Die Kooperationsform des virtuellen Unterenhmens als Möglichkeit zur Stärkung der Markt- und Wettbewerbsposition für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU)


Dossier / Travail, 2006

29 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Verzeichnis der Gesetze

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die virtuelle Unternehmung
2.1 Definition des Begriffes „virtuell“
2.2 Merkmale und Aufgaben einer virtuellen Unternehmung
2.3 Die Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK)
2.4 Vertrauen oder Vertrag: Das rechtliche Umfeld von virtuellen Unternehmen

3 Virtuelle Kooperationen als strategischer Erfolgsfaktor für Klein- und mittelständische Betriebe (KMU)
3.1 Virtuelle Größe trotz realer Kleinheit
3.2 Anforderungen an kooperationswillige KMU
3.2.1 Anforderungen an das Management
3.2.2 Anforderungen an die Mitarbeiter
3.2.3 Anforderungen an die Organisation
3.3 Zwischen Markt und Hierarchie: die Transaktionskostentheorie

4 Good – Practice: Die Maschinenbaukooperation Wuppertal
4.1 Mitglieder und Branche
4.2 Gründungsmotivation
4.3 Organisation und Zusammenarbeit
4.4 Kooperationserfolg

5 Resümee

6 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der Gesetze

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Wandel der Marktsituation und Reorganisationsbedarf (vgl. Picot u. a., 1998, 246)

Abb. 2 Die Entwicklung der Vernetzung durch IKT (vgl. Brütsch, 1999, 6, in Anlehnung an Little, 1996)

Abb. 3 Kontinuum von Koordinationsformen und Transaktions- kosten (vgl. Wolter u. a., 1998, 24, in Anlehnung an Williamson, 1990)

Abb. 4 Positionierung des virtuellen Unternehmens im Markt – Hierarchie – Kontinuum (vgl. Wolter u. a., 1998, 25, in Anlehnung an Freise, 1997)

Abb. 5 Kooperationspartner der Maschinenbaukooperation Wuppertal .

1 Einleitung

In den letzten zehn Jahren hat die Weltökonomie eine rapide Veränderung erlebt. Angetrieben durch den Abbau von Handelsbarrieren und unterstützt durch die Entwicklung moderner Kommunikationstechnologie hat sich das Umfeld der hiesigen Unternehmen immer mehr internationalisiert. Die EU - Osterweiterung sowie die verstärkte Abkehr ehemals sozialistisch geprägter Länder von der zentralen Planwirtschaft bei zunehmender Öffnung dieser Märkte unterstützen diesen Trend.

Entstanden einst klein- und mittelständische Betriebe im Schatten nationaler Großunternehmen, so verfolgen diese heutzutage globale Beschaffungsstrategien durch Nutzung beinahe grenzenloser Informationssysteme. Laut einer Aufstellung des Statistischen Bundesamtes wuchs der Wert der Importe von 1990 bis 2004 um 97 % von 293 Milliarden Euro auf 577 Milliarden Euro (vgl. Statistisches Bundesamt, 2006). Der Ausgleich der aufgrund dieser Verschiebung entstandenen Verluste kann vielfach nur auf den internationalen Märkten gelingen, da die heimischen Potentiale aufgrund ansteigender Marktsättigung sehr begrenzt sind. Diese Entwicklung geht einher mit hoher Komplexität der häufig hochtechnologischen Produkte bei immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen.

Diese geschilderten Veränderungen erfordern eine neue organisatorische Ausrichtung der Unternehmen. Während sich große, kapitalstarke Unternehmen durch globale Zu- und Verkäufe von Beteiligungen und Sparten den Anforderungen stellen, bieten sich kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) durch kooperative Zusammenarbeit vergleichbare Möglichkeiten.

Die vorliegende Hausarbeit beschreibt, inwieweit die moderne Kooperationsform der virtuellen Unternehmung eine Option zur Stärkung der Wettbewerbsposition von KMU im neuen Marktumfeld ist. Dazu wird zunächst diese Kooperationsform anhand einiger prägnanter Merkmale vorgestellt, um dann mittels wesentlicher Faktoren eine Verknüpfung zu den Markt- und Unternehmensanforderungen abzuleiten. Die praktische Umsetzung wird durch die Vorstellung des preisgekrönten Netzwerks der Maschinenbaukooperation Wuppertal erläutert, ein Abgleich mit den theoretischen Überlegungen erfolgt im abschließenden Resümee.

2 Die virtuelle Unternehmung

2.1 Definition des Begriffes „virtuell“

Meyers Lexikon definiert virtuell als „der Kraft oder Möglichkeit nach vorhanden (Meyers grosses Taschenlexikon 1992, 203)“, womit die Wirksamkeit virtueller Einheiten, trotz fehlender realer Existenz beschrieben wird.

Mit dieser Allgemeingültigkeit kann der Begriff „virtuell“ mit vielen Wissenschaftsbereichen (Physik, Mathematik, Informatik usw.) in Zusammenhang gebracht werden. Bezogen auf das Thema der vorliegenden Hausarbeit beschränken sich nachfolgende Betrachtungen hier lediglich auf die Wirtschaftswissenschaften.

Wie ist es nun möglich, mit einem nicht realen (virtuellen) Objekt einen realen ökonomischen Nutzen zu erzielen. Scholz verweist in diesem Zusammenhang auf charakteristische und spezielle Zusatzspezifikationen, über die virtuelle Gebilde verfügen müssen, um dies zu ermöglichen. Als Beispiel sei hier eine virtuelle Urlaubreise genannt, die nur mittels hochwertiger Computer – Animation einer realen Reise vergleichbar wird (vgl. Brütsch, 1999, 38).

