Bildung und Körper in der NS Pädagogik


Dossier / Travail de Séminaire, 2005

22 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hitlers Pädagogik

3. NS Pädagogen
3.1 Ernst Krieck
3.2 Alfred Baeumler

4. Jugendorganisationen der NSDAP
4.1 Jungenerziehung in der HJ
4.2 Mädchenerziehung in der HJ
4.1.2 Das BDM Werk „Glaube und Schönheit“

5. Conclusio

6. Literatur

Bildung und Körper in der NS Pädagogik

1. Einleitung

NS Pädagogik lässt sich anders als andere pädagogische Strömungen zeitlich recht gut abgrenzen. Vor allem das Ende der NS Pädagogik ist sehr gut greifbar. Mit dem Ende des 2. Weltkriegs endete auch die NS Pädagogik. Dies bedeutet nicht, dass sich einige Elemente dieser Pädagogik in der Pädagogik eines Nachkriegsdeutschland wiederfanden, aber die offizielle NS Pädagogik endete am 7. bzw. 9 Mai 1945 mit der deutschen Kapitulation gegenüber den Alliierten Mächten. Danach folgte - auf Anweisung der Alliierten- eine Neuorientierung von Erziehung und Erziehungswissenschaft. „ Dieser Neuorientierung dienten nach Kriegsende etwa die Zwangsinternierung und Ausschaltung der Hauptverantwortlichen, in diesem Falle insbesondere Baeumler und Krieck...„...die Außerkraftsetzung national-sozialistischer Erlasse, Richtlinien, Lehrpläne und Schulbücher “ sowie „ die Auflösung spezifisch nationalsozialistischer Schulen “.[1]

Der Beginn der NS Pädagogik lässt sich weniger klar abgrenzen. Lediglich die Deutschlandweite programmmäßige Umsetzung dieser Pädagogik begann mit der Machtübernahme 1933.

Wie in vielen anderen Bereichen, übernahmen die Nationalsozialisten für ihre Pädagogik bereits bestehende Konzepte und vermengten diese so, wie es für ihre Zwecke nützlich erschien. Ähnlich wie der nationalsozialistische Staats- und Parteiapparat, war auch die Pädagogik dieser Zeit kein homogenes Gebilde. Verschiedene Konzepte und Ideen standen sich gegenüber, teilweise auch in Konkurrenz zu einander.

Das Bindeglied dieser Pädagogik war, wie in vielen anderen Fällen auch, Adolf Hitler. Er war in Deutschland zwischen 1933 und 1945 das Maß aller Dinge und verschiedene Pädagogen orientierten sich an ihm und richteten ihre pädagogischen Konzepte an der nationalsozialistischen Ideologie aus.

Während seiner Festungshaft in Landsberg verfasste Adolf Hitler 1924 sein 1925/26 veröffentlichte zweibändige, teils biographische Werk, „ Mein Kampf “. Obgleich es aus der Frühzeit der NS Bewegung stammt, wurden die Inhalte dieses Werkes nie revidiert[2] und bildeten auch in Erziehungsfragen vielfach die Grundlage, an welcher sich NS Pädagogen orientierten. In dieser Hausarbeit möchte ich in erster Linie auf die Erziehungskonzepte der NS Zeit und die Rolle des Körpers in diesem Zusammenhang eingehen. Eine andere Möglichkeit, sich dem Thema „ Bildung und Körper “ zu nähern wäre über die Rassenideologie der NS Zeit gewesen. Diese Rassenideologie bildete vielfach eine Legitimation für Gewalt gegen Volksgruppen und Menschen, die nicht in das anthropologische vorgegebene Schema passten. Sie war aber auch ein wichtiges Element der Erziehung in der NS Zeit. Aus diesem Grund möchte ich kurz auf diese Rassenideologie eingehen, bevor ich zu der Vorstellung der einzelnen Erziehungskonzepte übergehe.

Der Rassebegriff und die Rassenideologie waren, als Hitler „ Mein Kampf “ schrieb, keine neuen Ideen oder Begriffe. Vielmehr spiegelten sie einen Zeitgeist wieder, der vor allem um die Jahrhundertwende aktuell war. Hitler bezog sich hierbei in erster Linie auf zwei Autoren: auf Joseph Arthur Graf Gobineau und auf Housten Stewart Chamberlain.[3] In seinen Rassenvorstellungen unterschied Hitler zwischen Herrenvölkern und Sklavenvölkern, wobei letztere kulturunfähige und kulturschädigende Rassen seien. „ Den Herrenvölkern ordnet er die sogenannten Arier, insbesondere die Germanen, zu, den Sklavenrassen die Slawen, Neger, Indianer und vor allem die Juden“. [4] Um eine Rasse überlebensfähig zu halten, müsse darauf geachtet werden, dass die Rassen sich nicht vermischen. Der Begriff, den er hierfür verwendet ist die „ Rassenhygiene “. Unter diesen Begriff der Rassenhygiene fallen auch Menschen mit Behinderungen oder Menschen, die aus irgendwelchen anderen Gründen nicht der Norm entsprechen. Diese Menschen sollten keine Kinder zeugen dürfen.[5]Der menschliche Zeugungsakt verkommt dabei zum Teilelement eines Zuchtprogramms, vergleichbar dem von Hunden, Pferden und Katzen “.[6] Der Weg zu einer gesunden Volkgemeinschaft führte über die Zucht und Auslese.[7]

Der Grundstein der NS Pädagogik wurde also bereits in den 1920er Jahren gelegt, zur praktischen Ausführung konnte man jedoch erst nach der Machtübernahme 1933 schreiten.

