Ehrenamt oder kommunale Chefsache?


Diploma Thesis, 2003

105 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Tourismusökonomie
2.1 Querschnittsbranche Touristik
2.2 Deutsche Reiseverkehrsbilanz
2.2.1 Outgoing-Tourismus
2.2.2 Incoming-Tourismus
2.3 Trends

3 Bedeutung des Tourismus für Havixbeck
3.1 Gemeindeeinahmen
3.2 Privatwirtschaft

4 Fremdenverkehrspolitik in Havixbeck
4.1 Determinanten des Vereins und der Kommune
4.1.1 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen
4.1.2 Ehrenamt in der Tourismusförderung
4.2 Gemeinde
4.3 Verkehrsverein Havixbeck
4.3.1 Ziele des VVH
4.3.2 Marketing-Mix
4.3.2.1 Produktpolitik
4.3.2.2 Distributionspolitik
4.3.2.3 Preispolitik
4.3.2.4 Kommunikationspolitik
4.3.3 Vereinsressourcen
4.3.3.1 Human
4.3.3.2 Betriebsmittel
4.3.4 Finanzen

5 Theorie der angewandten Untersuchungstechnik
5.1 Funktionssicht
5.2 Datensicht
5.2.1 Makrobeschreibung
5.2.2 Mikrobeschreibung
5.3 Organisationssicht
5.4 Steuerungssicht

6 Betriebswirtschaftliche Problemstellung

7 Istaufnahme Fachkonzept
7.1 Organisationssicht
7.1.1 Externe Organisationsstruktur
7.1.1.1 TAG Baumberge
7.1.1.2 Touristikzentrale Münsterland
7.1.1.3 Nordrhein-Westfalen Tourismus e.V
7.1.1.4 DZT und DTV
7.1.2 Interne Organisationsstruktur
7.2 Kernprozess Reiseveranstaltung
7.2.1 Information
7.2.2 Angebot
7.2.3 Buchung
7.2.4 Vor-Ort-Service und After Sales
7.3 Kernprozess Werbung
7.3.1 Printmedien
7.3.2 Internet
7.3.3 Infotafel
7.3.4 Messen
7.3.5 Stadtwerbung
7.4 Kernprozess Radwege
7.5 Kernprozess Führungen
7.6 Kernprozess Eventmarketing

8 Kritik
8.1 Prozesskritik – bottom-up
8.1.1 Systembedingte Doppelungen
8.1.1.1 Info→Angebot und Angebot→Buchung
8.1.1.2 Monatsabrechnung
8.1.2 Medienbrüche
8.1.3 Versandübernahme
8.1.4 Kalkulation automatisieren
8.1.5 Angebot und Buchungsbestätigung
8.1.6 Statistik abschaffen
8.1.7 Zahlungsverkehr vereinfachen
8.1.8 Zusätzliche Marketingaspekte
8.2 Strategiekritik – Top-down

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Aufteilung der Tourismuswirtschaft

Abb. 2.2: Zusammenhang Incoming-Outgoing

Abb. 2.3: Entwicklung der Reiseverkehrsbilanz

Abb. 2.4: Reiseziele und Dauer

Abb. 2.5: Ländertourismus 2001 in Angebot und Nachfrage

Abb. 2.6: Relationen des Ländertourismus 2001.

Abb. 2.7: Angebots- und Nachfragerelationen im Zeitverlauf für NRW

Abb. 4.1: Produkt- und Werberange in Beziehung zum Nachfragekonsum

Abb. 4.2: Produktionsfaktoreinsatzintensität im Hinblick auf die Vermarktung des Fremdenverkehrs in Havixbeck

Abb. 4.3: Stakeholder des Verkehrsvereins

Abb. 4.4: Werbung des Verkehrsvereins

Abb. 4.5: Büroausstattung

Abb. 5.1: Das ARIS-Sichtenhaus

Abb. 5.2: Funktionssicht - Funktionsbaum

Abb. 5.3: Organisationssicht - Organigramm

Abb. 5.4: Steuerungssicht - Wertschöpfungskettendiagramm (WSK)

Abb. 5.5: Steuerungssicht - erweiterte Ereignis Prozesskette (eEPK)

