Dimensionen des literarischen Motives der Eva in den Werken Hermann Hesses


Thèse Scolaire, 2004

19 Pages, Note: 2+


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1
1.1 Suchen nach dem individuellen Ursprung
1.2 Erlebnisdimensionen der Mutter
1.3 Der Weg zu Eva und sich selbst
1.3.1 Goldmunds Weg der Mutter
1.3.2 Sinclairs Suche nach Abraxas und Frau Eva
1.3.3 Glaubensdimensionen im Lichte der Urmutter
1.4 Eva als Erlösung und Vollendung

Kapitel 2
2. Hermann Hesses Weg zu Eva

Kapitel 3
3.1 Der Schatten als Schlüssel zum verwirklichten Leben
3.2 Anima und Animus als besondere Formen des Schattens

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Anhang
Querverweise

Einleitung

Diese Facharbeit hat die Grundidee, das Motiv der Mutter Eva in Hermann Hesses zwei Erzählungen `Narziß und Goldmund` sowie `Demian` herauszuarbeiten. Dabei soll diese Facharbeit auch über die eigentlichen, rein inhaltlichen Aspekte hinausgehen, um verständlich zu machen, warum und wozu Hermann Hesse gerade die Urmutter Eva in zwei Erzählungen als Leitmotiv eingeflochten hat und inwiefern seine Botschaft tiefenpsychologisch von Relevanz ist. Bei den Werken Hermann Hesses, `Demian - Die Geschichte einer Jugend` (1919) sowie `Narziß und Goldmund - Die Geschichte einer Freundschaft` (1930), haben wir es mit zwei eigenständigen Erzählungen zu tun. Sie handeln von unterschiedlichen Menschen und spielen in verschiedenen Zeiten.Während die erste dieser beiden Erzählungen in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist und die Entwicklung des Charakters Emil Sinclair bis zu dessen Studienbeginn erzählt, schildert das Werk `Narziß und Goldmund` den gesamten Lebensweg Goldmunds im schillernden Mittelalter Deutschlands. Auch sind beide Bücher Entwicklungsromane. Inneres Geschehen und äusserer Ablauf bilden eine Einheit, welche durch den reflektierenden Charakter des Erzählers mit Einblick in das Innenleben der Figuren geschaffen wird, indem dieser ein ganzheitliches Persönlichkeitsbild entstehen lässt. Besonders intensiv erfahren wir dies bei `Demian` welcher aus der zurückblickenden Ich-Perspektive erzählt. Meine Arbeit wird sich indes nicht primär in dem Vergleich der beiden Werke und dem Hervorheben aller Unterschiede verlieren, sondern versuchen, ein einheitliches Bild von der Mutter zu zeichnen, nicht zuletzt, um auch Hesses Gesamtintention nachzuvollziehen und verständlich machen zu können. So kann vorweggenommen werden, dass die `Mutter` halb Traum, halb Realität ist und sich nicht nur das Streben, die Verehrung und die Liebe der beiden Protagonisten nach ihr ausrichtet. Aus ihr schöpfen sie vielmehr die Ahnung, sich auf die Suche zu machen, die Kraft, ihren Lebensweg zu beschreiten und die Weisheit zu sich selbst zu finden. Das erste Kapitel soll daher dazu dienen, dem Leser die `Urmutter` der beiden Werke näherzubringen, indem es ihm die Entwicklung der beiden Charaktere Emil Sinclair und Goldmund unter dem Aspekt der Mutter und den Weg dorthin aufzeigt und durch die Nennung von Gemeinsamkeiten und eventuell notwendigen Unterschieden das Bild der Mutter abgrenzt und klarer werden lässt. Ferner soll das erste Kapitel die Urmutter, die Protagonisten und Hesses Motive unter religiösen Untersuchungsaspekten beleuchten wie psychoanalytische Ansätze enthalten. Das zweite Kapitel soll Hesse biographischen Weg zur Mutterfigur schildern, während das dritte Kapitel den wissenschaftlichen Hintergrund der psychoanalytischen Dimensionen der Mutter anreißen soll.

1.1 Suchen nach dem individuellen Ursprung

Sinclair und Goldmund sind Charaktere mit einem intensivem Seelenleben, welches nach Verwirklichung strebt. Dies lässt sich sowohl anhand der oben beschriebenen Erzählweise als auch an folgendem Zitat aus Demian festmachen: "...Ich wollte ja nichts, als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum war das so schwer ?" 1 Auch Goldmund folgt dem Rat seines Freundes Narziß, Bewusstsein und Traumwelt in Übereinstimmung zu bringen 2 . Um einerseits sicherzustellen, dass wir hier, trotz der diskutierten Unterschiede der Erzählungen, über zwei Charaktere mit relativ ähnlicher Grundstruktur sprechen und um die besondere Ausprägung Sinclairs und Goldmunds als suchende Individuen zu betonen, sind zu Beginn einige gleiche, äußerliche als auch charakterliche Merkmale anzuführen. Wie erwähnt, befinden sich beide auf der Suche nach sich selbst. Hierzu stehen ihnen, von Beginn bis zum Ende ihrer Persönlichkeitsentwicklung, Freunde zur Seite, welche ihnen Führer und Vorbilder sind. Für Goldmund ist dies sein Jugendfreund Narziß und für Sinclair sein Schulkamerad Max Demian.Auch tragen beide Protagonisten ein Merkmal, welches sie als Suchende in Form eines Leitmotives charakterisiert: Sinclair wird von Demian anhand seines Kainszeichens als Suchender, welcher sich von der Masse unterscheidet, erkannt 3 . Eine für Hesse charakteristische Anlehnung an den christlichen Glauben wird anhand einer Parallele in der Offenbahrung (3.1) deutlich. Auch hier trägt das erlesene Volk Gottes "...den Namen des Vaters..." auf der Stirn.

Auch Narziß betrachtet Goldmund als Suchenden 4 und das Leitmotiv seines Blutes taucht regelmäßig auf. 5 . Ausserdem fällt auf, dass beide Charaktere, trotz ihrem Umgang mit Kneipenfreunden, temporären Meistern, zahlreichen Frauen oder ihren Vorbildern kaum echten Gesellschaftskontakt haben und dass sie sich auf ihrem Entwicklungsweg in relativ großen Zeitabständen ziemlich allein und ohne direkten Ansprechpartner befinden und darüber hinaus sogar die normale Masse der Menschen mit ihrem spießigen, unverwirklichtem und zum Teil grausamen Leben verachten 6,7 . Dies passt zu Hesses Intention, den Individuationsprozess des Einzelnen, fernab der Masse, zu betonen (7.1) .Hand in Hand mit dieser Lebenseinstellung geht der ungebändigte Wunsch Goldmunds und Sinclairs nach Freiheit, welcher jeweils Ausdruck in der Symbolik des Vogels findet 8,9 .Ihre Suche nach Selbstverwirklichung, lässt sie auf das Bild der Mutter stoßen. Narziß, Goldmunds Lehrmeister, welcher "...ein Gefühl für die Art und Bestimmung der Menschen..." zu haben scheint 10 , geht davon aus, dass Goldmunds Herkunft eine mütterliche sei 11 und "...Eva, die Urmutter..." das Geheimnis seiner Person darstelle 12 . Er verdeutlicht ihm, dass er sich wünsche, dass Goldmund "...ganz er selbst..." sei 13 , dies aber nur möglich wäre, wenn er sich seiner Kindheit erinnere und diese erhöre 14 . Auf diese Art und Weise gedenkt er seinem Freunde zu helfen, welcher mit sich selber über seinen Werdegang uneins ist. Goldmund erkennt die Gabe seines Führers und folgt Narziß Ratschlag, sich auf den Weg zu machen und der Mutter zu folgen 15 , wobei er von Beginn an ihren "...Ruf..." vernimmt 16 und fortan ihr Bild so in seinem Herzen trägt , "...wie der Kern in einer Kirsche..." umschlossen ist 17 . Der Wunsch des Emil Sinclair, "...zu tun, was wirklich aus... [seinem] ...Wesen kommmt..." 18 , entspricht dem oben beschriebenen Selbstfindungsansatz, den Narziß Goldmund mit auf den Weg gab. Sinclair will sich selber verwirklichen, indem er den „...Willen der Urtiefe...“, als dessen Wurf er sich betrachtet, ganz in sich zu Wort kommen lässt 19 . Und auch bei Sinclair ist es das Traumbild der zuerst namenlosen Mutter Eva, in welchem er "...eine Verwirklichung und Steigerung... [seiner] ...selbst..." 20 erahnt und welches ihm zu spüren gibt, dass sein Schicksal ihn ziehe 21 . Ausgedrückt wird diese Sehnsucht nach dem höheren Sein in etwa auch in folgendem Zitat: "...auf jeden Fall hatte er ihr zu folgen, ihr hatte er sein Schicksal anheimzustellen, sie war sein Stern." 22 . Festzuhalten ist an dieser Stelle also nun, dass unsere beiden Protagonisten nach Selbstfindung und seelischer Verwirklichung streben und beide einen Weg beschreiten, welcher sie durch das Hineinhorchen in sich selbst auf die Traumgestalt einer erstrebenswerten und geliebten 23 Mutter stoßen lässt. Das nächste Kapitel soll im Anschluß die Frage beantworten:Wer ist diese Mutter, wie sieht sie aus und welche Bedeutung kommt ihr zu?

