Nutzungsmöglichkeiten des Geschäftsberichts bzw. des Jahresabschlusses als wertvolle Informationsquelle für den Verkauf


Master's Thesis, 2021

72 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung: Wesen des Geschäftsberichts – Aufgaben und Ansätze

2. Der Jahresabschluss als entscheidender Teilbereich des Geschäftsberichts
2.1 Analyse des Jahresabschlusses als Kennzahlenrechnung
2.1.1 Kennzahlen
2.1.2 Kennzahlensysteme
2.1.3 Auswertungsmethoden
2.1.4 Verdichtung von Kennzahlensystemen – Diskriminanzanalyse
2.1.5 Grenzen der Kennzahlenrechnung
2.2 Finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse
2.2.1 Investitionsanalyse: Vermögensstruktur
2.2.2 Finanzierungsanalyse: Kapitalstruktur
2.2.3 Liquiditätsanalyse
2.3 Erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse
2.3.1 Ergebnisanalyse
2.3.2 Rentabilitätsanalyse
2.3.3 Wertschöpfungsanalyse
2.3.4 Break-Even-Analyse
2.4 Strategische Analyse
2.4.1 Lebenszyklusanalyse
2.4.2 SWOT-Analyse
2.4.3 Kennzahlenorientierte Balanced Scorecard
2.4.4 Lagebericht
2.4.5 Testat des Wirtschaftsprüfers

3. Weitere Teile des Geschäftsberichts
3.1 Brief der Geschäftsführung
3.2 Organe der Gesellschaft
3.3 Beteiligungen

4. Fazit

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: DuPont-Kennzahlensystem

Abbildung 2: Finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse

Abbildung 3: Mindestgliederungsschema für den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit nach DRS

Abbildung 4: Mindestgliederungsschema für den Cashflow aus der Investitionstätigkeit nach DRS

Abbildung 5: Mindestgliederungsschema für den Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit nach DRS

Abbildung 6: Ermittlung der Earnings-Before-Kennzahlen

Abbildung 7: Die Phasen des Produktlebenszyklus

Abbildung 8: SWOT-Analyse

Abbildung 9: Der multiperspektive Aufbau der Balanced Scorecard

Abbildung 10: Bestandteile des Lageberichts

Abbildung 11: Gliederung der HUK-Coburg Versicherungsgruppe

Abkürzungsverzeichnis

BSC Balanced Scorecard

CCC Cash conversation cycle

COGS Cost of goods sold

EBIT Earnings Before Interests and Taxes

EBITDA Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization

EBT Earnings Before Taxes

EKR Eigenkapitalrentabilität

EUR Euro

DIO Days Inventory Outstanding

DPO Days Payables Outstanding

DRS Deutscher Rechnungslegungsstandard

DSO Days Sales Outstanding

F&E Forschung und Entwicklung

GKR Gesamtkapitalrentabilität

GuV Gewinn- und Verlustrechnung

HGB Handelsgesetzbuch

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer

IFRS International Financial Reporting Standards

OCI Other Comprehensive Income

RHB Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

ROA Return on Assets

ROCE Return on Capital Employed

ROI Return on Investment

RONA Return on Net Assets

ROS Return on Sales

UR Umsatzrentabilität

VMI Vendor Managed Inventory

1. Einleitung: Wesen des Geschäftsberichts – Aufgaben und Ansätze

Eine Vielzahl von Unternehmen sieht den Geschäftsbericht als deren eigene „Visitenkarte“1, weshalb oftmals viel zeitliches und finanzielles Engagement in dessen Erstellung fließt. Dennoch handelt es sich beim Geschäftsbericht nicht um ein gesetzlich festgelegtes oder vordefiniertes Instrument. Vielmehr wird dieser auf freiwilliger Basis und als zentrales Mittel zur Kapitalmarktkommunikation sowie zur Pflege des Unternehmensimages genutzt. Der Bericht richtet sich sowohl an die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten als auch an die Wirtschaftspresse und die soziale Umgebung. Somit bedient er informativ alle Stakeholder eines Unternehmens. Vor allem aber sollen aktuelle und potenzielle Anteilseigner wichtige Informationen über das vergangene Geschäftsjahr daraus ziehen können. Ferner kann ein herausragender Geschäftsbericht zu einer Steigerung des Börsenwertes führen und als Instrument zur Verbesserung der Investor Relations (IR) genutzt werden. Grundsätzlich umfasst der Geschäftsbericht bei Kapitalgesellschaften aufgrund deren Offenlegungspflichten2 den Jahresabschluss, der sich in Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und Anhang gliedert, den Lagebericht sowie den Bestätigungsvermerk3 bzw. das Testat des beauftragten Wirtschaftsprüfers. Sollte der Wirtschaftsprüfer das Testat versagen, muss auch der Vermerk darüber in den Geschäftsbericht aufgenommen werden. Weiterhin befinden sich ein Bericht des Aufsichtsrats sowie die Corporate Governance Erklärung4, die den Verhaltenskodex für Aktionäre und Vorstände widerspiegelt, im Geschäftsbericht. Die restlichen Teile können unternehmensindividuell gestaltet werden. Meist finden sich hier Aktionärsbriefe, Umwelt- und Sozialberichte, Segmentberichte oder auch Berichte über die Aktie des betroffenen Unternehmens und deren Performance im vergangenen Geschäftsjahr wieder. Das Unternehmen kann aber beliebig viele Informationen über sich und seine geschäftlichen bzw. sonstigen Aktivitäten preisgeben. Der den gesetzlichen Offenlegungspflichten nicht betreffende Teil muss auch nicht vom Wirtschaftsprüfer validiert werden. Stellt dieser dennoch fest, dass der Teilbereich einen falschen Eindruck über die Situation im Unternehmen vermittelt, muss dies gemeldet werden. Da der Geschäftsbericht Informationen über zukünftige Erfolgsaussichten zulässt und somit auch die Grundlage für Verhandlungen mit aktuellen und potenziellen Kunden, Lieferanten und weiteren Geschäftspartnern bildet, wird in der folgenden Masterarbeit die Forschungsfrage geklärt, welche Rolle der Geschäftsbericht bzw. der beinhaltete Jahresabschluss für den Verkauf besitzt. Damit kristallisiert sich heraus, ob und welche Teile des Geschäftsberichts als wertvolle Informationsquelle zum Aufbau einer neuen Geschäftsbeziehung oder Ausbau und Sicherung von Bestandskunden dienen.

