Ludwig Uhland


Trabajo, 2004

20 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Überblick

2 Kurzbiographie Uhlands

3 Hintergrund
3.1 Die beiden Tübinger Kreise
3.2 1805-1817
3.3 1829-1834

4 Gedichtauswahl
4.1 „Die Kapelle“
4.1.1 Hintergrund und Entstehung
4.1.2 Formale Aspekte
4.1.3 Interpretation
4.2 „Schafers Sonntagslied“
4.2.1 Hintergrund und Entstehung
4.2.2 Formale Aspekte
4.2.3 Interpretation
4.2.4 Im Vergleich zu „Die Kapelle“
4.3 “Des Knaben Berglied“
4.3.1 Entstehung und Form
4.3.2 Überblick und Interpretation
4.4 „Glosse. 1. Der Rezensent“
4.5 „Das alte, gute Recht“
4.6 „Wrnttemberg“

5 Zusammenfassung

1 Überblick

Diese Arbeit soll einen Gesamteindruck von dem schwäbischen Romantiker Ludwig Uhland vermitteln. Hierzu stelle ich einige biographische Daten voran sowie Begebenheiten, die Uhland und seine Arbeit beeinflusst haben. Mei­nen Schwerpunkt lege ich (wie auch schon im Referat) auf die Interpretation seiner romantischen Gedichte. Seine Art, romantische Gedichte zu schreiben unterscheidet ihn nämlich grundlegend von anderen Romantikern. Seiner Ent­wicklung gemäß werde ich auch ein antiromantisches Werk sowie zwei seiner politischen Gedichte behandeln.

2 Kurzbiographie Ühlands

Friedrich Ludwig Uhland wurde am 26.04.1787 in Tubingen geboren. Er hatte sich schon während seines Jurastudiums sehr fur altdeutsche Literatur und Volkspoesie interessiert und traf sich regelmaßig mit Gleichgesinnten, um die­ses Interesse zu vertiefen. Seit 1805 veröffentlichte er sogar eigene Gedichte in verschiedenen Zeitschriften, wobei er bevorzugt nordisch-ritterliche Themen verwendete[1]. Zwei Jahre nach der Beendigung seines Studienganges promo­vierte Uhland erfolgreich und arbeitete späater in Stuttgart als Rechtsanwalt. Seine lyrische Arbeit entfernte sich ab da immer mehr vom Romantischen und nahm eher auf die regionale politische Lage bezug. 1819 wurde er als Abgeord­neter im wurttembergischen Landtag aufgenommen bis er 1829 eine Professur für deutsche Sprache und Literatur an der Tubinger Universitat erhielt. Um jedoch seinen politischen Interessen ungehindert nachkommen zu kännen, legte er diese Professur drei Jahre später wieder ab. Uhland starb mit 75 Jahren am 13.11.1862 in Tubingen[2].

3 Hintergrund

3.1 Die beiden Tübinger Kreise

Der erste Tübinger Kreis entstand 1804 und markiert den Beginn der Tübin­ger Romantik. Seine Mitglieder waren unter anderen Ludwig Uhland, Justinus Kerner und Karl Mayer[3], zwischen den dreien entstand eine tiefe Freundschaft. Zu der Zeit trafen sich auch andere literarisch interessierte Jura- und Medi­zinstudenten bei Kerner im Studentenwohnheim, um sich gegenseitig Gedich­te vorzulesen (auch eigene)[4]. Sie behandelten Aufsütze uber Poesie, Satiren, Volksbucher und -lieder, mittelhochdeutsche Dichtung und Werke von Goethe, Tieck, Schlegel, Novalis und anderen. Diese Studenten verband vor allem die Vorliebe fuür altdeutsche und altertuümliche Literatur, sie waren begeistert vom Mittelalter und von der schlichten, bodenstandigen Schünheit ihrer Heimat. Besonderes Interesse fand bei ihnen „Des Knaben Wunderhorn“ von Arnim und Brentano[5].

Spontan wurde eine eigene Zeitung „Sonntagsblatt fur gebildete Stande“ ge- grundet, welche von Januar bis Mürz 1807 erschien und zum Mittelpunkt der schwabischen Romantik wurde[6]. Da die Studenten kein Geld fur den Druck zur Verfügung hatten, wurde die Zeitschrift handschriftlich angefertigt. Sie erschi­en einmal pro Woche, naümlich sonntags und hatte einige Interessenten, unter ihnen sogar die eigenen Professoren. In diesem „Sonntagsblatt“ veröffentlichte Uhland seine ersten lyrischen Gedichte und Balladen, worin er eine zeitlich unbestimmte feudale Vorzeit behandelt[7]. Im „Musenalmanach fur das Jahr 1807“, welcher von Leo Freiherr von Seckendorf herausgegeben wurde, waren 28 Gedichte von Uhland und auch fíinf von Kerner abgedruckt[8]. Die geistes­wissenschaftlich wichtigsten Dokumente, die von Uhland veroüffentlicht wurden, sind sein Aufsatz „Uber das Romantische“ (1807) und sein „Bruchstück aus dem Niebelungenliede mit Beziehungen auf's Ganze“[9].

1807 löste sich dieser erste Tübinger Kreis auf, weil seine Mitglieder das Stu­dium beendet hatten oder auf Abschlussexamen lernen mussten.

Der zweite Tubinger Kreis entstand 1807 nach der Auflösung des ersten. Als nömlich Gustav Schwab dort anfing zu studieren, sammelte auch er einen Kreis literarisch interessierter Studenten um sich, und stellte dann den Kontakt zu Uhland und Kerner her. Gemeinsam veröffentlichten sie den „Poetischen Al­manach fur das Jahr 1812“, welcher Ende 1811 in Karlsruhe herauskam. Darin befand sich fast ausschließlich Lyrik. Im Juni 1813 gab es letztmals eine gemein­same Veröffentlichung, auf die besonders Uhland großen Wert legte, nömlich den „Deutschen Dichterwald“[10].

Für Uhlands dichterische Tatigkeit gibt es zwei Hauptperioden, die in den folgenden Unterkapiteln naher beschrieben werden.