Abb. 5.6: Steuerungssicht - Funktionszuordnungsdiagramm

Abb. 7.1: WSK Verkehrsverein Havixbeck

Abb. 7.2: externe Organisationsstruktur VVH – Makro Destinationsmarketing

Abb. 7.3: interne Aufbauorganisation VVH

Abb. 7.4: WSK Reiseveranstaltung

Abb. 7.5: Schreib-Lese Zugriffe im VDMR

Abb. 7.6: Funktionsbaum Reiseveranstaltung – Info

Abb. 7.7: EPK – Info Teil 1

Abb. 7.8: EPK – Info Teil 2

Abb. 7.9: EPK Hinterlegung Zahlungsverfolgung– Info Teil 3

Abb. 7.10: Funktionsbaum Reiseveranstaltung – Angebot

Abb. 7.11: EPK - Angebot Teil 1

Abb. 7.12: EPK Hinterlegung Reise planen - Angebot Teil

Abb. 7.13: EPK – Angebot Teil 3

Abb. 7.14: EPK Hinterlegung Feedback prüfen - Angebot Teil 4

Abb. 7.15: Funktionsbaum Buchung

Abb. 7.16: EPK – Buchung Teil 1

Abb. 7.17: EPK – Buchung Teil 2

Abb. 7.18: EPK – Buchung Teil 3

Abb. 7.19: EPK – Buchung Teil 4

Abb. 7.20: Vor-Ort-Service und After Sales

Abb. 7.21: EPK Hinterlegung Leistungsverrechnung – After Sales

Abb. 7.22: WSK Werbung

Abb. 7.23: Schreib – Lese Zugriffe im VDMW

Abb. 7.24: Subprozess Printmedien

Abb. 7.25: EPK – UVZ Teil 1

Abb. 7.26: EPK – UVZ Teil 2

Abb. 7.27: Funktionsbaum Infotafel

Abb. 7.28: EPK – Infotafel Teil 1

Abb. 7.29: EPK – Infotafel Teil 2

Abb. 7.30: Funktionsbaum Messen

Abb. 7.31: Funktionsbaum Stadtwerbung

Abb. 7.32: EPK – Stadtwerbung Teil 1

Abb. 7.33: EPK – Stadtwerbung Teil 2

Abb. 7.34: Funktionsbaum Radwege

Abb. 7.35: schlanke EPK – Radwege Teil 1

Abb. 7.36: schlanke EPK – Radwege Teil 2

Abb. 7.37: Funktionsbaum Führungen

Abb. 7.38: Schreib-Lese Zugriffe im VDMF

Abb. 7.39: EPK – Führungen

Abb. 7.40: Funktionsbaum Eventmarketing

Abb. 7.41: Schreib-Lese Zugriffe im VDME

Abb. 7.42: EPK – Eventmarketing Teil 1

Abb. 7.43: EPK – Eventmarketing Teil 2

Abb. 8.1: Prognostizierter Output verschiedener Szenarien

Abb. 8.2: Optimales In-Outputverhältnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1: Bedeutung der Tourismuswirtschaft

Tab. 2.2: Outgoing-Reisekennziffern

Tab. 2.3: Angebots- und Nachfragekennziffern der Touristik

Tab. 3.1: Vergleich Havixbeck 2001

Tab. 3.2: wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs für Havixbeck 2001

Tab. 3.3: Ermittlung abhängig Beschäftigter im Fremdenverkehr 2001 für die Gemeinde Havixbeck

Tab. 3.4: Gesamtökonomische Bedeutung des Tourismus für Havixbeck 2001

Tab. 4.1: Kostenbeteiligung der Gemeinde im Vertriebsmarketing Havixbeck 2002

Tab. 4.2: Jahresmitgliedsbeiträge VVH 2002 (vorläufig)

Tab. 7.1: abstraktes Vertriebsdatenmodell Reiseveranstaltung

Tab. 7.2: abstraktes Vertriebsdatenmodell Werbung

Tab. 7.3: abstraktes Vertriebsdatenmodell Führungen

Tab. 7.4: abstraktes Vertriebsdatenmodell Event

Tab. 8.1: Gemeindegewinn aus VVH bedingter Tourismusförderung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das Thema dieser Arbeit wirft bereits am Anfang die provokante Frage auf, ob die Vermittlung und Erstellung touristischer Leistungen eine Domäne des kommunalen Aufgabenbereiches darstellt oder ob das Touristikmanagement wie im vorliegenden Beispiel auch sinnvoll an Dritte, hier ein aus privater Hand, ehrenamtlich geführter Verkehrsverein, delegiert werden kann. Dabei geht es nur vordergründig um eine Entscheidungsfragestellung, vielmehr soll geprüft werden, inwiefern die derzeitige Form der Tourismusvermarktung in Havixbeck Verbesserungsbedarf aufweist. Auf Basis einer rein wertfreien und umfassenden Analyse wird der konkrete Verbesserungsbedarf in Form von Kritik aufgezeigt.

Die Analyse besteht zunächst aus einer gründlichen Betrachtung der ökonomischen Rahmenbedingungen in der Tourismuswirtschaft, die das Arbeitsumfeld des lokalen Tourismusmarketing prägen. Dem Leser wird somit im zweiten und drittem Kapitel ein realistisches Bild der allgemeinen und speziellen örtlichen touristischen Situation aufgezeichnet. Dieser erste Teil ist zum einem wichtig, um darzustellen, warum gerade der Fokus auf den Verkehrsverein gelegt wurde, gleichzeitig aber auch, um die Kritik den äußeren Anforderungen anzupassen. Danach folgt der eigentliche betriebswirtschaftliche Analyseteil, der mit einer kurzen Einführung in die angewandte Untersuchungstechnik beginnt. In der Prozessanalyse werden vornehmlich wiederkehrende Funktionen beschrieben und anhand der ARIS Systematik in Prozessketten modelliert. Die ARIS Methodik bietet sich hierfür aufgrund ihrer komplexitäts-reduzierenden Eigenschaften an, ist aber trotzdem ein mächtiges Werkzeug, um einer solchen Untersuchung gerecht zu werden.

Im letzten Kapitel werden den Verantwortlichen aufgrund der Erhebungen Schwach-stellen aufgezeigt und zugleich erfolgsversprechende Verbesserungsansätze gegeben, die weiter verfolgt werden sollten. Daneben wird gezeigt, wie in Havixbeck die Tourismusvermarktung möglichst optimal organisiert werden kann.

2 Tourismusökonomie

Im Folgenden werden die Begriffe Tourismus, Touristik und Fremdenverkehr gleich-gestellt, da zwischen ihnen nur theoretische Unterschiede bestehen[1], die für diese Ausarbeitung nicht von Relevanz sind.

Tourismus ist so zu verstehen, dass Personen sich von ihrem Wohnsitz zur Befriedigung von Lebens- und Kulturbedürfnissen entfernen, um in der Destination lediglich als Verbraucher von Wirtschafts- und Kulturgütern aufzutreten.[2] Eine Destination ist der Ort des Reiseaufenthaltes, wo es durch die Nachfrage der Reisenden zu einem positiven Kaufkrafteffekt kommt.

Gerade dieser Umstand erhebt den Tourismus zu einem Wirtschaftsfaktor ersten Ranges, weswegen er von staatlicher Seite gewünscht und gefördert wird. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) trägt der Tourismus in Deutschland jährlich mit ca. 8 % zur Bildung des BIP bei, und bietet, inklusive Saison und Teilzeitkräfte, 2,8 Mio. Arbeitsplätze[3]. Diese hohe Zahl ergibt sich aus den ca. 1 Mio. Beschäftigten in den typischen Tourismusbereichen Beherbergung, Reiseveranstalter, Personenbeförderung, etc, sowie die durch einen sog. Multiplikatoreffekt[4] geschaffenen Arbeitsplätze. Dieser Beschäftigungseffekt setzt sich aus den Kompo-nenten Vorleistungen und zusätzliches Einkommen aus indirekten touristisch bedingten Umsätzen und von ihr genutzter Hebelwirkung, zusammen.

So lohnen sich in der Regel kommunale und regionale Investitionen in die touristische Infrastruktur, da durchschnittlich 2 bis 3 Prozent der erzielten Nettoumsätze in der Touristik an die Kommunen über Gewerbe und anteilige Einkommenssteuern zurückfließen.

