Motivation, Leistungsmotivation - Theoretische Grundlagen und praktische Folgerungen


Seminar Paper, 2007

27 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen der Motivationspsychologie
2.1 Motivation
2.2 Leistungsmotivation

3. Motivation als Baustein des Bewegungslernens

4. Motivationsstrategien
4.1 Allgemeine Motivationsstrategien
4.2 Positive Beeinflussung des Leistungsmotivs

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Ob Lehrer, Trainer oder Leiter einer anderen Gruppe, ein entscheidendes Qualitätsmerkmal lautet heutzutage fast immer: Kann er seine Sportler motivieren oder nicht? Was aber verbirgt sich hinter diesem häufig verwendeten Begriff der Motivation und inwiefern kongruieren Alltagsvorstellungen mit der tatsächlichen psychologischen Definition? Eine weiterführende Frage wäre in diesem Zusammenhang: Welche Art von Motivation fördert er und wie ist diese kurz- oder langfristig zu bewerten?

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff der Leistungsmotivation. Spontan lässt sich aufgrund der Begriffsbildung vermuten, dass hiermit die Motivation gemeint ist, Leistung zu vollbringen. Fasst man das Konstrukt der Leistung allerdings physikalisch als Energie/Zeit auf oder ausschließlich als etwas, wofür man von anderen gelobt wird, so entspricht diese Erklärung nicht exakt der psychologischen Auffassung von Leistungsmotivation.

Vor diesem Hintergrund scheint es nötig zu sein, die theoretischen Grundlagen zu den Begriffen Motivation und Leistungsmotivation aus psychologischer Sicht aufzuarbeiten. Auf dieser Basis kann herausgestellt werden, welche Bedeutung der Motivation beim Bewegungslernen und der Bewegungsausführung zukommen. Anschließend können Möglichkeiten vorgestellt werden, wie Motivation allgemein und insbesondere Leistungsmotivation im Sport gefördert werden können.

Ein Schwerpunkt soll bei diesem Praxisbezug auf den Schulsport gelegt werden. Einer der Gründe hierfür ist, dass im Schulsport wesentlich mehr Motivationsprobleme zu erwarten sind als im Vereinssport und die Anwendung von wirkungsvollen Motivationsstrategien deshalb umso wichtiger ist. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass im Vereins- und Spitzensport bei etwa gleichem Leistungsniveau die Motivation ein ausschlaggebender Faktor im Wettkampf sein kann. Viele der vorgestellten Motivationsstrategien lassen sich allerdings auch ohne Probleme auf andere Gruppen übertragen oder können mit Bezug zum theoretischen Hintergrund auf diese abgestimmt werden.

2. Grundlagen der Motivationspsychologie

In diesem Abschnitt soll es darum gehen, für die Arbeit relevante und grundlegende Begriffe der Motivationspsychologie zu definieren und Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen. Dabei wird zunächst der Begriff der Motivation mit seinen theoretisch-psychologischen Hintergründen zu klären sein, bevor die Leistungsmotivation mit den zugehörigen Einflussgrößen vorgestellt wird.

2.1 Motivation

Der Begriff Motivation findet häufige Anwendung im Alltag und meint in der Regel etwas in einer Person, das bewirkt, dass diese aus eigenem Antrieb Anstrengung aufbringt um ein Ziel zu erreichen. DeCharms pointiert dies mit der Definition: „Motivation ist so etwas wie eine milde Form der Besessenheit (DeCharmes 1979, zitiert nach Rheinberg/Krug 2005, 55).“

Rheinberg definiert Motivation als die „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ (Rheinberg 2004, 15).

Alltagsgebräuchliche Vorstellungen vom Begriff der Motivation und wissenschaftliche Definitionen weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Jeweils erkennt man etwas, wie eine Bereitschaft, sich intensiv mit einer Sache zu beschäftigen um dadurch einen Zielzustand zu erreichen, den man als wünschenswert ansieht. Weiterhin ist damit in der Regel eine daraus resultierende Handlung zu erkennen.

Ein geringer Unterschied besteht darin, dass die Vorstellung im Alltagsgebrauch eher dahin geht, dass Motivation etwas wie ein Substrat ist, von dem Menschen mal mehr und mal weniger haben. Im wissenschaftlichen Sinne gilt Motivation eher als Gedankenkonstrukt, mit dem Zielgerichtetheit, Intensität und Ausdauer von Verhalten erklärbar werden (vgl. Rheinberg/Krug 2005, 23).

Eine erste Klassifizierung von Motivation besteht in der Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation.