Als die Nationalsozialisten im Januar 1933 an die Macht kamen, bedeutete dies eine Umwälzung auf mehreren Ebenen. Nicht nur, dass die demokratischen Mittel der Weimarer Republik immer mehr demontiert wurden und die Nationalsozialisten nach und nach immer tiefer in das Leben jedes einzelnen einzudringen versuchten. Jeder einzelne sollte umerzogen werden, seine alten Lebensgewohnheiten hinter sich lassen und sein ganzes Leben an der NS-Ideologie ausrichten. Eine besondere Rolle spielte hierbei die Jugend. Sie war leichter beeinflussbar und formbar als die Erwachsenen. Die Nationalsozialisten sahen in der Jugend die Generation, welche die nationalsozialistische Idee vollenden sollte. Auch Pädagogen schwenkten auf diese neue Erziehungslinie ein und entwickelten Konzepte, wie die Jugend „heranzuzüchten“ sei. Diese Konzepte und ihre Autoren sollen im Folgenden vorgestellt werden. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf die Rolle des Körpers und dessen Gewicht in dem Konzept gelegt werden. Nach der Vorstellung dieser Konzepte und ihrer Untersuchung in Bezug auf die Körperrolle, werde ich auf die Erziehungspraxis eingehen, denn diese Entwürfe blieben nicht reine Theorie, sondern wurden sehr schnell auch in die Praxis ungesetzt.

2. Hitlers Pädagogik

Beginnen möchte ich mit einigen Zitaten des Mannes, der wie bereits erwähnt, im Deutschland zwischen 1933 und 1945 das Maß aller Dinge war.

Die Jugend und auch ihre Erziehung waren ein wichtiger Teil der nationalsozialistischen Ideologie. Alle NS Pädagogen richten ihre Pädagogik an dieser Ideologie aus. Alle NS Pädagogen versuchen mit ihren Theorien der NS Ideologie gerecht zu werden. Auch Theorien die schon vor 1933 bestanden (etwa bei Krieck) wurden nach 1933 auf diese Ideologie hin ausgerichtet.

Hitler hatte sehr konkrete Vorstellungen wie Erziehung im NS-Staat auszusehen hatte und welche Ziele sie verfolgen sollte. In dem 1940 von Hermann Rauschnik erschienen Buch „Gespräche mit Hitler“ wird dieser wie folgt zitiert:

„Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, von der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich. Jugend muss das alles sein. Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein. Das freie herrliche Raubtier muss erst wieder aus ihren Augen blitzen. Stark und schön will ich meine Jugend. Ich werde sie in allen Leibesübungen ausbilden lassen. Ich will eine athletische Jugend. Das ist das Erste und Wichtigste Ich will keine intellektuelle Erziehung. Mit Wissen verderbe ich mir meine Jugend Aber Beherrschung müssen sie lernen. Sie sollen mir in den schwierigsten Proben die Todesfurcht besiegen lernen“[8]

Als Ideal seiner Erziehung sah Hitler das „ Heranzüchten kerngesunder Körper “. [9] Hitler ging davon aus, dass „ ein zwar wissenschaftlich wenig gebildeter, aber körperlich gesunder Mensch mit gutem, festem Charakter, erfüllt von Entschlussfreudigkeit und Willenskraft,“ für die Volksgemeinschaft wertvoller sei „ als ein geistreicher Schwächling “. [10] Bereits 1926 legte Hitler in „ Mein Kampf “ die Maxime seiner Erziehung fest:

„Der völkische Staat hat in dieser Erkenntnis seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper zu legen. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als Letztes die wissenschaftliche Schulung.„[11]

An solchen Aussagen erkennt man welche Bedeutung die Jugend und deren Formung für das nationalsozialistische System hatte. Die Jugend galt als hoffnungsvoller Träger des nationalsozialistischen Gedankens. Um das Dritte Reich auf Dauer installieren zu können, sah man eine starke Notwendigkeit in einer Prägung der Jugend auf nationalsozialistisches Gedankengut und eine gleichzeitige Aus- bzw. Gleichschaltung nicht nationalsozialistischer Jugendorganisationen.

Hitler proklamiert dies in einer seiner Reden mit den folgenden Worten:

„Diese Jugend, die lernt ja nichts anderes als deutsch denken , deutsch handeln, und wenn diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisation hineinkommen und dort oft zum ersten Male überhaupt eine frische Luft bekommen und fühlen, dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk in die Hitlerjungend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre, und dann geben wir sie erst recht nicht zurück in die Hände unserer alten Klassen und Standeserzeuger, sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder in die SS, in das NSKK usw. Und wenn sie dort zwei Jahre oder eineinhalb sind und noch nicht ganze Nationalsozialisten geworden sein sollten, dann kommen sie in den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs und sieben Monate geschliffen, alles mit einem Symbol, dem deutschen Spaten. Und was dann nach sechs oder sieben Monaten noch an Klassenbewusstsein oder Standesdünkel da oder da noch vorhanden sein sollte, das übernimmt dann die Wehrmacht zur weiteren Behandlung auf zwei Jahre und wenn sie nach zwei, drei oder vier Jahren zurückkehren, dann nehmen wir sie, damit sie auf keinen Fall wieder rückfällig werden, sofort wieder in die SA, SS usw. und sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben“[12]

Die nationalsozialistischen Erziehungsziele, die vor allem von Adolf Hitler, aber auch von zahlreichen weiteren Personen (z.B. Alfred Baeumler oder Baldur von Schirach) geprägt wurden, gründeten sich auf Hitlers allgemeine Vorstellung von Gesellschaft und Politik. Aus dem Gedanken des Sozialdarwinismus wurde das Erziehungsziel abgeleitet, dass es auf das Heranzüchten gesunder Körper und auf die Ausbildung eines Charakters mit starker Willens- und Entschlusskraft ankommt. Auch eine „f anatische Nationalbegeisterung “ sollte der Jugend „ eingeimpf t“ werden. Als weiteres Erziehungsziel wurde von Hitler ein „ unverdorbenes Geschlecht “ propagiert, das bewusst wieder zurückfindet zum „ primitiven Instinkt “.[13]

3. NS Pädagogen

Wie bereits angesprochen versuchten viele Erziehungswissenschaftler ihre Konzepte der NS Ideologie anzugleichen. Gleichzeitig wurden Konzepte für die Umsetzung der rassischen Weltanschauung entwickelt. Ich habe im folgenden zwei Männer herausgegriffen, die als die Hauptvertreter der NS Pädagogik gelten. Wie im dritten Reich allgemein der Fall, spielten Frauen auch in der Pädagogik eine untergeordnete Rolle, sodass es keine namhaften NS Pädagoginnen gab, bzw. ich zumindest während meiner Vorbereitung für dieses Thema nicht auf welche gestoßen bin.

