Die Dingwelt in Alain Robbe-Grillets Roman "La Jalousie"


Term Paper (Advanced seminar), 2002

30 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Momentaufnahmen – Die Welt im Blickwinkel

2. Die Jalousie oder die Eifersucht
2.1. Die (Re-)Konstruktion der Geschichte
2.2. Der beobachtende Antiheld
2.3. Das Beschreiben einer entäußerten Welt
2.4. Die affektive Funktion der Dinge
2.5. Die Dinge als poetologische Referenz

Resümee

Bibliografie

Einleitung

Alain Robbe-Grillet verstand sein schriftstellerisches Werk von Anfang an als ein dauerhaftes Bemühen um die literarische Revolution.

Die Revolution als Ausdruck des Bedürfnisses nach Freiheit von der herrschenden Ideologie (und ihrer Bürokratie) kann keine bestimmtere Wahrheit transportieren als eben dieses reine Bedürfnis. Das sich daraus ergebende Paradoxon, dass der Sieg einer bestimmten Revolution zwangsläufig die wiederkehrende Manifestierung einer (nur anderen) Ideologie bedeuten muss, glaubt Robbe-Grillet dadurch auflösen zu können, dass er den Kampf erneut, diesmal unter anderer Flagge, aufnimmt. Der Impetus eines solchen dauerhaften Kampfes ist immer der Gegner, das Establishment, nicht der unumstößliche Glauben an eine bestimmte oppositionelle Ideologie: „Sobald eine abenteuerliche Theorie, aufgestellt in der Leidenschaft des Kampfes, Dogma geworden ist, verliert sie ihren Reiz ... und zugleich ihre Wirksamkeit.“ Dann sei „der Augenblick gekommen, andere Wege zu gehen und die neu eingeführte schöne Theorie wie einen Handschuh umzudrehen“.[1]

Die Forderungen Robbe-Grillets sind literarischer, poetologischer Natur, ein explizit politisches Engagement im Werk hat er stets abgelehnt (ganz im Gegensatz zu Sartre). Sein bisheriges Oeuvre (Robbe-Grillet feierte kürzlich seinen 80. Geburtstag) lässt sich unter diesem Gesichtspunkt in mehrere Schaffensphasen aufgliedern, deren jeweilige literaturtheoretischen Ansätze sich ganz im Sinne seiner Kampfes-Idee widersprechen, befehden.

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich jedoch nur auf Robbe-Grillet als Vertreter des Nouveau Roman, somit gleichsam auf die erste Phase seines literarischen Schaffens (spätere Arbeiten werden nacheinander den Strömungsbegriffen Nouveau Nouveau Roman und Nouvelle Autobiographie zugeordnet).

Dem Nouveau Roman wurde seit seinem Auftreten Mitte der 50er Jahre eine angeblich absolute Objektivität in der Beschreibung der Dinge und eine damit einhergehende Entmenschlichung der Welt vorgeworfen.[2] Beide Aspekte sollen deshalb anhand des von den Kritikern als exemplarisch verhandelten Romans La Jalousie („Die Jalousie oder die Eifersucht“) in dieser Arbeit untersucht werden.

La Jalousie ist Robbe-Grillets vierter Roman, veröffentlicht im Jahre 1957.[3] Zur selben Zeit entstanden einerseits verschiedene theoretische Essays, die später unter dem Sammeltitel Pour Un Nouveau Roman („Argumente für einen neuen Roman“)[4] herausgegeben wurden. Andererseits schrieb Robbe-Grillet mehrere kleine Novellen, die als Band unter dem Namen Instantanés („Momentaufnahmen“)[5] erschienen.

Im Folgenden soll ein erster Blick auf seine Momentaufnahmen einige poetologische Überlegungen aufdecken, die für eine im Hauptteil dieser Arbeit angesiedelten Analyse von La Jalousie grundlegend sind. Argumente der theoretischen Essays sollen dabei immer wieder in den Analyseprozess einfließen.

Robbe-Grillet hat wiederholt betont, dass seine literarischen Werke nicht als kongruente Umsetzung seiner Theorien angesehen werden können. Hier zollt der Autor seinem revolutionärem Eifer Tribut, der eine Wahrheit postulierende Ideologie verbietet. Da aber alle genannten Texte aus einer eher kurzen und somit tendenziell kohärenten Schaffensperiode (1955-1963) datieren, sei eine Bezugnahme erlaubt.

1. Momentaufnahmen – Die Welt im Blickwinkel

„Die Kaffeekanne steht auf dem Tisch.“[6] Was ist an diesem ersten Satz der Momentaufnahme „Die Schneiderpuppe“ nicht zu verstehen? Eine klare, nur den Bedingungen syntaktischer Vollständigkeit (Subjekt, Prädikat, Objekt) entsprechende Aussage setzt die ersten Fixpunkte für einen noch weiter zu konstruierenden Spielraum. Die benannten Dinge (Tisch, Kanne) werden durch keine Adjektivkonstruktion emotionalisiert, kein Individuum (Erzähler, Autor) transportiert über sie irgendeine Eigenschaft seiner selbst. Die Dinge sind. Auf ihnen ruht ein Auge, welches das konstatierte Außen nicht mit einer interpretierenden Subjektivität verbindet. Das Auge wird entpersonalisiert, wird zum Objektiv.

Weiter wird uns in „Die Schneiderpuppe“ beschrieben, dass jener Tisch vier Beine hat, die Kaffeekanne auf einer Steinkachel steht, deren Muster aber durch die Kanne nicht auszumachen ist. Das aus einem ganz bestimmten Blickwinkel heraus beobachtete Bild erscheint als Fotografie. Der Beobachter weist explizit darauf hin, dass einige Details für ihn nicht erschließbar sind. Um dieses Defizit auszugleichen bzw. um sich seiner Wahrnehmung wieder bewusst zu werden, präsentiert er uns die sichtbaren Dinge von nun an in geometrischer Genauigkeit: Die Kanne hat die Form einer „Kugel“ mit aufgesetztem „Zylinder“. Der Spiegel über dem Kaminsims ist „rechteckig“, während ein Spiegelbild auf der bauchigen Kanne eine Art „Viereck“ bildet, dessen Seiten durch die Wölbung aber als „Kreisbögen“ hervortreten.[7]

Die Beschreibung des Raumes verliert jedoch trotz aller Genauigkeit immer mehr an Nachvollziehbarkeit. Nach drei Seiten Text, der sprachlich (also syntaktisch wie verbal) keine Schwierigkeiten bereitet hat, muss sich der Leser dennoch eingestehen, dass hier etwas nicht stimmt. Die Unsicherheit entstammt der dem Text immanenten Frage nach dem Unterschied zwischen Wirklichkeit und Schein, zwischen Objektivität und Subjektivität.

Das Arrangement des Zimmers gleicht einem Spiegelkabinett: Über dem Sims der Wandspiegel, in einer Ecke ein Spiegelschrank, das Fenster und auch die Kanne spiegeln ihre Umgebung wieder, schaffen dadurch immer neue Relationen, neue Möglichkeiten der Wahrnehmung. Eine allen Möglichkeiten gerecht werdende literarische Beschreibung müsste unendlich sein. Das ist das Problem. Wie wirklich kann der beschreibende Text sein? Der Beobachter bemüht sich: Im Spiegelschrank „sieht man“ drei Fensterhälften, „eine linke Hälfte richtig, eine rechte Hälfte richtig und eine rechte Hälfte seitenverkehrt“.[8]

Die Hilfestellung, die „rechts“ und „links“ anordnend geben soll, wirkt im Laufe des Textes jedoch immer kontraproduktiver: Im Spiegel über dem Sims sieht man zwei Schneiderpuppen. Ihre Beschreibung geht aber in einer verwirrenden Dichte von „links“ und „rechts“ unter. Der nächste Satz spricht dann sogar von drei Schneiderpuppen - ein Widerspruch, den der Leser schon als typisch empfinden muss. Dieses Verwirrspiel ist nicht Ausdruck mangelhaften Handwerks, sondern bewusst eingesetzte Unzulänglichkeit im Dienste der Wirklichkeit: „Man spürt bei der Lektüre dieses Textes, daß darin Fragen gestellt werden, die wahrscheinlich nicht zu lösen sind, die aber als Fragen gleichwohl faszinieren, weil sie das Problem des Realen aufwerfen.“[9]

Der letzte Abschnitt dieser Momentaufnahme ist außergewöhnlich – in Bezug auf das Vorhergehende. Durch mehrere Leerzeilen deutlich vom restlichen Korpus abgegrenzt, beginnt die Beschreibung scheinbar erneut. Nur sieht man sich jetzt in eine tradierte, bekannte Erzählwelt versetzt. Die Stimme des Erzählers verkündet wohltuend auktorial, dass der heiße Kaffee „gut“ dufte, die Schneiderpuppe nicht an ihrem „gewöhnlichen“ Platz stehe und das Muster der Steinkachel unter der Kanne doch „eine Schleiereule“ darstelle. Eine (all-)wissende Instanz klärt plötzlich die spekulativen Leerstellen des bisherigen Textes. Die Unsicherheit wird dem Leser durch die Präsentation einer versicherten, hermetischen Erzählwelt genommen. Fragen finden nicht statt. Robbe-Grillet spiegelt mit dieser Dichotomie seine eigene Vorstellung von Literatur mit dem orthodoxen Roman des 19. Jahrhunderts.[10]

Der offenbare Unterschied bezieht sich auf die Potenz der Erzählinstanz.

