Sonnenschutz: Energetische und ergonomische Optimierung durch Systemtechnik


Exposé (Elaboration), 2005

28 Pages


Extrait


Inhalt:

- Sonnenstrahlung und Sonnenschutz
- Sonnenwirkung auf Mensch und Materie
- Ergonomie: Mensch-Sonnenschutzmodell
- Sonnenschutzsysteme und energetische Effektivität
- Sonnenschutzsteuerungen und Multisensorik
- Gebäudetechnik und Systemintegration

Stand: 2006

SONNENSTRAHLUNG UND SONNENSCHUTZ

Die Sonnenstrahlung ist durch zwei gegensätzliche Standpunkte in den Blickpunkt geraten, die man als

- Sonnenenergienutzung und
- Sonnenschutz

bezeichnen könnte.

Auf der einen Seite also überwiegt die Nutzbarkeit der Sonne als positiver kostenloser Energiespender in zahlreichen technischen Anwendungen, die unsere Zukunftsprobleme der Energieversorgung lösen sollen.

Durch die Diskussion um das sich ausweitende Ozonloch ist in den letzten Jahren die Schädlichkeit der Sonnenstrahlung für die Haut und biologischen Materialien vordergründig geworden.

In diesem Vortrag überwiegen aber grundsätzlich andere Gesichtspunkte, nämlich

- Sonnenschutz in der Architektur, allenfalls noch im Fahrzeugbau.

Wirft man deshalb die Frage auf, was unter Sonnenschutz zu verstehen ist, sind die Antworten recht unterschiedlich, je nach Gebiet, auf dem dieser angewandt wird, also vom technischen bis zum medizinischen Sonnenschutz.

Als Sonnenschutz soll hier deswegen

- der architektonische Sonnenschutz betrachtet werden, der überwiegend ein sommerlicher Wärmeschutz, ergonomischer Sonnenschutz und Materialsonnenschutz ist, vielfach auch überzeichnet Hitzeschutz und Blendschutz genannt.

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Im allgemeinen Fall wird zwischen der Sonnenstrahlung und dem zu schützenden Objekt ein Sonnenschutzelement, das aus einem für die Sonnenschutzaufgabe geeigneten Sonnenschutzmaterial und einer Sonnenschutzkonstruktion besteht, eingeschoben, um Sonnenschutzwirkungen zu erreichen. Es kann aber auch durch die Veränderung der Orientierung des Objektes oder vorhandener natürlicher und technischer Gegebenheiten, die als Sonnenschutz wirksam werden können, eine vor Sonnenstrahlung schützende Wirkung erreicht werden.

Es gilt demnach folgende Definition:

- Als Sonnenschutz bezeichnet man alle Maßnahmen, die angewandt werden müssen, sollen oder können, um schädigende, beeinträchtigende oder störende Wirkungen der Sonneneinstrahlung zu verhindern, zu verringern oder zu beeinflussen, wobei die Wirkung direkt oder indirekt von der Sonneneinstrahlung ausgelöst werden kann.

Die Wirkungen, die sich am Objekt ergeben können, sind verschieden, teils physikalischer und energetischer, chemischer oder biologischer Natur; aber auch psychologische, medizinische oder physiologische Aspekte sind zu erkennen. Es ergibt sich also ein vielfältiger Wirkkomplex aus der Sonneneinstrahlung am Erdboden.

Ein typisches Strahlungsspektrum auf der Erdoberfläche ist die in CIE 20 genormte Globalstrahlung. Darin ist die im Ozongürtel absorbierte UVC- und die kurzwellige UVB-Strahlung nicht mehr enthalten. Dieses bekannte Solarspektrum entspricht einer Sonnenwinkelhöhe von h = 90 ° und AM = 1, also der senkrechten Einstrahlung auf Meereshöhe am Äquator, die Strahlungsstärke dieses Spektrum beträgt etwa 1120 W/m2. AM 1,5 ≈ 48,5º Sonnenwinkelhöhe entspricht genau 1000 W/m2, weshalb die Solartechnik davon Gebrauch macht. Für die Berechnung bautechnischer Energiedurchlassgrade wird allerdings ein davon abweichendes Spektrum verwendet, was zu beachten ist. Dieses letztere führt zu einer gewissen Unterschätzung in der Sonnenschutztechnik.

Dabei entfallen von der Gesamtenergie ca. 3 % auf die ultravioletten Strahlen, ca. 46 % auf die sichtbaren Strahlen, ca. 51 % auf die infraroten Strahlen. Das Maximum der Strahlung liegt im Bereich des sichtbaren Lichtes, etwa bei 0,55 μm, also der Augenempfindlichkeit.

Diese Globalstrahlung ist nun zu G = I + D definiert.

Die auf das Gebäude, Objekt oder Fläche auftreffende Strahlung setzt sich aber aus der direkten Strahlung I - abhängig vom jeweiligen Sonnenstand, der diffusen Strahlung D - dem bei Durchgang durch die Erdatmosphäre gestreuten Strahlungsanteil, und der reflektierten Strahlung R , dem Anteil, der von Gebäuden, Grundfläche, Straßen usw. auf das betrachtete Gebäude reflektiert wird, zusammen.

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Dies gilt bei senkrechtem Einfall der Strahlung auf eine Fläche mit der Orientierung h = 0° zur Ebene. Bei einem abweichenden Winkel hx gilt für die neue auf diese Fläche fallende Strahlungsstärke das Kosinusgesetz.

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Der reflektierte Strahlungsanteil erreicht meist nur kleinere Werte von 0 - 20 % und wird oft vernachlässigt. Unter besonderen Umständen wie Hochhäuser, Gebäude am Wasser, Sand und Hochgebirge ist dieser aber im Sonnenschutz zu berücksichtigen. Die reflektierte Strahlung hängt von der Umgebungsoptik ab, über Gras oder Beton werden immerhin etwa 30 - 40 % der Strahlung reflektiert in allerdings unterschiedlichen Wellenlängen. Bei klarem unbedecktem Himmel erreicht der diffuse Anteil etwa 20 - 30 % und im Jahresmittel liefert die diffuse Einstrahlung - das Tageslicht - etwa 50 % der Strahlung.