3.2 1805-1817

Im Jahr 1805 kömpft Uhland ernsthaft um seine Selbststöndigkeit. Seitdem veröffentlichte er lyrische Gedichte in verschiedenen Zeitschriften, deren Stoffe vorzugsweise nordisch-ritterlicher Herkunft sind. Er uöbernahm vor allem alt­deutsche und volkstömliche Stoffe und verbörgerlichte sie in seiner Dichtung[11]. Es entstehen eigenstöndige lyrische Texte wie „Die Kapelle“, „Schöfers Sonn­tagslied“ und andere, in denen es Uhland erstmals gelingt, eine prägnante, verdichtende Kuörze herzustellen. Die charakteristischen Themen und Motive in diesem Jahr sind Klage und Vergönglichkeitswehmut, der Tod, Natur und Landschaft, Dichtung und Dichter. Es vereinigen sich zum Beispiel in „Der Koönig auf dem Turme“ das Naturbild, religioöser Aufblick, Altersklage und Todessehnsucht miteinander. Zu vielen Gedichten liefert die Mittelalter- und Ritterromantik den Hintergrund, wobei Sagenmotive und auch die Religion behandelt werden. Hierbei schlögt Uhland ab und zu didaktische Töne an.

Die formalen Kennzeichen der Gedichte von 1805 zeichnen sich durch Uhlands Bemuöhung um einfache Wortwahl und Knappheit des Ausdrucks aus sowie der schlichten Gestaltung der Vers- und Strophenform. Uhland verwendet ge­legentlich volksliedhafte Technik, verfasst haufig Rollenlieder und lösst den Leser oft im Unklaren daruber, ob es sich beim Text um eine Ballade oder um ein lyrisches Gedicht handelt[12].

Im Mai 1810 trat Uhland seine Reise nach Paris an, besuchte dort fast täglich die Bibliotheque Nationale, wo er seinen wissenschaftlichen Studien nachging[13].

In den nächsten Jahren wendet sich Uhland zunachst der Form des Sonetts zu, behandelt dann Liebesdichtung und Traummotive und beschaftigt sich ab 1811 mit dem Problem des Dichters und des Dichterischen. Das Jahr 1811 war das fruchtbarste Jahr, was Uhlands lyrische Arbeit anbelangt, es entstanden nämlich 52 Gedichte, welche sich uberwiegend durch Ungezwungenheit im Aus­druck und Satzbau und einfache, äberzeugende Bildlichkeit auszeichnen. Sie erwecken den Eindruck, formal vollkommen zu sein, denn hier harmonisieren Gehalt und Form miteinander[14].

Im Folgenden versiegte Uhlands Lyrik immer mehr, er schreibt in den näachsten Jahren nur noch ein paar vaterländische Gedichte sowie wenige dichterisch unbedeutende Lieder. Bis 1815 uäberwiegt bei Uhlands lyrischer Produktion die Balladendichtung, ein Jahr später dominierte dann die politische Dichtung. Nach einer völligen Unterbrechung in Uhlands lyrischer Tätigkeit zwischen den Jahren 1817 und 1818 entstanden bis 1833 nur noch wenige lyrische Nachzugler, wobei es sich vorwiegend um Gelegenheitsdichtung handelte[15].

Zusammenfassend kann man sagen, dass Uhland im Zeitraum 1805-1817 eine Anschaulichkeit erreicht hat wie kaum ein anderer. Er hat die klare Anschau­ung irdischer Dinge mit einem Gefuhl der Ahnung des Unendlichen versehen und er bevorzugt das Schlichte, Einfache und Allgemeine vor dem Ungewoähn- lichen und Fernliegenden. So hat Uhland Lieder erschaffen, in denen sich die allgemeinen Gefuhle des Volkes wiederspiegeln. Darin bevorzugt er als seine Ur- landschaft das bewaltete Mittelgebirge, von einer Bergeskuppe blickend uäber Hugel, Täler und Ebenen, wobei sich das Geschehen oft nachts und morgens abspielt. Wenn er in seinen Gedichten Tiere oder Pflanzen verwendet, dann zieht er Vägel (wie Lerche, Nachtigall, Amsel, Drossel, Dohle, Habicht oder Hahn) anderen Tieren vor und bevorzugt bei Blumen Veilchen und Rosen und bei Baumen Linde, Tanne, Birke und Apfelbaum[16].

Zu einigen Gedichten liefern die Mittelalter- und Ritterromantik den Hinter­grund, in manchen lassen sich heitere oder auch schwermutige Züge erkennen.

3.3 1829-1834

Im Herbst 1829 schöpfte Uhland neue Kraft und fing wieder an zu dichten. Zu dieser Zeit sind seine Gedichte überzeitlich und übernational, außerdem verwendet er mehr Symbole als fruher. So wird die Bildlichkeit seiner Gedichte vieldeutiger und farbenreicher. Es geht ihm nicht mehr um die anschauliche Darstellung von geschichtlichen Ereignissen und Personen oder um die objek­tive Beschreibung der mittelalterlichen Welt, sondern eher um die subjektive Gestaltung menschlicher Gefuhle[17]. Seine individuellen Empfindungen wollte er aber nicht vorbringen, da er der Meinung war, dass diese dem Volk abge­wandt seien[18].

4 Gedichtauswahl

4.1 „Die Kapelle“

4.1.1 Hintergrund und Entstehung

Den Hintergrund dieses Gedichtes bildet der Wurmlinger Kapellenberg, wel­cher am Ende des Ammerberges westlich von Tubingen liegt und damals ein beliebtes Motiv der schwöbischen Dichter war[19]. Wenn abends die Sonne un­terging, so schien es, als ragte der Berg inselartig aus einem Meer heraus und man konnte von der Kapelle aus in die Ferne sehen[20] und die Gedanken unter dem Einfluss dieses ergreifenden Eindrucks schweifen lassen.

Entstanden ist „Die Kapelle“ am 21.09.1805 in dem Jahr, in dem Uhland seine Selbststöndigkeit fand und ist somit eines seiner ersten prögnanten Gedichte, in denen er sich im Gegensatz zu seinen Balladen erstmals inhaltlich wie formal kurz fasste[21].

4.1.2 Formale Aspekte

Dieses Volkslied besteht aus 3 Quartetten, damit ist die Strophenzahl knapp und gut überschaubar. Es wird hier ein vierhebiger Trochäus mit reinem Kreuz­reim verwendet, außerdem wechseln sich weibliche und männliche Kadenzen ab. Durch natärliches Lesen des Gedichts lässt sich erkennen, dass Rhythmus und Metrum miteinander äbereinstimmen, was typisch fur Volkslieder ist. Die Wahl des Trochäus als fallendem Metrum unterstreicht hier die Todesthematik wirkungsvoll.