Unternehmen streben naturgemäß nach Gewinnmaximierung, womit hohe Anforderungen an ein virtuelles Unternehmen verbunden zu sein scheinen. Welche Ausprägungen diese Anforderungen haben und nach welchen Merkmalen und Aufgaben sich virtuelle Unternehmen definieren, ist Thema des folgenden Kapitels.

2.2 Merkmale und Aufgaben einer virtuellen Unternehmung

In der fachspezifischen Literatur finden sich eine Vielzahl von beschriebenen Merkmalen, die je nach Autor, Schwerpunkt und Detailliertheit der Publikation variieren können. Zusammenfassend lassen sich einige übereinstimmende und prägnante Merkmale ableiten. Zunächst stellt sich die Frage, ob die verwendeten Bezeichnung der virtuellen Unternehmung und der virtuellen Organisation synonym zu verwenden sind. Wirtz schreibt dazu: „Das Konzept der virtuellen Unternehmung wird in vielfältiger terminologischer Weise verwendet. Hier finden sich weitgehend inhaltlich synonyme Termini wie virtuelle Unternehmung, virtuelle Organisation oder virtuelles Netzwerk (Wirtz, 2000, 99).“ Fischer jedoch trennt inhaltlich sehr wohl die Begriffe Organisation und Unternehmen. Während er eine Organisation zunächst als komplexes und dynamisches soziales System beschreibt, bedeutet ein Unternehmen für ihn eine nach Gewinnmaximierung strebende Organisation (vgl. Fischer, 2001, 153). Dieser Darstellung schließt sich Brütsch unter Hervorhebung des wirtschaftlichen Ziels einer virtuellen Unternehmung weitgehend an (vgl. Brütsch, 1999, 46).

Da deutlich wird, dass ein virtuelles Unternehmen auf einer ebenfalls virtuellen Organisation aufbaut, ist es notwendig, die Merkmale beider Varianten zur Charakterisierung eines virtuellen Unternehmens zu betrachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit den beschriebenen Attributen lässt sich ein Bild einer virtuellen Unternehmung zeichnen. Die Basis bildet eine Kooperation aus realen Unternehmen, die während der temporären und projektbezogen Zusammenarbeit ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit beibehalten. Die Gründung dieses Netzwerkes dient der Erfüllung eines gemeinsamen Ziels, wie Wolter zusammenfasst: „Ziel ist die Realisierung eines konkreten Geschäftes, das von einem einzelnen dieser Unternehmen nicht oder nur weniger gewinnbringend abgewickelt werden kann (Wolter, 1998, 12).“ Dieses Zitat macht deutlich, dass zur erfolgreichen Zielerfüllung der Wertschöpfungsprozess auf mehreren Schultern verteilt wird. Mangelt es dem akquirierendem Unternehmen an Kapazität, um einen möglichen Großauftrag termingerecht zu erledigen, so wird sich dieses Unternehmen Partner mit gleichen Kernkompetenzen suchen (horizontale Kooperation). Fehlt es dem Initiator jedoch an Know-how, so sind Partner mit vor- und/oder nachgelagerten Kernkompetenzen gefragt (vertikale Kooperation). Demnach entspricht die letztgenannte Kooperationsform eher dem Gedanken einer virtuellen Unternehmung, deren Vorteile Brütsch wie folgt beschreibt: „Durch die Kombination von erstklassigen Kompetenzen kann eine Firma zusammengestellt werden, die auf jedem relevanten Gebiet Höchstleistungen erbringen kann. Dies führt neben einer erhöhten Flexibilität und zu einer Erweiterung des Angebotes (Brütsch, 1999, 57).“

Flexibilität und Dynamik gelten als zwingend notwendige Eigenschaften, über die moderne Unternehmen verfügen müssen, wenn Sie unter den neuen, sich schnell verändernden Marktbedingungen bestehen wollen. Diese Forderungen erfüllen virtuelle Unternehmen zum einen durch die bereits beschriebene projektbezogene Konfiguration, zum anderen durch einen weitgehenden Verzicht auf Institutionalisierung und Hierarchiebildung.

Hierzu Picot: „Die veränderten Wettbewerbsbedingungen verlangen von den Unternehmen Flexibilität und Innovationsfähigkeit statt Produktivität durch starre Arbeitsteilung. Notwendig ist eine Abflachung oder sogar eine Auflösung hierarchischer Strukturen (Picot u. a. , 1998, 10).“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Wandel der Marktsituation und Reorganisationsbedarf (vgl. Picot u. a., 1998, 246)

Ohne in dieser Arbeit auf alle in der Abb.1 genannten Organisationsformen eingehen zu können, veranschaulicht diese Darstellung den notwendigen Wandel, den derzeit hierarchisch organisierte Unternehmen bei zunehmender Marktunsicherheit und Produktkomplexität vollziehen müssen. Im Vergleich dazu können sich virtuelle Unternehmen diesen Herausforderungen flexibel anpassen.

Trotz der bedarfsbezogen Konfiguration der Netzwerkpartnerschaft tritt das virtuelle Unternehmen gegenüber der Kundschaft als ein geschlossenes Unternehmen auf (one face to the market), die Aufteilung des Herstellungsprozesses auf mehrere selbständige Unternehmen ist dem Kunden üblicherweise nicht bekannt. Dieses integrierte Handeln setzt voraus, dass eine reibungslose und offene Kommunikation zwischen den Partner herrscht. Dies wird möglich durch die sich rasch entwickelnde Informations- und Kommunikationstechnologie, deren Notwendigkeit für virtuelle Unternehmen im folgenden Kapitel beschrieben wird.

