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Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung der Arbeit
1.2 Zielsetzung und methodischer Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlage
2.1 Prognoseänderungen und Publizitätspflicht
2.2 Stand der Forschung
2.3 Grundlagen einer Event Study
3. Negative Prognoseänderungen - Event Study
3.1 Bestimmung des Ereignisses und Hypothesenbildung
3.2 Festlegung der Untersuchungsgruppe
3.3 Zeitabschnitte definieren
3.4 Return Generating Model
3.5 Aggregation der abnormalen Rendite
3.6 Signifikanztest
4. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Durchschnittliche abnormale Querschnittsrendite
Tabelle 2: Ergebnis t-Test Gesamte Stichprobe
Tabelle 3: Ergebnisse t-Test Subsamples
1. Einleitung
1.1 Problemstellung der Arbeit
Im März 2019 titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung „Oh, schon wieder eine Gewinnwarnung“ und bezog sich auf die jüngst gemeldete negative Prognoseänderung des Leoni Konzerns. Infolge der Informationspublikation verlor der Aktienkurs über 20 % und erreichte damit den tiefsten Stand seit dem Jahr 2010.1
Die ironisch formulierte Überschrift zeigt, dass Prognoseänderungen keine Seltenheit sind. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (E&Y) durchgeführte Studie im Jahre 2020. E&Y untersuchte die Ad- hoc- und Pressemitteilungen von über 300 deutschen Kapitalgesellschaften.
Das Ergebnis dieser Studie zeigt, dass insbesondere negative Prognoseänderungen im Jahr 2019 Hochkonjunktur hatten. Im untersuchten Zeitraum (Januar 2011 bis Dezember 2019) wurden mit 171 Gewinn- und/oder Umsatzwarnungen ein Höchststand im Untersuchungszeitraum erreicht. Dem gegenüber stehen 125 positive Prognoseänderungen (Höchststand im Jahr 2017: 189).2
Untersuchungen von Ac-hoc Mitteilungen und die daraus resultierenden Kursreaktionen zeigen, dass am Tage der Informationspublizierung bei positiven Prognoseänderungen eine abnormale Rendite von + 2,4 % und bei negativen Prognoseänderungen eine abnormale Rendite von - 2,7 % beobachtet werden kann. Prognoseänderungen fallen damit stärker ins Gewicht als beispielsweise Dividendenmeldungen. Untersucht wurden dafür 244 Gewinnmeldungen von Juli 1996 bis Juni 1997.3
Ob dieser Zusammenhang bei negativen Prognoseänderungen auch in der jüngeren Vergangenheit zu beobachten ist, soll mit Hilfe einer Event Study in der vorliegenden Seminararbeit untersucht werden.
1.2 Zielsetzung und methodischer Aufbau der Arbeit
Die Zielsetzung dieser Arbeit ist, die Auswirkungen von negativen Prognoseänderungen auf den Aktienkurs mit Hilfe einer Event Study zu untersuchen und zu prüfen, ob eine statistisch signifikante Reaktion erfolgt.
Die vorliegende Arbeit besteht aus vier Kapiteln. Im ersten Kapitel der vorliegenden Seminararbeit wird in das Thema eingeführt und zur Fragestellung hingeleitet. Des Weiteren wird der methodische Aufbau erläutert. In Kapitel zwei werden theoretische Grundlagen erläutert, die für das Verständnis des Themas essentiell sind.
Dazu wird als erstes der Begriff Prognoseänderungen erläutert und die gesetzlichen Hintergründe näher betrachtet, aus denen sich eine Prognosepflicht ergibt. Darüber hinaus wird der aktuelle Stand der Forschung betrachtet. Abschließend erfolgt eine theoretische Vorstellung des Aufbaus einer Ereignisstudie.
Im praktischen Hauptteil der vorliegenden Seminararbeit, dem Kapitel drei, wird die Event Study durchgeführt. Dazu werden die theoretischen Erkenntnisse in die Praxis überführt. Nachdem das Ereignis festgelegt wurde, werden die Hypothesen, die überprüft werden sollen, dargelegt. Danach wird die Herangehensweise zur Identifizierung der Untersuchungsgruppen und der zu betrachtenden Zeitabschnitte dargestellt. Abschließend werden die notwendigen Berechnungen durchgeführt und die Ergebnisse auf statistische Signifikanz getestet.
In einem Fazit werden die untersuchten Ergebnisse zusammengefasst.
2. Theoretische Grundlage
Im folgenden Kapitel werden die theoretischen Grundlagen erläutert, die für das Verständnis des Themas essentiell sind. Dazu wird erst der Begriff Prognoseänderung und die gesetzlichen Rahmenbedingungen erläutert. Darüber hinaus wird der aktuelle Stand der Forschung betrachtet und die Methode der Event Study kurz erläutert.