Dazu wird nachfolgend der Jahresabschluss mit seinen Teilbereichen durchleuchtet, wobei zuerst auf den Jahresabschluss als reine Kennzahlenrechnung eingegangen wird. Im Anschluss daran erfolgt die Unterteilung des Jahresabschlusses in seine finanz- und erfolgswirtschaftliche sowie die strategische Analyse. Zuletzt werden noch die restlichen Teile des Geschäftsberichts behandelt, die als Informationsquelle für den Verkauf dienen. Dazu zählen der Brief der Geschäftsführung, die jeweiligen Organe der Gesellschaft sowie deren Beteiligungen.

2. Der Jahresabschluss als entscheidender Teilbereich des Geschäftsberichts

Den essenziellsten Teil des Geschäftsberichts stellt der Jahresabschluss dar, um „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Kapitalgesellschaft zu vermitteln“5. Wie eingangs beschrieben, setzt sich der Jahresabschluss aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, dem Anhang sowie dem Lagebericht zusammen. Lediglich kleine Kapitalgesellschaften sind von der Aufstellung eines Lageberichts ausgenommen. Handelt es sich um kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die keinen Konzernabschluss erstellen, muss der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel erweitert werden.6 Hauptziel der Analyse des Jahresabschlusses ist die Gewinnung und Auswertung von Informationen. Mithilfe einer Datenaufbereitung und -präsentation soll eine verdichtete Informationsvermittlung gewonnen werden. Aufgrund des Interesses verschiedenster Adressaten am Jahresabschluss einer Gesellschaft lässt sich dessen Analyse als „ein adressaten- und zweckspezifisches Auswertungssystem“7 beschreiben. Dabei werden interne und externe Adressaten unterschieden. Die externen Adressaten können beispielsweise aktuelle und potenzielle Anteilseigner, Wettbewerber oder auch Gewerkschaften darstellen, während sich interne Adressaten in der obersten Führungsebene bzw. in den sonstigen Führungen des Unternehmens befinden.8 Der Analyst des Jahresabschlusses bezieht stets eine externe Stellung zum Unternehmen. Grundlegend wird in einem Unternehmen zwischen drei entscheidenden Zielen unterschieden. Das primäre Ziel bildet dabei die Liquidität, da die Fortführung eines Unternehmens auch mit guten Leistungseigenschaften ohne die notwendige Zahlungsbereitschaft nicht gewährleistet ist. Der Liquidität vorgelagert, ist der Erfolg einer Gesellschaft, auch wenn dieser die Hauptaufgaben der Geldsteuerung nicht lösen kann. Damit umfasst das zweite Unternehmensziel die güter- und leistungswirtschaftliche Steuerung eines Betriebs. Weiterhin ist dem Erfolg das Erfolgspotenzial vorgesteuert. Das Erfolgspotenzial stellt somit das dritte Ziel eines Unternehmens dar, wobei es dem strategischen Management zur Einleitung von Maßnahmen gegen unerwartete Entwicklungen dient. Um in den folgenden Perioden Erfolge zu generieren, ist die Grundvoraussetzung ein solides Erfolgspotenzial, welches mithilfe der Chancen und Risiken sowie Stärken und Schwächen eines Unternehmens analysiert werden kann. Deshalb wird das Erfolgspotenzial oftmals als „ein Bündel nachhaltig wirksamer Wettbewerbsvorteile“9 betitelt, da es das Alleinstellungsmerkmal eines Unternehmens aufzeigt.

Demzufolge umfasst die Jahresabschlussanalyse drei Teilbereiche, die sich in die finanzwirtschaftliche, erfolgswirtschaftliche und strategische Analyse gliedern. Während sich die Teilbereiche der finanz- und erfolgswirtschaftlichen Analyse mit den quantifizierbaren Größen befassen, zeigt die strategische Analyse die qualitativen Instrumente des Erfolgspotenzials auf. Sowohl im Anhang als auch im Lagebericht sind qualitative Informationen enthalten. Um eine große Zahlenflut bzw. die Überlastung durch Informationen zu vermeiden, ist bei der Jahresabschlussanalyse der Grundsatz der Wesentlichkeit entscheidend. Der Begriff „wesentlich“ soll dabei den „beträchtlichen Grad einer Merkmalsausprägung“10 beschreiben, wodurch Einzelkomponenten, die für die Ergebnisse der Untersuchung nicht maßgeblich sind, vernachlässigt werden können.11

Im nachstehenden Kapitel wird zuerst die Jahresabschlussanalyse als Kennzahlenrechnung erörtert, woraufhin auf die drei Teilbereiche der Jahresabschlussanalyse, die finanzwirtschaftliche, die erfolgswirtschaftliche und die strategische Analyse eingegangen wird. Dabei fließen nur diejenigen Informationsquellen in die Betrachtung, die für den Verkauf maßgeblich sind. Mithilfe des Jahresabschlusses kann sich Kundenwissen angeeignet werden, um Differenzen gegenüber dem Wettbewerb aufzuzeigen. Weiterhin kann sich der Kunde durch das Sichten des Jahresabschlusses ein Bild über mögliche Finanzrisiken machen. Außerdem erwarten häufig Geschäftsführer oder Einkäufer, dass sich der potenzielle Lieferant bzw. Kunde vorher mit ihm und seinen Zahlen beschäftigt hat.

2.1 Analyse des Jahresabschlusses als Kennzahlenrechnung

Durch die hohe Aussagekraft und die Einfachheit der Berechnung spezifischer Kennzahlen haben sich diese zum entscheidenden Instrument der Jahresabschussanalyse etabliert. Mithilfe einzelner Kennzahlen und Kennzahlensysteme entsteht eine geordnete Gesamtheit von Kennzahlen, die als Basis der Kennzahlenrechnung dient. Daraus resultiert die Möglichkeit eines Kennzahlenvergleichs, der für eine verbesserte Urteilsfindung genutzt werden kann.12

2.1.1 Kennzahlen

Unter dem Begriff „Kennzahlen“ werden „hochverdichtete quantitative Maßgrößen“ verstanden, welche einen quantifizierbaren Sachverhalt erklären können. Im Allgemeinen jedoch dienen Kennzahlen als Hilfsmittel für Berechnungen, um Ergebnisse bei diversen Entscheidungsproblemen herbeizuführen. Damit können sowohl die Unternehmensstrukturen als auch die -prozesse ex ante (im Voraus) bzw. ex post (im Nachhinein) analysiert werden. Das primäre Ziel der Bildung von Kennzahlen ist es, relativ komplexe Sachverhalte in vereinfachter Form abzubilden, um einen umfassenden Überblick sicherzustellen. Gerade auf Führungsebene werden Kennzahlen genutzt, um der eigenen Kontroll- und Steuerungsfunktion nachkommen zu können. Der Kennzahlenaufbau richtet sich stets nach dem Informationsbedarf des Adressaten. Zu unterscheiden sind absolute Zahlen von Verhältniszahlen oder auch relative Zahlen genannt.13

