Hanns Johst. Seine Rolle als Präsident der Reichschrifttumskammer für die literarische Gleichschaltung in der NS-Zeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2021

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Abkürzungsverzeichnis

2. Einleitung

3. Reichsschrifttumskammer
3.1 Aufbau
3.2 Aufgaben und Zielsetzung

4. Hanns Johst
4.1 Die frühen Jahre
4.2 Politische Orientierung
4.3 Verankerung im Nationalsozialismus
4.4 Präsidentschaft der Reichsschrifttumskammer
4.5 Nachkriegszeit

5. Fazit

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Einleitung

„Jawohl, wir werden die öffentliche Meinung gestalten. [...] Wir werden weiterhin bemüht sein, den kulturellen Geist der nationalen Revolution stilecht und folgerichtig zum Ausdruck zu bringen! ... So werden wir schließlich über Deutschland auch erkenntnismäßig die Kuppel aufrichten, zu der das ganze deutsche Volk in gläubigem Vertrauen aufschauen kann. “1

Joseph Goebbels' Zitat stammt aus einem Interview in der NSDAP-Zeitung Der Angriff, gegeben kurz nach der Gründung des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) am 13. März 1933. Das RMVP bildete den Grundstein für die untergeordnete RKK, die Reichskulturkammer, die damit beauftragt war, die öffentlichen Aufgaben im Wege der Selbstverwaltung unter staatlicher Überwachung und Mitwirkung wahrzunehmen.2 Die Reichsschrifttumskammer (RSK) als Teil der RKK und ihr Präsident Hanns Johst waren erklärtermaßen beauftragt,

„die Gleichschaltung zwischen der Regierung und dem ganzen Volke herzustellen, um das ganze Volk auf die Seite der Regierung zu ziehen sowie alle propagandistischen Unternehmungen, alle volksaufklärerischen Institutionen des Reiches und der Länder in einer zentralen Hand zu vereinigen“. 3

In dieser Arbeit werden neben der Person Johst auch die Verantwortlichkeiten und Funktionen der RSK, sowie die Auswirkungen auf die Schriftsteller und ihr Wirken in Deutschland beleuchtet. Eine Personenanalyse Johsts soll dabei helfen, dessen Rolle als Instrument des NS-Apparates besser zu verstehen und einzuordnen. Dabei werden die Annährung des 1890 Geborenen an die Gedankenwelten des Nationalsozialismus (NS) nachvollzogen sowie sein anschließender Aufstieg zum Führungspersonal der zweiten Reihe.

Die Arbeit folgt in erster Linie den Lebensweg Johsts, allerdings wird seine politische Gesinnung anhand zweier ausgewählter Werke herausgearbeitet - seinem Gedicht Rolandsruf aus dem Jahr 1919 sowie dem Schauspiel Schlageter aus dem Jahr 1933, das als erfolgreichstes Theaterstück der NS-Zeit galt.4

Als Präsident einer untergeordneten Berufsorganisation stand Johst nicht an der Spitze der NS-Hierarchie. Dennoch kann - aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit, seines Einflusses auf die Literatur dieser Zeit als Präsident der RSK sowie seiner persönlichen Freundschaft mit dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler - davon ausgegangen werden, dass Johst Einfluss auf die NS-Ideologie und die Gleichschaltung der Literatur ausgeübt hat. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll diese Annahme näher beleuchtet werden. Dabei wird der Frage nachgegangen: Welche Rolle spielte Himmlers Freund als Präsident der RSK bei der literarischen Gleichschaltung?

