Epoche | Sturm und Drang (1767 – 1785) |
Werk | Johann Wolfgang von Goethe – Die Leiden des jungen Werther |
Klausur / Thema | 12-1 / Werther, Ende |
Künstler | Bewertung: positiv · Jugendbewegung („dynamische Phase der Aufklärung“) · Interesse an der Gefühlswelt des eigenen Ichs und anderer Subjekte · Selbstverwirklichungsanspruch, Folge: Spontaneität · Freundschaftskult, Interesse an den eigenen und den Gefühlen anderer · theoretischer Drang zum Handeln <=> praktische Tatenlosigkeit |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Ablehnung des reinen Vernunftsmenschen (Kritik an der Aufklärung) · Ablehnung von gesellschaftlichen Normen und religiösen Dogmen · Kritik am Absolutismus, an der Ständeordnung (aber: keine Versuche der Auflösung des adligen Standes) · Radikale Freiheit für die Entwicklung des Individuums · Pessimismus (Ablehnung des Fortschrittsoptimismus der Aufklärung) => Kulturpessimismus |
Aufgabe der Kunst | · Betonung der menschlichen Subjektivität · Verherrlichung des Genies, „Geniekult“ (der titanische Rebell Prometheus) · Betonung des Gefühls, der Leidenschaft („Tränenseligkeit“) · „Originalwerke“ schaffen um die Schöpferkraft des Genies auszuleben · Kunst gilt als naturgebunden · teils revolutionäre Züge, aber keine Belehrung |
Natur | Bewertung: positiv · Betonung des Göttlichen in der Natur (Pantheismus), „allesdurchdringende Weltseele in Form der ewigen Natur“ · Idealisierung der Natur als Andachtsraum => Naturoptimismus |
Zentrale Thematik | · behindernde Kräfte der Zeit <=> uneingeschränkte Subjektivität des Ichs |
Formen | · Drama (feste Formen aufgebrochen => Abkehr von der klassischen Dramenform) · Erlebnislyrik · Ballade (Hymnen, Oden) · Epik (eher im Hintergrund, Briefromane, Tagebücher) => Bekenntnisdichtung |
Sprache | · Emotional, affektgeladen, spontan · Auflösung der Syntax · Grammatisch falsche Konstruktionen |
Vorbilder | · J. J. Rousseau: Kulturpessimismus (Mensch von Natur aus gut, Gesellschaft schlecht) => „zurück zur Natur“ · Ossian: Natur und Empfindungswelt (Oden, Hymnen) · Shakespear: „Geniekult“, offene Dramenform, Bezug Natur <=> Kunst · Homer: Idealisierung der Natur („heile Welt“), Antike · Klopstock: Empfindsamkeit · Pietismus: gefühlsbetonte Beziehung zu Gott |
Vorbildfunktion | · Vormärz (Jugendbewegung, Erneuerungsbewegung) · Expressionismus (Jugendbewegung, Erneuerungsbewegung) · Klassik (Aspekte des Gefühls) · [Naturalismus (Aufbrechen der Dramenform, Dialekte etc.)] |
Epoche | Klassik (1786 – 1805) |
Werk | Friedrich Schiller – Don Karlos |
Klausur / Thema | 12-2 / Interpretation: Ideenballade "Die Bürgschaft" + Vergleich: Don Karlos |
Künstler | Bewertung: positiv · Intellektuellenbewegung (hohe Kulturstufe) · zeitlose und mustergültige Werke => "Autonomieerklärung der Kunst" (Trennung der Kunst von der Wirklichkeit) · geschichtsphilosophisches Konzept zur Lehre der Humanität über ästhetische Erziehung · Toleranz · Weltbürgertum (Desinteresse an der Tagespolitik) · Erschaffen des Schönen durch Beachten von Gesetzen und Regeln (Ethos der Form, in dem sich die Idee der Freiheit spiegelt) |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Verbesserung der Gesellschaft durch die einzelne Bildung (=> Veredlung) der Individuen mittels der Kunst (Theorie Schillers) · Freiheit (nach Schiller: sich den Regeln und Gesetze der Sittlichkeit zu unterwerfen) · Ideal des Menschen: "Schöne Seele" (Intuitive moralisch-korrekte Handlung ausgehend vom Gefühl, ideale Konsens zwischen Vernunft und Gefühl) · strenge Gesetze auch im Staatswesen |
