Der russische Staat und sein Verhältnis zu Macht und Gesellschaft


Trabajo, 1999

32 Páginas, Calificación: sehr gut


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Politik in der Russischen Föderation am Ende der Jelzin-Ära

3. Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in russischen wissenschaftlichen Beiträgen
3.1. „Volk und Macht“ (Народ и власть) von Roi Medvedev
3.2. Aufsatzsammlung: „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“ (Согласование интересов и государственная политика Россий)
3.2.1. Neuer russischer Korporatismus: vom bürokratischen zum oligarchischen Korporatismus? von Sergej Petrovič Peregudov
3.2.2. Die Formierung repräsentativer Versammlungen durch herrschende regionale Gruppen von Michail Nikolaevič Afanas’ev
3.2.3. Lobbyismus in Russland und Probleme seiner rechtlichen Regulierung von Vladimir Anatolevič Lepechin
3.2.4. Staat und Business im postkommunistischen Russland: das zyklische Wesen der Beziehungen und Aussichten ihrer Institutionalisierung von Alexej Jurevič Sudin
3.2.5. Die Perspektiven der sozialen Partnerschaft in Russland und die Erfahrung des Westens von Irina Stanislawowna Semenenko
3.2.6. Besonderheiten des Mechanismus bei der Annahme von staatlichen Beschlüssen in Russland: soziokulturelle und psychologische Parameter von Aleksandr Ivanovič Solovëv
3.2.7. Wahlbedingungen und Probleme der politischen Vertretung von Sergej Jevgen’evič Saslavskij

4. Verhältnisse und Bedingungen für die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in Russland
4.1. Russische Selbstwahrnehmungen bei Medvedevs „Volk und Macht“ und bei den Autoren der Aufsatzsammlung „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“
4.2. Äußere Einschätzungen
4.2.1. Staatliche Strukturschwäche
4.2.2. Soziokulturelle Parameter in der Wertvorstellung und im Verhalten der russischen Gesellschaft
4.2.3. Die philosophische Dimension in der Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft

5. Staatsstruktur und Sozialkultur in Russland – Probleme und Chancen ihrer Überwindung

6. Literatur

1. Einleitung

Die Meinungen von Wissenschaftlern aus der Russischen Föderation zu den Problemen ihres Landes sind als Spiegel der eigenen Wahrnehmung im Kontext der Probleme der Geschichte, der Gesellschaftsstruktur, nationaler Identität, kulturell bedingter Mentalität und internationaler Strukturen zu sehen.

Im Seminar des Sommersemesters 1999 „Heutiges Russland im Spiegel seiner Sozial- und Geisteswissenschaften“ haben uns besonders die aktuellen russischen Originaltexte von russischen Wissenschaftlern interessiert. Sie alle haben sich in ihren Ausätzen und Beiträgen, abgedruckt in russischen wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie Svobodnaja mysl’, Polis (Političeskije issledovanija), Voprosy filosofii und Sociologičeskije issledovanija des Jahrgang 1998 inhaltlich mit den aktuellen Problemen der Transformation ihres Landes auseinandergesetzt.

Der Aufsatz mit dem Titel „Narod i vlasť“ („Volk und Macht“) von Roi Medvedev sowie mehrere Beiträge verschiedener Wissenschaftler, die im Rahmen einer Kafedra (hier: Versammlung von Lehrkräften einer Fachrichtung) mit dem Titel „Coglasovanije interesov i gosudarstvennaja politika Rossii“ („Die Abstimmung von Interessen und die staatliche Politik Russlands“) erschienen sind, dienen hier als Grundlage für einen ein Blick auf das Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft. Medvedev benennt einige Problemfaktoren mit welchen er die politische Passivität der russischen Bevölkerung begründet. Die Aufsatzsammlung der Kafedra, spricht dagegen in unterschiedlichen Beiträgen die Rolle der Institutionen an, welche die Verbindung zwischen Staat und Gesellschaft strukturieren sollen sowie daraus resultierende spezifisch russische Phänomene in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Zunächst aber dient die knappe Darstellung der Entwicklung der politischen Ereignisse des Jahres 1998 in Russland dazu, die wissenschaftlichen Beiträge in einen zeitlichen Zusammenhang stellen zu können.

Darüber hinaus gibt es zu diesem Thema weitere Literatur von Wissenschaftlern, teilweise russischer Herkunft, die nicht in Russland leben. Auch deren Meinungen werden einbezogen, um ein möglichst objektives und abgerundetes Bild zum Thema des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft in Russland zu erhalten.

Abschließend sollen die unterschiedlichen Meinungen verglichen werden und ein Ausblick auf die Perspektiven, auf die Chancen der Entwicklung der Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in der Russischen Föderation gewagt werden.

2. Politik in der Russischen Föderation am Ende der Jelzin-Ära

Das wichtigste Element der politischen Umstände im Jahr 1998 scheint das Phänomen des „Superpräsidentialismus“[1] zu sein. Der Status von Präsident Boris Jelzin, den er sich aufgrund fortwährender Vereinnahmung von Machtbefugnissen seit 1991 erarbeitet hat, weist autokratische Züge mit der Fassade einer scheinbar parlamentarischen Demokratie auf[2]. Aufgrund der starken Stellung des Präsidenten gegenüber dem Parlament ist besonders die Einflussnahme von dessen Beratern kritisch zu betrachten.

Er ernennt immer wieder neue Kandidaten ins Kabinett, insbesondere die Plätze der Ministerpräsidenten und deren Stellvertreter sowie Wirtschafts- und Finanzminister werden immer wieder neu besetzt, in der Hoffnung die Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen.

Ministerpräsident Tschernomyrdin kann zwar nach der Entlassung der Reformer Tschubais und Nemzow[3] im November 1997 kurzfristig seine Position stärken, wird aber im März 1998 mit der gesamten Regierung von Jelzin entlassen. Es entsteht ein neuer Machtkampf zwischen Präsident und Parlament, welches mit den Regierungskandidaten Kirijenko nicht einverstanden ist, bis zwei Monate später die Regierung im Amt bestätigt werden kann.[4] Schon im August 1998 verfügt Jelzin den Rücktritt der gesamten Regierung und holt Tschernomyrdin ins Amt des Ministerpräsidenten zurück. Dieser wird unter dem Eindruck der Finanzkrise von der Duma abgelehnt, statt seiner der Außenminister Primakow für das Amt vorgeschlagen und gewählt. Dies bedeutet eine Veränderung der Regierungsform, denn Jelzin hat sich dem Willen des Parlaments gebeugt und erhält Ministerpräsident Primakow als vom Parlament gestützten „Mitregenten“.[5]

Im Oktober gibt es landesweite Proteste wegen der wirtschaftlichen Missstände. Ein drittel der russischen Bevölkerung lebt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.[6]

3. Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in russischen wissenschaftlichen Beiträgen

3.1. „Volk und Macht“ (Народ и власть) von Roi Medvedev

Der Historiker und Politologe Roi Alexandrovič Medvedev thematisiert in seinem Aufsatz aus der Zeitschrift Svobodnaja mysľ 4/1998 die Beziehung zwischen Volk und Macht, wobei er besonderes Augenmerk auf die politische Passivität des Volkes und ihre Ursachen richtet.

In einer Befragung erklärt die Mehrheit der Bevölkerung, dass die derzeitige Obrigkeit in keinem Bereich ihrer Kompetenzen erfolgreich arbeitet und dass sie für Russlands Lage Scham empfindet. Nur 10-12% der russischen Bürger haben Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation, dennoch ertragen das Volk weiterhin Entbehrungen und die Last des Alltags.

Medvedev zitiert im Folgenden Autoren, die im Wesentlichen ihrer Enttäuschung über die politische Passivität des Volkes Ausdruck geben: so nach Kagarlickij, „bricht der Protest dann ab, sobald die Regierung die geringsten Forderungen befriedigt oder auch nur etwas verspricht“[7]. Bondarev kommentiert, dass „diese Furchtsamkeit vor dem Erkämpfen der normalen Menschenrechte“ das Volk „zur äußersten Bettelei führt“[8].

Medvedev zitiert Gorbačev, der dagegen im russischen Volk „den goldenen Schatz des Landes – das Erdulden der Menschen“[9] entdeckt. Dennoch glaubt er, dass die Geduld des russischen Volks nicht grenzenlos sei.

Mehrere Faktoren führt Medvedev an, die aufzeigen, dass weder das Volk trotz härtester Lebensbedingungen nach revolutionärer Umgestaltung drängt, noch die Voraussetzungen dafür gegeben sind:

1. Entsprechend der römischen Formel „Brot, Wein und Schauspiel“ gibt es auch in Russland antike Formen des Machterhalts. Hunger gibt es nicht, Wodka steht an erster Stelle der Konsumprodukte und das Fernsehen funktioniert als effektiver Stoßdämpfer der Unzufriedenheit der Bevölkerung.
2. Auch der Rückzug in die Privatsphäre (privater Gartenbau) wird als Kompensator von sozialer und wirtschaftlicher Spannung gefördert; so werden 20% des Einkommens einer Familie durch Privatwirtschaft gedeckt.
3. Einen weiteren sozialen Druckausgleich stellt die Massenemigration seit 1992 dar, wodurch Russland zwar ambitionierte Persönlichkeiten verliert, aber gleichzeitig auch Mitwirkenden bei der Opposition entgeht.
4. Die römische Losung „Teile und Herrsche“ wird nicht nur in autoritär-despotischen, sondern auch in demokratischen Regierungen erfolgreich angewandt. In einem demokratischen Staat werden die Bevollmächtigten in verschiedene Zweige und Abstufungen der Macht eingeteilt, was sich als flexibleres System als die Despotie erweist. Allerdings konnten die politischen Führer und Parteien noch keine Programme anbieten, mit denen sie bedeutende Massen der Bevölkerung um sich vereinigen könnten.
5. Die russische nationale Idee hatte es schon immer schwer sich im Russischen Vielvölkerimperium sowie in der Sowjetunion mit ihren fünfzehn Sowjetrepubliken zu verbreiten. Es ist unmöglich, diese Situation schnell durch eine künstlich aufgeblasene nationale Bewegung oder eine erfundene neue nationale Idee zu verändern. So spricht man im Prozess der allgemeinen geistigen Verunsicherung der Bevölkerung von einer „tief greifenden Krise der Werte“[10]. Nicht alle Werte aus der vorrevolutionären Zeit und der sowjetischen Periode sind verloren gegangen. Nur ihre Verbindung mit den Werten einer gegenwärtigen demokratischen Gesellschaft lässt Russland im 21. Jh. reifen. Da aber in Russland Prozesse der Atomisierung und Demoralisierung der Gesellschaft schneller vor sich gehen, als Prozesse des Zusammenschweißens um neue oder alte Ideen, ist eine soziale Bewegung der Massen ziemlich unmöglich.
6. Obwohl das allgemeine Potential der Unzufriedenheit der Bevölkerung heute sehr groß ist, zeichnet die politische Wirklichkeit des heutigen Russland nicht das Bild, welches das marxistische Konzept vorsieht. Hierbei geht die Unzufriedenheit des Volkes zu einer revolutionären Bewegung über und nachfolgend zur Revolution unter Führung einer autoritären revolutionären Partei, welche fähig ist, den Großteil der Bevölkerung und vor allem die arbeitende Klasse auf ihre Seite zu ziehen. Tatsächlich bleibt derzeit der Grad der Organisierung der Arbeiterklasse, deren Bewegung sich eindeutig in Abgrenzung zur KPFR entwickelt, kaum bemerkenswert.
7. Jede beliebige revolutionäre Bewegung ist in erster Linie eine Jugend- oder Studentenbewegung. Heute jedoch sind die Schüler der oberen Klassen und die Studenten unpolitisch. Die Gründe hierfür sucht Autor Medvedev bei der höheren Anpassungsfähigkeit der Jugend, der höheren Bereitschaft sich ablenken zu lassen, was vom vorherrschenden Regime erschöpfend genutzt wird.
8. Die demokratischen Institutionen können, angesichts der engen Verbindungen zwischen Wirtschaft und Medien oder auch der Korruption nur begrenzte und sehr mangelhafte Arbeit leisten. Dennoch befindet sich die Demokratie, abgesehen von ihren Mängeln, im Übergang zu einem politischen Wert, welchen die Gesellschaft zu schätzen weiß, was der Härte des Übergangs die Brisanz nimmt.
9. Abgesehen von dem Gefühl der „historischen Erschöpfung“ beeinflusst das Auftreten des Volkes auch das einfache Gefühl der Erschöpfung, welches mit dem riesigen Druck und den Belastungen des Alltagslebens verbunden ist[11].
10. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung hinsichtlich der Machthabenden ist groß, doch sie bezieht sich in erster Linie auf deren Uneffektivität. Die Angst vor der Machtlosigkeit erklärt zum Teil das „Phänomen Jelzin“[12].

