Die französische Sprachpolitik im 19. Jahrhundert


Trabajo de Seminario, 2005

23 Páginas, Calificación: 2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1.1 Was bedeutet „Nation“?
2.1.2 Der Nationenbegriff
2.2 Die Durchsetzung des Französischen als Nationalsprache im 19. Jahrhundert
2.2.1 Das Premier Empire und die Sprachpolitik
2.2.2 Die Restauration und die Sprachpolitik
2.2.3 Die Julimonarchie und die Sprachpolitik
2.2.4 Die „II. Republique“ und die Sprachpolitik
2.2.5 Das Second Empire und die Sprachpolitik
2.2.6 Die „III.Republique“ und die Sprachpolitik
2.3 Das Zurückdrängen der Regionalsprachen
2.3.1 Das Vorgehen gegen die bretonische Sprache
2.3.2 Die Verdrängung der okzitanischen Sprache

3 Schlussbetrachtung

Résumé en francais

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Das 19. Jahrhundert war in Frankreich in sämtlichen Lebensbereichen eine sehr unruhige und bewegte Epoche. Diese „Umwälzungen“ betrafen sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Strukturen.

Frankreich stand am Anfang des 19. Jahrhunderts noch auf einem sehr unsicheren Fundament, denn die Orientierungslosigkeit und Wirren nach der französischen Revolution führten zur Herausbildung des „Nationenwunsches“.

Somit ist die wichtigste politische Richtung dieses Jahrhunderts der Nationalismus, welcher dazu führte, dass sich einerseits größere Volksgruppen zu einem Staat zusammenschließen wollten (Italien, Deutschland,...). Andererseits gab es auch sogenannte „Staatsnationen“ wie das Beispiel Frankreich zeigt, welches bereits über ein eigenes, definiertes Staatsgebiet verfügte, jedoch gab es innerhalb dieser Staatsnation sehr viele Regionalsprachen, welche das Bild und die Vorstellung einer einheitlichen „Nation“ erheblich störten. Diese Störfaktoren galt es folglich zu eliminieren bzw. zu reduzieren. Der Wunsch, dass sämtliche Bewohner des Hexagons die französische Standartsprache verstehen, besteht seit dem Ende der Revolution von 1789. Denn wie sollte sich eine Nation bilden können, wenn nur eine Minderheit Französisch sprechen, verstehen und schreiben kann? Um diesen Wunsch zur Realität zu machen, wurde folglich im gesamten 19. Jahrhundert versucht, das Volk zu alphabetisieren und gleichzeitig bestand die Bestrebung, die „abtrünnigen“ Patois möglichst stark zurückzudrängen.

Um die Alphabetisierung durchzusetzen, wurde im laufe des 19. Jahrhunderts eine, für Europa, einzigartige Sprachpolitik durchgeführt.

In dieser Seminararbeit soll untersucht werden, welche Art der Sprachpolitik in Frankreich des 19. Jahrhunderts verfolgt wurde, um Französisch als Nationalsprache durchzusetzen.

Um diese Forschungsfrage beantworten zu können, wird am Beginn der Arbeit geklärt, wie das Konzept einer Nation aussieht und es wird näher darauf eingegangen, wieso wir es mit einer „Staatsnation“ zu tun haben.

Im Anschluss an dieses theoretische Konzept wird beschrieben werden, welche Gesetze erlassen wurden um die französische Sprache im gesamten Staatsgebiet durchzusetzen. Hierbei werden vor allem die verschiedenen Gesetzgebungen beschrieben werden, welche allmählich zu einer allgemeinen Schulpflicht geführt haben. Es soll aufgezeigt werden, welche Probleme und welche Erfolge mit den einzelnen Schulgesetzten entstanden im politisch sehr abwechslungsreichen Frankreich.

Im Anschluss wird schließlich aufgezeigt, welche Konsequenzen für die Patoissprecher (Basken, Bretonen, Okzitanen) entstanden. Hierbei werden die Betrachtungen interessant sein, welchen Status die einzelnen Sprachen bis zur französischen Revolution hatten, welche Argumente von Paris hervorgebracht wurden, um Regionalsprachen als Gefährdung für den Nationalstaat anzusehen und welche Konsequenzen es ab 1870 für „unbelehrbare“ Schüler gab.

In der Schlussbetrachtung wird es dann möglich sein die Forschungsfrage beantworten zu können und es wird darauf eingegangen, welche Konsequenzen diese Sprachpolitik für das Frankreich des 20. Jahrhunderts hatten.

2. Hauptteil

Wie bereits in der Einleitung erklärt, wird nun vorerst auf den Begriff der „Nation“ eingegangen.

2.1.1 Was bedeutet „Nation“?

Dies ist eine Frage, welche schwierig zu beantworten ist, da es zahlreiche Definitionen aus der Politik aber auch aus der Philosophie gibt. Die existierenden Begrifflichkeiten sind zum Teil widersprüchlich oder haben einen „konkurrierenden“ Charakter. Um sich diesen Begriff zu nähern, empfiehlt es sich vorerst auf den lateinischen Wortstamm zurückzugreifen.

Das Wort „natio“ kommt wie bereits erwähnt aus dem Lateinischen und bedeutet ursprünglich „Geburt“ bzw. „Herkunft“. Im Altfranzösischen des 16. Jahrhunderts wurde „natio“ in der Literatur aber auch dazu verwendet, wenn von französischen Orten oder Provinzen außerhalb von Paris die Rede war:

(16è)-« Nous qui sommes Gascons, en sommes mieux pourvus (de qualités) qu´autre nation de France ne peut être de l´Europe » Montluc (1499-1577) Commentaires, 1.viii[1]

Montluc verfasste folglich im 16. Jahrhundert ein Zitat, in dem die Nation lediglich auf die verschiedenen französischen Regionen beschränkt war.

Erst im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde zwischen Nation und Staat differenziert wie eine weitere Definition von Furetière zeigt:

« (1684):- (Nation) se dit d´un grand peuple habitant une certaine entendue de terre, renfermée en certaines limites on sous une même domination. (Etat) : royaumes, provinces ou entendues de pays qui sont sous une même domination »

FURETIÈRE , Essaie d´un dictionnaire universel[2]

In diesem Zitat zeigt sich also bereits deutlich, dass Furetière die „Nation“ auf die Bewohner bzw. das Volk bezieht, während der „Staat“ auf die Fläche eines Gebietes bezogen wird.