Aufgabe der Kunst | · Veranschaulichung des Wahren und Guten, nach dem der Mensch streben soll · ästhetische Erziehung (mit der Folge der ästhethischen Harmonie, "Schöne Seele") => Befreiungsmöglichkeit · Rückkehr zur Antike, Orientierung an deren Schönheitsideal · Ausgleich zwischen Extremen, sich "widerstreitenden Trieben" · Themen: übergeordnetem Leitgedanken folgen => Allgemeingültigkeit |
Natur | Bewertung: neutral · von ewigen Gesetzen bestimmter neutraler Kosmos · Mensch ist in die Natur integriert und soll mit ihr im Einklang leben · fruchtbares und ewiges Lebensprinzip · Naturwissenschaftliche Ansätze (Studium der Natur gilt als Voraussetzung für jede Kunstproduktion) |
Zentrale Thematik | · Harmonie von Vernunft / Verstand (Aufklärung) und Gefühl / Seele (Sturm und Drang) |
Formen | · Drama (feste aristotelische Dramenpoetik) · Roman (Erziehungs- und Bildungsroman) · Ballade (Ideenballade) · Allgemeine Symbolik der Lyrik |
Sprache | · stilisierte Kunstsprache (rhythmisch) · Mundart oder Dialekt unbekannt · Dämpfung und Ausklammerung von Gefühlen und Extremen |
Vorbilder | · Aufklärung: Meschenwürde, Menschenrechte, freie Selbstbestimmung und Toleranz ("Bausteine der Humanitätsidee") · Sturm und Drang / Empfindsamkeit: Gefühlskultur und Individualität · Winckelmann: Verweis auf die Schönheit der griechischen Antike · Kants Idealismus beeinflusst besonders Schiller |
Vorbildfunktion | ! |
Epoche | Romantik (1795 – 1830) |
Werk | Heinrich von Kleist – Die Marquise von O. (Spätromantik) |
Klausur / Thema | keine [!] |
Künstler | Bewertung: positiv · Vielseitigkeit und Subjektivität · von Gott gegebenes außergewöhnliches, grenzüberschreitendes Wahrnehmungsvermögen (z.B. Verständnis der Sprache der Natur) Folge: Einsicht in den Weltzusammenhang, der dem empirisch-rationalen Denken verschloßen bleibt · "schöpferisches Genie", das alle Lebensbereiche poetisch zu erfassen sucht => Interesse an allen Künsten und Wissenschaften · Schlichtheit und Harmonie (Naivität, Kindlichkeit) · Sehnsucht nach dem Unbekannten, Unerreichbaren und Geheimnisvollen (Novalis Symbol der "blauen Blume") · politisches Desinteresse auf Grund der Unterdrückung liberaler Hoffnungen · Frauen sind erstmals im literarischen Leben [z.T.] anerkannt · biedermeierlicher Romantiker: Tennung Theorie <=> Praxis: Romantik lediglich als eine Form des Nachempfindens der erschaffenen Wunschgebilde · gefährdeter Romantiker: tatsächliches "Ausleben" der Romantik => kritische Reflexion nötig, romantische Ironie bietet Distanz |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · politische Stagnation, "Maschinenzeitalter" => Werteverluste, Einschränkungen (bspw. in der Erkenntnis des Überirdischen) · Ablehnung der sog. "Philister" (engstirnige, leistungs-, erfolgs-, und zukunftsorientierte "Spießer") · Ziel: Mensch als Gefühlswesen, das sich über die durch Vernunft geschaffenen Begrenzungen hinwegsetzt |