4.1.3 Interpretation

Im ersten Quartett wird der Kontrast zwischen „oben“ und „unten“ durch die Gegenuberstellung der göttlichen Welt (V. 1: „Droben“)22 und der menschli­chen (V. 3: „Drunten“) verdeutlicht und anhand dessen die gegenwärtige Situa­tion beschrieben. Die personifizierte Kapelle, welche beschaulich vom Berg her­abblickt, soll wohl Gott symbolisieren so wie der Hirtenknabe all die Menschen im Tal verkorpert, welche ihrer geregelten Tätigkeit nachgehen. Die Kapelle als Haus Gottes ist jedoch ein Werk des Menschen, der sie, um eine Annähe­rung an das Himmelreich und damit an Gott zu erwirken, auf einem erhoähten Standpunkt erbaute. Wie das Vieh und die Quelle des Lebens befindet sich der gemeine Mensch unterhalb des Berges im Tal, wo das harmonische Leben im Einklang mit der Natur seinen Lauf nimmt. Der Punkt am Ende der zweiten Verszeile trennt nicht nur inhaltlich sondern auch formal diese beiden Welten und das Enjambement nach „Quelle“ bestarkt den Eindruck des bestandig fortfließenden Lebens. Somit wird formal als auch inhaltlich der antithetische Aufbau des Gedichtes schon in der ersten Strophe deutlich.

Die einerseits beruhigende (V. 2: „Schauet still“) und andererseits lebhafte Wortwahl (V. 3-4: „singt“, „Quelle“, „froh“, „hell“) vermittelt dem Leser ein positives Bild der beschriebenen Umgebung, in der alles seine Ordnung hat. Diese in den ersten vier Verszeilen erzeugte Harmonie wird durch das erste Wort der zweiten Strophe ( Traurig“) getruäbt und sofort entsteht eine ge- druäckte Stimmung. Anfangs war es auf dem Berg beruhigend still waährend im Tal froählich gesungen wurde und nun kehrt sich die Situation um, indem es unten unangenehm ruhig wird und oben Gesang und Glocke erklingen, aller- dings nicht fröhlich, sondern „Schauerlich“ (V. 6), damit kommt hier der To­desgedanke ins Spiel. Das Semikolon nach Vers sechs trennt jetzt diese bei­den Welten nicht mehr ganz so stark wie der Punkt nach dem zweiten Vers, der Tod ruckt somit naher an den Menschen heran, welcher diesem angstlich entgegenblickt (V. 7 und 8: „Stille“, „lauscht empor“). Diese Todesthematik steigert sich noch im dritten Quartett, in dem die Funktion des „Droben“ ex­plizit benannt wird. Dort, in der Nöhe Gottes sollen namlich die toten Körper eines jeden begraben werden, um sich nie mehr des irdischen Lebens erfreuen zu können. Es wird in dieser Strophe überindividuell gesprochen (V. 9 und 12: „man“), denn der von Gott gesandte Tod hat die Macht uber jeden und stellt eine unausweichliche Bedrohung fur den Einzelnen dar, was jedoch nicht dramatisiert wird. Der Gesang im letzten Vers lösst nömlich trotz des melan­cholischen Schlussgedankens des Dichters eine tröstende, religiöse Perspektive offen und so endet das Gedicht zwar nicht ganz so fröhlich, wie es angefangen hat, aber dennoch harmonisch.

4.2 „Schäfers Sonntagslied“

4.2.1 Hintergrund und Entstehung

Genauso wie das Gedicht Die Kapelle“ ist Schöafers Sonntagslied“ auch eines jener Gedichte, die im Jahr 1805 entstanden sind[22]. Hier wird deutlich, dass Uhland auch dieses Gedicht für das Volk geschrieben hat, denn er wahlt eine klare und fur die Allgemeinheit gut verstöndliche Sprache sowie ein Thema, welches einen Großteil der Bevolkerung anspricht, nömlich den Glauben. Im Besonderen wird hier das Verhaltnis Uhlands zur Natur und zum Unendlichen verdeutlicht.

4.2.2 Formale Aspekte

Das Gedicht besteht aus drei Quartetten. Es ist durchgehend im Jambus ge­schrieben, wobei jeweils der erste und der letzte Vers jeder Strophe drei Hebun­gen aufweisen und die jeweils mittleren Verse vier Hebungen. Dazu passt auch das Reimschema, Uhland verwendet hier namlich den umarmenden Reim. Au­ßerdem hat er ausschließlich mannliche Kadenzen gewahlt, was die Bestimmt­heit und Entschlossenheit im Gedicht betont. Es handelt sich hier um ein Volkslied aufgrund der Überschaubarkeit und der guten Möglichkeit zur musi­kalischen Umsetzung.

4.2.3 Interpretation

Die erste Strophe klingt sehr positiv, denn sie beginnt und endet mit einem freudigen Ausruf. Der Wochentag „Sonntag“ ist ein schöner Tag, denn an diesem Tag kann jeder seinen eigenen Interessen nachgehen und muss nicht arbeiten. Diesen Tag widmet Ühland wohl aus Dankbarkeit dem Herrn. Als Tageszeit wöhlt er den Morgen aus, an dem noch alles frisch ist und womit der Tag beginnt. In der ersten Strophe wird die Situation des Schöfers geschil­dert, der entfernt vom menschlichen Treiben und somit ungestört die Natur auf sich wirken lassen kann. Die Einsamkeit auf „weiter Flur“ (V. 2)24 und die „Stille nah und fern“ (V. 4) wecken hier das positive Gefuhl der romantischen Unendlichkeit. Die „Morgenglocke“ (V. 3), welche kurz zu hören ist stellt den Bezug zu Gott und der Religion dar. Der Hirte erinnert sich somit, dass er die­se Idylle nur durch Gott erleben darf und kehrt am Ende der ersten Strophe in sich. Der Ausdruck „nah und fern“ (V. 4) spiegelt hier die allgegenwörtige und unfassbare Ünendlichkeit wieder.