Wenige Zeit später, im Jahre 1694, wurde von der Academie francaise bereits die Verwendung der gemeinsamen Sprache herangezogen, wenn es um die Definition der „Nation“ ging:

« (1694)-(Nation) est constituée par tous les habitants d´un même Êtat d´un même pays qui vivent sous mêmes loix et usent de même langage. »[3]

Die Definition der Academie francaise ist sehr interessant, da es deutlich die Weiterentwicklung von Montluc (er setzte „Nation“ mit Provinzen und Orten gleich) über Furetière, welcher bereits zwischen Nation und Staat differenzierte, bis hin zur Academie francaise, welche auch bereits die gemeinsame Sprache als einen Bestandteil der Nation wahrnahm.

Nach all diesen Definitionen wird klar, dass der Begriff der „Nation“ eine stark inhaltliche Weiterentwicklung erfahren hat und man kann sich vor allem durch die Definition der Academie francaise eine Vorstellung machen, was die „Väter der französischen Revolution“ wohl unter einer „Nation“ verstanden.

2.1.2 Der Nationenbegriff

Es muss vorweg festgehalten werden, dass sich kein eindeutiger Begriff für „Nation“ finden lässt. Vielmehr gibt es verschiedene Erklärungsmodelle, welche nebeneinander existieren.

So stammt z.B. ein Versuch von Karl Deutsch, welcher die Nation mit einem „politisch mobilisierten Volk“[4] zu definieren versuchte. Damit ist gemeint, dass sich das Volk/die breite Masse seine Rechte z.B. durch eine Revolution erkämpfen kann. Dieses Volk fühlt sich somit als eine einheitliche Entscheidungsgemeinschaft, mit gleicher bzw. ähnlicher Kultur und sie wollen somit durch eine gemeinsame Willensbildung ein Recht auf politische Organisation erwerben.[5]

Dieser erste Versuch von Deutsch zeigt, dass der Begriff der Nation viele Bereiche eines Staates umfasst und dass es gar nicht so einfach ist, diesen zu definieren.

Im 19. Jahrhundert musste man in Europa vor allem zwei Typen von „Nationen“ unterscheiden. Einerseits gab es Völker in Europa, welche sich zwar aufgrund von gemeinsamer Sprache und Kultur zusammengehörig fühlten, jedoch verfügten diese über kein eigenes Staatsgebiet und somit mussten diese Gemeinschaften sich ihren eigenen Staat erst erkämpfen (ungarisches Nationalbestreben im 19. Jahrhundert; Polen-ein Land, welches auf Deutschland, Russland und Österreich-Ungarn aufgeteilt war.)

Andererseits gab es auch das Phänomen der „Staatsnation“, welche sich in westeuropäischen Staaten wie in Frankreich fand. Eine Staatsnation ist folglich ein Land, welches über eine eindeutig definierte Landesgrenze verfügt, jedoch steht man hier vor dem Problem, dass man das Konzept des Nationalstaates erst nach und nach durchsetzen muss/will. Um diese Durchsetzung einer einheitlichen Nation zu erreichen, wurde in Frankreich versucht, eine gemeinsame Sprache für das gesamte Volk durchzusetzen. Aus dieser Idee entwickelte sich schließlich der Slogan « une langue – une nation ».

3 Die Durchsetzung des Französischen als Nationalsprache im 19. Jahrhundert_____

Das 19. Jahrhundert war eine wichtige sprachpolitische Zeit, an dessen Ende das Ideal der französischen Revolution, „une langue- une nation“ weitgehend durchgesetzt wurde.

Nun ist aber gerade diese Epoche durch eine große politische Instabilität gekennzeichnet, da es in einem Jahrhundert insgesamt fünf verschiedene Staatsformen gab:

- 1804-1815 Premier Empier (Napoleon Bonaparte)
- 1815-1830 Restauration (Rückkehr der Bourbonenkönige)
- 1830-1848 Julimonarchie (Bürgerkönig Louis-Philipe)
- 1848-1852 II. Republique
- 1852-1870 Second Empier (Napoleon III)
- 1870-1940 III.Republique[6]

3.1 Das Premier Empier und die Sprachpolitik

Die Ära von Napoleon begann 1799 als gewählter Konsul und sie endete unrühmlich im Jahre 1814 mit seiner Verbannung.

Wie lässt sich nun die Bedeutung und der Stellenwert der Sprache sowie die Schulpolitik im Premier Empier charakterisieren?

Nach 1789 entwickelte sich folglich der Begriff der „Nationalsprache“ durch die französische Revolution, da die Idee der Nation und deren Verwirklichung an die Sprache gebunden war. Die Verwendung der Nationalsprache „Französisch“ hatte aber auch weitreichende Auswirkungen, da ihre Sprecher als bekennende Patrioten und Republikaner galten, welche sich auch für die Interessen der Allgemeinheit einsetzen.[7]

Napoleon Bonaparte wollte bereits nach dem „Staatscoup“ vom 9. November 1799, dass sich Frankreich aus den Wirren und der Anarchie der „nachrevolutionären“ Zeit löst und deshalb waren seine Maßnahmen, dass er eine Militärdiktatur mit einem zentralistischen Staats- und Verwaltungsapparat (mit Sitz in Paris) ins Leben rief. Im Konkreten erschuf er einen mächtigen Polizei- und Überwachungsapparat , welcher diverse Zensuren über das Volk verhing, welcher die öffentliche Meinung kontrollierte und es gab ein massives Anwerben für die neu erschaffene Armée.[8]

Der „Kampf“ gegen die Regionalsprachen wurde unter anderem durch den republikanischen Abbé Gregoire und durch Henri Gregoire eröffnet. Letzterer führte 1794 eine Untersuchung durch und stellte fest, dass von ca. 25 Millionen Franzosen lediglich ca. 13 Millionen Franzosen die französische Sprache in einem befriedigenden Ausmaß beherrschten. Bei ca. 6 Millionen Einwohner wurden nur mangelhafte Kenntnisse festgestellt und weitere 6 Millionen „Franzosen“ verstehen oder sprechen gar kein Französisch. Abbé Grégoire war der Ansicht, dass es die Pflicht der Bürger sei, Französisch sprechen, schreiben und verstehen zu können um am politischen Leben teilhaben zu können und gegebenenfalls auch ein Staatsamt einnehmen zu können.[9]

Die Alphabetisierung der Bevölkerung war also das erste große Ziel, um sich dem Ideal einer Nationalsprache zu nähern und um jeden Mitbürger am politischen Leben teilhaben lassen zu können. Jedoch war dieses Unterfangen am Beginn des 19. Jahrhunderst ein äußerst schwieriges Unterfangen wie sich im nächsten Abschnitt zeigen wird.