Aufgabe der Kunst | · Blick auf die menschliche Innenwelt · der Dichter als "höheres Wesen" kann mit der Natur und ihrer Sprache in Kommunikation treten und die Eindrücke in Form der dichterischen Sprache an den Leser weitervermitteln · die so entstehende "Gemütserregungskunst" dient der gedanklichen Befreiung aus allen gesellschaftliche und politischen Eingrenzungen (vgl. zentrale Motive wie Fernweh, Traum oder Wanderschaft) => Poetisierung der Gesellschaft · Rückbesinnung auf die Vergangenheit, Distanzierung von der Antiken-Rezeption der Klassik · christliches Mittelalter und Renaissance als utopische, aber überschaubare Gegenwelten · Musik als höchste Gattung der Kunst ("Vorschein des Unendlichen", "tiefster Gefühlsausdruck", "Sehnsucht nach dem Wunderbaren") · "Nachtseite der Romantik" (Blick auf die bedrohliche, tribehafte Innenwelt des eigenen Ichs, Traum) · wissenschaftliche Erforschung der deutschen Sprache und Literatur (kulturelle deutsche Volkstradition => Nationalismus) |
Natur | Bewertung: positiv / negativ · gefühlsbetonter Ort · Möglichkeit, die überirdische Welt ahnend zu erkennen · der Künstler kann die göttliche Sprache der Natur wiedererlernen, indem er sich dieser öffnet und ihr "zuhört" · Musikalität der Natur als Inspiration · zwiespältige Doppelgesichtigkeit der Naturverbundenheit (idyllische Natur <=> bedrohliche Natur) |
Zentrale Thematik | · "Universalpoesie" => Verschmelzung von Leben und Kunst |
Formen | · Epik (Roman, Novelle, Kunstmärchen) · Auflösung von starren Gattungsgrenzen durch Einfügen von Märchen, Liedern, Briefen oder Episoden (=> Perspektivenfülle und Vielschichtigkeit der Romantik) · Lyrik ("Stimmungslyrik" persönliche Gefühle, Volkstümlichkeit) · Drama eher im Hintergrund (Kombination von Tragödie und Komödie) |
Sprache | · Synästhesie (Verbindung verschiedener Sinneseindrücke) · einfache, volkstümliche (Natur-)Bilder |
Vorbilder | · Empfindsamkeit, Pietismus: individuelle Gefühlswelt · Sturm und Drang: Freiheits- und Geniebegriff, Natur · Klassik: Harmoniestreben (aber: Abgrenzung, "ästhetische Revolution") · Mittelalter: Utopie der (alt-)deutschen Volkskunst, christliche Religion · Johann Gottlieb Fichte: radikaler Subjektivismus (menschliches Bewusstsein als Schöpfer der Welt) · Friedrich von Schelling: Identität zwischen Natur und Geist · Friedrich Schleiermacher: religiöser Individualismus |
Vorbildfunktion | ! |
Epoche | Junges Deutschland / Vormärz (1815 – 1850) |
Werk | Georg Büchner – Woyzeck |
Klausur / Thema | 12-3 / Erörterung einer Theaterrezension zu Woyzeck |
Künstler | Bewertung: keine · politisches Engagement gegen die Restauration · Ablehnung der idealistischen Klassik => Kontrastmodell in Form eines demokratischen Prinzips der Literatur · im Vormärz große Anzahl an Exilliteratur · keine politischen Agitatoren (Ausnahme: Büchner) |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Ablehnung jedes politischen, religiösen und moralischen Dogmatismus · politisches Mitspracherecht für alle Bürger · Presse- und Meinungsfreiheit · Frauenemanzipation · Sozialismus, Aufhebung der Standesunterschiede · Trennung von Staat und Kirche => im Vormärz als "illusionärer Liberalismus" betitelt |
Aufgabe der Kunst | · soziale Anklage · aktuelle, das politische und soziale Leben kritisch betrachtende Dichtkunst · Parteinahme für das Volk · kritische Reflexion der Wirklichkeit · Bruch von gesellschaftlichen Tabus · bewusst populär, keiner Elite vorbehalten (breites Publikum) |
Natur | Bewertung: keine |
Zentrale Thematik | · Änderung der politischen und gesellschaftlichen Missstände |
Formen | · Abkehr von den reglementierenden Doktrin der normativen Poetik (erstmals: Hauptfigur aus niederem Volk, Dialekt usw.) · Epik / Drama: kleinere Formen · politische Lyrik · neue Gattung: Reisebilder · journalistische Tätigkeiten (Witz, Satire und Pointenreichtum) · "Ideenschmuggel" mit Hilfe von Anspielungen und Plauderein => Aussagen hinter Reiseberichten, Romanen oder Abhandlungen über den Zweck der Kunst getarnt (Schutz vor Zensur) |
