Das Ende der Dialektik

Eine Auseinandersetzung mit dem 'Ende der Geschichte' bei Hegel und Fukuyama


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2008

14 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hegels Konzept der Dialektik

3. Der Geschichtsbegriff bei Hegel und Fukuyama
3.1 Der Gang der Weltgeschichte bei Hegel
3.2.Geschichtsbegriff Fukuyama

4. Fazit: Das Ende der Dialektik der Geschichte?

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts war geprägt vom vorläufigen Sieg der Demokratie und der freien Marktwirtschaft über den Kommunismus und die Planwirtschaft. Der amerikanische Philosoph und Politikwissenschaftler, Francis Fukuyama, nahm die außergewöhnlichen weltpolitischen Umbrüche jener Zeit zum Anlass, das in Hegels Geschichtsphilosophie angelegte „Ende der Geschichte“ aufzugreifen und im Kontext der Auflösung der Systemkonfrontation zu aktualisieren.

Hegel hatte in seinen „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“, inspiriert durch die französische Revolution, einen teleologischen Geschichtsbegriff entwickelt, dessen „Endpunkt“ er in der Durchsetzung von Gleichheit und Freiheit im liberalen Verfassungsstaat sah. Der von Marx ausgearbeitete historische Materialismus (als Revision des idealistischen Historismus von Hegel) hob die sozialen Verwerfungen der industriellen Revolution und des Kapitalismus hervor, um Hegels Annahme einer Umdeutung zu unterziehen. Marx zufolge konnte der liberale Staat einen fundamentalen Widerspruch nicht auflösen, nämlich den Widerspruch zwischen Bourgeoise und Proletariat. Damit repräsentiert das „Ende der Geschichte“ im Sinne des Erreichens der absoluten Freiheit lediglich die Freiheit einer bestimmten Klasse, nämlich der Bourgeoise. Daher setzte Marx als Endpunkt der Geschichte die klassenlose Gesellschaft, die das Ende der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen bedeutet.[1] Allerdings verliert diese Prognose mit dem vermeintlichen Sieg der Demokratie zu Beginn der 1990er Jahre ihre Argumentationskraft. Fukuyama dagegen interpretiert die Auflösung des Ostblocks als späte Bestätigung von Hegels Theorie. Seine Proklamation vom Ende der Geschichte, verstanden als Auflösung grundlegender ökonomischer und politischer Konfliktlinien zwischen den Staaten, gerät allerdings wiederum mit den Ereignissen des 11. September 2001 in die Krise. Aus heutiger Sicht – insbesondere angesichts des rasanten wirtschaftlichen Aufstiegs Indiens, Chinas und Russlands (als autoritäre Staaten) sowie dem gewaltigen Anstieg religiös-fundamentalistischer Bewegungen – scheint ein Ende der Geschichte nicht in Sicht.

Vor diesem Hintergrund geht die vorliegende Arbeit der Frage nach, inwieweit die Vorstellung von einem Ende der Geschichte mit dem, der Geschichte selbst zugrunde liegenden, dialektischen Prinzip in Widerspruch steht. Grundlegend geht es hierbei darum, dass Hegels Konzept der Geschichte, angesichts der komplizierten gesellschaftlichen Zusammenhänge und der historischen Erfahrung, von der Idee eines Endpunkts und von ihrem universalistischen Anspruch befreit werden muss.

Motiv für diese „Ausdünnung“ des Hegelschen Begriffs der geschichtlichen Entwicklung ist die Annahme, dass das Prinzip der Dialektik nicht in ein teleologisches Entwicklungsverständnis passt. Ein auf dialektischen Bewegungen beruhender Fortgang der Geschichte kann sich nicht in einer letzten Synthese lösen. Begründungen für diese Hypothese liefert auf der einen Seite die geschichtliche Erfahrung (wie oben skizziert), auf der anderen Seite werden sie durch den Begriff der Entwicklung (der die Geschichte charakterisiert) gesetzt. Die geschichtliche Entwicklung käme zum Stillstand, wenn das sie erzeugende Prinzip der Dialektik sich in einer letzten großen Synthese auflöste.

