anschauung Volk Israel

→ Fehlen gewiß kein Zufall

+ Kann auch nicht bedeuten, ihre Freiheit ungeschützt, da wegen rechtlicher Sonderstellung nicht in einem Atemzug mit ihrer Gewalt unterworfenen Menschen und ihren Sachgütern nennbar

- Wenn aber hier unerwähnt bleiben mußten

→ Richtiger Platz für ausdrückliche Sicherung ihrer Freiheit offenbar in Reihe derjeniger Verbote Dekalog, die Abwehr aller flagranten Übergriffe auf persönliche Grundrechte Kernbestandes israelitischer Volksgemeinschaft gewidmet

⇒ Diebstahlverbot gerade in Beschränkung auf Kreis freier Männer ausgezeichnet zu es umgebenden Verboten Ehebruchs und Falschaussage vor Gericht passend

- Schlußfolgerung weit von herkömmlicher Auffassung Diebstahlverbotes Dekalog

+ Aber um so näher an ursprüngliche Konstitution Volkes Israel

→ Darum wohl Vorzug

VIII) Fest steht = widerrechtliche Aneignung Menschen, Freie, Sklaven, auch Sachen

→ Nächstem unter Bruch Recht Lebensgrundlage / Teil von ihr entziehend

+ Lebensgrundlage: Teil seiner (Nächster) ihm von Jahwe gewährten Freiheit vom Sklavenhaus

Bibliographie

ALT, A., Das Verbot des Diebstahls im Dekalog, in: DERS., Kleine Schriften I, 41968, 330-340

CRÜSEMANN, F., Bewahrung der Freiheit. Das Thema des Dekalogs in sozialgeschichtlicher Perspektive, München 1993, 72-73

SCHMIDT, W. H., Die Zehn Gebote im Rahmen alttestamentlicher Ethik, EdF 281, Darmstadt 1993, 122-124

Das Verbot des Meineids

Vortrag

Am 24. Januar 2002 hielt ich meinen zweiten Vortrag, diesmal zum Thema Das Verbot des Meineids im Dekalog. Auch hier galt es wieder, zu Bibelstellen aus dem Exodus und Deuteronomium Stellung zu beziehen. Sowohl im Ex 20,16 als auch im Dtn 5,20 steht laut Einheitsübersetzung zum 8. Gebot geschrieben: Du sollst nicht falsch(es) gegen deinen Nächsten aussagen. Im eng verbundenen Lev 19,11 heiß die Phrase so ähnlich: Ihr sollt nicht täuschen / einander betrügen.

I., II. Dieses Gebot mahnt den Adressaten nicht, stets die Wahrheit zu sagen, verbietet ihm aber, durch jegliche Rechtsmanipulation einen anderen um seine Freiheitsgrundlage zu bringen oder überhaupt zu schädigen.

III. Im Alten Testament gibt es mehrere Verbrechenslisten, die den Meineid mit nennen. Dazu braucht man sich nur die Bibelstellen Jer 7,9 und Sach 8,16f. hinzuzuziehen:

Jer 7,9 : Wie? Stehlen, morden, die Ehe brechen, falsch schwören, dem Baal opfern und anderen Göttern nachlaufen, die ihr nicht kennt.

Sach 8,16-17 : 16 Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. 17 Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten, und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn das alles hasse ich - Spruch des Herrn.

und schon erscheint es nicht mehr ungewöhnlich, daß der Meineid im Sündenkatalog aufgeführt ist.

IV. Hat es sich in der israelitischen Gesellschaft beispielsweise nach einem Verfahren herausgestellt, daß der Beklagte einen Meineid geschworen hat, mußte er, im Fall einer Eigentumssache, nicht nur das Streitgut zurückgeben und ein Fünftel addieren, sondern auch im Tempel ein Opfer darbringen. Dementsprechend steht im Lev 5,20-26 geschrieben:

Lev 5,20-26 : 20 Der Herr sprach zu Mose: 21 Wenn jemand sündigt und eine Veruntreuung gegen den Herrn begeht, indem er einen aus seinem Volk über anvertrautes oder hinterlegtes oder geraubtes Gut täuscht oder ihn übervorteilt 22 oder verlorenes Gut findet und es leugnet oder einen Meineid leistet hinsichtlich irgendeiner Sünde, die ein Mensch begehen kann, 23 wenn er also auf solche Weise sündigt und schuldig wird, muß er das, was er geraubt oder durch Übervorteilung gewonnen hat oder was ihm anvertraut wurde, oder das Verlorene, das er gefunden hat, zurückgeben, 24 oder er muß den Schaden, den er durch den Meineid angerichtet hat, wiedergutmachen; am Tag seines Schuldopfers erstatte er dem Geschädigten den um ein Fünftel vermehrten Wert. 25 Er soll einen fehlerlosen Widder von seiner Herde nach dem üblichen Schätzwert als sein Schuldopfer vor den Herrn zum Priester bringen, 26 und dieser soll ihn vor dem Herrn entsühnen; dann wird ihm jede Tat vergeben werden, durch die er sich schuldig gemacht hat.

V. Dem Wortlaut nach verbietet das vorliegende Gebot also eine falsche Zeugenaussage vor Gericht, sprich zunächst nur dort, wo man dem Nächsten am meisten schaden kann, weil man ihn um seinen Besitz, ja sogar sein Leben bringen kann. Dessen ganze Existenz steht auf dem Spiel! Das verwendete Verb aussagen, zeugen bezeichnet also das Auftreten vor Gericht für bzw. meistens gegen jemanden (s. Spr 25,18). Hat man nämlich damals ein Vergehen beobachtet, war man verpflichtet, diese Sache vorzutragen. Unser traditioneller Zeuge wurde somit im damaligen typischen Ablauf eines Prozeßverfahrens zum Ankläger - eine Doppelrolle, die eine potentielle Gefahr darstellte, denn wenn mißbraucht, konnte ein lügnerischer bzw. falscher Ankläger und Zeuge, wie bereits erwähnt, seinen Nächsten durch eine Falschaussage um sein Recht bringen.