Vorbilder | · Aufklärung: Voltaire und Denis Diderot · Auseinandersetzung mit Romantik und Klassik (keine Vorbildfunktionen) |
Vorbildfunktion | |
Georg Büchners dichterisches Selbstverständnis | · Determiniertheit des Menschen durch Natur (Körper und Triebe) und Gesellschaft (Materialismus) => Marionetten-Symbol, Pessimismus · Dichter als Geschichtsschreiber, der die Welt zeigt, wie sie ist (=> dokumentarisches Material als Quelle) · keine Idealisierung (niedere Stände auf der Bühne, Dialekte) => Naturalismus · keine Belehrung, kein Aufzeigen besserer Möglichkeiten (Dichter darf kein „Lehrer der Moral sein“) · keine Unterscheidung zwischen „Schönem“ und Häßlichem“ => Expressionismus => „Ich will es nicht besser machen, als der liebe Herrgott es gemacht hat“ · Abkehr von einem idealistischem Pathos => neues Weltbild, dass im Gegensatz zur Klassik nicht mehr durch Harmonie sondern durch Disharmonie geprägt ist |
Heinrich Heines dichterisches Selbstverständnis | · Ablehnung der alten Kunst (Flucht vor den Leiden der Zeit in eine idealisierte, schein-artige Vergangenheit) · Forderung nach einer autonomen Kunst, die die Zeit widerspiegelt, geschaffen durch einen politischen, gottfreien und in Harmonie mit der Umgebung lebenden Künstler · Gegensätze prägen Heines Werke (Gefühl <=> Ratio, Tradition <=> Revolte) · Ironisierung der Romantik (z.B. romantische Gedichte mit kritischen Schlusspointen => Prinzip der Stimmungsbrechung) |
Epoche | Poetischer Realismus (1850 – 1890) |
Werk | Theodor Fontane – Effi Briest |
Klausur / Thema | 12-4 / Auszug aus Frau Jenny Treibel Charakterisierung + Interpretation + Analyse |
Künstler | Bewertung: keine · der Künstler beseelt den Rohstoff („die Wirklichkeit“) und verleiht ihm dadurch ein eigenes Leben (Prozess der Läuterung) · Abkehr vom Idealismus der Klassik, vom Irrationalismus der Romantik, von der Radikalität der Vormärz-Autoren · Resignation auf Grund der Nichteinlösbarkeit des Ideals (=> Determiniertheit) · Auffassung des Dichtens als bürgerliche Arbeit mit spezifischen Verpflichtung zu „Sauberkeit´“ der Komposition und des Stils · Zügelung der Subjektivität (vgl. Fontanes objektive Erzähltechnik), Treue zum Werk als ästhetische Einheit, Verzicht auf publizistische Grenzüberschreitung |
Gesellschaft | Bewertung: keine · keine konkrete Kritik an der Gesellschaft, vielmehr Darstellung (der Roman als Kunstform) · Ablehnung eines „Elendsrealismus“ als direkte soziale Anklage · mehr Interesse an der „Welt“, als an der Gesellschaft · „wo die Wirklichkeit trivial ist, zerfällt die Literatur in triviale Schilderungen einerseits, haltlosen Subjektivismus, frivole Geistreichelei und rhetorische Deklamationen andererseits.“ |
Aufgabe der Kunst | Poetischer Realimus: künstlerische Wiedergabe (Fontane) [Balzacs Realismus: reiner Wiedergabecharakter] [Kritischer Realimus: Aufdeckung der Wirklichkeit (Brecht)] · unparteiische, detaillierte Darstellung des Wirklichen und Wahren (unabhängig von der Größenordnung) · aber: subjektive, gefilterte Wiedergabe mittels einer poetischen Gestaltung (Wahrheit = Glaubwürdigkeit) · Realität muss verklärt werden, d.h. auf eine glaubwürdige Versöhnung hin transparent gemacht werden · über das Alltägliche