2.3 Die Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK)

Die Verteilung eines Wertschöpfungsprozesses auf mehrere unabhängige Unternehmen macht einen schnellen Austausch von Informationen erforderlich. „Vollständige Information ist dahingehend notwendig, als daß [!] für einen spontanen Zusammenschluß [!] bei sämtlichen Kooperationspartnern das Wissen über die zu realisierende Marktchance, die benötigten Ressourcen und Fähigkeiten sowie die diesbezüglich zu involvierenden Organisationseinheiten vorhanden sein muß [!] (Böhm, Gerpott, 2000, 13)“.

Vergleichbar dem Netzwerk der Partner muss ein Netzwerk der Informationssysteme geschaffen werden, dass sich dynamisch und kosteneffizient den sich schnell ändernden Marktgegebenheiten anpasst. Konnten sich in den vergangenen Jahrzehnten nur große Unternehmen investitionsintensive internationale Rechner - Netzwerke leisten, bietet mittlerweile das Internet auch für kleine Firmen eine globale IuK – Plattform.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Die Entwicklung der Vernetzung durch IKT (vgl. Brütsch, 1999, 6, in Anlehnung an Little, 1996)

Welche Entwicklung Netzwerkarchitekturen in den letzten Jahren genommen haben, zeigt Abbildung 2 ebenso wie den zunehmenden Grad der Integration von Kunden, Lieferanten und Herstellern durch das Internet. Brütsch spricht in diesem Zusammenhang von einer Demokratisierung der IuK – Beziehung und meint damit eine offene, gleichwertige Kommunikation aller Partner auf Basis gleicher Informationen (vgl. Brütsch, 1999, 7).

Eine weitere wichtige Bedeutung kommt der IuK – Technologie im Zusammenhang mit Transaktionskosten zu. Unter diesem Begriff werden die Kosten zusammengefasst, die für die Initiierung, Abwicklung und Kontrolle von Kooperationen anfallen. Bei Partnerschaften in Form einer virtuellen Unternehmung kommt es wiederkehrend zu projektbezogener Netzwerkbildung, womit vergleichsweise vermehrte und in Summe höhere Transaktionskosten verbunden sind. Durch die Nutzung von moderner IuK – Technologie, werden diese Transaktionen einfacher und kosteneffizienter. Grundzüge der Transaktionskostentheorie werden an späterer Stelle in Kapitel 3.3 noch erläutert.

Nicht nur Wolter sieht in dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung von marktdynamischen Kooperationsformen (vgl. Wolter u. a., 1998, 27). Für Picot ist die virtuelle Unternehmung „…das Ergebnis einer gezielten Ausnutzung neuer Möglichkeiten der Telekooperation…“ (Picot u. a., 1998, 397). Es scheint logisch, dass mit der Möglichkeit der Bildung von Rechnernetzwerken auch die Realisierung von Unternehmensnetzwerken folgten, die IuK – Technologie bildet somit das Rückgrat einer virtuellen Unternehmung.

2.4 Vertrauen oder Vertrag: Das rechtliche Umfeld von virtuellen Unternehmen

In den o. g. Kapiteln wurde argumentiert, dass sich virtuelle Unternehmen durch dynamische Konfiguration den Marktforderungen bestens anpassen können. Die schnelle ad-hoc - Bildung von Kooperationen setzt jedoch ein großes Vertrauen in die beteiligten Partner voraus, womit eine positive Erwartungshaltung aller involvierten Unternehmen in die Leistung der übrigen beschrieben werden kann. Die Bedeutung von Vertrauen wird umso größer, macht man sich deutlich, dass oftmals Unternehmen projekt-bezogen zusammenarbeiten, die vor oder nach dieser Periode im Wettbewerb zueinander stehen.

Zu Beginn einer jeden Kooperation steht der Prozess des Vertrauensaufbaus, den Pawellek und Sprengler–Rast als aufwendig und zeitintensiv beschreiben und dem aufgrund der knappen Projektzeiten oftmals zuwenig Bedeutung zuteil wird (vgl. Pawellek, Sprengler-Rast, 2004, 64f). Hält man sich das eigene persönliche Empfinden vor Augen wird klar, dass Vertrauen nur langsam aufgebaut und durch positive Erfahrungen gestärkt wird. Diese vertrauensfördernden Voraussetzungen sind jedoch bei Kooperationen im Sinne einer virtuellen Unternehmung nicht gegeben, womit alternative Formen der Vertrauensbildung notwendig werden.

Die größte Bedeutung kommen in diesem Zusammenhang sicher Normen und Werte als Vertrauensgrundlage zu, die innerhalb einer sozialen Gemeinschaft existieren. Die Funktionen dieser Vertrauensgrundlage beschreibt Fischer so: “Aufgrund der gesellschaftlich-moralischen Verpflichtung des Vertrauensnehmers wir dieser das Vertrauen nicht ausnutzen, auch wenn er hierzu aufgrund einer stärkeren Position in der Lage wäre. Die Solidargemeinschaft übt folglich eine Art sozialer Kontrollfunktion aus (Fischer, 2001, 106).“

Letztlich wählen viele kooperierende Unternehmen sicher die Form der Abwägung zwischen Risiko und Nutzen als Vertrauensgrundlage, flankiert durch ein Vertrauen, das sich bildet aufgrund vorhandener Informationen über den Kooperationspartner sowie den existierenden Werten und Normen des gesellschaftlichen Umfeldes. Das Risiko des Vertrauensmissbrauchs kann auf diese Weise verringert, jedoch keinesfalls vermieden werden.