Für einen bestimmten geografischen Standort werden oft die Sonnenstände und Besonnungszeiten aus Diagrammen ermittelt. Neuerdings lassen sich diese Werte aus Computerdateien entnehmen, man kann sie auch mit Näherungsformeln berechnen. Für beliebige Tages- und Jahreszeiten berechnen sich dann die Sonnenstellungen zu waagrechten, senkrechten oder beliebigen Flächen wie Fenstern und Dächern mit einer recht guten Genauigkeit, daraus lässt sich dann die eingestrahlte Momentanenergie ableiten sowie bei Integration über den Sonnenweg die thermische Belastung als Strahlungssumme zwischen bestimmten Zeitpunkten ermitteln je nach Jahreszeiten und bedingt nach Wetterlage.

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SONNENWIRKUNG AUF MENSCH UND MATERIE

Solare Einstrahlung auf Freiflächen, Gebäude oder in Räume und auf Menschen, Tiere und Objekte haben verschiedene Wirkungen je nach dem Strahlungsbereich, den man betrachtet.

Differenziert man, so kann zuerst nach getrennten Wellenlängenbereichen unterschieden werden in

- den UV-Bereich, also kurzwellige Ultraviolettstrahlung, UV-A und UV-B
- den Tageslichtbereich, also VIS mit Licht und Farberscheinungen
- sowie den Infrarotbereich, also den nahen und fernen IR-A und IR-B
- den Wirkungen der gesamten Solarstrahlungssummation, die sich als Erwärmung äußert.

Infolge der Sonneneinstrahlung kommt es bei menschlichen und pflanzlichen Organismen zu verschiedenen biologischen Reaktionen, die von einzelnen spektralen Anteilen des Sonnenlichtes ausgelöst oder stimuliert werden.

Welchen Einfluss die Sonnenstrahlung auf biologische Objekte hat, ist vor allem durch die Absorptionseigenschaften der optisch empfindlichen Organe abhängig. So ist das Auge, was nur wenig bekannt ist, nicht nur lichtempfindlich, sondern bis zur Wellenlänge von 2500 nm auch thermisch empfindlich, was ungeschützt zur Aufheizung führt, da mehr als 60 % der Strahlung thermisch wirksam werden.

Mit der menschlichen Haut verhält es sich ähnlich, auch dabei ist das thermische Wirkungsspektrum zwischen 800 und 2500 nm sehr ausgeprägt gegenüber dem UV-Bereich.

Während die Infrarotstrahlung nur imstande ist, molekulare und atomare Bewegungen hervorzurufen, die zur Erwärmung des Bestrahlungsobjektes führen, kann die energiereiche UV-Strahlung chemische Verbindungen spalten und Stoffveränderungen herbeiführen.

Der Bereich der sichtbaren Strahlung von 380 - 780 nm wird als Licht bezeichnet, im Falle der Solarstrahlung als Tageslicht . Licht löst nicht nur visuelle Impulse aus, es hat auch über die Drüsen einen erheblichen Einfluss auf das vegetative Nervensystem, wobei es hier weniger auf die spektrale Zusammensetzung als auf die Intensität des Lichtes ankommt. Dem Tageslicht kommt somit eine stimulierende Wirkung auf Stoffwechsel und Organtätigkeit zu, die sich auf die Gesundheit durch Herzschlag, Blutzusammensetzung, Drüsenfunktion, Abbau von Gift- und Bildung von Abwehrstoffen auswirkt.

Bei direkter oder indirekter Sonneneinstrahlung können durch zu große Leuchtdichtekontraste und Blendung durch tiefstehende Sonne im Winter oder morgens und abends Probleme auftreten, wobei spektrale Effekte noch nicht berücksichtigt sind.

Auch die Farbe ist mit der Sonnenstrahlung über die spektralen Eigenschaften des Auges verknüpft.

Die Erwärmung wird vor allem durch die Absorption der Strahlung durch Oberflächen bestimmt, insbesondere durch die IR-Strahlung (40 - 55 %) und die sichtbare Strahlung (45 - 50%). Die UV-Strahlung trägt wenig zur Erwärmung bei, hat jedoch andere schädliche Wirkungen.

Wenn auf eine horizontale Fläche global ca. 800 W/m² einstrahlen, so reicht diese Wärmemenge je m² und Stunde aus, um über 1 Liter Wasser restlos verdunsten zu lassen, um 10 Liter Wasser von 20°C auf über 90°C zu erwärmen oder um 100 m³ Luft von 20 °C auf über 58 °C zu erwärmen. Eine Erwärmung dieses Ausmaßes würde allerdings nur stattfinden,

- wenn die gesamte Sonnenstrahlung absorbiert würde und
- wenn weder durch Leitung, Konvektion oder sonstige Mechanismen Wärme abgeführt würde.

Da die Energie der einfallenden Sonnenstrahlung etwa zur Hälfte aus sichtbarer Strahlung besteht, erwärmen sich helle oder gut reflektierende Materialien weniger als dunkle: dunkle Dachpappe oder eine rußverschmutzte Glasfläche absorbieren die Sonnenstrahlung sehr gut, Aluminiumfolie oder ein weißer Anstrich reflektieren viel und heizen sich nicht so stark auf.

Die Höhe der Erwärmung ist vom Absorptionsgrad der Oberflächen und der Wärmeleitung abhängig. Die Absorption bzw. Solarreflexion kann man mit der multispektralen Fotografie und der Solarreflektometrie sichtbar machen, obwohl sich der größte Teil dieser Erscheinung im für das Auge unsichtbaren Strahlungsbereich abspielt.

Die Sonneneinstrahlung hat also auf die Umgebungsgegenstände schon verschiedene Wirkungen, die es abzumindern gilt.

Dabei ist nicht nur die entstehende Oberflächentemperatur von Bedeutung, sondern auch deren Strahlungsabgabe durch Sekundäremission, der so genannte

- Gesamtenergie-Input auf ein Gebäude,

der sich aus Gges und sekundärer Wärmeabgabe nach außen zur Oberfläche ergibt, gemessen bei senkrechtem Einfall.

Die auf ein Gebäude oder Objekt einströmende

- Gesamtenergie ist demnach größer als nur die durch die direkte Solarstrahlung bewirkte – das muss beachtet werden.