In der zweiten Strophe konzentriert sich Ühland auf die Gefuhle des Hirten, was man einerseits an der Synösthesie „sußen Graun“ in Vers sechs und ande­rerseits an der imaginören Vorstellung des Schöfers in den folgenden zwei Zeilen festmachen kann. Durch das „Anbetend knie ich hier“ (V. 5) wird der Reli­gionsbezug hergestellt, der Hirte besitzt die (Volks-)Tugend der Frömmigkeit. Jedoch steht seine Individualitöt nicht im Vordergrund sondern die Gemein­schaft, die durch die Religiositaöt vereint wird. Das wird dadurch deutlich, dass sich der Hirte noch viele andere Menschen vorstellt (V. 7: „Als knieten viele ungesehn“), die mit ihm dasselbe tun, nömlich beten.

In der dritten Strophe scheint sich der Hirte gedanklich vom Irdischen zu tren­nen um sich dem Ünendlichen und somit Gott zu naöhern, was seine Vision vom sich öffnenden Himmel bestatigt. Das Wort „So“ im elften Vers wirkt verstörkend auf das Gefuhl der Ünendlichkeitssehnsucht hier im religiosen Sinn. Dass Gott sich zeigt könnte gerade an jenem Tag passieren, der dem Herrn ge­widmet ist, einem Sonntag. Die Religionsgemeinschaft der Kirche wird durch das sonntagliche Gebet vereint. Um das Gedicht mit einem positiven Klang

abzurunden wählt Uhland die Worte „klar und feierlich“ (V. 10). Die erste und die letzte Zeile in diesem Gedicht kännen als Rahmen angesehen werden. Die Natur ist Schauplatz und Ausgangsort von romantischer Sehnsucht nach der Unendlichkeit und nach romantischer Religiosität. Das charakteristische Merk­mal besteht im Erlebnis dieser Natur. Uhland verwendet hier das Gedanken- und Empfindungsgut des einfachen Menschen, der das, was er erkennt klar for­mulieren kann. Das einzig Wahre ist hier nicht die vom individuellen Dichter produzierte poetische Welt sondern die Schöpfungen des Volksgeistes. Uhland definiert das Romantische als eine Ahnung vom Unendlichen. Fur ihn ist zwar das Christentum ein wichtiges romantisches Phänomen, nicht aber die Mutter der Romantik. Zitat: „Die Romantik ist nicht bloß ein phantastischer Wahn des Mittelalters; sie ist hohe, ewige Poesie, die im Bilde darstellt, was Worte durftig oder nimmer aussprechen; [...]“[23]

4.2.4 Im Vergleich zu „Die Kapelle“

Im formalen Aufbau sind sich „Schäfers Sonntagslied“ und „Die Kapelle“ recht ähnlich, beide lassen sich den Volksliedern zuordnen. Inhaltlich unterscheiden sie sich insofern, dass die antithetische Struktur in Die Kapelle“ so nicht in „Schäfers Sonntagslied“ gefunden werden kann. Die deutliche Antithese Leben­Tod bzw. Mensch-Gott wird in „Schäfers Sonntagslied“ mehr vereint als ent­gegengesetzt. Durch diese Vereinigung bringt Uhland hier das Motiv der Un­endlichkeit ins Spiel, welches sich widerum im Gedicht „Die Kapelle“ weniger deutlich finden lasst.

4.3 “Des Knaben Berglied“

4.3.1 Entstehung und Form

„Des Knaben Berglied“ entstand am 29.06.1806, also wie die zwei vorhergehen­den Gedichte zur Zeit des ersten Tubinger Kreises. Dieses Gedicht ist wiederum Uhlands Volksliedern zuzuordnen. In den funf Quintetten wird ein vierhebiger Jambus verwendet bis auf jeweils den letzten Vers jeder Strophe, der immer gleich ist und nur drei Hebungen aufweist und so als Refrain gesehen werden kann.

4.3.2 Überblick und Interpretation

In diesem Gedicht beschreibt Uhland eine hohe Lebens-Intensität durch das Naturerlebnis auf einem Berg. Es beginnt in der ersten Strophe damit, dass zu aller erst der „Berg“ hervorgehoben wird durch die Inversion „Ich bin vom Berg der Hirtenknab'“26 (V. 1) anstatt „Ich bin der (Hirten-)Knab/ vom Berg(e)“, um es mit der letzten Zeile jeder Strophe zu vergleichen. In dieser ersten Stro­phe ist der Blick von oben nach unten von Interesse, die Gefühle werden da­durch intensiver erlebt, denn wer von oben blickt, genießt besondere Vorzüge (V. 3: „Die Sonne strahlt am ersten hier...“). Sogar die „Schlösser“, in denen sich die gesellschaftliche Oberschicht aufhalt, befinden sich unterhalb des von der Natur geschaffenen Berges. Uhland fahrt mit dem traditionellen Bild des Lebens fort, indem er anfangs der zweiten Strophe die Quelle (V. 6: „Stromes Mutterhaus“) nennt, nümlich den Ursprung eines lebendig und schnell fließen­den Flusschens, welches im Tal zum Strom wird und sich dann beruhigt. Der Hirtenknabe steht noch am Anfang des Lebens und begeistert sich uber das belebte Treiben der Natur.

In der ersten Zeile der dritten Strophe wird der Besitzanspruch an dem, was das sprühende Leben verdeutlicht (dem Berg) explizit ausgedruckt („mein Ei­gentum“). Somit hült der Knabe am schünen, intensiven Dasein fest und hat jetzt noch nicht die Absicht, davon abzulassen. Die bisher aufgebaute Natur­Idylle wird durch eine aufkommende Gefahr, nümlich durch die Sturme etwas eingegrenzt doch sie wird von der frühlichen Unbeschwertheit des Hirtenkna­ben gebannt, denn sein Gesang ubertünt das Brausen des Wetters (V. 14: „So uberschallt sie doch mein Lied“). Dennoch wird die Bedrohung grüßer, als Donner und sogar Blitz auftauchen, welche sich aber unterhalb des Knaben befinden (V. 16). Er steht „hoch im Blauen hier“ (V. 17), was seine Nühe zu Gott darstellen soll aber auch gleichzeitig die Naühe zum Tod andeuten küonnte. Obwohl sich der Hirtenknabe auf dem Berg sicher vor dem Unwetter fühlt, sorgt er sich dennoch um geliebte Personen im Tal (V. 19), denen Blitz und Donner durchaus Schaden zufügen könnten. Er „kennt sie“ (V. 18), die Gefahr, die des „Vaters Haus“ (V. 19) aber vielleicht auch das Vaterland bedroht.