Da mehrere Rechtstexte vor derartigen Falschaussagen warnen, kann davon ausgegangen werden, daß man sich über die gegebenen Möglichkeiten im klaren war. Ex 23,1ff.; Dtn 16,19f. und Lev 19,15f. belegen das:

Ex 23,1-3 : 1 Du sollst kein leeres Gerücht verbreiten. Biete deine Hand nicht dem, der Unrecht hat, indem du als falscher Zeuge auftrittst. 2 Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsverfahren nicht so aussagen, daß du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst. 3 Du sollst auch den Geringen in seinem Rechtsstreit nicht begünstigen.

Dtn 16,19-20 : 19 Du sollst das Recht nicht beugen. Du sollst kein Ansehen der Person kennen. Du sollst keine Bestechung annehmen; denn Bestechung macht Weise blind und verdreht die Fälle derer, die im Recht sind. 20 Gerechtigkeit, Gerechtigkeit - ihr sollst du nachjagen, damit du Leben hast und das Land in Besitz nehmen kannst, das der Herr, dein Gott, dir gibt.

Lev 19,15-16 : 15 Ihr sollt in der Rechtsprechung kein Unrecht tun. Du sollst weder für einen Geringen noch für einen Großen Partei nehmen; gerecht sollst du deinen Stammesgenossen richten. 16 Du sollst deinen Stammesgenossen nicht verleumden und dich nicht hinstellen und das Leben deines Nächsten fordern. Ich bin der Herr.

Deshalb galt zumindest bei der Verhängung der Todesstrafe, daß eine Verurteilung nur bei zwei Zeugen (Dtn 17,6; Num 35,30) rechtens sei:

Dtn 17,6 : Wenn es um Leben oder Tod eines Angeklagten geht, darf er nur auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin zum Tod verurteilt werden. Auf die Aussage eines einzigen Zeugen hin darf er nicht zum Tod verurteilt werden.

Num 35,30 : Wenn irgend jemand einen Menschen erschlägt, darf man den Mörder nur aufgrund von Zeugenaussagen töten; doch aufgrund der Aussage nur eines einzigen Zeugen darf man einen Menschen nicht töten.

Allerdings, wie der Fall Naboths zeigt:

1.Kön 21,10 : Setzt ihm aber zwei nichtswürdige Männer gegenüber! Sie sollen gegen ihn als Zeugen auftreten und sagen: Du hast Gott und den König gelästert. Führt ihn dann hinaus, und steinigt ihn zu Tode!

konnte auch diese Schutzbestimmung umgangen werden. Es deutet also einiges darauf hin, daß sowohl Bestechung als auch Meineid gängige Verfahrensweisen waren (s. Jes 5,22f.; 10,1f.), obwohl eigentlich ein Falsch- oder Lügenzeuge gegen niemanden eine fingierte bzw. falsche Anklage erheben durfte!

Ps 27,12 : Gib mich nicht meinen gierigen Gegnern preis; denn falsche Zeugen stehen gegen mich auf und wüten.

Spr 6,19 : ein falscher Zeuge, der Lügen zuflüstert, und wer Streit entfacht unter Brüdern.

Spr 12,17 : Wer Wahrheit spricht, sagt aus, was recht ist, der falsche Zeuge aber betrügt.

Spr 14,5 : Ein zuverlässiger Zeuge lügt nicht, aber ein falscher Zeuge flüstert Lügen zu.

Spr 19,5 : Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft, wer Lügen flüstert, wird nicht entrinnen.

Auch aus Gründen des Selbstschutzes, drohende Vernichtung, sollte davon abgesehen werden. An zuvor erwähntem Beispielfall, der Geschichte von Naboths Weinberg, werden die Folgen einer ausgenutzten Falschaussage illustriert:

Mi 3,9-11 : 9 Hört doch, ihr Häupter des Hauses Jakob und ihr Richter aus dem Haus Israel! Ihr verabscheut das Recht und macht alles krumm, was gerade ist. 10 Ihr erbaut Zion mit Blut und Jerusalem mit lauter Unrecht. 11 Die Häupter dieser Stadt sprechen Recht und nehmen dafür Geschenke an, ihre Priester lehren gegen Bezahlung. Ihre Propheten wahrsagen für Geld, und doch berufen sie sich auf den Herrn und sagen: Ist nicht der Herr in unserer Mitte? Kein Unheil kann über uns kommen.

Erneut vielfältige Hinweise; was bleibt einem da anderes übrig, als zu dem Schluß zu kommen, daß eine Falschaussage ein verbreitetes Übel war? Aus dieser Perspektive sollte auch die gesetzliche Forderung gesehen werden, bei allen Fällen zwei Zeugen vorweisen zu müssen, wobei selbst das keine Zahl ist, da sich zwei Menschen noch sehr leicht absprechen können. Auch hierzu noch einmal zwei Beispiele:

Jes 8,2 : Und ich nahm mir zuverlässige Zeugen, den Priester Urija und Secharja, den Sohn Jeberechjas.

Mt 18,16 : Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muß durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden.