Motivation wird als intrinsisch bezeichnet, wenn das dadurch ausgelöste Verhalten kein offensichtliches Ziel außerhalb der Handlung selbst hat.

Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist das Interesse, womit eine „besondere Beziehung einer Person zu einem Gegenstand“ (Hasselhorn/Gold 2006, 103) gemeint ist. Dieser Gegenstand kann ein Objekt, ein Thema oder eine Tätigkeit sein. Entsprechend spricht man beispielsweise von gegenstandszentrierter, interessengeleiteter intrinsischer Motivation, wenn man sich (freiwillig) in einem Lexikon über die Besonderheiten eines bestimmten Gegenstandes informiert. Ein Beispiel für tätigkeitszentrierte intrinsische Motivation wäre ein Hobbyfußballer, der sich am „Kicken“ erfreut, auch wenn es gar keinen Wettkampfcharakter hat. Ist Interesse vorhanden, hat das den Effekt, dass das kognitive System auf einem optimalem Niveau arbeitet (damit ist vor allem optimale Aufmerksamkeitszuwendung gemeint und eine optimale Zuwendung von Arbeitsgedächtniskapazität) (vgl. Hasselhorn/Gold 2006, 103f.).

Von extrinsischer Motivation spricht man hingegen, wenn die Ursache derselben nicht (nur) in der Handlung selbst, sondern vor allem auch außerhalb der Handlung liegt. Klassische Beispiele hierfür sind die Belohnung oder die Vermeidung von Unannehmlichkeiten.

Uneinigkeit herrscht in der Psychologie darüber, inwiefern zusätzliche extrinsische Motivation bereits bestehende intrinsische Motivation hemmt oder sogar schwächt. Man spricht hierbei vom so genannten Korrumpierungseffekt. Darunter kann man sich folgendes Problem vorstellen: Jemand betreibt etwas eigentlich aus Interesse und wird plötzlich zusätzlich dafür belohnt. Daraufhin fragt er sich vielleicht irgendwann, warum er das eigentlich jetzt genau tue. Fühlte er sich vorher noch selbstbestimmt und einzig interessegeleitet, beginnt er jetzt zu zweifeln, ob er das eigentlich noch wirklich selbst will oder nur wegen der Belohnung mache (vgl. Rheinberg 2006, 337ff). Es soll hier nicht erörtert werden, inwiefern diese Befürchtung zutreffend ist. Für den weiteren Verlauf der Arbeit soll nur bilanziert werden, dass es eine Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation gibt. Außerdem sollte die intrinsische Motivation bei Schülern so weit und so gut wie möglich gefördert und in einer Wahlsituation der extrinsischen Motivation vorgezogen werden. Der offensichtliche Grund hierfür ist, dass bei extrinsischer Motivation zu befürchten ist, dass die Motivation ausbleibt, sobald der äußere Anreiz (z.B. Belohnung) wegfällt. Selbstverständlich ist es aber auch denkbar, äußere Anreize einzusetzen um eine Tätigkeit oder einen Gegenstand überhaupt erst kennen zu lernen und damit Gelegenheit zu geben, dass Interesse und damit intrinsische Motivation entstehen kann (vgl. Hasselhorn/Gold 2006, 104-106).

2.2 Leistungsmotivation

Wichtig, vor allem für intrinsische Motivation, war das Interesse an einer Handlung oder einem Gegenstand. Wichtig für Lern- und Leistungsmotivation sind neben den bisher vorgestellten themengebundenen Merkmalen aber auch themenunspezifische Dispositionen (systematische interindividuelle Unterschiede). Ein für diese Arbeit wichtiges Beispiel hierfür ist die Hoffnung auf Erfolg bzw. die Angst vor Misserfolg, die Menschen grundsätzlich bei der Lösung von Aufgaben haben.

Um auf diesen Bereich näher eingehen zu können muss zunächst der Begriff des Motivs geklärt werden. „Von Motiv sprechen wir, wenn es um individuelle zeitüberdauernde Vorlieben für bestimmte Klassen von Zuständen geht“ (Hasselhorn/Gold 2006, 103).

Wichtig ist, dass Motive als relativ zeitstabil gelten und Menschen in bestimmten Situationen nicht nur ein Motiv haben, das ihr Handeln bestimmt. Vielmehr ist von einem komplexen Motivsystem auszugehen, wobei verschiedene Motive untereinander in Konkurrenz stehen und in bestimmten Situationen eine Motivhierarchie ausschlaggebend für die Handlung ist (vgl. Allmer 1984, 105f.).