Nachstehende Tabelle[5] zeigt einen Beschäftigungs- und Umsatzvergleich mit anderen wichtigen Branchen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.2.1: Bedeutung der Tourismuswirtschaft

Die Touristikbranche liegt, gemessen am absoluten Umsatz noch, vor der Informations- und Telekommunikationsbranche, sowie dem traditionsreichen Maschinenbau an dritter Stelle im inländischen Vergleich. Bedingt durch den hohen Einsatz an Saison- und Teilzeitkräften liegt der Pro-Kopf-Umsatz im vorliegenden Vergleich allerdings an vorletzter Stelle.

2.1 Querschnittsbranche Touristik

Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es oft wichtig zu wissen, welche Bereiche der Querschnittsbranche Touristik ihr wie zuzurechnen sind. Um diese Bereiche zu identifizieren, bedient man sich zumeist nachstehender Abgrenzungskriterien[7]:

additativ – spezifisch (Joschke)

mittelbar – unmittelbar (Hunziker/Krapf)

Absatzintensität an Fremde (Walterspiel)

vorbereitende – erfüllende – ergänzende Fremdenverkehrsaufgaben (Thoms)

Eine losgelöste Betrachtung nach nur ein oder zwei Aspekten kann nicht ausreichen, um das Verhältnis zwischen Fremdenverkehr und der jeweiligen Branchen ausreichend charakterisieren zu können. Sicherlich ist hier die Absatzintensität im Tourismus die wichtigste Messgröße, doch nicht die Alleinige.

Die Tourismuswirtschaft setzt sich nach allgemeiner Auffassung dem Ergebnis nach aus drei Bereichen zusammen, wie die nächste Abbildung zeigt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.1: Aufteilung der Tourismuswirtschaft

Die Tourismuswirtschaft im engeren Sinne ist durch eine hohe Absatzintensität an Reisende gekennzeichnet. Deren Betriebe sind also hochgradig abhängig vom Reisekonsum, da sie mit Ihrem Leistungsportfolio typischerweise keine anderen Zielgruppen erreichen. Ihr Unternehmenszweck richtet sich der Sache nach fast ausschließlich an Reisende und Touristen. Anders ist dies schon bei den Unternehmen der ergänzenden Tourismuswirtschaft. Sie sind in der Regel auch vom Tourismus abhängig, doch erlaubt es ihnen ihr Portfolio, sich durch Produktdifferenzierungen neue Absatzmärkte zu erschließen, auch wenn ihre Kernkompetenz eigentlich in der Touristik liegt. Die dritte Gruppe ist die touristische Randindustrie, sie ist nicht direkt an der Erstellung touris-tischer Kernleistungen beteiligt. Ihr Leistungsprogramm an sich spricht eine unspezifische Zielgruppe an und doch weist es einen sehr „tourismuslastigen“ Absatz auf (Restaurant im Skigebiet). Wie bereits angedeutet, zeigt es sich, dass nicht allein das Kriterium der touristischen Absatzintensität ausreicht, um die Fremdenverkehrs-wirtschaft hinreichend abzugrenzen.[8]

Durch die große Bedeutung der Fremdenverkehrswirtschaft erklärt sich das hohe Interesse an Tourismusstatistiken, daher im folgenden kurze Erläuterungen zu den Tourismuskennzahlen.

2.2 Deutsche Reiseverkehrsbilanz

In der touristischen Statistik wird zwischen den Phänomenen Outgoing- und Incoming- Tourismus unterschieden. Im Bereich des Outgoing-Tourismus interessiert man sich dafür, wohin die (deutschen) Tourismusströme fließen, wobei hier natürlich die Entwicklung des deutschen Inlandstourismus zum Auslandstourismus besonders interessiert. Bei der Statistik des Incoming-Tourismus beschäftigt man sich dezidiert mit der Herkunft der Tourismusströme, die in ein Gebiet fließen. Im Prinzip betrachten die beiden Formen zwei Seiten derselben Medaille, der Reiseverkehrsbilanz, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven. Den Zusammenhang zwischen Incoming und Outgoing macht nachstehende Abbildung deutlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.2: Zusammenhang Incoming-Outgoing

Der Saldo der nationalen Reiseverkehrsbilanz ergibt sich nun aus der Differenz zwischen Ausgaben von Ausländern in Deutschland und Ausgaben deutscher Touristen im Ausland. Die nächste Abbildung zeigt das traditionelle Reiseverkehrsbilanzdefizit Deutschlands im Verlauf der letzten Jahre.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.3: Entwicklung der Reiseverkehrsbilanz

Der Saldo der Reiseverkehrsbilanz[9] zeigt also, dass die Deutschen ca. 3 mal mehr im Ausland ausgeben, als sie durch Ausgaben ausländischer Touristen einnehmen. Das Defizit beläuft sich hier auf nun auf ca. 32 Mill. Euro. Trotz widriger Umstände, wie relativ schlechter Wirtschaftlage und erhöhter Terrorismusgefahr, erreichten die Reiseaktivitäten der Deutschen wiederum ein sehr hohes Niveau. Somit scheint das Reisen eine feste Größe im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben zu sein. Doch auch die Einnahmen steigen ähnlich schnell, auch wenn sie die Ausgabensteigerungen nicht kompensieren können.

