Purim oder: Die Anfänge des jüdischen Theaters


Seminar Paper, 2004

17 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1. Die Bitterkeit des Lachens

2. Purim - Das Losfest
2.1 Grundlage: Das Buch Ester
2.2 Der Festtag
2.3 Die Mizwot (=Vorschriften) und Bräuche zu Purim
2.3.1 Lesung der Ester-Megilla
2.3.2 Festessen und Freude
2.3.3 Mischloach Manot: Schicken von Esswaren an Freunde
2.3.4 Geschenke für die Armen
2.4 Das Purimspiel

3. Von Purimspielen zum jüdischen Theater

4. Purim - Das Fest, das nie aufgehoben wird

5. Literaturverzeichnis

1. Die Bitterkeit des Lachens

Es ist kein Zufall, dass die Weltöffentlichkeit mit grausamer Regelmäßigkeit Mitte März durch Meldungen von blutigen Attentaten aus Israel erschüttert wird . 1996 wurde eine Bombe in einem vollbesetzten Bus gezündet, 1997 sprengte sich ein palästinensischer Kellner auf der Terrasse eines Cafés in Tel Aviv in die Luft. Ein blutverschmiertes Baby, das in den Zeitungen zu sehen war, trug ein Clown-Kostüm. Es war für das Purimfest verkleidet.

Immer wieder überschatten derart schaurige Meldungen einen Tag, der eigentlich der des fröhlichsten und ausgelassensten Festes des jüdischen Jahres sein sollte. Purim ist das Fest des Siegs über die Widersacher, die sich in der Geschichte der Juden sehr zahlreich finden lassen. Doch offensichtlich können die modernen Widersacher, die Palästinenser, keinen Grund für Heiterkeit entdecken. Durch gezieltes Blutvergießen am Tag des Losfestes sollen die Juden wohl daran erinnert werden, dass es keineswegs Anlass gibt, einen Sieg zu feiern.

Und dennoch ist dieser Tag immer wieder geprägt von Fröhlichkeit und Ausgelassenheit. Die traurige Realität scheint außen vor gelassen zu werden. „Das Leben des Juden ist von religiöser Satzung streng geregelt. Nur einmal im Jahre durchbrechen Übermut und überschüssiger Lebensdrang die Schranken beherrschter Gesetztheit (...).’An Purim ist alles frei.’“

Im nun Folgenden soll zunächst die Basis des Festes, das Buch Ester, betrachtet werden, woraus bereits verschiedene Aspekte des nächsten Teilbereichs - nämlich die Sitten und Bräuche an Purim - erschlossen werden können. Die Purimspiele als entscheidender Beitrag zur allgemeinen Ausgelassenheit an diesem Festtag sollen ebenfalls Erwähnung finden und in ihrer Entstehungsgeschichte, ihren Grundzügen und ihrer Realisierung vor Publikum untersucht werden. Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen wird die Rolle der Purimspiele als Anfang des jüdischen Theaters erläutert. Im Anschluss daran soll ein kurzer Überblick über die Geschichte des jüdischen Theaters die Arbeit abrunden.

2. Purim - Das Losfest

2.1 Grundlage: Das Buch Ester

Um das Fest Purim verstehen zu können, muss man natürlich seine Grundlage kennen: das biblische Buch Ester, das entscheidend die besonderen Brauchformen an diesem Tag mitgeprägt hat.

Das Buch Ester spielt im persischen Reich, wo eine große Zahl von Juden in der Diaspora lebt. Die Hauptfigur Ester ist die zweite Frau des Perserkönigs Achaschwerosch, der sie heiratet, nachdem er seine erste Frau Waschti wegen „Ungehorsam“ verstoßen musste. Nicht wissend, dass er eine Jüdin heiratet, erhebt er sie somit zur Königin über das persische Reich. Da begibt es sich, dass der Königsberater Haman sich derart über den Juden Mordechai ( Esters Onkel ) erzürnt - da letzterer sich weigert, vor ihm niederzuknien - , dass er beschließt, nicht nur Mordechai, sondern mit ihm alle im persischen Reich lebenden Juden töten zu lassen. Per Edikt gibt er - hinter dem Rücken des Königs - den Persern bekannt, wann der Überfall zu erfolgen habe. Als Ester davon erfährt, setzt sie alles daran, ihr Volk zu retten. Sie wagt es sogar, ungebeten vor den König zu treten (was strengstens verboten ist) und offenbart ihm ihre Religionszugehörigkeit. Bei einem Festmahl, zu dem Ester Haman und den König geladen hat, erfährt Achaschwerosch von den Intrigen seines Beraters und gerät darüber in große Wut. Da er aber das erlassene Edikt nicht wieder aufheben kann, bleibt den Juden nur, sich gegen ihre persischen Angreifer (erfolgreich) zu verteidigen. Es kommt zu einer großen Schlacht, in der unzählige Perser umkommen - auch Haman und seine zehn Söhne. „Das geschah am dreizehnten des Monats Adar, und sie ruhten am vierzehnten Tage desselben Monats, den machte man zum Tage des Wohllebens und der Freude“ . Dieser Tag wurde „Purim“ genannt, persisch für: die Lose. Haman warf ein Los, das den Zeitpunkt des Überfalls auf die Juden bestimmen sollte. Da dieses Los somit aber den Tag der Niederlage der Perser festlegte, wird dieser auch oft Losfest genannt.

