Die Bachelorarbeit liefert jedem Leser detaillierte Einblicke in die Welt des eSports. Sowohl Gründungsgeschichte als auch heutige Großveranstaltungen werden hierbei explizit behandelt. Sämtliche Zahlen und Fakten sorgen dafür, dass der Leser einen Überblick über die Präsenz des eSports gewinnt. Hierbei wurde besonders darauf geachtet, dass jegliche Märkte zur Geltung kommen, sei es räumlich definiert (zum Beispiel eSport im asiatischen Markt) oder inhaltlich definiert (Sport-Spiele, Shooter Spiele). Im Hauptteil wurde ein Vergleich mittels einer Filmanalyse geschaffen, um zeigen zu können, inwiefern der reale Sport mit dem elektronischen Sport verbunden ist und inwieweit ein Event aus dem Fußball einem eSport-Event ähnelt. Im Schlussteil dient eine fundamentalistisch-begründetet Prognose dazu, die Zukunftschancen des eSport-Marktes zu verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Einführung in die Thematik
1.2. Stand der Forschung
1.3. Forschungsfrage
1.4. Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Aspekte zum eSport
2.1. Begriffsbestimmung eSport
2.2. Aktueller Stand von eSport in Deutschland
2.2.1. Stellenwert in der Gesellschaft
2.2.2. eSport in Bundesliga-Vereinen
2.2.3. Virtuelle Bundesliga
3. Film- und Fernsehanalyse einer TV-Übertragung zum Thema FIFA-eSport im Vergleich mit einer Fernseh-Übertragung aus dem realen Fußball
3.1. Vorstellung der ausgewählten Methodik
3.2. Hypothesen
3.3. Relevanzbegründung
3.4. Untersuchungskorpus
3.5. Detailanalyse
3.5.1. Vorspann
3.5.2. Rückblick
3.5.3. Experteninterview
3.5.4. Spielerfokussierung/-vorstellung
3.5.5. Kommentator/-en
3.5.6. Übertragungsansicht
3.5.7. Marken-/Sponsoreneinblendung
3.5.8. Redeanteil der Kommentatoren
3.5.9. Statistiken
3.5.10. Siegerehrung
3.5.11. Off-Topic-Beiträge
3.6. Alleinstellungsmerkmale der eSport-Übertragung
3.7. Theoretical Sampling
3.8. Forschungsergebnisse
3.8.1. Beantwortung der Forschungsfrage
3.8.2. Ableitung der Hypothesen
3.8.3. Ergebniszusammenfassung
4. Schluss
4.1. Kritische Reflexion
4.2. Ausblick
5. Literaturverzeichnis
6. Abbildungsverzeichnis
7. Abkürzungsverzeichnis
8. Anhangsverzeichnis
1. Einleitung
Im April 2019 wurde durch die Einführung des „eNations Cup“ ein neuer Meilenstein in der impulsiven Entwicklung des eSports in Deutschland gesetzt. Seit nun einigen Jahren erfährt der elektronische Sport in Europa immer mehr Zuspruch, wodurch es für relevante Unternehmen kaum mehr möglich ist, diese Sparte zu vernachlässigen. Mit der Gründung des eNations Cupim April 2019 hat man es geschafft, sich auf einer gewissen Ebene mit dem realen Sport vergleichen zu können. Und zwar mit der Ausrichtung einer FIFA 19 Weltmeisterschaft, bei der 20 Nationen in dem Fußball-Simulator FIFA um den Titel spielen, was deutliche Parallelen zu einer Weltmeisterschaft im realen Fußball aufweist. Das deutsche Team, welches aus zwei eSportlern bestand, repräsentierte dabei den Deutschen Fußball-Bund, wozu ebenfalls alle ProfiFußballer in Deutschland gehören. Dieses Event kann insofern in Deutschland als Meilenstein angesehen werden, da einerseits zum ersten Mal in der Geschichte des eSports Mannschaften in einem Turnier angetreten sind, um ihre Nation zu vertreten und andererseits sich die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes zum eSport bekannt haben und versuchen wollen, diesen zu fördern.1 „Es ist unheimlich wichtig für einen Dachverband wie den Deutschen Fußball-Bund, dass überall, wo Fußball drin ist, auch DFB mit draufstehen sollte“2, betonte der DFB Vizepräsident Rainer Koch.