2.1 Prognoseänderungen und Publizitätspflicht
Kapitalgesellschaften auf Konzernebene sind laut Handelsgesetzbuch § 315 dazu verpflichtet in ihrem Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit den wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen.4 Diese Vorgabe wird im Deutschen Rechnungslegungsstandard (DRS) 20 konkretisiert und beinhaltet die Offenlegung der wichtigsten finanziellen und nicht finanziellen Leistungsindikatoren.5
Als Zeithorizont sieht der Standard mindestens 1 Jahr, gerechnet vom letzten Konzernabschlussstichtag, vor. Die Unternehmen sind dazu angehalten, eine vorsichtige Schätzung abzugeben und diese eher nach oben zu korrigieren. Tritt dieser Fall ein, wird von einer positiven Prognoseänderung gesprochen. Der gegensätzliche Fall, eine Korrektur der Prognose nach unten, wird als negative Prognoseänderung bezeichnet.6
Die Publizitätspflicht bei den eben vorgestellten Prognoseänderungen ergibt sich aus Artikel 17 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), die EU-weit gilt. Darin sind Unternehmen angehalten Insiderinformationen die den Kurs erheblich beeinflussen können umgehend zu veröffentlichen.7
In der Praxis wird in der Regel zwischen drei Prognoseänderungen unterschieden. Bei einer reinen Gewinnwarnung informiert das Unternehmen darüber, dass die Prognose des angestrebten Geschäftsergebnisses nicht erreicht werden kann. Bei der reinen Umsatzwarnung ist dementsprechend eine Realisierung des prognostizierten Umsatzes nicht mehr erreichbar. In der Gewinn- und Umsatzwarnung können beide finanziellen Leistungsindikatoren nicht erreicht werden.
2.2 Stand der Forschung
Die aktuellen wissenschaftlich publizierten Studien zu dem Thema widmen sich eher den qualitativen Aspekten der Prognoseberichte. Die Prognosegüte wurde bisher nicht so umfangreich erforscht.8
Pellens et al. untersuchte DAX-Unternehmen im Zeitraum von 2002 bis 2005 hinsichtlich der bewusst negativen Verzerrung von Prognosen. Die Markterwartung solle bewusst niedrig gehalten werden, um diese sicher zu erfüllen oder gar übertreffen zu können. Als Ergebnis stellten sie fest, dass ca. 40 % der Prognosen eintreffen und optimistischere Prognosen mit 16 % etwas weniger häufig auftreten als pessimistische (18 %).9
Des Weiteren wurde in den Untersuchungen von Knauer/Wömpener festgestellt, dass vorherige Unternehmenserfolge, Unsicherheiten in der Prognose und ein stärkerer Fokus von Analysten auf dem Unternehmen pessimistische Prognosen begünstigen. Gibt es an das Unternehmen hohe Wachstumserwartungen, führt dies zu eher optimistischen Prog- nosen.10
Darüber hinaus bestätigten jedoch Untersuchungen, dass Prognosen mit zunehmender Dauer des Wirtschaftsjahres immer genauer werden und die Qualität der Prognosen dementsprechend steigt.11
Im Jahr 1968 lieferte Ball/Brown erste Belege dafür, dass Ergebnismeldungen einen Einfluss auf den Aktienkurs in die Richtung der entsprechenden Meldung haben. Darauf aufbauend konnten Beaver/Clarke/Wright nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Höhe von Gewinnerwartungen und der Reaktion des Kapitalmarktes gibt.12
Barth konnte für den Untersuchungszeitraum 2004 bis 2007 nachweisen, dass auf Prognoseänderungen statistisch signifikante Kursreaktionen erfolgen. Bei negativen Prognoseänderungen fielen die Reaktionen betragsmäßig stärker aus als bei positiven Progno- seänderungen.13
2.3 Grundlagen einer Event Study
Durch Event Studys können Preiseffekte, die durch Informationspublikation der Unternehmen entstehen, gezielt isoliert werden. Die Durchführung einer Event Study wird in der Regel in folgende Schritte unterteilt:
- Bestimmung des Ereignisses und daraus folgende Hypothesenformulierung
- Festlegung einer Untersuchungsgruppe
- Zeitabschnitte definieren
- Datenmaterial analysieren und beschreiben
- Return Generating Model auswählen
- Abnormale Renditen aggregieren
- Auswahl und Durchführung Signifikanztest14
Im ersten Schritt wird die Art des Ereignisses, das untersucht werden soll, definiert. Dies kann, wie in der vorliegenden Arbeit der Publikationszeitraum einer Prognoseänderung sein. Mergers & Acquisitions Transaktionen oder Dividendenankündigungen eignen sich ebenfalls als Untersuchungsereignis für Event Studys. Eine zusätzliche Unterteilung in unternehmensunspezifische Ereignisse, die den Großteil der Unternehmen in einem geografischen Raum betreffen (z.B. neue Gesetze) und unternehmensspezifische Ereignisse (z.B. Gewinnwarnungen) ist möglich.15