Davon abhängig scheint die Vorgehensweise des Beschreibens. Je unsicherer der Beobachter (die Instanz) der zu beschreibenden Welt gegenübersteht, umso unsicherer muss der Text selbst ausfallen (lückenhaft, widersprüchlich), vorausgesetzt der Beobachter folgt seiner eigenen Wahrheit (die eine Unzulänglichkeit ist).

Sicherheit und Unsicherheit drücken sich gerade auch in den bildtechnischen Einleitungen beider Abschnitte aus. Der anfangs zitierte Satz (mit den Details Kanne und Tisch) markiert einen induktiven Einstieg. Dass heißt ein Bildausschnitt wird nach und nach durch „Aufziehen“ zu einem Gesamtbild vergrößert. Aus Unsicherheit und Angst vor dem Ganzen versichert man sich erst einmal eines Details und arbeitet sich dann sukzessive in die Komplexität. Umgekehrt beginnt der Abschnitt der traditionellen Erzählweise: „Das Zimmer ist sehr hell ...“. Der größte Komplex des Textes, das Zimmer, das alle folgenden Details gleichsam kosmisch in sich vereint, wird in einer „Totalen“ vorgestellt. Der Beobachter (hier womöglich besser: Erzähler) bedeutet damit, dass er die Komplexität seiner beschriebenen Welt zu beherrschen glaubt.

Die Momentaufnahmen sind in erster Linie Formenexperimente, in denen Robbe-Grillet mit verschiedenen Filmtechniken spielt, auf der Suche, seiner Überzeugung von der Bildhaftigkeit unserer Wahrnehmungen (Instantanés) literarisch gerecht zu werden. Gerade der Film hätte die Wirklichkeit der Dinge zurückgebracht. Das Bild im Film (bzw. das Foto) konfrontiere den Betrachter im Gegensatz zu seiner alltäglichen Geborgenheit mit einer in Bruchstücken dargebotenen unmittelbaren Wirklichkeit. Anders als die Bilder des gelebten Alltags stechen jene ins Auge, da: „fotografische Konventionen (d.h. die Zweidimensionalität, das Schwarzweiß, der Rahmen, die Maßstabsunterschiede ...)“ den Betrachter scheinbar von den Konventionen seiner alltäglichen Wahrnehmung kurzzeitig befreien.[11]

Heidegger kam in seinem Vortrag „Der Ursprung des Kunstwerks“ (1935) zu einer ähnlichen Schlussfolgerung, als er das Wesen der Dinge zu ergründen suchte, indem er „bloße Dinge“, „Zeug“ und „Werk“ voneinander unterschied. Dabei fand er zu der Überzeugung, dass erst das Kunstwerk die Wahrheit des Seienden offenbare, da es den jeweiligen Gegenstand aus seinem Nutzungszusammenhang heraus zum „Stehen“ bringe.

Diese sozusagen fotografische Behandlung alltäglicher Wirklichkeit gebe nicht nur das jeweils vorhandene Einzelne wieder, sondern darüber hinaus das allgemeine Wesen der Dinge.[12]

Diesem Credo entsprechend arbeitet Robbe-Grillet seit Ende der 50er Jahre auch als Drehbuchautor und Regisseur. Die Suche nach Montagetechniken, die jener schon angesprochenen individuellen Unsicherheit und Ungewissheit entsprechen können, bestimmt sein filmisches wie literarisches Werk.[13] In einer Momentaufnahme („Der Rückweg“) montiert Robbe-Grillet diskontinuierlich, Elemente haben keine zeitliche Ordnung mehr, wiederholen sich, teilweise mit nuancierten Abstufungen. Die Anlehnung an Montagetechniken des Films ist überdeutlich (Jumpcuts, bewusst falsche Anschlüsse, Vor- und Rückblenden, Traumsequenzen etc.).

Es sei an dieser Stelle auf einen letzten, in den Momentaufnahmen immer wiederkehrenden Punkt hingewiesen: die Empfindung von Stillstand, Unbeweglichkeit, Stagnation. Vor dem Hintergrund der undefinierbaren Weite des Horizonts muss der Strandspaziergang der Kinder statisch wirken, so „als ob sich alles auf der Stelle bewegte.“[14] Auf einer Rolltreppe in den Pariser Metrogängen stehen Menschen „regungslos“, die, als sie den Bahnsteig verlassen haben, „sofort für die Dauer der Rolltreppe erstarrt (sind), in vollem Schwung ... stehengeblieben, als ob das Betreten der ... Stufen ... die Körper gelähmt hätte“[15]. Dies alles ist ein „fraglicher Stillstand in der Bewegung, wie man ihn bei Momentaufnahmen bewundern kann.“[16] Der fotografische Charakter der einzelnen Erzählelemente wird erkennbar. War „Die Schneiderpuppe“ nur ein einzelner Moment, ein Element, so stellt z.B. „Der Rückweg“ schon eine Häufung solcher Momenten dar. Die Frage, in welche (Un-)Ordnung diese gebracht werden sollen, ist also die Frage nach der Montagetechnik.

Ein Resümee der die Instantanés bestimmenden poetologischen Überlegungen, bietet einen erstaunlich hilfreichen Zugang für eine Analyse des Romans La Jalousie. Die Lückenhaftigkeit des Textes, die diskontinuierliche Montage der Erzählmomente, ihre Widersprüchlichkeit, die objektive, geometrische Beschreibung der Dingwelt (gleich einem Foto), eine spürbare Verunsicherung des Erzählers/Autors, die Anlehnung an moderne Filmtechniken und der Eindruck von Stillstand und Monotonie werden uns in La Jalousie noch viel ausführlicher begegnen. Die Analyse des Romans soll dann auch die Hintergründe und das Warum solcher Vorgehensweisen klären, eine Arbeit, die auf den letzten Seiten nicht zuletzt aus Platzgründen noch nicht geleistet werden konnte.

2. Die Jalousie oder die Eifersucht

2.1. Die (Re-)Konstruktion der Geschichte

Worum geht es? - Diese Frage könnte konventionell beantwort werden, man skizziere nur kurz die Fabel in ihren Peripetien. Leider bringt uns dieses sonst so typische Verfahren nicht sehr weit, da es bei La Jalousie auf keine traditionelle Erzählstrukturstruktur trifft. Dennoch ist es möglich eine Grundsituation, die thematisch schon wieder sehr traditionell ist, aus dem Erzähllabyrinth zu rekonstruieren. Dieses Vorgehen scheint mir insofern lohnend, als das von dieser Grundsituation ausgehend, die Untersuchung der Schreibweise Robbe-Grillets hinsichtlich ihres dekonstruktivistischen Gehalts erfolgen kann.