1.1. Einführung in die Thematik
Die Einführung einer eSport-Nationalmannschaft ist ein deutliches Zeichen dafür, den eSport auf gewisse Art und Weise an den realen Sport orientieren zu wollen. Bereits anhand des eNations Cup lassen sich enorme Ähnlichkeiten bzgl. Turnieraufbau, Turniergestaltung und Turnierablauf erkennen. Mithilfe des Videospieles FIFA und den dazugehörigen Wettbewerben ist es möglich einen Vergleich zwischen einem eSport-Event und einem Event aus dem tatsächlichen Sport herzustellen. Doch nicht nur Sportsimulationswettkämpfe beeindrucken zahlreiche eSport-Fans, sondern insbesondere Strategie- und Rollenspiele (z.B. League of Legends) sowie Shooterspiele (z.B. Counter-Strike) begeistern die Massen, wie es beispielsweise 2017 bei dem eSport-Turnier „ESL ONE“ in Köln der Fall war. Bei dem Counter-Strike: GO-Turnier strömten 15.000 Zuschauer pro Tag in die Halle der Lanxess Arena und zusätzlich verfolgten mehrere Hunderttausende Fans das Event vor den Bildschirmen via Livestream.3
Auch bereits bei den Zuschauerzahlen lassen sich Vergleiche zu Events aus dem Spitzensport erkennen, indem beispielsweise die Zuschauerzahl beim eSport-Event 2017 in Köln vergleichbar mit dem Zuschauerschnitt der Vereine aus der zweiten Bundesliga ist. Der damals als Trendsportart bezeichnete elektronische Sport scheint nun in Deutschland angekommen zu sein, was auch der „eSport Report 2018“, durchgeführt von der Mediaagentur Wavemaker, verdeutlicht. Jeder dritte Zuschauer (16 bis 39 Jahre) verfolgt regelmäßig eSport-Events, vorzugsweise auf dem PC oder dem Smartphone, wobei vergleichsweise nur jeder neunte die TV-Sendung „Sportschau“ beständig verfolgt.4 Diese rasante Entwicklung bestärkt der COO von Wavemaker, Hanno Stecken, mit seiner Aussage: Gaming ist nach Fußball die
zweitgrößte Sportart in Deutschland - und gleichzeitig die einzige, die das Potenzial hat, exponentiell zu wachsen.“5 Der eSport kann keinesfalls identisch mit den Aspekten einer anderen Sportart verglichen werden, da sich der elektronische Sport als eigenständige und innovative Sportart ansieht. Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten insbesondere in Bezug auf die Eventorganisation erkennen. Sportveranstaltungen haben die Eigenschaft, die Zuschauer durch ein Programm zu unterhalten. Zusätzlich zu dem Hauptereignis (z.B. reines Basketballspiel bei einer Basketball-Veranstaltung) komplementieren
Rahmenaktivitäten (z.B. Halbzeitshow) das Gesamtprogramm einer Veranstaltung, wodurch das Ziel, einen bleibenden Eindruck bei den Zuschauern zu hinterlassen, bestärkt werden soll. Diese Form der Eventgestaltung setzt sich allmählich ebenfalls bei eSport-Events durch, was im Laufe dieser Arbeit anhand von Praxisbeispielen demonstriert werden soll.