Die öffentlichen Schulen waren seit 1795 nicht mehr gratis, die Schulgebäude waren in einem miserablen Zustand und auch die Lehrerschaft war sehr demotiviert, da diese schlecht bezahlt waren, häufig hatten sie selbst nur sehr mangelhafte Französischkenntnisse und um überleben zu können, mussten viele Lehrer „hauptberuflich“ andere Tätigkeiten nachgehen. Eine weitere Besonderheit der „Schule“ des frühen 19. Jahrhunderts war, dass man in den sogenannten Provinzen, wo ein Patois gesprochen wurde, auch in dieser Regionalsprache unterrichtet wurde. Dieses Phänomen zeigte sich vor allem in den flämischen Gebieten des Nordens und in den östlichen Landesteilen wie in Elsass-Lothringen, wo es nur wenige französische Schulen gab.[10]

Fazit dieser ersten Phase des 19. Jahrhunderts ist folglich, dass sich durch die französische Revolution viele Gegebenheiten änderten und dadurch erhielt die französische Sprache einen neuen Stellenwert. Einerseits wurde erkannt, dass nur ein geringer Teil der Bewohner des Hexagons den „bon usage“ (ca. 3 Millionen Einwohner[11] ) beherrschte und dass man mit dem Rest der Bevölkerung nur sehr schwer bzw. nicht in Kontakt treten konnte.[12]

Andererseits hatte der Gebrauch des Französischen aber auch politische Auswirkungen und somit wurde eine zunehmende Alphabetisierung der Bevölkerung angestrebt; Jedoch scheiterte dies vor allem an den schlecht ausgestatteten Schulen und den schlecht ausgebildeten Lehrern und somit konnte das Vorhaben einer Alphabetisierung mittels der Schule im Premier Empier nicht verwirklicht werden.

3.2 Die Restauration

Der Wiener Kongress von 1814/1815 führte dazu, dass die „alte Ordnung“ in Europa wieder hergestellt wurde. Das bedeutet, dass viele absolutistische Monarchien wieder rekonstruiert wurden und dass so manches erkämpfte Bürgerrecht wieder in Luft aufgelöst wurde.

Die Restauration hatte für Frankreich die Folge, dass das Geschlecht der Bourbonen wieder an die Macht gelang. Jedoch dauerte diese Phase lediglich von 1815-1830 und sie wurde durch die sogenannte „Julirevolution“ beendet.

Wie lässt sich diese Epoche im Hinblick auf die Sprachpolitik beschreiben?

Es ist festzuhalten, dass es vor allem einen gesellschaftlichen Wandel zu Beginn des 19. Jahrhundert gab. Es gab einen Aufstieg des Bürgertums und folglich verdrängten z.B. Cafés und Lesesäle die früheren aristokratischen Salon. Durch den gesellschaftlichen Wandel wurde jedoch auch die Schulpolitik zunehmend zum Zankapfel zwischen der liberalen Finanzaristokratie und der konservativen-klerikalen Aristokratie.[13]

Diesen Einfluß der klerikalen Aristokraktie führte auch dazu, dass der Ausbau des Schulsystems zum Stillstand kam und somit wurde auch die Alphabetisierung verzögert wie folgende Aussage verdeutlicht:

«...très vite les Frères des écoles chrétiennes se dessèrent contre ce type d´enseignement teinte-de protestantisme et la vague ultra précipita le déclin des écoles mutualistes »[14]

Die katholische Kirche verhinderte somit die Errichtung eines Schulwesens nach protestantisch-englischen Vorbild und somit sollte es bis zur Julirevolution dauern, bis es zu wesentlichen Änderungen im maroden französischen Schulwesen kommen kann.

Somit wurde weiterhin in den schlechtgeführten Schulen weiterunterrichtet, da zwar seit 1820 das Beherrschen der französischen Sprache als wichtigstes Bildungsziel galt, jedoch beschränkte sich der Unterricht auf das Wesentlichste. Es wurde Wert gelegt auf die Vermittlung von Lesekenntnissen und grammatikalischen Regeln und die Schüler sollten sich mit der Beherrschung der Orthographie vertraut machen.[15]

Die Restauration war folglich eine Zeit, in der sich sprachpolitisch wenige Veränderungen ergaben, welches vor allem auf die Einmischung der Kirche zurückzuführen ist.

Erst mit der Julirevolution von 1830, welche zu einem neuerlichen Sturz der Bourbonen führte, beendete diese Stagnation und es kommt zu deutlichen Reformen im Schulbereich wie in der nächsten Darstellung gezeigt wird.

3.3 Die Julimonarchie

Die Julimonarchie dauerte von 1830 bis 1848 und das Staatsoberhaupt war Louis-Philippe, der sogenannte „roi-citoyen“.

Wie nach der großen Revolution von 1789 stand in Frankreich das Schulsystem nach der Julirevolution erneut zur Debatte.

Das wichtigste Gesetz im Hinblick auf die Bildungspolitik war ohne Zweifel das „Bildungsgesetz von Guizot“ von 1833. Es war das erste schriftlich verfasste Gesetz, in dem der Gegenstand und das Wesen der Grundschule definiert wurde. Konkret bedeutet es, dass eine elementare und eine erweiterte Grundschule beschlossen wurden. Die Lehrinhalte der elementaren Grundschule sollten Lesen, Schreiben, Rechnen und die religiöse Erziehung umschließen. In der erweiterten Grundschule sollte zusätzlich noch Fächer wie Geometrie, Naturwissenschaften, Geschickte und Geographie unterrichtet werden. Außerdem wurde durch Guizot geregelt, dass es den Vätern der Kinder überlassen sein sollte, ob diese am Religionsunterricht teilnehmen oder nicht.[16]

Durch die Gesetzgebung von Guizot zeigt sich folglich auch zum ersten Mal der Wunsch nach einer Zurückdrängung des kirchlichen Einflusses.