Thematisch verhandelt der Roman eine klassische Dreieckskonstellation. Eifersucht ist das dominierende Gefühl eines kolonialen Plantagenbesitzers, dessen Frau A... scheinbar mit Franck eine Affäre hat. Handlungsort ist die in tropischem Klima situierte Bananenplantage von A... und ihrem Mann. Franck, ebenfalls Plantagenbesitzer und Nachbar, besucht das Ehepaar häufig zum Essen. Seine Frau Christiane muss ihn früher zu diesen Treffen begleitet haben, aus gesundheitlichen Gründen (auch wegen des kleinen Kindes) bleibt sie nun den im Roman beschriebenen Gesellschaften fern. Auch erfahren wir, dass Christiane A...’s Kleidungsstil für zu extravagant gehalten hat. In den Terrassen- und Tischgesprächen haben A... und Franck viele gemeinsame Themen, unter anderem einen Roman. Als Franck bekannt gibt, in die entfernte Stadt zu fahren (ein nicht alltägliches Ereignis im durch Regelmäßigkeit der Arbeit bestimmten Alltag auf der Plantage), entschließt sich A... scheinbar spontan, ihn zu begleiten. Auch sie hätte Besorgungen zu machen. Ihr Ehemann wartet vergeblich an jenem Tag auf die noch für den selben Abend angekündigte Rückkehr. Franck und A... treffen erst am nächsten Morgen ein. Die sich mit der Verspätung befassenden Gespräche zwischen A... und Franck (Grund war eine angebliche Autopanne) kann der Ehemann nur noch als Täuschungsmanöver empfinden.

2.2. Der beobachtende Antiheld

Der eifersüchtige Ehemann, A...’s Mann, tritt im Text weder grammatikalisch, noch namentlich auf. Ihm werden keine charakterstiftenden Attribute zugewiesen. Und doch ist dieser Ehemann omnipräsent, als sozusagen verhinderter Held des Romans, der die Dinge seiner Umwelt und das wenige Geschehen aus seinem Blickwinkel wahrnimmt. Kameraperspektivisch fängt er die Bilder ein, misst sie aus. Die ihm gegenüberstehende Dingwelt betrachtet er wiederholt, dabei verändert sich jedoch seine Wahrnehmung. Diese Veränderung der Dingwelt im Bewusstsein des Betrachters eröffnet uns mittelbar seine Gefühlswelt, Eifersucht wird nicht erklärt, sondern visualisiert.

Bernd Dauer versucht dieser Positionierung begrifflich gerecht zu werden, indem er von der „Gegenwart des Ungenannten“ spricht. Er lehnt damit gleichzeitig Einschätzungen ab, die von einem „Hohlraum“ (Gerda Zeltner-Neukomm), also einer entpersonalisierten Beschreibung im Text Robbe-Grillets sprechen.[17]

Obwohl der Ehemann nicht unmittelbar verbal personalisiert ist, schärft sich seine Existenz durch eine Vielzahl von Indizien: Die Anzahl der zu den verschiedenen Mahlzeiten aufgetragenen Gedecke ist immer um eins größer als die Anzahl der explizit benannten Personen.[18] Obwohl nur A... anwesend scheint, entspannen sich immer wieder Dialogsituationen, z.B.: „(Es) genügt, sie zu fragen, ob sie nicht findet ... . ‚Ach was’, antwortet sie“.[19] Einmal wird sogar in Parenthese erklärt, dass sich Franck „im Beisein eines Dritten“ geniere, auf eine heikle Frage zu antworten.[20]

Robbe-Grillet verwies in diesem Zusammenhang besonders auf den ersten Satz seines Romans, der mit einem „Nun“ (oder „Jetzt“) beginnt. Nur eine Person könne verlauten lassen das „nun“, also zu einer ganz bestimmten Tageszeit der Schatten eines der Pfeiler in einer ganz bestimmten Weise auf die Terrasse trifft. Diese Person ist am Geschehen beteiligt, vor Ort.[21]

Die Beobachtungen des Ehemanns werden durch keine zusätzlichen Informationen angereichert. Der Leser weiß genauso viel (besser: wenig) wie der Ehemann, der somit als Erzähler des Textes zu gelten hat. Diese Reduktion des Wissens über die Dinge steht im Gegensatz zur auktorialen Erzählwelt Balzacs. In La Jalousie trifft der Leser auf eine personale Weltsicht, aber auf eine in hohem Maße unsichere, verzweifelte, eifersüchtige. Während Balzac als Autor in seinem Sinne wahre Welten schuf, kann Robbe-Grillet nur noch eine Sichtweise, einen Blickwinkel auf die ihn umgebenden Dinge bieten. Der grundlegende Unterschied liegt also in dem wahrgenommenen Verhältnis des Einzelnen gegenüber seiner Umwelt.

Die nach dem zweiten Weltkrieg wachsende Massenkultur, die Technisierung der Gesellschaft, der versuchte Bruch mit scheinbar überlebten Denksystemen beförderte eine gerade auch mentalitätsgeschichtliche Zäsur, die das Individuum gleichsam aus seiner Welt austreten ließ.[22] Diese Entfremdung muss zwangsläufig für den suchenden Menschen in einem Gefühl der Unsicherheit, der Angst münden: „Eine Welt, die sich erklären läßt, und sei es auch mit unzureichenden Gründen, ist eine vertraute Welt. In einem Universum jedoch, daß plötzlich der Illusion und des Lichtes der Vernunft beraubt ist, fühlt sich der Mensch als Fremder.“[23]

Für Robbe-Grillet begehe deshalb jeder, der mit Balzacs realistischer Schreibweise die heutige Welt literarisch darzustellen sucht, bewussten Schwindel am Leser.[24]

Nach Roland Barthes zeige gerade die Auswahl einer ganz bestimmten Schreibweise das Engagement eines Romanautors in Bezug auf die ihn umgebende Wirklichkeit. Der Katalog historischer Schreibweisen sei dabei ein Katalog des Todes, gestützt durch das Sicherheitssystem der Erzählvergangenheit (passé historique). Wenn jedoch „die Erzählvergangenheit durch weniger ornamentale, frischere, dichtere, dem gesprochenen Wort nähere Formen (das Präsens, das Perfekt) ersetzt wird, wird Literatur zum Bewahrer der Dichte der Existenz und nicht zum Verkünder ihrer Bedeutung.“[25]

Seine dringlichste Aufgabe als Schriftsteller sieht Robbe-Grillet darin, Fragen an die ihn umgebende Wirklichkeit zu stellen. Im Sinne Barthes lehnt er die Abgeschlossenheit einer Erzählwelt ab. La Jalousie ist durchweg im passé indéfini (bzw. passe´composé) verfasst. Die Kunst könne nicht die Funktion übernehmen, irgendeine angenommene Wahrheit zu illustrieren.[26]

Der Nouveau Roman unterscheidet sich somit besonders in seinem Engagement vom Existenzialistischen und Absurden. Die (Außen-)Welt, trotz empfundener Entfremdung, ist für Robbe-Grillet weder sinnlos noch absurd. Das Absurde aber habe sich nie von den Tiefen-Ideen des Humanismus befreien können und stelle lediglich deren tragische Form dar.[27] Die existentialistische Erzählhaltung hingegen vermittle zwar die Unsicherheit und die Zweifel der modernen Zeit, ein von Sartre ausdrücklich gefordertes politisches Engagement im Text lehnt Robbe-Grillet jedoch als „Indoktrinierung“[28] des Lesers ab. Diese würde den Roman an außerliterarische Intentionen binden. Die Kunst wäre in die Bedeutungslosigkeit verdammt, da nur auf einen rein propagandistischen Zweck reduziert.

Der in La Jalousie personalisierte Bebachter ist ein durch seine Gefühle und Ängste motivierter Ehemann. Er treibt keine Handlung aktiv voran, gibt, so scheint es, sich selbst Bericht, rezitiert die ihm vorliegenden Fakten. Diese Passivität (der verhinderte Held bzw. Antiheld) lässt die Dinge seiner Umgebung fremd erscheinen, autonom, unbeherrschbar. Stößt er in seinem rezitativen Bericht auf Leerstellen, die er faktisch nicht zu schließen vermag, so spekuliert er. Das Ergebnis dieser Spekulationen verändert sich immer wieder, dadurch ist für den Leser ein unterschiedliches Maß an Eifersucht erfahrbar. Obwohl also ungenannt, ist der Ehemann als Erzähler und Figur (in der Phalanx der Charaktere) doch sehr konkret. Selbst ein Persönlichkeitsbild ist möglich: Er ist ein weißer, konservativer (latent rassistischer) Plantagenbesitzer. Die Logik ist Grundlage seiner Erkenntisfähigkeit. Die Dinge müssen in seiner Welt einen Platz und einen Namen haben (der Tausendfüßler ist eine „Scutigera“). Er ist Zyniker: die Entdeckung des Tausendfüßlers entlockt ihm scherzhafte Anspielungen auf A...’s Ekel.[29] Vor allem ist dieser Ehemann ein Besitzer. Das für ihn nicht nachweisbare Fremdgehen seiner Frau aber, setzt dieser Eigenschaft Mächte entgegen (Möglichkeiten des Daseins), die er nicht zu beherrschen im Stande ist. Ein scheinbar gefestigter Mann verliert plötzlich den sichergeglaubten Boden unter den Füssen und schreitet wehrlos den Weg in die zwanghafte Obsession.

