Leseprobe
Mittelalterliche Schreibstube
Sachanalyse:
Vor dem Beginn der Anfertigung eines Buches bestimmte der Auftraggeber die Ausführung und Ausgestaltung des Buches und stellte zum Teil auch die teilweise sehr kostbaren Verbrauchsmaterialien zur Verfügung.
Der Schreibgrund wurde auf die Größe einer Doppelseite zugeschnitten und der Skriptor - meist ein Mönch - begann mit der Linierung des Schreibgrundes und legte dabei die Zeilenhöhe und die Zeilengrenzen fest. Anschließend begann der Skriptor mit dem eigentlichen Schreiben, wobei er aber die prächtigen Initialbuchstaben wegließ oder nur vorzeichnete. Bei umfangreichen Aufträgen arbeiteten mehrere Schreiber parallel an verschiedenen Textabschnitten oder die entsprechende Passage wurde laut diktiert und von mehreren Skriptoren bzw. Kopisten aufgeschrieben, so dass eine Vielzahl von Kopien entstand. In diesem Vervielfältigungsprozess konnte es durch Lese-, Hör- und Schreibfehler zu Abweichungen in den Handschriften kommen. War der Haupttext fertig, wurden die Initialbuchstaben und andere Hervorhebungen vom Rubrikator nachgetragen.
Der Schutzeinband bestand häufig aus dünnen Holzbrettern, die mit geprägtem Leder oder später auch Pergament bespannt und oft mit Buchschließen und Beschlägen versehen wurden. Aufwändig gestaltete, vor allem liturgische Bücher erhielten Prachteinbände aus wertvollen Materialien.
Konzept des Flow Learnings:
1. Ebene: Begeisterung wecken
Kinder lernen am besten, wenn eine Sache, ein Gegenstand oder die Umgebung ihre volle Aufmerksamkeit erregt. Sie gehen in ihrer Beschäftigung voll auf und vergessen dabei Zeit und Raum. Dies hat Joseph Cornell erkannt und versucht mit seinem ersten Grundsatz, die Begeisterung der Kinder für eine Sache zu wecken. Seiner Meinung nach ist es besonders wichtig, dass Kinder Neugier und persönliches Interesse zeigen.
2. Ebene: Konzentrierte Wahrnehmung
Eine Schülergruppe kann schon mal mit einer wildgewordenen Herde verglichen werden. Hier setzt Joseph Cornell mit seinem zweiten Grundsatz der konzentrierten Wahrnehmung an. Ohne Konzentration können die Kinder nicht vernünftig lernen. In dem zweiten Stadium fordert Joseph Cornell mit spielerischen und kreativen Aktionen die Kinder heraus. Dabei sollen sie sich auf ihre Sinne konzentrieren. Das Ziel ist laut Joseph Cornell, dass die Kinder aufmerksamer, gelassener und empfänglicher für ihre Umgebung werden.
3. Ebene: Unmittelbare Erfahrung
So nennt Joseph Cornell seine 3. Ebene. Mit den ersten beiden Phasen wurde das Interesse der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen geweckt. Nun soll das ursprüngliche Erleben der Sache vertieft werden. Hier ist nun Aktivität gefordert und es steht eine große Bandbreite an Methoden zur Verfügung-
4. Ebene: Anregungen teilen
Intensive Erlebnisse wollen mitgeteilt sowie dadurch vertieft und verarbeitet werden. Menschen, die nicht vertraut mit intensiven Gefühlen sind, finden Klärung und Bestätigung für ihre Erfahrung, indem sie erleben, dass andere Ähnliches empfinden; ein Prozess der die Verbundenheit in der Gruppe fördert. Der Austausch über Erfahrungen mit den Übungen einer Lehrveranstaltung stellt nicht zuletzt wichtiges Feedback für die Leitung dar. Dazu braucht niemand viel Zeit zu opfern, ein paar Notizen, ein Foto, ein Tagebucheintrag genügen schon, um das Erlebte festzuhalten.
Planung/Methodik:
Das folgende Vermittlungskonzept bezieht sich auf den Projektunterricht, der beispielsweise im Zuge einer Exkursion durchgeführt werden kann. Der Projektcharakter ist naheliegend, da das Konzept zwar grundsätzlich auch in einzelnen Einheiten angewandt werden kann, es aber sinnvoll ist, den Lernenden bei aktiven, praktischen Methoden genügend Zeit einzuräumen. Der für diese Planung anberaumte Zeitrahmen beträgt zwei Stunden und ist somit in einem Vor- oder Nachmittagsblock zu realisieren. Die Altersgruppe ist auf die Sekundarstufe I, also von 10-14 Jahren einzugrenzen und es sind Gruppengrößen bis zu 25 Schülerinnen und Schülern möglich.
Wird die Sequenz im Zuge einer Exkursion durchgeführt, ist die obligatorische Vor- und Nachbereitung unumgänglich, auf die aus Sparsamkeitsgründen hier nicht näher eingegangen wird.