1.2. Stand der Forschung
Der Sport in Verbindung mit den elektronischen Kommunikationsmittelnwurde in den letzten Jahren ausgiebig durch zahlreicheForschungsansätze untersucht. Sportveranstaltungen werden heutzutage permanent mit Anwendungsmöglichkeiten aus der Mediabranche verknüpft. Beispielhaft hierfür kann das Taschenbuch „Medialisierung der Basketball-Bundesliga in Deutschland: Eine qualitative Untersuchung im Zeitraum von 1990 bis 2015“ von Peter Bieg aus dem Jahre 2016 genannt werden. Sowohl die Bandenwerbung als auch die Promotion in sozialen Netzwerken hat in der Vergangenheit gezeigt, wie die beiden Bereiche erfolgreich miteinander kombiniert werden können. Der elektronische Sport hingegen verknüpft in seiner Austragungsform zahlreiche Elemente aus der Welt des Sportbusiness. So hat man zum einen Anwendungsfelder aus dem Bereich des Eventmanagements bei der Austragung von eSport-Veranstaltungen und zum anderen etliche Faktoren aus der Digitalisierung, was den eSport in seiner Individualität abermals unterstreicht. Da der eSporterst seit einigen Jahren auf dem deutschen Markt präsent ist, gehen viele Menschen davon aus, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht viele literarische Werke existieren, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Tatsächlich gibt es jedoch zahlreiche Literaturansätze, die so gut wie jeden Gesichtspunkt des elektronischen Sportes untersucht haben. Sei es eine Veranschaulichung der Lebensweise eines eSportlers, welches von Caspar Au 2018 durch sein Buch „Play. Das Leben als Pro-Gamer“ analysiert wurde oder die Darstellung des eSport-Marktes aus Sicht des Sponsorings (vgl. beispielsweise „The eSports Market and eSports Sponsoring“ von Julian Heinz Anton Ströh 2017). Auffallend ist dabei jedenfalls, dass die Veröffentlichung der meisten Werke vorwiegend in den letzten fünf Jahren stattfand. Eines der wenigen Bücher, welches nun seit über acht Jahren besteht, ist die Literatur „eSport - eine Analyse von kompetitiven digitalen Spielen“ von Alexander Pfeiffer und Andreas Wochenalt, welche sich in ihrem Buch mit Themen rund um den eSport beschäftigen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Differenzierung von realem Sport und elektronischem Sport, was auch heutzutage Befürwortern und Ablehnern des eSports Kopfzerbrechen bereitet. Mithilfe umfangreicher Kapitel wie bspw. der Geschichte des eSports oder die Gewaltdebatte rund um den eSport versuchen die beiden Autoren dem Leser das wettkampfmäßige Ausführen von Videospielen näher zu bringen. Die Lektüre übermittelt zudem durch ausführliche Analysen (z.B. Stellenwert in den Medien), empirische Untersuchungen (Experteninterviews) und zahlreiche Zahlen und Fakten ein großflächiges Spektrum an Wissen und Informationen.6 Sucht man jedenfalls nach literarischen Ansätzen zu eSport-Sendungen bleibt die Suche erfolglos. Viele Autoren beschäftigen sich zwar mit der Verflechtung des eSports und der Medien, jedoch bleiben dabei TV-Ausstrahlungen weitestgehend unbehandelt. Daher soll diese Arbeit in gewisser Weise ein Startschuss für die Untersuchung von TV-Sendungen mit eSport-Zusammenhang sein. Diese Arbeit soll dabei helfen, Events aus dem realen und aus dem elektronischen Sport anhand von TV-Übertragungen zu vergleichen und dabei Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Alleinstellungsmerkmale (USPs) aufzeigen. Durch die Arbeit soll analysiert werden, inwiefern eine eSport TV-Sendung einer Sportübertragung, wie sie seit Jahren existent ist, ähnelt und welche Besonderheiten die eSport TV- Übertragung hat. Da ein eSport-TV-Event bislang in der Forschung nicht detailliert behandelt wurde, soll diese Arbeit darüber Aufschluss bringen. Mithilfe von literarischen Ansätzen aus dem Bereich der Film- und Fernsehanalyse soll die Übertragung des Grand Finals der Virtuellen
Bundesliga exemplarisch untersucht werden. Diese Forschungsarbeit soll eine Lücke in der Lehre in gewisser Art und Weise schließen und zugleich öffnen, indem theoretische Aspekte der Filmanalyse erstmals auf eineSendung aus dem Bereich des eSports angewandt werden.
1.3. Forschungsfrage
Die Forschungsfrage einer soziologischen Film- und Fernsehanalyse soll dem Beobachter ein bestimmtes Maß an Wissen und Diskussionspotenzial bieten, welches durch die Gestaltung des angebotenen Materials geschieht. Mediale Produkte präsentieren eine individuelle Sichtweise auf die zu behandelnde Thematik eines Filmes o.Ä. Um herauszufinden, welche Methoden und Maßnahmen dafür zuständig sind, ist die Frage nach dem „Wie?“ besonders wichtig, um somit die offene Bearbeitung der Inhalte gewährleisten zu können.7 Weil es sich bei der nachfolgenden Analyse hauptsächlich um die Gestaltung der eSport-Sendung Virtuelle Bundesliga Grand Final handelt, soll diese Form den Hauptteil der Forschungsfrage einnehmen. Da dies eine sehr unbehandelte Fragestellung und zugleich Thematik ist, soll diese Arbeit dazu dienen, dem Leser erste Eindrücke und Forschungsansätze zu liefern, die durch weitere Forschungsarbeiten komplementiert werden können. Die Anwendung der theoretischen Inhalte auf die Sendung allein liefert dem Kunden noch keinen Nutzen. Deshalb soll zum Vergleich die Live-Übertragung eines Fußballspieles herangezogen werden. Folglich lautet die Forschungsfrage:
Inwiefern lässt sich eine TV-Übertragung des eSport-Events Virtuelle Bundesliga Grand Final mit einer herkömmlichen Live-Übertragung eines Fußballspieles vergleichen?