Die Mehrheit der Bevölkerung hat zwar durchaus nichts dagegen, ihre soziale Lage zu verbessern, jedoch ohne radikale Umgestaltung und Risiko. Dies wertet Medvedev als Sieg der sozial-demokratischen Ideologie.[13]

3.2. Aufsatzsammlung: „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“ (Согласование интересов и государственная политика Россий)

Die sieben Beiträge dieser Aufsatzsammlung[14] stammen von Wissenschaftlern, die bei einer Tagung mit dem Titel: „Modelle der Koordinierung sozialer Interessen und Russlands staatliche Politik“ teilgenommen haben. Thematisch werden hier Interessengruppen und ihre spezifischen Charakteristika, Modelle der politischen und sozialen Vertretung und Koordinierung von Interessen verschiedener sozietärer Gemeinsamkeiten behandelt.

3.2.1. „Neuer russischer Korporatismus: vom bürokratischen zum oligarchischen Korporatismus?“ von Sergej Petrovič Peregudov

Nach Peregudov ist der Hauptcharakterzug des Korporatismus die informelle Zusammenarbeit zwischen den einflussreichsten Interessengruppen und Trägern der Staatsmacht.[15]

Er beschreibt die Entwicklung der korporatistischen Modelle als die Ablösung des bürokratischen Korporatismus durch den oligarchischen Korporatismus, dessen Besonderheiten die Abwesenheit eines zentralisierendes Elementes sowie irgendwelcher koordinierter, die ganze Nation betreffender Ziele sind. Charakteristisch ist auch die Konzentration massiver Ressourcen in den Händen der Oligarchen. Hierbei ist die Korruption nicht nur Begleiterscheinung, sondern organischer Bestandteil, so auch die Ausnutzung verschiedener formalisierter Prozeduren durch staatliche wie oligarchische Geschäftsgruppen, die zur Erleichterung des Übergangs von der sozialistischen Staatswirtschaft zur kapitalistischen Marktwirtschaft bestimmt waren.[16]

Der Übergangscharakter der russischen Wirtschaft führt dazu, dass der russische oligarchische Korporatismus einen halbformellen Charakter erhält. Je weniger der Staat dabei fähig ist die nationalen Interessen zu schützen und die korporatistischen Gruppen zur konstruktiven Zusammenarbeit zu führen, desto größer die Gefahr. Den Grund der Unfähigkeit sieht Peregudov im Widerspruch, der sich aus dem Rückzug des Staates aus Wirtschaft und Gesellschaft ergibt, in welche er so tief eingedrungen war, gegenüber der Notwendigkeit der staatlichen Schutzfunktion, welche er nicht auszuüben bereit ist.[17]

3.2.2. „Die Formierung repräsentativer Versammlungen durch herrschende regionale Gruppen“ von Michail Nikolaevič Afanas’ev

In der Zusammensetzung der regionalen Parlamente sind, so Afanas’ev, die auffälligsten Merkmale, dass in fast allen regionalen gesetzgebenden Versammlungen Unternehmensvorstände dominieren und am wenigsten in den Versammlungen diejenigen vertreten sind, die nicht bereits Zugang zu Macht- und Geschäftsstrukturen haben. Die rechtliche Grundlage für dieses Missverhältnis ist die Einschränkung des Verbots über Vereinbarkeit des Abgeordnetensitzes mit unternehmerischer Tätigkeit, denn es gilt nur für Personen, die in Daueranstellung sind.[18]

Das Interesse, das hinter der Nachfrage für die Abgeordnetensitze in Geschäftskreisen steht, so deutet Afanas’ev, liegt darin, eigene geschäftliche Tätigkeiten in Bezug auf verwaltungspolitische sowie machtpolitische Maßnahmen abzusichern, aber auch darin, kriminelles Kapital zu legalisieren.

Die Herausbildung einer demokratischen Rechtsstaatlichkeit in Russland wird durch folgende Umstände erschwert: 1. die Verbindung der Tätigkeiten von Industriellen und repräsentativer Vertreter führt zur korporatistischen Union von Macht und Großkapital, 2. die Klienten-Oligarchen-Methode der Vereinnahmung von Repräsentanten der Macht reproduziert und festigt den bürokratischen und monopolistischen Charakter der russischen Wirtschaft, 3. die Institution des Doppelamtes lockt Geschäftseliten und verschließt den Zugang zur gesetzgebenden Versammlung für die Intelligencija und für Aktivisten gesellschaftlicher Vereinigungen und 4. durch die Besetzung der Abgeordnetenämter von Geschäftsleuten wird die Professionalisierung der Gesetzgebung verhindert. Hierin sieht der Autor aber auch die größte Chance der Verbesserungsmöglichkeit. Durch eine Gewährleistung der Professionalisierung der Abgeordnetenarbeit könnte der Interessenkonflikt verhindert werden.[19]

3.2.3. „Lobbyismus in Russland und Probleme seiner rechtlichen Regulierung“ von Vladimir Anatolevič Lepechin

Lepechin definiert den Begriff „Lobbyismus“ als Druck auf die Macht, auf Leute, die Entscheidungen treffen, von Seiten verschiedenartiger Gruppen. Es ist nicht nur die Artikulierung von Interessen der einen oder anderen Gruppe innerhalb von Machtstrukturen, sondern der Prozess der Formulierung von Interessen formaler Macht in Übereinstimmung mit denen der tatsächlichen Macht. Lobbyismus gibt es überall, der Unterschied zwischen den verschiedenen Typen besteht darin wie weit er geht, wie vielfältig die Personen und Wege des Drucks und des Einflusses ausgebildet sind.[20]

Lepechin bedauert, dass die Duma mit der Annahme des Gesetzes „Zur Regulierung lobbyistischer Tätigkeiten“ keine Eile zu haben scheint. Einer der Gründe hierfür könnte in der Erfahrung bestehen, die man mit einem Antikorruptionsgesetz gemacht hat, das mehr Schaden anrichtete, als es verhindern konnte. Die Korruption zu minimieren ist aber nur möglich über die Etablierung eines öffentlichen Bewusstseins und durch rechtliche Bedingungen, die es ermöglichen die Wechselwirkungen zwischen Lobbyisten und Amtspersonen transparenter zu machen. Der Bedarf für die Einrichtung von Beziehungen zur Macht auf rechtlicher Grundlage ist vorhanden.

Gegenstand des Gesetzentwurfs sind, so Lepechin, vor allem die Methoden der Erschaffung von lobbyistischen Strukturen, ihre Registrierung und Rechenschaftslegung vor den Machtorganen. Das Gesetz findet lediglich bei denjenigen lobbyistischen Vereinigungen Anwendung, die auf vorgeschriebene Weise eine Lizenz erhalten haben um lobbyistische Tätigkeit auszuführen. Personen, die Staatsämter bekleiden und Staatsbediensteten ist eine offizielle lobbyistische Tätigkeit über das Eintreten für die Interessen ihrer Wähler hinaus nicht gestattet. Angedacht ist im Gesetz auch eine regelmäßige Rechenschaftslegung der lobbyistischen Vereinigungen vor dem Staat und vor ihren Klienten, sowie in Bezug auf die Ziele der Lobby und dem Umfang des Umsatzes.

Nach zwei vergeblichen Versuchen, das Gesetz in der Duma zur Verabschiedung zu bringen, wurde die Duma im März 1998 erneut aufgefordert, die Prüfung des Gesetzesprojektes auf die Tagesordnung der Plenarsitzung zu setzen.

Ferner schreibt Lepechin, dass nach Einführung des Gesetzes, sofern eine bedeutendere Anzahl offizieller Lobbyisten registriert würde, innerhalb eines speziellen Berufsverbandes ein ethischer „Lobbyisten-Kodex“[21] ausgearbeitet werden sollte, ein Dokument mit dem Charakter einer inneren Dienstvorschrift. Gewerkschaften, nationale gesellschaftliche Vereinigungen, Handelsverbände sind an der Einführung des Gesetzes und an der staatlichen Regulierung des Lobbyismus interessiert. Gegen dieses Gesetz sind diejenigen, die ihre Beziehungen zu Lobbyisten oder zum Staat lieber auf die alte, geschlossene Art errichten.[22]

3.2.4. „Staat und Business im postkommunistischen Russland: das zyklische Wesen der Beziehungen und Aussichten ihrer Institutionalisierung“ von Alexej Jurevič Sudin

Sudin beschreibt das „zyklische“ Modell der Wechselbeziehungen des Staates mit der Wirtschaft in Russland und seine Formen, wie Patronage, Oligarchie, Konflikt, das bereits seine Geschichte und Gesetzmäßigkeiten hat. Beim Wandel der Patronage-Klienten-Beziehungen bestimmt Sudin drei grundlegende Transformationsrichtungen. An erster Stelle verwandeln sich die Klienten der Macht in Druckgruppen, weil sie aufgrund des demokratischen Umfeldes jederzeit auch der Kontrolle durch die Macht entschwinden können. Weiterhin werden die ehemaligen Klienten Teil des oligarchischen Machtsystems, wobei der hierarchische Aufbau fast gänzlich verschwindet. Schließlich verwandelt sich die oligarchische Form der Beziehungen in eine Konfliktform. Das Einwirken eines demokratischen Umfeldes übt Druck auf undemokratische Wechselbeziehungen aus, wobei die Verlierer-Partei legale Möglichkeiten erhält, die Verhältnisse zu eigenen Gunsten zu verbessern.[23]

Im Übergang der einen privilegierenden Beziehungen zu anderen trat aus dem Gegenstand ehemaliger Patronage, so Sudin, die Vereinigung der Oligarchen mit einer Auswahl von „Sieben“ Mächtigen der Business-Struktur hervor. Analog entwickelten sich auch die Konfliktformen der Wechselbeziehungen. Es blieb das Potential, den Konflikt in den politischen Raum auszuweiten, ebenso wie der Verlauf des Konflikts in nicht institutionellen oder kaum institutionellen Formen. Die Effektivität der im Konflikt verwerteten politischen Ressourcen erhöht sich seit der Vereinnahmung des „Informationsimperiums“, während sich die Positionierung des Konflikts im politischen Umfeld verändert hat. Frühere Kämpfe des Staates mit Druckgruppen des Business hatten im Wesentlichen die Form des Konflikts zwischen neuen und alten Eliten, heute gehen die Konflikte in die neuen Eliten über, was zusätzlich destabilisiert.