In der letzten Strophe spitzt sich die Bedrohlichkeit durch das Feuer auf dem Berg und die erschallende Sturmglocke zu, demnach muss der Knabe nach unten ins Tal steigen, um der Gefahr zu entkommen. Indem er ins Glied“ (V. 23) tritt, ordnet er sich in die Gemeinschaft ein und erfüllt hier seine Aufgabe im Kampf (V. 24 „schwing mein Schwert“).

4.4 „Glosse. 1. Der Rezensent“

In Uhlands 1815 entstandenem Gedicht „Glosse“ ist im Gegensatz zu seinen früheren Werken die Anti-Romantik deutlich vertreten. Als erstes beachte man die Wortwahl der Überschrift „Glosse“ und der Unterüberschrift „1. Der Rezen­sent“. Im Allgemeinen bedeutet „Glosse“ ein erklärungsbedurftiger Ausdruck oder eine spättische Randbemerkung, beides passt hier. Denn Uhland greift ein Quartett von Tieck aus „Liebe“ (entstanden 1803) auf, um es in einem spättischen Ton zu erklären. 1803 hat auch Tieck selbst diese vier Verszeilen glossiert[24]. Uhland bezeichnet sich hier als „Rezensent“, also als jemanden, der ein literarisches Produkt kritisch behandelt oder als jemanden, der eine Grundlage zur Richtigstellung eines Textes liefert.

Das Gedicht ist durchgehend im Trochäaus geschrieben und besteht aus vier Strophen zu je zehn Versen und einem romantischen Quartett von Tieck, wel­ches den Anfang der „Glosse“ bildet. Uhland wahlt somit die typische Roman­tik als Motto dieses Gedichts. Er behandelt jeden einzelnen Vers davon in den folgenden vier Strophen und setzt ihn jeweils als letzte Zeile jeder Strophe ein.

Uhland widmet dieses Gedicht scheinbar seiner Geliebten, die ihn darum gebe­ten hat, das Thema Romantik zu „glossieren“[25] (V. 2), was in der ersten Zeile der ersten Strophe deutlich wird („Schänste! Du hast mir befohlen“). Eigent­lich sieht er keinen Sinn darin und findet, dass es vergeudete Zeit sei, dieses Thema anzugehen. Weil er jedoch durch die Geliebte die Liebe erfahren darf, traut er sich einiges zu, zum Beispiel: „selbst die Logik zu verhöhnen“ (V. 7). Am Ende der ersten Strophe tut er Tiecks Vers „Suße Liebe denkt in Tonen als „Unsinn“ ab (V. 9). Um sich dem weichen Klang der Romantik zu bedienen, benutzt Uhland in dieser Strophe ausschließlich weibliche Kadenzen.

Am Beginn der zweiten Strophe will Uhland deutlich machen, dass er sich garantiert nicht unwissend dariiber lustig macht. Es scheint ihm gar nicht moäglich zu sein, sich damit sinnvoll und mit einem guten Ergebnis auseinander zu setzen, da es sich um ein unläsbares (V. 15: „gordisches“) Problem handelt. Deshalb beschäftigt er sich nur ungern damit, denn da ihm das Thema „Ro­mantik“ nicht zugänglich ist, bleibt ihm somit auch Tiecks Gedicht fremd. Er tut jedoch der Geliebten den Gefallen, obwohl er nicht weiß, wie er es anpacken soll, denn was ihr Freude macht, ist auch für ihn eine Freude (V. 16 und 17). In den letzten zwei bis drei Versen dieser Strophe macht er nochmals deutlich, was fär eine Qual er dabei empfindet, sich mit dem Thema Romantik auseinander setzen zu muässen.

Die nächste Strophe beginnt mit Befehlen, die darauf gerichtet sind, keine un­verständlichen, fremdländischen und individuellen lyrischen Gedichte zu ver­fassen, sondern formal korrekte, uberindividuelle Werke zu schaffen (V. 25: „sapph'schen Ode!“). Uhland verwendet hier extra viele Ausdrucke, die fur den einfachen Menschen schwer verständlich sind, es ist also anzunehmen, dass er sich hier an die Dichter der Romantik wendet oder speziell an Tieck. Die Mittel, die in der romantischen Lyrik angewendet werden, wirken fur ihn un- naturlich, uberheblich und geziert. In den letzten drei bis vier Versen macht sich Uhland über die romantische Männlichkeit lustig (V. 27: „süßen Herrn“), dann uber die ubertrieben verniedlichte Sprache, wobei er zunehmend Enjam­bements verwendet.

Am Anfang der vierten Strophe widerspricht Uhland ganz deutlich dem dritten Vers von Tieck, also dem direkt vorhergehenden im Gedicht. Denn er schreibt, dass die Romantik eben nicht, wie Tieck meint, sich der Musik bedient, sondern nur veraltetet (V. 33: „antiker“) lyrischer Regelhaftigkeit. Es scheint alles mit Gewalt (V. 36: „Hammerschlag und Drähnen“) erzwungen zu sein, der Inhalt wird in eine Form gepresst, denn einen Reigen stampft“ man zum Beispiel nicht (V. 34). Am Ende beschuldigt Uhland die Romantiker der Luge. Denn mit den Mitteln der Romantik kann man Dinge vom Schlechten zum Guten drehen und somit die Wahrheit verleugnen (V. 39-40).

4.5 „Das alte, gute Recht“

Dieses Gedicht besteht aus elf Strophen mit jeweils vier Versen und wurde im Kreuzreim geschrieben. Vierhebiger und dreihebiger Jambus wechseln sich ab, wobei Uhland hier ausschließlich männliche Kadenzen verwendet.

Das alte, gute Recht“ handelt davon, wie notwendig allgemeinguältige Regeln zur Ordnung fur das Wohlergehen einer Gemeinschaft sind.

