Aus der nahezu an die 100 reichenden Anzahl der in meinem vollständigen Kompendium aufgeführten rhetorischen Mittel, Stilfiguren und Tropen habe ich 25 ausgewählt, die mir in meinem Oberstufenunterricht als die häufigsten und von daher für meine Schüler wichtigsten erschienen. Ich habe diese 25 Textformanten schlicht "Stilmittel" genannt und auf eine tiefergehende Unterscheidung, z.B. nach Figuren oder Tropen, verzichtet.
Wer nachvollziehen möchte, wie ich meinen Schülern Bildhaftigkeit, also den Unterschied zwischen eigentlicher und uneigentlicher Sprache erklärt habe oder wie man eine Metapher erkennt,möge sich in meine ausführlichen Erläuterungen zu diesen Begriffen vertiefen.
Die 25 häufigsten Stilmittel von A bis Z auf einen Blick mit Bezeichnung, Erklärung, Beispielen, Fundstellen und Verfasser
( Kurzfassung der ausführlichen, 95 rhetorische Figuren ( Stilmittel) umfassenden Vollversion mit näheren Erläuterungen, z. B. zur Metapher oder zur uneigentlichen Sprache, von Gerd Berner, M.A., StD a. D., vom Riesener-Gymnasium Gladbeck)
1. Alliteration: von lat. littera: Buchstabe, gleicher konsonantischer Anlaut in einer Wortfolge, im Gegensatz zum Mittel- und Endreim auch Anreim genannt
* Lieb und Leid im leichten Leben / sich erheben, abwärts schweben,/ alles will das Herz umfangen,/ nur Verlangen, nie erlangen … (Leben Clemens Brentano, Gedichte, hg. V. Hartwig Schultz, Reclam: Stuttgart 1995)
2. Anadiplose: von gr. anadíplosis: Verdoppelung, Wiederholung des letzten Wortes einer Zeile oder eines Satzes am Anfang der(s) folgenden * Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt/ Der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarethe/ Er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei/ Er pfeift seine Juden hervor lässt schaufeln ein Grab in der Erde … ( Todesfuge von Paul Celan, in: P.C., Mohn und Gedächtnis, DVA: Stuttgart 1953)
3. Anakoluth: von gr. an-akóluthos: nicht folgerichtig, eine Unfolge in der Satzführung, ein Herausfallen aus der Bauart des Satzanfanges *Doch sie …/ Sie schlägt, die Rüstung ihm vom Leibe reißend,/ Den Zahn schlägt sie in seine weiße Brust,/ Sie und die Hunde, die wetteifernden,/ … den Zahn in seine rechte,/ In seine linke sie; als ich erschien,/ Troff Blut von Mund und Händen ihr herab. ( Heinrich von Kleist, Penthesilea. Ein Trauerspiel, XXIII. Auftritt)
4. Anapher: von gr. anáphora: Wiederholung, Wiederholung des Anfangswortes in aufeinander folgenden Zeilen oder Sätzen * So lag er da, er, der Dichter der Aeneis, er, Publius Vergilius Maro, er lag da mit herabgemindertem Bewusstsein, beinahe beschämt ob seiner Hilflosigkeit, … und er starrte in das perlmutternde Rund der Himmelsschale: warum nur hatte er dem Drängen des Augustus nachgegeben? Warum nur hatte er Athen verlassen? ( Hermann Broch, Der Tod des Vergil. Roman, suhrkamp: Frankfurt/ M. 1995)
* Bald hörten wir vom Abfall unsrer Priester,/ Der Morabiten und der Alfaquis -/ … Bald hörten wir, dass auch der große Zegri,/ In feiger Todesangst, das Kreuz umklammert;/ … Wir hörten, dass der furchtbare Ximenes,/ Inmitten auf dem Markte, zu Granada -/ Mir starrt die Zung im Munde - den Koran/ In eines Scheiterhaufens Flamme warf!/ … Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher/ Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen. ( Heinrich Heine, Almansor. Eine Tragödie, 1821)
5. Antiklimax: von gr. anti: gegen, und klimax: Leiter, Treppe, Gradation ( Stufenfolge) nach unten * in dem Roman „Abu Telfan“ ist Leonard Hagebucher nach zwölfjähriger Gefangenschaft aus dem afrikanischen Tumurkieland in sein Heimatdorf zurückgekehrt: … er war fremd geworden in der Zivilisation, in Europa, in Deutschland, in Nippenburg und Bumsdorf. ( Wilhelm Raabe)
6. Antithese: von gr. anti: gegen, und títhesis: Gegensetzung, Zusammenstellung entgegengesetzter Begriffe * Es gibt zwei Sorten von Ratten:/ Die hungrigen und die satten./ Die satten bleiben vergnügt zu Haus,/ Die hungrigen aber wandern aus.// … Gar manche ersäuft oder bricht das Genick,/ Die lebenden lassen die toten zurück. ( Heinrich Heine, Die Wanderratten)
7. Aposiopese: von gr. aposiópesis: Verstummen, Verschweigen des Wichtigen unter affektbetontem Abbruch der Rede mitten im Satz * Diomedes: Du willst -? Nein, sprich! Du willst -? Achill: – Was also will ich?/ Was ist’s, dass ich so Ungeheures will?/ Diomedes: Du hast sie in die Schranken bloß gefordert,/ Um ihr -? ( Heinrich von Kleist, Penthesilea. Ein Trauerspiel, XXI. Auftritt)