2.2.1 Outgoing-Tourismus

Dieser Bereich der Tourismusstatistik beschäftigt sich mit Fragestellungen, welche Destinationen bei den Deutschen besonders beliebt sind, wie lange sie verreisen und wie viel sie für das Reisen ausgeben. Im Hinblick auf die Themenstellung dieser Arbeit ist es interessant zu wissen, welches die beliebtesten Reiseziele sind. Wie bereits erwähnt, ist das Reisen fester Bestandteil deutscher Lebensweise. Dieser Aspekt wird noch durch die Outgoing-Reisekennziffern untermauert[10]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.2.2: Outgoing-Reisekennziffern

So unternehmen ca. 76 % der Deutschen über 14 Jahre mindestens eine 5-tägige Urlaubsreise. Dabei bleibt die durchschnittliche Reisedauer mit ca. 13,8 Tagen, meist ausgedrückt in Übernachtungen, konstant zum Vorjahr. Von den 48,8 Mio. Touristen unternehmen 18 % zwei oder mehr Reisen, wobei im Mittel die Deutschen 1,3 mal pro Jahr verreisen. Hinzu kommen noch die 58 Mio. nicht berücksichtigten Kurzreisen mit mindestens einer Übernachtung. Das bevorzugte Reiseziel bei Urlaubs- wie auch Kurzreisen ist mit deutlichem Abstand Deutschland. Bei den Auslandsreisezielen stehen Spanien, Italien und Österreich hoch im Ansehen deutscher Touristen. Die nächste Abbildung zeigt das Verhältnis en Detail:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.4: Reiseziele und Dauer

Nach der Studie des DRV[11] unternahmen die Deutschen im Jahr 2001 insgesamt 146,3 Mio. Reisen, inklusive Kurzreisen. Die zum Teil unterschiedlichen Daten zu anderen Erhebungen beruhen auf mannigfachen Grundgesamtheiten und Erhebungsmethoden, z.B. wurde bei dieser Studie die gesamte Bevölkerung (inklusive Kindern) angesetzt. Die bedingte Vergleichbarkeit ist ein leichtes Manko, doch wird als nicht weiter störend angesehen, da keine allzu großen relationalen Verschiebungen generiert werden. Die Quintessenz ist nun, dass die Deutschen mit ca. 55 Prozent den Urlaub in ihrem Heimatland verbringen, damit ist Deutschland das Hauptreiseziel Nummer eins! Dass die Deutschen trotzdem regelmäßig ein Defizit in der Reiseverkehrsbilanz ausweisen, liegt vor allem daran, dass die Inlandsreisen meist nur von kurzer Dauer sind. Von dem 45 prozentigem Anteil der Auslandsreisen sind der Großteil (ca. 82 Prozent) lange Reisen und daher wird im Ausland entsprechend mehr ausgeben.

Betriebswirtschaftlich betrachtet bedeutet dies, dass die innerdeutschen Reiseanbieter, zu denen auch der Verkehrsverein Havixbeck bei Pauschalreisen hinzuzählt, ihren Fixkostenanteil im Buchungsgeschäft möglichst niedrig halten müssen. Um dies zu erreichen, müssen die Buchungsprozesse optimal und effizient gestaltet sein.

2.2.2 Incoming-Tourismus

Unter dem Gesichtspunkt Incoming[12] analysiert man die einfließenden Touristenströme. In diesem Bereich interessiert vor allem die Frage, in welcher Destination wie viele Touristen wie lange in welcher Form einen Reiseaufenthalt verbringen. Durch die offensichtliche Komplexität dieser Fragestellung ist natürlich klar, dass hier ein großer Erhebungsaufwand besteht. Diese Statistiken werden durch die jeweiligen Landesämter für Statistik auf Grundlage des Beherbergungsstatistikgesetzes[13] (BeherbStatG) in Verbindung mit dem Bundesstatistikgesetz (B-StatG) erhoben. Auskunftspflichtig sind hiernach nur alle Unterkunftsbetriebe mit neun und mehr Gästebetten über Gästeankünfte und Übernachtungszahlen im Reiseverkehr. Der Beherbergungsmarkt kann somit nicht ohne Einschränkung dargestellt werden. Insbesondere die Betriebe der Parahotellerie[14] sowie Kleinbetriebe fallen sehr leicht durch die „Maschen“ der statistischen Landesämter. Daher sind die tatsächlichen Auslastungszahlen und Kapazitäten in diesen Segmenten nur sehr wage. Die Daten können, da wo sinnvoll, durch Erfahrungswerte (mittels Korrekturfaktoren) bereinigt werden, um sie der Realität besser anzupassen.

Die Nachfrage nach touristischen Leistungen kann man auf vielerlei Weise messen. Gemein ist jedoch den Meisten, dass sie die Übernachtungs- bzw. Bettenanzahl als Ausgangsgröße verwenden. Beispielhaft seien folgende verwendete Messgrößen aufgezählt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.2.3: Angebots- und Nachfragekennziffern der Touristik

Die Kennzahlen des Incoming-Tourismus lassen sich in verschiedene Klassen aufteilen. So klassifiziert die Bettenkapazität und ihre weiteren Ausprägungen das Angebot für Übernachtungsreisende und ist somit ein erstes Indiz der touristischen Infrastruktur. Die Bettenauslastung drückt hiernach die Nachfrageseite aus. Die Tourismusintensität betrachtet den Fremdenverkehr aus einem anderen Winkel, sie fängt den Grad der „touristischen Penetration“ eines betrachteten Personenkreises (Bevölkerung) oder Landstriches ein.[15] Die Bundesrepublik bewegt sich im internationalen Vergleich in dieser Rubrik am oberen Ende der Statistik und ist somit ein Hauptreiseziel des Welttourismus[16].

Im Jahr 2001 stellte sich die Situation des Incoming Tourismus wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.5: Ländertourismus 2001 in Angebot und Nachfrage

Die blau gestreiften Balken messen das Bettenangebot in Tausend, die dazugehörige grün schraffierte Bettenauslastung klärt darüber auf, wie viele Betten hiervon durchschnittlich Belegt waren, spiegelt also die Nachfrage wider.

Hiernach ist Bayern das mit Abstand beliebteste Reiseziel in Deutschland (74,5 Mio. Übernachtungen), gefolgt von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, worauf sich die Bundesländer mit ihrem Bettenangebot eingestellt haben. Diese hohen Zahlen für das touristische Angebot, bzw. der Nachfrage resultieren zum Teil aber aus der Größe der Bundesländer. Aussagekräftigere Ergebnisse im Hinblick auf die Verteilung des Tourismus liefern hier die relativen Kennzahlen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.6: Relationen des Ländertourismus 2001.[17].[18]

Die vorstehende Grafik zeigt die relative touristische Situation Deutschlands als Fremdenverkehrsdestination in Bezug zur Einwohnerzahl. Hierbei ist die Betten-kapazität und die beanspruchte Bettenkapazität jeweils auf 100 Einwohner angegeben, womit verhindert wird, dass Unterschiede in der Bevölkerungsstärke der einzelnen Bundesländer das Resultat verfälschen würden. Die Übernachtungsintensität gibt das Verhältnis jährliche Übernachtungen je Einwohner an und die Aufenthaltsdauer misst sich in Tagen.