Aufgrund der hohen Bedeutung einer Zeugenaussage vor Gericht hat man jedwede Falschaussage, wie schon im alten Orient, nach dem Talionsprinzip bestraft:

Dtn 19,15-21 : 15 Wenn es um ein Verbrechen oder ein Vergehen geht, darf ein einzelner Belastungszeuge nicht Recht bekommen, welches Vergehen auch immer der Angeklagte begangen hat. Erst auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen darf eine Sache Recht bekommen. 16 Wenn jemand vor Gericht geht und als Zeuge einen andern zu Unrecht der Anstiftung zum Aufruhr bezichtigt, 17 wenn die beiden Parteien mit ihrem Rechtsstreit vor den Herrn hintreten, vor die Priester und Richter, die dann amtieren, 18 wenn die Richter eine genaue Ermittlung anstellen und sich zeigt: Der Mann ist ein falscher Zeuge, er hat seinen Bruder fälschlich bezichtigt, 19 dann sollt ihr mit ihm so verfahren, wie er mit seinem Bruder verfahren wollte. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. 20 Die übrigen sollen davon hören, damit sie sich fürchten und nicht noch einmal ein solches Verbrechen in deiner Mitte begehen. 21 Und du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß.

VI. In der hiesigen Darstellung kann noch angeführt werden, was das Gebot ausweist, wenn man seinen Sinn auf eine Untersagung übler Nachrede oder Teilhabe am Betrug hin erweitert:

Ex 23,6-8 : 6 Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen. 7 Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fernhalten. Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben; denn ich spreche den Schuldigen nicht frei. 8 Du sollst dich nicht bestechen lassen; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind.

Es existieren übrigens auch Weisheiten über die Lüge:

Spr 12,22 : Lügnerische Lippen sind dem Herrn ein Greuel, doch wer zuverlässig ist in seinem Tun, der gefällt ihm.

Spr 6,16-19 : 16 Sechs Dinge sind dem Herrn verhaßt, sieben sind ihm ein Greuel: 17 Stolze Augen, eine falsche Zunge, Hände, die unschuldiges Blut vergießen, 18 ein Herz, das finstere Pläne hegt, Füße, die schnell dem Bösen nachlaufen, 19 ein falscher Zeuge, der Lügen zuflüstert, und wer Streit entfacht unter Brüdern.

VII. Last but not least, werden viele Bibelstellen unter dem Aspekt betrachtet, daß die Wahrheit das Leben des anderen sichert, denn die Wahrhaftigkeit ist gleichsam an den Schutz des Nächsten gebunden. Ein möglicher, daraus entstehender Konflikt: daß es eine zu direkte Ehrlichkeit oder Offenheit gibt, die verletzen, wenn nicht sogar zerstören kann. Damit sollten bei dem Anspruch auf Wahrheit immer auch Bedenken bzgl. der gegebenen Umstände einbezogen werden: Kann eine wahrheitsgemäße Auskunft dem Nächstem schaden oder nützen? Läßt - in Not oder Gefahr - eventuell nur die Halb- / Unwahrheit leben?

Exemplarisch dargestellt werden, kann dieser Konflikt anhand von Ex 1,15ff. und Jer 38,24ff.

Ex 1,15-19 : 15 Zu den hebräischen Hebammen - die eine hieß Schifra, die andere Pua - sagte der König von Ägypten: 16 Wenn ihr den Hebräerinnen Geburtshilfe leistet, dann achtet auf das Geschlecht! Ist es ein Knabe, so laßt ihn sterben! Ist es ein Mädchen, dann kann es am Leben bleiben. 17 Die Hebammen aber fürchteten Gott und taten nicht, was ihnen der König von Ägypten gesagt hatte, sondern ließen die Kinder am Leben. 18 Da rief der König von Ägypten die Hebammen zu sich und sagte zu ihnen: Warum tut ihr das und laßt die Kinder am Leben? 19 Die Hebammen antworteten dem Pharao: Bei den hebräischen Frauen ist es nicht wie bei den Ägypterinnen, sondern wie bei den Tieren: Wenn die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie schon geboren.

Dieser erste Fall aus dem Alten Testament bekundet, wie die hebräischen Hebammen entgegen der Anordnung des Pharaos die Neugeborenen am Leben ließen und bei ihrer Befragung geschickt auswichen. - Demgegenüber das zweite Beispiel, in dem der Prophet Jeremia in einer verzweifelten Situation auf Drängen des Königs die Unwahrheit sagt:

Jer 38,24-27 : 24 Zidkija sagte zu Jeremia: Niemand darf von diesem Gespräch erfahren, sonst mußt du sterben. 25 Wenn aber die Beamten erfahren, daß ich mit dir geredet habe, und wenn sie zu dir kommen und dich auffordern: Teil uns mit, was du zum König gesagt hast und was der König zu dir gesagt hat, verheimliche uns nichts, sonst bringen wir dich um!, 26 dann antworte ihnen: Ich habe an den König die Bitte gerichtet, mich nicht ins Haus Jonatans zurückbringen zu lassen, weil ich dort zugrunde gehe. 27 Tatsächlich kamen alle Beamten zu Jeremia und fragten ihn. Er antwortete ihnen genau so, wie ihm der König geboten hatte. Da ließen sie von ihm ab; denn niemand hatte das Gespräch gehört.

Daraus ergibt sich die Frage, ob eine Lüge gerechtfertigt ist, wenn sie ein Menschenleben retten kann? – Um auf diese Frage einzugehen bzw. eine Antwort anzubieten, legte ich eine Folie mit den Hauptinhalten eines von Prof. Dieter Simon (Jurist) verfaßten Zeitungsartikels (Freie Presse – Stollberger Zeitung, 11./12. Dezember 1999) auf. Anhand mehrerer Beispiele veranschaulicht er darin auf einwandfrei nachvollziehbare Weise, daß in bestimmten Fällen Lügen notwendig sind. Er schließt mit der Auffassung, daß es unmöglich ist, stets die Wahrheit zu sagen. Daher sein klares Fazit: Du sollst lügen, wenn du mußt. Du sollst die Wahrheit sagen, wenn du kannst. Denn Wahrheit ist schön und Lüge ist notwendig.

