Vertrauen in der digitalen Ökonomie


Trabajo de Seminario, 2007

26 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vertrauen in digitale Transaktionen
2.1. Funktion von Vertrauen
2.2. Erhöhung des Vertrauens bei digitalen Transaktionen
2.2.1. Vertrauensobjekte
2.2.2. Vertrauensbildende Signale
2.2.3. Strategien zur Erhöhung des Vertrauens

3. Unsicherheit bei digitalen Transaktionen
3.1. Arten der Unsicherheit
3.1.1. Systemunsicherheit
3.1.2. Partnerunsicherheit
3.2. Kontrollsysteme zur Reduzierung von Unsicherheiten
3.2.1. Technologische Kontrollsysteme
3.2.2. Rechtliche Kontrollsysteme
3.2.3. Organisatorische Kontrollsysteme
3.2.4. Soziokulturelle Kontrollsysteme

4. Aktuelle Herausforderungen für Theorie und Praxis
4.1. Konvergenz von technischen und rechtlichen Kontrollsystemen
4.2. Vertrauen als Wettbewerbsvorteil
4.3. Vertrauen als Gegenstand von Geschäftsmodellen

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Zu Vertrauen oder Vertrauen zu schenken sind Vorgänge, die zumeist eher unbewusst ablaufen. Man macht sich kaum aktiv Gedanken darüber, aus welchen Gründen jemand vertrauenswürdig erscheint oder nicht. Die Gründe für Vertrauen bleiben ebenso wie die Voraussetzungen für Vertrauensbildung im alltäglichen Leben weitestgehend unreflektiert. Im Fokus der Entstehung und Verbreitung neuer Technologien rücken solche Fragen jedoch mehr und mehr in den Mittelpunkt, schließlich kann hier nicht auf routinemäßige Vertrauensmuster wie bei lang erprobten und bewährten Verfahren zurückgegriffen werden.

Das Internet bzw. die damit verbundene Frage nach Vertrauen in der digitalen Ökonomie bietet hier ein besonders ergiebiges und weites Untersuchungsfeld. Aufgrund der enormen Möglichkeit der Partizipation, einer riesigen Anzahl von Akteuren und des hohen Grades an Anonymität sind hier einschränkende Gesetze und Regeln nur schwer durchsetzbar. Ein solcher, nahezu gesetzloser Raum, macht die Bildung von Vertrauen zu einer Notwendigkeit, jedoch zugleich zur Unmöglichkeit. Das Internet unterliegt zwar einem stetigen Wachstum, allerdings werden noch lange nicht all seine Potenziale ausgeschöpft, was stark mit der Angst vieler Teilnehmer vor emotionalem und materiellem Schaden zusammenhängt. So werden kaum Verträge über das Internet vollständig abgeschlossen oder größere Summen in reine Online- Geschäfte investiert. Der reale Kontakt scheint für viele Menschen noch immer stark von Nöten zu sein.

Auch die in den letzten Jahren durchgeführten rechtlichen und technischen Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit, konnten das Vertrauen der Anwender in digitale Transaktionen kaum steigern. So sind auf der Ebene der Europäischen Union seit 1997 einige gesetzgeberische Aktivitäten in Bezug auf digitale Transaktionen durchgeführt worden, was auch nationale Normen und eine zunehmende Anzahl einschlägiger Publikationen und Gerichtsentscheidungen nach sich zog. Es wurden in Deutschland allein im Zeitraum von April bis Dezember 2001 295 Aufsätze in Fachzeitschriften und Büchern sowie Dissertationen im Bereich des

Internetund Multimediarechts veröffentlicht. Im selben Zeitraum kam es auch zu 138 einschlägigen Gerichtsentscheidungen.1

Auch technische Maßnahmen zur Reduzierung der Unsicherheit im Internet wurden durchgeführt. Von 1998 bis 2000 erhöhte sich die Anzahl der Unternehmen, die technischer Sicherheit im Umfeld ihrer Internetaktivitäten höchste Priorität geben, von 53% auf 71%.2 Gleichzeitig stiegen die Investitionen in technische Sicherheit stark an.

Trotz dieser rechtlichen und technischen Maßnahmen blieb ein Anstieg des Vertrauens im erwarteten Ausmaß jedoch aus und ist noch oftmals die größte Hürde zur Durchführung von digitalen Transaktionen. Eine von Commerce-Net durchgeführte Befragung von 1000 Internetanwendern aus sechs Ländern ergab, dass die größten Hindernisse zur Akzeptanz von Online-Geschäften die Faktoren technische Sicherheit und Verschlüsselung sowie Vertrauen und

Risiko sind.3 Eine andere Studie ergab für das letzte Quartal des Jahres 2001, dass gerade einmal 30% der europäischen Anwender das Internet als vertrauenswürdiges Medium zur Übermittlung von persönlichen Informationen ansehen. Mitte des Jahres 2000 waren es nur geringfügig weniger. Mehr als die Hälfte derer, die noch nie online einkauften taten dies aus Sicherheitsbedenken nicht. Aus dem gleichen Grund haben 36% der Internet-Anwender das Online- Banking noch nicht verwendet.