Auf der Angebotsseite lässt sich erkennen, dass 2001 Mecklenburg-Vorpommern mit 9,07 Betten auf 100 Einwohner aus Bettensicht am meisten anbot. Zudem wies es, aus Nachfragesicht, noch die höchste Tourismusintensität auf!

NRW ist eher das Schlusslicht, auch wenn es Rang drei nach dem absoluten Bettenangebot belegt. Die relativ gute Bettenauslastung von 38 Prozent lässt sich auf zwei Arten erklären: Zum einen resultiert die Nachfrage aus einem umfassenden Geschäfts-tourismus, verläuft daher stetiger und ist somit besser planbar, woraus sich zudem die kürzere Aufenthaltsdauer zum Bundesdurchschnitt erklärt. Zum anderen kann eine hohe Bettenauslastung natürlich ein Indiz dafür sein, dass die Nachfrage in den letzten Perioden stark gestiegen ist, und die Anbieter noch nicht reagierten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.7: Angebots- und Nachfragerelationen im Zeitverlauf für NRW

Die Grafik zeigt die Veränderungen der nordrhein-westfälischen Kennzahlen zum Vorjahr. Rechnerisch sind die Kennzahlen beanspruchte Bettenkapazität und Übernachtungen je Einwohner gleich. Sie drücken in der Berechnung des Vorjahresvergleiches dasselbe aus.

Schön zu erkennen ist die zeitliche Verzögerung in der Anpassung an die Nachfragesituation. Die Nachfrage nahm von 1995 bis 1997 stetig ab, stieg in den Folgejahren aber wieder, wobei sich das Wachstum 2001 abschwächte. Das Angebot wurde in den letzten drei Jahren wieder ausgebaut, nachdem es zuvor 1997 einmalig abnahm. Der Einbruch wurde zum Großteil wahrscheinlich durch Verluste in der inländischen Urlaubsnach-frage verursacht, da gleichzeitig auch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zurückging.

Bezüglich der Erläuterungen muss aber noch gesagt werden, dass die Fremdenverkehrseinschätzung nur grobe Aussagen über die Länder zulässt, da die Angaben vielfach auf amtlichen Statistiken beruhen und nicht bereinigt sind. Zudem ist die Untersuchungseinheit ´Bundesländer´ viel zu grob gewählt. In den einzelnen Bundesländern gibt es wiederum sehr differente Ausprägungen.

2.3 Trends

Die meisten Länder und Kommunen sowie andere Träger des Fremdenverkehrs sind natürlich darauf aus, den Incoming-Tourismus weiter zu fördern. Ein Mittel um dies zu erreichen, ist das Aufspüren von Trends und der richtige Umgang mit ihnen.

Ein großer Trend im Fremdenverkehr sind laut der Reiseanalyse 2002 erholende Urlaubsformen wie Wellness- sowie Fitness- und Gesundheitsurlaube (Wandern, Fahrradfahren, etc.). Der Auffassung, dass Wandern immer beliebter wird, ist auch der DTV[19], der anführt, dass es den Reisenden neben dem Naturgenuss auch um die Bewegung und regionale Küche geht. Diesem Umstand trägt auch das Bundeswirtschaftsministerium Rechnung, indem es seit 1998 gezielt den Fahrrad- sowie Wandertourismus fördert.[20]

Ein weiteres wichtiges Thema scheint der ländliche Tourismus (Urlaub auf dem Bauernhof) zu werden; er entwickelt sich zu einer Konkurrenz im Hinblick auf die etablierten Unterkunftsformen.[21] In Deutschland wurden laut einer Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Urlaub auf dem Bauernhof und Landtourismus 27 Mio. Übernachtungen in Bauernhöfen getätigt (BAG)[22], dies entspricht einem ungefähren Marktanteil von sieben Prozent.

Von diesen beiden Trends können vermeintlich gerade ländliche Gegenden profitieren, wenn die anderen Rahmenbedingungen wie Ausbau des Fahrradwegenetzes, Beschil-derung, Buchungsmöglichkeiten, etc. den Anforderungen angepasst werden.

3 Bedeutung des Tourismus für Havixbeck

Der Fremdenverkehr in Havixbeck stellt sich für das Jahr 2001 im Vergleich folgendermaßen dar[23]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.3.1: Vergleich Havixbeck 2001

Dem Fremdenverkehr in Havixbeck und seiner Umgebung, den fünf Gemeinden der Touristischen Arbeitsgemeinschaft (TAG) Baumberge[24], wohnt im Vergleich zum gesamten Regierungsbezirk Münster eine gewichtige Rolle inne. Da die Werte auf einer amtlichen Statistik beruhen, werden leider wieder nur alle Betriebe ab 9 Betten erfasst; die vielen kleinen Unterkunftsformen gehen leider nicht in die Statistik mit ein. Da kleine Schwankungen in Havixbeck das Ergebnis stark verzehren könnten, wird als Bezugsgröße die Baumbergeregion gewählt; sie akkumuliert eine gewisse Größe, hat aber immer noch einen konkreten Bezug zu Havixbeck.

Die Region um Havixbeck scheint für Touristen sehr interessant zu sein. So weist die Baumbergeregion mehr als die doppelte Bettenkapazität je 100 Einwohner als der RG Münster aus. Auch die Nachfragezahlen „Beanspruchte Bettenkapazität“ und „Tourismusintensität“ spiegeln diese Tatsache wieder. Ebenfalls auffällig ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Tagen. Für Havixbeck liegt sie seit einer halben Dekade um die Marke von 2,75 Tagen. Dieser Umstand spricht für einen leicht erhöhten echten Urlaubstourismus, der allerdings verstärkt in kleineren Betrieben stattfinden dürfte. Zur Landesebene NRW relativieren sich die Zahlen etwas, bleiben aber aus touristischer Sicht immer noch günstiger. Insgesamt sei gesagt, dass der RG Münster eine touristisch relativ unterentwickelte Region darstellt und Havixbeck und seine Umgebung es schaffen, aus dieser Ausgangslage heraus, bessere Ergebnisse zu erbringen als es der Landesdurchschnitt bewerkstelligt. Vor diesem Hintergrund gesehen, sind die Entwicklungschancen der Region Havixbeck und seiner Umgebung relativ gut, vor allem wenn man die aktuellen Trends berücksichtigt.