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ERGONOMIE: MENSCH-SONNENSCHUTZ-MODELLE

Die Anforderungen an das Tageslicht sind durch die Arbeitsstättenverordnung, die EU-Richtlinien und damit korrespondierende Standards gesetzlich geschützte Normative. Die Regelungen decken sich nur zum Teil mit den Energiesparverordnungen, die den sommerlichen Wärmeschutz regeln, und der darin enthaltenen Vorschrift zum solaren Wärmegewinn durch Fenster und Gebäudeöffnungen, da einige Punkte gegensätzlicher Natur sind und es deshalb eine Frage der Prioritäten, der Bewertung der Vorschriften und deren gegenseitiger Abstimmung ist. Hinzu kommt die Problematik, dass das menschliche Empfinden in Fragen des Sonnenschutzes sehr verschieden ist je nach Alter, Konstitution, Körpergröße und Bekleidung nationaler, geographischer und sozialer Herkunft; ebenso bezogen auf die Anwendungen des Sonnenschutzes im Freiraum, Arbeitsraum, Wohnraum oder öffentlichen Raum. Oder auch in Bezug auf die sonstigen zu schützenden Objekte in

- Verkaufsräumen und Passagen
- Museen und Ausstellungsräumen
- Gartenbau und Landwirtschaft

um einiges zu nennen.

Betrachtet man auch noch die Vielzahl der im Handel befindlichen Sonnenschutzsysteme und Werkstoffe, so lässt sich für jedes Einzelproblem sicherlich der geeignete Sonnenschutz finden - für die vorstehende Vielzahl von Problemen aber, die sich auch noch widersprechen, ist dies schwieriger, da ein einziger Sonnenschutz dies nicht erfüllen kann und zu Kombinationen gegriffen werden muss, und komplexe Optimierungsfragen anstehen. In diesem Sinne ist die Ergonomie im Sonnenschutz ein Hilfsmittel zur Ordnung und Bewertung der Kriterien, nicht nur im Sinne einer Arbeitsergonomie, sondern auch einer allgemeineren Betrachtung als Umweltwissenschaft.

Schon erste systematische Untersuchungen zum Problem Sonnenschutz haben die

- Wärmesituation
- Lichtsituation
- Psychophysik
- und Wirtschaftlichkeit

simultan untersucht, so dass der Bezug zur Ergonomie schon immer vorhanden war.

Die besondere Schwierigkeit bei der Optimierung derart vielparametriger Probleme, in die auch die Einflussgrößen aus anderen nichttechnischen Bereichen eingehen, liegt darin, dass nur aufwendig exakt quantifizierbare und verallgemeinerungsfähige Zusammenhänge hergestellt werden können. Der Versuch, zumindest aber qualitative Tendenzen herauszuschälen, hat meist dazu geführt, anhand konkreter Räume inmitten eines größeren Gebäudes die Licht- und Wärmeverhältnisse darzustellen und die einzelnen Einflussparameter optimal so aufeinander abzustimmen, dass ein für den dort arbeitenden Menschen zuträgliches, optisches und thermisches Raumklima entstehen kann.

- Kleine Fensterflächen (20 bis 30 % Fassadenanteil) verhalten sich unter sommerlichen Bedingungen ohne Sonnenschutz stets günstiger als große Fensterflächen, die 50 % und mehr an der Fassade ausmachen.
- Bei größeren Fensterflächen treten keine allzu großen Unterschiede auf, je nachdem, ob bauliche Mittel des Sonnenschutzes - außen liegende Sonnenschutzvorrichtungen, Sonnenschutzgläser - oder klimatechnische Installationen herangezogen werden.
- Unter den baulichen Sonnenschutzmaßnahmen erweist sich ein außen liegender Sonnenschutz in Verbindung mit Isolierglas als lichttechnisch und thermisch günstig. Er ist beweglich und kann somit zu den lichtschwachen Zeiten mit geringer Sonneneinstrahlung beseitigt werden. Bei geeigneter Konstruktion kann ferner die Ausleuchtung der tiefer liegenden Raumbezirke verbessert werden.

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Eine gewisse Unsicherheit gab es bei der Beurteilung des Bauarteinflusses auf die sommerlichen Wärmeverhältnisse. Die Wärmespeicherfähigkeit und die Wärmedämmeigenschaft der Außen- und Innenbauteile wirken sich nämlich recht unterschiedlich aus, je nachdem, ob der Innenraum klimatisiert oder mit frei veränderlicher Innenlufttemperatur nur gelüftet wird.

Die ergonomisch-psychologischen Probleme, die mit dem Sonnenschutz verbunden sind, kann man einteilen in direkte und indirekte Gesamtstrahlungseffekte im thermischen Bereich:

- Umgebungstemperatur
- direkte und indirekte Wärmestrahlung
- Strahlungsasymmetrie
- Strahlungsüberhöhung

und in spektrale Effekte im Lichtbereich wie:

- Beleuchtung und Leuchtdichte
- Lichtverteilung, Richtung, Schatten
- Blendung, wie Absolut-, Relativblendung, Reflexblendung
- Mustereffekte
- Farbwirkungen und Lichtfarbe,

weiter in

- spezielle Spektralbereiche wie UV-/IR-Wirkung

und in

- die psychologischen Effekte wie Sichtverbindung nach außen sowie Wahrnehmung der Außenwelt
- Raumwirkung von innen und Dekoration
- Sichtschutz von außen

und der sozialen Komponente der

- architektonischen Gebäudewirkung.

Für den Sonnenschutz bedeutet dies insbesondere die Einbeziehung des Einflusses der Solarwärmestrahlung und der Sekundärstrahlung.

Asymmetrische Strahlungsverhältnisse, wie sie bei Sonnenbestrahlung naturgemäß auftreten, können aufgrund der einseitigen Erwärmung zu thermischer Unbehaglichkeit führen. Dokumentierte Empfehlungen ebenso wie Grenz- und Richtwerte variieren jedoch zum Teil erheblich, was zum einen in dem jeweils gewählten Zielkriterium - der Behaglichkeit und der Akzeptanz -, zum anderen jedoch auch in den Empfehlungen jeweils zugrunde liegenden Untersuchungsbedingungen begründet liegen dürfte.