Die zentrale Rolle der Vereinigungen und Assoziationen der Unternehmer nennt Sudin als ein Modell der Institutionalisierung der Wechselbeziehungen des Staates und des Business auf einer zivilen, rechtlichen Ebene. Allerdings sind die Interessen der Business-Strukturen zu vielfältig, wodurch eine operative Herangehensweise effektiver erscheint als die bürokratische. Zusätzlich birgt es die Gefahr von „Zwangs-Syndikalisierung“ der Strukturen der ungeklärten „Übergangs“-Ökonomie. Zudem stellt die Globalisierung der ökonomischen Verbindungen Anforderungen, wo eine enge Bindung an Assoziationen nicht optimal ist.

Zivilisierte Beziehungen bedeutender Business-Strukturen mit dem Staat, ohne Beteiligung von Assoziationen sind absolut möglich, dank der Einschaltung innerer Dienste und unabhängiger Agenturen als eine natürliche Ergänzung und Konkurrenz zu Assoziationen.

Das „Zwei-Sektoren-System“, lange als spezifisch nationales Attribut des amerikanischen Modells angesehen, bietet „die institutionelle Flexibilität“ als wichtigste strategische Ressource.

Sudin benennt zwei Typen institutionalisierter Zusammenarbeit des Staates mit dem Business über Assoziationen seit der Zeit der ökonomischen Reform 1992: die „Arbeitsweise der Konsultationen“, wo es um binnenwirtschaftliche Beziehungen geht, und die „Arbeitsweise der Delegierung“, die sich nach dem Wertpapiermarkt richtet.

Nach dem Verschwinden alter Strukturen und der Änderung allgemeiner Regeln der Zusammenarbeit des Staates mit Wirtschaftsobjekten, welche öffentlich und streitbar waren, tauchten Vermittler auf, die z.B. in Form von Assoziationen oder Agenturen, die Zusammenfassung gemeinsamer Interessen politischer und wirtschaftlicher Akteure gewährleisteten. Im Unterschied zu den Patronage- oder Oligarchenbeziehungen nehmen diese schon an modernen, nicht traditionellen Formen der Wechselbeziehungen teil, die an ökonomische und soziale Ansprüche „ausgereifter“ Marktsysteme adaptiert sind.

Der Übergang zur Partnerschaft zwischen den Assoziationen und Agenturen als „Zwei-Sektoren“-System setzt voraus, dass die Vertretung der Interessen, die von sozialer Bedeutung vom Staat anerkannt sind, mit offizieller Befugnis ausgestattet ist. Hierin erkennt Sudin mögliche Lösungsansätze:

1. sie gewährleistet eine moderne, mit den Ressourcen der Flexibilität versetzte Form der institutionellen Wechselbeziehung;
2. sie verleiht dieser Zusammenarbeit eine echte soziale Basis;
3. das „Zwei-Sektoren-System“ kann den sozialen Pluralismus im russischen Business bewahren, was in bemerkenswertem Ausmaß einen entstehenden russischen Typus der Bürgergesellschaft festzustellen erlaubt;
4. die modernen Formen der Institutionalisierung werden die Vereinigung der Potenziale zweier grundlegender Vertreter der heutigen russischen Modernisierung, des Staates und der Mehrheit des Business, fördern.[24]

3.2.5. „Die Perspektiven der sozialen Partnerschaft in Russland und die Erfahrung des Westens“ von Irina Stanislawowna Semenenko

Semenenko betrachtet die Offenlegung der Gruppeninteressen und ihre Koordinierung als Grundlage des Funktionierens einer demokratischen Gesellschaft. [25] Im Westen nennt man es den Mechanismus der Interessenkoordination, dessen oberstes Ziel die Gewährleistung von Wegen der Wechselwirkung von Regierung und Bürgergesellschaft zur Aufrechterhaltung des sozialen Konsenses ist. Dort ist die Position der sozialen Partnerschaft im allgemeinen System der funktionellen Repräsentation im Ganzen äußerst zurückhaltend. Die Opposition im Bereich der Arbeitsbeziehungen ist gering und es werden zahlreiche alternative Kanäle der Interessenvertretung, durch die so genannten politischen Vereinigungen genutzt. Institutionalisierte Mechanismen der sozialen Partnerschaft funktionieren in den kleinen europäischen Ländern, in den führenden europäischen Ländern laufen die Institute der Interessenkoordination dagegen nicht reibungslos. Stattdessen arbeiten die Mechanismen der sozialen Partnerschaft durch die Vertretung von Interessengruppen im ökonomischen und sozialen Komitee der EU. In entwickelten Demokratien und auf übernationaler Ebene überwiegen Prozesse nichtformeller Interessenkoordination über ihren institutionalisierten Formen.

In Russland wurden in der Post-Perestroika-Periode die meisten Varianten der sozialen Stabilisierung in Anlehnung an den Westen ausprobiert. Allerdings bildete sich zu dieser Zeit, so Semenenko, im Zuge einer ökonomischen Reform ein korporativ-oligarchisches Macht- und Steuerungssystem heraus, in welchem soziale Schichtung unter Abwesenheit einer deutlichen Kristallisierung von Interessengruppen keine effektive Nutzung der Mechanismen von Interessenkoordinierung auf der föderalen Ebene ermöglichte. Der Bedarf, Vereinbarungen im Rahmen sozialpartnerschaftlicher Mechanismen zu erreichen ist sowohl auf der realen Konfliktebene als auch im Streben nach „Konsenskultur“ vorhanden. In Russland ist aber aufgrund der Abwesenheit einer solchen Konsenskultur eine soziale Konsolidierung eher auf der mittleren Ebene der selbständigen Zweige, möglich. Weder auf der Mikro- noch auf der Makroebene besteht ein wirkliches Interesse an der Institutionalisierung von Instituten der Interessenkoordination.[26]

3.2.6. „Besonderheiten des Mechanismus bei der Annahme von staatlichen Beschlüssen in Russland: soziokulturelle und psychologische Parameter“ von Aleksandr Ivanovič Solovëv

Solovëv geht davon aus, dass die Bedeutung soziokultureller und psychologischer Faktoren bei der Annahme von Beschlüssen nicht nur ihre Fähigkeit bedingen, den Charakter der Situations- und Organisationsmöglichkeiten der Steuerungssysteme zu bestimmen, sondern auch deren Ergänzung und Ausgleich durch informelle Mechanismen wie eigene Schattenformen der Macht und so genannte verwaltungspolitische Beziehungen. [27]

Nach Ansicht des Autors verfügen die Stereotype der staatlichen Bürokratie den größten Einfluss auf die politische Zielsetzung und Realisierung der Entschlüsse. Die Staatsbürokratie verkompliziert die Steuerungssysteme, vernachlässigt die Kontrolle der Annahme von Beschlüssen nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch bei politisch Tätigen. Sie korrigiert nicht nur, sondern verändert die Prioritäten der Führung.

Auch wenn die Staatsbürokratie nicht als homogen einzustufen ist, so sind die häufigsten gemeinsamen Besonderheiten ihres soziokulturellen Charakters das Reproduzieren einer Reihe negativer Parameter . Aus der Motivation der Beamtenschaft sind Ideale und Prinzipien des nationalen Charakters, verbunden mit dem Andenken der staatlichen Würde, des Stolzes und der Ehre im Wesen beseitigt. Stattdessen demonstriert die Beamtenschaft offen die Fähigkeit jedem beliebigen Regime zu dienen, unabhängig von dessen politischer Orientierung.

Die Wert- und Bedeutungsumwandlungen der kulturellen Mentalität der Beamtenschaft werden durch einen spezifischen Funktional- und Rollenmechanismus vervollständigt, der direkt deren Verständnis und Interpretation der Ziele der staatlichen Politik beeinflusst. Hierbei stechen die Erhaltung von Stereotypen der kommunistischen Nomenklatura, die das Wesen der Führung als Errichtung persönlicher Kontrolle über die Prozesse verstanden, die Einstellung zu den Bürgern, in welcher Beamte in der Qualität einer Vertretung des Staates dienen sollen, und nicht zuletzt die Neigung zur offenen Manipulation von Informationen hervor. Darüber hinaus bemerkenswert, schreibt Solovëv, ist

„das Ersetzen grundlegender Dienst- und Korporationsorientierungen beruflicher Tätigkeiten mit den Zielen des Erlangens von Gewinnen aus der Ausbeutung der Arbeitsstellen“[28].

Für die Annahme staatlicher Beschlüsse werden unter Koordinierung der Interessen die Gruppenabsprachen der administrativ-elitären Kreise entscheidend, bei genossenschaftlicher Organisation von Interessen die Absprachen klientären Typs sowie die Priorität personeller Loyalität vor dem Interesse an der Sache. Am Ende ruiniert, nach Ansicht des Autors, eine solche Art der kultur-ethischen Einstellung und des Arbeitsstandards die Gesetzlichkeit und Rechenschaftspflicht im Staat, wobei die Formierung korporatistisch-oligarchischer Einflusszentren im Machtsystem gefördert wird. Der eigentümliche „Vorteil“ dieser Verfahrensweise ist die Möglichkeit der unbürokratischen Abstimmung von Gruppeninteressen, wodurch ein relativer Konsens der verschiedenen Gruppen der verwaltungspolitischen Elite erreicht wird. Andererseits vertieft sich die Spaltung zwischen Macht und Gesellschaft.