3.1 Ernst Krieck

Ernst Krieck (1882- 1947) wurde 1933/34 erster nationalsozialistischer Direktor an der als besonders „ verjudet “ geltenden Frankfurter Universität[14].

Ursprünglich war Krieck Volksschullehrer. 1931 trat er, inzwischen als Hochschullehrer an der Pädagogischen Akademie Frankfurt a. M., dem von Alfred Rosenberg gegründeten „ Kampfbund für Deutsche Kultur “ bei. Im Frühjahr 1932 trat er in die NSDAP ein.[15]

Mit Kriecks Amtsantritt an der Universität begannen nationalsozialistische Verfolgungen und Entlassungen. Er verwies hierbei auf die neue Funktion der Universität. Ihr Ziel sei es eine „ soldatische und militante Wissenschaft “ zu entwickeln und „ eine politische Hochschule “ zu werden.[16].

Bereits in den 20er Jahren hatte er sich mit Erziehungswissenschaft befasst und ein eigenes Modell entwickelt.

Sein erstes Werk „ Philosophie der Erziehung “ (1922) machte ihn über Nacht berühmt. In diesem Werk beschritt er für die damalige Zeit ganz neue Wege.

Nicht das, was Kinder absichtsvoll lernen “ (durch Eltern, Lehrer...) ist entscheidend für die Erziehung, sondern, wie die Kinder in einer sozialen Gemeinschaft aufwachsen.[17] Durch Gemeinschaften werden keine Individuen geformt, sondern Typen, d.h. es wird versucht, den Einzelnen nach dem kollektiven Leitbild zu prägen.[18] Diesen Prozess nennt Krieck „ Zucht “.[19] Dies ist nicht biologisch zu sehen, „ sondern beruht auf der Prägung durch Sitten und Normen der jeweiligen Gemeinschaft.[20] All dies nennt er „ funktionale Erziehung “.[21]

In diesen Gemeinschaften herrscht jedoch in der Regel keine Gleichberechtigung zwischen den Gliedern. Als „ Urzelle der Gemeinschaftsbildung und des Gemeinschaftslebens[22] sieht Krieck die Familie, denn sie trägt als Keim die Grundlagen für alle anderen Gemeinschaften in sich. Die höchste Gemeinschaft ist das Volk, also die Volksgemeinschaft.[23] Die Gemeinschaft, die Krieck vorschwebte existierte für ihn jedoch noch nicht. Um diese zu erreichen, bedürfte es einer politischen Neuordnung. In der nationalsozialistischen Bewegung sieht er dann einige Jahre später ebendiese Bewegung, die diese Neuordnung zustande bringen kann.

Aus den Theorien in „ Philosophie und Erziehung “ lassen sich fünf Hauptinhalte ableiten die für die damaliger Zeit neu waren.

- Als erste Erkenntnis kommt Krieck zu dem Schluss, dass der Erzieher weniger wichtig für die Entwicklung eines Kindes sei, als bislang angenommen.

- Der Zweite Hauptinhalt seiner Theorie war, dass man bei der Erziehung keine Individualpädagogik betreiben kann, da das Kind Teil eines Kollektivs, einer Gemeinschaft ist.

- Wichtig bei der Erziehung sei die Gemeinschaft, also der soziale Kontext.

- Als vierten Punkt führt Krieck an, dass sich Erziehung nicht nur auf Kinder sondern auch auf Erwachsene beziehen muss; „ Alle erziehen alle, jederzeit “.

- Sein fünfter Punkt richtet sich an die Erziehungswissenschaftler und ihre Herangehensweise an das Thema Erziehung. Nicht die Absichten der einzelnen Erzieher seien zu untersuchen, sondern die Wirkungen die von den einzelnen Gemeinschaften ausgehen.[24]

Im Jahr 1932 schreibt Krieck das Buch „ Nationalpolitische Erziehung “, „...das für die nächsten Jahre zu einer politisch-pädagogischen Bibel für nationalsozialistisch orientierte Lehrer und Studenten werden sollte “.[25]

Diese Beginnt mit dem Satz:

Das Zeitalter der reinen Vernunft, der voraussetzungslosen und wertfreien Erziehung ist beendet[26].

Wissenschaft müsse von nun an politisiert werden. Er sieht Erziehung als Züchtung und Formung nach dem Prinzip der Gefolgschaft und der Treuebindung an den Führer, der autoritativen Gestaltung durch Lenkung.[27]

Das Ziel von Kriecks Pädagogik ist der „ Erziehungsstaat “.[28] Hier erfolgt auch die Zuwendung zum Nationalsozialismus. Er war der Ansicht, dass die „ nationale Bewegung “ Hitlers die „ einzige politische Gruppe in der Weimarer Republik...“ sei, „...die sich bereitwillig zu den Idealen der „konservativen Revolution“ bekennt und zugleich den nötigen Machtinstinkt besaß den „revolutionären Akt“ zu vollziehen “.[29] Im Nationalsozialismus fand er ein „ Zuchtsystem “ unerbittlicher Härte, wie er es für die deutsche Erziehung gefordert hatte. In der Folgezeit gleicht er seine Pädagogik der NS-Ideologe an. Sein Zuchtbegriff wird, im krassen Gegensatz zu seiner alten Auffassung, im „biologisch rassischen“ Sinn verwendet. Durch Rassenauslese und Zucht sollte eine neue „s taatstragende Schicht “ herausgebildet werden. Diese sollte eine neue Weltordnung ermöglichen.[30]

Giesecke ist der Ansicht, dass Kriecks Zuwendung zum Nationalsozialismus teilweise auch auf eine Fehleinschätzung zurückgeht und, dass dieser als er sich dieser Sache bewusst wurde, sich wieder hiervon zu distanzieren versuchte. Bis zur Machtergreifung war die Bewegung Hitlers ideologisch und vor allem in Hinblick auf kulturelle Ziele wenig festgelegt. Krieck hoffte hier die Chance zu erhalten eine Lücke füllen und seine Vorstellungen zur Geltung zu bringen zu können.[31]