In diesem Zusammenhang mit dem Erlass des Gesetzes von Guizot ist es auch interessant, sich das Ansteigen der Schülerzahl zu betrachten.

So zählte man im Jahre 1832 nur 1,2 Millionen männliche Schüler während es im Jahre 1848 bereits 2,178 Millionen Schüler waren. Auch bei den Schülerinnen gab es einen leichten Anstieg von 1,1 Millionen (1837) auf 1,354 Millionen Mädchen, welche die Schule besuchen konnten.[17]

Das Schulgesetz von Guizot schrieb allerdings noch keinen obligatorischen Schulbesuch vor und somit waren weder Alter und das Geschlecht der Schüler ein Kriterium. So fanden sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in den Schulen (besonders in den Wintermonaten) auch Personen, welche zum Teil bereits 25 Jahre waren.[18]

Wenn man sich nun die positiven Seiten dieses Gesetzes ansieht, dann muss man festhalten, dass durch Guizot zum ersten Mal konkrete Rahmenbedingungen für ein Schulsystem geschaffen wurden.

Dabei ist zu erwähnen, dass Guizot durchaus versucht hatte, den kirchlichen Einfluss auf die Schulen zu verringern, jedoch war dieser Erfolg nur von kurzer Dauer, denn bereits neun Monate nach der Veröffentlichung dieses Dossiers erhob der königliche Rat Einspruch und forderte, dass die Religion einen fixen Platz in der Unterrichtsplänen erhält.[19]

Somit ergab sich folglich eine elementare Grundschule, welche aus drei Schulstufen bestand, in denen zwar auch sprachliche und schriftliche Fähigkeiten gelehrt wurden, jedoch waren diese nach dem Einwand des königlichen Rates immer auf religiöse Bildungs- und Erziehungsinhalte geknüpft.[20]

Der Unterricht war somit in der Julimonarchie noch relativ bescheiden, es wurden weiterhin nur die wichtigsten Kenntnisse vermittelt und auch die Lehrerschaft war, wie bereits im Premier Empier weiterhin schlecht ausgebildet und nicht sehr motiviert, da diese noch immer sehr wenig verdienten und sie mussten auch weiterhin Nebentätigkeiten nachgehen, wobei sich dadurch aber auch gewisse Privilegien für die Lehrer ergaben:

« Le traitement de base pouvait aller de 200 à 350 francs…. N´etait pas à négliger non le fait que la plupart des instituteurs faisaient fontions des secrétaires de mairie et qu´ils etaient privilegiée. Et des statistiques du milieu du siècle montraient que sur 32 806 instituteurs, 26 000 vivaient avec seulement 300 francs. »[21]

Es zeigt sich, dass sich bis sehr wenig an der finanziellen Situation der Lehrer änderte, jedoch wurden die Lehrer nach 1830 vom « comité communal et par le ministre de l´instruction »[22] ernannt.

Abschließend kann man festhalten, dass die Julimonarchie und die Rückkehr der Bourbonenkönig eine Epoche war, welche gekennzeichnet war zwischen dem Kampf von Konservativen und liberalen Mächten. Dies drückt sich vor allem dadurch aus, dass die Konservativen den „status quo“ halten wollten um ihre Privilegien zu bewahren und somit machte die Kirche ihren Anspruch auf die Schule geltend.

Andererseits war die Zeit von 1830-1848 auch dadurch gekennzeichnet, dass sich Frankreich sowohl wirtschaftlich als auch in kolonialer Hinsicht stark änderte. So wurde z.B. das Eisenbahnnetz ausgebaut und führte zu einem größeren Wirtschaftsraum, die Mittelschicht wurde immer stärker und Frankreich besetzte Algerien im Jahre 1830.

3.4 II. Republique

Durch die Februarrevolution von 1848 wird durch die Handwerker, Fabrikarbeiter und Studenten die Julimonarchie beendet und an ihre Stelle tritt die „II. Republique“ welche jedoch nur eine vierjährige Dauer hatte.

Aber trotzdem findet sich gerade in dieser kurzen Epoche ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Alphabetisierung der Bevölkerung durch das Schulwesen. Denn im Jahre 1851 wurde das „Loi d´Alfred Falloux“ erstellt, welches dass Schulgesetz von Guizot ablöste.

Das Schulgesetz von Falloux stimmt in ca. einem Viertel mit dem „Loi Guizot“ überein, jedoch gab es einige wichtige Neuerungen welche nun genannt werden.

Falloux forderte erneut, dass es wieder einen kostenlosen Volkschulunterricht geben sollte, er trat für eine allgemeine Schulpflicht ein und er beruft sich auf die Ideen der Revolution von 1789, als er eine entgültige Trennung von Schule und Religionsunterricht forderte. Diese erste „laizistische“ Forderung wurde jedoch nicht akzeptiert. Jedoch gab es weitere Inhalte, welche sehr wichtig waren um das angestrebte Ziel einer Nationalsprache durchzusetzen. So forderte Falloux, dass jede Gemeinde über 800 Einwohner auch über eine Mädchenschule verfügen sollte und dass die Schülerinnen ebenfalls in den selben Fächern wie die Burschen unterrichtet werden sollen.[23]

Es zeigt sich, dass dieses Gesetz ein tatsächlicher Fortschritt im Bereich der Gleichberechtigung darstellt, da zum ersten Mal im Besonderen auch die Mädchen erwähnt wurden.

Wie bereits erwähnt, wäre Falloux für einen kostenlosen Unterricht eingetreten, jedoch konnte man sich lediglich auf das „semi-graduité“ einigen. Damit ist gemeint, dass den untersten Einkommensschichten das Schulgeld erlassen werden sollte, während von der Oberschicht für den Unterricht bezahlt werden soll. Dieses Gesetz trug dazu bei, dass die ärmere Bevölkerung die Kinder ebenfalls in die Schule schicken konnte und im weiteren konnten die staatlichen Schulen somit mit den „Kongreationsschulen“ konkurrieren, welche einen religiösen Schwerpunkt verfolgten und traditionell kein Schulgeld verlangten.[24]

Im „Loi d´Alfred Falloux“ fällt jedoch auf, dass es keine laizistische Forderung gab wie bei Guizot.

