Stadt- und Landleben im Hellenismus

Untersuchungen zur stereotypen Darstellungsweise in den neuen Komödien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die griechische Komödie
2.1. Die alte Komödie
2.2. Die neue Komödie

3.Versuch einer Stadtdefinition
3.1. Der Markt
3.2. Das Gymnasion
3.3. Das Theater

4.Das Landleben im Hellenismus
4.1. Bauern und Landwirtschaft
4.2. Das Häuschen im Grünen

5.Stereotypen
5.1. Der typische Bauer
5.2. Der typische Stadtmensch

6.Zusammenfassung
6.1. Quellenverzeichnis der neuen Komödien
6.2. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Es gibt eine ganze Menge Vorurteile von Städtern über Menschen, die auf dem Land wohnen, über Bauern, über Dörfler und über die Dorfjugend. Umgekehrt haben Menschen vom Lande auch ihre Vorurteile und Befangenheiten, was den Stadtmenschen betrifft. Lebendiges Beispiel in der deutschen TV-Landschaft ist die auf dem Privatsender RTL seit einigen Jahren mit Erfolg laufende Sendung „Bauer sucht Frau“, in der es neben der Vermittlung von Lebensgefährtinnen für die Landwirte eben auch darum geht, bestehende Vorurteile auszuschöpfen und aus diesen Kapital zu schlagen.

Dass sich in Vorurteilen manifestierende Konflikte zwischen beiden Bevölkerungsgruppen – den Landmenschen und den Stadtmenschen – aber keine Erfindung des Mittelalters oder gar der Moderne sind, sondern tiefere historische Wurzeln haben, die bis weit in die Antike zurück reichen, darauf möchte diese Arbeit genauer eingehen. Welche Klischees über Bauern und Städter gab es im Hellenismus und wie lassen sich diese Vorurteile mit der Realität in Verbindung bringen?

Im Rahmen des im Sommersemester 2006 abgehaltenen Hauptseminars „Alltag in der hellenistischen Stadt“ am Institut für Alte Geschichte und Epighrafik der Universität Heidelberg haben Studenten anhand von antiken Komödien versucht, das Alltagsleben in einer solchen Stadt herauszuarbeiten. Die dabei im Vordergrund stehenden neuen Komödien sollen hier in einem eigenen Kapitel kurz erläutert und von der Gattung der alten Komödie abgegrenzt werden. Im darauf folgenden Kapitel wird auf typische Charakteristika einer griechischen Stadt eingegangen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den Markt als zentralen Ort der Stadt, auf das Gymnasion und auf das Theater gelegt. Anschließend wird auf typische Formen des Landlebens in der griechischen Antike eingegangen. Der Fokus der Betrachtung wird hierbei besonders auf den einfachen Bauern sowie auf reiche Städter, die auf dem Land Anwesen besaßen, gelegt. Abschließend soll dann auf die in den Komödien zutage tretenden Stereotypen eingegangen werden. Wie wurde in den Komödien der typische Stadtmensch, wie der typische Mensch vom Lande dargestellt und was waren ihre charakteristischen Eigenschaften? Zum Schluss werden die Ergebnisse zusammengefasst und es wird nach Gemeinsamkeiten zu heutigen Stereotypen beider Lebensformen gefragt.

Als Quellengrundlage für die Herausarbeitung der typischen Verhältnisse von Stadt- und Landleben im Hellenismus dienen die schon angesprochenen neuen Komödien, die im besagten Hauptseminar von den Studenten auf Hinweise nach dem Alltagsleben in einer hellenistischen Polis untersucht wurden. Da von den griechischen neuen Komödien nur wenige erhalten geblieben sind, sind es vor allem die römischen Adaptionen von Plautus und anderen Autoren, die hierfür herangezogen werden. Sofern dem Autor lateinische Fassungen der Komödien vorliegen, werden diese auch in Latein wiedergegeben. Bei Komödien in griechischer Sprache wird sich auf Hinweise auf die Textstelle bzw. auf den deutschen Text beschränkt.