Evaluation

Auch beim Verbot des Meineids kann etwas zur Stellung im Dekalog angemerkt werden: Es steht vor den Begehrverboten. Doch nicht nur das! In allen drei Verboten geht es offensichtlich im wesentlichen um die Möglichkeiten, das Recht auszuschöpfen, zu dehnen oder zu beugen. Und wozu? Nur um dem Nächsten, um den es immer geht, an seine Lebensgrundlage zu gehen!

Wie schon für das 7. Gebot, so soll auch für seinen Nachfolger an dieser Stelle eine Zusammenfassung erstellt werden: In sieben Schritten wird der Bedeutung des 8. Gebotes auf den Grund gegangen. 1. Es verlangt nicht, stets die Wahrheit zu sagen. 2. Es verbietet aber jegliche Rechtsmanipulation, die einen anderen um seine Freiheitsgrundlage bringt. 3. Ein Meineid ist eine Sünde, ein Verbrechen. 4. und 5. Für einen Meineid gab es ein festgelegtes Strafmaß. 5. Zwei Zeugen waren in jedem Fall wünschenswert, aber nur zwingend erforderlich, wenn es um Leben und Tod ging. 6. Es untersagt sowohl üble Nachrede als auch Teilhabe am Betrug, und 7., ob einem Anspruch auf Wahrheit, sollten immer auch die gegebenen Umstände berücksichtigt werden.

Ist dem vielleicht irgend etwas entgegenzusetzen? Auch nicht, handelt es sich doch in fast allen Punkten um Tatsachen! Einziger Diskussionsbedarf bei 7. Zu diesem Punkt gehörte die sehr wohl Einspruch findende Folie, deren Beispiele, obwohl auf das 8. Gebot gemünzt, weniger auf eine falsche Zeugenaussage ausgerichtet waren. Eben darum geht es aber hier.

Einerseits liefert Prof. Simon damit den eindeutigen Beweis, daß man das 8. Gebot mißverstehen bzw. dehnen kann, aber andererseits geht es dem Juristen ja eigentlich auch nicht um Lügen im Normalalltag, sondern nur in bestimmten Situationen, so daß man durchaus seiner Meinung folgen kann dann zu lügen, wenn man muß und dann die Wahrheit zu sagen, wenn man es kann.

Anhang

Arbeitsblatt

Prof. Dr. Matthias Klinghardt Do (4) Seminar: Dekalog

Silke-Katrin Kunze 24.01.2002 "Du sollst nicht lügen"

Ex 20,16; Dtn 5,20 : Du sollst nicht falsch(ES) gegen deinen Nächsten aussagen.

Lev 19,11: Ihr sollt nicht täuschen / einander betrügen.

I) Nicht Mahnung: Wahrheit sagen

II) Verbot: durch Rechtsmanipulation Anderen um Freiheitsgrundlage bringen /

III) AT: mehrere Verbrechenslisten, die u. a. auch nennen (z.B.: Jer 7, 9; Sach 8, 16 f.)

Sach 8,16-17

16 Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. 17 Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten, und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn das alles hasse ich - Spruch des Herrn.

→ Nicht ungewöhnlich, Meineid in » «

IV) Stellt sich später heraus, daß der Beklagte einen Meineid geschworen hat, dann hat er bei einer Eigentumssache das Streitgut mit einem Aufschlag herauszugeben und muß im Tempel ein darbringen (Lev 5, 20-26).

Lev 5,20-26

20 Der Herr sprach zu Mose: 21 Wenn jemand sündigt und eine Veruntreuung gegen den Herrn begeht, indem er einen aus seinem Volk über anvertrautes oder hinterlegtes oder geraubtes Gut täuscht oder ihn übervorteilt 22 oder verlorenes Gut findet und es leugnet oder einen Meineid leistet hinsichtlich irgendeiner Sünde, die ein Mensch begehen kann, 23 wenn er also auf solche Weise sündigt und schuldig wird, muß er das, was er geraubt oder durch Übervorteilung gewonnen hat oder was ihm anvertraut wurde, oder das Verlorene, das er gefunden hat, zurückgeben, 24 oder er muß den Schaden, den er durch den Meineid angerichtet hat, wiedergutmachen; am Tag seines Schuldopfers erstatte er dem Geschädigten den um ein Fünftel vermehrten Wert. 25 Er soll einen fehlerlosen Widder von seiner Herde nach dem üblichen Schätzwert als sein Schuldopfer vor den Herrn zum Priester bringen, 26 und dieser soll ihn vor dem Herrn entsühnen; dann wird ihm jede Tat vergeben werden, durch die er sich schuldig gemacht hat.

V) Wortlaut nach verbietet vor Gericht

→ Zunächst nur dort, wo Nächstem am meisten schadet, Besitz oder eventuell Leben kosten kann

- Verwendetes Verb bezeichnet Auftreten vor Gericht oder (zumeist) _ jemanden: "aussagen, zeugen" (z.B.: Spr 25, 18)

Spr 25,18

18 Keule und Schwert und scharfer Pfeil: das ist einer, der falsch aussagt gegen seinen Nächsten.

+ Traditionell » «, vom typischen Ablauf Prozeßverfahren damaliges Israel: .

+ Doppelrolle: potentiell & bei Mißbrauch gefährlich

* Lügnerischer bzw. falscher Ankläger & Zeuge

→ Nächsten durch Falschaussagen um sein Recht

+ Ganze Skala von _ bis Verlust Leben

* z. B. Eigentum, besonders ererbten Landbesitzes: mit eingeschlossen

- Zahlreiche Warnungen Rechtstexte vor falschen und meineidigen Aussagen zeigen große gegebener Möglichkeiten (z.B.: Ex 23,1ff.; Dtn 16,19f.; Lev 19,15f.)