Die nachfolgenden Abschnitte sollen helfen, eine Antwort auf die Forschungsfrage zu finden, welche dementsprechend einen Anstoß für das wissenschaftliche Untersuchen von eSport-Sendungen darstellen soll.
1.4. Aufbau der Arbeit
Das FIFA 19 Grand Final der Virtuellen Bundesliga stellt das eSport-TV-Event dar, welches im Abschnitt der Filmanalyse nochmals näher erläutert wird. Demgegenüber steht als TV-Event aus dem realen Sport die Übertragung des U21 UEFA Europameisterschafts-Finales Spanien gegen Deutschland. Beide Übertragungen haben den Fußball als Hauptaugenmerk der Sendung mit dem großen Unterschied, dass es sich einerseits um den virtuellen Fußball und andererseits um den greifbaren Fußball handelt. Die Einleitung der Arbeit soll aufzeigen, wie präsent und dynamisch der eSport mittlerweile in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Im theoretischen Teil der Arbeit wird der eSport durch eine Begriffsbestimmung mit diversen Definitionen detailliert erläutert. Verschiedenste Ansätze und Definitionen aus der Fachliteratur helfen dabei, den Begriff eSport besser verstehen zu können und damit Zusammenhänge aus dem Bereich des elektronischen Sports zielführender interpretieren zu können. Um die Popularität des eSports verdeutlichen zu können, wird der aktuelle Stand von eSport in Deutschland näher beleuchtet. Dabei werden insbesondere die Aktivitäten jener Fußball-Bundesligisten betrachtet, welche maßgeblich für den Aufschwung im deutschen Raum verantwortlich sind und darüber hinaus entscheidend für den Schwerpunkt der Arbeit, dem Grand Final der Virtuellen Bundesliga, sind. Die darauffolgende Filmanalyse mittels eines Vergleiches der TV-Sendungen vom Grand Final der VBL und des U21 Fußball-Länderspieles Spanien vs. Deutschland stellt den Kerninhalt dar. Anfangs sollen die beiden Fernseh-Ausstrahlungen durch eine kurze Beschreibung dem Leser nähergebracht werden, sodass er einen Überblick über die Bedeutung und den Zusammenhang der Sendungen gewinnt. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die beiden Sendungen durch ein Sequenzprotokoll untersucht und anhand von Kategorien gegenübergestellt. Der Verlauf der Sendungen soll anhand von Screenshots und den dazugehörigen Bildinhalten dargestellt werden, um dann Gemeinsamkeiten und Unterschiede angesichts verschiedener Aspekte illustrieren zu können. Da es sich gewissermaßen um zwei verschiedene Sportarten handelt, wird es diverse filmische Elemente geben, die nicht miteinander vergleichbar sind. Aufgrund dessen soll mithilfe von Alleinstellungsmerkmalen die Einzigartigkeit und die Eigenständigkeit von eSport-Veranstaltungen untermauert werden. Die Forschungsfrage und die dazugehörigen Hypothesen werden die Intention der Arbeit charakterisieren; zugleich wird deren Beantwortung u.a. zeigen, inwiefern eine eSport-TV- Übertragung einer klassischen Sportübertragung ähnelt. Die Forschungsergebnisse der Filmanalyse werden dann in einem separatenPunkt analysiert und zusammengefasst und durch eine Diskussion und eine kritische Reflexion vollendet.
