Bindung - Pionier der Bindungstheorie: Bowlby


Exposé (Elaboration), 2007

9 Pages, Note: 1,0


Extrait


Bindung

Der englische Psychoanalytiker John Bowlby, der der wichtigste Pionier der psychologischen

Bindungsforschung ist, hat seine Wurzeln in der Verhaltensbiologie und in der aus der

Psychoanalyse stammenden Theorie der „Objektbeziehungen“. Bowlbys Auffassung, dass

Bindung ein eigenständiges Bedürfnis eines jeden Menschen sei, ist von der klassischen

Psychoanalyse lange kritisiert worden, während die Verhaltensbiologie zeigen konnte, dass

Bowlbys Auffassung auch für höher entwickelte Tierarten gilt.

John Bowlby wurde am 26.01.1907 als viertes Kind einer gehobenen Mittelklasse Familie in

London geboren. Die ersten vier Jahre seines Lebens wurde er von einem Kindermädchen

aufgezogen. Er empfand es als großen Verlust, als dieses das Haus verließ, da sie seine

Bindungsperson darstellte. Mit sieben Jahren kam er auf ein Internat, wo er subjektiv eine

schreckliche Zeit verbrachte.

Seine Erlebnisse aus der Kindheit führten zu einem verstärkten Interesse an der Erforschung

der Bindung.

John Bowlby veröffentlichte 1958 seine Bindungstheorie, in der er die Entbehrung einer

Mutterfigur in den ersten fünf Lebensjahren und die Folgen auf die

Persönlichkeitsentwicklung untersuchte. Er stützte seine Theorie auf ein Modell der

Verhaltensbiologie. Konrad Lorenz und H.F. Harlow sind die beiden wichtigsten Forscher auf

diesem Gebiet gewesen. Sie haben das Bindungsverhalten von Tieren untersucht und stellten

dabei fest, dass Nahrung allein nicht ausreichend ist.

Die Bindungstheorie erklärt affektive Bindungen, die mit bestimmten Bindungsverhalten

einhergehen. Die Merkmale der Bindungstheorie sind 1. dieBesonderheit, d.h. das

Individuum richtet seine Bindungen auf eine oder wenige Personen nach einer klaren

Präferenzfolge, 2. dieDauerder Bindung, die meist über einen sehr langen Zeitraum

aufrechterhalten bleibt, 3. dieemotionale Anteilnahme,die bei Änderung der Bindung

entweder zu positiven oder negativen Gefühlen führt. Des Weiteren 4. dieindividuelle

Entwicklung, d.h. je mehr soziale Interaktion mit einer Person stattfindet, desto

wahrscheinlicher wird eine intensive Bindung entwickelt (Hauptbindungsperson), 5. das

Lernen, konventionelle Belohnungs- und Strafreize während des Schlüsselprozesses spielen

Bindung: Von der Psychoanalyse zur Evolutionären Psychologie:

3 grosse,fest in der geisteswissenschaftlichen Literatur verankerte Themen werden durch die Bindungstheorie verknüpft:

-Einerseits wird von der Bindungstheorie die Tradition des Nachdenkens über das eigene Leben aufgegriffen. Diese Tradition beinhaltet den ewigen Streit , ob es frühkindliche Einflüsse auf den Lebenslauf gibt oder auch nicht . Als Lösungsversuch verwendet die Bindungstheorie prospektive Untersuchungen ,also entwicklungspsychologische Längsschnittforschung.

-Anderseits stützt sich die Bindungsforschung in erster Linie auf Beobachtungen als Methode ; sie steht damit in der Tradition von Forschern wie Wilhelm Preyer und Rene Spitz.

-Zu guterletzt folgte Bowlby Darwins Überlegungen, in denen er den Menschen in seiner biologischen Verwandschaft zum Primaten sah.Für die Bindungstheorie übernahm Bowlby den ethologischen Bezugsrahmen der Verhaltensforschung von Konrad Lorenz,William Thorpe und Niko Tinbergen.

Somit kann man Bowlbys Bindungstheorie als einen gelungenen Versuch verstehen , sich mit historisch gewachsenen, aber oft empirisch ungeprüften Einsichten , den Anforderungen des heutigen wissenschaftlichen Selbstverständnisses zu stellen .