Lev 19,15-16

15 Ihr sollt in der Rechtsprechung kein Unrecht tun. Du sollst weder für einen Geringen noch für einen Großen Partei nehmen; gerecht sollst du deinen Stammesgenossen richten. 16 Du sollst deinen Stammesgenossen nicht verleumden und dich nicht hinstellen und das Leben deines Nächsten fordern. Ich bin der Herr.

+ Regelung, jedenfalls Verhängung : Verurteilung nur bei (Dtn 17,6; Num 35,30) zeigt, Gefahr bekannt

Dtn 17,6

6 Wenn es um Leben oder Tod eines Angeklagten geht, darf er nur auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin zum Tod verurteilt werden. Auf die Aussage eines einzigen Zeugen hin darf er nicht zum Tod verurteilt werden.

* Schutz umgehbar

→ Fall _ (1 Kön 21, 10.13)

- Zahlreiche Prophetenworte lassen erkennen, & Meineid einer häufigsten benutzte Wege (Jes 5,23; 10,1f.)

Jes 5,22-23

22 Weh denen, die Helden sind, wenn es gilt, Wein zu trinken, und tapfer, wenn es gilt, starke Getränke zu brauen, 23 die den Schuldigen für Bestechungsgeld freisprechen und dem Gerechten sein Recht vorenthalten.

- Verbot, als "Falsch-" oder "Lügenzeuge" (z.B.: Ps 27,12; Spr 6,19; 12,17; 14,5; 19,5) heißt: gegen niemand falsche, _ _ erheben

Spr 19,5

5 Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft, wer Lügen flüstert, wird nicht entrinnen.

→ Warnung vor Gefahr " ", die Lügenzeuge bringen kann:

- Beispielfall für Ausnutzung Falschaussage & Folgen:

+ AT: Geschichte von Nabots Weinberg (z.B.: Mi 3, 9ff.)

+ Vielfältige Hinweise

→ Schluß nahe, "falsche Anzeige in israelitischer Gesellschaft verbreitetes "

⇒ , Anklage nur auf Aussage zweier Zeugen erheben

+ Schloß nicht aus (z.B.: Jes 8,2; Mt 18,16)

Jes 8,2

2 Und ich nahm mir zuverlässige Zeugen, den Priester Urija und Secharja, den Sohn Jeberechjas.

- Wegen hoher Bedeutung Zeugenaussage vor Gericht: _ schon im alten Orient wie gemäß Dtn 19,16-19 nach _ bestraft:

VI) Sinnerweiterung Richtung Untersagung übler oder Teilhabe am :

Ex 23,6-8

6 Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen. 7 Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fernhalten. Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben; denn ich spreche den Schuldigen nicht frei. 8 Du sollst dich nicht bestechen lassen; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind.

Spr 12,22

22 Lügnerische Lippen sind dem Herrn ein Greuel, doch wer zuverlässig ist in seinem Tun, der gefällt ihm.

VII) In Mehrzahl zitierter Texte: Wahrheit unter Blickwinkel _ des Anderen

= Gleichsam an _ Nächsten gebunden

⇒ Zum Anspruch auf , Bedenken _ : Kann wahrheitsgemäße Auskunft Nächstem schaden / nützen? Läßt - in Not / Gefahr - eventuell nur die Halb- / Unwahrheit leben?

+ AT: lassen Hebammen entgegen Anordnung Pharaos Neugeborene am Leben & weichen auf Befragung geschickt, kaum lügend, aus (Ex 1, 15ff.)

+ Eindeutiger sagt Prophet Jeremia (38,24 ff.) in verzweifelter Situation auf Drängen Königs Unwahrheit:

Jer 38,24-27

24 Zidkija sagte zu Jeremia: Niemand darf von diesem Gespräch erfahren, sonst mußt du sterben. 25 Wenn aber die Beamten erfahren, daß ich mit dir geredet habe, und wenn sie zu dir kommen und dich auffordern: Teil uns mit, was du zum König gesagt hast und was der König zu dir gesagt hat, verheimliche uns nichts, sonst bringen wir dich um!, 26 dann antworte ihnen: Ich habe an den König die Bitte gerichtet, mich nicht ins Haus Jonatans zurückbringen zu lassen, weil ich dort zugrunde gehe. 27 Tatsächlich kamen alle Beamten zu Jeremia und fragten ihn. Er antwortete ihnen genau so, wie ihm der König geboten hatte. Da ließen sie von ihm ab; denn niemand hatte das Gespräch gehört.

→ Lüge _, wenn sie ein retten kann?

Folie

Lügen ist manchmal notwendig

Gemeinsame Serie "Die Zehn Gebote - christliche Werte im Konflikt

mit den gesellschaftlichen Realitäten" von

"Freie Presse" und Deutschland - Radio

Häufig wird gegen das achte Gebot verstoßen. Aber die Wahrheit ist nicht immer besser als die Lüge.

Politiker lügen. Alles in Ordnung; es geht nicht anders. Wer pokert, kann nicht offen sein. Die Wahrheit ist nicht besser als die Lüge.

Dennoch muß irgendwo eine Grenze sein. Wo liegt Clinton auf der Kartographie der Lüge? Darf der Papst lügen? Die Fälle sind stumm und spenden keine Regeln. Vielleicht kommt es auf die Umstände an.

Der Arzt ist alt und liest die Tarnungen der Menschen wie ein Gott. Er hat oft gesehen, wie die Wahrheit den Tod rief. Er ist ein Arzt, der seinen Eid hält, den er dem Leben geschworen hat. Die Lüge ist besser als die Wahrheit.

"Du bist die Schönste." [...] "Du bist die Schönste für mich", was eine mögliche Wahrheit wäre. Dennoch ist sie ihm nicht gram. Die Lüge ist nicht schlechter als die Wahrheit.