2. Theoretische Aspekte zum eSport
Seit nun fast zwei Jahrzehnten wird der eSport in Form eines digitalen Wettkampfes ausgetragen, bei dem Spieler aus der ganzen Welt in ihrer Paradedisziplin(favorisiertesSpiel)darum kämpfen, dieBestenzu sein. So wie man den eSport heutzutage erlebt, wurde er jedoch nicht immer wahrgenommen. Erst mit fortschreitender Technologisierung und Globalisierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelang es, Spieler aus allen Ländern der Welt zusammenzuführen, ohne dass sie dabei physisch aufeinandertreffen mussten. Neben den unterschiedlichen Wettkampfmodi LAN-Turnier (Spieler konkurrieren sich durch ein gemeinsames Netzwerk an einem gemeinsamen Ort) und Online-Turnier haben sich auch andere Merkmale der eSport-Szene enorm verändert. Wurde beispielsweise 1972 der Gewinner des ersten eSport-Turniers „Intergalactic-Spaceware-Olympics“ noch mit einem Jahresabonnement einerRolling-Stones-Zeitschrift belohnt, wurden im Jahr 2005 bei dem eSport-Wettkampf „CPL World Tour“ Preisgelder in Höhe von einer Million Euro ausgeschüttet. Neben den beachtlichen Mengen an Preisgeldern stieg ebenso auch die Anzahl der eSport-Veranstaltungen, was wiederum die Attraktivität bei Sponsoren und Investoren erhöhte.8 Dass sich nicht nur die Grundzügedes eSports, sondern auch die Bedeutung desBegriffes eSport mit der Zeit verändert haben, zeugt von der Lebendigkeit und der Anpassungsfähigkeit des eSports.
2.1. Begriffsbestimmung eSport
Eine allgemeine Definitionsbestimmung des eSports stellt sich in der Fachliteratur als sehr komplex und mühsam dar, da der eSport, wie im vorherigen Abschnitt erläutert, ein sehr variabler Ausdruck ist, der sich in seiner Charakteristik seinen verschiedenen Entwicklungsstufen anpasst. Eine ähnliche Sichtweise, wie es Topalov bereits 2007 beschrieben hat, teilen jedoch die meisten Experten: „Der Begriff eSport setzt sich aus „Elektronik“ (engl.: electronic) und „Sport“ (engl.: sports) zusammen und bedeutet, allgemein ausgedrückt: elektronischer Sport. ... eSport ist das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer und Videospielen im Mehrspielermodus (engl.: Multiplayer-Modus). Dies findet sowohl über das „Netz“ oder - während einer großen Veranstaltung - direkt vor Ort statt. ... eSport heißt: Professionelle Spieler messen sich in streng geregelten Wettbewerben.“9 Topalov hat es geschafft einen Weg einzuschlagen den eSport teilweise verallgemeinern zu können. Da diese Definition dennoch sehr knapp und beschränkt ausgedrückt ist, haben sich im Laufe der eSports-Bewegung stets neue Ansätze mit neuen Eigenschaften entwickelt.
Was beispielsweise der DFB im Fußball darstellt oder im Basketball der Deutsche Basketball Bund ist, so hat auch der eSport in Deutschland einen eigenen, zentralen Sportverband, der den Zweck des Gemeinwohles der eSportler verfolgt. Der eSport-Bund Deutschland definiert den elektronischen Sport wie folgt: „eSport [...] ist das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln.“10, was obendrein in der offiziellen Satzung des ESBD im Sinne des verfolgten Zweckes eines eSport-Vereines verankert ist. In der allgemeinen Broschüre zum eSport vom ESBD lässt sich das Spielen von Videogames in drei verschiedene Bereiche unterteilen:
- Gaming
- Competitive Gaming
- eSport