Offensichtlich bestehen auch hinsichtlich der Bewertung des Einflusses der Strahlungsasymmetrie große Unterschiede, je nachdem, welche Bewertungsgrundlage gewählt wird. Auch hier wird die Notwendigkeit experimenteller Untersuchungen zur Absicherung der Übertragbarkeit auf den Sonnenschutz deutlich. Da der Mensch bezüglich einer Wärmestrahlung selten in Ruhe ist bzw. auch die Sonnenstrahlung und der Einstrahlwinkel Variable sind, müssen konkrete Problemstellungen durch Einführung wahrscheinlicher zeitlicher Expositionen gemessen oder simuliert werden, wobei bei Büroarbeit im Sitzen oder im Fahrzeug einseitige Bestrahlung entstehen kann, dagegen im Freien die Bestrahlung allseitig vergleichmäßigt angenommen werden kann, und so mit kleinerer Strahlungsasymmetrie auftritt.

Der Begriff „optische Behaglichkeit“ ist im Gegensatz zur „thermischen Behaglichkeit“ wenig gebräuchlich, kann jedoch die Situation von Tageslicht und Sonnenschutz gut beschreiben.

Die Helligkeit oder - lichttechnisch exakter - die Leuchtdichte von beleuchteten Gegenständen hängt nicht nur von der Beleuchtungsstärke der beleuchteten Oberfläche ab: das Papier ist heller - es hat eine höhere Leuchtdichte - als die darauf gedruckten Buchstaben, obwohl beide mit gleicher Beleuchtungsstärke beleuchtet sind. Die Leuchtdichte wird in Candela pro Quadratmeter (cd/m²) angegeben. Bei diffus, d. h. nach allen Richtungen gleichmäßig reflektierenden Oberflächen, ergibt sich zwischen der

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Die Beleuchtungsstärke in einem Raum ist niemals überall gleich: Bei Tageslicht ist die Beleuchtungsstärke in Fensternähe am höchsten. Eine gewisse Ungleichmäßigkeit der Lichtverteilung (etwa im Verhältnis 3:1) ist in einem Arbeitsraum gut vertretbar; entscheidend ist, dass an allen Arbeitsplätzen die empfohlenen Mindestbeleuchtungsstärken eingehalten werden.

Verschiedenartige Lichtquellen haben meist unterschiedliche Lichtfarben, wobei die Auflichtfarbe und die Durchlichtfarbe wie beim Sonnenschutz bedeutsam sind. So kann rotes Licht dadurch entstehen, dass man ein rotes Sonnenschutztextil vor ein Fenster spannt, das wie ein Filter wirkt und die Farbtemperatur im Raum senkt oder anhebt wie bei blauem Textil.

Dass eine hellblaue Wand kühl wirkt, ein rostroter Teppichboden dagegen den ganzen Raum optisch „erwärmt“, ist bekannt. Noch stärker wirken jedoch direkt vor dem Fenster angebrachte Rollos, Faltstores oder Jalousien. Denn sie wirken wie ein Farbfilter auf das einfallende Tageslicht und beeinflussen so die Lichtwirkung und Raumstimmung wesentlich stärker als beispielsweise gelb gestrichene Wände oder farbiger Fußboden. So kann die richtig ausgewählte Farbe am Fenster entscheidend dazu beitragen, dass die Bewohner auch trübe, sonnenlose Herbst- und Wintertage bei guter Laune überstehen.

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Die ergonomischen Eigenschaften von Sonnenschutzeinrichtungen sind stark von den Sonnenschutzelementen und deren Anordnung bestimmt - z. B. Lamellenvorhänge im Großraumbüro bei Sitz- und Steharbeitsplätzen, die unterschiedliche Durchsichteffekte haben je nach Position. Die Sonnenschutzergonomie ist deshalb im Zielkonflikt zwischen den echten, berechtigten Ansprüchen des Menschen nach mehr Wohn-, Arbeits- und Umweltqualität, den bautechnologischen Möglichkeiten und den wahren bzw. „gemachten“ Zwängen der Wirtschaft und Gesellschaft.

SONNENSCHUTZSYSTEME UND ENERGETISCHE EFFEKTIVITÄT

Die Gründe für den Einsatz von Sonnenschutzanlagen sind sehr unterschiedlich:

- entweder bedingt durch Normen und technische Regeln
- oder durch bautechnische oder architektonische Gesichtspunkte
- oder auch durch dekorative oder repräsentative Überlegungen des Nutzers
- und ungünstige klimatische Faktoren.

Man kann deshalb beim Einsatz vom

- Müssen
- Sollen
- Wollen

ausgehen.

Letztlich hängen von dieser Motivation auch die Intensität der Planung und der Aufwand für die Realisierung ab.

Im Prinzip läuft der Planungsprozess so ab:

- Besonnungsanalyse, aus der sich die Belastungen ergeben.
- Gebäudeanalyse, womit die Gebäudereaktion bestimmt wird.
- Nutzungsanalyse und Innenraumanalyse
- Sonnenschutzmaßnahmen und die Darstellung der Alternativen.
- Auswahl und Realisierung.

Es ist also schon im frühen Planungsstadium das zu bebauende Gelände

- auf die Dauer von Besonnung und Beschattung zu prüfen,
- des Weiteren ist die Lage von besonnten und beschatteten Bereichen zu ermitteln,
- unter Einbeziehung der Verbauung wird Besonnung und Verschattung der Fassaden bestimmt,
- es erfolgt sodann die Beurteilung der Energiedurchlässigkeit der Fenster zur Verhinderung erhöhter Innentemperaturen und Berücksichtigung von Fensterorientierung, Größe und Gebäudehülle.

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Der Nachweis des Sonnenschutzes (nach der ENEV), des sommerlichen Wärmeschutzes erfolgt über den so genannten Sonneneintragswert, der eine dimensionslose Kennzahl ist. Dieser Sonneneintragskennwert darf einen von Standort, Bauart, Nutzung etc. abhängigen Höchstwert nicht überschreiten:

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Der Sonneneintragskennwert berechnet sich aus Fläche und Gesamtenergiedurchlassgrad der Fenster AW und der Raumgrundfläche AG:

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Der Gesamtenergiedurchlassgrad berücksichtigt die Verglasung einschließlich Sonnenschutz und kann nach DIN E 23363-q, angelehnt an DIN EN 410 bzw. Herstellerangaben oder nach folgender Gleichung bestimmt werden:

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Der Abminderungsfaktor FC unterschiedlicher Sonnenschutzvorrichtungen liegt zwischen 0,25 und 0,9.

Da sich Smax aus der Klimaregion, der Gebäudeart , der Art der Nachtlüftung sowie sonstigen Einflussgrößen ergibt, denkt der Planer umgekehrt und ermittelt:

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In der Praxis ergeben sich für gtotal relativ kleine Werte von 0,1 bis 0,2 (10 % bis 20 %), die mitunter schwer zu erreichen sind.