Genau an dieser Stelle setzen Recht und Vertrag an, denn trotz einer guten Vertrauensbasis bietet eine kooperierende Zusammenarbeit ausreichend Potentiale für Konflikte und rechtlichen Regelungsbedarf. Nur stellvertretend sind zu denken an

- Haftung
- Gewinnverteilung/ Verlustbeteiligung
- Patentrecht
- einheitlicher Auftritt der virtuellen Unternehmung im Außenverhältnis.

So wie reale Unternehmen diese Punkte durch einen Gesellschaftsvertrag regeln, sollte eine vergleichbare Alternative auch für virtuelle Unternehmen angedacht werden. Der Gesetzgeber hat für den Fall einer nicht vorhandenen Individualregelung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, vgl. § 705 ff BGB ) vorgesehen, die stillschweigend durch konkludentes, d. h. durch schlüssiges Handeln aller Kooperationspartner entsteht. Benz spricht in diesem Zusammenhang von einer GbR – Falle, da diese Gesellschaftsform Vollhaftung für alle Kooperationspartner vorsieht (vlg. Benz u. a., 2005, 33).

Letztlich kommen auch virtuelle Unternehmen nicht umhin, der gemeinsamen Arbeit eine rechtliche Basis zu geben. Um den Vorteil der Schnelligkeit und Flexibilität nicht schon im Vorfeld durch umfangreiche Vertragsverhandlungen zunichte zu machen, empfiehlt Brütsch die Arbeit mit Standardverträgen, die auf Basis von Erfahrungen entworfen und verfeinert werden (vlg. Brütsch, 1999, 77).

3 Virtuelle Kooperationen als strategischer Erfolgsfaktor für Klein- und mittelständische Betriebe (KMU)

3.1 Virtuelle Größe trotz realer Kleinheit

In der Einleitung zu dieser Hausarbeit wurde bereits beschrieben, welche Veränderungen Märkte derzeit erleben und mit welchen Herausforderungen sich KMU dadurch konfrontiert sehen. Ohne auf diese im einzelnen nochmals eingehen zu können, ist die Größe eines Unternehmens häufig der entscheidender Wettbewerbsfaktor, der ein Unternehmen im Markt erfolgreich agieren lässt. Unternehmensgröße geht einher mit Finanzkraft, internationaler Präsenz, Bündelung von Know-how und oftmals auch mit Marktführerschaft. Strunz fasst zusammen: „Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaftsaktivitäten sind Wachstum und Größe wesentlich für den Erfolg und das Bestehen eines Unternehmens am Markt und im Wettbewerb (Strunz, 2001, 9).“

Alle Formen von kooperativer Zusammenarbeit bieten kleinen und mittel-ständischen Unternehmen die Möglichkeit, diese größenbedingten Nachteile auszugleichen. Dies geschieht durch Bündelung von Ressour­cen, Kompetenzen und Kapital zwischen kooperationswilligen Unternehmen auf horizontaler und vertikaler Ebene.

Eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts für Systemtechnik und Inno­vationsforschung aus dem Jahre 2002 belegt, dass das durchschnittliche Umsatzwachstum von in Netzwerken engagierten Unternehmen mit 15 % über 3 Prozentpunkte höher ausfällt, als bei Unternehmen, die nicht ko­operieren. Bedauerlicherweise zeigt die Studie auch, dass es häufig größere Unternehmen sind, die Produktionskooperationen eingehen, da bei diesen mehr Anknüpfungspunkte gegeben sind. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen verschenken durch die nur geringe Nutzung von Produktionsnetzwerken Potentiale (vgl. Eggers, Kinkel, 12, 2002).

3.2 Anforderungen an kooperationswillige KMU

Obwohl die Vorteile der kooperativen Zusammenarbeit für klein- und mittelständischen Betriebe scheinbar auf der Hand liegen, beweißt die Studie des Fraunhofer Instituts SI eine zurückhaltende Anwendung dieser Organisationsform. Setzt man ein grundlegendes Interesse bei den besagten Unternehmen voraus, stellt sich die Frage nach den zu erfüllenden Anforderungen.

Die themenspezifische Literatur unterscheidet je nach Untersuchungsgegenstand und Blickwinkel der Autoren verschiedenste Anforderungen an Kooperationen in Form einer virtuellen Unternehmung, so dass auch an dieser Stelle nur eine zusammenfassende Darstellung möglich ist. Grundsätzlich sind die Anforderungsprofile unter Berücksichtigung der Zielstellung der Zusammenarbeit sowie der Komplexität der Aufgabenstellung zu erstellen. Zur weiteren Verdeutlichungen sollten die Anforderungsprofile den drei folgenden Kategorien zugeordnet werden:

- Anforderung an das Management
- Anforderung an die Mitarbeiter
- Anforderung an die Organisation

3.2.1 Anforderungen an das Management

Ist eine Unternehmensleitung gewillt, die bisherigen Unternehmensgrenzen zu überwinden, um zukünftig innerhalb von Netzwerken zu agieren, so stellt dieses Vorhaben eine große Herausforderung dar. Sydow weist darauf hin, dass innerhalb von Netzwerkstrukturen komplexere Aufgaben entstehen, da Netzwerke branchenübergreifend agieren und Unternehmen häufig zeitgleich in verschiedene Projekte involviert sind (vgl. Sydow, 2003, 310f).

Als wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreich Beteiligung ist der Kooperationswille des Managements zu nennen, der die Schaffung einer kooperativen Unternehmenskultur sowie die Formulierung eines entsprechenden Leitbildes nach sich zieht. Die Unternehmensziele basieren ableitend auf diesen Rahmenbedingungen und geben den operativen Ebenen Vorgaben in kooperativer Form.