Denn durch das Schulgesetz von Falloux wurde der Einfluss der katholischen Kirche noch gestärkt. So war zum Einem der Religionsunterricht verpflichtend und die Kirche verordnete den Lehrern auch, dass es nicht genüge Christ zu sein, sondern sie müssten als „Apostel der Religion“[25] unterrichten.

Der Lehrplan von 1851 sah vor, dass die Schwerpunkte des Unterrichts auf dem Erwerb von Lesekenntnissen, auf der einfachen sprachlichen Reproduktion sowie den obligatorischen Französischunterricht für Schüler, deren Muttersprache ein Patois war, lag. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass die Grammatik von „Lhamonds“ das wichtigste Schulbuch war, da es über eine knappe Ausführung verfügte, welche zum Auswendiglernen und zur anschließenden Reproduktion bei Prüfungen hervorragend geeignet waren.[26]

Abschließend ist festzuhalten, dass dieses Gesetz eine wichtige Basis war für die angestrebte Alphabetisierung der gesamten Bevölkerung , also auch die der Mädchen. Jedoch hat sich die Vermittlung im Unterricht lediglich auf Grundkenntnisse beschränkt um z.B. eine einfache schriftliche Konversation führen zu können.

3.5 Second Empier

Nach dem Staatsstreich vom 02.12.1851 wurde die II. Republique beendet und Louis-Napoleon Bonaparte wurde zum Kaiser von Frankreich ernannt. Das „Second Empier“ zeichnet sich durch eine autoritäre Herrschaft bis 1860 aus, denn die Mitbestimmung des Volkes beschränkte sich lediglich auf Volksabstimmungen und es gab eine strenge Zensur gegenüber der Presse sowie gegenüber Kritikern wie Victor Hugo, welche z.B. ins Exil geschickt wurden.[27]

Jedoch war auch Napoleon III gezwungen, sich und seine Politik ab 1869 zu liberalisieren und dem Volk wurden wieder einige Rechte wie dem «droit d´adresse, le droit d´interpllation[28] » eingeräumt.

In dieser liberaleren Phase des Second Empier wurden ab 1864 auch die Zulassung von Arbeiterverbänden und das Streikrecht erreicht.[29]

Hinsichtlich der Sprachpolitik und dem Alphabetisierung der Bevölkerung hat sich im Second Empier relativ wenig ereignet.

Die wichtigsten Maßnahmen waren, dass die Förderung von Mädchenschulen vom „Loi Falloux“ verstärkt durchgesetzt wurden, welche zu einer höheren Alphabetisierung der Frauen führte. Denn bei der weiblichen Bevölkerung hielten sich die Dialekte viel länger und sie waren bei ihnen auch viel stärker verbreitet als bei den Männern. Man schätzt, dass um 1870 ca. 12% der weiblichen Bevölkerung lesen konnten.[30]

3.6 III Republique

Die ersten neun Jahre der 3. Republik waren gekennzeichnet von starken innenpolitischen Spannungen zwischen den Monarchisten, welche eine neuerliche Restauration wollten und den Befürwortern der Republik, welche sich auch 1879 entgültig durchsetzen konnten.

In der 3.Republik wurden schließlich einig der wichtigsten Gesetze, welche nun mit eisernen Willen das Konzept „une langue-une nation“ durchsetzten. Dazu gehört, dass der 14. Juli zum Nationalfeiertag wurde, die Marseillaise wurde zur Nationalhymne und Paris wurde wieder zur Hauptstadt erklärt und im Jahre 1881 wurde schließlich die Pressefreiheit wieder eingeführt.[31]

Hinsichtlich der Bildungspolitik wurden ab 1881 große Erfolge im Bereich des Schulwesens erzielt. Denn 1881 wurde durch Jules Ferry vorerst der unentgeltliche Schulbesuch und im Jahre 1882 wurde schließlich die allgemeine Schulpflicht für alle Kinder von 6 bis 13 Jahren beschlossen. Jules Ferry ging aber noch weiter, denn er führte den Laizismus in die Grundschulen ein, welcher von einer bisherigen „moralischen und religiösen Erziehung“ zu einer „moralischen und staatsbürgerlichen Erziehung“ überging. Im Lehrplan waren weiterhin Lesen, Schreiben, französische Sprache, Geographie aber auch die Geschichte der französischen Gesellschaft, Grundbegriffe des Rechtes und militärische Übungen für Burschen vorgesehen.[32]

In diesem Gesetz wurde auch verankert, dass der Staat gegen Verstöße gegen die allgemeine Schulpflicht mit Sanktionen vorgehen kann. So können z.B. Schüler, welche länger als 4 Halbtage im Monat vom Unterricht unentschuldigt fernbleiben konnten nun bestraft werden. Außerdem wurde zum ersten Mal in der französischen Gesetzgebung die Zeugnisausstellung für erbrachte Schulleistungen beschlossen.[33]

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Jules Ferry und seine Co-Autoren, welche als gemäßigte Republikaner galten, dass gesamte Schulsystem reformierten und es den Bedürfnissen einer frühmodernen Gesellschaft anpassten.

So wurde z.B. auch die Didaktik in den Schulen grundlegend geändert.

Denn die Gesetzgebung von Ferry führte dazu, dass Schüler nicht mehr nur durch bloßes Auswendiglernen die Schule durchwandern konnten. Denn Anstatt des ehemaligen Frage-Antwort-Verfahrens wurde nun der Schwerpunkt auf verschiedene sprachliche Tätigkeiten gelegt. So wurde z.B. zum ersten Mal das Erzählen und Nachsprechen und das eigenständige Verfassen von „Fortsetzungsgeschichten“ in den Unterricht integriert.[34]

Abschließend ist festzuhalten, dass erst mit dem Gesetz von Jules Ferry von 1881 der Wunsch der Revolution von 1789, nämlich der nach einer Nationalsprache für alle Franzosen, durchgesetzt werden konnte.

Jedoch war das Frankreich des 19. Jahrhunderts alles andere als ein sprachhomogenes Gebiet und somit bedeutete die erlassene allgemeine Schulpflicht in den „Patois-Gebieten“ ein großes Problem. Denn ab 1881 mussten nun alle Kinder bis zum 13. Lebensjahr in die Schule gehen und Schule bedeutete für diese Kinder, dass sie einem Unterricht in einer Fremdsprache folgen mussten.