2. Vertrauen in digitale Transaktionen

Seit vielen Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten wird das Thema Vertrauen aus Sicht der verschiedensten Bereiche diskutiert. So existieren Ansätze in der Managementund Marketingliteratur, der Ökonomik, der Psychologie und der Soziologie. Jedoch gerade in Bereichen der Informationstechnologie herrschen noch eindimensionale und übervereinfachte Perspektiven vor. So werden häufig die Begriffe Vertrauen (Trust) und Sicherheit (Security) synonym verwendet, obwohl es sich hierbei vielmehr um zwei komplementäre Konstrukte handelt. Bei

Vertrauen handelt es sich eher um die Bereitschaft, bewusst Unsicherheit in Kauf zu nehmen, in der Hoffnung, dass mögliche negative Folgen nicht schlagend werden.4

Für die vorliegende Arbeit soll Vertrauen wie folgt definiert werden: „Vertrauen ist die Bereitschaft zur Erbringung einer riskanten Vorleistung, die auf der Erwartung basiert, dass Vertrauensobjekte (Personen, Systeme) die entstandene Abhängigkeit nicht opportunistisch ausnutzen bzw. sich als funktionsfähig erweisen.“5

2.1. Funktion von Vertrauen

Niklas Luhmann, ein wichtiger deutscher Soziologe und Theoretiker der Nachkriegszeit, sieht die Hauptfunktion von Vertrauen in der Reduktion von Komplexität. Je weiter eine Gesellschaft entwickelt ist und ein Einzelner nicht mehr alle Tätigkeiten der Gemeinschaft ausüben kann, sodass er auf andere angewiesen ist, desto mehr spielt Vertrauen eine große Rolle. „In dem Masse, als eine Sozialordnung komplexer und variabler wird, verliert sie als Ganzes den Charakter der Selbstverständlichkeit, der bekannten Vertrautheit [...]. Andererseits ergibt sich aus der Komplexität der Sozialordnung selbst ein gesteigerter Koordinationsbedarf und damit ein Bedarf für Festlegung der Zukunft, also ein Bedarf für Vertrauen [...].“6

Vertrauen basiert auf Einzelerlebnissen. Es werden ständig Indizien für Vertrauenswürdigkeit einer Person oder einer Organisation kontrolliert. Sind diese befriedigend so wird vertraut.

Werden jedoch Hinweise auf Vertrauensmissbrauch gefunden so wird dem gesamten System das Vertrauen entzogen.7 Überdies erfolgt das Schenken von Vertrauen in kleinen Schritten. Zunächst werden kleine Vertrauensvorschüsse gewährt, wenn sich das Vertrauen später bewährt hat, lässt sich ein Individuum auf größere Risiken ein und tätigt möglicherweise höhere Investitionen.8

Während Luhmann Vertrauen als Voraussetzung für das Zurechtkommen eines Individuums in einer komplexen Umwelt sieht, erkennt Bornschier9 im Vertrauen eine erforderliche Rahmenbedingung für die Entstehung einer solchen Umwelt. Es ist zunächst ein Umfeld mit einem gewissen Grundvertrauen von Nöten, um eine Akzeptanz und Übernahme von Innovationen zu ermöglichen. Der Wert solcher Innovationen kann dann erst in naher oder ferner Zukunft abgeschätzt werden, sodass sie daher einen großen Unsicherheitsfaktor in sich tragen.

„Der durch Vertrauen hinzugewonnene Handlungsspielraum [...] begünstigt [...] das Ausprobieren von unkonventionellen Handlungen, die notgedrungen jenseits von Sicherheit bietenden gesellschaftlichen Routinen stattfinden müssen. Vertrauen ist essenziell für diese Unsicherheitsbewältigung, die beim Umgang mit Neuem geleistet werden muss.“10

Eine weitere wichtige Funktion von Vertrauen im Zusammenhang mit digitalen Transaktionen ist die Kostenreduzierung. In einer neuen technologischen Umgebung existieren Unsicherheiten, da man hier nicht auf bereits erprobte Praktiken zurückgreifen kann. In diesem Zusammenhang kann Vertrauen helfen Kosten zu reduzieren, die ansonsten für Überwachung,

Kontrolle und die Durchsetzung von Sanktionen anfallen würden. Die so freigegebenen Mittel können produktiv genutzt werden.11

Ohne Vertrauen wären sowohl digitale als auch traditionelle Transaktionen von Chaos, Angst und Nicht-Handeln geprägt. Nur wenn er vertraut, ist ein Transaktionspartner bereit, eine riskante Vorleistung zu erbringen. Genau dann übermittelt er beispielsweise seine Kreditkartennummer ohne zu wissen, wer Zugang zu ihr hat oder tätigt Einkäufe ohne die Produkte vorher physisch geprüft zu haben. Hierdurch begibt er sich in ein Abhängigkeitsverhältnis, das heißter wird verwundbar. Dennoch bringt er dem Vertrauensobjekt, hier dem Vertrauensnehmer, das Vertrauen entgegen.12