Die darauf folgenden Maßnahmen des Management – Kreislaufs beziehen sich auf das Planen und die Durchführung der Kooperation bzw. des anstehenden Projektes. Sydow nennt vier zentrale Funktionen, die ein Management innerhalb von Netzwerkorganisationen zu erfüllen hat (vgl. Sydow, 2003, 311):

- Die Selektion der Netzwerkpartner
- Die Allokation der Aufgaben und Ressourcen
- Die Regulation der Zusammenarbeit im Netz
- Evaluation der Netzwerkes (Kosten-/ Nutzenverteilung)

Abgeschlossen wird der Management- Kreislauf durch die Kontrolle in Form eines Soll/ Ist – Vergleichs und der Feststellung des Zielerreichungsgrads. Hier gelangt die Studie des Fraunhofer Instituts SI zu der Erkenntnis, dass lediglich 1/3 der in Kooperationen engagierten Unternehmen eine adäquate Aufwandskontrolle durchführen. Diese ist jedoch unerlässlich, um den wirklichen Nutzen dieser Organisationsform zu bemessen (vgl. Eggers, Kinkel, 2002, 8f).

3.2.2 Anforderungen an die Mitarbeiter

Hat sich das Management entschieden, das Unternehmen innerhalb einer virtuellen Organisation einzugliedern, so müssen die Mitarbeiter für diesen Schritt vorbereitet und qualifiziert werden. Wie das Management, so trägt auch die Belegschaft mit einer grundsätzlichen Kooperationsbereitschaft zum Gelingen der Umstrukturierung bei. Unerlässlich ist des Weiteren eine positive Einstellung gegenüber der Nutzung moderner IuK – Technologie, da diese die Basis für ein Unternehmensnetzwerk darstellt.

Innerhalb von virtuellen Kooperationen konzentrieren sich die jeweiligen Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen. Um den gesamten Wertschöpfungsprozess innovativ voranzutreiben, sind diese Kernkompetenzen weiterzuentwickeln. Dies erfordert von den Mitarbeitern eine stetige Bereitschaft zur Weiterbildung und Wissensförderung.

Durch die Abflachung der Hierarchien wird den Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen, was üblicherweise eine motivierende Wirkung mit sich bringt. Nicht jeder Mitarbeiter ist jedoch gewillt und in der Lage, mit dieser Mehrverantwortung umzugehen. Diese Bereitschaft muss vorhanden sein oder ggf. erzeugt werden.

3.2.3 Anforderungen an die Organisation

Um dem virtuellen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich mit schneller Konfiguration neuen Marktanforderungen anzupassen, ist eine flexible Ausrichtung der Unternehmensorganisationen notwendig. Unter Berücksichtigung der Projektkomplexität sind drei zentrale Merkmale zu diskutieren:

- Zentralisierung vs. Dezentralisierung

Zentralisierung steht für eine hierarchisch geprägte Organisation, innerhalb derer alle Aufgaben unternehmensintern erstellt werden. Diese durch Instanzen bestimmte Variante widerspricht dem flexiblen Denken einer virtuellen Unternehmung. Dezentralisierung steht für Konzentration auf Kernkompetenzen, Sekundäraufgaben werden an Subunternehmer vergeben. Picot warnt in diesem Zusammenhang jedoch vor Extrempositionen, statt dessen sollte eine der Aufgabenstellung angemessene Kombination beider Varianten gewählt werden (vgl. Picot u. a., 1998, 407).

- Generalisierung vs. Spezialisierung

Generalisten zeichnen sich durch eine große Produktionstiefe und –breite aus, was durch redundante Ressourcenbereitstellung zwangsläufig zu hohen Kosten und niedriger Effizienz führt. Eine virtuelle Unternehmung zeichnet sich durch die Spezialisierung der beteiligten Partner aus, kann jedoch durch Bündelung der Kompetenzen am Markt als Generalist auftreten.

- Flexibilisierung durch IuK – Technologie

Bereits in Kapitel 1.3 wurde die große Bedeutung von IuK – Technologie für die Existenz virtueller Unternehmen beschrieben.

Der flexiblen Organisation muss ein ebenso flexibles IT – System zu Verfügung stehen, dass Kommunikation und Datenaustausch zwischen immer neuen Partner möglich macht. Standardisierung und Kompatibilität sind somit die herausragenden Anforderungen an ein solches System.

Die o. g. Erläuterungen machen die marktliche Ausrichtung einer virtuellen Organisation deutlich, währenddessen traditionelle Unternehmensformen noch von hierarchischen Organisationen geprägt werden. Inwieweit diese organisatorischen Unterscheidungen hinsichtlich ihrer Kosten relevant werden, soll in dem folgenden Kapitel behandelt werden.

3.3 Zwischen Markt und Hierarchie: die Transaktionskostentheorie

Die marktliche Verteilung eines Wertschöpfungsprozesses auf mehrere unabhängige Unternehmen erfordert eine Über- und Weitergabe von Rechten, Gütern und Dienstleistungen in vertraglich gesicherter Form. Diese Übergaben werden aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Transaktionen bezeichnet, die wiederum Kosten, s. g. Transaktionskosten verursachen durch

- Suche und Anbahnung
- vertragliche Absicherung
- Kontrolle
- ggf. Anpassung
- Abwicklung.

Produziert ein Unternehmen ein Gut hingegen arbeitsteilig innerhalb des eigenen Betriebes, erfolgt die Koordination des Wertschöpfungsprozesses mittels hierarchisch organisatorischer Ebenen und Institutionen. Diese Variante verursacht Organisationskosten, die sich durch Schaffung der Funktionsteilung sowie der Beschaffung der notwendigen Einrichtung definieren (vgl. Gablers Wirtschaftslexikon, 2005,2255).

