Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gehört seit mehr als 125 Jahren zu den zentralen Eckpfeilern des deutschen Bilanzrechts. Die Kritik an dieser Maßgeblichkeit ist jedoch über die Jahre nie ganz verstummt und wird gegenwärtig, angesichts der zunehmenden Kapitalmarktorientierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung, immer lauter.
Eine verstärkte Kapitalmarktorientierung der Rechnungslegung erfordert, dass nicht primär eine Ausrichtung auf die Ermittlung eines ausschütt- und besteuerbaren Gewinns, sondern an einer fairen Information des Kapitalmarktes im Vordergrund steht. Dieser Ausrichtung werden heute insbesondere neben den International Accounting Standards (IAS) auch die US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) gerecht. Dagegen stehen beim deutschen HGB-Abschluss Gewinnausschüttung und Steuerbemessung im Vordergrund. Seine Informationsfunktion bleibt weitgehend auf den Anhang beschränkt.
Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sollen deshalb ab 2005 die IAS-Normen von börsennotierten Muttergesellschaften im Konzernabschluss verpflichtend angewandt werden. Für nicht börsennotierte Konzernunternehmen und auf der Ebene des Einzelabschlusses wird den nationalen Gesetzgebern ein Wahlrecht eingeräumt. Sie können die internationalen Vorschriften verpflichtend vorschreiben oder den bilanzierenden Unternehmen ein Wahlrecht einräumen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob an dem deutschen Konzept der Maßgeblichkeit bei einer zunehmenden Kapitalmarktorientierung des Einzelabschlusses weiterhin festgehalten werden kann. Ein Vordringen der internationalen Rechnungslegung in den deutschen Einzelabschluss wäre nämlich aufgrund der Maßgeblichkeit mit weit reichenden Konsequenzen für das Steuerrecht verbunden, da eine Orientierung an den IAS-Normen geradezu einen Paradigmenwechsel in der handelsrechtlichen Rechnungslegung bedeuten würde.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Das Maßgeblichkeitsprinzip
- Zur Entwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips in Deutschland
- Wirkungsweise des Maßgeblichkeitsprinzips
- Maßgeblichkeitsprinzip als deutsches Spezifikum
- Auswirkungen einer Internationalisierung der Rechnungslegung auf das Maßgeblichkeitsprinzip
- Stand der Internationalisierung
- Positionierung des Maßgeblichkeitsprinzips bei Internationalisierung der Rechnungslegung
- Beibehaltung des Maßgeblichkeitsprinzips
- Modifikation des Maßgeblichkeitsprinzips
- Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips
- Mögliche Reformstrategie bei Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips
- Thesenförmige Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob das Maßgeblichkeitsprinzip in der deutschen Rechnungslegung angesichts der zunehmenden Kapitalmarktorientierung weiterhin zeitgemäß ist. Sie untersucht die Entwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips und seine Auswirkungen auf die Bilanzierung. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der Internationalisierung der Rechnungslegung auf das Maßgeblichkeitsprinzip beleuchtet.
- Entwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips in Deutschland
- Wirkungsweise des Maßgeblichkeitsprinzips
- Auswirkungen der Internationalisierung auf das Maßgeblichkeitsprinzip
- Mögliche Reformstrategien bei Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips
- Die Rolle der International Accounting Standards (IAS) und US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP)
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Problemstellung ein und erläutert die zunehmende Kapitalmarktorientierung der Rechnungslegung. Kapitel 2 beleuchtet das Maßgeblichkeitsprinzip, seine Entwicklung in Deutschland und seine Wirkungsweise. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Maßgeblichkeitsprinzip ein deutsches Spezifikum darstellt.
Kapitel 3 analysiert die Auswirkungen der Internationalisierung der Rechnungslegung auf das Maßgeblichkeitsprinzip. Es werden verschiedene Positionierungen des Maßgeblichkeitsprinzips bei Internationalisierung der Rechnungslegung diskutiert, darunter die Beibehaltung, Modifikation und Aufgabe des Prinzips. Des Weiteren werden mögliche Reformstrategien im Falle der Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die zentralen Themen der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung, des Maßgeblichkeitsprinzips und der Internationalisierung der Rechnungslegung. Zu den wichtigsten Begriffen gehören: Maßgeblichkeit, Handelsbilanz, Steuerbilanz, International Accounting Standards (IAS), US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP), Internationalisierung, Kapitalmarktorientierung und Reformstrategien.
- Citation du texte
- Christoph Maaß (Auteur), 2002, Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung - Ist die Einheit von Handels- und Steuerbilanz noch zeitgemäß?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11179