Im nächsten Kapitel wird nun dargestellt, welche Ängste und Befürchtungen von den Regionalsprachen ausgingen und anschließend wird exemplarisch gezeigt werden, wie im 19. Jahrhundert gegen die bretonische und gegen die okzitanische Sprache vorgegangen wurde.

4 Das Zurückdrängen der Regionalsprachen

In Paris wurde durch Barère ein besonders hartes Statement ausgedrückt, welches davon zeugt, wie die „langues regionales“ eingeschätzt wurden:

„Der Föderalismus und der Aberglauben sprechen niederbretonisch, die Emigration und er Hass auf die Republik sprechen deutsch, die Konterrevolution spricht italienisch und der Fanatismus spricht baskisch“[35]

Für die Väter der Revolution, allem voran Barère, waren die verschiedenen Dialekte folglich die schlimmsten Gefahren für die neue Staatsform nach dem Sturz des absolutistischen Kaisers.

Tatsache ist aber dass die lokalen Sprachen aber erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zurückgedrängt werden konnten. Ein besonderes Dorn im Auge des Zentrums Paris waren die widerspenstigen Dialektsprecher im Süden und Südwesten Frankreichs, in Flandern und in den meisten Teilen der Bretagne. Die Befürworter der Nationalsprache Französisch beschrieben z.B. die Bretagne als eine Gegend, welche wie durch eine chinesische Mauer von äußeren Einflüssen geschützt sei.[36]

Bis 1870 wurde eine eher moderate Durchführung des Zieles einer Nationalsprache gemacht. Zwar war das Bewerben um Staatsämter an das Beherrschen der französischen Sprache gebunden und es gab auch eine eher halbherzige Schulpolitik, welche dem „laisser faire“ Stil ähnelt, jedoch hatten die Schüler bis zum Erlass der allgemeinen Schulpflicht mit keinen schlimmeren Strafen zu rechnen.

Ab 1870 wendete sich aber das Blatt und die Nationalisierung über die Sprache nahm im Umfang und Tempo deutlich zu. Zwar hatte das Französische bereits vor der 3. Republik die Gebiete der Regionalsprachen erreicht, jedoch wurde von der Bevölkerung die lokalen Dialekte für die alltägliche Kommunikation bevorzugt, während das Französische für Verwaltungsangelegenheiten benützt wurde. Die Tatsache, dass das Französische überhaupt in die entlegenen Regionen vordringen konnte lag daran, dass es zumindest vereinzelt französische Schulen gab und ein weiterer wichtiger Faktor war, dass auch der verpflichtende Wehrdienst im Laufe des 19. Jahrhunderts durchgesetzt wurde.[37]

Das Vorgehen gegen die Bretonen und die Okzitanen ab 1870 soll nun in den nächsten zwei Kapitel dargestellt werden.

4.2 Das Vorgehen gegen die bretonische Sprache

Gegen die Bretonen, deren Traditionen und vor allem gegen die bretonische Sprache wurde im späten 19. Jahrhundert vehement vorgegangen. Ein besonderer Störfaktor für die Pariser Regierung war diese Halbinsel, da es eine Hochburg des Katholizismus und somit auch der konservativen Kräfte war. Die katholische Kirche, welche den Klerus und den Adel vertrat, sah die bretonische Sprache als wichtigsten Indikator, um gegen neue Strömungen wie dem Sozialismus und dem Republikanimus entgegenzuwirken. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wendete sich die bretonische Bewegung „Emsav“ an den Kongress der „Union Regionaliste Bretonne“ und verlautbarte:

« Monsigneur Favé: Nous ne devons pas perdre de vu que de

nouveaux barbares, ennemis de notre race, ennemis de nos

traditions et de notre foi sont à nos portes.

Etudions quels sont les combattre victoriseusement

Il faut voir quelle peut être la part des ouvriers agricoles

dans le mouvement socialiste »[38]

Dieses Zitat zeigt ganz deutlich, wie stark sich die Bretonen gegen die Feinde (die übrigen Franzosen) ihrer Rasse und ihrer Identität wehrten. Paris konnte diese „antinationale“ Haltung nicht länger dulden und holte zum Gegenschlag aus:

« Les prêtes bretons veulent tenir leurs ouailles dans l´ignorance

en s´opposant à la diffussion de l´enseignement et en n´utilisant

que la langue bretonne dans les instructions religieuse et le

catéchisme. Les Bretons ne seront republicains que lorsqu´ils

parleront le francais. [39] »

So wurden nicht mehr nur die Schüler sondern auch diverse Lehrkräfte dazu angehalten, im Schulbereich nur mehr die französische Sprache zu verwenden. Schüler, welche sich trotzdem auf bretonisch unterhielten, bekamen Strafandrohungen und wurden bei diesem Vergehen bis in die 1960er Jahre mit Holzschuhen und/oder Kuhschwänzen geschlagen.[40]

Die Radikalität dieser Sprachpolitik gegen das Bretonische hatte ihren Ursprung im frühen 19. Jahrhundert wie ein Zitat von Montalivet zeigt:

« Il faut par tous les moyens possibles, favoriser

l´appauvrissement, la corruption du breton, jusqu´au

point où d´une commune à l´autre, on ne puisse pas s´entendre […]

car alors la nécessité de communication obligera le paysans

d´apprendre le francais. Il faut absolument detruire le langage breton. »[41]

…..und sie hielt sich bis in die 1960er Jahre, wie ein Bretone, welcher zu diesem Zeitpunkt die Schule besuchte schildert :

« À cette époque, le symbole etait un morceau de fer pour mettre

sous les sabots des chevaux. On le donnait au premier

qui arrivait et qui parlait breton et ensuite, quand

celui-ci trouvait un autre qui parlait breton, il le lui donnait.

Comme ca, toute la jounée. À la fin de la journée , le dernier

attrapé par le symbole etait mis en pénitence et il devait écrire

en francais : je ne parlerai plus jamais en breton ; cinquante

ou cent fois. Celui qui etait pris souvent restait à l´ecole après

16h30, pendant une heure ou une demi-heure dans le coin de la salle. »[42]

Die war eine sehr eindrucksvolle Schilderung aus dem nordwestlichen Gebiet Frankreichs. Aber auch im Süden wurde mit aller Deutlichkeit gegen das Okzitanische vorgegangen.