Sollen nun beide Koordinationsvarianten gegenübergestellt werden, ist zunächst eine Bewertung der jeweiligen Kosten erforderlich.

Während sich die Organisationskosten relativ einfach erfassen lassen, gestaltet sich dies bei den Transaktionskosten vergleichsweise schwierig. Zu diesem Zweck hat WILLIAMSON Transaktionsmerkmale definiert, die durch die beteiligten Akteure und das wirtschaftliche Umfeld vorgegeben sind (vgl. Wolter u. a., 1998, 22f, Picot u. a., 1998, 41ff, [in Anlehnung an Williamson]):

- Begrenzte Rationalität der Akteure

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Die Transaktionspartner haben keine vollständigen Informationen

- Opportunistisches Verhalten der Akteure

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Die Transaktionspartner handeln eigennützig und profitieren von den unvollständigen Informationen des Gegenübers

- Unsicherheit des wirtschaftlichen Umfeldes

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Nicht planbare Faktoren müssen abgesichert werden

- Spezifität der Leistung

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Spezialanfertigungen führen zu hohen Stückkosten und zu einer Abhängigkeit vom Transaktionspartner

- Transaktionshäufigkeit

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Wiederkehrend anfallende Kosten können durch Internalisierung vermieden werden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Kontinuum von Koordinationsformen und Transaktionskosten (vgl. Wolter u. a., 1998, 24, in Anlehnung an Williamson, 1990)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Positionierung des virtuellen Unternehmens im Markt-Hierarchie-Kontinuum, (vgl. Wolter u. a., 1998, 25, in Anlehnung an Freise, 1997)

Während noch in den vergangenen Jahren langfristige Verträge, umfangreiche Investitionen und große Hierarchien die Transaktionskosten minimal hielten, lassen die heutigen dynamischen Marktbedingungen solche Maßnahmen häufig nicht mehr zu. Andererseits ist der Markt aufgrund fehlender Informationen und dem opportunistischem Verhalten der Marktteilnehmer sehr riskant und unsicher, so dass Transaktionen zur Absicherung zwingend notwenig werden.

Zwischen den beiden Polen Markt und Hierarchie liegen viele Facetten von s. g. hybriden Organisationsformen, die verschiedene Ausprägungen der Koordination zulassen.

Abbildung 3 ordnet verschiedene Koordinationsformen den Transaktionsmerkmalen zu, während Abbildung 4 die virtuelle Organisation zwischen marktlicher und hierarchischer Organisation einordnet.

Die praktische Relevanz der geführten Diskussion wird anhand der zunehmenden Outsourcing – Projekte deutlich. Hierbei werde die Teile der Wertschöpfungskette an externe Leistungserbringer ausgegliedert, die nicht zu den Kernkompetenzen des eigenen Unternehmens gehören.

Aus Sicht klein- und mittelständischer Betriebe stellt sich diese Frage jedoch nicht, denn aufgrund der geringen Unternehmensgröße sind Ausgliederungen nicht denkbar und notwendig. Vielmehr bietet sich durch Verknüpfung von Kernkompetenzen im Sinne einer virtuellen Unternehmung die Förderung von Wertschöpfungsprozessen.

Dass hierbei Transaktionskosten zur Realisierung der Zusammenarbeit anfallen ist, zur Stärkung der Wettbewerbsposition und Sicherung der Existenz hinzunehmen. Es muss die Aufgabe des Netzwerk - Managements sein, diese durch genaue Analyse gering zu halten.

Inwieweit das in den o. g. Kapiteln vorgestellte Modell der virtuellen Unternehmung auch in der Praxis umgesetzt wird, soll im folgenden Kapitel durch Vorstellung einer preisgekrönten Kooperation untersucht werden.

4 Good – Practice: Die Maschinenbaukooperation Wuppertal

Im Jahre 2002 fand erstmals der Bundeswettbewerb „Die beste Kooperation“ statt, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert und u. a. durch das Fraunhofer Institut für Systemtechnik veranstaltet wurde. Die nachfolgend vorgestellte Maschinenbaukooperation Wuppertal ging im Jahre 2003 als Sieger aus diesem Wettbewerb hervor; die in diesem Zusammenhang durch das Fraunhofer Institut SI erstellte Bewertung dient als Grundlage für die anschließenden Kapitel (vgl. Wiedahl u. a., 2005, 115ff). Einleitend ist zu erwähnen, dass der Wettbewerb nicht ex- plizit die Kooperationsform der virtuellen Unternehmung als Vorgabe genannt hat, sondern jegliche Kooperationen untersucht wurden. Daher ist es umso interessanter zu prüfen, inwieweit sich die Ideen einer virtuellen Unternehmung in der bewährten Praxis widerspiegeln.

4.1 Mitglieder und Branche

Die Maschinenbaukooperation Wuppertal agiert auf dem Markt der Sondermaschinen und gründete sich im Jahre 2000. Derzeit formiert sich das Netzwerk aus fünf Gesellschaften:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Kooperationspartner der Maschinenbaukooperation Wuppertal (eigene Darstellung)

Die Initiatoren der Kooperation sind die Unternehmen Sameisky GmbH und Röder & Piller GmbH, die beide bereits seit den 70iger Jahren bestehen.

Als drittes Unternehmen stieß die Cleo GmbH dazu, das sich aus dem Zusammenschluss zweier ehemals freiberuflicher Konstrukteure im Rahmen der Kooperationsgründung bildete. Zur Komplettierung der Angebotspalette wurde mit der AST GmbH zunächst das vorläufig letzte Unternehmen integriert.