2.3. Das Beschreiben einer entäußerten Welt

Der ungenannte Ehemann beschreibt in La Jalousie die ihn umgebende Dingwelt. Er lässt sich, wie schon aufgezeigt, teilweise sehr detailliert als Person fassen. Die Beschreibung besitzt demnach ein Subjekt, ein personales Zentrum.

Die Wahrnehmung konzentriert sich in erster Linie auf den Sehsinn. Grundlage der sensualistischen Wirkung des Textes bilden dabei Wörter wie „sehen“, „Blick“, „Auge“, „sichtbar“, „erscheinen“ und „ zum Vorschein kommen“. Einem Foto (bzw. einer Kameraeinstellung) gleich beschreibt der Ehemann die sich ihm bietenden Bilder. Dabei verschwimmt allein durch die undifferenzierte Verwendung des Wortes „Bild“ der Unterschied zwischen dem realen Geschehen und der Betrachtung wirklicher Fotos (nach Walter Benjamin der Realität ohne Aura): „Nun ist die Bildfläche völlig finster“[30] – der Ehemann beschreibt den Einbruch der Nacht auf der Terrasse. „Das Schiff und die Mole nehmen die Mitte des Bildes ein“[31] – eine Fotografie des Postkalenders im Schlafzimmer wird beschrieben.

Die einzelnen wahrgenommenen Bilder, z.B. Zimmer des Hauses, Pflanzen-Formationen der Plantage, aber auch Bewegungen von Personen, werden wie in den Instantanés akribisch aufgeschlüsselt und ausgemessen: „Links von der zweiten Lampe ... steht ein Stapel sauberer Teller, ... rechts von der Lampe und hinter ihr ... ein einheimischer Krug, ... weiter rechts zeichnet sich der ... vergrößerte, unscharfe Schatten eines Männerkopfes ab“[32]. Geometrische Anleihen dominieren wieder die Betrachtungsweise. Schon im ersten Satz scheidet ein Schatten einen „entsprechenden Winkel“. Einige Parzellen der Plantage bilden „abgerundete Flächen“, andere sind „rechteckig“ oder „trapezförmig“, ihre Größe hängt von der Länge der Bananenbaum-Reihen ab.[33] Tische sind entweder „konkav“ oder „konvex“ geformt, ein Briefumschlag zeichnet sich als „Rhombus“ aus und die Flugbahnen der Insekten um die nächtlichen Lampen verlaufen „elliptisch“, jedoch in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen „Schwingungsweite“.[34] Der Abstand zwischen Francks linker und A...’s rechter Hand beträgt bisweilen „zehn Zentimeter, ungefähr.“[35]

Die geometrische Betrachtungsweise ist Ausdruck einer Stellung des Helden (mithin des Menschen) in der Welt. Abstände, Maße, Einheiten beschreiben deutlich eine Distanz zwischen dem Beobachter und der Dingwelt. Mensch und Ding haben keine a priori gegebene Beziehung, sie verhalten sich zueinander unabhängig. Eine geometrische Erfassung belässt die Dinge als autonome Phänomene, gibt ihnen keinen tieferen Sinn. Sie stehen „jenseits“[36], aber bedeuten nichts Jenseitiges. Damit setzt sich Robbe-Grillet bewusst von einer anthropomorphistischen Schreibweise ab, die gerade durch das Diktat der attributiven Metapher das Ding als bloße Projektionsfläche menschlicher Empfindung versklavt.

Auch Balzac hat Dinge, wie Kleider und Häuser, äußerst minutiös (wenn auch nicht geometrisch) beschrieben. Doch Ziel dieses Vorgehens war die Herstellung einer gesicherten, „realen“ Welt. Im Leser wurde so ein Glaube vorentwickelt, der ihn auch an der ablaufenden Geschichte überzeugt teilnehmen ließ. Die attributive Schreibweise, die Magie der Metapher wandelte darüber hinaus jeden Gegenstand in ein gesellschaftliches oder charakterliches Zeichen. „Das Dekor war somit bereits Abbild des Menschen: jede Wand oder jedes Möbelstück des Hauses stellte ein Double für die darin wohnende Person dar.“[37]

Der Mensch ist für Robbe-Grillet aber nicht die Welt, sondern lediglich ihr Zeuge. Seine Empfindungen fänden allein in ihm statt. Die Metapher diene der „Idee einer menschlichen Natur“, welche die Einsamkeit des menschlichen Wesens kaschiere.[38]

Robbe-Grillet gründet sein literarisches Vorgehen somit auf Husserls Phänomenologie. Für Husserl konstituiert sich eine Außenwelt nur durch den jeweiligen individuellen Bewusstseinsinhalt. Diese phänomenologische Reduktion schließt eine außerhalb des einzelnen Bewusstseins liegende Wirklichkeit der Dinge aus. Die Trennung von Subjekt (Mensch) und Objekt (Dinge, die dann in ihrer Summe Welt bedeuten) geht einer solchen Annahme voraus. In einem entscheidenden Punkt jedoch widerspricht Robbe-Grillet dieser Weltsicht. Husserl hatte das menschliche Bewusstsein absolut formuliert und den Menschen damit (nach den Anfeindungen des Positivismus der Wissenschaft des 19. Jh.) wieder als Schöpfer seiner Welt verstanden. „In diesem Sinne stellte die Phänomenologie den alten Traum des klassischen bürgerlichen Bewusstseins wieder her.“[39] Aus schon erwähnten Gründen hat der Mensch für Robbe-Grillet diesen Thron wieder verlassen müssen. Die Distanz zwischen Mensch und Dingwelt ist zwar geblieben, aber das Machtverhältnis hat sich umgekehrt. Gerade in La Jalousie entwirft Robbe-Grillet mittelbar ein literarisches Subjekt, „das seine eigene Situation nicht mehr zu beherrschen vermag, sondern – einem zwanghaften Drang folgend – zu den Dingen hintendiert, die es gefangen nehmen.“[40]

Die Passivität des Ehemanns, sein reines Konstatieren der Gegebenheiten zeichnet die Welt der Dinge als bedrohlich, sogar übermächtig. Nicht er scheint mehr entscheiden zu können, welchen Eindrücken er sich hingibt, vielmehr zwingen sich ihm diese fast gewaltsam auf. Der anfangs in Zentimeter abgeschätzte Abstand zwischen den auf Sessellehnen ruhenden Händen von A ... und Franck, drängt sich ihm immer wieder durch die Anordnung der Sessel ins Bewusstsein. Diese „Verfolgung“ kommt am Tag der Abwesenheit von A ... und Franck zu ihrem Höhepunkt, denn obwohl die Sessel nicht auf der Terrasse stehen, wird der Ehemann an die Nähe der Hände erinnert:

„Die Terrasse ist gleichfalls leer, ... aber unter dem offenen Fenster des Büros tragen die Steinplatten die Spuren von acht Sesselbeinen ... . Die beiden linken Ecken des rechten Quadrats sind kaum zehn Zentimeter von den beiden rechten Ecken des linken Quadrats entfernt.“[41]

Diese bedrohliche Wiederkehr der Gegenstände im Bewusstsein des Ehemanns offenbart seine Unsicherheit, zeugt von der Umkehrung des Machtverhältnis zwischen Mensch und Ding. Der Mensch hat sich seiner Lebenswelt entfremdet, seine Schöpfungen, die Dinge, haben sich gleichsam verselbständigt. Marx hat dieses Verhältnis in seiner Entfremdungstheorie bezüglich der Produktions-verhältnisse in einer Gesellschaft vorgedacht. Indem der Arbeiter (als Verkäufer seiner Arbeitskraft) einen Teil seiner Arbeit immer als Mehrwert an den Besitzer der Produktionsverhältnisse abgebe, zementieren gerade die von ihm geschaffenen Dinge seinen sozial schwachen Status. Sie machen den Reichen reicher und degradieren ihn zum Tier. Sein Anteil am Gewinn deckt nur seine Grundbedürfnisse (Wohnen und Essen), in vielen Fällen nicht einmal diese.[42]