3.1 Gemeindeeinahmen

Die touristische Bedeutung für Havixbeck, hier speziell für die Gemeinde, lässt sich gut von der Nachfrageseite aus beurteilen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[25] [27] [28]

Tab.3.2: wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs für Havixbeck 2001

Aufbauend auf der amtlichen Zahl der Übernachtungstouristen in Betrieben über acht Betten bestimmt sich diese Rechnung. Man geht im Mittel davon aus, dass auf einen Übernachtungsreisenden in jenen Betrieben über 8 Betten 0,4 Übernachtungen in der sog. Parahotellerie zu rechnen sind. Desweiteren schätzt man die Zahl der Tagestouristen mit dem Faktor 16,7 angewandt auf die Zahl der amtlich geführten Übernachtungsgäste. Multipliziert man diese Werte mit den geschätzten Tagesumsätzen, erhält man den erzielten Brutto-Gesamtumsatz. Diese Umsätze werden nicht nur in der Tourismuswirtschaft im eigentlichen und ergänzenden Sinne, sondern auch in der touristischen Randindustrie erwirtschaftet. Für Havixbeck sind dies ca. 7,5 Mio. Euro, wovon ca. 2 Prozent des Nettoumsatzes direkt an die Gemeinde als Steuereinahmen zurückfließen, was ca. 2,4 Prozent von den Steuereinahmen ausmacht.

Hieraus lässt sich leicht der positive Effekt des Tourismus für die Gemeindeeinahmen erkennen.

3.2 Privatwirtschaft

Doch nicht nur die Gemeinde profitiert vom Reisekonsum, in erster Linie sind dies die Produzenten touristischer Leistungen in allen Segmenten der Tourismusbranche. Berücksichtigt man zudem noch den durch div. Multiplikatoreffekte bedingten indirekten touristischen Umsatz, erhält man den totalen touristischen Umsatz. Setzt man ihn wiederum in Beziehung zur angenommenen Wertschöpfungsquote, erhält man die jeweilige touristische Wertschöpfung. Die total tourismusinduzierte Beschäftigung ergibt sich nun aus der Relation zu einem durchschnittlichen regionalen Volkseinkommen.[29] Folgende Rechnung zeigt die Bedeutung des Fremdenverkehrs für die Gemeinde Havixbeck, wobei jeweils bei Schätzgrößen die unteren Durchschnittswerte in Ansatz gebracht werden:[30]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.3.3: Ermittlung abhängig Beschäftigter im Fremdenverkehr 2001 für die Gemeinde Havixbeck

In der Gemeinde Havixbeck hängen direkt ca. 72 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) und indirekt ca. 28 VZÄ vom Fremdenverkehr ab; dies entspricht einem Beschäftigungsanteil von ca. 5 Prozent über alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse.[31] Maßgebend ist somit nicht die Anzahl der Vollzeiterwerbsverhältnisse im Tourismussektor, sondern das Arbeitsvolumen, umgerechnet auf vollzeitäquivalente Beschäftigung. Dies geschieht deshalb, da das Gros der Beschäf-tigten entweder nur anteilig am Tourismuskonsum partizipiert oder sich aus Teilzeit- bzw. Saisonkräften zusammensetzt.[32] Wendet man obige Berechnungsmethoden getrennt für Tages- und Übernachtungstouristen sowie direkter und indirekter (Multiplikatoreffekt) Betrachtungsweise an, erhält man folgende Ergebnisse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.3.4: Gesamtökonomische Bedeutung des Tourismus für Havixbeck 2001

Die Tabelle macht insgesamt deutlich, dass die positiven Effekte des Fremdenverkehrs zu ca. 70 Prozent aus dem Tagestourismus resultieren und somit mit 30 Prozent übernachtungsbedingt sind.

4 Fremdenverkehrspolitik in Havixbeck

Die Fremdenverkehrspolitik sowie die Erstellung und Vermarktung des touristischen Angebots obliegt in Havixbeck zurzeit zwei Trägern: der Gemeindeverwaltung Havixbeck in Zusammenarbeit mit dem privatwirtschaftlich organisierten lokalen Verkehrsverein, jedoch mit unterschiedlich hohem Engagement und Möglichkeiten.

Daneben widmen sich sicherlich noch viele der einzelnen Anbieter typischer touristischer Produkte, wie Unterkunftsanbieter und Fremdenführer, selbstständig dem Vertrieb ihrer Leistungen, richten dabei natürlich aber einseitig den Fokus auf ihre Interessenlage. Den Erfolg, den sie mit diesen Aktivitäten erreichen, ist nur schwer messbar und mag sehr unterschiedlich sein. Einen nennenswerten Erfolg in der Er-reichung von Übernachtungstouristen werden hier am ehesten die Anbieter von themenbezogenen Urlaubsformen, wie Pony- und Bauernhofurlaub, erzielen können, da sie über ihre jeweiligen Verbandsorganisationen interessiertes Publikum ansprechen können. Sie als eigenständige Fremdenverkehrsträger eines Ortes anzusehen, kommt daher nicht in Frage. Hinzu kommt noch die örtliche Werbegemeinschaft, die vereinzelt Aktionen organisiert, dabei aber vornehmlich nur Einwohner und Tagestouristen anspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4.1: Produkt- und Werberange in Beziehung zum Nachfragekonsum

Die Abbildung zeigt die Produzenten des Angebots sowie die jeweiligen Konsumenten in einer schematischen Darstellung. Daneben sind im linken Teil die Vermarktungs-organe und ihre Reichweite dargestellt.

