Die Auswirkungen des Handels im späten Mittelalter auf das Stadtbild von Lübeck


Term Paper, 2006

34 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Stadt Lübeck bis ins späte Mittelalter
2.1 Die geschichtliche Entwicklung und Aufbau der Stadt
2.2 Lübeck und der Fernhandel im Rahmen der Hanse

3. Der Handel und die Stadtstruktur von Lübeck
3.1 Die Stadtstruktur der mittelalterlichen Stadt
3.2 Die Stadtstruktur von Lübeck im späten Mittelalter
3.3 Die Auswirkungen des Handels auf die Stadtstruktur von Lübeck

4. Der Handel und die Gestaltung der Gebäude in Lübeck
4.1 Die gotische Backsteinarchitektur im nord- und ostdeutschen Raum
4.2 Die Gestaltung der Gebäude in Lübeck
4.2.1 Der Backsteinbau
4.2.2 Öffentliche Gebäude
4.2.3 Wohngebäude
4.3 Die Auswirkungen des Handels auf die Gestaltung der Gebäude in Lübeck

5. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen der Vorlesung „Stadtbaugeschichte I“ werden in dieser Hausarbeit die Auswirkungen des Handels im späten Mittelalter auf das Stadtbild von Lübeck untersucht.

„Die bedeutsamste und das Stadtbild noch heute bestimmende Bauphase umfasst die Zeit des Aufstiegs Lübecks zur wirtschaftlichen und politischen Führungsmacht der Hanse von der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis etwa zum Ende des 14. Jahrhunderts.“[1] Da Lübeck zu dieser Zeit eine herausragende Rolle im Handel einnahm, wird die These aufgestellt, dass das Stadtbild von Lübeck im späten Mittelalter vom Handel geprägt wurde. Diese These soll als Orientierung durch die Hausarbeit leiten.

Der Untersuchungsgegenstand der Hausarbeit ist das „Stadtbild“, mit dem im Wesentlichen der Aufbau und Struktur der Stadt sowie die Gestaltung und Funktionen der Gebäude gemeint sind.

Um zu verstehen, wie Lübeck im Mittelalter aufgebaut war, wird in dem ersten Teil der Hausarbeit zunächst die Geschichte der Stadt Lübeck ab dem 8. Jahrhundert bis zum 13. Jahrhundert vorgestellt. Danach wird der Aufschwung Lübecks durch den Fernhandel und dessen Rolle in der Hanse erläutert.

Im zweiten Teil wird genauer auf die Stadtstruktur Lübecks eingegangen. Dazu wird zunächst der Aufbau von mittelalterlichen Städten betrachtet und daraufhin die Stadtstruktur von Lübeck erörtert, wie diese sich unter dem Einfluss des Handels entwickelte.

Daraufhin folgt der dritte Teil, in dem der Einfluss des Handels auf die Gestaltung der Gebäude in Lübeck untersucht wird. Es wird dabei zunächst der Baustil im späten Mittelalter im nord- und ostdeutschen Raum und dann die Entwicklung der Gebäude in Lübeck, bezüglich Gestalt, Baustil und Funktion erörtert sowie die Auswirkungen des Handels auf diese.

In dem abschließenden Fazit wird auf die anfangs aufgestellte These Bezug genommen und in diesem Zusammenhang ein Blick auf das heutige Stadtbild von Lübeck geworfen.

2. Die Stadt Lübeck von ihrer Gründung bis ins späte Mittelalter

2.1 Die geschichtliche Entwicklung und Aufbau der Stadt

Das ostholsteinische Gebiet wurde im 7. und 8. Jahrhundert von den zu den wendischen Stämmen gehörigen Westslawen besiedelt. Es wurde im Jahr 819 auf einer Halbinsel an der Einmündung des Flusses Schwartau in die Trave eine slawische Burg, Alt-Lübeck (auch „Liubice“ genannt), errichtet, um die herum Siedlungen entstanden.[2] Vor Angriffen war die Stadt durch einen circa sechs Meter hohen Burgwall und einen Graben geschützt.[3] Die Kaufleutesiedlung und der damit verbundene Warenumschlag lagen nicht wie die anderen Siedlungen in dem Burgbereich, sondern befanden sich in abgerückter Lage. Sie nahmen eine rechtliche Sonderstellung ein, dadurch dass ihnen mehr Rechte zugeteilt wurden.[4]

Die handelsgeschichtliche Bedeutung von Lübeck wuchs seit dem 11. Jahrhundert. Enge Handelsverbindungen hatten die Lübecker Kaufleute vor allem mit Kaufleuten der Insel Gotland, die zu der Zeit den Ostseehandel beherrschten.