1.2 Erlebnisdimension der Mutter

Es gilt ein Bild von der Urmutter zu zeichnen, welche in zwei unterschiedlichen Entwicklungsromanen vorkommt und mit der Entwicklung der Protagonisten an Bedeutung gewinnt. So werde ich im Folgenden darlegen, in welchen Dimensionen Goldmund und Emil Sinclair die Mutter erfahren, ergo als was sie diese erleben. Als erstes sei daraufhingewiesen, dass die Mutterfigur in beiden Werken unter anderem auch als Eva oder Urmutter bezeichnet wird (23.1) . Dies kann als eine offensichtliche Anlehnung Hermann Hesses an die Religion des Christentums verstanden werden, denn auch in der biblischen Schöpfungsgeschichte (23.2) trägt die erste Frau, "...die Mutter aller Lebendigen...", den Namen Eva, welcher soviel bedeutet wie `Leben`. Es sei an dieser Stelle ferner angemerkt, dass die Begrifflichkeit des `Lebens` neben der christlichen auch in der hinduistischen Interpretation der Mutterfigur eine Rolle spielt. Den Anstoß zu Goldmunds Weg zur Mutter bildet seine leibliche Mutter. An sie, "...die Verlorene..." 24 , erinnert er sich voll Liebe, und obwohl das Bild der Mutter mit seiner Lebenserfahrung immer neue Züge bekommt und sich verändert, so meint er sie bis zum Ende seines Lebens manchmal deutlich zu sehen oder zu hören 25 . Auch Sinclair wird von dem Bild der eigenen Mutter auf seinem Weg begleitet 26 . Zudem prägen bei beiden philosophische Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Zusammenspiel von Kunst und Vision das Bild der Mutter und lassen es für sie verständlicher erscheinen. So kommt es, dass beide Protagonisten sich zuerst künstlerischer Methoden zur Annäherung an ihr Traumbild bedienen. Denn beide finden in der Kunst Ausdruck ihrer Seelenbilder. Sinclair beginnt, Bilder zu malen, welche sich ihm “...aus dem Unterbewussten ergeben...“ 27 . Obwohl es ihm gelingt, ein Bild seines Schicksals zu zeichnen 28 , welches die Züge einer alles

in sich vereinenden Figur trägt 29 , schafft er es vorerst jedoch nicht, die Muttervision selbst auf dem Blatt festzuhalten 30 . Ähnlich versucht es Goldmund, welcher erkennt, dass „...die Urbilder der Kunst...“ in der Seele des Künstlers liegen 31 . Er strebt genau wie Sinclair danach, „... das heilige Bild der Urmutter einmal in der Kunst festzuhalten...“ 32 . Jedoch kann er bis zu seinem Lebensende dies nicht realisieren und es bleibt selbst bei ihm, trotz all seiner Lebenserfahrung und Lebenserkenntnis, bei "...einigen dünnen und ahnenden Strichen..." 33 , mit denen er seine Traumgestalt andeutet. Hand in Hand mit der versuchten Darstellung der Mutter gehen die Visionen und Überlegungen unserer Hauptcharaktere. Goldmund meint zu erkennen, dass die Extreme des Lebens zueinander gehören, da „...Schmerz und Lust wie Geschwister...“ seien 34 . In der Urmutter 35 sieht er die Versinnbildlichung dieser Erkenntnis, da sie als Leben selbst die innige Verwanschaft der Lebenswollust mit dem Schmerz und dem Tode ausdrücke 36 . (siehe auch später: Interpretation der Mutter als ´Brahman`) Auch Sinclair stellt auf seiner Suche fest, dass Reinheit, Schönheit und Geistigkeit 37 allein keine vollkommenen Ziele sind, wohl aber “...ein Stück des Schicksals...“ darstellen 38 . Denn durch seine inneren Triebe gelenkt, verlangt es ihn nach “...neuen Bilder und Zielen...“ 39, welche ihn vorerst auf Abraxas stoßen lassen. Diese alte Götterfigur ist sowohl “...Gott als auch Teufel...“, und symbolisiert für Sinclair durch die Vereinigung aller Gegensätze auch die Erfüllung seiner dunklen Charakterseiten, beispielsweise seines Geschlechtstriebes 40. Unter anderem deswegen ist die Mutterfigur für Sinclair von größerer Bedeutung als für Goldmund, da sich auch Sinclairs sexuelles Interesse konkret auf Frau Eva selber richtet (40.1). .Noch deutlicher tritt die Ambivalenz der Mutterfigur, für welche der Abraxas ja letzlich steht 41, in dem Phantasiespiel zu tage, welches Sinclair dreimal von der echten Begegnung mit Frau Eva träumen lässt42. Die Begegnung mit dieser “...ganz und gar weiblichen Figur...“, welche doch männliche Züge trägt, ihn in einer “...Liebesumarmung...“ aufnimmt und doch Mutter ist, erfüllt ihn sowohl mit “...Glückseeligkeit...“ wie mit „...Todesangst...“, da er die Umarmung mit der Traumgestalt sowohl als “...Gottesdienst...“ als auch als “...Verbrechen...“ empfindet 43. Da Goldmund ebenfalls empfindet, dass auch seine mütterliche Traumfigur ein “...männlich-weibliches Doppelgesicht...“ trage (43.1) und durch seinen schillernden Lebensweg an Klarheit gewonnen habe 44, wird die Gemeinsamkeit des Mutterbildes deutlich. Es wird durch das Konzept der All-Einheit ferner deutlich, dass Hesses` Mutterfigur in ihrer religiösen Charakteristik weit über den der christlichen Symbolik hinausgeht, welche den Gottvater wie die Jungfrau Maria als völlig reine, heilige und damit einseitige, nicht alles-umfassende Charaktere darstellt. Denn das göttliche Konzept der All-Einheit, wie sie Abraxas oder die Mutterfigur darstellen, findet eher Entsprechung im fernöstlichen Glauben des Hinduismus. Dort gibt es den Begriff des `Brahman`, welcher für das Absolute der Schöpfung (gut und böse), die Welt und letzlich für die Seele allen Lebens steht. Nach dem Mystiker Sankara findet sich dementsprechend in der Frau des Gottes Isvara, der Göttin Sakti, die Entsprechung der Urmutter (43.2) . ,Für beide Charaktere ist das Mutterbild die Versinnbildlichung der Ambivalenz des Lebens und damit als Chance zu ausgelebten Seelenanteilen, welche sie natürlich erst im Reifeprozess erkennen. Das folgende Kapitel soll folglich klären, wie der Reifeprozess unserer Protagonisten durch das Leitmotiv der Mutter gelenkt wurde.

1.3 Der Weg zu Eva und sich selbst

Da die Bedeutung der Mutter für jeden der Protagonisten und auch für die Handlung in den beiden Entwicklungsromanen jedoch eine differente ist, werde ich von meinem bisherigen Schema des relativ direkten Vergleiches zwischen den Charakteren im Folgenden etwas abweichen. Vorweggenommen sei jedoch die Bemerkung, dass beide Charaktere in der Zeit ihrer Jugend in einem christlich-religiös geprägten Umfeld aufwachsen, im Laufe ihrer Individuation die vermittelten religiösen Werte jedoch nahezu restlos ablegen. Am Ende diese Kapitels will ich dementsprechend ein knappes Resümee zum Glaubensbild unserer Hauptcharaktere wagen. Im Folgenden gilt es zuerst die Entwicklung des Goldmund unter Berücksichtigung seiner Mutterfigur darlegen, um daraufhin dem Lebensweg Sinclairs mit seinem Mutterbild zu widmen.