Auch die in der Marxschen Theorie implizite Austauschbarkeit des Menschen in einer durch einen hohen Technisierungsgrad bestimmten Gesellschaft wird von Robbe-Grillets in La Jalousie problematisiert. Die Bewegungen der Figuren werden als mechanische Abläufe beschrieben. Individualität tritt hinter Regelmäßigkeit und Gleichheit zurück. Die wiederholte Beschreibung von A ...’s morgendlichem Bürsten ihrer langen Haare gleicht den zyklischen Arbeitsabläufen einer Maschine: „Kaum unten angelangt, steigt (die Bürste) flugs wieder zum Kopf empor, wo sie mit der ganzen Borstenfläche auftritt, bevor sie wiederum auf der schwarzen Masse hinuntergleitet.“[43] Beim Essen wird auch Franck nur noch als Automat wahrgenommen: „Die rechte Hand ergreift das Brot und führt es zum Mund, die rechte Hand legt das Brot auf das weiße Tischtuch und ergreift das Messer, die linke Hand ergreift die Gabel, die Gabel sticht ins Fleisch, die rechte Hand legt das Messer auf das Tischtuch, die linke Hand legt die Gabel in die rechte Hand, die in das Fleisch sticht, das sich dem Mund nähert, der zu kauen beginnt, mit seinen Zusammenziehungen und Ausdehnungen.“[44] Selbst die Hausbediensteten bewegen ihre „Arme und Beine wie ein grob reguliertes Uhrwerk im Takt“, die „Regelmäßigkeit“ ihrer Schritte bleibt oft „unverändert“.[45]

Das eingespielte Verhalten der Menschen resultiert nicht zuletzt aus der Monotonie des Plantagen-Alltags. Die anstehenden Arbeiten sind „voraussehbar“, da sie sich immer „gleichen“. „Es sind immer nur die belanglosen Vorkommnisse bei der Landarbeit, die sich periodisch auf dem einen oder anderen Feld gemäß dem Zyklus der verschiedenen Verrichtungen wiederholen.“[46] Nach A ...’s Rückkehr aus der Stadt kann ihre Frage nach Neuigkeiten vor diesem Hintergrund als Ablenkung von einem in ihrem Inneren wühlenden Geheimnis verstanden werden.

Als Plantagenbesitzer haben die Eheleute neben Verwaltungsaufgaben (siehe das Büro im Haus) kaum etwas zu tun. Der Ehemann verfügt scheinbar über genügend Zeit, um A ... bei jeder ihrer Verrichtungen beobachten zu können. Das Haus der Plantage (als einziger Handlungsort) ist für ihn eine zivilisierte (also strukturierte) Insel in der tropischen Weite. Hier kennt er sich aus, weiß die Dinge an ihren Plätzen. Sein über die Plantage schweifender Blick versucht darüber hinaus, die Umgebung jenseits des Hauses in beherrschbare Kategorien einzuordnen. Stellt er im Koordinatensystem der einzelnen Parzellen doch einmal einen Moment der Unordnung fest, misst er diesen sofort aus, schafft sich damit wieder verlässliche Zuordnungsgrößen. Die Unordnung wird angeordnet, wie im Fall der für den Brückenbau abgeladenen Hölzer: „Anstatt sie ordentlich nebeneinanderzulegen, haben die Träger sie dort blindlings kreuz und quer hingeworfen.“ Darauf folgt: „Die ersten beiden Hölzer liegen parallel nebeneinander (und zum Fluß), wobei ihr Zwischenraum ungefähr doppelt so groß ist wie ihr gemeinsamer Durchmesser.“[47]

Das beobachtende Auge des Ehemanns versucht, sich unaufhörlich Sicherheit an der Oberfläche zu verschaffen, die Welt, wie sie sich ihm visuell bietet, zu klären. Insofern ist der Romantext in hohem Maße kompensatorisch. Den Wunsch nach einem geordneten Leben kann sich der Ehemann nur durch die Art und Weise seiner Blicke erfüllen.

Die Eifersucht hingegen kann er nicht beweisen, konkrete Erkenntnisse fehlen ihm. Dieser in jeder Ahnung nistenden Unsicherheit setzt er deshalb seine ordnende, geometrische Betrachtungsweise entgegen.

Doch selbst das bloße Registrieren der Phänomene muss sich letztendlich als problematisch herausstellen. Die in den Instantanés aufgeworfene Frage nach dem Realen und seinem Abbild (Spiegelbild) kehrt in La Jalousie kongruent wieder. Die Umgebung des Ehemanns bricht und verzerrt sich immer wieder durch geschlossene bzw. geneigte Fenster, die zwischen ihm und dem Außen eine Materie der Möglichkeiten bilden. Das Vexierspiel wird durch einen auf A ...’s Anrichte arrangierten Spiegel, sowie durch einen in ihrem Zimmer befindlichen Spiegelschrank noch unterstützt. Der Versuch des Ehemanns die Bilder zu trennen, schlägt wie in den Instantanés fehl.

Jaques Lacan hat diesbezüglich in seinem Aufsatz „Das Spiegelstadium“ darauf verwiesen, dass Spiegelbilder einerseits Identität schaffen, gleichzeitig aber auch entfremden. Die gespiegelte Gestalt vermittle dem Menschen zwar die totale Form seines Körpers, diese könne aber nur symmetrisch seitenverkehrt wahrgenommen werden.[48] Robbe-Grillet hat sich bei Lacan immer wieder argumentative Anleihen erlaubt. So ist seine Definition des „Realen“ auch ein überliefertes Lacan-Zitat: „Das Reale ist das, wogegen ich stoße, so daß das Reale dort anfängt wo der Sinn aufhört.“[49]

Gerade die Verabschiedungsszene zwischen A ... und Franck ist für den Ehemann durch die Fensterspiegelung nicht eindeutig. Er muss spekulieren: „Francks massivere Silhouette verdeckt vollständig die ... von A ... Francks Kopf beugt sich vor. Die Unregelmäßigkeiten der Scheibe verfälschen die Einzelheiten der Geste.“ Der Ehemann kommt postum zu der Einsicht, dass die Fenster des Salons „eine unmittelbarere Sicht auf dasselbe Schauspiel gestattet“ hätten, „in einem bequemeren Gesichtswinkel.“[50]

Die Unregelmäßigkeiten mancher Fenster bieten sogar die Möglichkeit (entgegen der Funktion eines Fensters), die Dinge verschwinden zu lassen. Der Spiegelung eines auf dem Hof zurückgebliebenen Ölflecks entkommt der durch Flecke traumatisierte Ehemann[51] wie folgt: „Es genügt, die geschwärzte Fläche nach wiederholten Versuchen auf eine blinde Stelle der Scheibe zu dirigieren.“ Die Fläche wird „in eine Reihe winziger, konzentrischer Sicheln verwandelt, ... dann löst sich alles auf einmal auf.“[52]

Ebenso wie die Spiegelbilder verweisen in La Jalousie auch die Schatten der einzelnen Gegenstände auf die Abhängigkeit ihre Existenz vom jeweiligen Bewusstseinszustand ihres Beobachters. Die Sonne, je nach ihrem Stand, verlängert bzw. verkürzt die „dunklen“ Abbilder der Dinge. Auch sie ist im Stande diese Bilder aufzulösen (Zenit). Darüber hinaus sind die Schatten Vorboten der Dunkelheit, die den Ehemann aus seiner relativ gesicherten Welt der Beobachtung herausreißt. Die Leerstellen seines Bewusstseins häufen sich mit Einbruch der Nacht. Er kann nur noch Ahnen, was A ... und Franck im Dunkel auf der Terrasse tun. Während der Sehsinn zu dieser Tageszeit eingeschränkt wird, schärft sich der Hörsinn des Ehemanns. Die Beschreibungen nächtlicher Situationen beruhen dann auf Worten wie „hören“, „lauschen“, „vernehmen“. Lampen „zischen“, Tiere „schreien“, die Stille der Nacht ist der „ohrenbetäubende Lärm der Grillen“. Aber auch tagsüber unterbricht von Zeit zu Zeit ein Geräusch die Monotonie der Bilder. Motoren „heulen auf“, die weittragende Stimme des zweiten Fahrers „singt eine Eingeborenenweise“.