Die kulturellen Stereotypen erhalten Rückhalt institutioneller Art sowie von der herrschenden Klasse insgesamt und sind dadurch schwer zu bekämpfen. Zudem stehen die kulturellen Normen der Bürokratie nur für die Spitze einer einzigartigen mentalen Struktur in der Gesellschaft, dem Syndrom des durchschnittlichen Russen, der nicht nach dem Gesetz lebt, sondern nach der Wahrheit. So verurteilt die Mehrheit der Bevölkerung nicht, sondern beneidet die Leute, die plötzlich an die Neuverteilung der Macht geraten sind.

Solovëv zieht den Schluss, dass die etablierte mentale Reaktion auf den Reformprozess und auf Bedingungen professioneller Beamtentätigkeit sich nur im Prozess eines radikalen Austauschs des institutionellen Umfeldes überwinden lässt, unter Einbezug eines neuen Typs von Machtbeziehungen, eines Generationenwechsels sowie der qualitativen Zusammensetzung des Führungspersonals und der Formel

„institutionelle Veränderung plus Rationalisierung und Verstärkung der Maßnahmen in der Ausbildung der Ethik des Führungspersonals“[29].[30]

3.2.7. „Wahlbedingungen und Probleme der politischen Vertretung“ von Sergej Jevgen’evič Saslavskij

Wahlsysteme kommen nicht ohne Bedingungseinschränkungen aus, schreibt Saslavskij, aber er räumt ein, dass in Russland das Problem besteht, dass die Wahlbedingungen der RF auf föderativer Ebene nicht unbedingt mit denen auf regionaler Ebene übereinstimmen. [31] Mit Errichtung der RF wurden vom föderalen Gesetz abweichende Bedingungspraktiken in einigen Regionen und Gebieten eingeführt, die zu ungerechten Wahlvoraussetzungen geführt haben. So z.B. in Bezug auf das Mindestalter zur Berechtigung zum passiven Wahlrecht, die Sesshaftigkeit, die Sprache oder den Geburtsort. Diese mussten von Seiten der Föderation ausgemacht werden und auf dem Justizweg behoben werden. Seitdem lässt sich ein tendenzieller Anstieg der potentiellen Kandidaten vermerken, so der Autor, was dem Wettbewerbsansatz in den Wahlverfahren zuträglich ist.[32]

4. Verhältnisse und Bedingungen für die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in Russland

Das Bild, das im vorangegangenen Kapitel durch russische Wissenschaftler in Bezug auf die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in Russland gezeichnet wurde, ergibt eine vielschichtige Selbstwahrnehmung mit unterschiedlichen Wertungen, die dennoch in einigen Punkten Gemeinsamkeiten aufweist.

Es treffen in den unterschiedlichen Beiträgen der russischen Wissenschaftler und wie später zu sehen sein wird, auch in nichtrussischen wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Thema, zwei Faktoren aufeinander, die sich in Bezug auf die Probleme der Transformation als wesentlich herauskristallisieren: das sind einerseits die soziokulturellen Parameter in den Wertvorstellungen der Bevölkerung der Russischen Föderation und andererseits die staatliche Strukturschwäche.

Medvedev bringt zur Beweisführung, dass von der russischen Bevölkerung ausgehend derzeit keine revolutionäre Tendenzen zu erwarten seien, das spezielle Verhältnis zwischen den staatlichen Machtstrukturen und dem Volk an, das durch traditionelle Verhaltensmuster geprägt ist. Die Ansätze von demokratischen Funktionen des Staates reichen offenbar aus, um im nationalen Bewusstsein das Element der Fortschrittlichkeit einzubetten.

In der Sammlung wissenschaftlicher Beiträge zum Thema der Interessenkoordinierung und der staatlichen Politik Russlands werden deutlich erweiterte, abgesicherte demokratische Institutionen gefordert, um die traditionellen Verhaltensmuster in den Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft aufzubrechen. Dennoch klingen auch hier an einigen Stellen wehmütige Töne in Bezug auf die Möglichkeiten an, welche traditionelle, informelle Beziehungen bieten können.

4.1. Russische Selbstwahrnehmungen bei Medvedevs „Volk und Macht“ und bei den Autoren der Aufsatzsammlung „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“

In die soziokulturellen Muster bezüglich der ethischen Normen der Völker der RF spielen mehrere Faktoren hinein, wobei die geschichtliche Entwicklung der auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion lebenden Völker wesentlich ist. Das starke Abweichen der Entwicklung der russischen Geschichte von der Entwicklung im westlichen Europa machen es nun für viele Bereiche schwierig, im Westen bewährte Formen sozialer, politischer und ökonomischer Institutionen und Systeme auf russische staatliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen zu überführen. Die wesentlichste Besonderheit der Gesellschaftsentwicklung in der russischen Geschichte, die von Seiten verschiedenster Wissenschaftler ausgemacht wurde, ist die Abwesenheit einer Zivilgesellschaft, in welcher, wie z. B. im Rahmen der Aufsatzsammlung die Historikerin Irina Semenenko angesprochen hat, eine „Kultur des Konsenses“[33] herrscht. Der Historiker Peregudov bescheinigt der russischen Gesellschaft gar eine Krankheit.

„Der Rückzug des Staates aus Wirtschaft und Gesellschaft, in welche er so tief eingedrungen war, hat deren krankhaften Charakter enthüllt“[34].

Damit spricht er womöglich das Problem an, das auch der Politikwissenschaftler Solovëv in seinem Beitrag herausarbeitet, dass die „kulturellen Normen der Bürokratie nur die Spitze einer einzigartigen mentalen Struktur in der Gesellschaft sind“, die das „Syndrom des durchschnittlichen Russen, der nicht nach dem Gesetz, sondern nach der Wahrheit lebt“[35] aufweist.

Bei dem Aufsatz des Soziologen und Historiker Roi Medvedev, in welchem er die politische Passivität der Russen untersucht, werden zum einen die Schicksalsergebenheit des russischen Volkes angeführt oder wie er Gorbačev zitiert „der goldene Schatz des Landes – das Erdulden der Menschen“[36], das ganz offensichtlich darin zum Ausdruck kommt, dass die Ansätze von Demokratie, die in russischen staatlichen Institutionen Einzug gehalten haben, als ausreichend empfunden werden. Darüber hinaus führt er eine „Krise der Werte“ an, in welcher keine Verbindung vorrevolutionärer Werte[37] mit den Werten einer gegenwärtigen demokratischen Gesellschaft[38] besteht. Der gezielte Einsatz wirtschaftlicher und sozialer Kompensatoren von Seiten des Staates, wie der Gewährleistung der wirtschaftlichen Grundversorgung, Förderung der privaten Gartenwirtschaft, Förderung der Emigration, Privilegierung der Großstädte[39], um soziale Spannungen zu vermeiden, belegt zudem den Unwillen der politischen Führung, die staatliche Strukturschwäche zu überwinden, um der Zivilbevölkerung eine bürgerschaftliche Beteiligung zu gewährleisten und deren Rechte zu sichern. Hier wird ein Mechanismus der Machtreproduktion offenbar, der ebenfalls nicht mit einer demokratischen Staatsauffassung übereinstimmt.

In den Beiträgen der Aufsatzsammlung ist ebenfalls dieser Punkt auffällig. Es erscheint eine Übereinstimmung darüber zu herrschen, dass eine Institutionalisierung der Wechselbeziehungen zwischen Staat und Gesellschaft bzw. zwischen Staat und Wirtschaft auf rechtlicher Basis zu erfolgen hat, um allen Teilen der Gesellschaft einerseits Rechtssicherheit und andererseits die Möglichkeit der Mitwirkung zu gewährleisten.

So beschreibt der Historiker Peregudov in seinem Aufsatz über den neuen russischen Korporatismus, dass

„der Übergangscharakter der russischen Wirtschaft dazu führt, dass der russische oligarchische Korporatismus einen halbformellen Charakter erhält.“[40]

Er schlussfolgert, dass

„diese Prozeduren und Verfahren nicht an sich schlecht sind, aber die Gefahr in den Umständen liegt, vor allem im Ausmaß, in welchem der Staat unfähig ist die allgemeinnationalen Interessen zu schützen und die korporatistischen Gruppen zur konstruktiven Zusammenarbeit zu führen.“[41]

Als Grund für diese Unfähigkeit, sieht der Autor den

„Rückzug des Staates aus Wirtschaft und Gesellschaft, in welche er so tief eingedrungen war.“[42]

Damit fordert er indirekt eine staatliche Regulierung der Wirtschaftsbeziehungen zugunsten derjenigen Wirtschaftsteilnehmer, die nicht „oligarchische korporatistische Systeme“ eingebunden sind.

Auch der Soziologe Afanas’ev fordert in seinem Beitrag über die Formierung regionaler Parlamente vom Staat gesetzliche Maßnahmen, um den „professionellen Charakter der Abgeordneten zu sichern“, da „durch die Besetzung der Abgeordnetenämter von Geschäftsleuten die Professionalisierung der Gesetzgebung verhindert wird“[43]. Er spricht hier den Interessenkonflikt der „Unternehmer-Abgeordneten“ in Bezug auf ihre geschäftlichen Interessen und gesellschaftlichen Interessen an.[44]

Lepechin berichtet im Anschluss von der Schwierigkeit der Einführung eines Gesetzes zur Regulierung des Lobbyismus. Er vertritt überzeugt die Notwendigkeit der Einführung dieses Gesetzes, wodurch die professionelle Interessenvertretung eine rechtliche Basis erhält und ihr gesetzliche Regeln auferlegt werden, denn

„es ist nötig der Öffentlichkeit, und noch mehr den Firmen und Unternehmen eine andere, offene und zivilisierte Form der Beziehung zur Macht zu verordnen und genau dort parallel einen Kanal des Einflusses auf staatliche Organe zu installieren“[45].

Doch zusätzlich hält er die Formulierung eines „Lobbyisten-Kodexes, (…) einem Dokument mit dem Charakter einer inneren Dienstvorschrift“[46] für notwendig,

Im Beitrag des Politologen Sudin, der die Formen der Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft und deren Institutionalisierung behandelt, wird deutlich, dass auch hierbei der Staat als Instanz gefordert ist, welche die Notwendigkeit von vermittelnden Institutionen erkennt und aktiv fördert. Konkret meint er die Institutionalisierung des „Zwei-Sektoren-Systems“ von den zwei sich ergänzenden Vermittler-Sektoren, den Agenturen und Assoziationen.