1.3.1 Goldmunds Weg der Mutter

Goldmunds äußere Entwicklung gibt den Rahmen für das Fortschreiten seiner inneren Entwicklung 45 . Daher ist es auch sinnvoll, sich im Wesentlichen an seinen drei Lebensphasen, seiner Jugendzeit im Kloster, der Zeit seiner Wanderschaft und seiner Rückkehr in das Kloster zu orientieren. In seiner Klosterzeit leidet der Klosterschüler Goldmund an einer Neurose, da er, durch seine unbewälltigte Vergangenheit sowie durch das klösterliche Umfeld geprägt, in dem Weib „...den Inbegriff der Sünde...“ sieht 46 und gleichzeitig einen unbewältigten Kindheitsschmerz wegen seiner vergessenen Mutter mit sich trägt 47 . Er folgt, wie oben bereits dargelegt Narziß Rat und spürt den "...Ruf der Mutter" schon in der ersten Liebesnacht mit der Zigeunerin Luise 50 . Er scheint durch das Zurückerlangen seines geliebten Mutterbildes von früher seine Seele wiedergefunden zu haben 51 , da er nun ganz den Wünschen dieser folgen kann und ohne weitere Selbstzweifel und innere Konflikte das Klosterleben aufgibt 52 . Sein weiterer Weg führt ihn durch die Ungewissheiten des Wanderlebens, indem er sich kein Ziel als das des sich Hingebens und Liebens 53 setzt, da ihm die Vereinigung mit allen möglichen Frauen als "...Weg zum Leben und Weg zum Sinn des Lebens selbst..." erscheint 54 . Nach einer gewissen Zeit der unsteten und wollüstigen Wanderschaft, erblickt Goldmund, welcher den Wunsch empfindet sich seiner Vergangenheit zu entledigen in dem Winkel einer Kirche eine Marienfigur. Diese lebendige, schöne und innig beseelte Figur 55 lässt ihn innehalten. Durch sie, welche ihm aus den Tiefen seiner Seele bekannt scheint, erhält sein "...zerfahrenes Leben..." einen „...hohen Sinn und Wert...“ 56 . Aus lauter “...Liebe und Verehrung...“ 57 will er nun die Kunst der Bildhauerei erlernen, denn durch die Doppelgesichtigkeit von Leid und Glück 58 in der Marienfigur erkennt er, dass sich auch seine Sinnlichkeit in der Kunst besselen lässt 59 . Nachdem ihm dies dann selbst auch nach einigen Jahren der Lehrlingszeit in der Darstellung seines Freundes Narziß gelingt 60 , ihm es jedoch an weiteren "...echten Seelenbildern..." zur Darstellung fehlt 61 , muss er wieder, durch die Mutter inspiriert, einen wichtigen Schritt in seinem Leben gehen. In einer Vision, welche ihm die Mutter als den ewigen und ambivalenten Kreislauf von Tod und Leben erkennen lässt, wird ihm klar, dass er "...nicht der Kunst, sondern nur dem Ruf der Mutter..." zu folgen (61.1) hat. Dies heißt damit auch für ihn, die Option auf ein geordnetes und wohlhabendes Leben als Bildhauer zu verwerfen. Statt dessen verwirklicht er seine Seelenanteile, indem er wieder seinem innersten Ruf nach Freiheit (61.2) folgt und einzig aus der Liebe und Wollust Lebenswert 62 schöpft. Nachdem Goldmund sein Wanderleben fortgesetzt hat, kommt er in die Stadt seiner ehemaligen Lehrlingszeit zurück, wo er sich mit der Geliebten des Statthalters einlässt. Diese Liason bescherrt nicht nur die Erfüllung seiner sexuellen Wünsche und damit eine annähernde Vereinigung mit der Urmutter im körperlichen Bereich, sondern auch eine nächtliche Kerkerhaft mit der Aussicht auf die Hinrichtung am anderen Morgen. Und wieder ist es das Mutterbild Goldmunds, welches Goldmund die entscheidende Weisung gibt. Indem seinen Lippen voller Verzweifelung über den nahenden Tod der Klageruf "...Oh Mutter! Oh Mutter!..." 63 entspringt, um ihr nicht nur „...dies unerträgliche Leid des Sterbenmüssens...“ zu entgegnen, sondern auch sein Leben in die „...mütterlichen Hände...“ zurückzulegen 64 , antwortet ihm das Bild aus der Tiefe seiner Seele und in ihm erwacht das seit Jugendjahren vergessene Bild der eigenen Mutter. Und obwohl Goldmund sich seiner Lage durchaus bewusst ist, begehrt er plötzlich nichts sehnlicher als dieses "...unsichere, vergängliche Leben..." 65 . So hilft die Erinnerung an den eigenen Ursprung Goldmund, sich selbst nicht aufzugeben, mit aller Kraft leben zu wollen und Hoffnung in die doch ungewissen Chancen auf Rettung zu setzen. Die Muttergestalt erscheint als Bejahung des Lebens und als Lebenstrieb (65.1) selbst. Goldmunds Klageruf (63) lässt wieder die christliche Seite an Hesses mystischer Mutterfigur durchscheinen. Denn sein verzweifelter Ruf in der Todesangst erinnert unweigerlich an die letzten Worte des, den Kreuzestod sterbenden, Jesu. Auch dieser gibt nach dem Evangelium des Markus (65.2) mit dem nahezu identischem Wortlaut "...mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen..." seinen Geist auf und vertraut sich seinem Ursprung, dem Gottvater, an. Als Goldmund schließlich nach der Rettung durch Narziß und einigen Jahren im Kloster seinen Tod nahen sieht, erwartet er diesen als ähnlich glücklichen Moment wie den der ersten Liebeserfüllung und erkennt ihn als die "...Rückkehr zur Mutter..." 66 . In resümierender Reflektion wird ihm nun auch die volle und ganzheitliche Bedeutung der Urmutter für sein Leben deutlich: "...Sie ist überall...sie war das Leben, die Liebe, die Wollust, sie war auch die Angst, der Hunger, der Trieb...Jetzt ist sie der Tod..." 67. An dieser Stelle tritt der fernöstliche Symbolgehalt der Mutter als `Brahman` (Hinduismus, s.o.) besonders deutlich hervor. Die Mutter steht für das Absolute der Schöpfung, das volle, ganze, gute wie böse und damit absolute Leben, und verkörpert Brahman. Die verwirklichte Seele, das gesteigerte Selbst Goldmunds, als `Atman` wird zum Teil des Brahman, des Ganzen und Vollendeten und erfährt so seine Erfüllung (67.1) . In seinen letzten Atemzügen ist Goldmund nun in der Lage, das Geheimnis der Mutter und damit das des Lebens selbst zu erkennen, jedoch nicht, wie er es immer wollte, in einem Kunstwerk festzuhalten und so mitteilbar zu machen. Mit seinen letzten Worten spricht er dann zu seinem Freunde Narziß: "...Ohne Mutter kann man nicht lieben. Ohne Mutter kann man nicht sterben" 68 . Im Tode, einem Teil der allumfassenden Mutterfigur kehrt Goldmund so zu dieser, seinem Ursprung zurück. Mit der `Vollendung` seines Lebens durch den Tod klärt sich auch das letzte Geheimnis des Lebens, welches ihm in Form der Mutter durch sein Leben hindurch Herausfordrung und Ansporn war 69 .Die Mutter ist für Goldmund somit gelebtes und verwirklichtes Leben in seiner ganzen Breite, wobei diese durch ihre All-Einheit Lieben und Leben erst ermöglicht.