hinausgehoben („Klorealität“ wird ausgegrenzt) · Eliminierung des Abenteuerlichen, Romantischen, sozial Randständigen; Verzicht auf „problematische“ Charaktere · Unterhaltung, Idylle, Verherrlichung des Bestehenden, distanzierter Humor · Intention des Künstlers wird in der Kunst sichtbar · Vermeidung von Stoffen und Formen, die exklusive literarische Bildung voraussetzen; statt dessen allgemein interessierende und zugängliche Werke => Analyse der psychischen Beweggründe für das Verhalten der Personen, Aufzeigen der gesellschaftlichen Normen, an denen diese sich orientieren (konservative Haltung <=> notwendiger Fortschritt) |
Natur | Bewertung: keine |
Zentrale Thematik | · Widerspiegelung alles Wirklichen |
Formen | · Epik: Zeitroman / Gesellschaftsroman => Spiegel der Zeit (Fontane), Novelle zur Darstellung konzentrieter Konflikte · Lyrik / Drama: sehr begrenzt |
Sprache | · eine charakterisierende Sprache, daher auch Bevorzugung der Prosa; jedoch kein Soziolekt in der Erzählerrede · unterschwelliger Humor und Ironie schafft Distanz |
Vorbilder | · Positivismus: Erfahrungen und Tatsachen als Lösung für Erkenntnisfragen · Relativismus: Kritik an absoluten Werten · Pessimismus: Schopenhauers Weltbild · Sozialdarwinismus, Naturwissenschaften |
Vorbildfunktion | · bildet die Basis für den Naturalismus · Thomas Mann wird durch Fontanes Erzähl- und Schreibstil beeinflusst |
Epoche | Naturalismus (1880 – 1900) |
Werk | Gehart Hauptmann – Die Weber |
Klausur / Thema | keine [!] |
Künstler | Bewertung: keine · Protestbewegung / Jugendbewegung · Ergründung der Kausalzusammenhänge des Lebens und der psychologschen Gesetzmässigkeiten · Ablehnung der verklärenden Wirklichkeit des poetischen Realismus und der klassischen / romantischen Kunstformen („verfault“) => Naturalismus als „modernes“ Gegenstück · Pessimismus: Befreiungsversuche der „passiven Helden“ scheitern (vgl. Büchner) · meist aus kleinbürgerlichem Milieu: Erkenntnis der „Wirklichkeiten der Straße“ · Oppositionshaltung gegen die wilhelminische Gesellschaft und deren Kulturverständnis, das der Kunst allenfalls eine Kompensationsfunktion zusprach |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Naturalismus als literarische Reaktion auf den rasanten Zivilisationsprozeß des 19. Jh. · Herkunft, soziales Umfeld und Zeitumstände bestimmen das Wesen des Menschen („Milieutheorie“) · menschliche Handlungsarmut durch gesellschaftliche / politische Beschränkungen und Triebdeterminiertheit |
Aufgabe der Kunst | · Kunst als naturwissenschaftliches Mittel, naturgetreue Annährung an die Wirklichkeit; gewisse Subjektivität bleibt bestehen (Arno Holz: „Kunst = Natur – x“) · „Seelendramen“, d.h. im Äußeren sollte sich das Innere zu erkennen geben. · Kritik an der Gesellschaft => soziales Mitgefühl · Aufklärung der Menschen zur Veränderung der sozialen Situation · aktuelle Thematiken, Probleme der Zeit (Standeskonflikte, „fünfter Stand“, Massengesellschaft, Gesellschaftsordnung, kleinbürgerliches Elend) · Einbindung der Kunst in die Lebenspraxis |
Natur | Bewertung: keine · Kunst als Naturwissenschaft |
Zentrale Thematik | · soziale Missstände der in der Kunst gespiegelten Wirklichkeit aufzeigen und -möglicherweise- verbessern |