2.2. Erhöhung des Vertrauens bei digitalen Transaktionen

Laut einer Studie von „Consumers International“ (1999) wurden insgesamt 151 Bestellungen auf Websites in 15 Ländern durchgeführt. Das Resultat war, dass neun Prozent der Ware nie geliefert wurde, in 20 Prozent der Fälle war der Rechnungsbetrag höher als erwartet und bei 21 Prozent der Bestellungen gab es Probleme mit der Rückerstattung, obwohl die fraglichen Websites mit einem Rückgaberecht geworben hatten.13 Die US Federal Trade Commision meldet einen rasanten Anstieg von Onlinebetrug und Konsumenten, die Opfer von Täuschungen sind. Während im Jahr 1997 die Anzahl der Beschwerden noch unter 1.000, so ist diese Zahl im Jahre 2000 auf mehr als 25.000 angestiegen.14 Außerdem wurde gezeigt, dass die mediale Aufmerksamkeit hinsichtlich Sicherheitsrisiken und Onlinebetrug die entsprechenden Ängste der Konsumenten noch verstärkt.

In einem solchen von Risiken und Unsicherheiten geprägten Umfeld, müssen eCommerce- Betreiber Strategien entwickeln, um das Vertrauen zu erhöhen. Es müssen Systeme entwickelt werden, die den Konsumenten dabei unterstützen, das Ausmaß an Vertrauen weitestgehend selbst zu bestimmen, so dass sie in eine spezifische digitale Transaktion investieren.

2.2.1. Vertrauensobjekte

Das Systemvertrauen umfasst die Erwartungen des Nutzers, dass die eingesetzte Hardund Software in den für ihn kritischen Funktionen fehlerfrei funktioniert, so dass beispielsweise Sicherheitslücken bei der Datenübertragung von Dritten nicht entdeckt und missbraucht werden. Beim Partnervertrauen hingegen wird vorausgesetzt, dass Informationsvorsprünge vom Transaktionspartner nicht zum Schaden des anderen ausgenutzt werden. Hierzu zählt beispielsweise, dass die tatsächliche Produktqualität der auf der Website dargestellten auch entspricht oder dass mit Kundendaten vertraulich umgegangen wird. Eine dritte Kategorie von Vertrauensobjekten sind Kontrollsysteme, auf die weiter unten eingegangen werden soll. Ihre Aufgabe ist es die Komplexität und die damit verbundene Unsicherheit zu reduzieren. Allerdings können diese Systeme selbst sehr komplex sein und Unsicherheit erzeugen, so dass Vertrauen der Nutzer erforderlich ist. Beispielsweise können kryptographische Verfahren zwar das Bezahlen mit Kreditkarte bei Online-Geschäften sicherer machen als es in der realen Welt ist, jedoch erzeugen sie durch ihre umständliche Bedienung und die schwierige Nachvollzieh-barkeit der Funktionslogik ein Gefühl der Unsicherheit beim Anwender.15

2.2.2. Vertrauensbildende Signale

Im Wesentlichen gibt es drei große Gruppen von vertrauensbildenden Signalen, die im Folgenden näher erläutert werden sollen: Information, Reputation und Garantie. Ihre zentrale Aufgabe ist es, trotz existenter Unsicherheiten ein Zustandekommen einer digitalen Transaktion zu ermöglichen.

Information trägt dazu bei, Vertrauensmängel, die aus Informationsdefiziten entstehen zu beseitigen. Hierbei sind allerdings drei Dinge zu beachten: Eine Information selbst kann als nicht vertrauenswürdig eingestuft werden. Deshalb empfiehlt sich eine Kombination mit anderen vertrauensbildenden Signalen wie Reputation und Garantie. Zweitens können zu viele Informationen die Komplexität der Transaktion erhöhen, anstatt diese zu reduzieren, sodass wiederum Unsicherheiten ausgelöst werden können. Und drittens ist auch die Art und Weise des Zugangs zu den Informationen ein wichtiges vertrauensbildendes Signal. Demnach sollen sie leicht auffindbar und verständlich sein.

[...]


1 Vgl. [SCHUMÜ], S. 3ff.

2 Vgl. [PRICE]

3 Vgl. [COMM]

4 Vgl. [LUHM]

5 [WI], S. 55

6 [LUHM], S. 18

7 Vgl. Ebenda, S. 27f.

8 Vgl. Ebenda, S. 41

9 Prof. Dr. Volker Bornschier, Soziologisches Institut Zürich

10 [BORN], S. 237

11 [VOLKEN]

12 [WI], S. 55

13 [PICHLER], S. 30f.

14 [USFTC]

15 [WI], S. 59

Final del extracto de 26 páginas

Detalles

Título
Vertrauen in der digitalen Ökonomie
Universidad
Martin Luther University  (Institut für Wirtschaftsinformatik und Operations Research)
Curso
Wirtschaftsinformatik
Calificación
1,0
Autor
Año
2007
Páginas
26
No. de catálogo
V112601
ISBN (Ebook)
9783640110360
ISBN (Libro)
9783640110568
Tamaño de fichero
568 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Vertrauen, Wirtschaftsinformatik
Citar trabajo
Ronny Ibe (Autor), 2007, Vertrauen in der digitalen Ökonomie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112601

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