Der Kandidat ist unqualifiziert. Er hat eine alte Mutter und eine kranke Frau sowie ein behindertes und zwei gesunde Kinder. Die Prüfer sehen sich an und sagen: "Bestanden."Die Lüge ist nicht besser als die Wahrheit.

Der Anwalt prüft ein Geschäft seines Freundes. Der Handel ist schlecht. [...] Als der Freund nach den Aussichten fragt, verlässt der Anwalt den Raum. Lüge und Wahrheit sind gleich gut und gleich schlecht.

"Der Kaiser ist nackt" Man soll seinen Augen trauen. Mutig mit dem eigenen und nicht nach dem Munde anderer reden. Aufrichtigkeit macht sich bezahlt. Offenheit statt Heuchelei. Die Wahrheit ist besser als die Lüge.

Als die Kinder erwachsen waren, wurden sie Wahrheitssager. Sie waren makellos ehrlich. Alle gingen ihnen aus dem Weg. Die Wahrheit ist schlechter als die Lüge.

Aber, sagt der Christ, "Du sollst nicht lügen!" steht in der Bibel. Mitnichten.

Unmöglich wäre nur dies: "Du sollst stets die Wahrheit sagen."

Fazit: Du sollst lügen, wenn Du musst. Du sollst die Wahrheit sagen, wenn Du kannst. Denn Wahrheit ist schön und Lüge ist notwendig.

S. 4: Freie Presse – Stollberger Zeitung, Sonnabend / Sonntag 11. / 12. Dezember 1999. Lügen ist manchmal notwendig, Jurist Prof. Dieter Simon.

Vortrag

Prof. Dr. Matthias Klinghardt VORTRAG Seminar: Dekalog

Silke-Katrin Kunze 24. Januar 2002 "Du sollst nicht lügen"

Ex 20,16 : Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.

Lev 19,11 : Ihr sollt nicht täuschen / einander betrügen.

Dtn 5,20 : Du sollst nicht Falsches gegen deinen Nächsten aussagen.

I) Nicht Mahnung: stets Wahrheit sagen

II) Verbot: durch Rechtsmanipulation And. um Freiheitsgrundlage bringen / schädigen

III) AT: mehrere Verbrechenslisten, die u. a. auch Meineid nennen (e.g.: Jer 7, 9; Sach 8, 16 f.)

Jer 7,9

9 Wie? Stehlen, morden, die Ehe brechen, falsch schwören, dem Baal opfern und anderen Göttern nachlaufen, die ihr nicht kennt.

Sach 8,16-17

16 Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. 17 Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten, und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn das alles hasse ich - Spruch des Herrn.

→ Nicht ungewöhnlich, Meineid in » Sündenkatalog «

IV) Stellt sich später heraus, daß der Beklagte einen Meineid geschworen hat, dann hat er bei einer Eigentumssache das Streitgut mit einem Fünftel Aufschlag herauszugeben und muß im Tempel ein Opfer darbringen (Lev 5, 20-26).

Lev 5,20-26

20 Der Herr sprach zu Mose: 21 Wenn jemand sündigt und eine Veruntreuung gegen den Herrn begeht, indem er einen aus seinem Volk über anvertrautes oder hinterlegtes oder geraubtes Gut täuscht oder ihn übervorteilt 22 oder verlorenes Gut findet und es leugnet oder einen Meineid leistet hinsichtlich irgendeiner Sünde, die ein Mensch begehen kann, 23 wenn er also auf solche Weise sündigt und schuldig wird, muß er das, was er geraubt oder durch Übervorteilung gewonnen hat oder was ihm anvertraut wurde, oder das Verlorene, das er gefunden hat, zurückgeben, 24 oder er muß den Schaden, den er durch den Meineid angerichtet hat, wiedergutmachen; am Tag seines Schuldopfers erstatte er dem Geschädigten den um ein Fünftel vermehrten Wert. 25 Er soll einen fehlerlosen Widder von seiner Herde nach dem üblichen Schätzwert als sein Schuldopfer vor den Herrn zum Priester bringen, 26 und dieser soll ihn vor dem Herrn entsühnen; dann wird ihm jede Tat vergeben werden, durch die er sich schuldig gemacht hat.

V) Wortlaut nach verbietet falsche Zeugenaussage vor Gericht

→ Zunächst nur dort, wo Nächstem am meisten schadet, Besitz oder eventuell Leben kosten kann

⇒ Existenz auf Spiel

- Verwendetes Verb bezeichnet Auftreten vor Gericht für oder (zumeist) gegen jemanden: "aussagen, zeugen" (e.g.: Spr 25, 18)

Spr 25,18

18 Keule und Schwert und scharfer Pfeil: das ist einer, der falsch aussagt gegen seinen Nächsten.

+ Zeuge Vergehens

→ Verpflichtet, Sache vorzutragen

+ Traditionell » Zeuge «, vom typischen Ablauf Prozeßverfahren damaliges Israel: Ankläger.

⇒ Zeuge = Ankläger

+ Doppelrolle: potentiell & bei Mißbrauch gefährlich

* Lügnerischer bzw. falscher Ankläger & Zeuge

→ Nächsten durch Falschaussagen um sein Recht

+ Ganze Skala von Rufmord bis Verlust Leben

* Gefährdung z. B. Eigentum, besonders ererbten Landbesitzes: mit eingeschlossen

- Zahlreiche Warnungen Rechtstexte vor falschen und meineidigen Aussagen zeigen große Bedeutung gegebener Möglichkeiten (e.g.: Ex 23,1ff.; Dtn 16,19f.; Lev 19,15f.)

Ex 23,1-3

1 Du sollst kein leeres Gerücht verbreiten. Biete deine Hand nicht dem, der Unrecht hat, indem du als falscher Zeuge auftrittst. 2 Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsverfahren nicht so aussagen, daß du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst. 3 Du sollst auch den Geringen in seinem Rechtsstreit nicht begünstigen.