Absolute Zahlen

Mithilfe der absoluten Zahlen, oder auch Grundzahlen, kann ermittelt werden, wie viele Elemente eine exakte Menge aufweist. Weiterhin lassen sich die absoluten Zahlen in Einzelzahlen, Summen, Differenzen und Mittelwerte untergliedern. Da sie sich sehr gut zum Vergleich mit anderen absoluten Kennzahlen eignen, kann daraus auch ein hoher Erkenntniswert gewonnen werden. Vor allem Grundzahlen, wie die Bilanzsumme oder die Umsatzerlöse, sind hier als Beispiele mit erheblicher Aussagekraft zu nennen.14

Relative Zahlen

Werden zwei in Verbindung stehende absolute Zahlen durch einen Quotienten in Relation gestellt, ergibt dies eine relative Zahl. Bei der Gestaltung relativer Zahlen ist vor allem das Entstehungsprinzip einzuhalten, welches besagt, dass die Elemente der ins Verhältnis gesetzten Zahlen einen logischen inneren Zusammenhang aufweisen müssen, damit die gebildete Kennzahl aussagekräftig wird. Gegenüber einer absoluten Zahl besteht der Vorteil, dass der Einfluss der Einzelkomponenten zu anderen Sachverhalten analysiert werden kann. Somit gewinnt die Aussagekraft der einzelnen absoluten Zahl an Wert. Außerdem ist der fehlende Rückschluss auf die exakte Höhe der Ausgangsdaten vorteilhaft, d. h. die Veröffentlichung von Verhältniszahlen ist auch dann möglich, wenn die Höhe der ursprünglichen Daten nicht preisgegeben werden soll bzw. darf. Verhältniszahlen können nochmals in Gliederungs-, Beziehungs- sowie Indexzahlen untergliedert werden. Charakteristisch für eine Gliederungszahl ist, dass die Komponente des Zählers ein Bestandteil des Nenners ist. Dadurch lässt sich der prozentuale Teil an einer Gesamtmenge ermitteln, wie z. B. bei der Fremdkapitalquote.

Um bei der Jahresabschlussanalyse keine falschen Schlussfolgerungen aus den Gliederungszahlen zu ziehen, ist stets die umfassende Betrachtung unter Einbezug der verwendeten absoluten Zahlen sicherzustellen, da beispielsweise das Fremdkapital eine Teilmenge des Gesamtkapitals darstellt, zudem aber auch eine eigenständige Gesamtmenge bilden kann, die sich unterteilen lässt.

Anders als bei der Gliederungszahl ist bei der Beziehungszahl der Zähler keine Teilmenge des Nenners. Vielmehr wird ein Bezug zwischen verschiedenen Grundgesamtheiten hergestellt, die in einem sachlogischen Verhältnis zueinanderstehen. So lassen sich z. B. der Gewinn eines Unternehmens und das Gesamtkapital bei der Bildung der Gesamtkapitalrentabilität in eine Ursache-Wirkungs-Relation stellen.

Bei den Index- bzw. Messzahlen lassen sich über die Zeit veränderte Daten wesentlich übersichtlicher aufbereiten und darstellen. Hierzu wird der Anfangs-, Mittel- oder Endwert als Startwert gleich 100 gesetzt, wobei die restlichen Indexwerte in Relation dazu umgerechnet werden. Es gilt dabei, den Basiseffekt zu beachten, da gerade Werte, die in ihrer absoluten Höhe relativ gering ausfallen, zu größeren Schwankungen bei einem klein gewählten Basiswert führen können. Aus diesem Grund sollte als Basis ein elementarer Wert gewählt werden, um den angesprochenen Differenzen möglichst aus dem Wege zu gehen.15

2.1.2 Kennzahlensysteme

Die Hauptaufgabe eines Controllers besteht darin, aus der Vielzahl der Kennzahlen ein geeignetes Kennzahlensystem zu kreieren, da die einzelne Kennzahl oftmals nicht ausreicht, um komplexe Sachverhalte im Unternehmen abbilden zu können. „Ein Kennzahlensystem ist eine geordnete Gesamtheit von Kennzahlen, die in einer Beziehung zueinander stehen und so als Gesamtheit über einen Sachverhalt vollständig informieren.“16 Der Aufbau eines Kennzahlensystems hat vor allem die drei Funktionen der Planung, Kontrolle und Steuerung inne. Durch die Beschränkung auf einzelne Kennzahlen besteht die Gefahr, dass essenzielle Einzelheiten bei der Beschreibung eines Sachverhalts unter den Tisch fallen. Werden einzelne Kennzahlen rechentechnisch aufgegliedert, substituiert oder erweitert, kann dem Risiko des Informationsverlusts vorgebeugt werden. Bei der Zerlegung bzw. Aufgliederung einer Kennzahl kann sowohl der Zähler als auch der Nenner in seine Teilgrößen aufgebrochen werden. So lassen sich beispielsweise die in der GuV befindlichen Umsatzerlöse nochmals in Auslands- und Inlandsumsätze unterteilen. Anders als bei der Aufgliederung findet bei der Substitution keine Unterteilung einer Größe statt, der Zähler oder Nenner wird hingegen durch andere Größen beschrieben, wie z. B. bei der Umsatzrentabilität, die sich durch den Quotienten aus Gewinn und Umsatzerlöse substituieren lässt. Bei der Erweiterung wird die ursprüngliche Kennzahl des Zählers oder Nenners um dieselbe Größe erweitert. Durch die rechentechnische Verknüpfung der genannten Formen entsteht ein Rechensystem, welches die hierarchische Struktur einer Pyramide aufweist und auf der Zerlegung von Kennzahlen beruht. Entscheidend bei der Entwicklung eines Rechensystems ist die Frage nach der Spitzen- oder Primärkennzahl, die betriebswirtschaftlich die wichtigste Aussage des Systems vermittelt und an der Spitze der Pyramide zu finden ist. Dem gegenüber stehen Ordnungssysteme, die eine sachverhaltsorientierte Zuordnung der Kennzahlen fordern. Das bekannteste Beispiel eines Rechensystems mit dem Return on Investment (ROI) an der Spitze der Pyramide stellt das DuPont-Kennzahlensystem dar.17