Im folgenden Schritt wird der Umfang der Untersuchungsgruppe bzw. der Stichprobe definiert. Wichtig hierbei ist, dass alle öffentlich zugänglichen Informationen des Unternehmens berücksichtigt werden können und eine Normalverteilung in den täglichen Kursrenditen vorliegt. Darüber hinaus muss das Ereignis tagesgenau bestimmbar sein und es sollten keine anderen kapitalmarktrelevanten Ereignisse im näheren Betrachtungszeitraum liegen, damit das spezifische zu untersuchende Ereignis separierbar ist.16
Der Zeitabschnitt ist die Zeitspanne, in der die Kursveränderungen des Unternehmens analysiert und interpretiert werden. Die Zeitspanne sollte für alle untersuchten Unternehmen identisch sein und muss daher um Feiertage bzw. Nicht-Börsentage bereinigt werden. Event Studys untersuchen in der Regel nicht nur den Tag des Ereignisses, sondern oftmals auch mindestens einen Tag vor und nach dem Ereignis. So wird ausgeschlossen, dass Informationen schon vorher in den Markt gedrungen sind und nicht berücksichtigt werden bzw. eine verzögerte Reaktion des Marktes ebenfalls untersucht werden kann.17 In der Datenanalyse und Datenbeschreibung wird geprüft, ob die Daten den formalen Qualitäten entsprechen. Dazu kann unter anderem getestet werden, ob eine Normalverteilung, Korrelation oder Homoskedastizität vorliegt. Eine tabellarische Darstellung der Kennzahlen empfiehlt sich, um die Vergleichbarkeit der Datensätze gewährleisten zu können. In den Studien wird oftmals davon ausgegangen, dass eine statistische Normalverteilung vorliegt. Ein Test dieser Einschätzung empfiehlt sich jedoch, da sonst verzerrte Ergebnisse bei den Hypothesentests drohen. In vielen Event Studys findet jedoch keine deskriptive oder explorative Datenanalyse statt.18
Die Auswahl des Return Generating Models ist ein zentraler Punkt der Event Study, da hier die erwartete Rendite berechnet wird. Besonders hervorzuheben ist hier, dass es sich dabei um die Rendite handelt, die ohne den Eintritt des Ereignisses erwartet werden würde. Für die Berechnung stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Das Mean Adjusted Model berechnet die erwartete Rendite anhand der Durchschnittsrendite, die in einem Untersuchungszeitraum vor dem Ereignis erzielt worden ist. Die Vorteile des Modells liegen in der Einfachheit der Anwendung, nachteilig kann sich jedoch auswirken, dass keine saisonalen Effekte oder andere Markteffekte berücksichtigt werden.19
Beim „capital asset pricing model“ berechnet sich die erwartete Rendite aus einem risikolosen Zins und einer Prämie für das Risiko, die vom systematischen Risiko abhängig ist. Marktanomalien können jedoch auch bei diesem Modell nicht abgebildet werden. Das Market Adjusted Return Model setzt die erwartete Rendite in ein Verhältnis zur Marktrendite. Dadurch entfällt das Estimation Window und die Datenerhebung wird weniger komplex.20
Die Abnormale Rendite ermittelt sich als Differenz zwischen der tatsächlichen Rendite und der berechneten erwarteten Rendite. Das Ergebnis entspricht damit der Wirkung des Ereignisses auf den Aktienkurs des Unternehmens und ist somit separiert worden.
[...]
1 Vgl. FAZ, Leoni, 2019, o. S..
2 Vgl. E&Y, E&Y Studie, 2020, S. 2ff.
3 Vgl. Röder, K., Ad hoc, 2000, S. 585ff.
4 Vgl. § 315 Handelsgesetzbuch Absatz 1.
5 Vgl. Deutscher Rechnungslegungs Standard Nr. 20 Absatz 116ff.
6 Vgl. Ebenda Absatz 127.
7 Vgl. § 17 Marktmissbrauchsverordnung Absatz 1.
8 Vgl. Helpenstein, T., Managementprognosen, 2014, S. 83f.
9 Vgl. Pellens, B., Nölte, U., Berger, O., Pessimismus, 2007, S. 27f.
10 Vgl. Knauer, T., Wömpener, A., Kriterien, 2012, S. 126ff.
11 Vgl. Pellens, B., Lehmann, K., Qualität, 2012, S. 885f.
12 Vgl. Beaver, W., Clarke, R., Wright, W., Reaktion Kapitalmarkt, 1979, S. 330ff.
13 Vgl. Barth, D., Prognoseberichterstattung, 2009, S. 199ff.
14 Vgl. Holler, J., Event Study Methodik, 2016, S. 34.
15 Vgl. Hundt, S., Credit Ratings, 2015, S. 142ff.
16 Vgl. Kaup, K., Logistik, 2009, S. 53ff.
17 Vgl. Hawliczek, J., Moral, 2008, S: 203f.
18 Vgl. Holler, J., Event Study Methodik, 2016, S. 43ff.
19 Vgl. Prauser, S., Bauindustrie, 2008, S. 84f.
20 Vgl. Ostrowski, O., Desinvestitionen, 2008, S. 122f.
- Quote paper
- Benjamin Baaske (Author), 2021, Auswirkungen von negativen Prognoseänderungen auf den Aktienkurs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127963
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