Einen weiteren Grund für die Zuwendung Kriecks zum Nationalsozialismus begründet Giesecke mit der Faszination der „ bewegten Masse “. Er ließ sich, wie auch viele andere Intellektuelle seiner Zeit von der „...ästhetischen Faszination, die vom Massenkult der Hitlerbewegung ausging... “ mitreißen.[32] So hatte er etwa schon in der „ Philosophie der Erziehung “ 1922 die rauschhafte Massensuggestion politischer Versammlungen als einen „ Erziehungsfaktor ersten Ranges “ bezeichnet.[33]

Ab Ende der dreißiger Jahre ging der Einfluss Kriecks stark zurück; seine 1936 und 1937 erschienene dreibändige „Völkisch-politische Anthropologie“ fand in Parteikreisen nur wenig Resonanz.“[34]

Bis 1945 lehrte Krieck in Heidelberg. 1947 verstarb er in einem Internierungslager der US-Amerikaner.[35] Einige Jahre nach seinem Tod wurde er entnazifiziert, was Giesecke damit erklärt, dass ihm wohl persönlich keine Unrechtstaten nachgewiesen werden konnten.[36]

Eine Schwäche an dem Konzept Kriecks war, dass es wenig konkret war. Er beschränkte sich vielfach darauf, das bestehende Denken zu kritisieren ohne jedoch konkrete Änderungsmöglichkeiten oder Umsetzungsmöglichkeiten in seinem Konzept anzubieten. „ Kriecks Ansehen beruhte vor allem in seiner Funktion als „Sinn-Lieferant“ für junge, geistig einigermaßen anspruchsvolle Intellektuelle, die sich gerne für die neue Elite halten wollten und dafür ein Abgrenzungskriterium gegenüber den „Spießern“ brauchten. Zudem verfügte Krieck offenbar über eine erhebliche persönliche Ausstrahlung, ein Charisma “.[37]

Auch in Bezug auf die Körperrolle in der Erziehung ist es sehr schwer bei Kriecks „ nationalpolitischen Erziehung “ konkrete Anhaltspunkte für deren Stellenwert zu finden.

Anders verhält es sich bei Alfred Baeumler. In Teilen seiner Konzeption wird die Rolle von „ Bildung und Körper “ wesentlich deutlicher und bezieht sich konkret auf die praktische Umsetzung im Dritten Reich.

3.2 Alfred Baeumler

Baeumler (1887-1968) wurde im Frühjahr 1933 auf den neugeschaffenen Lehrstuhl für politische Pädagogik an der renommierten Berliner Universität berufen. Wie auch Krieck stand er der NSDAP schon lange nahe, obwohl er ihr erst am 1. Mai 1933 beitrat.[38]

Ihm unterstand nach 1933 unter anderem die deutsche Hochschule für Leibesertüchtigung und er war der Herausgeber zweier führender NS Zeitschriften („ Internationale Zeitschrift für Erziehung“, „Weltanschauung Schule “)

Vor 1933 hatte Baeumler sich kaum mit erziehungswissenschaftlichen Problemen befasst. Er hatte jedoch ausgiebige geisteswissenschaftliche Studien betrieben. In einer Nietzsche Interpretation hatte er das Leitbild des deutschen Menschen entworfen. Hieraus entsteht dann auch sein pädagogisches Programm.[39] Im Unterschied zu Kriecks zahlreichen Veröffentlichungen beschränken sich Baeumlers Beiträge zur Pädagogik auf drei relativ schmale Sammelbände mit Aufsätzen, von denen die meisten als Vorträge gehalten wurden.[40]

In einem Vortrag über den „ Sinn des Großen Krieges“ (gemeint ist der 1. Weltkrieg) aus dem Jahr 1929 präsentiert er seinen Männerbündischen Germanismus.

Er differenziert die Erziehung grundsätzlich nach Geschlechtern. In seiner Erziehungstheorie spielen lediglich Männer eine tragende Rolle. Mädchen sollen entsprechend ihrer späteren Aufgabe als Hausfrau und Mutter erzogen werden.

Nach Baeumler ist der Staat, anders als das Volk oder die Familie, nicht organisch gewachsen, sondern geschaffen durch die Taten und die „ Vereinigung freier Männer “.[41] Der einzige geeignet Ort für staatsbezogene Erziehung ist der „ Männerbund “. Hierbei könne man nach einer Umorientierung der schon Bestehenden Bünde (Heer, Freicorps, Bünde der Jugendbewegung, Sportvereine) auf diese zurückgreifen.[42] Hier könnte dann Erziehungsarbeit gemäß dem deutschen Charakter stattfinden. Für Baeumler ist der Deutsche dem Charakter nach ein „ heroisch - aktiver Mensch “, ein Soldat.[43] Dieser männlich-heroischen Welt steht die wirtschaftlich materialistische Lebenswelt gegenüber. Hierunter versteht Baeumler die urbane Kultur, die die Menschen einsam und selbstsüchtig macht. Unter diese urbane Kultur fallen Genüsse aller Art, so etwa auch Literatur und Theater, Wissenschaft und Kunst.[44] Nach Baeumler erfolgt die Hinführung des jungen Mannes zur urbanen Kultur durch das Weib, das den Mann von der Bindung an Seinesgleichen fernhalte.[45]

In der Erziehung sollte deshalb sowenig Kommunikation wie möglich zwischen den Geschlechtern stattfinden. Nach Baeumler sollen „ die Geschlechter sich nur noch auf Festen begegnen, die von Frauenorganisationen im Rahmen der deutschen Leibesübungen stattfinden.“[46]

Im Nationalsozialismus sah Baeumler die Rückkehr des germanischen Geistes zu sich selbst. Er sah Hitler in erster Linie nicht als „ politischen Ideologen “, sondern als einen „ politischen Aktivisten “, „ einen Mann der Tat “. Er sollte nach Baeumler der Staatsmann sein, der „ als kühner Führer über streitbare Männer gebietet und weitgesteckten Zielen nachjagt“, der ohne Skrupel bereit war „ große Politik “ zu machen.[47]

Obgleich Baeumler in seinem Männerbündischen Germanismus die Wissenschaften und die Künste nicht zum Wesensmerkmal deutschen Charakters zählt, war Bildung seiner Meinung nach auch für den Nationalsozialismus unverzichtbar.[48] In einem Aufsatz über Bildung rechtfertigt er dies. „ Bemerkenswert ist dieser Beitrag deshalb, weil Baeumler den Bildungsbegriff der individuellen geistigen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zuweist, obwohl er sich damit dem Verdacht aussetzt, an den verpönten liberalistischen Individualismus anzuknüpfen “.[49] Bildung, vor allem die Individuelle, sieht er unabdingbar für eine funktionierende Gemeinschaft.