Beispiele für Motive sind das Anschlussmotiv (jemand findet es besonders Attraktiv sich in sozialen Gruppen aufzuhalten) oder das Machtmotiv. Für diese Arbeit besonders relevant ist das Leistungsmotiv. Hierbei geht es darum, dass man sich gerne im Lösen von herausfordernden Aufgaben als kompetent und tüchtig erlebt. „Leistungsmotiviert im psychologischen Sinne ist ein Verhalten nur dann, wenn es auf die Selbstbewertung eigener Tüchtigkeit zielt, und zwar in Auseinandersetzung mit einem Gütemaßstab, den es zu erreichen oder zu übertreffen gilt“ (Hasselhorn/Gold 2006, 106). Die Motivation sich einer Lernanforderung zu stellen hängt also von einem subjektiven Gütemaßstab ab, wann ich eine Leistung als Erfolg oder Misserfolg wahrnehme. Dieser Gütemaßstab ist situationsabhängig (bei Krankheit zum Beispiel niedriger) und wird als Anspruchsniveau bezeichnet. Da mit dem jeweiligen Anspruchsniveau die entsprechende Zielsetzung (und damit der Schwierigkeitsgrad der bevorzugten Aufgaben) unmittelbar verknüpft sind, spricht man auch vom Ziel bzw. Anspruchsniveau.

Das Risiko-Wahl-Modell von Atkinson (1957) verdeutlicht, wovon zum Beispiel die individuelle Anspruchsniveausetzung (Zielsetzung) abhängen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Rheinberg/Krug 2005, 27)

Nach diesem Modell besitzen sehr schwierige Aufgaben zwar einen hohen Erfolgsanreiz, aber nur geringe Erfolgswahrscheinlichkeit. Bei sehr leichten Aufgaben verhält es sich umgekehrt. Besonders motivierend im Hinblick auf das Leistungsmotiv sind hingegen Aufgaben mittlerer Schwierigkeit, das heißt Aufgaben, die herausfordernd, aber noch lösbar sind (vgl. Rheinberg/Krug 2005, 27f.).

Die interindividuellen Unterschiede bezüglich des Leistungsmotivs und dessen entscheidende Einflussfaktoren sollen im Folgenden genauer analysiert werden.

Zunächst ist festzustellen, dass sich Personen in Leistungssituationen unter etwa gleichen Voraussetzungen oft sehr unterschiedlich verhalten (vgl. Breuer: 1982, 71).

Hierbei lassen sich zwei grundlegend unterschiedliche Tendenzen unterscheiden, die bei allen Personen vorhanden sind, sie aber durch ihre jeweilige Ausprägung in zwei Gruppen unterteilen. Die beiden Tendenzen sind Hoffnung auf Erfolg und Angst vor Misserfolg. Das Leistungsmotiv setzt sich gerade aus diesen beiden Motivtendenzen zusammen. Personen, bei denen die erste Tendenz stärker vorhanden ist, nennt man Erfolgsmotivierte, diejenigen, bei denen die die letztere Tendenz stärker zum tragen kommt, werden als Misserfolgsängstliche bezeichnet (vgl. Hasselhorn/Gold 2006, 108f.).

Ein Hauptunterschied dieser beiden Gruppen besteht darin, welchen Schwierigkeitsgrad von Aufgaben sie bevorzugen (hierbei ist immer von einer subjektiven Einschätzung des Schwierigkeitsgrades auszugehen). Nach dem Risiko-Wahl-Modell von Atkinson sollten Aufgaben mittleren Schwierigkeitsgrades für Menschen am reizvollsten sein.

Erfolgsmotivierte wählen auch entsprechend diese Aufgaben, sogar mit einer leichten Tendenz zu etwas schwierigeren Aufgaben. Misserfolgsängstliche hingegen versuchen zunächst grundsätzlich Aufgaben aus dem Weg zu gehen aus Angst zu versagen. Sind sie aber gezwungen Aufgaben zu wählen, wählen sie in der Regel sehr leichte oder extrem schwere Aufgaben. Der Grund hierfür liegt darin, dass sie sehr leichte Aufgaben höchstwahrscheinlich lösen können (kein Versagen) und es bei extrem schweren Aufgaben in gewissem Sinne keine Überraschung ist, wenn sie diese nicht lösen. Damit ist gemeint, dass ein Nicht-Lösen von extrem schweren Aufgaben keine Rückschlüsse auf mangelnde Fähigkeiten zulässt, sondern mit der zu großen Schwierigkeit der Aufgabe begründet wird (auch kein Versagen). Ein für diese Arbeit wichtiger Unterschied der beiden Gruppen besteht auch darin, dass Erfolgsmotivierte oftmals ausdauernder sind bei dem Versuch eine Aufgabe zu lösen (diese Aussage bezieht sich auf Aufgaben, die einen realistisch mittelschweren Schwierigkeitsgrad haben) (vgl. Hasselhorn/Gold 2006, 108f.).