DuPont-Kennzahlensystem

Das häufig verwendete und wohl älteste Kennzahlsystem ist das DuPont-System of Financial Control dar. Es wurde 1919 vom Chemiekonzern DuPont de Nemours konzipiert und dient seither auch häufig als Basis für andere Kennzahlensysteme. Dabei wird weniger das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgt, sondern vielmehr auf die Gesamtkapitalrentabilität, den Return on Investment (ROI), Wert gelegt. Häufig wird in diesem Sinne vom Ertrag aus dem investierten Kapital ausgegangen. Dies ist auch der Grund, weshalb der ROI die Spitze der Kennzahlenpyramide bildet. Durch die Aufspaltung des ROI in den Kapitalumschlag und die Umsatzrentabilität kann zur zweiten Stufe der Pyramide übergegangen werden. Während der Kapitalumschlagüber das Anlagen- und Umlaufvermögen informiert, gibt die Umsatzrendite Aufschluss über die einzelnen Kosteneinflussfaktoren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: DuPont-Kennzahlensystem18

Das Kennzahlensystem bietet vor allem den Vorteil, dass es sowohl für das Unternehmen als Ganzes, als auch für einzelne Teilbereiche anwendbar ist. Außerdem lässt das System einen Vergleich der Leistungen der Teilbereiche auf langfristiger Basis zu. Nachteilig ist zu sehen, dass gerade nicht aktivierte Innovationen, wie z. B. der Forschungsaufwand, nicht im ROI berücksichtigt sind, was sich innovationshemmend auswirken kann. Des Weiteren werden für das System nur Unternehmensbereiche betrachtet, für die sich ein Gewinn ermitteln lässt.

RL-Kennzahlensystem

Da die bisherigen Kennzahlensysteme aus Sicht von Thomas Reichmann und Laurenz Lachnit nicht als Steuerungsinstrumente dienten, entwickelten sie 1976 das Rentabilitäts-Liquiditäts-Kennzahlensystem (RL-System). Dieses sollte sowohl Planungs-, Steuerungs- als auch Kontrollfunktionen erfüllen und über die unternehmensessenziellen Ziele, wie die Liquidität und den Erfolg berichten. Dies war das erste System, das neben der Rentabilität auch die Liquidität als Grundvoraussetzung für die Unternehmensfortführung verstanden hat. Es ist mit 39 Kennzahlen umfangreicher als das System nach DuPont. Außerdem handelt es sich beim RL-System um ein Ordnungssystem, da die Kennzahlen nicht rechentechnisch, sondern sachlogisch miteinander verbunden sind.

Als weiteres sehr bekanntes Kennzahlensystem lässt sich das ZVEI-Kennzahlensystem nennen, bei dem es sich um eine Mischform aus Rechen- und Ordnungssystem handelt.19

2.1.3 Auswertungsmethoden

Bei der Analyse des Jahresabschlusses lassen sich zwei Methoden unterscheiden, um diesen auszuwerten. Bei der ersten Methode handelt es sich um die statische Analyse, oder auch Einzelanalyse genannt, die sich nur auf Werte des gleichen Zeitpunkts bzw. der gleichen Periode bezieht. Dem gegenüber steht die vergleichende Analyse, welche sich bezüglich des Vergleichsobjekts weiter differenzieren lässt. Folgend wird daher auf den Zeit-, Soll-Ist- und zwischenbetrieblichen Vergleich eingegangen.

2.1.3.1 Statistische Analyse

Die statische Analyse bildet die Grundlage der Kennzahlenbildung, wodurch sie oftmals in weiteren Analysen Verwendung findet. Dabei werden aber lediglich Werte verarbeitet, die bilanziell dem selben Zeitpunkt und in der GuV der gleichen Periode entsprechen. Somit wird mithilfe der statischen Analyse eine Zustandsaufnahme des betrieblichen Geschehens vermittelt, wobei periodische Veränderungen unberücksichtigt bleiben. Da viele Kennzahlen erst durch einen Vergleich aussagekräftig werden, reicht die statische Methode häufig nicht aus, um Sachverhalte adäquat analysieren zu können. Bei der Betrachtung von Einzelkennzahlen lassen sich allenfalls stark auffällige und daher meist untypische Sachverhalte im Unternehmen aufzeigen. Nur durch das Auswählen geeigneter Maßstäbe lassen sich die resultierenden Ergebnisse umfassend bewerten. Bleiben diese Maßstäbe aus, können auch die Werte der einzelnen Kennzahlen nicht verglichen werden. Aufgrund dessen wird die statische Analyse um eine Vergleichsanalyse erweitert.20

2.1.3.2 Vergleichende Analyse

Basierend auf der statischen Analyse beziehen sich die Kennzahlen der Vergleichsanalyse auf unterschiedliche Zeitpunkte bzw. -perioden oder auf verschiedene Unternehmen und werden dabei ins Verhältnis zueinander gesetzt. Um einen Vergleich der Werte durchzuführen, muss die Grundvoraussetzung, dass die Kennzahlen mithilfe derselben Kriterien berechnet wurden, gelten. Weiterhin müssen betriebliche Sachverhalte einheitlich bewertet werden, sodass die gewonnenen Werte inhaltlich vergleichbar sind.

Zeitvergleich

Beim zeitlichen bzw. Entwicklungsvergleich erfolgt eine Gegenüberstellung derselben Objekte, die aber verschiedenen Zeitpunkten bzw. Perioden entstammen. Mithilfe des zeitlichen Vergleichs über mehrere Perioden hinweg lassen sich Tendenzen über die Entwicklung des Unternehmens ableiten. Dabei ist von Vorteil, dass gerade außerordentliche Geschehnisse und einmalige Vorfälle schnell auffallen, da diese meist zu sichtbaren Schwankungen im Vergleich zu den Vorperioden führen. Werden die genannten Schwankungen schnell erkannt, lassen sie sich auch in den meisten Fällen relativieren. Ein weiterer Vorteil des mehrperiodischen Vergleichs liegt in der Auffälligkeit bilanzpolitischer Maßnahmen. Werden in einer Periode im Unternehmen aufgrund interner Ziele bilanzpolitische Instrumente benutzt, können diese oftmals in der Folgeperiode zu entgegengesetzten Wirkungen führen und werden damit sichtbar. So würde beispielsweise eine hohe Sonderabschreibung zu einer größeren Schwankung auf dem Posten Abschreibungen im Vergleich zu den Werten des Vorjahres führen.21