Konkrete Situation für die Planung: Fach: Geschichte, Sozialkunde & Politische Bildung Schulstufe: 3.Klasse NMS (7. Schulstufe) Anzahl der SuS: 20 (2 Lehrpersonen/Guides) Zeit: 2 Stunden
Die Planung ist in vier Phasen unterteilt, welche sich an dem zuvor beschriebenen Konzept des Flow- Learnings orientieren. Ziel der Sequenz ist das Erlangen einer gewissen historischen Sachkompetenz hinsichtlich den mittelalterlichen Schreibstuben, soziale, sowie Kommunikationskompetenz. Weiters werden niederschwellig die historische Orientierungs-, Methoden und Fragekompetenz verbessert.
In der ersten Phase geht es darum Begeisterung zu wecken. Das geschieht in diesem Rahmen sehr leicht, durch das betreten der beeindruckenden Bibliothek. Die SuS haben durch die Vorbereitungseinheit ein gewisses Vorwissen, das im Zuge dieses Projekts durch die Nähe am Lerngegenstand gefestigt werden soll. Vor dem Betreten der Bibliothek kann von der Lehrperson noch zusätzlich Spannung aufgebaut (mit gewisser Theatralik erwähnen wie alt/wertvoll/selten/ die Bücher sind, wie bedeutend die Bibliothek ist, wie bedacht/ruhig/vorsichtig man drinnen sein muss, ) (geplante Zeit: 5 Minuten)
Die zweite Phase findet im Stillen statt, sie fördert das konzentrierte Wahrnehmen. Hierbei ist es besonders wichtig, die SuS darauf hinzuweisen, alleine Wahrzunehmen und mit niemandem zu sprechen. Die SuS erhalten den Auftrag sich ein oder zwei Dinge zu suchen, auf die sie sich besonders fokussieren sollen und sich Notizen dazu zu machen (Fragen, Vermutungen, Wissen zum Objekt, aber auch Begründung, warum genau das interessant erscheint). (geplante Zeit: 10 Minuten)
Im direkten Anschluss an diese Phase wird eine erste Reflexionsphase vorgezogen. Man teilt die Klasse in zwei Gruppen zu je 10 Lernenden und bespricht in diesem kleinen Kreis die Beobachtungen, geht auf Fragen ein und ermittelt somit schon Interessensschwerpunkte der Lernenden, was bei der Auswahl der Methoden für die nächsten Phase eine Rolle spielen kann. In diesem Abschnitt kann auch durch gezieltes Fragen ein Gegenwartsbezug oder ein Längsschnitt zum Medium Buch angeregt werden. (geplante Zeit: 25 Minuten)
Die dritte Phase ist eine sehr aktive Phase, die ein hohes Energielevel erfordert. Nach den ruhigen und besonnenen ersten zwei Abschnitten, darf nun geredet und gemacht werden. Hier ist es wichtig, einen Rahmen hierfür zu schaffen, der bestimmt nicht in der Bibliothek selbst sein kann. Bei passender Witterung draußen, oder ansonsten in einem freien Raum, stehen die Materialien für die nächsten Aktivitäten bereit. Nach wie vor sind die SuS in zwei Zehnergruppen geteilt und können aus den Methoden, welche in Stationen durchgeführt werden, wählen und diese durchlaufen.
Die Methoden sollen in ihrer Unmittelbarkeit das gelernte festigen und durch das ansprechen verschiedener Sinne neue Reize setzen. Gleichzeitig wird hier durch die naheliegende Thematik bereits ein schriftliches Lernprodukt erstellt, das erstens zur Sicherung des Wissens und andererseits als vorzeigbares „Souvenir“ dient, das auch mit den Eltern daheim nochmals besprochen werden kann. Als erste, sehr spielerische Methode kann man hier ein Tastspiel mit den unterschiedlichen Materialien Papyrus, Pergament, altem handgeschöpftem und neuem Papier machen. Dies macht aus den abstrakten Begriffen unterscheidbare, greifbare Materialien. Als weitere Station kann man die Initialenmalerei betreiben, an denen die SuS den Anfangsbuchstaben ihrer Merksseite künstlerisch gestalten können. Das Verfassen ebendieser Merkseite mit Federkiel und Tusche ist eine eigene Station. Die Schülerinnen und Schüler sollen in dieser Methode aus freiem Gedächtnis mit Unterstützung der Mitschülerinnen und Mitschüler und dem Lehrpersonal relativ selbstständig die wichtigsten Punkte zusammenfassen. Punkte, wie dass es aufwändig, langsam und teuer gewesen sein muss, im Mittelalter ein Buch zu verfassen, werden hier nicht bloß gelernt, sondern gespürt. Eine weitere Station könnte, wenn mehr Zeit vorhanden ist, der Druck mit beweglichen Lettern sein, die die Sus gemeinsam setzen (zumindest für die Überschriften) und den Rest danach handschriftlich ergänzen. Vorbereitend kann man hier auch fächerübergreifend zum Thema Arbeiten und beispielsweise im Werkunterricht Papier selber schöpfen oder sich im Zeichenunterricht mit alten Schriften auseinandersetzen und diese ausprobieren.
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