Als Gaming kann das Betreiben von Videospielen dann bezeichnet werden, wenn es rein der Freizeitbeschäftigung dient, wobei es neben dem Einzelmodus auch im Mehrspielermodus durchgeführt werden kann. Das Competetive Gaming hingegen fokussiert sich rein auf den Mehrspielerwettkampf, was jedoch ebenfalls dem Zweck der Unterhaltung der Gamer dienen soll. Der eSport indessen stellt eine Mischung aus den zwei oben genannten Formen dar, mit der Abgrenzung, dass es sich hierbei um eine Sportart mit den dazugehörigen Eigenschaften handelt. Beim eSport geht es in erster Linie darum, dass die konkurrierenden Spieler gleichzeitig gegeneinander antreten. Dies erfolgt nicht etwa durch das Erreichen eines höheren Punktestandes oder durch das Erfüllen einer bestimmten in-Game (innerhalb des Spieles) Aufgabe, sondern lediglich durch das direkte Aufeinandertreffen der beiden Gamer/Clans. Für den ESBD spielt die Bezeichnung des elektronischen Sportes als eigenständige, organisierte Sportart eine enorm wichtige Darstellung im Sinne des Selbstverständnisses als eigene Sportart an sich und für die Einordnung in den Sport für Außenstehende. Hierfür macht der ESBD drei Eigenschaften aus, die den eSport als sportliche Aktivität charakterisieren sollen. Zum einen bedarf es einer aktiven Bewegungsfähigkeit bei den Sportlern, um die diversen Befehle durch das Eingabegerät (z.B. Tastatur, Controller) umzusetzen. Zum anderen sorgen koordinative Fähigkeiten, hierbei insbesondere die Reaktionsfähigkeit, dafür, dass die eingegebenen Befehle schnellstmöglich eine situationsgemäße Aktion innerhalb des impulsiven
Spielverlaufes hervorrufen. Vorwiegend Shooterspiele, die ein hohes Maß an Aufmerksamkeit verlangen und von einer hohen Spielgeschwindigkeit leben, beanspruchen das motorische und zugleich kognitive Anforderungsprofil der Gamer. Des Weiteren müssen die Spieler strategisch und selbstkontrolliert agieren, um die Ziele des Videospieles zu erreichen und somit erfolgreich zu sein.11 Aus der Begriffsbestimmung und der Definition des eSports aus dem Handbuch des ESBD wird ersichtlich, dass eSport weit mehr als nur das schlichte Eingeben von Tastenkombinationen ist, sondern der elektronische Sport durch seinen energischen Ereigniswechsel und der daraus resultierenden hohen Anpassungsfähigkeit eine optimale Koordination des Nervensystems und der Bewegungssteuerung voraussetzt. Im eSport bedarf es nicht nur das Erreichen der eigenen Bestleistung, wie es beispielsweise im Darts- oder Bowlingsport der Fall ist, vielmehr ist hierbei das perfekte Zusammenspiel des Einsatzes der eigenen Stärken und der Reaktion auf die gegnerische Spielweise von Bedeutung, was ebenfalls Besonderheiten aus den Sportarten Fußball oder Schach widerspiegelt.
Entsprechend des bereits erläuterten Bezuges von eSport zum Eventmanagement hat Müller-Lietzkow vor nahezu einem Jahrzehnt eine Definition veröffentlicht, die zeigt, dass der elektronische Sport den Bereich der medialen Eventgestaltung durch neue Merkmale erweitert hat: „Digitale Spiele als Medien ermöglichen durch das zusätzliche Element des Leistungsvergleichs im Wettkampf weitere und neue mediale Verwertungsstufen, z.B. durch Übertragung der Spiele im Internet und Fernsehen. Die Folgen sind, dass es, ganz wie im traditionellen Sport, Stars, Werbung, Journalisten, Reporter etc. gibt. Die Spielhersteller reagieren darauf ebenso wie die Anbieter der Ligen - Handlung wird also durch Struktur ermöglicht und umgekehrt.“12 Sowohl durch die motorische und mentale Belastung der Spieler als auch durch die
Eventorganisation von Wettkämpfen, nimmt der elektronische Sport Grundzüge an, die deutliche Parallelen zu der Welt des realen Sportes aufzeigen.
2.2. Aktueller Stand von eSport in Deutschland
Aus der allgemeinen Broschüre des ESBD geht hervor, dass die Bundesregierung 2018 innerhalb des Koalitionsvertrages beschlossen hat, den eSport zukünftig als offizielle Sportart anzuerkennen. Jedoch scheint dieses Vorhaben Stand 2019 sehr schwerfällig und nicht gerade erfolgsversprechend abzulaufen.