Ergibt sich nunmehr eine Überschreitung von bestimmten Wärmebelastungen außen oder innen im Gebäude, sind Sonnenschutzmaßnahmen zu planen.

Allerdings wird oft das Ausmaß der Wärmebelastung im Sommer unterschätzt und die Sonnenschutzanalyse oft unzureichend durchgeführt mit der Folge, dass anschließend Lüftung und Klimatisierung eingesetzt werden muss, wo schon eine einfache Sonnenschutzeinrichtung ausgereicht hätte.

Weitere Daten und Maßnahmen sind verschiedenen Quellen zu entnehmen oder durch Messung oder Rechnung zu ermitteln.

Der Abminderungsfaktor für variablen Sonnenschutz gilt darüber hinaus auch nur, wenn die Sonnenschutzanlage auch wirklich geschlossen und wirksam ist; dies wird von der Norm jetzt sanktioniert. Die DIN und die ENEV enthalten nur ungünstigere Grenzwerte, die einzuhalten sind und besagen nichts über die tatsächliche physikalische Sonnenschutzwirkung und Wärmewirkung aus, insbesondere wird der Einfluss der Raumausstattung nicht berücksichtigt. Es ist jedoch im Einzelfall bei Nachweis der Werte des Sonnenschutzmaterials nach DIN 67507 mit physikalisch genauen Berechnungen eine Verbesserung möglich, was jedoch zu verschärften Nachweisen und erhöhtem Planungsaufwand führt. Liegt die Notwendigkeit vor, Sonnenschutz einzusetzen, muss dies nicht zwingend zu einheitlichen Konzepten führen, sondern es können sich bei funktionsorientierter Lösung unterschiedliche Techniken ergeben.

Da diese unterschiedlichen Konzepte am Markt vorhanden und verbreitet sind und von verschiedenen Firmen und Anwendern favorisiert werden, führt dies immer wieder zur Diskussion, welcher Sonnenschutz ist besser, welches Material ist effizienter, ist innen- oder außenliegender Sonnenschutz günstiger?

Dieses Problem lässt sich

- durch Erfahrungs- bzw. Normwerte abschätzen
- durch Berechnung bzw. Simulation
- oder durch Wirksamkeitsmessung
- gestützt durch empirische Befragungen.

Allerdings muss vorher geklärt werden, welche

- quantitativen messbaren
- oder qualitativ beurteilbaren Effektivitätskriterien gewählt werden.

Dabei muss man folgende technische Definition verwenden:

- Eine Sonnenschutzvorrichtung ist effizient, wenn gilt

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also durch die Kombination Fenster / Sonnenschutz wird der Energiedurchlass abgemindert bei einer Gesamtstrahlungsbetrachtung bis auf einen definierten Sollwert F def.

Der wirkungsvollste effiziente Sonnenschutz wäre demnach einer, der keine Strahlung durchlässt, also

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Dies ist in der Praxis allerdings nicht gewollt oder sinnvoll, da dann der Raum total verdunkelt würde und künstliches Licht notwendig wird.

Die in der Norm oder ENEV angegebenen g-, b - oder FC-Werte sind somit Effizienzkriterien, mit denen pauschal Effizienzreihen gebildet werden können, um einen groben Vergleich zu ermöglichen. Da allerdings die FC -Werte der Norm nicht den Anforderungen der Praxis genügen, sind diese im Einzelfall zu ermitteln durch teilweise schwierige Berechnung oder Messung.

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Für innen und zwischen den Scheiben liegende Vorrichtungen ist eine genauere Ermittlung zu empfehlen, da sich erheblich günstigere Werte ergeben können.

Eine Transparenz der Sonnenschutzvorrichtung unter 15 % gilt als gering, ansonsten als erhöht.

Die Effizienz kann auch durch

- die spektrale Wirkfunktion von Gegenständen, Räumen und biologischen Strukturen bestimmt werden, was zu genaueren Ergebnissen führt, unter Umständen bei Berücksichtigung verschiedener Einstrahlbedingungen. Hierzu fehlen jedoch für die Praxis noch viele Stoffkennzahlen für Innen- und Außenwerkstoffe, die zu berücksichtigen wären.

Misst man die Raumtemperatur bei Sonneneinstrahlung, so lassen sich ebenfalls Effizienzkriterien erstellen.

Zieht man die vorherige Gleichung heran, lassen sich Kurvenscharen gewinnen, aus denen Bereiche sinnvollen Sonnenschutzes erkannt werden können, um im Sommer die Raumtemperatur innerhalb eines erträglichen Bereiches zu halten.

Die Effektivität einer Sonnenschutzanlage kann man technisch definieren als optimale Effizienz mit dem kleinsten Aufwand an Kosten oder Wartung oder sonstigen Aufwandskriterien. Die effektivste Sonnenschutzvorrichtung zeichnet sich demnach dadurch aus, dass bei einem erreichten Effizienzniveau keine andere Lösung kostengünstiger oder entsprechend weniger aufwendig ist. Bei der Effektivität werden also zusätzlich zu den quantitativen Input-Output-Beziehungen Effektivitätsziele vorgegeben, die erfüllt werden müssen, wobei der Aufwand gegenüber einer oder mehreren effizienzgleichen Lösungen am niedrigsten ist.

Mit Hilfe der Effizienz und der Effektivität lassen sich aus einer Vielzahl Lösungen die effizientesten und effektivsten auswählen.

Die Zahl der Einflussgrößen auf den Leistungs- und Energiebedarf von Gebäuden ist überaus groß. Dies bedeutet aber auch, dass stationärer Sonnenschutz nur beschränkt effizient ist – ebenso ein manuell betriebener nur in einigen Zuständen. Es kann demnach nur innerhalb bestimmter Effizienzbereiche variabler Sonnenschutz mit Hilfe von Systemsteuerungen effektiv sein.

Bedeutungsvoll ist auch der innere Raum nicht nur in seiner Grundfläche.

Fällt Sonneneinstrahlung durch das Fenster in einen Raum und trifft auf die inneren Begrenzungsflächen, so wird sie dort zum Teil reflektiert und zum Teil absorbiert. die diffus reflektierte Strahlung trifft wieder auf andere Umschließungsflächen usw. Im Prinzip kann die diffuse Verteilung der eingestrahlten Sonnenstrahlung mit einer diskreten Verteilung berücksichtigt werden, das Emissionsvermögen ist durch Absorptionsvermögen zu ersetzen und die thermische Eigenabstrahlung durch die Reflexion der direkt einfallenden Einstrahlung auszutauschen bei ins Unendliche gehender Mehrfachreflexion.