2.4. Die affektive Funktion der Dinge

Neben der geometrischen Betrachtungsweise ist es gerade ein Gegenstand, der die Distanz (Ausgeschlossenheit) des Ehemanns manifestiert. Die Jalousien vor den Fenstern sind je nach Tageszeit offen oder geschlossen. Sie gestatten nicht zu jeder Gelegenheit einen observierenden Blick auf das sich hinter ihnen abspielende Geschehen. Selbst wenn sie geöffnet sind, stehen sie als Medium zwischen Innen und Außen. Sie sind die materielle Entsprechung der empfundenen Entfremdung von seiner Frau. Das eingefangene Bild bleibt immer zerschnitten. Um die Leerstellen so gering wie möglich zu halten, muss der Ehemann ganz nah an eine Jalousie herantreten. Überwinden kann er diese Grenze nicht, ohne dabei seine Bespitzelung selbst aufzudecken.

Insofern fungieren die Jalousien auch als Deckmantel seines detektivischen Verhaltens (gerade in Kriminalfilmen trennt die Jalousie als bildtechnisches Element immer wieder den Wissenden vom Unwissenden, stellt mit ihrer Durchlässigkeit aber gleichzeitig [Blick-]Beziehungen her).[53]

Aus dem sonst statischen System der Objekte in La Jalousie heben sich einzelne Dinge hervor, welche, da immer wieder unterschiedlich wahrgenommen, die mentale Veränderung des Ehemanns dokumentieren. Sie sind die Träger seiner sinnlichen Affekte. Besonders der Tausendfüßler bzw. der nach dem Tötungsakt verbliebene Fleck an der Esszimmerwand beherrscht das Bewusstsein des Ehemanns bis zu einem Punkt, an dem er (wie der Leser) Halluzination und Wirklichkeit nicht mehr zu unterscheiden vermag.

Bei einer der gewöhnlichen Abendgesellschaften erblickt A ... einen Tausendfüßler an der gegenüberliegenden Wand. Sie ekelt sich, kann ihren Blick nicht mehr von der Stelle lösen. Nach einem Augenblick, in dem A ...’s Mann keine Anstalten gemacht hat, das Tier zu beseitigen, erhebt sich Franck und erschlägt es mit seiner Serviette.[54] Dieser Moment wird dem Ehemann unvergessen bleiben. Seine Untätigkeit und der Sieg Francks, repräsentiert durch das Menetekel des Flecks, verweisen ihn zu jeder Zeit unerbittlich auf seine Stellung im personalen Dreier-Gefüge. Franck ist der Konkurrent, der handelt und A ... ihre Wünsche erfüllt. Der Ehemann kann das Geschehen nur spekulativ begleiten. Er vermutet einen Ehebruch, beweisen kann er ihn nicht. In den quälenden Stunden bis zu A ...’s Rückkehr, sucht der Ehemann verzweifelt nach Indizien. Statt auf Anhaltspunkte zu stoßen, trifft er wieder nur auf den Fleck und versucht vergeblich, ihn von der Wand zu tilgen.

Seine Wahrnehmung der Ausmaße des Tausendfüßlers wird dabei immer realitätsfremder. Das anfänglich in seinen Details kaum erkennbare Tier[55] wächst im manischen Bewusstsein des Ehemanns zu einem „Riesenexemplar“.[56] Erkannte er zu Beginn in dem Fleck ein Abbild der (dahingeschiedenen) Realität des Tausendfüßlers, so leben die monströsen Konturen in seinem Wahn wieder auf. Die Steigerung der Intensität der Beschreibung vermittelt somit die gestiegene Eifersucht.

An A ...’s lapidare Erzählung über das Hotel und seine berüchtigt schlechten Betten schließt sich im Text eine Wiederholung des Tötungsaktes an.[57] Die indirekte Andeutung einer Intimität zwischen A ... und Franck bringt dem Ehemann die Schmach der damaligen Niederlage zurück, einer Niederlage, die er aber zumindest bezeugen kann. Die gleichzeitige Identifizierung mit dem Opfer wird an anderer Stelle noch deutlicher. Der Ehemann halluziniert die verzweifelte Flucht des Tausendfüßlers vor Francks todbringender Hand. Doch „ohne daß es Zeit hätte, sich noch weiter zu bewegen, stürzt das Tierchen auf die Fließen, wo es sich noch ein wenig windet, ... während die Kiefer sich, ... hastig um den leeren Mund öffnen und schließen.“[58] Die sonst monströse, giftige Scutigera wird hier als wehrloses, leidendes „Tierchen“ dargestellt. Die Parteinahme (Sympathie) des Beschreibenden ist unverkennbar. Franck steht mithin als Eindringling, Bedrohender, letztlich als Vernichter da.

Der Versuch des Ehemanns, sich durch Beseitigung des Fleckes von der Gefangenschaft der Erinnerung zu lösen, scheitert. Das Ausradieren und Abkratzen hinterlässt nur wieder einen Fleck, diesmal einen im Vergleich zur Wandfarbe hellen. Das Auflösen von Gegenständen in den Unregelmäßigkeiten der Fenster war die spielerische Erfüllung eines Wunsches, der mit der Realität des Fleckes seine mentalen Grenzen erfährt. Der Abdruck bleibt und beginnt das Bewusstsein des Ehemanns vollkommen einzunehmen. Die ausgemessene, sterile, makellose Welt wird plötzlich unsauber, fleckig. Die Insekten der Nacht reduzieren sich ebenso zu „hellen Flecken“ auf „schwarzem Hintergrund“ wie die Kleider und Hände von A ... und Franck. An der Außenfassade läuft eine dunkle Flüssigkeit herab, die auf einer Steinplatte „in einem kleinen runden Fleck endet.“ Auf dem Foto des Postkalenders sind breite Öllachen als „meergrüne Flecken“ zu erkennen.[59]

Darüber hinaus spiegeln vollkommen unabhängige Erscheinungen im Bewusstsein des Ehemanns die Form des Tausendfüßlers wieder: eine auf dem Terrassengeländer ruhende Eidechse, ein Soßenfleck auf Francks Seite des Tisches, die zum Essen gereichte Erdkrabbe auf dem Teller des Ehemanns.

Selbst Geräusche vermischen sich in dieser alles beherrschenden Manie: das Knistern von A ..’s Haaren beim Kämmen ist das gleiche Knistern, das Francks Schuh beim Zertreten des angeschlagenen Tausendfüßlers verursacht.[60]

So werden verschiedenen Dinge in La Jalousie zu Fixpunkten der Imagination des Ehemanns. Dazu gehören neben dem Abbdruck des Tausendfüßlers in weniger konzentrierter Form z.B. das blaue Briefpapier A ...’s oder das Foto, das die Stadt als Handlungsort des angenommenen Ehebruchs zeigt. Der Romantext ist deshalb zum Großteil das Produkt der Imagination des Ehemanns, welcher „tatsächliche oder für solche gehaltene Indizien für einen Seitensprung seiner Frau A... zum Anlaß nimmt, sich entsprechende Szenen vorzustellen.“[61] Der Mangel an Erkenntnissen erschafft eine Lebenswelt, in der Dinge der Phantasie und der Realität ohne Regel miteinander vermischt werden. Originale und Spiegelbilder sind als solche nicht mehr auszumachen. Der Wahn des Ehemanns und die obsessive Kraft der Gegenstände stehen somit in einem direkten Verhältnis.

2.5. Die Dinge als poetologische Referenz

Neben der konstruierten Existenz eines manischen Bewusstseins vermittelt La Jalousie auch ein ganz konkretes Nachdenken über den Roman als solchen. Einzelne Dinge übernehmen diesmal eine selbstreferenzielle Funktion. Im Mittelpunkt steht dabei das Buch im Buch.