Soll-Ist-Vergleich

Beim normativen Vergleich oder Soll-Ist-Vergleich werden den bestehenden tatsächlichen Werten anders als beim Zeitvergleich vorgegebene Richt- bzw. Planwerte gegenübergestellt. Während es sich bei Richtwerten um vergangenheitsorientierte Erfahrungsgrößen handelt, wie z. B. ein durchschnittlicher Wert mehrerer Perioden, sind Planwerte zukunftsorientiert ausgerichtet. Zukünftige Werte können beispielsweise mittels einer analytischen Kostenplanung innerhalb einer Verbrauchsanalyse generiert werden. Ein erheblicher Nachteil beim Soll-Ist-Vergleich entsteht jedoch durch die fehlende Aussagekraft der Soll- bzw. Planwerte, da es sich bei den postulierten Daten meist nur um eine subjektive Beurteilung der Werte handelt.22

Zwischenbetrieblicher Vergleich

Eine weitere Vergleichsmöglichkeit besteht zwischen Betrieben, die sich entweder in der gleichen oder in verschiedenen Branchen befinden. Des Weiteren kann ein Vergleich zwischen Unternehmen auf Teilbereiche heruntergebrochen werden, d. h. einzelne Teilbereiche eines Unternehmens können mit anderen Segmenten des gleichen oder auch fremden Unternehmens verglichen werden. Damit lässt sich vor allem die Position des eigenen Unternehmens bzw. Teilbereichs zu anderen Unternehmen widerspiegeln. Außerdem lassen sich beim Vergleich zu einem Referenzunternehmen spezifische Schwachstellen im eigenen Unternehmen erkennen, die es durch geeignete Maßnahmen zu optimieren gilt. Die Ausrichtung an einem Referenzunternehmen wird auch als Benchmarking bezeichnet und stellt eine Weiterentwicklung des zwischenbetrieblichen Vergleichs dar. Zudem lassen sich durch den Betriebsvergleich typische Bilanzierungsmuster innerhalb von Unternehmen derselben Branche beobachten. Dadurch kann ein externer Analyst beurteilen, ob die angewandte Bilanzierungsmethode in einem Unternehmen branchentypisch ist oder nicht.23

2.1.4 Verdichtung von Kennzahlensystemen – Diskriminanzanalyse

Um die Kennzahlensysteme zu verdichten und somit noch aussagefähiger zu machen, können moderne Ansätze, wie die Diskriminanzanalyse angewandt werden. Gerade aus verkaufsorientierter Sicht kann die Analyse dazu dienen, verschiedene Unternehmen als „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten. Mithilfe der Diskriminanzanalyse können zwei oder mehrere Gruppen bezüglich einer (univariat) oder auch mehrerer (multivariat) Merkmalsausprägungen untersucht werden. Die Grundlage der Analyse bildet eine Grundgesamtheit von Unternehmen, die durch ein spezielles Kriterium in zwei Bereiche gruppiert wird. So können beispielsweise die Solvenz bzw. Insolvenz als Kriterium festgelegt werden. Aus der Gesamtheit aller Unternehmen werden als nächstes zwei Stichproben gezogen, die sich in eine Test- und eine Kontrollgruppe unterteilen. Nun kommt das vorher festgelegte Kriterium zum Tragen, da die Testgruppe die insolventen Unternehmen abbildet, während die meist gleichgroße Kontrollgruppe die solventen Unternehmen enthält. Anschließend wird die Merkmalsausprägung verschiedener Kennzahlen betrachtet, um die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zu klassifizieren. Bei dem gewählten Kriterium geht als gutes Beispiel einer Kennzahl die Fremdkapitalquote hervor, wobei bei der Kennzahlenwahl darauf geachtet werden muss, dass dadurch die Unternehmen bestmöglich in die beiden Bereiche klassifiziert werden können. Nachdem eine Kennzahl ausgewählt wurde, muss noch ein Cut-Off-Point bestimmt werden, der die beiden Gruppen voneinander trennt. Der Trennwert kann mithilfe von heuristischen Methoden ermittelt werden. Unterschreitet der Wert der Fremdkapitalquote den ermittelten Cut-Off-Point, fällt das jeweilige Unternehmen in die solvente Gruppe. Wird der Trennwert hingegen überschritten, ist das betrachtete Unternehmen als insolvenzgefährdet einzustufen.24

2.1.5 Grenzen der Kennzahlenrechnung

Auch wenn die Kennzahlenrechnung häufig zur Analyse von Unternehmen eingesetzt wird, kann diese durch einige Faktoren an ihre Grenzen geraten. Darunter fällt zum einen die fehlende Zukunftsbezogenheit der Daten, da die verwendeten Informationen des Jahresabschlusses ein ganzes Jahr umfassen. Hieraus lassen sich nur erschwert zukünftige Tendenzen herauskristallisieren. Zudem führt der Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und der Veröffentlichung des Jahresabschlusses weiterhin zur Alterung der Daten. Davon betroffen sind vor allem Kennzahlen, die stichtagsbezogen ermittelt werden und sich mit der Vermögens- und Liquiditätslage eines Unternehmens auseinandersetzen. Würden sich die Vergleichszeiträume von Jahresabschlüssen zu Monats- oder Quartalsabschlüssen verringern, wären zukünftige Entwicklungen einfacher zu konzipieren. Da die genannten Abschlüsse aber meist nur für die Augen interner Gremien bestimmt sind, bleibt die Möglichkeit für externe Analysten aus.25

Eine weitere Grenze der Kennzahlenrechnung stellt das Ausbleiben erforderlicher qualitativer Merkmale dar, um ein Unternehmen finanz- und erfolgswirtschaftlich adäquat analysieren zu können. Bei der klassischen Jahresabschlussanalyse fehlen signifikante qualitative Daten, wie z. B. die Marktstellung, das Image oder das technische Know-how eines Unternehmens, da die benannten Größen nicht quantifizierbar sind. Zudem erfolgt nur die Erfassung bereits begonnener bzw. abgeschlossener Geschäftsvorfälle, wodurch potenzielle Transaktionen, wie schwebende Geschäfte eines Unternehmens unberücksichtigt bleiben.