1.3.2 Sinclairs Suche nach Abraxas und Frau Eva

Während Goldmund als eher glatter und einfacher Charakter mit geradezu notwendigem Lebensweg aufgrund seiner mütterlichen Herkunft erscheint, lässt der Entwicklungsprozess der frühen Jahre Emil Sinclair weniger eindeutig und konsequent wirken. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch das Mutter- und Glaubensbild Sinclairs`. Das Vorwort stellt, ähnlich wie es oben erörtert bei Goldmund der Fall ist, die Individualität des Einzelnen vor den Ursprung der Mutter, und damit nach vorausgegangenem Interpretationsansatz vor das Prinzip des Ewigen Gebährens und Tötens: "...Uns allen sind die Herkünfte gemeinsam,die Mütter, wir alle kommen aus demselben Schlunde; aber jeder strebt, ein Wurf aus den Tiefen, seinem eigenen Ziele zu..." 70 . Dieses Zitat umfasst damit sowohl den fernöstlichen Ansatz der Mutterfigur als auch den Aspekt der Individuationsbestrebung jedes Individuums. Schon als zehnjähriger Schuljunge einer gutbürgerlichen Familie, weiss Sinclair die gute, helle Welt des Elternhauses von der verbotenen, anderen Welt zu unterscheiden. Diese Erkenntnis der Gegensätze soll Sinclair im Laufe seiner Selbstfindung bis in die Tiefen seiner Psyche verfolgen. Nachdem er seine Schulzeit und den Konfirmandenunterricht beendet hat, besucht er, getrennt von seinem Freund Demian, das Gymnasium. Im Laufe seiner Pubertät und der hier besonders heftig einsetzenden Selbstfindungsphase wird Sinclair für eine gewisse Zeit zum Kneipengänger, welcher sich als "...Teufelskerl..." 71 durch Saufgelage den Respekt der Schulkameraden und die Rügen der Eltern und Lehrer verschafft. Seine tiefe innere Zerrissenheit sowie sein Wunsch nach Reinheit und Vollkommenheit finden jedoch vorübergehend Heilung, nachdem Sinclair, ob seines selbstzerstörerischen Orgiasmusses "...weinend auf den Knien vor seiner Seele und seiner Mutter..." (71.1) liegt. Denn Sinclair findet in der großen, eleganten und durch ihre Reinheit marienähnlichen Figur mit einer gewissen "...Jungen- und Knabenhaftigkeit..." 72 in ihrem Gesicht eine ihm unbekannte Mitschülerin namens Beatrice, die er, eindeutig auf abstrakter, geistiger Ebene, zu lieben beginnt. So geschieht es, dass Sinclair durch die bloße Liebe und Anbetung dieser Dame, mit welcher er kein einziges Wort wechselt, ein "...Ideal..." findet, welches ihn nicht nur sein Kneipenleben aufgeben, sondern sich wieder "...bei sich selbst zu Hause..." 73 sein lässt. Fortan strebt er danach, das Böse und Dunkle in sich abzutun, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken und auch seine Geschlechtlichkeit wie alle anderen Triebe durch Selbstzucht und Verantwortlichkeit zu regeln. Er versucht sich eine neue und lichte Welt zu schaffen, wobei er durch die gottesähnliche Verehrung des Bildes der Beatrice seinem Leben das Ziel der "...Reinheit, Schönheit und Geistigkeit..." 74 gibt. Hier schimmert wieder das zu Beginn angesprochene psychologische Muster der dunklen und hellen Seelenanteile Sinclairs durch, welches ihn durch seine Entwicklung beständig begleitet und sie vorantreibt. Und ähnlich der Marienfigur, welche Goldmund auf seiner Wanderschaft innehalten lässt, ist es bei Sinclair die Figur der marienähnlichen Beatrice, welche einen Lebenswandel und eine Entwicklung initiiert. Goldmund meint in der Figur seines Meisters beseelten Willen und reine Schönheit zu finden, genau wie Sinclair Reinheit und die lichte Welt zu finden meint. Beide Protagonisten ändern nach der Begegnung mit dem vom `hellen und reinen Beseelten` ihr Leben und lernen, dass das Gute eine der beiden Seiten des Lebens ist und nehmen es fortan an (Sinclair kann daher seine reinen Seelenanteile mit den dunklen in ein Gleichgewicht bringen und Goldmund findet neben der Wollust den Gegenpart in der Kunst). Mit dieser Anlehnung an die katholische Marienfigur wird abermals Hesses Bezug zum Christentum deutlich (außerdem siehe auch Seite 6 unten). Das Bild der Beatrice und Sinclairs` Versuch sein Leben dergestalt zu verwirklichen sind nur von vorübergehender Art (74.1) . Mit dem Suchen und der Erkenntnis Sinclairs` um das "...göttliche und teuflische..." (74.2) Wesen des Abraxas, von ihm auch als die Mutter erkannt und mit ihr gleichgesetzt 75 , verliert die Figur der Beatrice ihre einzigartige Bedeutung. Denn wie in 1.3 schon ausführlich dargelegt, erkennt er zunehmend seine eigene Doppelgesichtigkeit (75.1) welche in Abraxas und seinem Liebestraumbilde Entsprechung finden. So strebt er, begleitet vom Verlangen nach neuen Bildern und Zielen zunehmend dem Teufels-Gott Abraxas und damit der eigentlichen Muttergestalt mit ihrer Vereinigung von dunkler und heller Seite entgegen 76 . Ermöglicht wird ihm dies durch die zunehmende "...Vereinigung mit seinem Unterbewusstsein..." (76.1) , welche sowohl im Malen, wie in den sich wiederholenden Phantasiespielen als auch philosophischen Erörterungen mit seinem vorübergehenden Lehrer Pastorius Ausdruck findet 77 . Durch selbige gelingt es ihm schließlich, die Mutterfigur als "...Wunschbild und Steigerung..." seiner selbst wahrzunehmen 78 und seine eigene Bestimmung spüren lassen, welche ihn folgendem Zitat Ausdruck findet: "...Ich war ein Wurf der Natur...und diesen Wurf aus der Urtiefe auswirken zu lassen,...das allein war mein Beruf. Das allein." Nach Beendigung seiner Schulzeit erblickt Sinclair dann bei einem Besuch von Demians ehemaligem Haus das Bild dessen Mutter und erkennt, dass sein "...Traumbild mit den Zügen... [seines] ... Schicksals auf der Erde lebt..." 79 . Aber obwohl er auf der neu entfachten Suche nach seiner Traumgestalt zu spüren vermeint, dass ihn sein Schicksal zieht, findet er sie vorerst nicht. Erst als er nach Beginn seines Studiums der Philosophie die "...Einsamkeit der Seele..." und das "...unaufhaltsame Schicksal..." durch die Literatur von Friedrich Nietzsche spürt und für sich miterlebt 80 , begenet er plötzlich Demian wieder, welcher ihm mitteilt, dass seine Mutter bereits von ihm wisse und sich auf sein Kommen freue 81 . So besucht Sinclair Demian und seine Mutter am darauffolgenden Tage, mit der Hoffnung, dass ihm sein Schicksal in einem neuen Bilde entgegentrete und dem Gefühl, dass "...innnere und äußere Welt zum erstenmal rein zusammenklingen..." 82 . "...unter meinem Vogelbilde in der geöffneten Tür stand eine große Frau in dunklem Kleid. Sie war es. Ich vermochte kein Wort zu sagen. Aus einem Gesicht, das gleich dem ihres Sohnes ohne Zeit und Alter und voll von beseeltem Willen war, lächelte die schöne, ehrwürdige Frau mir freundlich zu. Ihr Blick war Erfüllung, ihr Gruß bedeutete Heimkehr..." 83 Sinclair erkennt, dass sich ihm in dieser Frau sein Schicksal neu und damit nicht mehr streng und vereinsamend, sondern als "...reif und lustvoll..." offenbahrt 84 . Fr au Eva nenn t ihm im Zeichen der Freundschaft ihren Namen und Sinclair verspürt in der gemeinsamen Zeit nun nicht nur eine enge Seelenverwandschaft mit ihr 85 , sondern lernt den Sinn der Gemeinschaft mit dieser Frau und anderen Suchenden kennen 86 , bis er schließlich den "...Willen des Schicksals..." spürt 87 , um sich selbst dem Schicksal hinzugeben und mit Demian in den Krieg zu ziehen und durch den von Frau Eva übermittelten Kuss und Demians letzten Ratschlag zu seinem eigenen Führer zu werden.