Durch innerslawische Auseinandersetzungen wurde Alt-Lübeck 1138 zerstört.

Im Jahr 1141 gründete der Graf Adolf von Schauenburg auf dem 15 Meter hohen Hügel Bucu das erste Lübeck, nachdem ihm dieses Gebiet nach Unruhen zugeteilt wurde. Der Name wurde von dem zerstörten Liubice übernommen, um an den Ostseehandel anzuknüpfen, der von der dazugehörigen Kaufmannssiedlung betrieben wurde. Durch die ständigen Auseinandersetzungen war das Land entvölkert, so dass Adolf von Schauenburg Menschen in den Nachbarregionen aufforderte nach Liubice zu kommen. Diese brachen in Scharen auf.[5] Das junge Lübeck entwickelte sich rasch zu einem Handelszentrum an der Ostsee. Auf der Halbinsel führte eine alte Fernhandelsstraße über den Bergrücken, die ursprünglich Bardowick, eine Nachbarstadt von Lübeck, und Alt-Lübeck miteinander verband.[6] Neben der Burg des Grafen von Schauenburg, die er innerhalb des Festungsringes aufbaute, gab es in der Stadt den Markt und eine Siedlung, die voneinander getrennt lagen. Die Siedlung von 1143 war eher als eine Marktsiedlung relativ autonomer Kaufleute unter dem Schutz eines Stadtherrn als Vorstufe einer Stadt zu sehen.[7]

Durch den Aufschwung in Lübeck musste der Herzog Heinrich der Löwe in seiner Stadt Bardowick Einnahmebußen hinnehmen. Denn zahlreiche Kaufleute aus Bardowick verlegten ihren Warenumschlag nach Lübeck. Heinrich der Löwe missfiel dies und ließ daher den Markt zu Lübeck schließen. Als Lübeck 1157 durch einen Brand zerstört wurde, wollten seine Einwohner die Stadt nicht wieder dort aufbauen. Die Einwohner ließen sich auf dem Hoheitsgebiet von Heinrich dem Löwen nieder, um dort wieder einen Markt halten zu können. So entstand an der Wakenitz die „Löwenstadt“, die jedoch aufgrund ihrer ungünstigen Lage, durch die geringe Fahrtiefe im Wasser, nicht florieren konnte.

Heinrich dem Löwen gelang es 1158 Adolf von Schauenburg zur Übergabe des Gebietes, der niedergebrannten Stadt Lübeck, zu bewegen und somit zogen die Kaufleute dorthin zurück.[8] Die alte Siedlung wurde wieder errichtet. Der Stadtaufbau veränderte sich jedoch unter der neuen Herrschaft. Die Burg im Norden wurde zwar beibehalten, aber Markt und Siedlung waren nicht mehr voneinander getrennt, sondern befanden sich zusammen im Kern der Stadt. Hinzu kamen außerdem der Bischofssitz, da der Bischofssitz von Oldenburg nach Lübeck verlegt wurde, und die 1173 errichtete romanische Domkirche im Süden.[9] Die Kirche St. Petri wurde im Westen der Stadt errichtet und das Johanneskloster im Osten. Der in Lübeck so bedeutende Fernhandel fand im Hafen mit dem Ufermarkt der Kaufleute im Westen an der Trave statt.[10] Das Straßennetz von Lübeck bekam seine Ausrichtung durch den Verlauf des Bergrückens des Bucu und durch den über ihn langführenden Handelsweg sowie durch den Verlauf der Flüsse.[11]

Der Aufbau der Stadt wird in Abbildung 1 auf Seite 5 und Abbildung 3 auf Seite 11 veranschaulicht.