Es kann nicht genau festgestellt werden, wann das Buch Ester geschrieben wurde, man geht jedoch davon aus, dass es spätestens im zweiten Jahrhundert vor Christus verfasst wurde. Damit entstand ein Schriftstück, das in vielerlei Hinsicht als außergewöhnlich bezeichnet werden kann.

Sowohl Inhalt als auch Gestaltung sind einzigartig. Zum einen spielen hier nicht gerade geistige Dinge eine große Rolle: Völlerei, Alkohol, sexuelle Anspielungen. Kein Wunder also, dass der Name Gottes kein einziges Mal Erwähnung findet. Zum anderen kann das Buch Ester auch als geradezu humorvoll empfunden werden, was im Kanon der Bibel ebenfalls Seltenheitswert hat. „Einem Lustspiel entsprechend macht in der Ester-Rolle keiner eine gute Figur, weder Perser noch Juden. (...) Entrollt wird eine Geschichte von politischen und persönlichen Machtkämpfen und Intrigen aus dem Palast des persischen Großkönigs.“ Das prägende Element dieser Erzählung ist Ironie: alles verkehrt sich in sein Gegenteil. Haman möchte Mordechai töten, wird aber selbst gehenkt; der 14. Adar soll ein Tag des Mords an Juden werden, es kommen aber nur Perser dabei um. Es ließen sich noch weitere Beispiele anführen, denn, wie blutrünstig der Stoff auch sein mag, die Ironie zieht sich wie ein roter Faden hindurch.

2.2 Der Festtag

Wie bereits erwähnt, findet Purim am 14. Adar statt, fällt also, gemessen am christlichen Kalender, in den Februar beziehungsweise März (so war Purim 2001 am 9. März). Allerdings findet sich im Buch Ester eine Ausnahme, die bis in die heutige Zeit bestehen blieb: „Aber die Juden zu Susan waren zusammengekommen am dreizehnten und am vierzehnten Tage und ruhten am fünfzehnten Tag“ , feierten also den Sieg über die Widersacher einen Tag später. In Anlehnung an diese Zeilen wurde eine Regelung eingeführt, die es nicht nur Susan, sondern auch einigen anderen Städten erlaubte, ein „verspätetes“ Purim zu feiern - nämlich denjenigen Orten, die bereits zu Zeiten des Propheten Joshua nachweislich eine Stadtmauer besaßen. Diese Regelung betraf zur Zeit ihrer Etablierung noch mehrere Orte . In jüngerer Zeit wird das sogenannte Purim Dekrakkim (Purim der mauerumgebenen Städte) am 15. Adar ausschließlich in Susan und Jerusalem gefeiert - wodurch natürlich vor allem letzterer Stadt eine herausragende Position zukommt.

Dem eigentlichen Fest geht das sogenannte Ta’anit Ester, das Ester-Fasten, voraus. Man fastet von Sonnenaufgang bis -untergang zum Gedenken an Ester, die fastete, bevor sie es wagte, dem König zu gestehen, dass sie Jüdin sei. „Der scharfe Übergang von Ta’anit Ester zur Purimfreude erinnert daran, daß in dieser Welt keine Freude existiert ohne einen Hauch von Trauer und Bedrückung.“ Allerdings wird dieser Fasttag nicht ganz so streng gehandhabt wie andere des jüdischen Jahreskreises. Dementsprechend gilt auch für das Purimfest an sich eine Sonderregel: „Da Purim kein Gebot der Thora ist, gelten an Purim die üblichen Feiertagsverbote, wie z.B. das Arbeitsverbot, nicht.“

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Details

Title
Purim oder: Die Anfänge des jüdischen Theaters
College
University of Regensburg
Author
Year
2004
Pages
17
Catalog Number
V108430
ISBN (eBook)
9783640066278
ISBN (Book)
9783656247166
File size
408 KB
Language
German
Keywords
Purim, Anfänge, Theaters
Quote paper
Agathe Schreieder (Author), 2004, Purim oder: Die Anfänge des jüdischen Theaters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108430

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