Die Global C GmbH nimmt eine Sonderstellung in der Kooperation ein, da sie eigens als Dachorganisation gegründet wurde. Der Aufgabenbereich umfasst die Erledigung der Verwaltungsaufgaben aller Partnerunternehmen sowie ergänzend dazu die Bereitstellung von IT Dienstleistungen. Alle genannten Kooperationsmitglieder sind an der Global C GmbH beteiligt, im Gegenzug hält die Global C GmbH meist 50 % an den Partnerunternehmen.

Durch die sich ergänzenden Kernkompetenzen ist die Kooperation in der Lage, vollständige Produktionsanlagen zu entwickeln, zu konstruieren und zu bauen. Derzeit werden somit ca. 30 Mitarbeiter beschäftig und ein Umsatz von gut 5 Mio. Euro erzielt.

4.2 Gründungsmotivation

Der Markt der Sondermaschinen ist aufgrund der mangelnden Investitionsfreude hiesiger Unternehmen sowie der flauen Konjunktur kontinuierlich rückläufig. Des Weiteren drängen zunehmend ausländische Konkurrenten auf den Markt, was die Bedingungen noch zusätzlich verschärft.

Der Sondermaschinenbau zeichnet sich zum einen durch hohen Entwicklungsaufwand aus, zum anderen stellt die zunehmende Komplexität der zu entwickelnden Produkte bei immer kürzer werdenden Projektzeiten die Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Kleinen Einzelunternehmen der Branche sind hier aufgrund mangelnder Kapazität, fehlendem Kapital und nicht ausreichender Kompetenz früh Grenzen gesetzt. Bedingt durch die geschilderte Situation waren die Existenzen der beiden initiierenden Unternehmen gefährdet, was im Jahre 2000 zur Gründung der Kooperation führte.

Neben der notwendigen Zusammenlegung von Ressourcen und Know-how war die Reduktion von Verwaltungskosten ein erklärtes Ziel der Zusammenarbeit. Somit sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, um größere Aufträge zu wettbewerbsgerechten Preise akquirieren zu können.

4.3 Organisation und Zusammenarbeit

Die Servicegesellschaft Global C GmbH bildet den organisatorischen Mittelpunkt der Kooperation. Ihr obliegen verwaltungstechnische Aufgaben, die Erledigung des Rechnungswesens, das Gebäudemanagement, die IT – Koordination sowie das Personal-, Qualitäts- und Kooperationsmanagement. Auf diese Weise haben die Partnerunternehmen die Möglichkeit, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Die notwendige Kommunikation wird durch den gemeinsamen Standort erleichtert, der bewusst mit der Zusammenführung der Kooperation gesucht wurde. Der vorhandene Maschinenpark wurde in einer gemeinsamen Werkshalle platziert, die auch für neue Partnerunternehmen noch ausreichend Raum bietet.

Es finden regelmäßig Mitarbeiter- und Geschäftsführerbesprechungen statt, um technische und organisatorische Fragen zu klären. Entscheidungen werden durch ein Gremium der Geschäftsführer getroffen, in dem alle Partnerunternehmen gleichberechtigt vertreten sind.

Eine selbstprogrammierte Verwaltungssoftware, die auf einem Zentralser­ver zur Verfügung gestellt wird, ermöglicht für alle Partnerunternehmen den Zugriff auf projektbezogene Daten. Des Weiteren bestehen Schnitt­stellen zu Kunden, Lieferanten, Banken und Steuerberatern, um einen direkten Datenaustausch zu ermöglichen.

Während die Marketingaktivitäten zentral durch die Kooperationsgesellschaft Global C GmbH betreut werden, obliegt der Vertrieb noch den jeweiligen Geschäftsführern. 80 % der Kunden haben ihren Sitz in der Region, 20 % innerhalb Deutschlands. Der Exportanteil liegt derzeit noch bei 0 %, soll in naher Zukunft jedoch ausgebaut werden.

Jedes Partnerunternehmen tritt als Generalunternehmen auf, um die Produkte der gesamten Kooperation zu verkaufen. Eine integrierte Kalkulation wird mittels interner Verrechnungspreise ermöglicht. Dennoch stehen die Einzelunternehmen im Wettbewerb zu externen Betrieben, um somit marktgerechte Preise zu gewährleisten. Mittelfristig sollen derzeit noch fehlende Kompetenzen durch einen Ausbau der Kooperation durch neue Partner ergänzt werden. Schon jetzt erfolgt die Herstellung einfacher Bauteile durch kooperationsexterne Unternehmen. Dies führt zu einer Reduzierung der Produktionstiefe und ermöglicht somit eine effiziente Projektbearbeitung mit vergleichsweise geringem Personalbestand.

4.4 Kooperationserfolg

Durch den Zusammenschluss haben es die Unternehmen geschafft, sich auf dem schwierigen Mark des Sondermaschinenbaus zu behaupten. Für die jeweiligen Partnerunternehmen wurde die Kooperation zu der Basis ihrer Existenz. So liegt der Umsatzanteil, der durch Kooperationsprojekte erzielt wird, bei den Einzelunternehmen zwischen 25 % und 50 %.

Trotz weiterhin rückläufiger Umsatzzahlen konnte der Gewinn innerhalb von 2 Jahren verdreifacht werden, was auf die Zusammenlegung der Verwaltung und der damit verbundenen Einsparungen zurückzuführen ist. Die Anzahl der Mitarbeiter blieb seit Kooperationsbeginn mit ca. 30 konstant, Personalabbau konnte entgegen schwieriger Auftragslage vermieden werden.

Die Stärkung der Kapitaldecke führte zu neuen Aktivitäten im Bereich Entwicklung. So wird derzeit ohne konkreten Auftrag eine Sondermaschine für den Bereich der Glasindustrie konstruiert; die hierfür notwendigen Finanzmittel stellen die Kooperationspartner bereit.

