Im Kleinen Katechismus, dem bis heute maßgeblichen Unterrichtswerk (zumindest für den Konfirmandenunterricht), mahnt Martin Luther (1483-1546) in der Vorrede Eltern und Staat („Obrigkeit“), für den Schulbesuch der Jugend zu sorgen: „Insbesondere treibe hier auch die Obrigkeit und Eltern an, daß sie gut regieren und die Kinder zur Schule anhalten mit der Mahnung, daß sie das zu tun schuldig sind und welch eine verfluchte Sünde sie tun, wenn sie es nicht tun." Für dieses Vorhaben liefert Luther quasi mit dem Katechismus ein Schulbuch. In verschiedenen anderen Schriften geht er schon vor dessen Abfassung 1529 ausführlich auf die Notwendigkeit ein, Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Eine davon ist die Schrift „An die Ratsherren aller Städte deutsches Lands, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“ von 1524. Diese soll der Gegenstand der folgenden Untersuchung sein.
Dabei ist das Interesse Luthers am Schulwesen durch den Charakter seiner Kirche ein zwangsläufiges. „Luthers Kirche ist Kirche des Wortes – des gelesenen und gesprochenen, gepredigten und gesungenen und gehörten Wortes, des muttersprachlichen Wortes ...; protestantische Kultur ist nicht mehr Kultur des Auges, sondern Kultur des Ohres. Sinn ist durch Wort, nicht durch Anschauung vermittelt. Und diese Wortkirche ist gebaut auf Schrift und Buch.“ Damit ist zugleich gegeben, dass Luther nicht aus humanistischem Bildungsinteresse heraus die Sache anpackt, sondern aus seinem Amt als Theologe und Reformator: „Nicht der ,Pädagoge’, ,Hausvater’ und ,Volkserzieher’ Luther ist als solcher für die Erziehung relevant, sondern der Theologe Luther, der sich zum Thema Erziehung äußert" Der historische Kontext der Abfassung der Schrift wird in Kap. 2 kurz vorgestellt. Darauf folgt die ausführliche Nachzeichnung des Argumentationsduktus Luthers (Kap. 3), wobei der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit wegen versucht wird, den Text einer Gliederung zu unterwerfen, was aufgrund der Tendenz Luthers zu sprunghaftem Denken nicht immer eindeutig zu lösen ist. Hierbei kommt neben der Paraphrase der Originalton Luthers wegen seiner rhetorischen Qualität häufig zu Wort und wird die Analyse des Textes ergänzt durch Kommentierungen aus historischer, biblisch-theologischer und dogmatischer, daneben auch pädagogischer Perspektive. In Kap. 4 wird eine knappe Systematisierung des pädagogischen Denkens Luthers versucht; Kap. 5 bietet ein kurzes persönliches Resümee zum Thema.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Jahr 1524 — Entstehungskontext der Schrift „An die Ratsherren"
- Historischer Kontext
- Luther und die Reichsacht
- Das Schwert für das Evangelium
- Entstehung und Überlieferung der Schrift „An die Ratsherren"
- „An die Ratsherren aller Städte deutschen Lands ..."
- Luthers Begründung für die Abfassung der Ratsherrenschrift
- Ermahnung an die Eltern
- Trotz dem alten Drachen
- Zeit der Gnade
- Gottes Gebot
- An die Räte
- Sprachen lernen!
- Die Irrtümer der Väter
- Allein die Schrift
- Geist und Schrift
- Der Nutzen der Schulbildung für das weltliche Regiment
- Zu Luthers Gesellschaftsbild
- Form und Inhalte der Schulbildung
- Interludium
- Büchereien ausstatten!
- Biblische Argumentation
- Welche Bücher?
- Schlussparanese
- Grundgedanken lutherischer Pädagogik
- Die Voraussetzungen in der Anthropologie
- Merkmale des pädagogischen Denkens Luthers
- Menschliche Erziehung als Analogon
- Erziehung als gutes Werk
- Ein Schlusswort
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Martin Luthers Schrift „An die Ratsherren aller Städte deutschen Lands, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen" von 1524. Sie analysiert den historischen Entstehungskontext und den Argumentationsgang Luthers, um die Kernaussagen seiner Pädagogik aufzuzeigen. Die Arbeit ist als historische Untersuchung angelegt, die Luthers pädagogisches Denken im Kontext seiner theologischen Überzeugungen und der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit betrachtet.
- Die Bedeutung der Schulbildung für die Verbreitung des Evangeliums
- Die Rolle der Sprache und der Schrift in der christlichen Lehre
- Die Notwendigkeit einer staatlichen Unterstützung für das Schulwesen
- Die Inhalte und Methoden der lutherischen Pädagogik
- Die Kritik an der mittelalterlichen Bildung und an den Irrtümern der Kirchenväter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt Luthers Schrift „An die Ratsherren" als Ausdruck seiner pädagogischen Überzeugungen vor. Dabei wird die Bedeutung der Schulbildung für die Verbreitung des Evangeliums und die Rolle des Wortes Gottes in der lutherischen Lehre hervorgehoben.
Kapitel 2 beleuchtet den historischen Entstehungskontext der Schrift. Es werden Luthers Situation im Jahr 1524, die Reichsacht und die Auswirkungen der Reformation auf das Schulwesen dargestellt. Der Bauernkrieg und die Herausforderungen für Luthers Reformation werden als Hintergrund für die Abfassung der Schrift „An die Ratsherren" erläutert.
Kapitel 3 analysiert Luthers Argumentationsgang in der Schrift. Es werden seine Begründungen für die Abfassung der Schrift, seine Ermahnungen an Eltern und Stadträte sowie seine Überlegungen zur Bedeutung der Sprachen, der Bibelübersetzung und der Bildung für das weltliche Regiment dargestellt. Luther kritisiert die Irrtümer der Kirchenväter und die mittelalterliche Bildung, die er als unzureichend und hinderlich für die Verbreitung des Evangeliums betrachtet. Er plädiert für eine umfassende Schulbildung, die den Zugang zur Heiligen Schrift und die Entwicklung der Fähigkeiten des Denkens und Handelns fördert.
Kapitel 4 beleuchtet die Grundgedanken der lutherischen Pädagogik. Die Voraussetzungen des pädagogischen Denkens Luthers in seiner Anthropologie und der Rechtfertigungslehre werden dargestellt. Die Merkmale des pädagogischen Denkens Luthers, insbesondere die Analogie zwischen menschlicher Erziehung und der Beziehung zwischen Gott und Mensch sowie die Bedeutung der Erziehung als gutes Werk, werden erläutert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die lutherische Pädagogik, die Reformation, die Schulbildung, das Evangelium, die Sprache, die Heilige Schrift, die Bibelübersetzung, die Kirchenväter, die mittelalterliche Bildung, die Anthropologie und die Rechtfertigungslehre. Die Arbeit analysiert Luthers Schrift „An die Ratsherren" als Ausdruck seiner pädagogischen Überzeugungen und beleuchtet die Bedeutung der Schulbildung für die Verbreitung des Evangeliums und die Entwicklung des Menschen.
- Arbeit zitieren
- Christian Deuper (Autor:in), 2008, "Wie man allenthalben die Schulen gehen lesst ...", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112279