Dtn 16,19-20

19 Du sollst das Recht nicht beugen. Du sollst kein Ansehen der Person kennen. Du sollst keine Bestechung annehmen; denn Bestechung macht Weise blind und verdreht die Fälle derer, die im Recht sind. 20 Gerechtigkeit, Gerechtigkeit - ihr sollst du nachjagen, damit du Leben hast und das Land in Besitz nehmen kannst, das der Herr, dein Gott, dir gibt.

Lev 19,15-16

15 Ihr sollt in der Rechtsprechung kein Unrecht tun. Du sollst weder für einen Geringen noch für einen Großen Partei nehmen; gerecht sollst du deinen Stammesgenossen richten. 16 Du sollst deinen Stammesgenossen nicht verleumden und dich nicht hinstellen und das Leben deines Nächsten fordern. Ich bin der Herr.

+ Regelung, jedenfalls Verhängung Todesstrafe: Verurteilung nur bei zwei Zeugen (Dtn 17,6; Num 35,30) zeigt, Gefahr bekannt

Dtn 17,6

6 Wenn es um Leben oder Tod eines Angeklagten geht, darf er nur auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin zum Tod verurteilt werden. Auf die Aussage eines einzigen Zeugen hin darf er nicht zum Tod verurteilt werden.

Num 35,30

30 Wenn irgend jemand einen Menschen erschlägt, darf man den Mörder nur aufgrund von Zeugenaussagen töten; doch aufgrund der Aussage nur eines einzigen Zeugen darf man einen Menschen nicht töten.

* Schutz umgehbar

→ Fall Naboth (1 Kön 21, 10.13)

1.Kön 21,10

10 Setzt ihm aber zwei nichtswürdige Männer gegenüber! Sie sollen gegen ihn als Zeugen auftreten und sagen: Du hast Gott und den König gelästert. Führt ihn dann hinaus, und steinigt ihn zu Tode!

1.Kön 21,13

13 Es kamen aber auch die beiden nichtswürdigen Männer und setzten sich ihm gegenüber. Sie standen vor dem Volk als Zeugen gegen Nabot auf und sagten: Nabot hat Gott und den König gelästert. Sogleich führte man ihn aus der Stadt hinaus und steinigte ihn zu Tode.

- zahlreiche Prophetenworte lassen erkennen, Bestechung & Meineid einer häufigsten benutzten Wege. (Jes 5,23; 10,1f.)

Jes 5,22-23

22 Weh denen, die Helden sind, wenn es gilt, Wein zu trinken, und tapfer, wenn es gilt, starke Getränke zu brauen, 23 die den Schuldigen für Bestechungsgeld freisprechen und dem Gerechten sein Recht vorenthalten.

Jes 10,1-2

1 Weh denen, die unheilvolle Gesetze erlassen und unerträgliche Vorschriften machen, 2 um die Schwachen vom Gericht fernzuhalten und den Armen meines Volkes ihr Recht zu rauben, um die Witwen auszubeuten und die Waisen auszuplündern.

- Verbot, als "Falsch-" oder "Lügenzeuge" (e.g.: Ps 27,12; Spr 6,19; 12,17; 14,5; 19,5) heißt: gegen niemand falsche, fingierte Anklage erheben

Ps 27,12

12 Gib mich nicht meinen gierigen Gegnern preis; denn falsche Zeugen stehen gegen mich auf und wüten.

Spr 6,19

19 ein falscher Zeuge, der Lügen zuflüstert, und wer Streit entfacht unter Brüdern.

Spr 12,17

17 Wer Wahrheit spricht, sagt aus, was recht ist, der falsche Zeuge aber betrügt.

Spr 14,5

5 Ein zuverlässiger Zeuge lügt nicht, aber ein falscher Zeuge flüstert Lügen zu.

Spr 19,5

5 Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft, wer Lügen flüstert, wird nicht entrinnen.

→ Warnung vor Gefahr "drohender Vernichtung", die Lügenzeuge bringen kann:

- Beispielfall für Ausnutzung Falschaussage & Folgen:

+ AT: Geschichte von Nabots Weinberg (e.g.: Mi 3, 9ff.)

Mi 3,9-11

9 Hört doch, ihr Häupter des Hauses Jakob und ihr Richter aus dem Haus Israel! Ihr verabscheut das Recht und macht alles krumm, was gerade ist. 10 Ihr erbaut Zion mit Blut und Jerusalem mit lauter Unrecht. 11 Die Häupter dieser Stadt sprechen Recht und nehmen dafür Geschenke an, ihre Priester lehren gegen Bezahlung. Ihre Propheten wahrsagen für Geld, und doch berufen sie sich auf den Herrn und sagen: Ist nicht der Herr in unserer Mitte? Kein Unheil kann über uns kommen.

+ Vielfältige Hinweise

→ Schluß nahe, "falsche Anzeige in israelitischer Gesellschaft verbreitetes Übel"

⇒ Gesetzliche Forderung, Anklage nur auf Aussage zweier Zeugen erheben

+ Schloß Mißbrauch nicht aus (e.g.: Jes 8,2; Mt 18,16)

Jes 8,2

2 Und ich nahm mir zuverlässige Zeugen, den Priester Urija und Secharja, den Sohn Jeberechjas.

Mt 18,16

16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muß durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden.