In diesem Beitrag befasst er sich auch mit der Bildbarkeit des Menschen. Diese sei nicht unbeschränkt, sondern durch den Charakter des Menschen bestimmt. „ Der Charakter sei aber anlagebedingt und nicht einfach aus Umwelteinflüssen erklärbar. Er gebe die Grundrichtung, aber eben auch die Grenzen der menschlichen Bildbarkeit an.“[50] Um jedoch den Charakter eines Menschen zur Entfaltung zu bringen sei Bildung unabdingbar.

Nach dem Krieg verlor Baeumler ähnlich wie Krieck seine Professur und war drei Jahre in verschiedenen Lager interniert. In dieser Zeit befasst er sich intensiv mit dem NS Regime und vor allem der Person Adolf Hitler. Über Adolf Hitler schreibt er: „ Was mich an Hitler überzeugte, war, dass er nirgends stehen blieb, mit nichts paktierte. Das, meinte ich, konnte er nur, weil er wirklich etwas Neues, Positives sah, zu den Quellen zurückging. Dass er überhaupt nichts sah, konnte ich mir nicht vorstellen. Seine Unbestimmtheit in Bezug auf die Zukunft hielt ich für politische Klugheit.“[51]

Anders als viele andere Hochschullehrer, die nach dem Krieg wieder in die Universitäten zurückkehren konnten blieb Baeumler isoliert. In ihm sah man den Prototyp des deutschen Wissenschaftlers, der sich der Hitler Bewegung verschrieben hatte.

Baeumler befasste sich sein restliches Leben immer wieder mit seiner NS Vergangenheit und distanziert sich auch von seinem „ Germanismus “. In einem Brief an Manfred Schröter schreibt er im Jahr 1950:

Alles was ich jemals für Hitler und sein System gesagt habe, erkläre ich als Irrtum und WahnIch erkläre diesen Germanismus für einen verhängnisvollen Irrtum, und alles, was ich daraus gefolgert habe für falsch“.[52]

Baeumler starb 1968 in Eningen bei Reutlingen.

In einem Vierten Punkt möchte ich nun auf die praktische Durchsetzung von Erziehung im dritten Reich eingehen. Ich beziehe mich in diesem Punkt jedoch lediglich auf die Jugendorganisationen der NSDAP, da hier das Regime seinen größten Einfluss auf die Erziehung hatte.

4. Jugendorganisationen der NSDAP

Die Nationalsozialisten versuchten die Familie und auch die Schule aus Erziehungsaufgaben herauszudrängen. So früh wie möglich sollten die der NSDAP angeschlossenen Jugendorganisationen Teile der Erziehung der Kinder und Jugendlichen übernehmen und somit den Einfluss der Eltern zurückdrängen.[53] Ähnlich wurde bei der Schule verfahren. Die schulische Erziehung musste immer weiter hinter der der HJ zurücktreten. Hauptlerninhalte der Schule wurden Deutsch, Geschichte (auf das Regime zugeschnitten), Biologie (Rassenlehre) und Leibesertüchtigung[54].

In den der NSDAP angeschlossenen Jugendorganisationen war die Erziehung nach Geschlechtern getrennt.

Im Jahr 1922 wurde der von Hitler initiierte „ Jugendbund der NSDAP “ gegründet.[55] In dieser Anfangszeit der Nationalsozialistischen Jugendbewegung herrschten weder einheitliche Zielsetzungen noch einheitliche ideologische Prägungen der einzelnen Ortsgruppen untereinander. Nach dem Putschversuch von 1923 in München wurde im Zusammenhang mit dem Verbot der NSDAP auch der „ Jugendbund der NSDAP “ verboten.[56] Nach der Neugründung der nationalsozialistischen Jugendbünde 1925/26 wurden diese 1926 in „ Hitler Jugend “ umbenannt.

Hitlers Ziel nach 1933 war es, ein Monopol als einzige Jugendbewegung im Dritten Reich zu erlangen.[57] Nach der Machtergreifung wurden alle anderen Jugendorganisationen entweder verboten oder in die HJ aufgenommen. 1939 war dieses Ziel dann auch faktisch erreicht. Von den 8.870.000 Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren im Deutschen Reich waren 8.7 Millionen HJ Mitglieder.[58] Seit 1931 war Baldur von Schirach „ Reichsjugendführer der NSDAP “ und somit faktisch nach 1933 für die gesamte Jugendarbeit im Deutschen Reich zuständig.[59]

Die Hitlerjugend war streng gegliedert nach Geschlecht und Altersgruppen. Die 10-14 jährigen Jungen gingen in das „ Deutsche Jungvolk “(Pimpfe), die 14-18 jährigen Jungen in die Hitlerjugend. Bei den Mädchen war diese Einteilung ähnlich. Die 10-14 jährigen Mädchen gingen zu den „ Jungmädel “, die 14-18 jährigen in den „ Bund Deutscher Mädel “ und für die 18-21 jährigen Frauen bestand die Möglichkeit dem BDM-Werk „ Glaube und Schönheit “ beizutreten.[60]

Seit 1939 war die Mitgliedschaft in der HJ für Jugendliche über 10 Jahren Pflicht.[61] Nach Aussagen der Hitlerjugend waren durch diese Maßnahme Anfang 1939 ca. 98 % aller Jugendlichen formelles Mitglied der HJ.