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Letztlich wird praktisch alle eingestrahlte Leistung, abgesehen von 10 - 20 % Rückstrahlung durch das Fenster, durch Absorption in Wärme umgewandelt. Die an der Oberfläche so entstehende Wärme hat lokal eine Temperaturerhöhung im Raum zur Folge. Dies wiederum bedingt, dass die absorbierte Strahlungswärme

- zum Teil in das Innenausstattungsmaterial eindringt
- zum Teil als Infrarotstrahlung emittiert wird zu anderen Flächen
- zum Teil konvektiv an die Luft übergeben wird.

Eine für den Energiehaushalt von Gebäuden wichtige Aufgabe ist auch die natürliche Tagesbelichtung, in DIN 5034 Teil 1 wie folgt formuliert:

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wobei die Helligkeit im Freien auf einer Horizontalfläche bei unverbauter Himmelshalbkugel gemessen wird. Die Lichtausbeute der Globalstrahlung im Freien, unabhängig von der Strahlungsintensität, der Sonnenstandshöhe und der Art der Bewölkung kann mit etwa 105 Lux je W/m² Globalstrahlung angenommen werden, Toleranz + 10 %.

Der Tageslichtquotient setzt sich aus drei Anteilen zusammen:

- dem Himmelslichtanteil DH. Er ist abhängig von dem am Messpunkt einsehbaren Himmelsausschnitt.
- Dem Außenreflexionsanteil DV, welcher dem von der Gebäudeumgebung reflektierten Licht entspricht. Die Leuchtdichte der umgebenden Verbauung wird mit 15 % derjenigen des Himmels angesetzt.
- Dem Innenreflexionsanteil DR, welcher insbesondere von den Farben der Raumoberflächen abhängig ist.

die genannten Anteile werden zum Tageslichtquotienten D wie folgt zusammengesetzt:

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wobei dem Transmissionsgrad der Fensterverglasung bei senkrechtem Lichteinfall entspricht, K eine etwaige Fensterversprossung, die Fensterverschmutzung und den meist nicht senkrechten Lichteinfall berücksichtigt.

Praktische Berechnungen zeigen, dass dem Himmelslichtanteil DH eine sehr große Bedeutung zukommt. Insbesondere der von einem Arbeitsplatz einsehbare Himmelsausschnitt ist für die natürliche Belichtung wichtig. Hohe Fenster sind wertvoll, während Verglasungen niedriger Höhe praktisch keinen Beitrag zur Raumbelichtung bringen. Damit ist auch ersichtlich, dass fensternahe Arbeitsplätze natürlich gut belichtet, tiefer im Raum liegende Plätze entsprechend weniger belichtet werden.

Ein Sonnenschutz beeinflusst nun den Tageslichtquotienten negativ, indem - je nach Abminderungsfaktor - weniger Licht durchgelassen wird. Vor allem ist die Frage, ob der Abminderungsfaktor auch die Lichtdurchlässigkeit begrenzt oder lediglich durch Infrarot oder Wärmeabminderung entsteht.

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Da rund 50 % der einfallenden Strahlung Licht bedeutet und weitere 50 % Infrarotstrahlung, sind globale Abminderungsfaktoren FC > 0,5 immer auch mit Lichtverlust verbunden. Bei FC < 0,5 könnte man den Sonnenschutz so gestalten,

- dass der Lichteinfall wenig beeinflusst wird, jedoch 50 % der Gesamtstrahlung, die in Wärme umgesetzt werden kann, zurückgehalten wird.

Die durchgelassene Strahlung ist

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bei t VIS als Reintransmissionsgrad, also nicht mit der Augenempfindlichkeit bewertet. Man kann die Bedingung so formulieren:

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unter der Nebenbedingung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten je nach angestrebten Lichtniveau.

Es hängt nun von dem Abminderungsfaktor FC ab, welche Wirkung damit auf das VIS ausgeübt wird.

Es ist demnach sinnvoll, für Sonnenschutzanlagen mindestens die Energiedurchlasswerte für Licht und Infrarot und ebenso deren Abminderungsfaktoren getrennt zu betrachten, um die Nebenbedingung D zu erfüllen, falls man nicht zu exakteren spektralen Durchlass- und Abminderungsfaktoren übergehen kann, wenn Werte vorliegen.

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Allerdings besteht bei den Sonnenschutzmaterialien eine Abhängigkeit zwischen dem g -Wert und der Lichttransmission, so dass die Bedingungen nicht immer zu erfüllen sind, und dann nur näherungsweise ein Optimalwert zwischen Sonnenschutzfunktion und Tageslichtdurchlässigkeit gefunden werden kann. Die richtige Sonnenschutzlösung steht damit immer unter dem Zielkonflikt: wo Schatten ist, fehlt Licht, oder: wo Licht ist, fehlt Schatten.

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Spektrale Funktionen der Sonnenschutzvorrichtung erlauben es, die Wirkung auf den Innenraum besser abzuschätzen als durch den Gesamtenergiedurchlassgrad alleine.

Der richtige Ausgangspunkt für alle Sonnenschutzmaßnahmen ist somit zuerst das spektrale und thermische Verhalten des Innenraumes und seiner Komponenten einschließlich der sich darin aufhaltenden Menschen und deren physiologischen Eigenarten und Randbedingungen.

Gerade daran fehlt es aber in der Praxis, so dass Sonnenschutzmaßnahmen zumeist am zu schützenden Objekt vorbeigeplant werden und lediglich Bauteilvergleiche und Bauteileigenschaften zur Debatte stehen, ohne eine Optimallösung anzustreben.

SONNENSCHUTZSTEUERUNGEN UND MULTISENSORIK

Aus der modernen Architektur sind elektrisch angetriebene Sonnenschutzanlagen nicht mehr wegzudenken. Sie sind nicht nur nützlich und komfortabel, sondern erst daraus resultiert wirtschaftliches Arbeiten der Sonnenschutzanlage.

Zunächst steht die Frage im Raum: Weshalb eigentlich eine moderne, motorbetriebene und -gesteuerte Beschattungsanlage?