Die erste und letzte Strophe bilden den Rahmen des Gedichtes, sie bestehen aus fast demselben Wortlaut und geben sinngemaäß dasselbe wieder. Anhand des jeweils dritten Verses („Da soll“ und „Soll stets“)[26] lasst sich erkennen, dass hierin ein einziger Wunschgedanke steckt, nämlich dass jedem „Würt- temberger“ in jeder Situation bewusst sein soll, was „Recht“ für ihn und sein Land bedeutet. Sämtliche positiven Auswirkungen auf verschiedene Aspekte des Lebens werden dann innerhalb dieses Rahmens beschrieben.

Zuerst entsteht eine Parallelität zwischen dem Wein und dem Recht dadurch, dass beides alt und gut ist (V. 1 und 4). Wenn aus einem Wein ein guter Wein werden soll, dann muss er ein paar Jahre reifen und mit dem Recht scheint es genauso zu sein. Deshalb soll der „Wrnttemberger“ sich diesem Recht immer bewusst sein und es in seinen Gedanken immer an erster Stelle stehen haben, auch, wenn er schon angetrunken ist:

V. 3-4:

„Da soll der erste Trinkspruch sein:

Das alte, gute Recht!“

Warum dieses Recht derart geachtet werden soll, verraten die folgenden Stro­phen. In der zweiten wird zum Beispiel betont, dass es jeden Menschen beschutzt, egal ob er arm oder reich, machtig oder machtlos ist:

V. 5 und 8:

„Das Recht, das unsres Fursten Haus [...]

Der Armut Hutten schutzt.“

So werden hier der Furst und das Volk als Ungleiche gegenubergestellt und trotzdem als Gleiche behandelt. Um sie zu schutzen und die Ordnung aufrecht zu erhalten ist das Recht also notwendig. Es gibt der Gemeinschaft auch allge- meingultige Regeln, nämlich Gesetze, durch die ein harmonisches Zusammen­leben gesichert werden soll. Niemand muss sich vor Gesetzesbrechern furchten, da diese gerecht bestraft werden, denn keiner kann sich den vom Recht gegebe­nen Gesetzen entziehen (V. 10: „Das keine Willkur bricht“). Die Wortwahl in dieser Strophe ist sehr positiv („gibt“, „offene“, „liebt“, „giltig“) und vermittelt dem Leser ein angenehmes Gefuhl von Sicherheit, Ordnung und Gerechtigkeit, was durch das Enjambement von Vers elf nach Vers zwoälf noch unterstuätzt wird.

Die vierte Strophe erläutert, dass das Recht dem Volk möglichst wenig Steuern nimmt, um damit das Land so effektiv wie moäglich zu versorgen:

V. 13 und 16:

„Das Recht, das mäßig Steuern schreibt, [...]

Und kargt mit unsrem Schweiß.“

Außerdem versucht es, seine Landsleute zu schonen und nicht zu überfordern. In dieser Strophe fällt die Personifizierung des Rechts besonders auf, da es hier aktiv handelt (es schreibt Steuern, es rechnet, es bleibt sitzen, es kargt).

In der nächsten Strophe wird betont, dass auch die Kirche (V. 17: „heiUges Kir­chengut“) als wichtiges Element der Gemeinschaft bewacht wird und Forschung und Fortschritt mit aller Kraft angetrieben werden (V. 17-20). Dann wird die Unabhängigkeit der Burger betont, sie bekommen nämlich die Mäglichkeit, ihr Eigentum und damit auch ihren Fursten und ihr Land mit Waffengewalt zu verteidigen und somit zu schuätzen:

V. 21, 22 und 24:

„Das Recht, das jedem freien Mann Die Waffen gibt zur Hand, [...]

Den Fursten und das Land.“

In der siebten Strophe spricht Uhland nochmals die Willensfreiheit eines jeden Buärgers an, welche durch das Recht gegeben ist. Damit wird betont, dass keiner unterdruckt, gefangen gehalten oder zu irgendetwas gezwungen wird.

V. 25 und 26:

Das Recht, das jedem offen laässt Den Zug in alle Welt,“

Auch wenn es jedem frei steht, in fremde Läander zu ziehen, so wird der Mensch durch die Liebe zum Recht doch immer an seinen Ursprung erinnert (V. 27 und 28). Diese Liebe wird auch in der folgenden Strophe hervorgehoben und be- griindet. Da das Recht sich schon sehr lange (V. 30: „Jahrhunderte“) bewahrt hat, kann es sogar mit Religion (V. 31: „wie sein Christentum“) verglichen werden.

Die neunte Strophe dieses Gedichtes ist diejenige, bei der mir die Interpretati­on am schwersten fiel. Sie will dem Leser wohl sagen, dass der Mensch ohne das Recht kaum noch etwas wert ist. Wenn namlich das Recht in einer „schlimmen Zeit“ (V. 33) verlorengeht, kann man sich sozusagen mit ihm begraben lassen. Der Vers 34: „Lebendig uns begrub“ ruft ein recht unangenehmes Gefuhl beim Leser im Zusammenhang mit dem verlorengegangenen Recht hervor. Lebendig begraben zu werden weckt eine Vorstellung von enger Dunkelheit und Bewe­gungslosigkeit, was bei den meisten Menschen Furcht verursacht. Somit bilden

diese beiden Verse den Tiefpunkt des Gedichtes, denn schon der dritte Vers dieser Strophe strahlt wieder Optimismus aus. Zerstören ließ sich das Recht nämlich nicht und kömpft sich mit neuer Kraft (V. 35: „neuer Regsamkeit“) an die Oberflache. Realistisch gesehen wurde es zu diesem Zeitpunkt wohl wieder neu eingeföhrt.

Der Ausruf „Ja!“ (V. 37) und die folgenden Verse drucken große Begeisterung aus, die durch die Vorstellung entsteht, dass dieses Recht Generationen uber­lebt und auch den Nachfahren den rechten Weg weisen wird. Dieser Wunsch­gedanke wird durch den Imperativ in V. 38 mit „Besteh“, in V. 39 mit „sei“ und auch durch das Ausrufezeichen am Ende der Strophe verdeutlicht. Wenn dieser dringende Wunsch in Erfullung ginge, musste man sich keine Sorgen mehr uber die Zukunft machen und könnte beruhigt die eigene Sterblichkeit hinnehmen. Eigentlich ist diese recht begeistert geschriebene Strophe die letzte des Gedichtes, denn es folgt jetzt nur noch eine leicht abgeanderte Kopie der ersten Strophe, welche einen Teil des oben beschriebenden Rahmens darstellt.