4.2Das Vorgehen gegen das Okzitanische

Auch die Sprecher des Okzitanischen erlebten am Ende des 19. Jahrhunderts mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht den Höhepunkt einer Sprachdiskriminierung, welche in Europa einzigartig ist.

Die okzitanische Sprache wird oft als die „rebellische Schwesternsprache“[43] des Französischen bezeichnet und wurde über Jahrhunderte im gesamten südfranzösischen Raum gesprochen, sie war die Sprache der Troubadours und somit auch eine der ersten Literatursprachen Europas. Auch das Okzitanische wurde ähnlich wie das Bretonische „erfolgreich“ aus dem täglichen Sprachgebrauch verdrängt und die Anzahl ihrer Sprecher minimierte sich somit deutlich. So wurde in Südfrankreich ein „signe“ benützt, um die „Okzitanier“ zu stigmatisieren. Genau wie in der Bretagne mussten auch die südfranzösischen Schüler ein Stück Holz in der Hand halten falls sie Okzitanisch sprachen. Der letzte Schüler, welcher am späten Nachmittag dieses „signe“ in den Händen hielt, wurde vom Lehrer streng[44] bestraft. Doch die Sprecheranzahl ging nicht nur wegen den strengen Schulmaßnahmen sondern auch vor allem wegen der Abwanderung aus wirtschaftlichen Gründen stark zurück. Fakt ist aber, dass selbst die mit den strengsten Methoden der französischen Sprachpolitik das Okzitanische nie ganz ausgelöscht werden konnte und somit kann man feststellen, dass die Sprache der Troubadours noch heute von ca. 2 Millionen aktiven Sprechern verwendet wird.[45]

5. Schlussbetrachtung

Es soll nun die Forschungsfrage beantwortet werden, welche gelautet hat: „Welche Art der Sprachpolitik verfolgte Frankreich im 19.Jahrhundert um Französisch als Nationalsprache durchzusetzen?

Nach der Darstellung der einzelnen Kapitel ist festzustellen, dass im nachrevolutionären Frankreich bis ca. 1870 zwar der starker Wunsch existierte, Französisch als Nationalsprache durchzusetzen, jedoch scheiterte es sowohl an materiellen Mitteln als auch am Durchsetzungsvermögen.

Erst in der III.Republique ab 1870 konnte schließlich mit der Verbannung der Kirche aus der Schule und dem Erlass der allgemeinen Schulpflicht bewirkt werden, dass alle Bewohner Frankreichs durch die Schule mit der französischen Sprache alphabetisiert werden konnten.

Die Art, welche Paris zur Durchsetzung dieses Zieles verwendet hat, ist ohne Übertreibung einzigartig, da man in den „Patoisgebieten“ am Ende des 19. Jahrhunderts mit voller Härte und der „schwarzen Pädagogik“ (Schlägen) vorging, um bereits Kindern ihre eigentliche Muttersprache abzugewöhnen.

Die Verantwortlichen in Paris stützen sich somit auf die Schule, welche das Ziel „une langue-une nation“ exerzieren musst.

Es wäre ohne Zweifel falsch, die damalige rigorose Sprach- und Schulpolitik des späten 19. Jahrhunderts gut zu heißen. Jedoch muss man feststellen, dass es im französischen Festland des 20. und 21. Jahrhunderts kaum nationalistische Bestrebungen in Form von Unabhängigkeitsbestrebungen gab. Dahingehend gibt es in Gebieten, wo sich die ursprünglichen Sprachen und die damit verbundenen Identität gut konservieren konnten (Baskenland in Spanien, Korsika,...) bis heute blutige terroristische Bestrebungen sich vom Mutterland abzulösen.

Vielleicht hat die oft verpönte französische Sprachpolitik dazu geführt, dass heutzutage ein weitgehend friedliches Zusammenleben aller Kontinentalfranzosen ermöglicht wurde.

Es wäre sicher interessant in einer größeren Arbeit die aktuelle Zufriedenheit der verschiedenen, noch immer existierenden Patoissprecher zu untersuchen.

Résumé en francais:

Au deput de ce travaille ecrit, j´ai expliqué le circonstance du 19è siècle. C´est-à-dire que que j´ai definé le therme « nation » pour mieux comprendre la politique de la langue de cette époche-là et qu´il y a déjà eu des idées dans les siècles precédents pour eliminer les patois.

Puis, j´ai decrivé la difference entre la « nation » et entre la « nation d´état » (Staatsnation). Une « nation d´état » est donc un pays qui a déjà son propre territoire mais le problème est que les « responsables » du gouvernement veulent atteindre que tous les habitants de la Republique maitrissent de la même langue.

Il y a deux raisons pour ce comportement :

I) Les « pères de la Rèvolution » avaient l´idée que le monolinguisme pourrait renforcer la jeune Republique Francaise car les parleurs du patois etaient stigmatisés comme ennemis de la France.
II) C´est un fait que la plupart de la population n´etait pas capable de parler, de lire et de comprendre le francais standart et la consequence etait donc que la communication entre le gouvernement et la population n´etait pas vraiment possible.

L´idée etait donc d´alphabetiser le peuple avec les écoles mais c´etait très difficile à realiser ce plan parce qu´au deput du 19è siècle, la situation des ècoles etait à déséspérer. C´est-à-dire que les ècoles etaient dans un mauvaise êtat et egalement très rares et de plus, les enseignants n´avaient pas non plus vraiment maitriser de la langue francaise.

C´est donc en 1830 avec la creation de la loi de Guizot que la France a eu crée pour la premiere fois dans l´histoire un texte pour definir vaguement un progamme scolaire mais l´ècole à cette époche n´etait pas encore obligée.

La loi d´Alfred Falloux de 1850 a été donc l´evolution du plan de Guizot car Falloux voulait que les filles peuvent aussi aller à l´école et c´est la raison pour laquelle il parlait en faveur d´une école pour les filles dans tous les villages qui avaient plus que 800 habitants.

Il faudra donc attendre la Troisième Rèpublique pour que la laicisation de l´enseignement devienne de plus en plus poussée.