Offiziell herrschte in der HJ, wie in anderen Jugendverbänden das Prinzip „Jugend führt Jugend“, in der Realität standen an der Spitzte jedoch erwachsene Parteifunktionäre der NSDAP.[62]

4.1 Jungenerziehung in der HJ

Die HJ definierte ihre Ziele neben der immer wieder geforderten Härte, als Gefolgschaftstreue und Kameradschaft, Pflichterfüllung und Gehorsam, Willensstärke und Angriffslust sowie körperlich Leistungsfähigkeit.[63] Das Hochschätzen von Wissen oder von moralischen Normen wurde abgelehnt. Das auffallendste Merkmal der HJ war die Uniformierung, was jedoch nicht von der HJ erfunden wurde, sondern in anderen Jugendverbänden schon eine lange Tradition hatte. Der sogenannte „ Dienst “ fand zwei bis dreimal die Woche statt. Samstag war hierbei ein typischer Veranstaltungstag.[64] Der Dienst bestand aus gemeinsamen Marschieren, Exerzieren, Sammeln für das Winterhilfswerk, gemeinsame Heimabende, Geländespiele, Sportwettkämpfe[65] und der Einsatz in Sondereinheiten (Marine HJ, Motor HJ, Flieger HJ, Nachrichten HJ). Hinzu kamen verschiedene Fahrten und Jugendlager. Dabei wurde versucht, die Kosten für diese Veranstaltungen möglichst niedrig zu halten, so dass wirklich alle Jugendlichen aller Schichten mitfahren konnten.[66]

Inhaltliche Schwerpunkte der HJ Erziehung war die körperliche Ertüchtigung, weltanschauliche Schulung und eine vormilitärische Prägung. Durch die HJ wurden verschiedene Sportgruppen und Wettkämpfe veranstaltet, wie der „Reichsportwettkampf“, bei dem jährlich ca. 19 Millionen Kinder und Jugendliche teilnahmen.[67] Ab 1936 wurde die vormilitärische Schulung verstärkt.[68] Hitlerjungen und selbst Pimpfe lernten wie selbstverständlich den Umgang mit Gewehren und wurden mit Kriegssicherungsmaßnahmen vertraut gemacht.[69]

Eine weiteres Ziel der HJ war es die Jugendlichen für die nationalsozialistischen Ideen wie die Volksgemeinschaft zu gewinnen. Deshalb wurden viele Aktivitäten durchgeführt die das Gemeinschaftsgefühl wecken sollten.

Ein offiziell gewünschter Tagesablauf in einem HJ Lager sah z.B. wie folgt aus: „ Wecken- Geländelauf- Flaggenhissen- weltanschaulicher Vortrag- Leibesübungen bis zum Mittag – dann nach kurzer Pause wieder Leibesübungen- Geländesport- Luftgewehrschiessen- abends Flaggenappell- Lagerfeuer – Zapfenstreich “.[70]

Zum Konzept der HJ gehörte auch die Gesundheitserziehung. „ Das Jahr 1939 wurde zum Jahr der Gesundheit proklamiert. Schirach erfand dafür im Rahmen von „Zehn Geboten“ das Moto: Du hast die Pflicht gesund zu sein! Die zehn Gebote lauteten:

1. Dein Körper gehört Deiner Nation, denn ihr verdankst Du Dein Dasein. Du bist ihr für Deinen Körper verantwortlich.

2. Du musst dich stets sauber halten und deinen Körper pflegen und üben. Licht, Luft und Wasser helfen Dir dabei.

3. Pflege Deine Zähne. Auf ein kräftiges, gesundes Gebiss kannst du stolz sein.

4. Iß reichlich Obst, rohe Salate und Gemüse, nachdem Du sie gründlich mit sauberem Wasser gereinigt hast. Im Obst sind wertvolle Nährstoffe enthalten, die beim kochen verloren gehen.

5. Trink flüssiges Obst. Lass den Kaffee den Kaffeetanten, du hast ihn nicht nötig.

6. Meide Alkohol und Nikotin, sie sind Gifte und hemmen Dein Wachstum und Deine Arbeitskraft.

7. Treibe Leibesübungen! Sie machen Dich gesund und widerstandsfähig.

8. Du musst jede Nacht mindestens neun Stunden schlafen.

9. Übe Dich in der „Ersten Hilfe“ bei Unglücksfällen. Du kannst dadurch der Lebensretter Deiner Kameraden werden.

10. Über all Deinem handeln steht das Wort: Du hast die Pflicht gesund zu sein!“[71]

Viele dieser Gebote haben durchaus auch heute noch ihre Gültigkeit und können bedenkenlos im Selbstversuch angewannt werden. Ein Erziehungsziel in der HJ wird jedoch in diesen Geboten sehr deutlich. Es ging um das „ Heranzüchten kerngesunder Körper[72].

4.2 Mädchenerziehung in der HJ

Erziehung sollte im NS-System dazu dienen, die Jugendlichen auf ihre spätere Rolle in der Gesellschaft (Volksgemeinschaft) vorzubereiten. Die Aufgabe der Frau war es in erster Linie Mutter zu sein.[73] Darüber hinaus wurde ihr zugestanden, Kampfgefährtin des Mannes zu sein. Adolf Hitler fasst dies so zusammen: „ Wir sehen in der Frau die ewige Mutter unseres Volkes und die Lebens-, Arbeits- und auch die Kampfgefährtin des Mannes“.[74]

Auf diese Aufgaben sollte die Mädchenerziehung vorbereiten. In der Erziehung gibt es jedoch Widersprüche. So gab es innerhalb des Jungmädeldienstes und des BDM neben hauswirtschaftlichen Schulungen ebenso militärische Elemente wie in der HJ. Viele Veranstaltungen hatten militärischen Drill, Mädchen marschierten wie Jungen, trugen militärisch anmutende Uniformen usw.

Grundsätzlich waren die Inhalte von BDM und HJ sehr ähnlich:

Körperliche Ertüchtigung, weltanschauliche Schulung, Kulturarbeit, soziale Einsatzbereitschaft sowie Lagerleben und Fahrten.[75]

Im BDM wie auch in der männlichen HJ wurde der sportlichen Aktivität viel Zeit eingeräumt. Körperliche Ertüchtigung wurde regelmäßig in der BDM durchgeführt. Wie in der HJ wurden Leistungsabzeichen und der Reichssportwettkampf durchgeführt. Ziele dieser sportlichen Aktivitäten waren nicht nur die körperliche Ertüchtigung. Man wollte durch die Sportveranstaltungen den Jugendlichen auch Disziplin lehren und sie daran gewöhnen, Befehlen zu gehorchen und diese widerstandslos durchzuführen.