Die Auflösung des Telos sowie die Ent-Universalisierung des Hegelschen Geschichtsbegriffs, zielt darauf, denselben als ein fruchtbares philosophisches Konzept angesichts der gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Gegenwart zu erhalten. Hierfür werde ich im ersten Teil der Arbeit in den Begriff der Dialektik, wie er von Hegel verstanden wird, einführen. Daran schließt sich eine Betrachtung des Begriffs der Geschichte bei Hegel und Fukuyama an. Der Bezug auf Fukuyama erlaubt, die Unzulänglichkeiten des Universalismus’ und der (quasi-) evolutionstheoretischen Zielgerichtetheit der Geschichte bei Hegel zu betonen und die politische Instrumentalisierung des hegelschen Universalismus durch Fukuyama als kritischen Aspekt in die Argumentation mit einzubeziehen. Abschließend werde ich die Konsequenzen des Endes der Geschichte aus der Perspektive der Dialektik problematisieren. Einer Erklärung des geschichtsphilosophischen Scheiterns von Hegel, Marx und Fukuyama in Bezug auf realgeschichtliche Entwicklungen kann sich die vorliegende Arbeit so möglicherweise zu nähern.

2. Hegels Konzept der Dialektik

Dem philosophischen Verständnis der Geschichte liegt bei Hegel das spezielle Konzept der Dialektik zugrunde, das im Folgenden näher erläutert werden soll. Während die griechische Philosophie mit Platon und Aristoteles die Dialektik eher als eine Methode begreift, mit der in einem diskursiven Verfahren Erkenntnis und Wissen gewonnen werden können, lässt sich Hegels Dialektik mit Paul Barth als „Princip des Seienden selbst“[2] beschreiben. Das Begriffsverständnis der Dialektik nach Hegel spielt bis in die heutige Zeit eine primäre Rolle in philosophischen Diskussionen.[3]

In der „Phänomenologie des Geistes“[4] beschreibt Hegel das theoretische Konzept der Dialektik, das er auf die verschiedensten Objekte seiner Beobachtungen anwendet.

Die „beobachtende Vernunft“ betrachtet die Dinge als die Dinge, die sie ihr zu sein scheinen. Sie betrachtet die Dinge an sich:

„Das Bewußtsein beobachtet; d.h. die Vernunft will sich als seienden Gegenstand, als wirkliche, sinnlich-gegenwärtige Weise finden, und haben. Das Bewußtsein dieses Beobachtens meint und sagt wohl, daß es nicht sich selbst, sondern im Gegenteil das Wesen der Dinge als der Dinge erfahren wolle.“[5]

Noch ist sich das Bewusstsein somit wohl der Dinge, nicht aber seiner selbst bewusst. In der Beobachtung der „unorganischen“ Natur geht es dem gedankenlosen Bewusstsein um das Schmecken, Riechen, Fühlen, Hören und Sehen der Dinge.[6] Dabei vergisst es in seinem Eifer, dass alle Wahrnehmung zunächst auf sich selbst und dann auf die Dinge verweist. Der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Wahrheit bleibt der Beobachtung unzugänglich, so dass „das Wahrgenommene [...] wenigstens die Bedeutung eines Allgemeinen, nicht eines sinnlichen Diesen haben“[7] soll. Auf diese Weise erkennt die Vernunft[8] Gesetzmäßigkeiten, die es der Natur und den Dingen an sich zuschreibt.

[...]


[1] vgl. Engels, F.; Marx, K. (1966 [1848]): Das kommunistische Manifest.

[2] Barth, P. (1967): S. 7

[3] Kimmerle, H. in Jamme, C.; Schneider, H. (1990): S. 269

[4] Hegel, G.W.F. (1970 [1823 – 1845])

[5] ebenda, S. 186

[6] ebenda, S. 187 f.

[7] ebenda, S. 187

[8] Vernunft wird hier verstanden als die Fähigkeit das menschliche Vermögen, aus der Fülle der Erscheinungsformen heraus, allgemeinen Zusammenhänge zu erkennen, d.h. den Übergang von der Erkenntnis der Erscheinung zu der des Wesens zu vollziehen (vgl. Sandkühler, H. J. (1999), Band 2: S. 1692

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Das Ende der Dialektik
Sous-titre
Eine Auseinandersetzung mit dem 'Ende der Geschichte' bei Hegel und Fukuyama
Université
Leuphana Universität Lüneburg
Cours
G. W. F. Hegel- eine Einführung
Auteur
Année
2008
Pages
14
N° de catalogue
V112231
ISBN (ebook)
9783640110247
Taille d'un fichier
420 KB
Langue
allemand
Mots clés
Ende, Dialektik, Hegel-, Einführung
Citation du texte
Karen Dierking (Auteur), 2008, Das Ende der Dialektik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112231

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