Formen | · Suchbewegung: neue Formen und Inhalte · soziales Drama steht eindeutig im Vordergrund: ausführliche Regieanweisungen, geringe Personenzahl (=> konzentrierte Aussage), keine Ständebegrenzungen mehr (=> vierter Stand), kein herkömmliches Theaterjargon (=> Dialekte usw.) Einheit des Ortes und der Zeit (=> Wahrscheinlichkeit), Auflösung der geschlossenen Form (=> minutiöse Stimmungsbilder, Ausschnitte aus dem Leben) [freie Bühne als Aufführungsort (vor der Zensur geschützt)] · Epik: Roman / Novelle greifen ebenfalls auf genaue Beschreibungen und Sekundenstil zurück => „konsequenter Naturalismus“ · Lyrik: erst aktuelle Themen in klassischen Formen, später komplett neue Gestaltung durch Arno Holz verlangt; Ablehnung von Musikalität, Reim und Strophe => neue Beziehung wzischen Sprache und Wirklichkeit, Konzentration auf den Sprachrhytmus („Prosalyrik“) |
Sprache | · präzies Abbild der Realität => reportagehafte Formen · Bestandsaufnahme von Zeit und menschlichen Eigenschaften · Sekundenstil: akribisch-genaue, möglichst vollständige Darstellung von Zeitabläufen, Gedanken und Äußerlichkeiten · Umgangssprache, Dialekt, Stottern, Stammeln, Ausrufe, Emphasen, Stöhnen, Seufzen, Pausen => schichtspezifische Sprechweise d. Figuren, „Sprache des Lebens“ (Holz) |
Vorbilder | · Emile Zola (französischer Naturalist): Literatur als ein Ausschnitt der Natur, wahrgenommen durch eine individuelle (dichterische) Persönlichkeit => mehr als fotografische Abbilder · Wissenschaftsgläubigkeit der Zeit (Darwin: „Sozialdarwinismus“, Marx / Engels: „Gesetzmässigkeit der Geschichte“) · Politische Implikationen: Fortsetzung des Jungen Deutschlands => materialistisches Menschenbild |
Vorbildfunktion | · epochaler Beginn der Moderne · Holz Lyrik wirkt auf den „fin de siecle“ |
Epoche | Symbolismus (1890 – 1910) |
Werk | keins |
Klausur / Thema | keine [!] |
Künstler | Bewertung: positiv / elitär · „Avantgarde“: Sammlebegriff für eine formale und inhaltliche Opposition gegenüber Bestehendem · Symbole, die der Dichter in der Realität erkennt, werden ihm zum „Zeichen einer Erkenntnis“ · Exklusivität der Literatur: auf kleine, elitäre Kreise beschränkt (Georges Wunsch nach einer eigenen subjektiven Sprache) · moderne Sprach- und Bewusstseinskrise (Hoffmannsthals Chandos-Brief) => Dekadenz · Ohmacht und damit Distanz gegenüber politischer und gesellschaftlicher Entwicklung => Außenseiter (gewollte Abwendung und mangelnde Akzeptanz) · Rückzug in den sog. Elfenbeinturm (z.B. Stefan George), Flucht vor dem Alltag in eine ästhetischideele Welt · Künstlerwelt (Boheme) steht in Opposition zur Gesellschaft (Bourgeoisie) [Kunst <=> Leben] · teils priesterliche Funktion (Stefan George) => elitärer Machtmensch, Auserwählter (kein Einfluss sozialer Stellungen) |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Existenz einer jenseitigen Welt · Einseitigkeit der Gesellschaft mit Einseitigkeit der Kunst beantwortet · Jahrhundertwende => allgemeiner Niedergang, sterbende Kultur |
Aufgabe der Kunst | · Kunst als Selbstzweck, Autonomie der Kunst („l′art pour l′art“) · totale Subjektivität · über alle praktischen Einflüsse und ethischen Werte erhaben und nur aus sich selbst heraus zu verstehen · Lösung der Literatur aus fremder Zweckgebundenheit · Inhalt tritt hinter der ästhetischen Gestaltung eines Textes zurück · Darstellung des „Schönen“, „Nutzlosen“ und „Überflüssigen“ · Reflexion des tiefsten Seelenempfindens des Menschen durch künstlerische Zerlegung der Wirklichkeit in Symbole, die mit Hilfe der Kunst z.T. neu zusammengefügt und wiedergegeben werden · grundsätzliche Ablehnung des Naturalismus, kein Interesse an politisch-sozialer Aktualität, Ablehnung einer realistisch-naturwissenschaftlichen Weltsicht => Ästhetizismus · reine Dichtung („poesie pure“) => keine Belehrung, keine aufklärerische Funktion · suggestive, psychisch- / emotional-wirkende Kraft der Sprache deutete symbolhaft die hinter allem Sein liegende Idee (Daseinshintergrund) an · Poesie soll über die verbrauchte Mitteilungssprache erhoben werden => Exklusivität (Idealisierung der Musik; nicht mit pragmatischen Aufgaben wie Kommunikation belastet) |