In dem Gedicht „Das alte, gute Recht“ wird das Recht stark personifiziert und greift aktiv in alle möglichen menschlichen Angelegenheiten ein. In der Realitat wird es aber erst durch den Menschen existent und ist von ihm abhangig. Hier scheint es fast so, als hatte das Recht die Überhand und erinnert somit sehr an Gott. Deshalb öußert sich in der ersten und letzten Strophe auch der Wunschgedanke, dass dieses alte, gute Recht“ aöhnlich wie der liebe Gott“ in jedermanns Bewusstsein fest verankert sein soll, sogar noch im angetrunkenen Zustand (V. 2: „zecht“).

4.6 „Württemberg“

Dieses Gedicht entstand am 01.09.1816 und besteht aus 10 Quartetten, wobei aöhnlich wie bei Das gute, alte Recht“ die erste und letzte Strophe als Rahmen angesehen werden können, weil nur hier jeweils gerfagt wird, was dem Land Wurttemberg wohl fehlen könne. Das Gedicht ist mit dreihebigem Jambus im Kreuzreim geschrieben und Ühland lösst die Kadenzen durchgehend alternie­ren, wobei er mit einer weiblichen beginnt. Damit gibt er „Wurttemberg“ einen Aussigen Charakter.

Die erste Strophe drückt Besorgnis wegen einem Mangel des „Vaterlandes“ (V. 2)[27] aus, der aber jetzt noch nicht näher bestimmt wird. Dies zeigt die Frage in den ersten beiden Versen. Da dieses Vaterland reich und bekannt ist (V. 3 und 4), scheint es unvorstellbar, dass es etwas gibt, was dieses Land nicht besitzt. Die Verallemeinerung „man“ (V. 5 und 8) in der zweiten Strophe weist darauf hin, dass hier nicht nur einer spricht, sondern viele. Das Vaterland gilt allgemein als Heiligtum und wird wie ein Element der Religion behandelt, denn es wird in Vers sechs mit dem Paradies verglichen und in Vers acht sogar selig“ gepriesen. Es scheint jedoch trotzdem unzufrieden zu sein, was die Frage „Was kannst du mehr erwarten, [...]“ (V. 7) vermuten lässt. Die Menschen wissen druch Erfahrung und Erzahlungen (V. 9), dass sich Wrnttemberg nicht zerstären oder beschädigen lasst, materiell sowie auch ideell.

In den nächsten sechs Strophen kommt zur Geltung, dass das Land sein Volk mit allem versorgt, was es zum Leben braucht. Die Natur spendet Mensch und Tier reichlich, fast unendlich (V. 14: „wie ein Meer“ und V. 16: „von tausend Hugeln her“) viele Fruchte und Getränk und auch an tierischer Nahrung fehlt es nicht. In der sechsten Strophe werden Nutztiere angesprochen, wie Schafe fur Kleidung (V. 21: „Wollenherde“), Pferde als Reittiere (V. 23) und Rinder, die entweder Milch geben oder dem Bauern vor dem Pflug dienen können (V. 24). Das Land besitzt sogar Wertgegenstande, denen auch Menschen anderer Regionen Achtung schenken, wie gutes Holz fur den Hausbau (V. 26) oder das Edelmetall Gold, aus dem Schmuck und Wäahrung hergestellt werden koännen. Die Frauen Wuärttembergs besitzen alle damals wichtigen Tugenden und auch die Fruchtbarkeit des Landes vergeht nie (Strophe 8). Den Mannern werden sogar vier Zeilen gewidmet, auch sie sind mit beachtenswerden Eigenschaften ausgestattet.

Die letzte Strophe fasst die wichtigsten Gaben Wuärttembergs an sein Volk zusammen, naämlich Essen und Trinken (V. 37: Korn“ und Wein“). Hier wird die Frage der ersten Strophe nochmals aufgegriffen um sie dann im letzen Vers zu beantworten.

Ähnlich wie das Recht in „Das alte, gute Recht“ wird das Vaterland Wurttem- berg personifiziert. Das wird durch das standige Ansprechen des Landes deut­lich. Es handelt aber nicht aktiv wie es bei „Das alte, gute Recht“ geschieht. Trotzdem gibt es seinem Volk großzugig und selbstlos all seinen Reichtum und bekommt im Gegenzug leider nicht das, was es selbst nicht erzeugen kann, nämlich das Recht. Somit klingt hier ein leichter Vorwurf mit: die Menschen sind entweder undankbar oder bemerken es nicht einmal, dass ihr Vaterland dem Recht bedarf. Im Gegensatz zu „Das alte, gute Recht“ klingt „Württem­berg“ traurig. Das Fehlen des Einen macht alles andere freudlos (V. 39: „Was fehlt dir? - All und Eines:“). Das lyrische Ich scheint als einziger eine enge Beziehung zum Vaterland zu haben und hat den Sachverhalt auch als einziger durchschaut.

5 Zusammenfassung

Die Benennung Uhlands als „Schwäbischen Romantiker“ gilt eher fur seine fruheren nichtpolitischen Werke[28]. Später herrscht seine nationale Gesinnung vor und romantische Motive werden seltener verwendet.

Uhland dichtete, was er fuählte und das war auch das gleiche, was das Volk fuähl- te. So sind seine Gedichte ungekunstelt, naturlich und von einfacher Form und knupfen an die einfachsten, naturlichen menschlichen Verhältnisse an[29]. Zitat: „Seine Lyrik kleidet romantische Motive in eine sorgfältig und in feinem Stil- und Klanggefühl dem Inhalt angepasste Form. Alles rein Persänliche tritt ganz zuruck hinter der innig-schlichten Aussage jedermann zugänglicher und von je­dermann geteilter Erfahrungen.“[30] Auch das Volksliedhafte ist bei Uhland klar, allgemeinverständlich und nicht wie in der Romantik ublich zwielichtig[31]. In seinen Volksliedern sind immer wieder akustische Eindruäcke wie Vogelgezwit­scher, Hirtengesang und vor allem Glockentäne eingebaut. Damit macht er seine Gedichte sehr musikalisch. Durch die einfache Form, regelmäßige Takt­gestaltung, natuärlichen Rhythmus und beschraänkte Strophenanzahl sind seine Volkslieder gut zum Vertonen und Singen geeignet[32]. Der wichtigste Kompo­nist von Uhlands Liedern war Conradin Kreutzer[33].