Ein zweiter einflussreicher Faktor bezüglich des Leistungsmotivs ist die Kausalattribuierung.

„Dabei geht es um die Frage, wo und wie der Alltagsmensch als naiver Psychologe die Ursachen für eigenes und fremdes Erleben und Verhalten sieht, und wie sich diese Sichtweise auf seine zukünftigen Handlungen auswirkt“ (Samulski: 1986, 59).

Für uns wichtig ist hierbei vor allem die Interpretation eigenen Erlebens und Verhaltens. Unterschieden werden hier offensichtlich zwei Aspekte. Erstens, welche Gründe man selbst für ein bestimmtes Ereignis annimmt und zweitens, welche Konsequenzen diese Ursachenzuschreibung auf zukünftige Handlungen hat.

Ein einfaches und für uns wichtiges Beispiel ist hierbei der Misserfolg bei der Bewältigung einer Aufgabe. Man kann die Gründe hierfür z.B. darin sehen, dass man sich zu wenig angestrengt hat, man einfach Pech hatte, oder aber nicht die nötigen Fähigkeiten bzw. nicht das nötige Talent besitzt.

Diese unterschiedliche Ursachenzuschreibung kann entsprechend unterschiedliche Konsequenzen auf zukünftige Handlungen haben. Derjenige, der den eigenen Fleiß als Ursache sah, könnte sich vielleicht beim nächsten Mal mehr anstrengen. Derjenige der sein „Versagen“ dem fehlenden Talent zuschrieb, wird sich wohl kaum mehr anstrengen, da das aus seiner Sicht nicht das Problem war. Zu befürchten wäre bei ihm vielmehr, dass er es künftig erst gar nicht versucht mit der Erklärung: „das schaffe ich ja sowieso nicht!“.

Interessanterweise scheinen sich nun Erfolgsmotivierte und Misserfolgsängstliche systematisch in ihrer Kausalattribuierung zu unterscheiden. Man spricht hier von unterschiedlichen Attributionsstilen (vgl. Hasselhorn/Gold 2006, 110) .

Erfolgsmotivierte erklären Erfolg z.B. mit der eigenen Fähigkeit oder der aufgebrachten Anstrengung (internal). Misserfolge erklären sie mit zeitlich variablen Faktoren, wie Pech oder zu geringe Anstrengung. Misserfolgsängstliche hingegen erklären Erfolg oft mit Glück oder sehr leichten Aufgaben (external). Misserfolge erklären sie durch zeitlich stabile und internale Ursachen, wie mangelnde Fähigkeit (vgl. Saladin 1991, 43-59).

Diese unterschiedliche Voreingenommenheit der Ursachenzuschreibung hat folgende Konsequenz. Erfolgsmotivierte sehen in Leistungssituationen Gelegenheiten, bei denen sie im Erfolgsfall sehr positive Selbstbewertungsaffekte erleben („der Grund war ja mein großes Talent“), während sie sich bei Misserfolgen zwar ärgern, sich aber aufgrund der zeitlichen Variabilität davon ausgehen, dass es beim nächsten mal genau so gut besser laufen könnte.

[...]

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Motivation, Leistungsmotivation - Theoretische Grundlagen und praktische Folgerungen
College
University of Göttingen
Course
Handeln im Sport - Psychoregulation
Author
Year
2007
Pages
27
Catalog Number
V112582
ISBN (eBook)
9783640136476
ISBN (Book)
9783640136933
File size
1065 KB
Language
German
Notes
Die Arbeit selbst wurde nicht benotet. Es gab nur einen benoteten Schein für das gesamte Seminar. Da zählte dann vor allem noch die Präsentation der Arbeit dazu. Dieser Schein ist mir mit "sehr gut" ausgestellt worden.
Keywords
Motivation, Leistungsmotivation, Theoretische, Grundlagen, Folgerungen, Handeln, Sport, Psychoregulation
Quote paper
Stefan Reuter (Author), 2007, Motivation, Leistungsmotivation - Theoretische Grundlagen und praktische Folgerungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112582

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