Zentrale Thematik | · Idealismus für die Kunst – zweckfrei |
Formen | · betontes Formbewußtsein, strenger Versbau (Sonett, Terzine) · überwiegend Lyrik: streng-gefügte Gedichte (Stefan George), melodische Lyrik Hoffmannsthals Dinggedichte (Rilke) [distanziert-sachliche Erfassung des Wesens eines Objektes] · Drama (Einakter) / Epik im Hintergrund |
Sprache | · Magie (Einbau mystischer Elemente) und Musikalität · äußerste Konzentration des Wortes auf seine sinnbildliche Aussagekraft · Bildkraft der Sprache steht über dem Erkenntnisvermögen des Verstandes · Reim, Synästhesie, Onomatopöie (lautmalende Wörter oder Wortneubildungen, Klangmalerei), Exotik, Wortneuschöpfungen, freie Verse (Reimordnung und Strophengliederung sind frei) · Analogien, Assoziationen, Klangkorrespondenzen, Mehrdeutigkeit, Metaphorik, Rhytmik |
Vorbilder | · Beginn der Moderne in jeder Hinsicht · Frankreich: Schlagwörter „fin de siecle“ und „decadence“ (Stephane Mallarme) · Sigmund Freud: Psychoanalyse („neuer Zugang zu menschlichen Psyche“) · Nietzsche: Nihilismus (abendländische Wertebegriffe sind lediglich Hilfskonstrukte zur Aufrechterhaltung menschlicher Herrschaftsgebilde, bürgerliche Werte und Normen sind Heuchelei und Schein) => durchweg negatives Weltbild („Wille zur Macht“ als Gesetz des Lebens) · Albert Einstein: feste Begriffe von Raum und Zeit in Frage gestellt · Charles Baudelaire: Mitbegründer der modernen Lyrik · deutsche Romantik: Novalis |
Vorbildfunktion | · Dadaismus · Futurismus · Surrealismus |
Epoche | Expressionismus (1910 – 1920) |
Werk | keins |
Klausur / Thema | keine [!] |
Künstler | Bewertung: keine · Jugendbewegung: Künder einer neuen Zeit · Abgrenzung von der Wirklichkeitsnachbildung und dem materiellen Weltbild des Naturalismus, vom Schönheitsideals und der Vordergründigkeit des Impressionismus / Symbolismus und der „fin de siecle“-Formel „l′art pour l′art“ · Bemühung um Intensität des Ausdrucks · Vernichtungs- / Untergangsstimmung <=> Fortschrittsoptimismus · Hassliebe zur Großstadt |
Gesellschaft | Bewertung: negativ · Orientierungslosigkeit, Unsicherheit und Dissoziation (Verlust der Einheit) auf Grund des Verlust fester Werte · Forderung nach Neubeginn, neues Weltbild (politischer Aktivismus, Pazifismus: „Der Sturm“, „Die Aktion“) · der Expressionismus spiegelt den „Keim [...] eines neuen Menschen“ => lautstarken Utopie des neuen Menschen · Protest gegen die bürgerlichen Strukturen der Wilhelminischen Epoche, gegen rücksichtslosen technischen Fortschritt und die Selbstentfremdung des Menschen („Individualitätsverlust“) · Glaube an einen Wandel zur Humanität <=> Resignation |