Heinrich der Löwe baute die Stadt zu einem landesherrschaftlichen Zentrum aus, das er mit dem Stadtrecht ausstattete, dessen weiter entwickelte Form im Laufe des 13. Jahrhunderts von mehr als 100 Städten im Ostseeraum als „Lübisches Recht“ übernommen wurde.[12] Der Herzog förderte außerdem den Fernhandel in der Stadt dadurch, dass er den Lübecker Kaufleuten bessere Handelsrechte gab, und zudem Handelsbeziehungen mit anderen Kaufleuten, insbesondere aus Gotland, festigte. Lübeck nahm bald eine Vormachtstellung im Ostseehandel ein und wurde zur Schnittstelle zwischen Nord- und Ostsee.[13]

Im Jahr 1180 überwarf sich Heinrich der Löwe mit seinem Vetter, dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der die Herrschaft von Lübeck übernahm.[14] Barbarossa vergrößerte Lübecks Stadtgebiet, so dass der mit dem bisher selbständigen Domkapitel belegte Teil der Halbinsel eingemeindet wurde. Das gesamte Gebiet auf dem Stadthügel wurde bebaut. Da das Stadt- und Hafengebiet zuklein war, wurde Ende des 12. Jahrhunderts damit begonnen, die Gebiete, die bei Hochwasser von der Trave überschwemmt wurden, für die Bebauung vorzubereiten indem, z.B. Damm- und Wallanlagen errichtet wurden. Im Zuge dessen erließ der Kaiser 1188 das „Barbarossaprivileg“, das der Stadt erlaubte, die bebaubare Stadtfläche bis hin zu den überfluteten Flächen auszudehnen. Diese Stadterweiterungsmaßnahmen zogen sich bis zum Ende des 13. Jahrhunderts hin und vergrößerten das Stadtgebiet um ein Drittel (siehe Abbildung 1).[15]

Abbildung 1: Stadterweiterungen von Lübeck (Die gestrichelten Linien in A sind Erweiterungsgebiete

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach dem Tod des Kaisers 1189, übernahm der aus dem Exil in England zurückgekehrte Herzog Heinrich der Löwe wieder die Herrschaft von Lübeck. Nach dem Tod Heinrichs, brachte der dänische König Waldemar II. die meisten Gebiete an der Ostsee, z.B. Livland und Estland, sowie die Stadt Lübeck unter seine Herrschaft. Lübeck wurde von 1201 bis 1225 dänisch.[16] Der Sohn von Waldemar II., Knud IV., befreite in dieser Zeit die Ostsee vom Seeräuberwesen, infolgedessen die Lübecker ihre Handelsverbindungen ausbauen konnten.[17] Unter Herrschaft der Dänen wurde 1216 die Holstenbrücke errichtet, die den Hafen zweiteilte und somit einen Binnen- und einen Seehafen schuf. Der Seehafen erwies sich jedoch bald als zu klein und wurde nach Norden hin erweitert. Der Binnenhafen wurde „Salzhafen“ genannt, da hier zahlreiche Schiffe anlegten, die Salz aus Lüneburg brachten.[18]

Den Lübeckern gelang es 1226 in einem geschickten Schachzug die Lübecker Burg zu besetzen und dort die Lübecker Flagge zu hissen. Um zu verhindern, dass Lübeck wieder unter die Herrschaft eines neuen Grafen kommen würde, bestätigte Barbarossa auf einem Reichstag die Barbarossa-Privilegien und die Stadt wurde zur Reichsstadt ernannt.[19] In der Zeit bis zur Verleihung der Reichsfreiheit hatte sich die Stadt immer weiter entwickelt und hatte schließlich den Stadtaufbau, den sie das ganze Mittelalter über behalten sollte.

Abbildung 2: Zeichnung von Lübeck im späten Mittelalter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das 13. Jahrhundert wird oft als handelswirtschaftlicher und baugeschichtlicher Höhepunkt in der Entwicklung Lübecks bezeichnet.

Der Aufschwung Lübecks durch den Handel zeigt dessen hohe Bedeutung in der Stadt und daher wird in dem folgenden Kapitel Bezug genommen auf die Rolle der Stadt im Fernhandelssystem. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Verknüpfung des Handels im 12. bis ins späte 14. Jahrhundert mit der Hanse und die Vormachtstellung Lübecks innerhalb der Hanse.