C´etait Jules Ferry en 1882 qui a fondé l´école nouvelle car à partir de ce moment-là, tous les enfants de 6 à 13 ans etaient obligés de suivre une école graduite, laique et publique.

La reverse de cette loi etait que les patois etaient complétement interdits aux écoles à partir de la loi de Ferry et les enseignants avaient bien stigmatisé les parleurs des langues regionales avec des punitions pour mieux éliminer les Patois.

On a donc realisé le but « une langue-une nation » environ 100 ans après la Rèvolution et on peut constater que la politique de la langue de cette époche-là a aussi stabilisé la France du 20è siècle car la vie dans ce pays est aujourd´hui plutôt paisible en ce qui concerne la vie commune.

Literaturverzeichnis :

Baselmann,

Schöder, Klaus-Henning (1996): Geschichte der französischen Sprache im Überblick. Bonn: Romanistischer Verlag

Tritter, Jean-Louis (1999) : Histoire de la langue francaise. Paris : Ellipses-Marketing

Vorwagner, Claudia (1996): Aspekte der Sprachnormierung des Französischen während der Revolution und ihre Durchsetzung im 19. Jahrhundert. Wien: Dipl.Arbeit

Wolf D. Guner; Müller, K.-J. (1996): Über Frankreich nach Europa: Frankreich in Geschichte und Gegenwart. Hamburg: Krämer Verlag

Internetquellen :

http://agora.qc.ca/reftext.nsf/Documents/Appartenance-Pays_patrie_nation_par_John_E_Hare [28.12.2004]

http://www.tlfq.nloval.ca/axl/francophonie/HIST_FR_s8_Revolution1789.htm [22.12.2004]

http://www.pedagene.creteil.infm.fr/ressources/histoire /revolut.html [03.01.2005]

http://www.breizh.net/identity/galleg/humanisme.et.Bretagne.htm[03.01.05]

http://www.tu-dresden.de/lsk/laz/semesterarbeiten/ws00/bretonisch/weichsel-bretonisch-haupt.html [04.01.2005]

http://www.tlfq.rlaval.ca/axl/europe/france_politik_francais.html [12.01.2005]

http://www.gfbv.it/3dossier/eu-min/okzitan.html[07.01

[...]


[1] http://agora.qc.ca/reftext.nsf/Documents/Appartenance--Pays_patrie_nation_par_John_E_Hare

[2] http://agora.qc.ca/reftext.nsf/Documents/Appartenance--Pays_patrie_nation_par_John_E_Hare .S.3

[3] http://agora.qc.ca/reftext.nsf/Documents/Appartenance--Pays_patrie_nation_par_John_E_Hare .S.3

[4] Vgl. Baselmann, S. 75

[5] Vgl. Baselmann, S.75

[6] Vgl. Schröder, (1996), S.72

[7] Vgl. Schröder, (1996), S.62

[8] http://www.tlfq.nloval.ca/axl/francophonie/HIST_FR_s8_Revolution1789.htm (S.6)

[9] Vgl. Schröder, (1996), S.65ff

[10] Vgl. Vorwagner, (1996), S.83

[11] Vgl. Schröder, (1996), S.65

[12] Eine Situation, welche durch die „Reformen“ von Napoleon noch zusätzlich verschärft wurde.

[13] Vgl. Schjerve-Rindler-Unterlagen „Aspekte der französischen Sprachpolitik“, WS 2003/2004. siehe Anhang.

[14] Trittner, (1999), S.265

[15] Vgl. Schröder, (1996), S.73

[16] Vgl. Schröder, (1996), S.87

[17] Vgl. Trittner, (1999), S.265

[18] Vgl. Vorwagner, (1996), S.87

[19] Vgl. Idem S.87

[20] Vgl. Idem S.88

[21] Vgl. Trittner, (1999), S.265

[22] Vgl. Trittner, (1999), S.265

[23] Vgl. Vorwagner, (1996), S.92

[24] Vgl. Vorwagner, (1996), S.93

[25] Vgl. Idem, S.92

[26] Vgl. Idem, S.93

[27] Vgl. http://www.pedagene.creteil.infm.fr/ressources/histoire /revolut.html

[28] http://www.pedagene.creteil.infm.fr/ressources/histoire /revolut.html (S.6)

[29] http://www.pedagene.creteil.infm.fr/ressources/histoire /revolut.html (S.6)

[30] Vgl. Vorwagner, (1996), S.93

[31] Vgl. http://www.pedagene.creteil.infm.fr/ressources/histoire /revolut.html (S.7)

[32] Vgl. Vorwagner, (1996), S.94

[33] Vgl. idem, S.95

[34] Vgl. Vorwagner, (1996), S.95

[35] Wolf, (1999), S.292

[36] Vgl. Wolf, (1999), S.292

[37] Vgl. Wolf, (1999), S.293

[38] http://www.breizh.net/identity/galleg/humanisme.et.Bretagne.htm

[39] http://www.tu-dresden.de/lsk/laz/semesterarbeiten/ws00/bretonisch/weichsel-bretonisch-haupt.html

[40] Vgl. http://www.tu-dresden.de/lsk/laz/semesterarbeiten/ws00/bretonisch/weichsel-bretonisch-haupt.html

[41] http://www.tlfq.rlaval.ca/axl/europe/france_politik_francais.html

[42] http://www.tlfq.rlaval.ca/axl/europe/france_politik_francais.html

[43] http://www.gfbv.it/3dossier/eu-min/okzitan.html

[44] Es geht aus dem Dossier leider nicht hervor, was mit „streng“ genau gemeint ist!

[45] Vgl. http://www.gfbv.it/3dossier/eu-min/okzitan.html

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Die französische Sprachpolitik im 19. Jahrhundert
Universidad
University of Vienna
Curso
Linguistisches Seminar
Calificación
2
Autor
Año
2005
Páginas
23
No. de catálogo
V109423
ISBN (Ebook)
9783640076048
Tamaño de fichero
400 KB
Idioma
Alemán
Notas
Arbeit ist zu 2/3 in Deutsch und zu 1/3 in Französisch verfasst
Palabras clave
Sprachpolitik, Jahrhundert, Linguistisches, Seminar
Citar trabajo
Dominik Bozkurt (Autor), 2005, Die französische Sprachpolitik im 19. Jahrhundert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109423

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