Unter der verwendeten Sekundärliteratur sind vor allem folgende Werke herauszuheben: für die Literaturgattung der Komödie, speziell der neuen Komödie, sowie für das Kapitel über das griechische Theater ist die Arbeit von Zimmermann maßgeblich, darüber hinaus der von Moraw und Nölle herausgegebene Sammelband über die Geburt des Theaters in der Antike sowie die Arbeit von Kindermann über das antike Theaterpublikum. Für die Definition einer Stadt und den Charakteristika einer griechischen Polis ist hier zum einen auf Webers Werk zu verweisen, zum anderen auf Kolb, der speziell die Eigenschaften antiker Städte untersucht hat. Für die Betrachtung der Bedeutung und Funktion der Agora sind die Arbeiten von Kenzler und Schuller maßgeblich. Das Kapitel über das griechische Gymnasion fußt größtenteils auf dem aktuellen, von Kahn und Scholz herausgegebenen Sammelband über das hellenistische Gymnasion.

2. Die griechische Komödie

Die griechischen Komödien sind uns nur sehr bruchstückhaft überliefert. Von den zwischen 486 und 120 v. Chr. mindestens 2300 Stücken von 256 namentlich bekannten Autoren sind nur einige wenige, dazu meist nur fragmentarisch, überliefert[1]. Die Gründe dafür sind vielfältig. Im Gegensatz zur Schwesterngattung Tragödie, von der der athenische Politiker Lykurg im Jahre 330 v. Chr. ein Staatsexemplar der drei großen Tragödiendichter Aischylos, Sophokles und Euripides anfertigen ließ, wurden die Komödien der Nachwelt nicht in dieser Form überliefert. Dies schien aber auch nicht nötig, da diese Literaturgattung auch nach dem 4. Jahrhundert noch blühte, während die Tragödie nach dem Tod von Sophokles auszusterben drohte[2].

Die griechische Komödie lässt sich inhaltlich wie auch formal in alte, mittlere und neue Komödie unterscheiden. Im Folgenden soll kurz auf den Unterschied zwischen alter und neuer Komödie eingegangen werden. Die mittlere Komödie, die den Übergang von alter zu neuer Komödie darstellt, wird indes nicht näher betrachtet.

2.1. Die alte Komödie

Inhaltlich ist die alte Komödie stark auf tagespolitisches Geschehen innerhalb der Polis ausgerichtet. Losgelöst von diesem Kontext sind diese Texte, zumal für recht ungebildetes Publikum, nur schwer verständlich. Hauptthemen dieser Stücke waren in der Regel Krieg und Frieden oder eine politische oder wirtschaftliche Krise in der Polis[3]. Von den vielen Dichtern der alten Komödie sind uns nur elf Stücke des Aristophanes überliefert. Thematischer Hintergrund von neun seiner elf überlieferten Komödien ist der Peloponnesische Krieg zwischen Athen und Sparta zwischen 431 – 404 v. Chr.[4]. Die vielfältigen Bezüge zu aktuellen Ereignissen innerhalb der Polis, vor allem die Seitenhiebe auf führende Politiker und Feldherren, lassen die alten Komödien nur schwer einem nachgeborenen Publikum näher bringen[5]. Daher erklärt sich, dass außer von Aristophanes keine kompletten Stücke erhalten sind; diese jedoch blieben erhalten, da in seinen Stücken so wichtige Personen wie Sokrates auftreten[6].

In der alten Komödie spielt der Chor eine besonders große Rolle[7]. Viele Teile der Stücke wurden gesungen, was ihnen aus heutiger Sicht eher den Charakter eines Opern- denn eines Theaterstücks gibt[8].

Der idealtypische Aufbau einer alten Komödie besteht aus fünf Teilen. Im Prolog äußert die Hauptfigur Kritik an den Zuständen in der Polis und entwickelt einen Plan zur Abhilfe. Darauf folgt die Parados, eine umfangreiche Szenenfolge mit dem eigentlichen Inhalt des Stückes. Dem schließt sich der epirrhematische Agon an, eine Art Diskussionsrunde, in der der Protagonist seinen Widersacher verbal bezwingt oder diesen sogar überzeugen kann. Anschließend kommt mit der Parabase der Höhepunkt des Stückes. Der Protagonist hat sein Ziel erreicht und die Folgen des neuen Zustandes werden dem Publikum vorgeführt. Zum Abschluss folgt der Exodos. Der Protagonist hat den neuen Zustand gegen seine Widersacher verteidigt und es wird ein Fest gefeiert[9].