„der Übergang zur Partnerschaft von Staat und Wirtschaft, die auf flexiblen Formen der Beziehung gründet, setzt voraus, dass die Vertretung der Interessen, die von sozialer Bedeutung vom Staat anerkannt sind, mit offizieller Befugnis ausgestattet ist“[47]

Die Historikerin Irina Semenenko dagegen meint in ihrem Aufsatz über die Perspektiven der sozialen Partnerschaft in Russland, dass die Imitation von westlichen Modellen zu Interessenkonflikten führt, insbesondere

„zu einer Zeit in der die russische Wirtschaft sich im Zuge einer ökonomischen Reform in ein korporativ-oligarchisches Macht- und Steuerungssystem herausbildet, wo soziale Schichtung unter Abwesenheit einer deutlichen Kristallisierung von Interessengruppen keine effektive Nutzung der Mechanismen von Interessenkoordinierung auf der föderalen Ebene ermöglicht und zwar als Instrument der Stabilisierung der Gesellschaft.“[48]

Ebenso wie in anderen Bereichen der Gesellschaft, sieht Semenenko auch im

„Rahmen sozialpartnerschaftlicher Mechanismen Bedarf, Vereinbarungen zu erreichen (…)auf der realen Konfliktebene und im Vorhandensein einer Konsenskultur“. (…) „In Russland ist aufgrund der Abwesenheit einer solchen Konsenskultur eine soziale Konsolidierung auf der Ebene selbständiger Zweige möglich“[49], (…) auf einer „mittleren Ebene“, wo „das Funktionieren der sozialpartnerschaftlichen Strukturen mehr Perspektive hat“.[50]

Solovëv, ein Politikwissenschaftler untersucht in seinem Beitrag die soziokulturellen Muster bei der Annahme staatlicher Beschlüsse durch die Beamtenschaft, die nach seiner Ansicht eine entscheidende Rolle spielen in Bezug auf

„einen spezifischen Funktional- und Rollenmechanismus, der direkt deren Verständnis und Interpretation der Ziele der staatlichen Politik beeinflusst“.[51]

Um dies zu überwinden, ist es notwendig „einen neuen Typ der Organisation von Machtbeziehungen“ zu formieren, einen Prozess „gebunden an Wechsel und Generation, sowie an die qualitative Zusammensetzung des Führungspersonals“ in Gang zu setzen sowie „gesetzgeberischer Beschränkungen auf ethisch unzulässige Handlungen von Seiten der Mitarbeiter im Macht- und Führungsapparat“ einzuführen, „Kontrollen über Quellen ihrer Einnahmen“ zu verstärken, „die Amtspflichten streng zu hierarchisieren“, „die Wachsamkeit auf das Vermehren von Kompetenzen“[52] zu richten.

Allein Saslavskij, ebenfalls Politikwissenschaftler lässt in seinem letzten Beitrag der Aufsatzsammlung erkennen, dass das Funktionieren staatlicher Institutionen auf rechtlicher Basis eine gewisse Vorlaufzeit zur Ausräumung von Unregelmäßigkeiten und Abweichungen vom Gesetz benötigt. In Bezug auf die Probleme bei der Umsetzung der Föderalen Wahlgesetze berichtet er, dass

„vom föderalen Gesetz abweichende Bedingungspraktiken in einigen Regionen und Gebieten eingeführt wurden, die zu ungerechten Wahlvoraussetzungen geführt haben. (…) „Diese mussten von Seiten der Föderation ausgemacht werden und auf dem Justizweg behoben werden.“ (…) „Seitdem lässt sich ein tendenzieller Anstieg der potentiellen Kandidaten vermerken, was dem Wettbewerbsansatz in den Wahlverfahren zuträglich ist“.[53]

Ebenso bemerkenswert scheint, dass auch der besondere Vorzug der nicht institutionalisierten Beziehungen angesprochen wird. Dass Informalität der Beziehungen die Möglichkeit individueller Lösungen bedeutet und damit flexiblere Vorgehensweisen im Transformationsprozess bietet, mag unter besonderen Umständen vorteilhaft sein, aber in der Regel resultieren daraus Probleme, wie Korruption und Verflechtung von Administration und Wirtschaft, wobei letztendlich in die Regel die Interessen der Gesellschaft zu kurz kommen.

So schreibt Peregudov, dass im oligarchischen Korporatismus „die Verfahrensweisen nicht an sich schlecht sind“, aber eben die „Gefahr darin besteht“, inwieweit der Staat fähig ist „allgemeinnationale Interessen zu schützen“[54]. Auch Solovëv führt an, dass aus der Eigenständigkeit der Bürokratie „eigentümliche Vorteile“ entstehen, nämlich die „Möglichkeit der unbürokratischen Abstimmung von Gruppeninteressen“, woraus ein „relativer Konsens der verschiedenen Gruppen der verwaltungspolitischen Elite“ erfolgt. Doch er weist auch auf die Gefahr der Vertiefung der „Spaltung zwischen Macht und Gesellschaft“[55] hin.

Die anderen Autoren stellen dagegen, wie oben beschrieben, klare Forderungen nach staatlicher Regulierung in Form von rechtlichen Grundlagen, weisen wie Irina Semenenko auf Wege der gesellschaftlichen Einflussnahme hin oder begegnen diesem Anhaften an den vermeintlichen Vorteilen der Informalität mit anderen Modellen, die wie bei Sudin in Form des „Zwei-Sektoren-Systems“ eine „institutionelle Flexibilität“ auf geregelter Basis bieten.

4.2. Äußere Einschätzungen

Die Positionen, wie sie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurden, finden sich so oder ähnlich auch bei Autoren, die nicht in Russland publiziert haben.

Es wird deutlich, dass es sich bei den Problemen, die Russland auf seinem Weg zu einem demokratischen Staat zu bewältigen hat, nicht um einzelne wichtige Punkte handelt, die nacheinander abgearbeitet werden könnten, sondern sozusagen um einen Komplex von Problemen, die vielschichtig miteinander verbunden sind und sich entsprechend gegenseitig bedingen.

In vielen Aufsätzen, die unser Thema behandeln, erhält man den Eindruck, dass Russland all seine Probleme überwinden könnte, wenn eine bestimmte Aufgabe bearbeitet würde. So kommt es auch, dass Themen, wie z. B. die Diskussion über die Nationale Identität, die Russische Mafia oder den Bedeutungsverlust in der Weltpolitik einen solch hohen Stellenwert erhalten. Sie geben jedoch nur einen kleinen Ausschnitt des Problemkomplexes wieder, der sich dennoch im Wesentlichen um zwei Faktoren bewegt. Es geht um die soziokulturellen Parameter im russischen Alltag und die staatlichen Strukturschwächen im Zusammenhang mit dem Unwillen der politischen Führung von der traditionellen Form der Machtreproduktion Abstand zu nehmen. Dass viele, auch die genannten Einzelfaktoren sich darunter fassen lassen können, soll durch die Einbeziehung von Standpunkten in nichtrussischen Publikationen zusätzlich gezeigt werden.

4.2.1. Staatliche Strukturschwäche

Russland erfüllt mit seiner Staatsordnung die Minimalkriterien einer demokratischen Ordnung: Verfassung, Präsident, Parlament, Organe von Exekutive und Legislative, Volkswahlen, Meinungsfreiheit und Medienvielfalt.[56] Als Teilnehmer des Abkommens über Partnerschaft und Kooperation mit der EU seit 1997 ist Russland in ein mehrstufiges System gemeinsamer Entscheidungs- und Arbeitsgremien eingebunden. So hat die EU einen gewissen Einfluss auf Strukturanpassungen in Russland, auch durch Drängen auf Angleichung von Rechtsvorschriften an europäische Normen. Ebenso trägt Russlands Beitritt zum Europarat (1996) dazu bei, dass wichtige Elemente europäischer Politik in die russische Gesetzgebung Eingang finden.[57] Dies sind wichtige Grundfaktoren einer demokratischen Entwicklung, aber eben auch nur das Fundament.

So drängt sich dem Beobachter der politischen Entwicklung augenfällig das Problem des „Superpräsidentialismus“ auf. In dieser Staatsform vereinen sich Elemente von Oligarchie, Autokratie und Demokratie.[58] Die politischen Entscheidungsmechanismen und die sie bedienenden Personen agieren praktisch ohne parlamentarische oder öffentliche Kontrolle.[59] Der Kern der Macht ist die personalisierte Führung, wobei sich die Macht auf dem Weg der Selbstgestaltung und autonomen Weitergabe von Macht entwickelt. Systemelemente, die für die Herrschaft in Russland über Jahrhunderte hin typisch waren sind im Gefolgschaftselement (Machtreproduktion innerhalb der „Familie“), Mobilisierungselement (erkennbare Rolle der bewaffneten Organe), im bürokratischen Element und im ideokratischen Element bewahrt.[60]

In der Verfassung festgelegte demokratische Verfahren werden von dem Präsidenten umgangen.[61] Verschiedene, nicht in der Verfassung vorgesehene „inoffizielle“ Gremien teilen sich die Macht mit den in der Verfassung vorgesehenen „offiziellen“ Organen der vollziehenden Gewalt. Die zahlreichen inoffiziellen Gremien widersprechen aber dem Gebot der demokratischen Transparenz und wirken damit der wünschenswerten Konzentration politischer Verantwortlichkeit bei den gewählten Amtsträgern entgegen. (System mit geringem Grad an Institutionalisierung)[62] Die Herrschaft im Zentrum sowie in den Regionen liegt in Händen von gesellschaftlich unkontrollierbaren Clans. So ist

„die Durchsetzung und Konsolidierung demokratischer Systeme ist nicht durch die Verlierer der Transformation (...) gefährdet, sondern durch die „Gewinner“, die den Wandel nur so weit vorantreiben, als ihre eigenen Interessen es erfordern“.[63]

Die Schwächephase des russischen Staates ist dadurch gekennzeichnet, dass der Staat nicht in der Lage ist Rahmenbedingungen für Marktwirtschaft und ökonomisches Wachstum zu schaffen sowie die Integrität der RF zu sichern. Die Degeneration der Eliten zeigt sich in Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Gemeinwesen und ungezügelter Selbstsucht.[64]

Die Wirtschaftsordnung stellt sich als eine Mischform aus marktwirtschaftlichen und staatswirtschaftlich-kriminellen Elementen dar. Ein neuer Korporatismus der Bürokraten und Wirtschaftsbosse verhindert die Entfaltung von Wettbewerb.[65]

Ähnlich der Beschreibung von Solovëv[66], benennt Knabe den bemerkenswerten Einfluss der russischen Bürokratie auf die Staatspolitik und weist darüber hinaus auf deren kriminellen Charakter hin. Die „reale Macht gehört dem Verwaltungsapparat, (...) der neuen Korporation mafiosen Typs“, die „den Gang der Reformen kontrolliert“, (...).[67] Die Aktivitäten der Regierung und Parlament sind als Funktionen der Interessenpolitik dieser spezifischen Mafia zu verstehen. Zurzeit gibt es „kaum Chancen für demokratische Prozeduren der Rekrutierung der politisch-administrativen Elite“.[68] Das Problem der mafiosen Strukturen in Russland ist ein zweigeteiltes. Es spiegelt sich einerseits in der Alltagskorruption und andererseits in der traditionellen Verflechtung von Administration, Kontrollorganen und Schattenwirtschaft.