1.3.3 Glaubensdimensionen im Lichte der Urmutter

Zuletz sei festzustellen, dass sich sowohl Goldmund als auch Sinclair vom durch Kloster und Konfirmandenunterricht vorbestimmten Weg des christlichen Glaubens in Laufe ihrer Entwicklung dergestalt entfernten, dass man sie am Ende der Romane als sicherlich nicht-christlich charakterisieren kann. Narziß sieht dies in gewisser Form schon zu Beginn von Goldmunds` Entwicklung voraus, wobei das folgende Zitat auch als ein weiteres Indiz für den jenseits von gut und böse stehenden `Brahman` des Hinduismus gesehen betrachtet werden kann: "...Die Liebe zu Gott ist nicht immer eins mit der Liebe zum Guten..." (87.1) . Auf seiner Wanderschaft beschäftigt sich Goldmund kaum noch mit der christlichen Religion, und muss in der Todesnot des Kerkers feststellen, dass er bezüglich Ewigkeit, Gericht und Gottvater "...seit langem jede Gewißheit verloren..." hat (87.2) . Obwohl ihm die Beichtübungen gegen Ende seines Lebens Hilfe zum Seelenfrieden sind, so spricht er kurz vor seinem Tode zu Narziß: "...Es gibt kein Jenseits..." (87.3) und "Ich will keinen Frieden mit [Gott] ..." Er verneint jede Form von klassischem Religionsglauben, hält sich am Naturvölkerglauben fest und kann auch das Theodizeeproblem des Gottes, der "...die Welt schlecht gemacht..." hat (87.3) letzlich nicht überwinden. Er glaubt, dass ihm die Mutter in ihrer All-Einheit den Tod gebe und ihn dadurch in die Unschuld und das Nichtsein zurückführe. Dies bekräftigt wiederum den Interpretationsansatz der Mutterfigur seitens der hinduistischen Denkweise bezüglich dem Austreten aus dem ewigen Kreislauf und der Erlösung von der Welt. Sinclairs Glaubensbild verhält sich indes ähnlich dem Goldmunds verneinend gegenüber festen und groß-gemeinschaftlichen Religionsformen wie er in dem Zitat: "...Uns erschien jedes Bekenntnis, jede Heilslehre schon im voraus tot und nutzlos..." (87.3.1) zum Ausdruck bringt. Für ihn besteht die einzige Pflicht in der vollkommenen Selbstwerdung, welche nur dem Gesetz der Natur und der Verwirklichung ihrer Anlagen folgt. Das leitmotivische Kainszeichen gibt weiterhin Auskunft über Sinclairs Verständnis von gut und böse. Denn mit fortschreitender Entwicklung wird dieses Symbol, welches nach Demian den vermeintlich Schuldigen, in Wahrheit aber den Starken mit Mut und Charakter kennzeichnet (87.4) , von Sinclair als solches bei sich selbst erkannt. Der scheinbar gemeine und verräterische Weg, welcher ihn von seinem vorübergehenden Lehrmeister Pastorius trennt, ist der Weg zur Reife, welcher notwendigerweise zu Sünde und Schuld führt. Mit diesen Ansichten kommt Sinclair gleich Goldmund dem Glauben der Naturvölker sehr nahe, welche wenn überhaupt das Göttliche im Wesen der Natur selber sehen. Auch könnte man Sinclair als Verfechter Nietzsches und dessen Glaube vom Übermenschen (87.5) und dem Naturgesetz sehen. Diese Entwicklung ist sicherlich durch die Abkehr von den durch die Umgebung vorbestimmten Lebensläufen und Konzepten wie durch die klare Abgrenzung der eigenen Person gegenüber größeren Gemeinschaften zu erlären. Am bedeutendsten erscheint jedoch die zunehmende Beschäftigung mit den eigenen Seelenanteilen und der Mutterfigur. Hier erfahren beide Charaktere eine Erfüllung aus sich selbst heraus, die als äußeres Mittel oder Religion allenfalls die Muttervision und die Weisheit einer All-Einheit kennt. Dementsprechend wäre es, wie oben dargelegt, möglich Goldmund und Sinclair der fernöstlichen Glaubensrichtung vom `Brahman` und `Atman` zuzuordnen. Ähnlich könnte man jedoch auch für die Glaubensform von sogenanten Naturvölkern argumentieren, welche an das Lebensprinzip selbiger und damit an das Mutterprinzip des ewigen Gebährens und Tötens glauben. Hier scheint es nun aber sinnvoll dieses Kapitel zu beenden. Auch wenn der Weg zur Mutter und sich selbst nicht in jedem Punkt von der Erkenntnis und Erfüllung in dieser Figur, welche ja in 1.5 behandelt werden soll, zu trennen war, hoffe ich doch, bis zu dieser Stelle die Entwicklungsschritte unter dem Gesichtspumkt der Mutter ausreichend herausgearbeitet zu haben.

1.4 Eva als Erlösung und Vollendung

Gegen Ende dieses Kapitels gilt es nun, die Funktion der Urmutter Eva festzuhalten. Es stellt sich die Frage ob, und in welcher Form die Mutterfigur Sinclair und Goldmund Erlösung und Vollendung brachte. Diese Art der Suche lässt sie sich mit ihrem Unterbewußtsein vereinigen, welches das Bild einer Traumgestalt entstehen lässt, das unter anderem in der Kunst, Traümen und Visionen Ausdruck findet. Diese Traumgestalt ist eine Art Gottheit, welche die All-Einheit durch die Vereinigung von Gegensätzen repräsentiert. Beide Charaktere fühlen daher auch eine enge Verbundenheit zu dieser Gottheit über das eigentliche Leben hinaus, indem zu Beginn von Sinclairs Reflexion auf den mütterlichen Ursprung verwiesen wird 88 und Goldmund seinen Tod als Rückkehr zu dieser mütterlichen Gottheit betrachtet 89 . Aus dem bis hier Erörterten geht hervor, dass die Erkennntnis der Doppelgesichtigkeit der Urmutterfigur, welche in beiden Entwicklungsromanen männliche und weibliche wie dämonische und reine Elemente in sich vereinigt, Sinclair und Goldmund auch sich selbst, mit ihrem eigenen `Seelengesicht` erkennen lässt. In ihrem Streben nach der All-Einheit leben sie ihre eigensten Seelenanteile aus und verwirklichen damit sich selbst; so erfahren sie beide beseelten Willen und beseelte Sinnlichkeit (89.1) . .Sinclair erkennt diese Lebensvollendung, indem er lernt, dass er nichts fürchten und für verboten halten darf, was die Seele in ihm wünsche 90 . Eva offenbahrt ihm schließlich, dass ihm sein Schicksal nur durch diesen Weg und auch nur dann, wenn er es "...unendlich treu..." suche 91 , gehört. Auch macht Frau Eva ihm deutlich, dass dies ein immerwährender Prozess sei und er mit der Begegnung mit ihr lediglich Erkenntnis und vorübergehenden Traum, wohl aber noch lange nicht sein Ziel erreicht hat. Selbige Erkennntis wird besonders anhand der Liebesbeziehung Sinclairs zu Frau Eva deutlich. Diese fordert Sinclair auf, die Geliebte, in Sinclairs Fall sie selbst, durch die eigene, starke und in sich selbst zur Gewißheit kommende Liebe zu gewinnen, statt die Geliebte als Geschenk zu erhalten, zu wünschen, ohne zu bereuen und in dieser Form der Seelenverwirklichung eins mit sich selbst zu werden 92 . Gegen Ende der beschriebenen Entwicklung Sinclairs gelingt es diesem schließlich, symbolisch begleitet durch den Kuss von Frau Eva, den "...Schlüssel..." zu den Tiefen seiner Seele zu finden und mit diesem Wert an Selbsterkenntnis seinem Freund und Führer gleich geworden zu sein 93 . Somit stellt für Sinclair die Person der Frau Eva nur ein vorübergehendes Ziel im Laufe seines Selbsterkenntnisprozesses dar; symbolisch steht ihre Figur der Einheit jedoch sowohl für die Erkenntnis, Annahme und das Ausleben der Seelenanteile des Individuums und durch den oben erläuterten Erkenntnisprozess. Auch bei Goldmund ist es die Mutterfigur, welche diesen als jungen Klosterschüler sich selbst mit seiner wahren Veranlagung erkennen und seiner ureigenen Bestimmung folgen lässt. Da seine Aussenwelt jedoch, im Gegensatz zu der von Demian, mit der inneren nach diesem Ereignis, welches ihn seine Seele zurückgewinnen lässt, kaum uneins ist 94 und Goldmund ganz aus sich heraus lebt und auch seine Entwicklungsgeschichte eine wesentlich längere und in sich relativ harmonisch und abgerundet ist, verschiebt sich auch die Bedeutung des Mutterbildes in eine etwas harmonischere Richtung. Sie steht nur noch nebensächlich für Goldmunds direkte Seelenanteile, sondern in einer etwas harmonischeren Form für das Geheimnis des Lebens als ambivalente Einheit. Für Goldmund ist die Mutterfigur so immer wieder mahnender Aufruf zum Aufbruch zu sich selbst, sei es zu Beginn seiner Jugend oder gegen Ende seiner Lehrlingszeit. Für ihn ist sie auch Lebenstrieb, wobei sich sein sexueller Triebgedanke weniger auf sie, denn auf seine Umwelt, wo er ausreichend Auslebung findet, richtet. Dies kann bereits als Zeichen dafür verstanden werden, dass Goldmund in seinem Selbsterkenntnisprozess fortgeschrittener ist und seine Seelenanteile und Triebe im Laufe seines Lebens klar verwirklicht. Vor diesem Hintergrund zeigt Eva im letzten Erkennen Goldmunds im Tode auch sein ganzes verwirklichtes Leben, eben das "...vollkommene Sein..." 95 . Dies deckt sich mit der oben begonnenen Interpretation der Eva als `Brahman`, welcher auch als das `vollkommene Sein` bezeichnet werden könnte. Es gibt dem `Atman` Goldmund den Anreiz in seinem Leben, von der "...Potenz zur Tat..." (95.1) und damit von der Seelenanlage zur Verwirklichung zu schreiten und durch das `gesteigerte Selbst` Anteil am Göttlichen und an der `Seele des Lebens` zu erlangen. Die Wahrheit Narziß der Lebensverwirklichung nach dem Konzept `von der Potenz zur Tat` ähnelt ziemlich genau den Lehrsätzen die Demian von Pastorius erhielt und besagen, dass in jedem die Möglichkeiten zum (gesteigerten)Menschen lägen, diese jenem aber erst durch bewußt machen und ausleben ihm gehören würden 96 . Zusammenfassend lässt sich also am Ende dieses Kapitels festhalten, dass die Symbolik der Urmutter in beiden Romanen für eine All-Einheit steht, welche den Charakteren hilft, sich zu anzunehmen und sich selbst zu verwirklichen. Bei `Demian` liegt der Focus dabei besonders auf der Bedeutung der Eva für Sinclairs Psyche und dem Prozess der Selbstfindung durch die Aktzeptanz dunkler und heller Seelenanteile. Bei `Narziß und Goldmund` ist Eva das Symbol der ganzheitlichen Selbstverwirklichung des Individuums Goldmund und dem Leben in seiner ganzen Fülle. Die Interpretation der Mutterfigur Eva nach hinduistischem Glaubensprinzip mag nicht in allen Punkten kongruent sein, bietet jedoch passende Anhaltspunkte zur Umschreibung dieses Leitmotives.