A ... vertieft sich in die Lektüre eines von Franck geborgten Romans. Diskussionen zwischen beiden über Inhalt und Poetik des Buches füllen die Abende auf der Terrasse aus. Die geäußerten Überlegungen verweisen auf die gegensätzlichen Positionen des realistischen Romans einerseits und des Nouveau Roman andererseits. Wir erfahren, dass der fragliche Roman nach einer konventionellen Bauweise funktioniert, es gibt eine „Geschichte“ und „zentrale Peripetien“.[62] Franck und A ... sprechen von den Orten, Ereignissen und Personen so, „als handelte es sich um Wirklichkeiten.“[63] Scheinbar befriedigt beide diese Art der Erzählhaltung nicht, sie beginnen eigene Handlungsabläufe zu knüpfen. Verschiedene Varianten lösen sich ab, werden miteinander kombiniert, dann wieder verworfen. „Es bieten sich auf diesem Wege andere Abschweifungen an, die alle zu verschiedenen Zielen führen.“ Nach „Herzenslust“ berauschen sich beide an ihren „Phantasiegebilden“, das Ganze gleicht einem ergötzlichen „Spiel“.[64]

Diskontinuierliches Erzählen, Widersprüche und Lücken versteht Robbe-Grillet als Grundpfeiler des Nouveau Roman, sie seien die spannungsstiftenden Momente der Lektüre. Elemente wie Halluzinationen, Phantasien, Bilder und Abbilder werden zwar in eine Ordnung gebracht (ein Text ist immer eine Ordnung), der Umgang sei aber spielerisch leicht (ohne Erfolgs-Regel). Dieses Spiel erlaube es, die Welt zu benennen, ohne einen ideologischen Alleinvertretungsanspruch zu postulieren. „Es gibt auch andere mögliche Ordnungen, und deshalb muß ich immer wieder zu diesen Elementen der Welt greifen und mit ihnen spielen.“[65]

Neben der durch A ... und Franck reflektierten Romanlektüre leistet auch der Ehemann seinen poetologischen Beitrag, indem er in „freien“ Momenten das Lied des zweiten Fahrers analysiert. Ganz im Stil seiner üblichen anatomischen Beschreibungsweise zerlegt er das native Poem. Seine europäisch tradierten Interpretationstechniken setzen ihm jedoch bald Grenzen. Zwar habe das Poem stellenweise Ähnlichkeit mit einem Chanson, doch folgen die Töne letztlich keinem musikalischen Gesetz (im Sinne der europäisch rationalen Anklage). Die Tonfolgen erweisen sich als unzusammenhängend, auf den Ton, den man für den letzten hält, folgt ohne Unterbrechung ein anderer. Motive verschwinden zuweilen, kehren aber später fast unverändert wieder. „Aber diese Wiederholungen, diese unscheinbaren Varianten, diese Klangfetzen, diese Refrains gestatten Verwandlungen, die – wenn auch kaum wahrnehmbar – auf die Dauer doch vom Ausgangspunkt abweichen.“[66]

Dieses scheinbar unproblematische Dahingleiten führt in La Jalousie auch nicht zum Ausgangspunkt zurück. „Kaum wahrnehmbar“ verändert sich der Blick auf die Welt. Dem Ehemann entgleitet die rationale Basis, er endet im Wahn. Die Dinge, ob Bild oder Abbild (Erinnerung, Phantasie), werden affektiv belastet.

Einmal mit Robbe-Grillets Romantheorie in Kontakt gekommen, mutet es bei wiederholter Lektüre von La Jalousie beinah unheimlich an, wie vielen Situationen bzw. Gegenständen man eine poetologische Aussage unterstellen kann. Um der Gefahr einer Überbeanspruchung des Textes, also einer fragwürdigen Beliebigkeit aus dem Weg zu gehen, möchte ich nur kurz auf zwei, mir wichtige Passagen eingehen:

Die wiederholte Beschreibung der kunstvoll gewundenen Haare A ...’s vermittelt den Eindruck eines komplexen Arrangements. Die Befürchtung des Ehemanns, dass sich der Knoten jeder Zeit auflösen könnte, bestätigt sich aber nicht. Eine verborgene Nadel hält die Verschlingungen „fester zusammen als man glaubt.“[67] Die verborgene und doch alle Erzähl-Elemente bindende Instanz in La Jalousie ist der Ehemann. Nur durch ihn ist das Text-Arrangement erst gegeben. „Der Mensch ist darin auf jeder Seite, in jeder Zeile, in jedem Wort gegenwärtig.“[68]

Auf der Knüppelholzbrücke hockt ein Arbeiter, der sich über den Wasserspiegel beugt - auch dieses Bild kehrt im Bewusstsein des Ehemanns mehrfach wieder. Nach der Haltung des Arbeiters zu urteilen, versucht dieser, „irgendetwas in der Tiefe zu erblicken, was kaum möglich ist, da die Durchsichtigkeit trotz des sehr niedrigen Wasserstandes immer unzureichend ist.“[69] Wenn die Schreibweise eines Romans den Dingen keine psychologische, politische oder metaphysische (also in Summe kulturelle) Tiefendimension zuweist, dann hört für die Menschen „die Oberfläche der Dinge auf, die Maske ihres Herzens zu sein.“[70]

Resümee

Entgegen der zeitgenössischen Kritik, dass der Nouveau Roman den Menschen aus der Werk-Welt entlassen habe und die völlige Objektivität anstrebe, hat die Analyse von La Jalousie gezeigt, dass gerade erst die Subjektivität des ungenannten Beobachters, des (Anti-)Helden den Text hervorbringt.

Seine sich sukzessive ändernde Wahrnehmung manifestiert Textelemente, die sich widersprechen und einer kausalen, logischen Ordnung entziehen. Die Veränderung hin zur manischen Eifersucht kann der Leser nur mittelbar über die Bewusstseinsinhalte des Ehemanns nachvollziehen. Die Dinge der Umgebung dominieren in beängstigender Art und Weise bald dieses Bewusstsein, sie sind allgegenwärtig (Tausendfüßler). Der Versuch, durch geometrisches Ausmessen der objektalen Welt ein gesichertes Ordnungssystem zu erschaffen, scheitert. Die Größen- und Entfernungsmaße ändern sich. Die Überdimensionierung einiger Gegenstände offenbart die klaustrophobische Enge, die der Ehemann empfinden muss. Er steht den Dingen gleichsam ohnmächtig gegenüber.

Der Nouveau Romanciers stellt mit dieser Schreibweise den Leser auf das Niveau seines eigenen (Un-)Wissens, ganz im Gegensatz zur stabilen, kohärenten Welt eines gottgleichen (allwissenden) Autors. Den Leser muss ein solcher Roman beunruhigen, ist er doch im allgemeinen an jene „realistische“ Schreibweise gewöhnt. Robbe-Grillet weiß, dass er in diesem Sinn auch gegen seine Leser schreibt: „Mein Ziel ist es nicht, Sie mit der Welt zu versöhnen.“ Aufgabe des Romanautors sei es vielmehr, das Publikum „immer heftiger zu beunruhigen, hin zu einem freien Bewußtsein.“[71] Diese Sicht korrespondiert mit den rezeptionsästhetischen Überlegungen Wolfgang Isers, der dem (abstrakten) Leser ebenfalls eine tradierte Lesegewohnheit unterstellt. Wird die Gewohnheit aber gebrochen, sei der Leser gezwungen, über sie nachzudenken.

Romane sind dann keine Wahrheiten mehr, sondern nur Möglichkeiten des Realen: „Wenn sich (Bedeutung) erst im Durchspielen der verschiedenartigen Blickpunkte erschließt, dann ist die faktisch dargestellte Wirklichkeit nicht mehr repräsentativ für die ganze Realität.“[72]

Bibliografie

Barthes, Roland: Schreibweise des Romans, in: Am Nullpunkt der Literatur, Hamburg 1959, S. 31-41.

Beier, Antje: Der Entfremdungsbegriff in der Marxschen Theorie und sein Bezug auf kleinbürgerliche und proletarische Frauenbewegungen um 1900, Hannover 2001.

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Eagelton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie, 4. Auflage, Stuttgart 1997.

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Iser, Wolfgang: Der Leser als Kompositionselement im realistischen Roman, in: Der implizite Leser, 3. Auflage, München 1994, S.168-193.

Lacan, Jaques: Das Spiegelstadium, in: Schriften I, hrsg. von Norbert Haas, Berlin 1986, S. 63-70.

Mies, Gerhard: Die Darstellung der gegenständlichen Welt in den Romanen Alain Robbe-Grillets und Claude Olliers, Bonn 1981.

Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997.

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Zhonshang, Li: Entfremdungsbegriff und Historischer Materialismus in der geschichtlichen Entwicklung, Aachen 1985.

[...]