Von der Psychoanalyse

Die Grundthese , nach der " das Kind Vater des Mannes sei" wird von der Psychoanalyse vertreten , wobei sie der frühkindlichen Erfahrung eine grosse Rolle zuweist.

Allerdings gibt es viele Belege dafür , dass diese Behauptung viel zu pauschal ist und zu falschen Assoziationen führen kann , obwohl die Behauptung an sich nicht empirisch untermauert wurde.

Bowlby zog aufgrund von eigenen Erfahrungen über das Elend der Kinder vor und nach dem 2. Weltkrieg die wissenschaftliche Konsequenz , dass unklare Begriffe und rückwärtsgerichtete Äusserungen erwachsener Patienten durch systematische Beobachtungen und vorwärtsgerichtete Untersuchungen zu ersetzten seien.

Nach Bowblys Meinung hat zwar die Psychoanalyse die richtigen Fragen gestellt , aber die falschen Antworten gegeben.

Der nicht zu überbrückende Unterschied zwischen der Psychoanalyse und der theoretisch offnen Bindungsforschung ist derjenige zwischen einem geschlossenen Denksystem , welches nur auf den Worten Freuds beruht und wissenschaftlich ungeprüft für wahr angenommen wurde . Und den Hypothesen einer offnen Theorie, in der Annahmen solange skeptisch betrachtet werden , bis sie entweder als falsch widerlegt werden oder durch Untersuchungspläne und Forschungsmethoden hinreichend belegt sind.

Das theoretische Konzept : die Ethologie

Das theoretische Konzept , was die Bindungsforschung überhaupt erst ermöglicht, beruht zu einem grossen Teil auf der Ethologie bzw. der vergleichenden Verhaltensforschung.In den folgenden Beiträgen sollen diese Zusammenhänge aufgezeigt werden , um die Bindungsforschung an sich zu verstehen:

-in " Mit der Ethologie heraus aus der Psychoanalyse : Ein Kreuzungsexperiment" beschreibt John Bowlby den Schritt, die triebtheoretischen Konzepte der Psychoanalyse durch adaptive ,informationsverarbeitende Konzepte zu ersetzen.

-die umgekehrten Blickrichtung , die als eine Art der Bestätigung gilt, veröffentlichte er in dem Beitrag " Ethologisches Licht auf psychoanalytische Probleme"

-einen gemeinsamen Lebensrückblick von Mary Ainsworth und John Bowlby beinhaltet der dritte Beitrag" Ein ethologischer Zugang zur Persönlichkeitsentwicklung ".In ihm wird der ethologische Ansatz als phylogenetischer Bezugsrahmen auf seine entwicklungspsychologischen Möglichkeiten hin geprüft.

Bowlbys Methode

Durch die Methode der Beobachtung ergab sich für Bowlby die Möglichkeit zur objektiven Erfassung von Parametern individuellen Verhaltens und von kommunikativen Prozessen:

-in der frühen Kindheit gibt es eine weitgehende Parallelität zwischen den inneren Vorgängen und dem Verhalten . Hier erweist sich vielfach die systematische Dokumentation von Verhaltensweisen als ein Leitfaden , mit dem man sich gleichzeitig vollziehende Prozesse erkennen kann.

-wenn in der späteren individuellen Entwicklung des Kindes die Sprache gut beherrscht wird, lassen sich die geistigen Prozesse als sprachliche Repräsentation erfassen .

Bowlby und die Verhaltensbiologie

Die Verhaltensbiologie geht davon aus , dass Erklärungen für die Funktion von Verhaltenssystemen und ihrer Entwicklung auf der Basis der Gene zu suchen sind.

Die Funktion des Bindungsverhaltens , welches die Nähe des Kleinkindes zur Mutter herstellt und aufrechterhält , sieht Bowlby darin, dass es Schutz vor Gefahren gewährleistet , die das Kind noch nicht kennt. Darüber hinaus hat das Kind in der Gesellschaft der Mutter die Möglichkeit Tätigkeiten und Dinge zu erlernen , die es fürs Überleben sowie für die Rolle in der Gemeinschaft benötigt. Vererbt sind hierbei nicht die Verhaltenssysteme selbst , sondern nur das Potential ,um bestimmte Verhaltenssysteme zu entwickeln , deren Wesen und Ausprägung sich ontogenetisch qualitativ unterschiedlich ausbilden können.