2 Hermann Hesses Weg zur Eva

Hermann Hesse schuf die Figur der Mutter Eva, indem er sich einerseits der damaligen Sehnsucht der deutschen Romantiker nach der "heiligen Mutter Asien"97 anschloß. Das Prinzip derselbigen lehrt die Aussöhnung mit sich selbst und der Natur durch die Rückkehr zur "...Mutterwelt der Seele...". Diese steht für Sinnlichkeit und seelische Erfahrung wie Entfaltung und fügt sich damit in die Epoche der Romantik ein, welche unter anderem durch das Naturerleben und die Beschreibung seelischer Zustände gekennzeichnet war und sich gegen das mechanistisch-rationalistische Welt- und Menschenbild des Rationalismus und der Aufklärung wendete. Die Romantik trug transdezental-philosophische Züge 98 , war also auf der Suche nach ganzheitlichen und über die rationell-erfassbare Welt hinausgehende Sichtweisen. Mit der Urmutter mag sich Hessse also auf die Suche nach einer Gottheit gemacht haben, die in das Weltbild der Romantik passte 99 . Hinzu kommt, dass er zum fernöstlichen Raum, in dessen Mystik die Romantiker wie oben dargelegt nach Antworten suchten, eine besondere Verbindung hatte. Sein Vater und seine Mutter standen als überzeugte Protestanten ihr Leben lang im Dienste der christlichen Mission in Indien. So kam es, dass Hermann Hesse "...das geistige Indertum ganz ebenso von Kind auf eingeatmet und miterlebt... [hat] ...wie das Christentum." 100 . Im Gegensatz zur christlichen Erziehung, welche Hesse "...nichts als Erlebnis..."101 brachte, bot die Welt der indischen Religion ihm in verlockenderer Weise Raum für seine Phantasie und er ließ ihre Botschaften ohne Widerstände in sich hinein. Seine religiöse Prägung beschreibt Hesse als die eines mystischen Christentumes, welches ohne Krieg neben einer indisch-asiatischen Gläubigkeit lebte, deren einziges Dogma der Gedanke der Einheit sei 102 . Somit war sicherlich auch das fernöstlich-gefärbte Religionsbild von Hesse von entscheidender Prägung bei der Gestaltung einer allumfassenden Figur. Drittens spielt Hesses psychische Situation, in welcher er `Demian` verfasste und damit das erste mal die Mutterfigur Eva in seine Werke eingeflochten hat eine entscheidende Rolle. Anzumerken ist, dass Hesse vor der Niederschrift `Demians` einen Nervenzusammenbruch erlitt und dieses Werk ihm nicht nur als schriftstellerische, sondern als ganz persönliche Neuorientierung diente 103 . Denn unter anderem durch den Tod seines Vaters, die beginnende Schizophrenie seiner Ehefrau und durch die Erkrankung seines jüngsten Sohnes bedingt, befand sich Hermann Hesse ab 1916 in einer depressiven Phase. Er hielt daraufhin vor der Niederschrift `Demians` nahezu 75 psychotherapeutische Sitzungen bei dem C.G. Jung-Schüler Josef Bernhard Lang ab 104 . Diese stellen die Basis für den psychoanalytischen Hintergrund der Evafigur dar. Hesse erkannte, dass die Psychoanalyse eine ungewohnte Wahrheit gegen sich selbst erfordere. Er ging davon aus, dass die Psychoanalyse das zu sehen verlange, "...was wir gerade am erfolgreichsten in uns verdrängt [haben] ..." 105 . Die Suche nach der eigenen unterschwelligen Triebwelt und verdrängten Seelenanteilen formte aber letztlich Hesses Konzept der Einheit, welches für ihn, wie oben angführt, den wesentlichen religiösen Lehrsatz seines Glaubensbildes darstellt und ihm am heiligsten war 106 . Sein Glaube der Einheit geht davon aus, dass das Leid des `Ichs` dadurch entstehe, dass es sich nicht mehr als unlösbaren Teil des Ganzen empfinde sondern sich selbst zu wichtig nehme. Einheit werde dadurch erreicht, den Zwiespalt zwischen Innen und Außen, dem Ich und der Welt, zu erkennen und aufzuheben. Dies geschehe durch "...Gnade...das göttliche Erlebnis der Versöhnung,...Nichtwiderstreben...williges Einverstandensein..." und finde ebenso Ausdruck in der christlichen Hingabe des Ich wie in der indischen Erkenntnis der Einheit. Die Einheit sei dabei "...das Leben selbst, voll Spiel, voll Schmerz, voll Gelächter..." 107 und zurückzuführen auf "...das göttliche Eine, das dem Spiel zu Grunde..." 108 liege. Das Leben besteht für Hesse einzig im Flukturieren den Polen, "...im Hin und Her zwischen den Grundpfeilern der Welt..."109 , um dem Göttlichen und der Einheit so näherzukommen. Er erkannte jedoch, dass es ihm nie gelingen würde, die Pole des Lebens zueinander zu biegen oder die Zweistimmigkeit der Lebensmelodie niederzuschreiben. Die Synthese aller Gegensätze in der Mutterfigur kann als ein Versuch der Annäherung an diese Einheit gesehen werden. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Hesse die schillernde Figur der Urmutter Eva vor keinem bereits existierenden Schemata schuf, sondern die unterschiedlichsten und persönlichsten Motive verwertete. Seiner Beschäftigung mit der Psychoanalyse und dem Versuch der Synthese einer Einheits-Gottheit kommt hierbei neben der Epoche der Romantik und seiner familiären Prägung wohl die wesentliche Bedeutung zu. Das letzte Kapitel soll schließlich die Theorie C.G. Jungs über die Seelenanteile `anima` und `animus` in den Mittelpunkt rücken, um aus Hesses` literarischer Kreation Schlüsse auf das Wesen der menschlichen Seele ziehen zu können und dem Leser etwas über die reine Textarbeit hinaus mitgeben zu können.