Nachfrage

Die Einwohner nutzen neben der normalen Infrastruktur und dem natürlichen Angebot der Baumberge auch kulturelle Angebote (Events, Stadtfeste, usw.), zum Teil auch die Wander- und Radwege. Sie bilden Basis des privaten Konsums in Havixbeck. Daneben sind die Tagestouristen angeordnet. Sie fragen zudem noch gezielter das kulturelle Angebot, hier vor allem die örtlichen Museen, die Rad- und Wanderwege sowie spezielle Veranstaltungen, nach. Ansonsten basiert ihr Konsumverhalten auf dem der Einheimischen. Die Übernachtungsreisenden benötigen zudem noch spezielle Angebote im Hinblick auf Unterkunft, Reiseorganisation, Informationen, usw.. Hierbei handelt es sich um einen speziellen Konsum, der von sonst keiner Gruppe nachgefragt wird (spezieller Reisekonsum).

Produzenten

Als Produzenten für die bestehende Nachfrage treten alle denkbaren Firmen und Einrichtungen auf den Plan. Im obigen Schema stellen die ansässigen Unternehmen (UN) und die örtliche Werbegemeinschaft (WG) symbolhaft im Verbund mit der Gemeinde, die allgemeine Infrastruktur, wie Straßen, Geschäfte, etc. die Versorgung der Nachfrager sicher. Sie organisieren zudem Events, sonstige Aktivitäten und Kultur, die allen drei Anspruchsgruppen generell offen stehen. In diesem Bereich wird auch der VVH aktiv: Er organisiert neben der WG und der Gemeinde sowie sonstigen Vereinen kulturelle Ereignisse. Die Nachfrage des speziellen Reisekonsums wird hingegen nur von den touristischen Produzenten im eigentlichen Sinne, den Unterkunftsbetrieben (UB) und dem Verkehrsverein bedient.

Vermarktung

Die Vermarktung des touristischen Angebots, wie Beherbergungsleistungen und Reiseorganisation obliegt den Unterkunftsbetrieben in Eigenregie, etwa über bestimmte Organisationen, und dem VVH. Dabei wirbt er für fremde (Events, Museen, Natur), w ie auch für eigene Leistungen (Führungen, Reiseorganisation) auf allen Ebenen. Auf überregionaler und nationaler Vermarktungsebene des Fremdenverkehrs weist er de facto ein Alleinstellungsmerkmal aus. Alle anderen Angebote werden in der Regel nur örtlich oder regional gezielt kommuniziert.

In Anlehnung an die volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital gibt es auch für einzelwirtschaftliche Betrachtungen betriebliche Produktionsfaktoren, die in Kombination für die Erstellung von Produkten und Dienstleistungen notwendig sind.[33] Dies gilt analog auch für das Vertriebsmarketing des Fremden-verkehrs, woran sich die Träger unterschiedlich intensiv beteiligen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4.2: Produktionsfaktoreinsatzintensität im Hinblick auf die Vermarktung des Fremdenverkehrs in Havixbeck 2002

Der Aufwand, den die Vermarktung Havixbecks als touristische Destination verursacht, lässt sich nach zwei Methoden betrachten. Erstens nach dem Faktoreinsatz, zweitens in der Finanzsicht.

Managementaufgaben werden hauptsächlich durch den Verein übernommen, die Gemeinde ist hier so gut wie gar nicht mehr beteiligt. Ähnlich verhält es sich bei den Faktoren Arbeitsleistung und Betriebsmittel, die im Verantwortungsbereich des Vereins stehen.

Der gesamte finanzielle Aufwand für den Vertrieb touristischer Leistungen lässt sich für das Jahr 2002 auf ca. 35.000 Euro beziffern. An diesem Budget haben die beiden Organisationen unterschiedlichen Anteil. Die Gemeinde beteiligt sich an der Finan-zierung mit ca. 60 Prozent, die Vereinsmitglieder übernehmen ca. 15 Prozent. Der Rest (oliv), ungefähr 7.500 Euro, wird durch Einnahmen aus dem Vermarktungsgeschäft gedeckt.

Zusammenfassend kann im Hinblick auf die Produktion und Vermarktung speziell touristischer Güter (Dienstleistungen) gesagt werden, dass jenes zum Großteil durch den Verkehrsverein und seine Mitglieder geschieht, die Finanzierung dieser Maßnahmen hingegen überwiegend von der Gemeinde getragen wird.

4.1 Determinanten des Vereins und der Kommune

Die beiden Akteure Gemeinde und Verkehrsverein werden in ihrer Arbeit durch viele Faktoren begrenzt, dass sind Finanzmittel, Technologie, Personal, usw. Doch daneben weisen sie jeweils auch spezifische Begrenzungen auf, die bei anderen Organisationen keine Rolle spielen. Bei dem Gebilde der Verwaltung stechen hier besonders die rechtlichen Rahmenbedingungen hervor, die ein Engagement der Gemeinde in der Tourismusförderung determinieren. Beim Verkehrsverein ist dies sicherlich die Komponente des Ehrenamts, also die Freiwilligkeit, welche Einfluss auf die Arbeitsweise und das Erfolgspotential des Vereins nehmen könnte.

4.1.1 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen

Die nordrheinwestfälische Gemeindeordnung (GO NW) zeigt ua. Möglichkeiten auf, in welcher Form sich eine Gemeinde wirtschaftlich betätigen kann, soll oder muss. Dies gilt natürlich ebenso für das Engagement im örtlichen Tourismusmarketing. Die rechtliche Grundlage der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden in NRW findet sich in den §§ 107 ff der GO NW.

Rechtlicher Grundgedanke hierbei ist, dass sich eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben dann wirtschaftlich betätigen darf, wenn ein öffentlicher Zweck dies er-fordert. Zu beachten ist hierbei ein angemessener Umfang und dass dieser Zweck durch andere nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann.

Die Fremdenverkehrsförderung zählt ausdrücklich nicht zu einer wirtschaftlichen Betätigung, wie sich aus § 107 Abs.2 Nr.3 GO NW entnehmen lässt. Daher braucht sich eine Gemeinde, sofern sie sich in diesen Bereich engagiert, nicht mit anderen Unternehmen vergleichen lassen. Eine solche Einrichtung ist aber nichtsdestominder nach wirtschaftlichen Gesichtpunkten zu führen und zu verwalten.