Verhaltenssysteme werden gesteuert durch spezifische Informationen , die aus der Umwelt, wie auch aus dem Organismus selbst ,kommen können. Diese Informationen sind messbar ( z.B. innere Vorgänge durch physiologische Messungen).

Die systemische Sichtweise hat die Grundlage für die Erfassung eines " ziel-korrigierten" Verhaltens geschaffen. D.h. der Organismus vergleicht seine Bedürfnisse mit der aktuellen Situation (Soll-/Istwert) , um so Informationen über die Wirksamkeit seiner Aktion auf die Umwelt bzw. über den Einfluss der Umwelt auf den Organismus zu erhalten .In diesen Rahmen stellte Bowlby auch seine Theorie über die Funktion der Gefühle.

Bowlby und die Gefühle

Gefühle sind Bewertungsprozesse des Individuums , die als intuitve Einschätzung bestehender Zustand oder als ein sich verändernder Zustand vorliegen können. Sie können bewusst oder unbewusst sein.

Die grundlegenden Emotionen und Gefühle sind nich Elemente , die unabhängig vom Verhalten existieren , sondern sie sind Phasen der Verhaltensprozesse selbst .Sie stellen die Schnittstelle dar zwischen mehr oder weniger erfolgreichem Verhalten des Individuums und den Wirkungen , die dieses Verhalten in seiner Lebensumwelt hat. Die Wechselwirkungen zwischen Individuum und Umwelt sind dabei am wichtigsten, denn daraus folgen dann entsprechende "Anleitungen" zur zukünftigen Steuerung der Verhaltenssysteme.

Störungen in der emotionalen Bewertung der Wechselwirkungen führen zu Störungen in der Bewertung der sozialen und dinglichen Wirklichkeit.

Optimale Verhaltensweisen und Entwicklung einer sicheren Organisation von Emotionen:

Durch Bowlbys sowie auch Mary Ainsworth Anlehnung an die Verhaltensforschung gewannen beide nachprüfbare Hypothesen über "optimales " Verhalten von Säuglingen und ihren Betreuungspersonen.

"Optimale " Verhaltensweisen sind solche, die in der Urzeit das Überleben des jungen Menschen garantierten.

Sein phylogenetisches Erbe stattet den Säugling von Anfang an mit grundlegenden kommunikativen Fähigkeiten aus( Signalverhalten , Orientierungsfähigkeit) , durch die seine Bedürfnisse verständlich werden. Die Bedürfnisse sowie das mütterliche Pflegeverhaltenssystem sind prä-adaptiv aneinander angepasst und bilden somit die Grundlage zur Ausbildung einer sozio-emotionalen Beziehung(affectionate systems).

Nach Bowlbys Ansicht verbindet die Bindungstheorie theoretisch und therapeutisch nützliche Hypothesen mit einer Theorie der Psychodynamik individueller Anpassung zu einem Konzept von emotionalem Zusammenhang und Vollständigkeit.

Die Entwicklung einer sicheren Organisation von Emotionen des Säuglings in Übereinstimmung mit seinen wirklichen Erfahrungen wird unterstützt durch angemessene Beantwortung der vom Säugling signalisierten Bedürfnisse und Wünsche durch die Mutter. Eine unangemessene Reaktion der Mutter wirkt im Gegensatz dazu behindernd .

Die Enticklung einer sicheren Organisation ist somit der Beginn der Entwicklung von Selbst und Selbstwertgefühl.

Fin de l'extrait de 9 pages

Résumé des informations

Titre
Bindung - Pionier der Bindungstheorie: Bowlby
Université
Technical University of Braunschweig
Cours
Vorlesung
Note
1,0
Auteur
Année
2007
Pages
9
N° de catalogue
V112151
ISBN (ebook)
9783640104246
Taille d'un fichier
387 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bindung, Pionier, Bindungstheorie, Bowlby, Vorlesung
Citation du texte
Stefanie Kowalczyk (Auteur), 2007, Bindung - Pionier der Bindungstheorie: Bowlby, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112151

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