- Wegen hoher Bedeutung Zeugenaussage vor Gericht: Falschaussage schon im alten Orient wie gemäß Dtn 19,16-19 nach Talionsprinzip bestraft:

Dtn 19,15-21

15 Wenn es um ein Verbrechen oder ein Vergehen geht, darf ein einzelner Belastungszeuge nicht Recht bekommen, welches Vergehen auch immer der Angeklagte begangen hat. Erst auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen darf eine Sache Recht bekommen. 16 Wenn jemand vor Gericht geht und als Zeuge einen andern zu Unrecht der Anstiftung zum Aufruhr bezichtigt, 17 wenn die beiden Parteien mit ihrem Rechtsstreit vor den Herrn hintreten, vor die Priester und Richter, die dann amtieren, 18 wenn die Richter eine genaue Ermittlung anstellen und sich zeigt: Der Mann ist ein falscher Zeuge, er hat seinen Bruder fälschlich bezichtigt, 19 dann sollt ihr mit ihm so verfahren, wie er mit seinem Bruder verfahren wollte. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. 20 Die übrigen sollen davon hören, damit sie sich fürchten und nicht noch einmal ein solches Verbrechen in deiner Mitte begehen. 21 Und du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß.

VI) Sinnerweiterung Richtung Untersagung übler Nachrede oder Teilhabe am Betrug:

Ex 23,6-8

6 Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen. 7 Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fernhalten. Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben; denn ich spreche den Schuldigen nicht frei. 8 Du sollst dich nicht bestechen lassen; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind.

- Weisheit über Lüge:

Spr 12,22

22 Lügnerische Lippen sind dem Herrn ein Greuel, doch wer zuverlässig ist in seinem Tun, der gefällt ihm.

Spr 6,16-19

16 Sechs Dinge sind dem Herrn verhaßt, sieben sind ihm ein Greuel: 17 Stolze Augen, eine falsche Zunge, Hände, die unschuldiges Blut vergießen, 18 ein Herz, das finstere Pläne hegt, Füße, die schnell dem Bösen nachlaufen, 19 ein falscher Zeuge, der Lügen zuflüstert, und wer Streit entfacht unter Brüdern.

VII) In Mehrzahl zitierter Texte: Wahrheit unter Blickwinkel Lebenssicherung des Anderen

= Wahrheit / Wahrhaftigkeit gleichsam an Schutz Nächsten gebunden

→ Möglicher Konflikt: gibt eine zu direkte Ehrlichkeit / Offenheit, die verletzen / gar zerstören kann

⇒ Zum Anspruch auf Wahrheit, Bedenken Situation: Kann wahrheitsgemäße Auskunft Nächstem schaden / nützen? Läßt - in Not / Gefahr - eventuell nur die Halb- / Unwahrheit leben?

- AT: lassen Hebammen entgegen Anordnung Pharaos Neugeborene am Leben & weichen auf Befragung geschickt, kaum lügend, aus (Ex 1, 15ff.)

Ex 1,15-19

15 Zu den hebräischen Hebammen - die eine hieß Schifra, die andere Pua - sagte der König von Ägypten: 16 Wenn ihr den Hebräerinnen Geburtshilfe leistet, dann achtet auf das Geschlecht! Ist es ein Knabe, so laßt ihn sterben! Ist es ein Mädchen, dann kann es am Leben bleiben. 17 Die Hebammen aber fürchteten Gott und taten nicht, was ihnen der König von Ägypten gesagt hatte, sondern ließen die Kinder am Leben. 18 Da rief der König von Ägypten die Hebammen zu sich und sagte zu ihnen: Warum tut ihr das und laßt die Kinder am Leben? 19 Die Hebammen antworteten dem Pharao: Bei den hebräischen Frauen ist es nicht wie bei den Ägypterinnen, sondern wie bei den Tieren: Wenn die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie schon geboren.

+ Eindeutiger sagt Prophet Jeremia (38,24 ff.) in verzweifelter Situation auf Drängen Königs Unwahrheit:

Jer 38,24-27

24 Zidkija sagte zu Jeremia: Niemand darf von diesem Gespräch erfahren, sonst mußt du sterben. 25 Wenn aber die Beamten erfahren, daß ich mit dir geredet habe, und wenn sie zu dir kommen und dich auffordern: Teil uns mit, was du zum König gesagt hast und was der König zu dir gesagt hat, verheimliche uns nichts, sonst bringen wir dich um!, 26 dann antworte ihnen: Ich habe an den König die Bitte gerichtet, mich nicht ins Haus Jonatans zurückbringen zu lassen, weil ich dort zugrunde gehe. 27 Tatsächlich kamen alle Beamten zu Jeremia und fragten ihn. Er antwortete ihnen genau so, wie ihm der König geboten hatte. Da ließen sie von ihm ab; denn niemand hatte das Gespräch gehört.

→ Lüge gerechtfertigt, wenn sie ein Menschenleben retten kann?

Bibliographie

CRÜSEMANN, F., Bewahrung der Freiheit. Das Thema des Dekalogs in sozialgeschichtlicher Perspektive, München 1993, 73-75

LANG, B., Das Verbot des Meineids im Dekalog, Theologische Quartalschrift 161 (1981), 97–105

SCHMIDT, W. H., Die Zehn Gebote im Rahmen alttestamentlicher Ethik, EdF 281, Darmstadt 1993, 125-130

SIMON, D., Lügen ist manchmal notwendig, Freie Presse – Stollberger Zeitung (11./12. Dezember 1999), 4

Excerpt out of 29 pages

Details

Title
Das Verbot des Diebstahls & Das Verbot des Meineids im Dekalog
College
Dresden Technical University
Course
Dekalog
Grade
3
Author
Year
2002
Pages
29
Catalog Number
V108074
ISBN (eBook)
9783640062782
File size
647 KB
Language
German
Notes
Keywords
Verbot, Diebstahls, Verbot, Meineids, Dekalog
Quote paper
Silke-Katrin Kunze (Author), 2002, Das Verbot des Diebstahls & Das Verbot des Meineids im Dekalog, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108074

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Title: Das Verbot des Diebstahls & Das Verbot des Meineids im Dekalog



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