Der Begriff Korruption steht für „bewussten Missbrauch öffentlicher Macht und /oder öffentlicher Ressourcen zum persönlichen Vorteil“[69]. In Russland beinhaltet er auch eine Beziehung gegenseitigen Vertrauens und eine grundsätzliche Korrumpierbarkeit vieler Staatsbeamter. Wesentlich ist nicht die Summe einzelner Bestechungsakte, sondern ein Organisationsprinzip innerhalb einer Gesellschaft, auch blat[70] genannt.[71] Der russische Geheimdienst, schon zu Sowjetzeiten Kontrollinstanz für Geschäfte der Schattenwirtschaft und des Schwarzmarkts, bleibt auch heute gegenüber Wirtschaftsaktivitäten wachsam. Es gibt Hinweise auf Beseitigungen von Paten mit zu großem Einfluss. Aber auch geringe Freiräume bei unternehmerischen Aktivitäten seitens der Bürokratie sowie die fortbestehende quantitative Stärke der Geheimdienst-Mitarbeiter geben Anlass zur Spekulation, dass Kriminelle nicht losgelöst von russischen Machtstrukturen handeln können. Eine kontrollierte kriminalisierte Wirtschaft wird einem wirklich freien Markt vorgezogen, da auf diese Weise Privilegien, Monopole und Besitzstände der Elite erhalten werden können.[72]

4.2.2. Soziokulturelle Parameter in der Wertvorstellung und im Verhalten der russischen Gesellschaft

Aus der Wahrnehmung der in 4.2.1. dargelegten Verhältnisse ergibt sich in der Bevölkerung ein wachsender Wunsch nach Ordnung durch effektive und aktive Machtstrukturen. So beschreiben der Philosoph Krasin und der Historiker Galkin ein Wertesystem mit folgenden Kernbegriffen: 1. Sicherheit, als Schutz vor Kriminalität, vor der Willkür der Bürokraten, vor illegal bewaffneten Gruppen und Nationalitätenkonflikten, 2. Gesetzlichkeit zur Sicherung von Einhaltung und Geltung juristischer Entscheidungen, 3. Stärke, aufgrund eines Gefühls der Verletzung der nationalen Würde und 4. Werttraditionalismus, in welchem die Achtung vor der Arbeit, die Familie als Kernzelle der Gesellschaft, Professionalität, Abscheu vor Plünderung gesellschaftlichen Eigentums, vor Wucher, Spekulation und sozialer Spaltung sowie die Unterstützung religiöser Bräuche und Moral zusammengefasst sind.[73] Insbesondere der Werttraditionalismus, den Krasin/Galkin anführen, gibt vor dem Hintergrund der staatlichen Strukturschwäche Anlass zu Diskussionen.

Grundlegend für den von West- und Mitteleuropa unterschiedlichen Entwicklungsverlauf der russischen Gesellschaft, war neben der Russischen Orthodoxie der über lange Zeit hohe Grad der Einwirkung der staatlichen Strukturen auf soziale und ökonomische Entwicklung. Die Industrialisierung sowohl unter Witte[74], als auch unter Stalin war politisch entschieden worden. Gesellschaftliche Interessen konnten sich nur spärlich entwickeln, was dennoch Ende des 19. Jh. zum Auftreten einer „Gesellschaft als historischen Akteur“ führte. Im Sowjetstaat wurden zivilgesellschaftliche Ansätze doch wieder unterdrückt und die Bevölkerung „verwaltet“.[75]

Das staatlich vereinnahmte Volk hatte wenig Spielraum, um gesellschaftliche Funktionen auszuüben. Es haben sich aber kulturelle Eigenheiten in Verhalten und Wertvorstellungen herausgebildet. Der Provinzparlamentarier Jurij Sudakov[76] formulierte sie so: der Vorrang der selbstlosen Vaterlandsliebe vor dem persönlichen Profit, Kollektivismus, Opfer- und Leidensbereitschaft, Gewissens- und Gerechtigkeitstreue sowie Neigung zur Reue, Sehnsucht nach dem Absoluten, Freundlichkeit und Geselligkeit[77]. Diese Charakteristika dienen allerdings nicht der bürgerschaftlichen Verantwortungsübernahme. Sie fördern im besten Fall die Durchsetzungskraft der Exekutive, lassen dieser aber im schlimmsten Fall freie Hand durch passive Hinnahme. In dieser Passivität gegenüber dem Staat und seinen Strukturen findet sich auch das Phänomen der Alltagskorruption. Die „verwaltete Gesellschaft“ suchte sich ihre Schlupflöcher, da keine legalen Kanäle vorhanden waren, um Rechte geltend zu machen. So ist Russlands spezifische politische Kultur, bestehend aus

„starker autokratischer Spitze und schwachen intermediären Institutionen der Gesellschaft, geprägt durch einen Mangel an Reziprozität zwischen Staatsmacht und Unterworfenen. (…)Vorrang haben stets die Macht, die Gemeinschaft und die Pflichten vor dem Unterworfenen, dem Individuum und dessen Rechten. (…)Gruppen und Gemeinschaften entwickelten vielfache Formen und Instrumente, um sich der vertikal-hierarchischen Struktur zu entziehen“[78],

wodurch sich ein „Eskapismus“ entwickelte, der heute noch greift. Dieses Phänomen geht Hand in Hand mit einem

„Rechtsnihilismus, der auf Erfahrungen und Prägungen seit vielen Generationen beruht. (…) Recht hat im Bewusstsein nur begrenzte Reichweite: wer nicht an die eigenen Rechte glaubt, beugt sich nicht dem Recht.“[79]

Hinzu kommt die territoriale Verkleinerung, die bei vielen ein Gefühl des Bedeutungsverlustes hervorruft, wobei die Russische Föderation als „Zerfallsprodukt der UdSSR (die RF ist so groß wie die RSFSR, einer Teilrepublik der UdSSR) noch den Anspruch hat, ideell das Ganze zu repräsentieren“.[80] Der russische „genuine Patriotismus“ führt zu einer Haltung, in welcher „in Russland die Rolle des Schülers“ oft als „erniedrigend oder beschämend empfunden wird“[81].

Die von Sudakov formulierten „Sechs Prinzipien des Russentums“ stimmen weitgehend mit der geistigen Strömung der vorsowjetischen russischen Denker überein. Es handelt sich also bei der Kürung der „Neuen Russischen Idee“ von Jurij Sudakov in der Rossijskaja Gazeta um eine Anknüpfung an traditionelle russische Wertvorstellungen und weniger um eine neue Idee mit Leitbildfunktion in einer veränderten russischen Wirklichkeit. In der Formulierung der sechs Prinzipien sind augenfällig keine Werte angeführt, die eine neue russische Nation zur Integration in demokratische Wertesysteme führt, nachdem ihr Staatssystem theoretisch bereits ein demokratisches ist. Stattdessen wird hier einmal mehr versucht, sich über die Instrumentalisierung der Russischen Idee[82] ein Selbstbild der Eigenständigkeit zu geben, einen eigenen Platz in der Weltzivilisation zu sichern und damit die machtpolitische Erniedrigung zu überwinden.

Die Frage nach der Repräsentativität von Sudakovs „Prinzipien“ bleibt offen. Interessant dabei ist, dass die Idee des Siegers in einem staatlichen Wettbewerb gekürt wurde. Inhaltlich belegen die Prinzipien die politische Passivität des Volkes mit einer positiven Wertung, was vermuten ließe, dass sie dem Interesse der Führung am Machterhalt entgegenkommen.

In soziologischen Untersuchungen stellte sich heraus, dass die russische untere Mittelschicht, also Kleinunternehmer und Manager, qualifizierte Spezialisten, verantwortliche Staatsangestellte nicht nur Teilnehmer der Reformen, sondern Umsetzende der Reformen sind. Ihr Status ist instabil und inkonsistent, die Hälfte aller Familien balanciert zwischen Not und Wohlstand. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung hat sich von 1993 bis 1996 von 14 auf 21 % vergrößert. Sie sind die mächtige Triebkraft für eine Gesellschaftserneuerung. Dennoch hat die Mehrheit der russischen Bevölkerung keine Ambition oder keine Möglichkeit zur konstruktiven Teilnahme an der gesellschaftlichen Erneuerung.[83] Hierfür ist eine positive Bewertung der politischen Passivität durchaus passend.

4.2.3. Die philosophische Dimension in der Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft

Ein interessanter Aspekt wurde in der Diskussion um die gegenseitige Bedingung von staatlicher Strukturschwäche und soziokulturellen Parametern in Wertvorstellungen und Verhalten nicht erwähnt. Die bereits angesprochene Zerrissenheit in den Werten der heutigen russischen Gesellschaft spiegelt sich im Widerspruch zwischen Forderung nach rechtlichen Grundlagen zur effektiveren gesellschaftlichen Beteiligung und der Tendenz Rückgriffe auf traditionelle Beziehungsformen positiv zu werten. Durch diese Entwicklungsprozesse des Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft zieht sich wohl auch eine philosophische Dimension der russischen Selbstwahrnehmung. Dieser nachzuspüren, soll hier ein Versuch unternommen werden.

Nach Prucha[84] steht im Vordergrund die direkte Bezogenheit der russischen Selbstwahrnehmung auf die westliche Zivilisation und zwar in deren religionsgeschichtlich begründeter Ablehnung.[85]

Noch vor einigen Jahren kamen immer wieder in vielen wissenschaftlichen Beiträgen Vorbehalte gegenüber westlichen Methoden der Modernisierung zum Ausdruck. In jüngeren Texten ist dagegen eine Tendenz zu beobachten, die davon zeugt, dass gewisse westliche Elemente, insbesondere das Wesen der Rechtsstaatlichkeit als grundlegend für eine demokratische Entwicklung akzeptiert wurde. Wo sich vor einiger Zeit noch an Schlagworten, wie „liberal“, „kapitalistisch“ und „marktwirtschaftlich“ orientiert wurde, was eine Tiefe der Auseinandersetzung mit der westlichen Zivilisation missen ließ, so steht heute der emotionale Rückgriff auf traditionelle Verhaltensmuster einer effektiven Erneuerung im Weg. In den hier diskutierten Beiträgen zeigt sich die Tendenz auf traditionelle Werte in den Beziehungsformen zurückzugreifen, als Hang zur Informalität, welche die Totalität des Möglichen in sich birgt. Hierin kommt eine Ablehnung westlicher Wertvorstellungen zum Ausdruck, die ebenfalls die bereits vermisste Tiefe der Auseinandersetzung mit der westlichen Zivilisation in sich trägt. Diese findet sich in älteren russischen philosophischen Texten, so Prucha, wie z. B. bei A. F. Losev und N. Berdjaev, die sich mit der „Russischen Frage“ befassten.