Bei den Treffen im BDM wurden folgende Sportdisziplinen und Themen angeboten:

Körperschule mit und ohne Gerät, Schwimmen, Hindernisturnen, Spiele mit und ohne Gerät, Volkstümliche Übungen, Wandern und Kartenkunde, Volkstänze und Volkslied, erste Hilfe bei Unfällen.

1938 wurde für Mädchen und junge Frauen ein Pflichtjahr eingeführt welches sie in der Landwirtschaft oder in kinderreichen Familien ableisteten. Dieses Pflichtjahr war Voraussetzung für eine Lehrstelle.

Zusätzlich wurde 1939 der halbjährige „ Reichsarbeitsdienst der weiblichen Jugend “ in der Landwirtschaft eingeführt.[76]

4.2.1 Das BDM Werk „Glaube und Schönheit

Das BDM Werk „Glaube und Schönheit war eine freiwillige Organisation für Frauen zwischen 18-21 Jahren.[77]

Ziele waren hier zwar auch körperliche Ertüchtigung und weltanschauliche Schulung, jedoch sollte hier die Erziehung zu Weiblichkeit im Vordergrund stehen. Jutta Rüdiger, die frühere Führerin des Werkes, beschrieb in einem Rückblick die Vorstellung, die Baldur von Schirach (Reichsjugendführer), bei der Gründung und auch bei der Namenswahl hatte: „ Als Ästhet wollte er gerne, dass die Mädel zu schönen Frauen werden, die sich zu bewegen verstehen und hübsch gekleidet sind[78]

5 . Conclusio

Beide der vorgestellten Pädagogen standen dem NS Regime nahe, sei es aus Überzeugung, sei es aus bloßer Fehleinschätzung oder aus Opportunismus und der Hoffnung, mit Hilfe der Nationalsozialisten zu Ruhm zu gelangen.

In Bezug auf Ernst Krieck teile ich die Ansicht von Herrmann Giesecke, dass er die nationalsozialistische Bewegung falsch einschätzte und auch überschätzte. Die erziehungswissenschaftlichen Leistungen Kriecks liegen eindeutig in der Zeit vor 1933. Er ist einer der ersten, der das soziale Umfeld und ihren Einfluss mit in die Erziehung einfließen lässt. Auch dehnt er den Erziehungsbegriff aus und schließt den erwachsenen Menschen als erziehungswürdig mit ein. Heute gehen wir wie selbstverständlich mit Begriffen wie Sozialisation oder Erwachsenenbildung um, aber für die Zeit, in welcher Krieck schrieb war dies ein neuer und sehr moderner Ansatzpunkt an Erziehung heranzugehen. Abschließend muss man über Krieck sagen, dass er letztlich auf die eigentliche Jugenderziehung im 3. Reich kaum Einfluss hatte. Baeumler stellte sich wesentlich mehr in den Dienst der Nationalsozialisten und gestaltet hier die Erziehung und auch die für unseren Fall relevante körperliche Erziehung zwischen 1933 und 1945 mit. Jedoch verfasste auch er kein umfassendes Werk, welches als Richtlinie für nationalsozialistische Erziehung hätte dienen können. Er griff lediglich kleine Teilbereiche heraus und bearbeitete diese.

Abschließend ist zu sagen, dass nie wieder in der deutschen Geschichte der Körper und dessen Ertüchtigung eine solch zentrale Rolle spielte, wie in den Jahren 1933-45. Ein gesunder Körper ist im Ditten Reich eines der vorrangigen Erziehungsziele. Der Mensch wurde auf seinen Körper reduziert, um daraus ein Urteil über seine Nützlichkeit zu fällen. Körperliche Fehler und Mängel entschieden darüber wie das Leben des entsprechenden Menschen auszusehen hatte.[79] Ziel war die fast fabrikmäßige Züchtung körperlich perfekter Menschen ohne Erbkrankheiten oder sonstige körperliche Gebrechen. Trotz der verachtenswürdigen Methoden mit welchen die Nationalsozialisten versuchten, dieses Ziel zu erreichen, erinnern doch Teile dieser Ideen an Elemente der modernen Gentechnik, bei welcher ebenfalls versucht wird, Erbkrankheiten und andere Krankheiten mit Hilfe der modernen Forschung zu heilen oder von vorneherein auszuschließen. Auch hier soll ein perfekter Mensch herangezüchtet werden.

6. Literatur

BAEUMLER, Alfred: Bildung und Gemeinschaft, Berlin 1942;

GIESECKE, Hermann: Hitlers Pädagogen, Theorie und Praxis nationalsozialistischer

Erziehung, Weinheim München 1993;

HITLER Adolf, Mein Kampf, zwei Bände in einem Band, Ungekürzte Ausgabe, 41. Aufl.,

München 1933;

JAHNKE, Karl Heinz: Jugend unter der NS-Diktatur 1933-1945, Rostock 2003;

KEIM, Wolfgang: Erziehung unter der Nazi-Diktatur, Band I, Darmstadt 1995;

KEIM, Wolfgang: Erziehung unter der Nazi-Diktatur, Band II, Darmstadt 1997;

KEIM, Wolfgang: Pädagogen und Pädagogik im Nationalsozialismus- Ein unerledigtes

Problem der Erziehungswissenschaft, Frankfurt am Main 1988;

KLÖNNE, Arno: Jugend im Ditten Reich, Die Hitlerjugend und ihre Gegner, Köln 1999;

KRIECK, Ernst: Philosophie und Erziehung, Jena 1930;

KRIECK, Ernst: Nationalpolitische Erziehung, 25. Aufl. Leipzig 1943;

KUHN, Annette: Viele Fragen – anstelle eines Vorworts, in: Hering, Sabine / Schilde, Kurt :

Das BDM- Werk „Glaube durch Schönheit“, Die Organisation junger Frauen im

Nationalsozialismus, Berlin 2000;

LINGELBACH, Karl- Christoph: Erziehung und Erziehungstheorien im national-

sozialistischen Deutschland, Frankfurt a. M. 1987;

RAUSCHNING, Hermann: Gespräche mit Hitler, Zürich/ Wien/ New York1940;

REBLE, Albert: Geschichte der Pädagogik, Stuttgart 2002;

SCHWEDKE, Kurt: Adolf Hitlers Gedanken zur Erziehung und zum Unterricht, Frankfurt am

Main 1933;

STEINHAUS, Hubert: Hitlers Pädagogische Maximen, in: Rudolf Biermann/ Wilhelm

Wittenbruch (Hg.): Studien zur Pädagogik der Schule, Band 3, Frankfurt am Main 1981;

WEINGART, Peter/ KROLL, Jürgen/ BAYERTZ, Kurt: Rasse, Blut und Gene, Geschichte

der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland, Frankfurt am Main 1992;

[...]