Durch die Anwendung bilanzpolitischer Maßnahmen und Ermessensentscheidungen der Unternehmensleitung kann das Bild, das die Jahresabschlussanalyse vermittelt, erheblich verfälscht werden, da die Unternehmenslage aus unternehmenspolitischer Sicht schlechter hervorgehoben werden kann, als sie tatsächlich ist. Diese Möglichkeit der Unterbewertung ist im § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) durch das Vorsichtsprinzip begründet. Vermögensgegenstände und Schulden sind demnach „vorsichtig zu bewerten“26. Dies ist der Grund, weshalb das Reinvermögen häufig unterbewertet bzw. Aufwendungen vorverrechnet werden. Das Ziel des Einsatzes bilanzpolitischer Maßnahmen sind die Bildung bzw. Auflösung stiller Reserven im Unternehmen, die sich aus einer Überbewertung der Schulden oder Unterbewertung der Vermögengegenstände ergeben und zu einem verzerrten Bild der Finanz- und Ertragslage führen.

Der letzte entscheidende Faktor, der die Kennzahlenrechnung an ihre Grenze bringt, ist die Anwendung verschiedener Rechnungslegungsnormen. Der Trend der Bilanzierung läuft in Richtung internationaler Rechnungslegungsnormen. Damit wird der Vergleich zwischen einem Unternehmen, das nach internationalen Vorschriften bilanziert, und einem nach HGB bilanzierenden Unternehmen bedeutungslos, da die Rechnungslegungsnormen verschiedene Ansatz- und Bewertungskonzepte innehaben. Demzufolge variieren auch der Rechnungslegungszweck und dessen Ziele. Nur durch die Adaption eines Abschlusses an die Rechnungslegungsstandards des anderen wird eine Vergleichbarkeit möglich.

2.2 Finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse

Durch die finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse lassen sich Informationen gewinnen, wie das Kapital eines Unternehmens verwendet (Investitionsanalyse) und aufgebracht (Finanzierungsanalyse) wurde. Weiterhin kann die Beziehung zwischen der Kapitalverwendung und -aufbringung analysiert werden (Liquiditätsanalyse). Dabei wird die genannte Liquiditätsanalyse nochmals in eine dynamische, welche stromgrößenorientiert ist, und eine statische Analyse untergliedert, die auf Basis von Bestandsgrößen ermittelt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse27

Mit der aus den drei Analysen gewonnenen Erkenntnis über die Finanzstabilität eines Betriebs kann auch anschließend dessen Ertragskraft ermittelt werden. Die Beurteilung der Liquiditätssituation im Unternehmen gilt bei der finanzwirtschaftlichen Analyse als zentrales Element, da sowohl die Überschuldung als auch die Illiquidität eines Unternehmens zu einer Insolvenz führen würden. Die für die Analyse benötigten Daten und Werte können vor allem der Bilanz und der Kapitalflussrechnung entnommen werden.28

2.2.1 Investitionsanalyse: Vermögensstruktur

Als Untersuchungsobjekt innerhalb der Investitionsanalyse gilt neben der Art und Zusammensetzung des Vermögens auch die Kapitalbindungsdauer. Die Kennzahlen, die für die Analyse der Vermögensstruktur von Bedeutung sind, können der Aktivseite der Bilanz entnommen und infolgedessen in Relation zueinander gesetzt werden. Daraus ergibt sich die Erkenntnis, ob das Unternehmen investiv eher auf lang- oder kurzfristiges Kapital Wert gelegt hat und somit auch welche Bindungsdauer dieses besitzt. Entscheidend für die Finanzstabilität eines Unternehmens ist die Dauer, in der Vermögensteile monetisiert werden können. Gelingt dies rapide, so steigt die Entwicklungskraft des Liquiditätspotenzials. Des Weiteren sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Liquiditätsengpasses, wenn das Unternehmen Vermögensteile schnell zu Geld machen kann. Außerdem ist ein Betrieb bezüglich seiner Disposition elastischer, da eine Anpassung an Veränderungen des Absatzes besser und schneller erfolgen kann. So kann beispielsweise das Produktionsprogramm einfacher adaptiert werden, anstatt eine gesamte Maschine stillzulegen.29

2.2.1.1 Vermögensrelationen: Verhältnis von Anlage- zu Umlaufvermögen

Der erste Analyseschritt setzt das langfristig investierte Vermögen mit dem kurzfristig investierten Vermögen in Relation. Von der Aktivseite der Bilanz können die Daten bezogen werden, um folgende Intensitätskennzahlen zu bilden.30

Vermögensintensität= Anlagevermögen/Umlaufvermögen

Anlageintensität=Anlagevermögen/Gesamtvermögen

Je geringer der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen ausfällt, desto besser ist die Kapazitätsausnutzung und damit einhergehend die Ertragslage im Unternehmen.31

Umlaufintensität=Umlaufvermögen/Gesamtvermögen

32 Wird der Anteil des Umlaufvermögens am Gesamtvermögen erhöht, führt dies zu einer größeren Kostenflexibilität und daraus resultierend auch zu einer höheren finanz- und erfolgswirtschaftlichen Stabilität. Die anteiligen Fixkosten können deutlich reduziert werden, wenn das Vermögen eher kurz- statt langfristig gebunden ist. Gerade auf mögliche Veränderungen im Bereich der Beschäftigten würde sich ein niedrigerer Fixkostenanteil schwächer auswirken. Es muss lediglich eine der drei Kennzahlen zur Analyse der Vermögensstruktur gebildet werden, da es sich hierbei um Komplementärkennzahlen handelt und sich das Gesamtvermögen aus der Summe von Umlauf- und Anlagevermögen zusammensetzt. Besitzen die zu vergleichenden Unternehmen unterschiedliche Branchenzugehörigkeiten, Geschäftspolitiken, Produktionsprogramme oder Fertigungstiefen, können die Intensitätskennzahlen nicht gegenübergestellt werden, da sich die Unterschiede auf das Anlage- und Umlaufvermögen auswirken. Es kann außerdem zu Verfälschungen kommen, wenn ein Unternehmen beispielweise in eine große Maschine investiert, da folglich die Anlageintensität stark steigen würde. Weiterhin könnten die Intensität des immateriellen Vermögens und die Aktivierungsquote gebildet werden, um die Analyse zu intensivieren. Über den Jahresabschluss können die Intensitäten ohne Probleme vom Kunden analysiert und beurteilt werden. Dabei ist die daraus resultierende Liquidierbarkeit aus Verkaufssicht entscheidend, welche aufzeigt, wie schnell Vermögensteile monetisiert werden können. Je größer letztlich die Umlauf- oder Vermögensintensität ausfällt, desto höher ist die Liquidierbarkeit im Unternehmen und desto besser kann mit Beschäftigungsrückgängen umgegangen werden.33