Eine Wiederaufnahme dieses Fadens auch nach einem knappen Jahrhundert erscheint notwendig und erhellend. Es sei kurz skizziert, dass Losev aus der Sicht der russischen religiösen Philosophie über die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Auffassungen der Begriffe lógos [86] und ratio [87] die russische Philosophie auf die Stufe der Metaphysik und Göttlichkeit erhebt, ihr damit die westliche Zivilisation unterordnet, welche im Rationalismus von der „unbegrenzten Verdinglichung beherrscht“[88] wird.[89] Berdjaev spricht dagegen die „Widersprüchlichkeit und Kompliziertheit der russischen Seele“ an, deren „Formung zwei gegensätzliche Prinzipien zugrunde gelegen“ haben.

„Das natürliche, heidnische, dionysische Element und die askethisch-mönchische Orthodoxie.“[90]

Die Komplexität des russischen Nationalcharakters zum einen in ihrer Bezogenheit auf die westliche Zivilisation und zum anderen in ihrer Widersprüchlichkeit in sich, wie sie hier dargestellt wird, hat sich durch die sowjetische Periode hindurch gezogen[91] und kommt offensichtlich auch in aktuellen wissenschaftlichen Beiträgen zum Tragen. A.V. Gulyga begründete das bereits Ende der achtziger Jahre[92] mit den Worten:

„Wir haben keinen Grund, neue Werte zu schaffen, (…). Die Werte sind irrational, sie werden vom Volk geschaffen. Die russische Klassik hat sie mit äußerster Tiefe und Deutlichkeit fixiert. Sie sind absolut, universell.“[93]

Doch über die Einsicht der Notwendigkeit der Modernisierung finden sich russische Wissenschaftler in dem Dilemma, einen von der westlichen Tradition getrennten Modernisierungsweg zu suchen, aber dabei festzustellen, dass

„die nichteuropäische Welt im Namen des Überlebens gezwungen ist, die Allmacht des Marktes, des Privateigentums und der ökonomischen Freiheit sowie auch die Geltung der mit ihnen verbundenen Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft und des Rechtsstaates zu akzeptieren und anzuerkennen.“[94]

Dass sich diese kritische Position nicht halten kann, finden wir z. B. bei I. Tschubais:

„die Durchsetzung von demokratischen Grundlagen und zugleich von rechtsstaatlichen Normen sind keine aufdringliche Didaktik“ (...) „sondern ein Impuls, der“ (...) „aus den welthistorischen Erfahrungen unmittelbar hervorgeht.“[95]

5. Staatsstruktur und Sozialkultur in Russland – Probleme und Chancen ihrer Überwindung

Die Beiträge der russischen Wissenschaftler, dokumentiert im dritten Kapitel und diskutiert im vierten, weisen eine Spannung auf zwischen einerseits realistischer Einschätzung in Bezug auf die Notwendigkeit der Institutionalisierung rechtlicher Grundlagen zur effektiven gesellschaftlichen Beteiligung und andererseits dem soziokulturellen Element, bei welchem traditionelle Werte, hier die Duldsamkeit der Bevölkerung, aber auch informelle Beziehungsformen positiv gewertet werden.

Wie in 4.2.3. angesprochen scheint dieser Widerspruch einen Zwiespalt zu bestätigen, der den Komplex einer spezifischen Mentalität in der russischen Gesellschaft anspricht. So bedingen sich in Russland staatliche Strukturschwäche und eine Mentalität, die zwischen Annäherung an westliche Werte und der Erhaltung eines traditionellen Nationalcharakters hin und her gerissen ist, gegenseitig und potenzieren ihre Probleme.

Diese lassen einen negativen Kreislauf erkennen, der sowohl den Bereich der soziokulturellen Parameter der Verhaltensweisen und Wertvorstellungen, als auch die Schwäche der staatlichen russischen Strukturen betrifft. Die besondere Mentalität der russischen Volks, die selbstverständlich auch diejenigen betrifft, die in irgendeiner Form mit der Verteilung der Ressourcen betraut sind, die wesentliche politische Entscheidungen zu treffen oder deren Ausführung zu erwirken haben, weist, wie in 4.2.2. beschrieben, einige Merkmale auf, die eine gesellschaftliche Entwicklung hin zur bürgerschaftlichen Beteiligung erschweren, teilweise gar unterbinden. Somit stehen sich Staat und Gesellschaft in Bezug auf die soziokulturellen Parameter in Verhaltensmustern einander nicht gegenüber, sondern bedingen sich gegenseitig.

Allein die Forderung nach staatlicher Regulierung genannter Problemkomplexe, wie wir sie bei den meisten Autoren der Aufsatzsammlung erfahren haben, muss seltsam anmuten vor dem Hintergrund, dass der Staat, vertreten durch Regierungsbeamte offensichtlich mehr an seiner Machtreproduktion interessiert ist, als an der Lösung der nationalen Probleme. Da machen Hinweise auf Möglichkeiten der gesellschaftlichen Einflussnahme und Mitwirkung mehr Sinn, als darauf zu warten, dass sich Entscheidungsträger des Staates zu ehrlichen und damit sich selbst beschneidenden Reformen überwinden.

Diese überwiegende gesellschaftlichen Reaktion, sich dem Schicksal zu ergeben, staatliche Regulierung einzufordern und das Umgehen von Gesetzen und Institutionen als flexibel wahrzunehmen und damit positiv zu bewerten, ist an sich eine Manifestation der anerzogenen Verantwortungslosigkeit. Dem steht die bewusste Verantwortungslosigkeit der politischen Führung gegenüber. Sie setzt sich in ihrem System, das auf Macherhalt ausgerichtet ist, über die Bedürfnisse einer demokratischen Gesellschaft hinweg.

In den verschiedenen wissenschaftlichen Beiträgen kommt zum Ausdruck, dass kein Konsens darüber besteht, welcher Teil des Problemkomplexes die Grundlage für Veränderungen bieten kann. Der Leser scheint immer wieder vor die Frage gestellt: sind Korrekturen in der Staatsstruktur die Voraussetzung für eine Veränderung der zivilen Mentalität oder muss man umgekehrt an der Änderung des Bewusstseins der Bevölkerung arbeiten, um die staatliche Strukturschwäche überwinden zu können? Hierzu gibt es unterschiedliche Positionen, die im dritten Kapitel dargelegt wurden.

Betrachtet man die Verhältnisse negativ, so ist der Bedarf an Rechtssicherheit und Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung gering, da man deren Vorteile nicht kennt, insbesondere in einem Umfeld der informellen Netze und Strukturen, die diejenigen gesellschaftlichen Bereiche abdecken, die der Staat unangetastet lässt. Dies bedeutet, dass es sich beide Seiten, Staatsmacht und Zivilbevölkerung sich in ihrem Teil der russischen Gesellschaft, eingerichtet haben und weder die staatliche Administration eine Veränderung hin zu demokratischeren Verhältnissen fördert, noch die russische Gesellschaft bisher massive Anstrengungen unternimmt ihre politische Passivität zu überwinden und sich in bemerkenswertem Ausmaß an der Erarbeitung von Kanälen der bürgerschaftlichen Mitwirkung zu beteiligen oder diese gar einzufordern.

Geht man aber davon aus, dass in einigen gesellschaftlichen Schichten, zumindest in der unter 4.2.2. genannte „untere Mittelschicht“, der Wille zur Veränderung vorhanden ist, so erscheint die Tatsache, dass kein Konsens darüber besteht, an welcher Stelle mit den Veränderungen anzusetzen ist, durchaus positiv. Nichts spricht dagegen, gleichzeitig gesellschaftliche Muster aufzubrechen sowie die rechtlichen Grundlagen auf institutioneller Ebene durchzufechten, um eine effektivere gesellschaftliche Beteiligung zu ermöglichen.

Die Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft, das von seinen Widersprüchen zwischen einem traditionellen Selbstverständnis und seiner Bezogenheit auf die westliche Zivilisation dominiert ist, stellt sich als ein in seinen Ursprüngen philosophisches Problem dar, wie in 4.2.3. näher erläutert. Bei näherer Betrachtung der Entwicklung der russischen philosophischen Ansätze zu diesem Thema lässt sich ebenfalls feststellen, dass die Betonung des eigenen zivilisatorischen Weges in Bezug auf den Westen nicht mehr im Vordergrund zu stehen scheint, wobei ein Konsens über die Unabdingbarkeit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zur Entwicklung einer Zivilgesellschaft unüberhörbar wird.

So möchte ich behaupten, dass allein in der praktizierten Staatsform des „Superpräsidentialismus“, bei welcher ein starker Präsident vor einem Scheinparlament faktisch autokratisch seine Macht ausübt, ein Phänomen sichtbar wird, wie es in konfuzianisch-asiatischen Kulturen seit langem praktiziert wird. Auf Russland angewandt hieße es: das Russische zur Grundlage genommen, wird sich das Westliche zunutze gemacht.

Hierbei profitieren in der ersten Zeit der Modernisierung unter westlichem Einfluss nur diejenigen, die diese in staatlichen Funktionen, und zwar durch traditionell motivierte Verhaltensweisen mitgestalten können. Diese sind darauf angelegt, Macht in der vorhandenen Form zu reproduzieren.

Dennoch wird die russische Gesellschaft sicherlich, im eigenen Interesse an der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, über die nächsten Generationen hin zunehmend Elemente von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in das eigene System integrieren. Der „Superpräsidentialismus“ ist als eine der ersten Stufen dahin anzusehen.

6. Literatur

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20. Semenenko, Irina Stanislawowna: Die Perspektiven der sozialen Partnerschaft in Russland und die Erfahrung des Westens (Перспективы социального партнерство в России и опыт Запада). in: Aufsatzsammlung „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“ in: Polis, 4/1998.
21. Simon, Gerhard: Russland –eine Kultur am Rande Europas. in: Bundesinstitut für Osteuropäische Studien (Hg.): Russland in Europa? Innere Entwicklungen und internationale Beziehungen – heute, Beiträge hervorgegangen aus einer Konferenz am BIOst im April 1999: Europa im russischen Diskurs: Die neueste Phase einer alten Debatte, Köln 2000.
22. Solovëv, Aleksandr Ivanovič: Besonderheiten des Mechanismus bei der Annahme von staatlichen Beschlüssen in Russland: soziokulturelle und psychologische Parameter (Особенностu механизма принятия государственных решений в России: социокультурные и психологические параметры). in: Aufsatzsammlung „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“ in: Polis, 4/1998.
23. Steiner, Helmut: Einleitung – Russlands Gesellschaft im Umbruch. in: Steiner, Helmut/ Jadow, Wladimir A. (Hrsg.): Russland – wohin? Russland aus der Sicht russischer Soziologen, Berlin 1999.
24. Sudin, Alexej Jurevič: Staat und Business im postkommunistischen Russland: das zyklische Wesen der Beziehungen und Aussichten ihrer Institutionalisierung (Государство и бизнес в посткоммунестической России: цикличность отношений и возможности их институционализации). in: Aufsatzsammlung „Die Koordinierung von Interessen und Russlands staatliche Politik“ in: Polis, 4/1998.
25. Timmermann, Heinz: Russland und die internationalen europäischen Strukturen. in: Bundesinstitut für Osteuropäische Studien (Hg.): Russland in Europa? Innere Entwicklungen und internationale Beziehungen – heute, Köln 2000.
26. Tschubais, Igor: Identitätskrise und Neue Russische Idee. in: Gorzka, Gabriele/ Schulze, Peter W. (Hrsg.): Auf der Suche nach einer neuen Identität – Russland an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, Bremen 1998.
27. Wagensohn, Tanja: Russland – nach dem Ende der Sowjetunion, Regensburg 2001.