- Das Tageslicht kann dosiert und auf die richtigen Lichtverhältnisse abgestimmt werden.
- Einstrahlende Sonnenenergie kann gesperrt oder durchgelassen werden, nur der automatische Einsatz bringt Energieeinsparung im Sommer und Winter.
- Es kommt zu einer Komfortverbesserung, da große Kräfte bei einem modernen Gebäudekomplex mit großen Fensterflächen oder Glasfronten auf den Baukörper einwirken. Nur optimal gesteuerte Anlagen schaffen hier eine wirksame Entlastung und Einsparung von Energie.
- Anlagen mit automatischer Steuerung können insbesondere bei Einfamilienhäusern, Villen und anderen wertvollen Objekten als passive Schutzmaßnahme gezählt werden. Zeitlich gestaffeltes Betreiben von Elementen signalisiert ein bewohntes Objekt. Mit Licht und Akustik verbunden kann dieser Eindruck noch verstärkt werden.
- Die automatisch betriebenen Sonnenschutzelemente können sich bei äußerer Einwirkung selbst schützen. Hohe Windgeschwindigkeiten sowie kurzfristige Windböen verhindern durch das automatische Einziehen die Zerstörung.
- Ein anderes wichtiges Argument für eine automatische Anlage hält nur langsam Einzug in unser Denken. Jeder von uns kann durch einen Unfall an den Rollstuhl oder ans Bett gebunden werden, zumindest zeitweise. Es ist eine Erleichterung, wenn der Behinderte auf Knopfdruck die gewünschten Licht- oder Klimaverhältnisse selbst herstellen kann.
- Funkfernsteuerungen sind möglich. Besondere Umstände wie schwere Zugänglichkeit, Sicherheit usw. erfordern eine kabellose Übertragung von Befehlen.
- Gesteuerte Sonnenschutzanlagen können im Inselbetrieb oder als integrierte Lösung im Rahmen der Gebäudeautomation betrieben werden, wobei der Trend auf die Integration hinzielt.

Abschließend bleibt festzuhalten:

Die Wahl des jeweils am besten geeigneten Steuerungssystems richtet sich nach

- der sonnenschutztechnischen Aufgabenstellung
- der Anzahl der zu steuernden Sonnenschutzanlagen und -Gruppen
- der Gebäudegröße und -geometrie und den hierdurch bedingten Leitungslängen
- der Wirtschaftlichkeitsrelation
- dem gewünschten Bedienkomfort
- und der gesamten Sicherheit.

Nicht in allen Fällen muss bei einer Zentralsteuerung auch jede Sonnenschutzanlage eine Einzelsteuerung haben, und eine Einteilung in Hauptgruppen und Gruppen wird nur bei sehr großen Bauwerken benötigt. Viele Antriebshersteller haben deshalb Zentralsteuerungsanlagen entwickelt, die unter Verzicht auf letzte steuerungstechnische Raffinessen den meisten Anforderungen im Hinblick auf zeitgemäßen Bedienkomfort voll entsprechen, wobei demgemäß oft eine ausgefeilte Software im Systemhintergrund abläuft in Verbindung mit astronomischen und klimatologischen Expertensystemen.

Die Sonnenschutztechnik basiert in Zukunft auch auf den modernen Sensorentwicklungen. So wie der Mensch seine Umwelt durch Sinne wahrnimmt, so sollen Sonnenschutzautomaten feststellen, ob die Sonne scheint oder nicht, um sodann eine Markise oder Jalousie zum Aus- oder Einfahren zu veranlassen.

Ein Automatisierungssystem schließlich besteht noch aus weiteren Bausteinen, von denen die wichtigsten die Informationsverarbeitungsstufe und die Aktoren, also Antriebe und Stellglieder, Steuerungen und Computer sind. Betrachtet man eine Sonnenschutzanlage, so kann man drei charakteristische Bereiche erkennen:

- Umweltbereich
- Systembereich
- Nutzungsbereich.

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Der Systembereich trennt den Umweltbereich vom Nutzungsbereich ab. Die Sensoren arbeiten mit der Systemsteuerung der Sonnenschutzanlage vielfältig zusammen.

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Die Entwicklung geht bei großen Objektbauten und speziellen Sonnenschutzprojekten zu Multisensorsystemen.

Die in der Praxis sinnvoll zu messenden Umwelteinflüsse sind sicherlich die Klima- und Umwelteinflüsse, also die meteorologischen Daten. Viele automatische Sonnenschutzsteuerungen erfassen schon

- Sonneneinstrahlung
- Windgeschwindigkeit
- Lufttemperatur
- Regen und Feuchtigkeit,

doch diese Sonnenschutzsensoren sind meist nur Grenzwertwächter, und können die komplexeren Probleme nicht lösen. Dies gilt besonders für die Messung der Sonneneinstrahlung, da diese tatsächlich nur annähernd eine Beleuchtungsstärke messen, während für das System

- Globalstrahlung
- Beleuchtungsstärke
- UVA/UVB
- VIS (sichtbares Licht)
- Lichtfarbe
- Infrarot
- Wärmestrahlung

gemessen werden sollten, und zwar sowohl global als auch spektral in der Zusammensetzung der einzelnen Strahlungsanteile.

Konkret bedeutet dies den Einsatz einer leistungsfähigen Wetterstation als offenes ausbaufähiges System mit Computerauswertung und von multispektralen Sensoren, die unterschiedliche Bereiche der Sonnenstrahlung erfassen können.

Im Nutzungsbereich sind vor allem zwei Gesichtspunkte von Bedeutung:

- die energetische Wirksamkeit einer Sonnenschutzanlage
- und die ergonomischen Kenngrößen.

Bei der physikalischen Wirksamkeit sind von Bedeutung

- der Gesamtenergiedurchlassgrad
- der Tageslichtquotient
- und die Raumlufttemperatur

als Ergebnis der Sonneneinstrahlung.

Da diese Messgrößen an verschiedenen Stellen im Nutzbereich ermittelt werden müssen, sind mehrere parallel wirkende Messstellen notwendig. Es ergibt sich also eine vielkanalige Messdatenerfassung, die heute aber computergestützt abgewickelt werden kann.