3.1 Der Schatten als Schlüssel zum verwirklichten Leben

Es ist die Evafigur mit ihrer Einheit von scheinbar unvereinbaren Gegensätzen, durch welche die Charaktere Goldmund und Sinclair sich selbst verwirklichen, indem sie die Ambivalenz des Lebens in jener erkennen und so all ihre Seelenanteile verwirklichen können. Mit der Verwirklichung verdrängter Seelenanteile zum Erlebnis der "...Persönlichkeit in ihrer Ganzheit..." 110 beschäftigt sich auch der Philosoph und Psychotherapeut Dr.phil.Mathias Jung, indem er sich an den Lehrsätzen Sigmund Freuds und C.G.Jungs orientiert und konkretisiert. Er fasst zusammen, dass jeder Mensch einen Schatten besitze, welchen er erkennen und annehmen müsse. Der Schatten sei ein zweites Ich, welches neben unserer Normalidentität existiere. Er sei positives wie negatives, "...unterentwickletes, nicht artikuliertes Potenzial..." 111 und stelle "...das Komplementäre..." 112 unserer Persönlichkeit dar. Daher sei der Schatten nicht das Problem, sondern seine Verdrängung, da dieser uns "...ein Psychogramm des unbewußten Teils unserer Persönlichkeit..." 113 liefere.Unsere Schattenseite, deren Entstehung maßgeblich durch Erziehung, Normen und Imitation entstehe, finde ihren vielfältigen Ausdruck im "...Fanatismus des Guten..."115 , in Beziehungen, in welchen jeder den Schatten des anderen trage, in Krankheiten 116 und kollektiven Vorurteilen, welche verborgene Sehnsüchte ausdrückten. Aufgabe sei es, den Schatten zu erkennen und zu aktzeptieren, um ihn integrieren zu können und sich damit in seiner ganzen persönlichen Vielfalt zu verwirklichen. J.G.Jung schlägt hierzu vor, die Symptome des Schattens, beispielsweise Wut, Schuldgefühle oder Depression, zu verstärken. So freunde man sich mit seinem Schatten an, komme hinter das Geheimnis dessen Entstehung und sei so in der Lage, diesen zu beseitigen 117 . Der Psychotherapeut Mathias Jung schlägt ferner zur Enthüllung des eigenen Schattens vor, in einer vertrauten Gruppe die Frage zu stellen,wie die eigene Person in ihren Vorzügen, Schwächen und Eigenarten von den anderen empfunden werde, da sich eine ganze Gruppe in ihrer Beobachtung selten irre. Ein weiteres Indiz zum Hinweis auf unseren Schatten könnten auch Versprecher sein, deren Analyse oft deutliche Rückschlüsse auf unser momentanes Empfinden und verdrängte Seelenanteile ergebe. Genauso würden Verhaltensausrutscher den Teil von uns offenbahren, den wir sonst verborgen hielten. Letztlich verrate auch unser Humor etwas über die Tiefen unserer Seele, genau wie wir bei der Betrachtung unserer Idole und Identifikationen unserem Schatten begegnen würden. Den Aspekt der Beschäftigung mit den eigenen Träumen und der Kunst, wie er in Hesses beiden Entwicklungsromanen viel Raum einnimmt, greift Dr.phil.Mathias Jung nicht auf.

3.2 Anima und Animus als besondere Formen des Schattens

Nach Carl Gustav Jung, dem Schüler Sigmund Freuds, welcher geistige und emotionale Störungen als Versuch interpretierte,"...persönliche und psychische Ganzheit..."zu erlangen118, steht der lateinische Begriff anima(übersetzt soviel wie (Lebens-)Geist, Seele), für den gegengeschlechtlichen Trieb, welchen jeder Mensch in sich trage, aber weitgehend aus dem Selbstbild verdränge. C.G.Jung stellte sich diese gegengeschlechtlichen Triebe als"...personifizierte Archetypen..."(siehe 118)vor. Die Urmutter Eva trägt, wie oben explizit dargelegt, in beiden Werken Hermann Hesses sowohl männliche als auch weibliche Züge und vereint tiefste Weiblichkeit mit männlichen Qualitäten. Sie kann als Synthese der beiden ambivalenten Archetypen und damit als vollkommene Einheit verstanden werden. Gerhard Wehr baut ebenfalls auf Jung auf und beschäftigt sich mit dem Individuationsprozess, bei welchem es zur"...Konfrontation des Männlichen und des Weiblichen kommt."119. Kein Mann sei nur männlich, sondern trage auch weibliche Züge und umgekehrt. Nach Jung sei im Unbewußten des Mannes ein weibliches Seelenbild veranlagt, welches die anima und im Unbewußten der Frau der animus sei. Diese gegengeschlechtlichen Eigenschaften und Qualitäten, wie sie Sinclair zum Beispiel auch in seinem Bild von Demian erfährt, sind, so Gerhard Wehr, von den normalen Schattenfiguren insofern verschieden, als das sie immer die Züge des anderen Geschlechtes tragen. Man müsse sich des eindeutigen"...Projektionscharakters..."120 dieses Archetypus aber bewusst werden, um aus den Botschaften des eigenen Unterbewusstsein persönliche Rückschlüsse von dessen äußerem Symbolgehalt auf die eigene Situation ziehen zu können. Trotz der scheinbaren Fremdartigkeit der anima (des animus) müsste diese (dieser) als zur eigenen Person dazugehörig empfunden werden, da nach Wehr eine einseitige Verwirklichung keine Selbstverwirklichung sein kann. Unbewußte und verdrängte Gegengeschlechtlichkeit bleibe"...primitiv und undifferenziert..." 120.1 und führe zu einer bedenklichen Gefühlslabilität, welche durch ein Ausgesetztsein gegenüber den eigenen Affekten und ein undiszipliniertes Gefühlsleben gekennzeichnet sei. Um auf dem "...Weg zur Ganzheit..." (121) des eigenen Ichs voran zu kommen, sei der Mann wie die Frau gefordert, sich der eigenen Gegengeschlechtlichkeit bewusst zu werden und sie damit gleich den Schatten realisieren und in das erfüllte Ich integrieren zu können.

4 Schlusswort

Ein Fazit am Ende dieser Facharbeit zu ziehen ist meines Erachtens nach vermessen. Denn zum einen handelt es sich bei vielen Überlegungen und Interpretationsansätzen letztlich nur um Teilaspekte eines unendlich breiten und tiefen Motives, auch wenn diese wissenschaftlich untermauert werden konnten. Zum anderen meine ich, dass es unangebracht wäre, einen derartig großen und bedeutenden Literaten und Nobelpreisträger wie Hermann Hesse in ein Fazit in der Form eines absolut präzisen Schematas auf Basis einer zwölfseitigen Facharbeit zu zwängen. Je mehr ich mich mit dem Thema des Leitmotives der Mutter, dessen Entstehung und Bedeutung beschäftigte, auf desto mehr Fragen und neue Aspekte stieß ich; vergleichbar war diese Erfahrung mit dem Bild einer Wurzel, welche man aus dem Erdreich zieht und erst dabei deren tiefe und immer weiterreichende Verästelung erkennt. Ich hoffe dennoch, dem Leser die Augen für die religiöse und psychoanalytische Bedeutung von Hesses brillanter Evafigur geöffnet zu haben. Aufbauend auf den Ergebnissen der Suche nach der Einheit schließe ich mit einem Zitat C.G.Jungs, welches die Ambivalenz einer verwirklichten Persönlichkeit dem scharz-weiß Schemata von gut und böse vorzieht:

"Ich wäre lieber ganz als gut."

Literaturverzeichnis

- `DIE BIBEL - Einheitsübersetzung`, HERDER [1995], Freiburg im Breisgau
- `ERLÄUTERUNGEN ZU HERMANN HESSE - Demian`, von HERFORTH, MARIA-FELICITAS, C.BANGE VERLAG [Hrsg.], Hollfeld, 2001
- `ERLÄUTERUNGEN ZU HERMANN HESSE - Narziß und Goldmund`, von HERFORTH, MARIA-FELICITAS, C.BANGE VERLAG [Hrsg.], Hollfeld, 2001
- HESSE, HERMANN: `Brief Hesses` [1922] in MICHELS [Hrsg.]
- HESSSE, HERMANN [1919]: `Demian - Die Geschichte einer Jugend`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1975
- HESSE, HERMANN: `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971
- HESSSE, HERMANN [1930]: `Narziß und Goldmund - Die Geschichte einer Freundschaft`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1957
- JUNG, MATHIAS: `Zweite Lebenshälfte`, EMU-VERLAGS-GMBH [Hrsg.], Lahnstein, 1995
- MAYER, GERHARDT: `Die Begegnung des Christentumes mit den asiatischen Religionen im Werk Hermann Hesses, RÖHRSCHEID, Bonn, 1956
- WEHR, GERHARD: `Lebens-Mitte`, CLAUDIUS VERLAG, München, 1991,

weitere Quellen

- MICROSOFT ENCARTA 99 ENZYKLOPÄDIE

Querverweise

[ zum Nachschlagen wurden die Quellen zur einfacheren Lesbarkeit abgekürzt oder nur unvollständig angegeben, da immer dasselbe Buch gemeint ist, zur genauen Literaturangabe siehe Literaturverzeichnis]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1: `Demian`, Seite 7

2: `Narziß und Goldmund`, Seite 46 f.

3: `Demian`, Seite 154

3.1 Bibel, Offenbahrung 14,1

4: `Narziß und Goldmund`, Seite 38

5: `Narziß und Goldmund`, Seite 168/171

6: `Demian`, Seite 178

7: `Narziß und Goldmund`, Seite 178 ff.