[1] Robbe-Grillet, Alain: Der wiederkehrende Spiegel, 2. Auflage, Frankfurt/M. 1986, S. 11.

[2] Diese Vorwürfe fasst Robbe-Grillet am Anfang seines apologetischen Essays Neuer Roman, neuer Mensch zusammen. Siehe dazu: Robbe-Grillet, Alain: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S.81-91.

[3] Der erste Roman Un Régicide war 1949 mit dem Verweis, dass für diese Art Literatur in Frankreich das Publikum fehle, abgelehnt worden und erschien erst 1978. Les Gommes kam 1953 in Druck, zwei Jahre später folgte Le Voyer.

[4] Robbe-Grillet, Alain: Argumente für einen neuen Roman, München 1965.

[5] Robbe-Grillet, Alain: Momentaufnahmen, München 1963.

[6] Robbe-Grillet, Alain: Die Schneiderpuppe, Momentaufnahmen, München 1963, S. 7.

[7] Ebd., S. 7-10.

[8] Robbe-Grillet, Alain: Die Schneiderpuppe, Momentaufnahmen, München 1963, S. 8.

[9] Robbe-Grillet, Alain: Warum und für wen ich schreibe, in: Karl Alfred Blüher (Hrsg.), Robbe-Grillet zwischen Moderne und Postmoderne, Tübingen 1992, S. 53.

[10] Besonders der realistische Roman Balzacs war für Robbe-Grillet Angriffsziel und Definitionsgröße des Nouveau Roman. Im abgestufteren Maße traf dies auch auf Zola zu.

[11] Robbe-Grillet, Alain: Dem Roman der Zukunft eine Bahn, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S.20.

[12] Heidegger, Martin: Der Ursprung des Kunstwerkes, (Reclam) Stuttgart 1960, S. 7-25.

[13] Für einen kurzen, vergleichenden Überblick siehe: Stiglegge, Marcus: Im Labyrinth der Begierde, Das filmische Werk von Alain Robbe-Grillet, unter: http://www.splatting-image.com/Artikel/ Grillet/grillet.htm, Zugriff am: 10.07.2002.

[14] Robbe-Grillet, Alain: Der Strand, in: Momentaufnahmen, München 1963, S.49/50.

[15] Robbe-Grillet, Alain: Die Rolltreppe, in: Momentaufnahmen, München 1963, S.59.

[16] Robbe-Grillet, Alain: Der Rückweg, in: Momentaufnahmen, München 1963, S.32.

[17] Dauer, Bernd: Wirklichkeitsflucht und Entfremdung, Studien zur Erzählstruktur in den Romanen Alain Robbe-Grillets und Michel Butors, Heidelberg 1976, S.86.

[18] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 7, 24, 49.

[19] Ebd., S. 11.

[20] Ebd., S.109.

[21] Robbe-Grillet, Alain: Warum und für wen ich schreibe, in: Karl Alfred Blüher (Hrsg.), Robbe-Grillet zwischen Moderne und Postmoderne, Tübingen 1992, S. 22.

[22] Mies, Gerhard: Die Darstellung der gegenständlichen Welt in den Romanen Alain Robbe-Grillets und Claude Olliers, Bonn 1981, S. 12.

[23] Albert Camus in: Der Mythos von Sisyphos, zitiert nach: Martin Esslin: Das Theater des Absurden, 17. Auflage, Hamburg 1996, S.13.

[24] Robbe-Grillet spricht in diesem Zusammenhang von der „realistischen Ideologie“ und von einem „Schwindelsystem“ in: Der wiederkehrende Spiegel, 2. Auflage, Frankfurt/M. 1986, S. 120.

[25] Barthes, Roland: Schreibweise des Romans, in: Am Nullpunkt der Literatur, Hamburg 1959, S. 34.

[26] Robbe-Grillet, Alain: Was Theorien nützen, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S. 8-13.

[27] Robbe-Grillet, Alain: Natur, Humanismus, Tragödie, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S.66 f.

[28] Robbe-Grillet, Alain: Der wiederkehrende Spiegel, 2. Auflage, Frankfurt/M. 1986, S. 127.

[29] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 23.

[30] Ebd., S. 77.

[31] Ebd., S. 87.

[32] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 9.

[33] Ebd., S. 16 ff.

[34] Ebd., S. 69, 82, 119.

[35] Ebd., S. 15.

[36] Zur Klärung von Distanzen, auch zwischen den Dingen selbst, bedient sich Robbe-Grillet in La Jalousie wiederholt dieser Präposition.

[37] Robbe-Grillet, Alain: Zeit und Beschreibung im heutigen Roman, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S. 96.

[38] Robbe-Grillet, Alain: Natur, Humanismus, Tragödie, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S. 52-61.

[39] Eagelton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie, 4. Auflage, Stuttgart 1997, S. 22.

[40] Mies, Gerhard: Die Darstellung der gegenständlichen Welt in den Romanen Alain Robbe-Grillets und Claude Olliers, Bonn 1981, S. 49.

[41] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 68.

[42] Siehe zum Thema „Entfremdung“ bei Marx: Zhonshang, Li: Entfremdungsbegriff und Historischer Materialismus in der geschichtlichen Entwicklung, Aachen 1985; sowie:

Beier, Antje: Der Entfremdungsbegriff in der Marxschen Theorie und sein Bezug auf kleinbürgerliche und proletarische Frauenbewegungen um 1900, Hannover 2001.

[43] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 34.

[44] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 61.

[45] Ebd., S. 62, 77.

[46] Ebd., S. 52, 107, 112.

[47] Ebd., S. 56.

[48] Lacan, Jaques: Das Spiegelstadium, in: Schriften I, hrsg. von Norbert Haas, Berlin 1986, S. 64.

[49] Robbe-Grillet, Alain: Warum und für wen ich schreibe, in: Karl Alfred Blüher (Hrsg.), Robbe-Grillet zwischen Moderne und Postmoderne, Tübingen 1992, S. 54.

[50] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 114.

[51] Dazu ausführlich im nächsten Kapitel.

[52] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 70.

[53] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 21,27,67,100,115.

[54] Ebd., z.B. S.33f.

[55] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 30.

[56] Ebd., S. 91.

[57] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 53.

[58] Ebd., S. 71.

[59] Ebd., S. 83,87,89,116,118.

[60] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 80f, 113.

[61] Mies, Gerhard: Die Darstellung der gegenständlichen Welt in den Romanen Alain Robbe-Grillets und Claude Olliers, Bonn 1981, S. 164ff.

[62] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 51.

[63] Ebd., S. 44.

[64] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 45.

[65] Robbe-Grillet, Alain: Warum und für wen ich schreibe, in: Karl Alfred Blüher (Hrsg.), Robbe-Grillet zwischen Moderne und Postmoderne, Tübingen 1992, S. 35.

[66] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, S. 56.

[67] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, z.B. S. 23.

[68] Robbe-Grillet, Alain: Neuer Roman, neuer Mensch, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S.85.

[69] Robbe-Grillet, Alain: Die Jalousie oder die Eifersucht, (Reclam) Stuttgart 1997, z.B. S. 19.

[70] Robbe-Grillet, Alain: Dem Roman der Zukunft eine Bahn, in: Argumente für einen neuen Roman, München 1965, S.23.

[71] Robbe-Grillet, Alain: Warum und für wen ich schreibe, in: Karl Alfred Blüher (Hrsg.), Robbe-Grillet zwischen Moderne und Postmoderne, Tübingen 1992, S. 60.

[72] Iser, Wolfgang: Der Leser als Kompositionselement im realistischen Roman, in: Der implizite Leser, 3. Auflage, München 1994, S.186ff.

Excerpt out of 30 pages

Details

Title
Die Dingwelt in Alain Robbe-Grillets Roman "La Jalousie"
College
University of Leipzig
Course
HS Dichtung, Dinglichkeit, Verdinglichung
Grade
1,3
Author
Year
2002
Pages
30
Catalog Number
V110593
ISBN (eBook)
9783640087570
ISBN (Book)
9783640315734
File size
544 KB
Language
German
Notes
Institut für Klassische Philologie und Komparatistik
Keywords
Dingwelt, Alain, Robbe-Grillets, Roman, Jalousie, Dichtung, Dinglichkeit, Verdinglichung
Quote paper
Max Honert (Author), 2002, Die Dingwelt in Alain Robbe-Grillets Roman "La Jalousie", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110593

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