Durch die Zusammenlegung der Produktion sowie die Ausgliederung der Verwaltungstätigkeiten wurden die wertschöpfenden Prozesse gestärkt. Die Durchlaufzeiten zur Konstruktion und Herstellung einer Maschine sind gesunken, damit verbunden ist eine bessere Auslastung der Kapazitäten. Somit konnten auch größere Aufträge aus teilweise neuen Märkten akquiriert werden. Investitionen in Hard- und Software ermöglichten eine Vernetzung mit Großkunden, um bestehende Projekte transparent zu gestalten.

Dies förderte das Vertrauen der Kunden in die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Partnerunternehmen. Des Weiteren steigert eine nun vorhandene Konstruktions- und Simulationssoftware die Attraktivität der Unternehmen für potentielle und vorhandene Kunden.

Die Vorstellung der Maschinenbaukooperation Wuppertal zeigt, dass durch eine kooperative Zusammenarbeit klein- und mittelständischer Unternehmen eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und eine damit verbundene Existenzsicherung erzielt werden kann. Inwieweit die Idee einer virtuellen Unternehmung mit der vorgestellten praxisbewährten Kooperation einhergeht, wird im abschließenden Kapitel dargestellt.

5 Resümee

Die in Kapitel 2.2 definierten charakteristischen Merkmale einer virtuellen Unternehmung sollen einen Vergleich mit dem Praxisbeispiel ermöglichen. Zu diesem Zweck werden zunächst die übereinstimmenden Kriterien betrachtet, anschließend folgt die Analyse und Bewertung der abweichenden Merkmale.

Unbestritten handelt es sich bei der Maschinenbaukooperation Wuppertal um einen Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen, die jedoch als Teilhaber der Global C GmbH wirtschaftlich gewisse Abhängigkeiten aufweisen. Mittels einem komplementär arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozesses verfolgen alle Partner ein gemeinsames Ziel. Hierbei konzentrieren sich die Einzelunternehmen auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen. Die Ausgliederung der Verwaltungstätigkeiten ermöglich den Unternehmen einen weitgehenden Verzicht auf Institutionalisierung und Hierarchiebildung. Der Vertrieb erfolgt durch die Einzelunternehmen jeweils im Namen und mit den Produkten der gesamten Kooperation (one face to the market), die Unternehmensgrenzen lösen sich innerhalb der Kooperation zunehmend auf.

Gibt es bei den allermeisten Merkmalen übereinstimmende Sachverhalte, so ist doch eine wesentliche Abweichung festzustellen.

Die Idee einer virtuellen Unternehmung wird gestützt durch den Gedanken der t emporären, projektbezogenen Konfiguration, die durch die Nutzung moderner IuK – Technologie möglich werden soll.

Die derzeitige Struktur der Maschinenbaukooperation ist jedoch auf Dauer ausgelegt, die Abhängigkeiten der Einzelunternehmen lassen wechselnde Konfigurationen der Netzwerkpartner nicht zu. Dies wird durch den gemeinsamen Standort untermauert, der eine Nutzung moderne IuK – Technologie nur sekundär erforderlich macht. Dass diese wesentliche Eigenschaft einer virtuellen Unternehmung von der praxisbewährten Kooperation bewusst ausgeschlossen wurde, fokussieren die Schwierigkeiten einer virtuellen Zusammenarbeit. Die ad-hoc – Bildung von Unternehmensnetzwerken setzt neben standardisierter IuK – Technologie ein großes Vertrauen aller beteiligten Unternehmen in die jeweiligen Partner voraus. Die durch traditionelles Vertragsrecht geprägten KMU lassen eine solch offene Denkweise derzeit kaum zu, vielmehr steht der Mittelstand den modernen Kooperationenformen eher misstrauisch gegenüber. Dieser Sachverhalt bedingt in den Unternehmen zunächst die Schaffung einer neuen Vertrauenskultur, um virtuelle Kooperationen auf Basis minimaler Transaktionskosten realisieren zu können.

Zusätzlich fehlt es vielen klein- und mittelständischen Unternehmen an notwendigem Kapital und Know-how, um moderne IuK – Technologie beschaffen und effizient anwenden zu können. So verwundert es nicht, dass die meisten bereits existierenden virtuellen Unternehmen aus dieser Branche sind, da Kompetenz und Systeme dort vorhanden sind. Wie im Kapitel 2.3 bereits beschrieben, stellt das Internet eine adäquate Lösung für KMU dar, dessen Akzeptanz auch im Mittelstand immer größer wird.

Ohne Frage sind hybride Kooperationen für KMU gute Optionen zur erforderlichen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Heutige Unternehmenskulturen lassen jedoch eine strikt marktliche Ausrichtung im Sinne einer virtuellen Unternehmung nicht zu. Zur Etablierung dieser Kooperationsform ist zunächst die Entwicklung neuer Vertrauenskulturen notwendig.

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Fin de l'extrait de 29 pages

Résumé des informations

Titre
Die Kooperationsform des virtuellen Unterenhmens als Möglichkeit zur Stärkung der Markt- und Wettbewerbsposition für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU)
Université
University of Applied Sciences Hamburg
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
29
N° de catalogue
V111155
ISBN (ebook)
9783640092475
Taille d'un fichier
943 KB
Langue
allemand
Mots clés
Kooperationsform, Unterenhmens, Möglichkeit, Stärkung, Markt-, Wettbewerbsposition, Unternehmen
Citation du texte
Thomas Kempff (Auteur), 2006, Die Kooperationsform des virtuellen Unterenhmens als Möglichkeit zur Stärkung der Markt- und Wettbewerbsposition für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111155

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