Aus einem Artikel des Rundfunkproduzenten Deutsche Welle geht im Februar 2019 hervor, dass verschiedene Parteien die Sitzung des Sportausschusses im Deutschen Bundestag genutzt haben, um über die Anerkennung von eSport als Sportart zu diskutieren. Demnach betonte der Präsident des ESBD, Hans Jagnow, die physischen und psychischen Eigenschaften, die zur Ausübung des eSports notwendig sind, welche der Durchführung einer klassischen Sportart sehr nahekommen. Jagnow plädiert weiterhin dafür, dass man den eSport nicht anhand der offiziellen Sportdefinition messen soll, sondern vielmehr auf die Leistungsvoraussetzungen und auf das Anforderungsprofil der Gamer eingehen soll, welche denjenigen eines aktiven Sportlers entsprechen würden. Die Opposition, welche die Aufnahme des eSports in den Bereich der anerkannten Sportarten ablehnt, verweist auf das Ausbleiben einer sportartspezifischen Aktivität. Man ist sich einig, dass ein körperliches Engagement beim elektronischen Sport existiert, jedoch dies nicht einer Bewegung aus dem üblichen Sport entspreche. Die Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Carmen Borggrefe zieht hierfür den Vergleich zu einem Pianisten heran. Trotz seiner körperlichen Tätigkeit, die Tasten des Klaviers zu bedienen, sei er jedoch noch lange kein Sportler, sondern lediglich ein Musiker. Ähnlich wie die Musiker, sollen auch die eSportler einer eigenen Kategorie zugeteilt werden und nicht etwa dem Bereich der traditionellen Sportarten. Letztendlich brachten die Argumente der verschiedenen Standpunkte jedoch keine Lösung, weshalb eine offizielle Anerkennung des eSport als Sportart in Deutschland ungewiss bleibt.13 Die Verhandlungen bei der Sitzung des Sportausschusses haben gezeigt, dass es unterschiedliche Meinungen bezüglich der Aufnahme von eSport als Sportart gibt, weshalb in naher Zukunft nicht mit einer Einigung zu rechnen ist. Da die Debatte darüber sehr komplex und ungeklärt abläuft, soll dieser Abschnitt der Arbeit nicht dazu dienen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von eSport und einer herkömmlichen Sportart aufzuzeigen, sondern vielmehr dazu, das aktuelle Bild von eSport in der deutschen Bevölkerung zu beleuchten.
2.2.1. Stellenwert in der Gesellschaft
Der elektronische Sport hat besonders in den letzten Jahren in der deutschen Gesellschaft eine beeindruckende Entwicklung genommen. Nicht nur anhand der steigenden Anzahl von Veranstaltungen oder Zuschauerzahlen lässt sich diese Entwicklung exemplarisch darstellen, sondern vor allem der Bekanntheitsgrad bezüglich der Auffassung des Begriffes eSport ist stellvertretend für diesen positiven Aufschwung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bekanntheit von eSport in Deutschland 2016/2017
Laut einer Umfrage des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware in Kooperation mit dem britischen Meinungs- und Marktforschungsinstitut YouGov kannten 2017 bereits 29%der befragten Internetnutzer den Begriff eSport und zugleich dessen Bedeutung. Bei jeder befragten Altersgruppe stieg der Wert von 2016 auf 2017, wobei besonders die jüngeren Zielgruppen (16 Jahre - 44 Jahre) einen prozentualen Anstieg von jeweils mindestens 6 % erfahren haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Bekanntheit von eSport in Deutschland 2017/2018
Der innere Kreis steht dabei für die erfassten Daten aus dem Jahre 2017, der äußere Kreis für die Daten aus 2018. Während 2017 schon 29 % der Internetnutzer wussten, was eSport bedeutet, sind es ein Jahr später sogar 48 %. Das heißt also, knapp jede zweite Person, die das Internet benutzt, ist sich dem Begriff und der Bedeutung von eSport bewusst. Bei der Auswertung der Statistik ist die Anzahl der Personen, die den Begriff eSport an sich kennen, jedoch nicht die dazugehörige Bedeutung, interessant zu erwähnen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Menge um 22 % gesunken. Von diesen 22 % können jedoch nur 3 % mit dem Begriff eSport nun nichts anfangen, die anderen 19 % kennen mittlerweile nicht mehr nur den Begriff eSport, sondern wissen auch, was er ausmacht und bedeutet. Dieser Anstieg zeugt von der lebhaften Entwicklung des eSports und zeigt, dass der Begriff elektronischer Sport nicht fachbezogen ist, sondern für jedermann zugänglich ist.