Dabei kann eine solche Tätigkeit durch Ämter direkt vorgenommen, oder in einen gemeindlichen Eigenbetrieb geführt werden. Vorraussetzung für die Gründung einer solchen Einrichtung ist nach § 108 Abs. 1 Nr. 2 GO NW ein wichtiges Interesse an der Gründung oder Beteiligung; und eine Einhaltung der Grenzen der Leistungsfähigkeit der Gemeinde (§ 8 GO NW). Weiterhin wird von der GO NW verlangt, dass sich die Gemeinde bei einer bloßen Beteiligung an einer Einrichtung ein Mitspracherecht sichert und weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie die Erstellung von Wirtschafts- und Finanzplänen, umgesetzt werden.

4.1.2 Ehrenamt in der Tourismusförderung

Zunächst einmal stellt sich beim Begriff „Ehrenamt“ die Frage, worum es sich hierbei überhaupt handelt. In der Literatur gibt es vielfältige Begriffe für eine derartige Tätigkeit, die im Prinzip alle etwas Ähnliches meinen. Hier werden Begrifflichkeiten wie freiwilliges Engagement, Freiwilligenarbeit, Bürgerengagement, Bürgerarbeit, gemeinwohlorientierte öffentliche Arbeit, usw. angeführt.[34] All diese Begriffe, sprechen eine andere Schnittmenge aus der großen Grundgesamtheit des freiwilligen mensch-lichen Schaffens an, das sehr facettenreich ausgeprägt ist. Dabei ist das Ehrenamt die traditionelle Bezeichnung für freiwilliges, unentgeltliches Engagement in organisierten Verbänden, Vereinen, Kirchen, Gewerkschaften oder Parteien.[35] Ein weiteres Element des Ehrenamts ist die Identifikation der Ehrenamtlichen mit den Zielen und Wert-vorstellungen der Organisation.

Es stellt sich beim VVH zunächst einmal generell die Frage, ob die ausgeübten Tätigkeiten überhaupt dem Grunde nach, zur großen Gruppe der Freiwilligenarbeit zugerechnet werden können und dementsprechend behandelt und unterstützt werden sollten, oder ob es sich um „selbstständige“ Arbeit handelt, die zufällig nur gemein-nützlich ist. Dies ist eine Frage des Blickwinkels. Sieht man die geleistete Arbeit der Mitglieder allein vor dem Hintergrund ihrer Ertragssteigerung (Bettenauslastung, Gästezahlen erhöhen, neue Angebote entwickeln, ...), so dürfte man - streng genommen - gar nicht von ehrenamtlicher Tätigkeit sprechen. Man würde in der Bewertung zum Schluss kommen, es handele sich um eine freiwillige Kooperation einzelner Betriebe mit dem Ziel der gemeinsamen Vermarktung.

Da aber durch die Tourismusförderung positive Effekte für die gesamte Gemeinschaft entstehen, es ist sogar eine „Soll“-Aufgabe der Gemeinde, also ist diese Arbeit gleichzeitig auch Gemeinwohlarbeit im wirtschaftlichen Sinne. Ferner wird auch das soziokulturelle Leben in der Gemeinde durch div. Tätigkeiten aufgewertet. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, handelt es sich eindeutig um ein Ehrenamt oder freiwillige Arbeit für die Gemeinde.

[...]


[1] Vgl. W. Freyer 1995, S. 406

[2] Vgl. H. W. Opaschowski 1996, S.19

[3] Deutscher Tourismusverband e.V.

[4] Vgl. W. Freyer 1995, S. 338 - 342

[5] Deutscher Tourismusverband e.V.

[6] Der Tourismus ist eine Querschnittsbranche, dies bedeutet, dass die Umsätze aus vielen anderen Bereichen auch in den Tourismussektor hineinreichen, so dass eine genaue Abgrenzung schwierig ist. Daher ist für den Tourismus die Angabe auf das induzierte BIP bezogen.

[7] Vgl. W. Freyer 1995, S. 110

[8] Vgl. W. Freyer 1995, S 109ff

[9] Deutsche Bundesbank

[10] FUR e.V.

[11] DRV e.V.

[12] Wird hier des weiteren gleichgesetzt mit „Domestic“

[13] BeherbStatG

[14] Vgl. W. Freyer 1995, S. 117f

[15] Vgl. W. Freyer 1995, S. 318

[16] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

[17] Statistisches Bundesamt Deutschland

[18] Zu beachten ist, dass die grünen Balken, die die touristisch beanspruchte Kapazität symbolisieren, in Relation zum Bettenangebot gesetzt wurden. Damit sind sie nicht direkt untereinander vergleichbar!

[19] Deutscher Tourismusverband e.V.

[20] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

[21] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

[22] Deutscher Tourismusverband e.V.

[23] Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen

[24] Kooperation der Fremdenverkehrstellen Havixbeck, Billerbeck, Rosendahl, Nottuln und Coesfeld mit dem Ziel der gemeinsamen Vermarktung der Ferienregion Baumberge und Nutzung synergetischer Effekte

[25] Quellen: Für Übernachtungsgäste laut dwif; für Tagestouristen laut MTZ

[26] Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen

[27] Diese Zahl geht von einem konservativ geschätzten Multiplikator aus, lt. Studie des IPK München (Europäischer Reisemonitor 2001 ca. 0,8!)

[28] Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen

[29] Vgl. W. Freyer 1995, S. 336

[30] Quelle Nettowertschöpfungsquote und Multiplikator: W. Freyer 1995 S. 336; Volkseinkommen pro Kopf im Jahr 2001 je Erwerbstätigen : Statistisches Bundesamt Deutschland

[31] Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen

[32] Regionale Innovationsstrategie Weser-Ems

[33] F. W. Mühlbradt 1992, S. 293f

[34] K. Beher 1998, S. 152

[35] Geschäftsstelle Internationales Jahr der Freiwilligen im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge

Excerpt out of 105 pages

Details

Title
Ehrenamt oder kommunale Chefsache?
College
University of Applied Sciences Münster  (Wirtschaft)
Grade
1,3
Author
Year
2003
Pages
105
Catalog Number
V11280
ISBN (eBook)
9783638174824
File size
1564 KB
Language
German
Keywords
ehrenamt, chefsache
Quote paper
Markus Bratke (Author), 2003, Ehrenamt oder kommunale Chefsache?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11280

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Title: Ehrenamt oder kommunale Chefsache?



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