„Himmel und Erde waren geschaffen; das Meer wogte in seinen Ufern, und die Fische spielten darin; in den Lüften sangen beflügelt die Vögel; der Erdboden wimmelte von Tieren. Aber noch fehlte es an dem Geschöpf, dessen Leib so beschaffen war, dass der Geist in ihm Wohnung machen und von ihm aus die Erdenwelt beherrschen konnte. Da betrat Prometheus die Erde, ein Sprössling des alten Göttergeschlechter...“ – so beginnt wohl einer der bekanntesten griechischen Mythen, der durch immer neue künstlerische Gestaltung und Bearbeitung noch bis heute lebendig geblieben ist.
Unter Mythen sind sagenähnliche Erzählungen von Göttern, Helden und Dämonen zu verstehen. Sie entstanden meist als Erklärung sowohl des Welt- und des Menschenursprungs, wie auch noch nicht erkannter Naturerscheinungen und Zusammenhänge in der Ur- und Früh-zeit der Menschheitsentwicklung.
Genauso wie die Religion, so ist auch die Mythologie Ausdruck einer gewissen Ohnmacht, der schicksalhaft empfundenen Abhängigkeit der Menschen vom Einfluss der Natur und Gesellschaft. Parallel widerspiegeln sie immer eine ganz bestimmte Entwicklungsstufe der Lebensweise des jeweiligen Volkes. Jeweils solche Erscheinungen werden als göttlich verehrt, die für das Leben und Werden eines Volkes von besonderer Bedeutung waren. So findet man Sonnen- und Regengötter, Götter des Waldes, der Jagd, des Meeres usw. In phan-tastischen Erzählungen werden u. a. ihr Wirken und ihre Beziehungen zu den Menschen beschrieben.
Die Kenntnis der alten Mythen verdankt man in hohem Maße den literarischen Überlieferungen. Wie die Märchen sind auch unzählbare Mythen allgemein bekannt und weit verbreitet – nicht zuletzt wegen ihrer poetischen Sprache und der in ihnen gestalteten Menschheitsprobleme. Bis in die Gegenwart hinein werden deshalb ganze Mythen oder ihre einzelnen Gestalten und Motive immer wieder Kunstwerken zugrunde gelegt oder in ihnen verarbeitet, denn sie sind immer gegenwärtig. Ein Beispiel dafür ist Johann Wolfgang Goethes Prometheus-Dichtung, die den Gehalt des antiken Mythos wesentlich bereichert und der die vorliegende Arbeit gewidmet ist. Durch die Anführung des Gedichts bekommt der Leser einen Eindruck der damaligen Zeit mit ihren spezifischen Merkmalen. Die Hymne zeigt nicht nur durch ihren Aufbau, sondern auch durch ihre Sprache und vor allem durch ihren Inhalt die typischen Elemente der Sturm-und-Drang-Periode.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Epoche des Sturm und Drang
- Der Sturm und Drang und sein historischer Kontext
- Das neue Lebensgefühl und Selbstverständnis des Dichters
- Der Geniebegriff im Sturm und Drang
- Mythologische Motive in der deutschsprachigen Literatur
- Renaissance der Mythologie im 18. Jahrhundert
- Die Sage von Prometheus
- Johann Wolfgang von Goethe: „Prometheus"
- Die Entstehungsgeschichte der Hymne
- Zur Form des Gedichts
- Interpretation der Hymne
- Schlussbemerkung
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der mythologischen Gestalt des Prometheus in der deutschsprachigen Literatur des 18. Jahrhunderts, insbesondere im Kontext der Sturm-und-Drang-Epoche. Sie untersucht die Rezeption des Prometheus-Mythos in dieser Zeit und analysiert, wie dieser Mythos in Goethes „Prometheus"-Hymne verarbeitet und interpretiert wird. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung des Prometheus-Mythos als Ausdruck des neuen Lebensgefühls und Selbstverständnisses des Dichters im Sturm und Drang, insbesondere in Bezug auf den Geniebegriff und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Konventionen.
- Die Rezeption des Prometheus-Mythos in der deutschsprachigen Literatur des 18. Jahrhunderts
- Die Bedeutung des Prometheus-Mythos als Ausdruck des neuen Lebensgefühls und Selbstverständnisses des Dichters im Sturm und Drang
- Die Rolle des Geniebegriffs im Sturm und Drang und seine Verbindung zum Prometheus-Mythos
- Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Konventionen im Kontext des Prometheus-Mythos
- Die Interpretation von Goethes „Prometheus"-Hymne im Hinblick auf die genannten Themen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt den Prometheus-Mythos als Ausgangspunkt der Untersuchung vor. Sie beleuchtet die Bedeutung des Mythos als Ausdruck von Menschheitsursprung und -entwicklung sowie als Spiegelbild der menschlichen Ohnmacht und Abhängigkeit von Natur und Gesellschaft.
Das zweite Kapitel widmet sich der Epoche des Sturm und Drang. Es werden der historische Kontext, das neue Lebensgefühl und Selbstverständnis des Dichters sowie der Geniebegriff im Sturm und Drang beleuchtet. Die Epoche wird als eine Revolte gegen die Aufklärung und die bestehenden gesellschaftlichen Normen dargestellt, die sich durch ein schwärmerisches Verhältnis zur Natur, eine neue Vorstellung von Moral und eine Betonung der individuellen Freiheit auszeichnete.
Das dritte Kapitel befasst sich mit mythologischen Motiven in der deutschsprachigen Literatur des 18. Jahrhunderts. Es wird die Renaissance der Mythologie in dieser Zeit beleuchtet, die Sage von Prometheus vorgestellt und Goethes „Prometheus"-Hymne im Detail analysiert. Die Entstehungsgeschichte der Hymne, ihre Form und ihre Interpretation werden untersucht, um die Bedeutung des Prometheus-Mythos für die Sturm-und-Drang-Epoche zu verdeutlichen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Prometheus-Mythos, die Epoche des Sturm und Drang, das neue Lebensgefühl und Selbstverständnis des Dichters, den Geniebegriff, die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Konventionen, die Interpretation von Goethes „Prometheus"-Hymne und die Bedeutung des Mythos als Ausdruck von Menschheitsursprung und -entwicklung.
- Citation du texte
- Magister Radoslaw Lis (Auteur), 2006, Die mythologische Gestalt des Heroen, Menschenbildners und Halbgottes Prometheus in der deutschsprachigen Literatur des 18. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112388