Die alte Komödie spiegelt, sowohl was den Autor als auch was das Publikum betrifft, die politischen Umstände ihrer Entstehungszeit wider. In den demokratisch verfassten Stadtstaaten war der mündige, politisch aktive Bürger gefragt[10]. Die Entwicklung hin zur neuen Komödie ist auch aus dieser Perspektive interessant.

2.2. Die neue Komödie

Die neue Komödie verliert ihre Eigenheiten gegenüber der Tragödie und gleicht sich dieser vielmehr formal an[11]. Der Chor verliert seine herausgehobene Bedeutung völlig und es entsteht ein reines Sprechtheater, welches meist in 5 Akten gespielt wird[12]. Auch thematisch hat die neue Komödie eine Entwicklung durchgemacht. Nicht mehr die Polis, Kriege und Krisen stehen im Vordergrund der Handlung, sondern die Familie steht im thematischen Mittelpunkt. Das Private tritt an die Stelle des Öffentlichen. Liebe, Hass und Eifersucht sind die immer wieder kehrenden Themen der neuen Komödie[13]. Das Ziel der Handlung ist auch nicht mehr, einen bestehenden Missstand in der Gemeinschaft zu bewältigen, sondern vielmehr die aus den Fugen geratene familiäre Harmonie wiederherzustellen[14].

Interessant bei der Entwicklung von der alten zur neuen Komödie ist, dass diese Entwicklung auf literarischer Ebene eine Entwicklung auf politischer Ebene widerspiegelt. Die demokratisch verfassten Stadtstaaten der griechischen Klassik werden vom monarchischen Flächenstaat des Hellenismus verdrängt. Der politisch beteiligte und aktive Bürger weicht damit dem Untertan[15]. Kritik, zumal an politisch Handelnden, ist nicht mehr erwünscht und findet somit auch literarisch keinen Niederschlag mehr. Ausschlaggebend ist jetzt der Kunstgenuss, weniger der politische Diskurs. Politische Bezüge sucht man in der neuen Komödie dann auch meist vergebens[16].

Damit eignet sich die neue Komödie aber vor allem, um etwas über das Alltagsleben in der hellenistischen Stadt herauszufinden, wie dies auch im angesprochenen Hauptseminar der Fall gewesen ist. Die häufige Thematisierung von Ehebruch, das Verhältnis vom Herrn zum Sklaven, innerfamiliäre Zwiste oder eben Hinweise über das Stadt- und Landleben können uns den Alltag der Griechen näher bringen. Bei der Untersuchung muss jedoch beachtet werden, dass die neue Komödie von Stereotypen bestimmt wird. Sowohl die Handlungsstränge sind stereotyp als auch die Personen. Ein typischer stereotyper Handlungsstrang ist beispielsweise der verliebte Sohn, der durch seine Handlungen den Familienfrieden nachhaltig stört. Dieser kann nur wieder hergestellt werden, indem er seine Geliebte heiratet oder sich von ihr trennt[17].

[...]


[1] Vgl. Zimmermann: Komödie, S. 9.

[2] Vgl. ebd. S. 10.

[3] Vgl. ebd. S. 63.

[4] Vgl. ebd. S. 57.

[5] Vgl. Witchel: Kontext, S. 18

[6] Vgl. Zimmermann: Komödie, S. 15.

[7] Vgl. ebd. S. 37f.

[8] Vgl. ebd. S. 36.

[9] Vgl. ebd. S. 42ff, dazu auch: de Ponte: Wettkampf, S. 155f..

[10] Vgl. Stahl: Gesellschaft, S. 121.

[11] Vgl. Zimmermann: Komödie, S. 37.

[12] Vgl. ebd. S. 45.

[13] Vgl. ebd. S. 63.

[14] Vgl. ebd. S. 64.

[15] Vgl. ebd. S. 63.

[16] Vgl. Moraw: Publikum, S. 153. Dazu auch: Meyer: Stadt, S. 180f.

[17] Vgl. Zimmermann: Komödie, S. 64.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Stadt- und Landleben im Hellenismus
Untertitel
Untersuchungen zur stereotypen Darstellungsweise in den neuen Komödien
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik)
Veranstaltung
Alltag in der hellenistischen Stadt
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V113032
ISBN (eBook)
9783640131167
ISBN (Buch)
9783640131204
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stadt-, Landleben, Hellenismus, Alltag, Stadt
Arbeit zitieren
Toni Börner (Autor:in), 2008, Stadt- und Landleben im Hellenismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113032

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