Die eSports Studie 2018 macht hierfür hauptsächlich zwei Faktoren aus, die für das steigende Interesse ausschlaggebend sind. Das mediale Interesse am eSport ist dabei maßgeblich für die wachsenden Zahlen. Immer mehr relevante Unternehmen, dabei vorzugsweise Online- und Streamingdienste, schwören auf die Live-Übertragung von Videospielen. Dabei werden nicht immer nur Wettkämpfe gestreamt, sondern zusätzlich auch das Gameplay eines Spielers. Dies dient einerseits zur Unterhaltung seiner Zuschauer und andererseits zu Trainings- und Informationsübermittlungszwecken. Wie auch in anderen Sportarten üblich, verbessert man seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht nur durch das eigenständige Ausüben einer Tätigkeit, sondern auch durch das passive Zusehen. Man lernt Bewegungsabläufe zu optimieren und gewinnt zudem Spielinformationen, welche die eigene Performance unterstützen. Stand August 2018 existieren allein auf der Streaming-Plattform Twitch 4500 Kanäle, welche das Survival-Spieles Fortnite übertragen. Die Gamer haben also die Möglichkeit rund um die Uhr ihr Lieblingsspiel selbst an der Konsole oder auf dem PC zu spielen und darüber hinaus gleichzeitig als Zuschauer zu fungieren, indem sie andere Spieler auf diversen Plattformen durch EchtzeitÜbertragungen verfolgen. Im Schnitt waren es 2017 gleichzeitig 140.000 eSport-Interessenten, die Fortnite-Streamer beim Gaming zusahen. Dass diese Zahlen nicht beständig sind, zeigen die Zuschauerzahlen anhand des Videospiels Playerunknown's Battleground, welches durch die Veröffentlichung von Fortnite erhebliche Zuschauereinbußen machen musste. Der zweite Punkt, welcher für die gestiegene Präsenz von eSport im deutschen Raum verantwortlich ist, ist die Debatte um die Anerkennung als offizielle Sportart. Ebenso auf eSport relevanten Seiten wie auch auf neutralen Webseiten und in Tageszeitungen kursieren Artikel bezüglich der Diskussion, ob der eSport die Eigenschaften und den Zweck einer klassischen Sportart erfüllt. Selbst im Koalitionspapier des Bundestages ist diese Thematik festgeschrieben, was die Bedeutung der komplexen Fragestellung erneut verstärkt. Somit werden nicht ausschließlich Personen angesprochen, die sich explizit mit dem eSport auseinandersetzen. Vielmehr erhalten durch die permanente Aufmerksamkeit in den digitalen und analogen Medien auch Personen, die nicht direkt mit der Thematik konfrontiert werden wollen, Einblicke in das Geschehen. Bis zum Jahre 2020 soll der eSport-Markt in Deutschland einen jährlichen Gesamtumsatz von ca. 130 Mio. Euro erwirtschaften, was zum jetzigen Zeitpunkt, nach der Fußball-Bundesliga, den zweithöchsten Wert darstellen würde.14 Vergleicht man diesen Wert mit den populärsten Sportligen (nach Fußball) in Deutschland, kann man feststellen, dass der eSport sich finanziell auf einer Stufe mit Sportarten wie Handball (ca. 100 Mio. Euro) , Basketball (ca. 117 Mio. Euro) und Eishockey (ca. 122 Mio. Euro) bewegt.15
2.2.2. eSport in Bundesliga-Vereinen
Die Verzahnung von eSport und Bundesliga-Klubs schreitet in den letzten Jahren bzw. Monaten immer mehr voran. Bereits 22 der 36 Vereine aus der ersten und zweiten Bundesliga (Stand Saison 2018/19) können schon von sich behaupten, den eSport in das Unternehmensprofil aufgenommen und damit eine neue Sparte gegründet zu haben. Diese Vereine stellten allesamt je ein Team zur Virtuellen Bundesliga 2019, weshalb hierbei von einem Engagement im Bereich eSports gesprochen werden kann.
[...]
1 vgl. Ladwig 2019
2 Ladwig 2019
3 vgl. Dette 2017
4 vgl. Gründel 2018
5 Ostsieker 2018
6 vgl. Pfeiffer und Wochenalt 2011
7 vgl. Peltzer und Keppler 2015, S. 25
8 vgl. Larch 2019
9 Topalov 2007, S. 4
10 ESBD 2018, S. 4
11 vgl. ESBD 2018, S. 4f.
12 Müller-Lietzkow 2007, S. 239
13 vgl. von Mauch 2019
14 vgl. Deloitte & game eSports 2018, S. 4ff.
15 vgl. Eberhardt 2018
- Arbeit zitieren
- Markus Weth (Autor:in), 2019, eSport. Mehr als nur eine Trendsportart?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127955
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