Quellenverzeichnis

Primärliteratur

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Uhland, Ludwig: Gedichte, Dramen, Versepik und Prosa. Hg. von Hans-Rüdiger Schwab, Tübingen 1996.

Uhland, Ludwig: Uber das Romantische. In: Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Müri- ke. Schwübische Dichtung im 19. Jahrhundert. Marbach am Neckar 1980, S. 19.

Sekundärliteratur

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Frenzel, Elisabeth und A., Herbert: Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Ab­riss der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 1: Von den Anfüngen bis zur Romantik, Muünchen 1967.

Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik. Koln/Wien 1973.

Hartmann, Andrea: Klavierlieder nach Gedichten von Ludwig Uhland und Justinus Kerner. Ein Beitrag zum musikalischen Biedermeier am Beispiel von fünf schwübi- schen Komponisten, Frankfurt a. M./Bern/New York/Paris 1991.

Kollektiv für Literaturgeschichte im volkseigenen Verlag Volk und Wissen. Leiter: Prof. Dr. Kurt Böttcher (Hg.): Romantik. Erläuterungen zur deutschen Literatur, 3. Auflage, Berlin 1977.

Paulus, Eduard: Ludwig Uhland und seine Heimat Tuübingen. Eine Studie von Eduard Paulus, Berlin 1869.

Rosch, Hoffmann: Grundlagen, Stile, Gestalten der deutschen Literatur. Eine ge­schichtliche Darstellung, Frankfurt am Main 1972.

Salzer, Anselm und Tunk, Eduard von: Geschichte der deutschen Literatur in drei Banden, Bd. 2: Von der Klassik bis zum Naturalismus, Zürich 1972.

Schreiber, Matthias und Fricke, Gerhard: Geschichte der deutschen Literatur, Pa­derborn 1974.

Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Moürike. Schwaübische Dichtung im 19. Jahrhun­dert. Marbach am Neckar 1980.

[...]


[1] Kollektiv für Literaturgeschichte im volkseigenen Verlag Volk und Wissen. Leiter: Prof. Dr. Kurt Büttcher (Hg.): Romantik. Erlüuterungen zur deutschen Literatur, 3. Auflage, Berlin 1977, S. 389.

[2] Ebd., S. 400.

[3] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik. Köln/Wien 1973, S. 19.

[4] Hartmann, Andrea: Klavierlieder nach Gedichten von Ludwig Uhland und Justinus Ker­ner. Ein Beitrag zum musikalischen Biedermeier am Beispiel von fönf schwöbischen Kom­ponisten, Frankfurt a. M./Bern/New York/Paris 1991, S. 11.

[5] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 20.

[6] Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Morike. Schwabische Dichtung im 19. Jahrhundert. Marbach am Neckar 1980, S. 16.

[7] Kollektiv för Literaturgeschichte im volkseigenen Verlag Volk und Wissen: Romantik, S. 389-401.

[8] Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Mörike, S. 13.

[9] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 21.

[10] Hartmann, Andrea: Klavierlieder nach Gedichten von Ludwig Uhland und Justinus Ker­ner, S. 11-13.

[11] Rösch, Hoffmann: Grundlagen, Stile, Gestalten der deutschen Literatur. Eine geschicht­liche Darstellung, Frankfurt am Main 1972, S. 200.

[12] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 63.

[13] Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Mörike, S. 39.

[14] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 66f.

[15] Ebd., S. 68ff.

[16] Ebd., S. 71f.

[17] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 93-101.

[18] Salzer, Anselm und Tunk, Eduard von: Geschichte der deutschen Literatur in drei Bänden, Bd. 2: Von der Klassik bis zum Naturalismus, Zürich 1972, S. 296.

[19] Uhland, Ludwig: Gedichte, Dramen, Versepik und Prosa. Hg. von Hans-Rüdiger Schwab, Tübingen 1996, S. 464.

[20] Paulus, Eduard: Ludwig Uhland und seine Heimat Tübingen. Eine Studie von Eduard Paulus, Berlin 1869, S. 33.

[21] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 61.

[22] Paulus, Eduard: Ludwig Uhland und seine Heimat Tübingen, S. 50.

[23] Ludwig Uhland: Über das Romantische. In: Zeller, Bernhard: Kerner, Uhland, Mörike. Schwäbische Dichtung im 19. Jahrhundert. Marbach am Neckar 1980, S. 19.

[24] http://freiburger-anthologie. ub.uni-freiburg.de /fa/fa.pl

[25] Versangaben zitiert nach: Ludwig Uhland: Glosse. In: Gedichte der Romantik, S. 297.

[26] Versangaben zitiert nach: Ludwig Uhland: Das alte, gute Recht. In: Ludwig Uhland. Gedichte, hg. von Peter von Matt, Stuttgart 1974, S. 53.

[27] Versangaben zitiert nach: Ludwig Uhland: Württemberg. In: Ludwig Uhland. Gedichte, S. 54.

[28] Brieschke, Angelika, Jeggle, Utz, Rompel, Steffen, Rumpel, Frank, Vogt, Andreas: Schwabenbilder. Zur Konstruktion eines Regionalcharakters, Tübingen 1997, S. 126.

[29] Salzer, Anselm und Tunk, Eduard von: Geschichte der deutschen Literatur in drei Baünden, Bd. 2, S. 296.

[30] Schreiber, Matthias und Fricke, Gerhard: Geschichte der deutschen Literatur, Paderborn 1974, S. 178.

[31] Frenzel, Elisabeth und A., Herbert: Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Abriss der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 1: Von den Anfüngen bis zur Romantik, München 1967, S. 279.

[32] Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik, S. 72f.

[33] Brieschke, Angelika, Jeggle, Utz, Rompel, Steffen, Rumpel, Frank, Vogt, Andreas: Schwabenbilder, S. 131.

Final del extracto de 20 páginas

Detalles

Título
Ludwig Uhland
Universidad
University Karlsruhe (TH)
Calificación
1,7
Autor
Año
2004
Páginas
20
No. de catálogo
V109770
ISBN (Ebook)
9783640079483
Tamaño de fichero
439 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Ludwig, Uhland
Citar trabajo
Isolde Wallbaum (Autor), 2004, Ludwig Uhland, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109770

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