7.1: Brief Hesses 1922, in Michels [Hg] , S.157

8: `Demian`, Seite 116/183

9: `Narziß und Goldmund`, Seite 190

10: `Narziß und Goldmund`, Seite 10

11: `Narziß und Goldmund`, Seite 47

12: `Narziß und Goldmund`, Seite 36

13: `Narziß und Goldmund`, Seite 45

14: `Narziß und Goldmund`, Seite 46

15: vgl:`Narziß und Goldmund`, Seite 187

16: `Narziß und Goldmund`, Seite 79

17: `Narziß und Goldmund`, Seite186 vgl.auch mit seite 65

18: `Demian`, Seite 153

19: `Demian`, Seite 167

20: `Demian`, Seite 159

21: `Demian`, Seite 205

22: `Narziß und Goldmund`, Seite 186

23: `Narziß und Goldmund`, Seiten 58/316

23.1: `Narziß und Goldmund`, Seite 36 `Demian`, Seite 184

23.2: Bibel, Genesis 3,20

24: `Narziß und Goldmund`, Seite 55

25: `Narziß und Goldmund`, Seite 258/315

26: `Demian`, Seite 124

27. `Demian`, Seite 108

28: `Demian`, Seite 111

29: `Demian`, Seite 124

30: `Demian`, Seite 126

31: `Narziß und Goldmund`, Seite 273

32: `Narziß und Goldmund`, Seite 182

33: `Narziß und Goldmund`, Seite 239

34: `Narziß und Goldmund`, Seite 131

35: `Narziß und Goldmund`, Seite 65

36: `Narziß und Goldmund`, Seite 165/6 vgl. auch 171

37: `Demian`, Seite 106

38: `Demian`, Seite 111

39: `Demian`, Seite 123

40: `Demian`, Seite 122/3

40.1: `Demian`, Seite 205

41: `Demian`, Seite 124

42: `Demian`, Seite 124 [143/153]

43: `Demian`, Seite 123 ff.

43.1: `Narziß und Goldmund`, Seite 172

43. 2: hesses gottesbegrifff in der begenung mit dem christentum [siehe Anhang], seite 98,

44: `Narziß und Goldmund`, Seite 315 ff.

44.1 `Narziß und Goldmund`, Seite 186

45: `Demian`, Seite 43, `Narziß und Goldmund`, Seite 274

46: `Narziß und Goldmund`, Seite 35

47: `Narziß und Goldmund`, Seite 46

48: `Narziß und Goldmund`, Seite 46 ff.

49: `Narziß und Goldmund`, Seite 64

50: `Narziß und Goldmund`, Seite79

51: `Narziß und Goldmund`, Seite 64ff.

52: `Narziß und Goldmund`, Seite 79

53: `Narziß und Goldmund`, Seite 82

54: `Narziß und Goldmund`, Seite 80

55: `Narziß und Goldmund`, Seite 148

56: `Narziß und Goldmund`, Seite 150

57: `Narziß und Goldmund`, Seite 151

58: `Narziß und Goldmund`, Seite 152

59: `Narziß und Goldmund`, Seite 312

60: `Narziß und Goldmund`, Seite 173

61: `Narziß und Goldmund`, Seite 167 ff

61.1: `Narziß und Goldmund`, Seite 187

61.2: `Narziß und Goldmund`, Seite172

62: `Narziß und Goldmund`, Seite 170

63: `Narziß und Goldmund`, Seite 257

64: `Narziß und Goldmund`, Seite 258

65: `Narziß und Goldmund`, Seite258

65.1: vgl. `Narziß und Goldmund`, Seite 186

65.2: Bibel, Evangelium des Markus 15, vers 34

66: `Narziß und Goldmund`, Seite 313

67: `Narziß und Goldmund`, Seite 315 ff

68: `Narziß und Goldmund`, Seite317

69: `Narziß und Goldmund`, vergleiche u.a. die Seiten: 61,188,240,

70: `Demian`, Seite 11

71: `Demian`, Seite 95

71.1 `Demian`, Seite 99

72: `Demian`, Seite 104 ff.

73: `Demian`, Seite 105

74: `Demian`, Seite 106

74.1: `Demian`, Seite vergleiche 126

74.2: `Demian`, Seite 143

75: `Demian`, siehe Querverweis 41

75.1: `Demian`, Seite147

76: `Demian`, Seite 127 :"...alles deutete auf abraxas..."

77: alles in `Demian`,
z.B: Malen des `Vogels aus dem Ei`: seite 117,123
Demian als Trumwandler mit Phantasiespielen auch auf seite 143 und 153 zu finden,
126: weiterer versuch zu malen,
131: liebe zur musik weil unmoralisch: Unterbewusstsein kann sich
ohne zwänge in ihr ausleben
ähnlich auf seite 144,
seite137 als vereinigung des unterbewusstsein mit der natur,
seite 146: pastorius rät ihm auf sein Unterbewusstsein zu hören

78: `Demian`, Seite 152

79: `Demian`, Seite 171

80: `Demian`, Seite 172

81: `Demian`, Seite 174

82: `Demian`, Seite 179

83: `Demian`, Seite 181

84: `Demian`, Seite 182

85: `Demian`, Seite 191 ff.

86: `Demian`, Seite 187ff

87: `Demian`, Seite 209

87.1: `Narziß und Goldmund`, Seite 34

87.2: `Narziß und Goldmund`, Seite 258

87.3: `Narziß und Goldmund`, Seite 313

87.3.1: `Demian`, Seite 189

87.4: `Demian`, Seite 42 ff.

87.4.1: vgl. hierzu auch: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, S. 63,

87.5: vgl: `Demian`, Seite 189 bis 191: `die Gezeichneten übernehmen eine Art Führerrolle`

88: `Demian`, Seite 11

89: `Narziß und Goldmund`, Seite 313

89.1: vgl auch: `Demian`, Seite 181 `Narziß und Goldmund`, Seite 312

90: `Demian`, Seite 146

91: `Demian`, Seite 185

92: vgl: `Demian`, Seite 192/193

93: `Demian`, Seite 214

94: vgl auch: `Demian`, Seite 179

95: `Narziß und Goldmund`, Seite 282 ff

95.1: `Narziß und Goldmund`, siehe Querverweis 95

96: `Demian`, Seite 139

97: MAYER GERHARDT: `Die Begegnung des Christentumes mit den asiatischen Religionen im Werk Hermann Hesses, Seite93

98: microsoft encarta99, Stichwortsuche "Romantik",

99: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 34 ff.

100: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 59

101: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 60

102: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 62

103: MARIA-FELICITAS HERFORTH in "Erläuterungen zu `Hermann Hesse - Demian`", C.BANGE VERLAG, 2001, Seite 10 und 15

105: MAYER GERHARDT: `Die Begegnung des Christentumes mit den asiatischen Religionen im Werk Hermann Hesses, Seite 96

106: SUHRKAMP, 1971, Hermann Hesse `Mein Glaube`, S. 20

107: SUHRKAMP, 1971, Hermann Hesse `Mein Glaube`, S. 21, vergleiche zur nahezu gleichen Beschreibung der Mutter als Einheit auch: `Narziß und Goldmund`, Seite 315/316; und zum `Einklang zwischen äußerer und innerer Welt` `Demian`, Seite 179;

108: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 22

109: HERMANN HESSE in `Mein Glaube`, SUHRKAMP VERLAG [Hrsg.], 1971, Seite 21, vgl auch: `Narziß und Goldmund`, Seite 249;

110: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 101

111: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 110

112: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 109

113: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.],1995, Seite 114

114: vgl.JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`,emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite120 ff.

115: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 115

116: vgl.: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 117

117: vgl: JUNG, MATHIAS in `Zweite Lebenshälfte`, emu-Verlags-GmbH [Hrsg.], 1995, Seite 121

118: microsoft encarta 99, STichwortsuche "Jung,Carl-Gustav"

119: WEHR,GERHARD in `Lebens-Mitte`,CLAUDIUS VERLAG MÜNCHEN,1991, Seite 57

120: WEHR,GERHARD in `Lebens-Mitte`,CLAUDIUS VERLAG MÜNCHEN,1991, Seite 62

120.1: WEHR, GERHARD in `Lebens-Mitte`, CLAUDIUS VERLAG MÜNCHEN,1991,Seite61 121: WEHR,GERHARD in `Lebens-Mitte`,CLAUDIUS VERLAG MÜNCHEN,1991, Seite 61

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Résumé des informations

Titre
Dimensionen des literarischen Motives der Eva in den Werken Hermann Hesses
Note
2+
Auteur
Année
2004
Pages
19
N° de catalogue
V108408
ISBN (ebook)
9783640066056
Taille d'un fichier
404 KB
Langue
allemand
Mots clés
Dimensionen, Motives, Werken, Hermann, Hesses
Citation du texte
Falk Bankner (Auteur), 2004, Dimensionen des literarischen Motives der Eva in den Werken Hermann Hesses, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108408

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