[...]


[1] abgeleitet von der Bestimmung In der Verfassung, dass das Staatsoberhaupt die „Hauptrichtung der Außen- und Innenpolitik festlegt“; darüber hinaus werden in der Verfassung festgelegte demokratische Verfahren von dem Präsidenten umgangen. Vgl. Mommsen, Margareta: „Russlands politisches System des „Superpräsidentialismus““, Titel eines Aufsatzes aus: Höhmann/Schröder (Hg.): Russland unter neuer Führung. Köln, 2001, S.44-53.

[2] Vgl. Ševcova, Lilija: „Das neue Russland. Von Jelzin zu Putin“, Titel eines Aufsatzes aus: Höhmann/Schröder (Hg.): a.a.O., S.34.

[3] stellvertretende Ministerpräsidenten.

[4] Vgl. Wagensohn, Tanja: Russland – nach dem Ende der Sowjetunion, Regensburg 2001, S.151ff.

[5] Vgl. Ševcova, L.: a. a. O., S.38.

[6] Vgl. Wagensohn, Tanja:a.a.O., S. 157ff.

[7] Ebd.,S.12.

[8] Ebd., S.12.

[9] Ebd., S.12.

[10] Medvedev zitiert den Wissenschaftler der Philosophie Kapustin von 1993.

[11] Laut einer Umfrage Ende 1996 gaben 43% der Befragten „Erschöpfung“ und „Gleichgültigkeit“ als das ihre Umgebung dominierende Gefühl an. Medvedev, S.23 f.

[12] Medvedev zitiert den Politikwissenschaftler Pastuchov: „Jelzin stellt die Personifizierung der Macht dar, ob diese gut ist oder schlecht, und damit die Verkörperung der Legitimität in den Augen der Massen. Da die Macht an sich keinen Wert besitzt, dient sie hier als Gegensatz zur Machtlosigkeit, Unordnung und dem Chaos. Daraus folgt, dass in Russland die Macht auf der Kraft der Trägheit beruht. Jelzin erhält also Rückhalt aus dem Unterbewusstsein des Volkes.“ S.25.

[13] Vgl. Medvedev, Roi A.: “Volk und Macht” (“Народ и власть“), aus: Svobodnaja mysľ 4/1998, S.11-26.

[14] die Tagung fand 1998 im Rahmen eines internationalen Symposiums („Wohin geht Russland? Die Transformation der sozialen Sphären und soziale Politik“) statt. Die Aufsatzsammlung erschien in der Zeitschrift Polis (Političeskije issledovanije), 4 / 1998.

[15] Dr. der hist. Wissenschaft, Professor

[16] u. a. Investitionskonkurse, Pfändungsaktionen, die vertrauliche Verwaltung von Aktienpakten aus Staatseigentum, zweckentfremdete Modernisierungsprojekte, „Bevollmächtigten-Banken“ etc. S. 115.

[17] Vgl. Peregudov, Polis 4/1998, S.115f.

[18] Dr., Soziologe, Mitglied des Rates der Russischen Assoziation Politischer Wissenschaften

[19] Vgl. Afanas’ev, Polis 4/1998, S.116-119.

[20] Kandidat der philosophischen Wissenschaften, Berater der Staatsduma

[21] Lepechin, Polis 4/1998, S.121.

[22] Vgl.ebd., S.119-121.

[23] Direktor des politologischen Programms des Zentrums politologischer Technologien.

[24] Vgl. Sudin, Polis 4/1998, S.122-125.

[25] Kandidatin der Geschichtswissenschaft, frühere wissenschaftliche Mitarbeiterin der IMEMO RAN (Meinungsforschungsinstitut).

[26] Vgl. Semenenko, Polis 4/1998, S.125-127.

[27] Doktor der Politikwissenschaften, Professor an der MGU (Moskauer Staatsuniversität).

[28] Solovëv, Polis 4/1998, S.128.

[29] Ebd., S.129.

[30] Vgl. ebd., S.127-129.

[31] Kandidat der Politikwissenschaft, früherer Mitarbeiter der Arbeitsgruppe über die politischen Prozesse der philosophischen Fakultät der MGU, Berater der Administration des Präsidenten der RF

[32] Vgl. Saslavskij, Polis 4/1998, S.130f.

[33] Semenenko, a.a.O., S.129.

[34] Peregudov, a.a.O., S. 116.

[35] Solovëv, a.a.O., S. 129.

[36] Medvedev, a.a.O., S. 12.

[37] Medvedvev nennt hier Gemeinschaftlichkeit, Erdulden, Mitgefühl und Glauben. S.18.

[38] Medvedev spricht von der Achtung der Menschenrechte, der Würde des Einzelnen und der Achtung vor dem Eigentum. S.18.

[39] Vgl. Medvedev, a.a.O., S.14-16.

[40] Peregudov, a.a.O., S.115f.

[41] Ebd., S.116.

[42] Ebd., S.116.

[43] Afanas’ev, a.a.O., S.118.

[44] Vgl. ebd., S.117.

[45] Lepechin, a.a.O., S.120.

[46] Ebd., S.121.

[47] Sudin, a.a.O., S.124.

[48] Semenenko, a.a.O., S.126.

[49] Ebd., S.126f.

[50] Ebd., S.127.

[51] Solovëv, a.a.O., S. 128.

[52] Ebd., S. 129.

[53] Saslavskij, a.a.O., S. 130f.

[54] Peregudov, a.a.O., S. 116.

[55] Solovëv, a.a.O., S. 129.

[56] Vgl. Simon, in: BIOst (Hg.), Köln 2000, S.22.

[57] Vgl. Timmermann, in: BIOst (Hg.), a.a.O., S.203.

[58] Vgl. Gorzka, in: Gorzka/Schulze (Hg.), Bremen 1998, S.11.

[59] Vgl. Steiner, in: Steiner/Jadow (Hg.),Berlin 1999, S.17

[60] Vgl. Schewzowa (Ševcova), in: Höhmann/ Schröder (Hg.), Köln 2001, S.34f.

[61] Vgl. Mommsen, in: Höhmann/ Schröder (Hg.), a.a.O., S.48.

[62] Vgl. ebd., S.50f.

[63] Schröder, in: Höhmann/ Schröder (Hg.), a.a.O., S.72.

[64] Vgl. Simon, in: BIOst (Hg.), a.a.O., S.19.

[65] Vgl. ebd., S.22.

[66] Vgl. Solovëv, a.a.O ., S.128.

[67] Knabe, in: BIOst (Hg.), a.a.O., S.117.

[68] Ebd., S.118.

[69] Pleines, in: Höhmann/ Schröder (Hg.), a.a.O., S. 282.

[70] russ.: Vetternwirtschaft, informelle Kontakte, Alltagskorruption.

[71] Vgl. Pleines, a.a.O., S. 282f.

[72] Vgl. Bonavita, Heilbronn 1999, S.248.

[73] Vgl. Krasin/Galkin, in: Steiner/Jadow (Hg.), a.a.O., S.305.

[74] russ. Politiker (1849-1915), 1905/06 erster konstitutioneller Ministerpräsident.

[75] Vgl. Schröder, H. H.: Russische Staatlichkeit zwischen Tradition und neuer Ordnung, Forschungsprojekt in Vorbereitung 2003, www.forschungsstelle.uni-bremen.de/projekte/russische_staatlichkeit.html

[76] Gewinner des Wettbewerbs zur Formulierung der „Russischen Idee“, ausgeschrieben von Jelzin 1996

[77] Vgl. Erler, in: Gorzka/ Schulze(Hg.), a.a.O., S. 42.

[78] Simon, in: BIOst, a.a.O., S. 14.

[79] Vgl. ebd., S.15.

[80] Vgl. ebd., S.20.

[81] Vgl. Ignatow, in: BIOst (Hg.), a.a.O., S.35.

[82] Begriff steht für die Renaissance der Geistigkeit der Russischen Orthodoxie in Verbindung mit der Staatlichkeit der russischen Großmacht. Vgl. Scherrer, Berliner Osteuropa Info, 11/98, S.9.

[83] Saslawskaja, in: Gorzka/ Schulze, (Hg.), a.a.O., S.127ff.

[84] Professor der (osteuropäischen) Philosophie.

[85] Vgl. Prucha, in: Heuer/Prucha (Hg.), Der Umbruch in Osteuropa als Herausforderung für die Philosophie, Frankfurt a. M. 1995, S.299.

[86] griech.: Begriff, Verhältnis, Beweisgrund, Grund. In der russischen religiösen Philosophie als „Wort“ ausgelegt.

[87] lateinisch für lógos, später wurde ratio mit „Grund“ übersetzt.

[88] Prucha, in: Heuer/Prucha (Hg.), a.a.O., S.303.

[89] Vgl. ebd., S.299-303.

[90] Berdjaev, N.: Die russische Idee, Sankt Augustin 1983, S.30. so zitiert bei Prucha, a.a.O., S.287.

[91] Vgl. Prucha, Versuch zur philosophischen Bestimmung des Umbruchs im Osten, a. a. O., S.290.

[92] bei Gesprächen an einem „runden Tisch“ zum Thema „Untersuchung der Geschichte der russischen Geschichte und Kultur“.

[93] Gulyga, in: Voprosy filosofii (Fragen der Philosophie) 1988, No. 9, S.115. so zitiert bei: Prucha, a.a.O., S.292.

[94] Vasilev, in: Voprosy filosofii, 1993 No.7, S.11. so zitiert bei: Prucha, a.a.O., S.295.

[95] Tschubais, I.: Identitätskrise und Neue Russische Idee, in: Gorzka/Schulze (Hg.): a. a. O., S.119.

Final del extracto de 32 páginas

Detalles

Título
Der russische Staat und sein Verhältnis zu Macht und Gesellschaft
Universidad
Free University of Berlin
Curso
Russland im Spiegel seiner Geistes- und Sozialwissenschaften
Calificación
sehr gut
Autor
Año
1999
Páginas
32
No. de catálogo
V108665
ISBN (Ebook)
9783640068609
Tamaño de fichero
696 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Arbeit analysiert soziale und kulturelle Parameter, die in staatlichen Strukturen Russlands vorzufinden sind, sowie deren Spannungsverhältnis zu Macht und Gesellschaft.
Palabras clave
Staat, Verhältnis, Macht, Gesellschaft, Russland, Spiegel, Geistes-, Sozialwissenschaften
Citar trabajo
Kirsten Eisermann (Autor), 1999, Der russische Staat und sein Verhältnis zu Macht und Gesellschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108665

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