Hinzu kommen verschiedene Steuergeräte für die Sonnenschutzanlagen

- zur Simulation von Benutzerverhalten, wie Zeitschaltuhr, Programmsteuerung, Zufallsgenerator
- sowie automatische Steuerung über Sonnen-, Wind-, Temperaturwächter und Raumthermostat zur Beeinflussung der Heizanlagensteuerung durch das Raumklima.

Im Nutzbereich selbst ist zweckmäßig mit den Steuerungen der Sonnenschutzanlage verknüpft eine Reihe weiterer Anlagen einzuplanen:

- Heizung
- Kühlung
- Zuluft
- Abluft
- Raumluftbefeuchtung
- Beleuchtung
- Sicherheitsanlagen
- Internet und Kommunikation
- und Sonnenenergienutzungssystem falls vorhanden.

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Vergessen darf man aber nicht, dass sowohl Sonne als auch Wind und Klimafaktoren zwar gewisse Gesetzmäßigkeiten über

- den Tagesgang
- Jahresverlauf
- und langfristige Tendenzen

haben, insgesamt jedoch einen stochastischen Verlauf aufweisen, und jeweils von der speziellen örtlichen und baulichen mikroklimatischen Situation überraschend stark abhängen.

Daraus resultiert notwendigerweise eine flexible Programmierung, die es er erlaubt, nutzerorientiert Abläufe abzuändern oder für den Bediener vorrangige Bereiche manuell zu schalten. Insgesamt ist die Sensorik eine echte Hilfe bei der Kühllasteinsparung und energetischen und ergonomischen Optimierung, die rasant weiter entwickelt wird.

GEBÄUDETECHNIK UND SYSTEMINTEGRATION

Der Sonnenschutz steht in Wechselwirkung mit den anderen technischen Anlagen in Gebäude, dem Gebäude oder Objekt selbst und dessen geplanter oder tatsächlicher Nutzung sowie der Umwelt des Objektes. Schon bei der Planung sind diese Wechselbeziehungen zu berücksichtigen um zu verhindern, dass die einzelnen Systeme unabhängig nebeneinander nicht optimal funktionieren. Die vielfältigen komplexen Zusammenhänge erfordern demgegenüber eine frühzeitige Integration von Inselsystemen. Diese Integration leistet die Gebäudesystemtechnik mit ihren Komponenten des Energie- und Informationsflusses und entsprechende Softwaresysteme.

Sonnenschutzsysteme, die mindestens über die Möglichkeit von Regelung, Steuerung und Kommunikationsfähigkeit verfügen, können aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit eigenständig Aufgaben der Gebäudeautomation erfüllen; sie können allerdings auch in die Gebäudesysteme integriert werden. Das integrierte Konzept gewährleistet die schnelle und rationelle Anpassung an wechselnde Betriebserfordernisse wie Anpassung und Erweiterung.

Sollen die Vorteile der Gebäudesystemtechnik für die Anwendung von Funktionen wie Schalten, Steuerung, Anzeigen, Melden, Überwachen und Messen zukünftig genutzt werden, sind heute schon einige Maßnahmen durchzuführen. Solche Maßnahmen sind stark abhängig vom Gebäudetyp und den zu erwartenden technischen Anforderungen. Es ist besonders zu unterscheiden in Zweckbauten und in Wohnbauten.

Vor Jahren war

- ein Sonnenschutzsystem eine isolierte Komponente eines Gebäudes, das lediglich die Aufgabe erfüllte, vor Sonne zu schützen.

INSELLÖSUNG VON SOLAR- UND SONNENSCHUTZTECHNIK

bisherige Tendenz

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In einem Arbeitsraum kann durch eine automatisch gesteuerte Sonnenschutzanlage, wenn sie durch den Sonnenwächter aktiviert wird, folgender Effekt eintreten:

- der Raum wird abgedunkelt, da der Lichteintrag vermindert wird;
- die Raumbeleuchtung schaltet sich automatisch ein, wenn eine Lichtsensorsteuerung vorhanden ist;
- da der Raum nun abkühlt, spricht möglicherweise die Raumheizung thermostatgesteuert an;
- es wird sofort elektrischer Strom zusätzlich verbraucht und zeitverzögert wird Wärmezufuhr benötigt.

Obwohl also von außen enorme Solarenergie auf das Raumsystem einwirkt, wird gerade dadurch im System immer Energie benötigt und verbraucht.

Eine Stufe dieser unterschiedlichen Systeme ist nun die Integration in ein Informationssystem, das unterschiedliches Systemverhalten aufeinander abstimmt, um z. B.

- eine bestimmte thermische und optische Behaglichkeit für den Nutzer im Raum zu erreichen.

Verhalten sich aber diese Systeme schon energieminimal durch die Verknüpfung der Informationsprozesse? Oder sogar ökologisch oder wirtschaftlich optimal? Sicherlich nicht, denn dafür sind sie nicht integriert konstruiert trotz gegenseitiger informatorischer Abstimmung.

Erst die systemtechnische Zusammenfassung der Einzelfunktionen und Komponenten

- Solarthermie
- Photovoltaik
- Tageslichttechnik
- Sonnenschutztechnik

in integrierten Gesamtfunktionen in einer

- Solartechnik-Ingetration

erlaubt es, die Systemgrenzen zu erweitern und bisherige Suboptimalität zu einer Systemoptimierung hinsichtlich bestimmter Ziele wie Energieverbrauch, Ergonomie, Wirtschaftlichkeit und Ökologie auszubauen.

Literaturhinweis:

Sonnenschutzsysteme I, II, III

Autor: R. Bäckmann, Verlag Kleffmann, Bochum

Fin de l'extrait de 28 pages

Résumé des informations

Titre
Sonnenschutz: Energetische und ergonomische Optimierung durch Systemtechnik
Auteur
Année
2005
Pages
28
N° de catalogue
V110733
ISBN (ebook)
9783640088942
Taille d'un fichier
945 KB
Langue
allemand
Annotations
- Sonnenstrahlung und Sonnenschutz - Sonnenwirkung auf Mensch und Materie - Ergomonie: Mensch-Sonnenschutz-Modell - Sonnenschutzsysteme und energetische Effektivität - Sonnenschutzsteuerungen und Multisensorik - Gebäudetechnik und Systemintegration
Mots clés
Sonnenschutz, Energetische, Optimierung, Systemtechnik
Citation du texte
Dipl.-Ing. Reinhard Bäckmann (Auteur), 2005, Sonnenschutz: Energetische und ergonomische Optimierung durch Systemtechnik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110733

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