[1] Keim, Wolfgang: Pädagogen und Pädagogik im Nationalsozialismus- Ein unerledigtes Problem der Erziehungs wissenschaft, Frankfurt a. M. 1988, S 17;

[2] vgl. Keim, Wolfgang: Erziehung unter der Nazi-Diktatur, Band I, Darmstadt 1995, S. 10;

[3] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 10;

[4] ebd., S. 11;

[5] vgl. Weingart, Peter/ Kroll, Jürgen/ Bayertz, Kurt: Rasse, Blut und Gene, Geschichte der Eugenik und Rassen hygiene in Deutschland, Frankfurt am Main 1992, S. 367;

[6] Keim, Erziehung..., Band 1, S. 13;

[7] vgl. ebd., S. 15;

[8] Rauschning, Hermann: Gespräche mit Hitler, Zürich/ Wien/ New York,1940, S. 237;

[9] Schwedtke, Kurt: Adolf Hitlers Gedanken zur Erziehung und zum Unterricht, Frankfurt am Main, 1933, S.14;

[10] ebd., S. 14;

[11] Hitler, Adolf: Mein Kampf, zwei Bände in einem Band, Ungekürzte Ausgabe, 41. Aufl., München 1933, S. 452;

[12] Giesecke, Hermann: Hitlers Pädagogen, Theorie und Praxis nationalsozialistischer Erziehung, Weinheim/ München 1993, S. 17;

[13] vgl. Schwedtke, Adolf Hitlers..., S. 17ff;

[14] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 165;

[15] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 31 ff;

[16] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 166;

[17] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 34;

[18] vgl. Krieck, Ernst: Philosophie und Erziehung, Jena 1930, S. 119;

[19] vgl. ebd., S. 122;

[20] Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 35;

[21] vgl. ebd., S. 35;

[22] Krieck, Philosophie..., S. 89;

[23] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 37;

[24] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 37;

[25] ebd., S. 43;

[26] Krieck, Ernst: Nationalpolitische Erziehung, 25. Aufl. Leipzig 1943, S.1;

[27] vgl. Lingelbach, Karl- Christoph: Erziehung und Erziehungstheorien im nationalsozialistischen Deutschland, Frankfurt a. M. 1987, S.168;

[28] vgl. ebd., S. 66;

[29] ebd., S. 77;

[30] vgl. Lingelbach, Erziehung..., S. 78;

[31] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S.51;

[32] vgl. ebd., S. 63;

[33] vgl. Lingelbach, Erziehung..., S. 78;

[34] Keim, Erziehung..., Band 1, S. 166;

[35] vgl. ebd., S. 166;

[36] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 58;

[37] Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 73;

[38] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 167;

[39] vgl. Lingelbach, Erziehung..., S. 80;

[40] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S 168;

[41] vgl. Lingelbach, Erziehung..., S. 84;

[42] vgl. ebd., S. 84f.;

[43] vgl. ebd., S. 85;

[44] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 82;

[45] vgl. ebd., S. 83;

[46] Keim, Erziehung..., Band 1, S. 169;

[47] vgl. Lingelbach, Erziehung..., S. 89;

[48] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 96;

[49] ebd., S. 96;

[50] ebd., S. 98;

[51] Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 100;

[52] ebd., S. 102;

[53] vgl. Klönne, Arno: Jugend im Ditten Reich, Die Hitlerjugend und ihre Gegner, Köln 1999, 52f. / S. 55;

[54] vgl. Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 129;

[55] vgl. Klönne, Jugend..., S. 15;

[56] vgl. ebd., S. 15;

[57] vgl. ebd., S. 20;

[58] vgl. ebd., S. 32 f.;

[59] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 132f.;

[60] vgl. Klönne, Jugend..., S. 43;

[61] vgl. Keim, Erziehung..., Band 1, S. 134;

[62] vgl. Klönne, Jugend..., S. 72;

[63] vgl. Klönne, Jugend..., S. 57ff;

[64] vgl. Keim, Wolfgang: Erziehung unter der Nazi-Diktatur, Band II, Darmstadt 1997, S. 62;

[65] vgl. ebd., S. 60;

[66] vgl. Klönne, Jugend..., S. 133f.;

[67] vgl. ebd., S. 78;

[68] vgl. ebd., S. 32;

[69] vgl. ebd., S. 60f;

[70] vgl. ebd., S.60;

[71] Giesecke, Hitlers Pädagogen, S. 183f;

[72] Hitler, Mein Kampf, S. 452;

[73] vgl. Klönne, Jugend..., S. 85;

[74] Steinhaus, Hubert: Hitlers Pädagogische Maximen, S. 175;

[75] vgl. Klönne, Jugend..., S.89;

[76] vgl. Keim, Erziehung..., Band 2, S. 72;

[77] vgl. Klönne, Jugend..., S. 37;

[78] Kuhn, Annette: Viele Fragen – anstelle eines Vorworts, in: Hering, Sabine / Schilde, Kurt : Das BDM- Werk „Glaube durch Schönheit“, Die Organisation junger Frauen im Nationalsozialismus, Berlin 2000, S. 9;

[79] vgl. Seinhaus, Hitlers..., S. 66;

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Bildung und Körper in der NS Pädagogik
Université
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg
Cours
Bildung und Körper
Note
1
Auteur
Année
2005
Pages
22
N° de catalogue
V111190
ISBN (ebook)
9783640092789
Taille d'un fichier
390 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bildung, Körper, Pädagogik, Bildung, Körper
Citation du texte
Daniel Gürtler (Auteur), 2005, Bildung und Körper in der NS Pädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111190

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