2.2.1.2 Umsatzrelationen

Durch die Bildung von Umsatzrelationen kann die Analyse der in Relation gesetzten Vermögen verfeinert werden. Dies lässt relativ einfach erkennen, wie sich Veränderungen von Vermögensposten aus einer florierenden oder schrumpfenden Geschäftstätigkeit ableiten.34

Sachanlagenbindung=Sachanlagevermögen/Umsatzerlöse

Vorrätebindung=Vorräte/Umsatzerlöse

Neben den zwei genannten Umsatzrelationen besteht die Möglichkeit weitere zu ermitteln, jedoch werden diese innerhalb der Arbeit nicht berücksichtigt. Unter der Annahme, dass das Verhältnis von Anlage- zu Umlaufvermögen ansteigt, kann vorschnell von einer schlechteren Kapazitätsauslastung ausgegangen werden. Wenn beiläufig aber die Sachanlagen-Bindung sinkt, kann ein Beschäftigungsrückgang ausgeschlossen werden. In Betracht kommt vielmehr eine Umsatzsteigerung bei gleichbleibendem Anlageneinsatz oder ein unveränderter Umsatz, der mit weniger im Einsatz befindlichen Anlagen erzielt wurde.35 Dies würde auf eine verbesserte Anlagenauslastung schließen. Soll die Ursache für das Absinken des Umlaufvermögens ermittelt werden, muss die Vorräte-Bindung betrachtet werden. Reduziert sich parallel zur Sachanlagen-Bindung auch die Vorräte-Bindung kann dies möglicherweise in einer Rationalisierung der Lagerhaltung oder einer Verbesserung des Fertigungsdurchlaufs begründet sein.36

Zum einen sollten die Kennzahlen aus Verkaufssicht genutzt werden, um eine sachlogische Verknüpfung zu den Vermögensrelationen herzustellen. Dies ist immanent wichtig, da nur so eine gewisse Aussagekraft generiert werden kann. Auf der anderen Seite kann z. B. eine erhöhte Vorräte-Bindung im Verkaufsgespräch angesprochen werden, um mögliche Verbesserung anzubieten. So könnte ein Fertigungsschritt übernommen werden, der beim Kunden länger dauert als im eigenen Unternehmen, sodass der Durchlauf beschleunigt wird. Es könnte aber auch eine „just in time“-Lieferung angeboten werden, um die Lager beim Kunden zu entlasten und zu rationalisieren.

2.2.1.3 Umschlagskoeffizienten

Mithilfe der Umschlagskoeffizienten kann ermittelt werden, wie oft der jeweilige Vermögensposten im laufenden Geschäftsjahr umgeschlagen bzw. verkauft wurde.

Umschlagshäufigkeit=Wareneinsatz/(Durchschnittlicher Bestand)

Die Häufigkeit des Umschlags sollte möglichst gesteigert werden, um die Rentabilität im Unternehmen zu erhöhen. Dadurch wird das Kapital, welches in den Vermögenswerten gebunden ist, bei gleichbleibendem Jahresumsatz reduziert.37 Durch die Bildung des reziproken Wertes der Umschlagshäufigkeit kann die Umschlagsdauer errechnet werden. Diese gibt die Dauer in Tagen an, in welcher der gesamte Lagerbestand genau einmal umgeschlagen wurde. Durch das arithmetische Mittel aus Anfangs- und Endbestand lässt sich der benötigte Durchschnittsbestand bilden. Da Abgänge nur im Anlagevermögen zu verzeichnen sind, tritt anstelle der Abgänge bei allen anderen Positionen der Umsatz. Besonderes Augenmerk fällt dabei auf die Umschlagsdauer der Vorräte.

Lagerumschlag der Vorräte=Vorräte/Materialeinsatz×365

Die Vorratsumschlagsdauer, oder auch Days Inventory Outstanding (DIO) genannt, beeinflusst die Liquidität eines Unternehmens. Der benötigte Wert des Materialeinsatzes lässt sich der GuV entnehmen. Die Kennzahl sollte möglichst minimal gehalten werden, um die Lager zu schonen.38 Dennoch sollte die Produktion aufgrund fehlender Vorräte niemals stillstehen, da dies ein Anzeichen von Ineffizienz wäre. Gerade bei expandierenden Unternehmen ist jedoch häufig ein Anstieg der Kennzahl zu beobachten, da für eine gut funktionierende Logistik meist die Zeit fehlt. Hier bestehen beispielsweise Ansatzpunkte für potenzielle Lieferanten, die im Kundengespräch Möglichkeiten des verbesserten Bestandsmanagements aufzeigen können. Die Optionen reichen von Transport- oder Losgrößenoptimierung bis hin zur Adaption des Lagerwirtschaftssystems beim Kunden. So könnte auch hier der Lieferant eine „just in time“-Lieferung anbieten, sodass sowohl das Lager als auch die Liquidität des Kunden geschont werden. Weiterhin könnte der Lieferant dem Kunden den Vendor Managed Inventory-Ansatz (VMI) vorschlagen, bei dem er Zugriff auf das Lagerverwaltungs- und Auftragsmanagementsystem des Kunden erhält. Somit würde der Lieferant auf einen Blick die Relation von Lager- und Auftragsbestand sehen und könnte selbständig reagieren, da er den Wareneingang kontrolliert.39

Eine weitere wichtige Kennzahl aus Verkaufssicht ist das Kundenziel, welches auch Days Sales Outstanding (DSO) genannt wird. Das Kundenziel gibt die durchschnittliche Dauer in Tagen an, in der Kunden ihre Liefer- und Leistungsforderungen begleichen.