Aufgabe der Kunst | · fundamentale Zivilisationskritik · als Gegenstück zum Nihilismus, als Wirklichkeitszertrümmerung · öffentliche Freiheit durch die Gesellschaft genommen => „Aufschrei“ in der Kunst durch persönliche Gefühle · Themen / Motive: Auflösung des Ich, neuer Mensch, Krieg (Weltkrieg als Symbol für die animalische Natur des Menschen) und Großstadt (Symbol für die Verdinglichung des Menschen in einer seelenlosen, automatisieten Welt) => Motive des Alltäglichen in verfremdeter Gestalt · kein Eindruck der Außenwelt (vgl. Realismus => Naturalismus, „Kunstform“), sondern ein Ausdruck der Innenwelt („Erlebnisform“), intensive Darstellung des Menschlichen · Kunst auf eine bisher „unerwartete Weise“ darstellen (vgl. „Ästhetik des Hässlichen“) |
[Natur] / Großstadt | Bewertung: negativ · Natur tritt eindeutig in den Hintergrund, viel aktueller ist das sog. Großstadtmotiv · Weiterführung der Zivilisationskritik Rousseaus im Bezug auf die Großstadt |
Zentrale Thematik | · Ausdruck der inneren Wirklichkeit, des Wesentlichen zur Erneuerung, Veränderung der „zur Unmöglichkeit gewordenen Welt“ |
Formen | · Sprengung formaler Traditionen und der Grenzen der künstlerischen Gattungen · Lyrik: Großstadtdichtung (dämonisierte Gesamtmetaphern [Objektwelt wird dämonisch belebt], Verdinglichung des Menschen, großstädtische Nachtwelt, sprach- / typusexperimentelle Tendenzen [Simultangedicht, Reihungsstil usw.]) · expressionistisches Drama: abstrakte Büdhne, spärliche Requisiten, Wandlungs- / Erlösungsdrama, Stationendrama (Auflösung der Einheit des Ortes [isolierte Stationen des Weges], Perspektive des zentrale Ichs, Monolog verliert Ausnahmecharakter => Eröffnung eines „verborgenen Seelenlebens“, subjektive Dramatik · Epik: erst gegen Ende der Epoche treten Roman und Novelle in den Vordergrund; aussschnitthaftes und subjektives Aufzeigen durch Veränderung der Erzähltechnik (Figurenperspektive und innerer Monolog anstelle eines auktorialen Erzählers) |
Sprache | · rauschhafte Sprache · Verkürzungen, Intensivierungen <=> pathetisch, barock, hymnisch · Reihungsstil in der Lyrik (Kombination von Unzusammenhängendem und Ungleichartigen, gleichzeitige oder kurz hintereinander Auftreten von zusammenhanglosen Metaphern) · direkte Benennung des Häßlichen und Trivialen · Wortneuschöpfungen · gebrochener und gekürzte Syntax (Wortfetzen, „Telegrammstil“) · übersteigerte Methaphorik · äußerst verkürzter Sprachstil (vgl. August Stramm) · Personifikation von Gegenständen, Verdinglichung des Ichs => Ausdruck des Ich-Verlusts · filmische Darstellungstechniken beeinflussen Erzählweise und Dramatugie => Montage- und Simultantechnik (Gleichzeitigkeit verschiedener, räumlich disparater Ereignisse; Ziel: Veranschaulichung der Vielheit verschiedener Erscheinungen, die Mehrschichtigkeit der Wirklichkeit und die Diskrepanzen der Lebensanschauungen zwischen den Menschen) |
Vorbilder | · Sigmund Freud: Psychoanalyse · Nietzsche: Nihilismus (abendländische Wertebegriffe sind lediglich Hilfskonstrukte zur Aufrechterhaltung menschlicher Herrschaftsgebilde) => durchweg negatives Weltbild („Wille zur Macht“ als Gesetz des Lebens) · Henri Bergson: interlektuelle Erkenntnisfähigkeit ist begrenzt, „tiefere Wirklichkeit“ kann man nur durch Intuition erkennen, allesdurchdrigende Lebensenergie · Sören Kierkegaards: Betonung des „Christlich-Absoluten“ als Sinn des Lebens, der nötig ist, damit der Mensch nicht in Angst und Verzweiflung verfällt |
Vorbildfunktion | · Bertolt Brecht · Friedrich Dürenmatt · Gesellschaftskritik und visionäre Bildlichkeit beeinflussten Dadaismus und Surrealismus · Warnutopien des ausgehenden 20. Jh. knüpfen an die Zivilisationskritik an |
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