2.2 Lübeck und der Fernhandel im Rahmen der Hanse

Lübeck hatte fast ein Monopol im Ost-West-Handel. Die Stadt wurde zum Umschlagplatz für alle Rohprodukte (siehe unten) aus dem Osten und Norden und für alle Fertigwaren, z.B. Tuche und Weine, aus dem Westen.[20]

Ende des 13. Jahrhunderts reichte der aktive Handelsbereich der Lübecker Kaufleute von Nordfrankreich bis Nowgorod in Schweden, Polozk und Smolensk in Russland, von Bergen in Norwegen und Stockholm bis nach Straßburg und bis zum Schwarzen Meer im Osten. Hansisch-lübeckischer Handel war in erster Linie Handel mit Massenprodukten wie Hering und Salz, Stockfisch, Getreide und Mehl, Holz und Waldbauprodukten wie Pech, Teer und Pottasche, außerdem Handel mit Flachs, Hanf und Waid, da letztere von den Zentren der Tuchproduktion in Flandern in enormen Mengen verbraucht wurden.[21]

Parallel mit der Geschichte Lübecks verlief die Entwicklung der Hanse. Schon im 10. Jahrhundert nahm das Bedürfnis nach höheren Lebensgütern wie Textilien, Schmuck und Waffen zu und der Fernhandel wuchs in seiner Bedeutung.[22] Das hansische Handelssystem verdankte seinen Aufschwung dem europaweiten Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum vom 11. bis zum 13. Jahrhundert, denn die Menschen mussten mit immer mehr Wirtschaftsgütern versorgt werden.[23]

Da es wegen der Völkerwanderung, der unsicheren Grenzen und wegen des Verfalls der Straßen keine allgemeine Verkehrssicherheit gab, taten sich die Fernhandelskaufleute zusammen, um sich gegen Seeräuberei und Wegeräuberei zu schützen. Für jene Fernhändler, die sich zu Genossenschaften zusammenschlossen, wurde im 13. Jahrhundert die Bezeichnung „Hanse“ üblich.

Die Fernhandelskaufleute gründeten „Hansekontore“ an zahlreichen Küstenstädten in Europa, die wichtigsten waren in London, in Novgorod und in Bergen in Norwegen sowie in Brüggen in Flandern.[24]

Die Machtentfaltung Lübecks durch den Fernhandel äußerte sich auch in der Verwaltungsstruktur der Stadt. Durch die Verbesserungen im Handelsverkehrswesen wie die Befriedung der Handelswege widmeten sich die höhergestellten Kaufleute zunehmend den politischen Belangen der Stadt. Es wurden größtenteils Fernhandelskaufleute in den Rat gewählt, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts die alte Elite der Großgrundeigentümer aus dem Rat verdrängten. Als Ratsmitglieder hatten die Kaufleute die Möglichkeit eigene Interessen bezüglich der Ressourcen der Stadt zu verfolgen.

[...]


[1] Kallen 2002, S.33

[2] Hammel-Kiesow 1999, S.1

[3] Laue 2005, S.26

[4] Kropshofer 2004, S.21

[5] Höppner 1993, S.11

[6] Laue 2005, S.184

[7] Kropshofer 2004, S.22

[8] Höppner 1993, S.12

[9] Höppner 1993, S.14

[10] Kropshofer 2004, S.22

[11] Laue 2005, S.27

[12] Hammel-Kiesow 1999, S.2

[13] Laue 2005, S.27-28

[14] Höppner 1993, S.14-16

[15] Laue 2005, S.28

[16] Höppner 1993, S.16

[17] Hammel-Kiesow 1999, S.3

[18] Laue 2005, S.28-29

[19] Höppner 1993, S.16-17

[20] Höppner 1993, S.18

[21] Hammel-Kiesow 1999, S.4

[22] Höppner 1993, S.20

[23] Hammel-Kiesow 2002, S.14

[24] Höppner 1993, S.20-21

Excerpt out of 34 pages

Details

Title
Die Auswirkungen des Handels im späten Mittelalter auf das Stadtbild von Lübeck
College
Hamburg University of Technology  (Geschichte der Stadt)
Course
Stadtbaugeschichte
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
34
Catalog Number
V111867
ISBN (eBook)
9783640156962
ISBN (Book)
9783640157013
File size
6478 KB
Language
German
Keywords
Auswirkungen, Handels, Mittelalter, Stadtbild, Lübeck, Stadtbaugeschichte
Quote paper
Mareike Schuppe (Author), 2006, Die Auswirkungen des Handels im späten Mittelalter auf das Stadtbild von Lübeck, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111867

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