Kundenziel=(Durchschnittlicher Bestand an Warenforderungen)/Umsatzerlöse×365

Eine Erhöhung des DSO’s kann in unterschiedlichen Ursachen begründet liegen.40 Auf der einen Seite könnte ein wichtiger Kunde des Unternehmens Liquiditätsprobleme aufweisen, wodurch er Zahlungen erst später oder möglicherweise gar nicht tätigen kann. Ein weiterer Grund könnten Zugeständnisse bezüglich der Zahlungsbedingungen sein, in denen das Zahlungsziel verlängert wurde, um die Auftragslage zu verbessern. Auf der anderen Seite könnte an Kunden mit schlechter Bonität geliefert worden sein oder eigene Qualitätsprobleme sind der Grund für ein schlechteres Kundenziel. Dazu wird meist noch die Forderungs-Ausfallquote betrachtet, bei der die ausgefallenen Forderungen mit dem kompletten Forderungsbestand ins Verhältnis gesetzt werden. Gerade für Dienstleister, die den Bereich Prozessoptimierung und Outsourcing anbieten, ist die Analyse der genannten Kennzahlen beim Kunden wichtig, um im Verkaufsgespräch adäquate Lösungen zu offerieren. Aber auch Lieferanten, die den Prozess der Abwicklung von ausstehenden Forderungen im eigenen Unternehmen intensiviert haben, können sich beim Kunden mit der Expertise profilieren, der damit noch Probleme hat. So würde sich auch das Standing vom reinen Lieferanten zum essenziellen Geschäftspartner wandeln.41

2.2.2 Finanzierungsanalyse: Kapitalstruktur

Die Kapitalstrukturanalyse soll zeigen, wie sich das Kapital eines Unternehmens nach Art und Überlassungsdauer zusammensetzt. Zum einen dient die Finanzierungsanalyse zur Abschätzung des Finanzierungsrisikos. Zum anderen können Banken und andere Fremdkapitalgeber die Bonität eines Unternehmens mithilfe der Analyse abschätzen, wenn weiteres Fremdkapital benötigt wird. Bestimmend für die Gewährung frischen Kapitals ist grundsätzlich aber immer die jeweilige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens.42

2.2.2.1 Verschuldungsgrad

Die erste zu betrachtende Kennzahl innerhalb der Kapitalstrukturanalyse im statischen Sinne stellt die Eigenkapitalquote dar. Diese gibt die Höhe des Prozentsatzes der Eigenkapitalausstattung an der Finanzierung an.

Eigenkapitalquote=Eigenkapital/Gesamtkapital

Unter Berücksichtigung des Jahresüberschusses (Gewinn) bzw. des Jahresfehlbetrags (Verlust) lässt sich die Eigenkapitalquote berechnen.43 Bei zeitpunktbezogenen oder statischen Betrachtungen gilt der Grundsatz, je höher der Eigenkapitalanteil an der Bilanzsumme zum Zeitpunkt der Berechnung ausfällt, desto stabiler ist die Finanzierung des Unternehmens. Außerdem ist das Unternehmen konkurrenzfähiger, unabhängiger sowie kreditwürdiger gegenüber Banken und kann sich somit einfacher Fremdkapital beschaffen, wodurch die Chance der Wachstumsfinanzierung steigt. Des Weiteren vergrößert sich die Haftungssubstanz mit steigender Eigenkapitalquote, da die Insolvenzgefahr durch Überschuldung schrumpft. Auf Seiten der Fremdkapitalgeber sinkt zudem das Risiko, dass sie auf ihr investiertes Kapital oder die daraus resultierenden Zinszahlungen verzichten müssen, da diese von den Eigenkapitalgebern zu tragen sind. Als negativer Punkt einer hohen Eigenkapitalquote ist die enorme steuerliche Belastung der Eigenfinanzierung zu nennen.

[...]


1 Vgl. Keller, 2006, S. 10

2 Vgl. § 325 HGB

3 Vgl. § 322 HGB

4 Vgl. § 161 AktG

5 § 264 Abs. 2 HGB

6 Vgl. § 264 Abs. 1 HGB

7 S. Pellens, B. 1989, S. 155

8 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 10

9 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, 2018, S. 1040

10 S. Leffson, U., 1986, S. 435

11 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 3

12 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 51

13 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 51

14 Vgl. Controlling.net – Das Controlling-Magazin: Fremdkapitalquote, unter: https://www.controllingportal.de/Fachinfo/Grundlagen/Kennzahlen/Fremdkapitalquote.html

15 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 52 ff.

16 S. Horváth, 2020, S. 317

17 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 54 ff.cc

18 Vgl. Horváth, 2020, S. 313

19 Vgl. Horváth, 2020, S. 308 ff.

20 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 67 f.

21 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 69 f.

22 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1045

23 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 70 f.

24 Vgl. Prof. Dr. Kamps: Diskriminanzanalyse, unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/diskriminanzanalyse-28211

25 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1047

26 S. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB

27 Vgl. Dr. Siefert: Jahresabschlussanalyse, 2012, S. 7

28 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1091

29 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1092

30 Vgl. Umlaufvermögen, unter: https://debitoor.de/lexikon/umlaufvermoegen

31 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1092

32 Vgl. Brösel, 2014, S. 235

33 Vgl. Brösel, 2014, S. 235

34 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1095

35 Vgl. Bilanzanalyse, unter: http://www.daswirtschaftslexikon.com/d/bilanzanalyse/bilanzanalyse.htm

36 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1094 f.

37 Vgl. Prof. Dr. Kenning, unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/umschlagshaeufigkeit-48647

38 Vgl. Sieck, 2011, S. 56

39 Vgl. proLogistik, unter: https://www.prologistik.com/logistik-lexikon/vendor-managed-inventory/

40 Vgl. Coenenberg, 2018, S. 1096

41 Vgl. Sieck, 2011, S. 52 ff.

42 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung, unter: https://www.boeckler.de/pdf/mbf_bilanzpolitik_ja-analyse_gesamt.pdf, S. 34

43 Vgl. Küting/Weber, 2015, S. 139

Excerpt out of 72 pages

Details

Title
Nutzungsmöglichkeiten des Geschäftsberichts bzw. des Jahresabschlusses als wertvolle Informationsquelle für den Verkauf
College
University of Applied Sciences Coburg
Grade
1,3
Author
Year
2021
Pages
72
Catalog Number
V1130480
ISBN (eBook)
9783346497949
ISBN (Book)
9783346497956
Language
German
Keywords
Geschäftsbericht, Jahresabchluss, Jahresabschlussanalyse, GuV, Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Verkauf, Vertrieb, Kennzahlen, Kennzahlenrechnung, Finanzwirtschaftliche Jahresabschlussanalyse, Investitionsanalyse, Finanzierungsanalyse, Liquiditätsanalyse, Erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse, Ergebnisanalyse, Rentabilitätsanalyse, Wertschöpfungsanalyse, Break-Even-Analyse, Strategische Analyse, Lagebericht, Balanced Scorecard, SWOT-Analyse, Lebenszyklusanalyse, Testat
Quote paper
Domenic Lauerbach (Author), 2021, Nutzungsmöglichkeiten des Geschäftsberichts bzw. des Jahresabschlusses als wertvolle Informationsquelle für den Verkauf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1130480

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