Die Arbeit basiert weitgehend auf Rolf Düsterbergs Hanns Johst, der Barde der SS 5. Als Forscher mit dem Schwerpunkt Völkische und NS-Literatur bietet Düsterberg einen umfassenden Gesamtüberblick über das Leben Johsts. Dennoch liegen der Arbeit auch weitere Quellen zugrunde. Mit Blick auf die Quellenlage fällt auf, dass in der Nachkriegszeit zunächst keine Arbeiten über Johst veröffentlicht wurden. Eine Aufarbeitung seiner Werke sowie seiner politischen Bedeutung scheint erst ab den 1970er Jahren stattgefunden zu haben. Die Publikationen von Riedel6 und Pfanner7 - beide 1970 veröffentlicht - markieren den Beginn einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Person Hanns Johst. Aus den Folgejahren ist insbesondere die Publikation von Norbert Frei8 über den Journalismus in der NS-Zeit nennen. Eine steigende Zahl an Veröffentlichungen sowohl im deutschsprachigen als auch im angloamerikanischen Raum lässt sich seit der Jahrtausendwende verzeichnen. Zu diesen Arbeiten zählt u.a. Düsterbergs Auseinandersetzung mit Johst, aber auch Werke, die sich auf einer allgemeineren Ebene mit der Reichskulturkammer und der Literatur in der NS-Zeit befassen, darunter die Veröffentlichungen von

Turlamain9, Kühnert10 und Klee11 sowie eine weitere Publikation Düsterbergs12. Arbeiten, die sich ausschließlich mit Johst befassen, existieren nur in sehr überschaubarem Umfang, jedoch lassen sich in Überblicksarbeiten und Sachbüchern Informationen über sowie Textauszüge von Johst finden.13

3. Reichsschrifttumskammer (RSK)

3.1. Aufbau

Im August 1933 beauftragte Reichskanzler Adolf Hitler den Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Goebbels mit der Umsetzung des Kulturkammergesetzes, woraufhin der Gesetzesbeschluss zur Errichtung einer Reichskulturkammer (RKK) erfolgte.14 Diese war in sieben Kammern unterteilt und auch die 1933 gegründete RSK wurde in ihr integriert. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts war sie der organisatorische Zusammenschluss für alle Gruppen, die an der Herstellung, Verbreitung oder Vermittlung des Kulturgutes Buch mitwirkten.15 Die RSK umfasste ihrerseits sieben Abteilungen, jeweils verantwortlich für (1) Verwaltung, (2) berufliche, rechtliche und soziale Betreuung der Schriftsteller, (3) Buchhandel, (4) Buchwerbung, (5) Büchereiwesen, (6) Adress- und Anzeigenbuchgewerbe, sowie die (7) Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels.16

Die RSK verpflichtete alle Personen, die im kulturellen Leben tätig waren, zur Mitgliedschaft in der für ihre Haupttätigkeit zuständigen Kammer.17 Johst übernahm die Präsidentschaft 1935 und hielt diese Position bis zum Verbot der RKK durch den Kontrollrat der Alliierten im Oktober 1945 inne.18

3.2. Aufgaben und Zielsetzung

Die RSK fungierte als kulturelle Überwachungsinstanz zur „Freihaltung des Schrifttums von ungeeigneten und unzuverlässigen Elementen“. Aufgabe war die Säuberung des Reichs von allen ,artfremden‘ und ,volksschädlichen‘ Schriftstellern im Sinne einer Gleichschaltung der deutschen Literatur.19 Durch die Kontrolle der Veröffentlichungen nahm die Reichskulturkammer eine bedeutende Position innerhalb der völkischen Propaganda und der Gleichschaltung des Volkes ein. Volker Dahm beschreibt die RSK als Zwangsinstitution zur lückenlosen Kontrolle des kulturellen Lebens; den Verantwortlichen attestiert er den „Versuch einer totalen Umwälzung der demokratischen Kulturverfassung“20 im Geiste der nationalsozialistischen Ideologie.21

Johsts Amtsvorgänger Blunck ordnete am 24. April 1935 an, Werke vor ihrer Verbreitung einer politischen Prüfung zu unterziehen.22 Die NSDAP strebte die Etablierung eines nationalsozialistisch bestimmten Büchermarktes an und betrachtete die organisierte Erstellung von Listen verbotener Bücher als probates Mittel zum Zweck.23 Dabei ist jedoch anzumerken, dass Autoren, die auf der sog. Liste für ,Schädliches und unerwünschtes Schrifttum' vertreten waren - sofern es sich nicht um Juden handelte - in der Regel weiter unter Pseudonym oder in verwandten Gebieten (wie bspw. als Dramatiker) tätig sein konnten.24

Die Mitgliedschaft in der RSK war für jeden verpflichtend, der bei der „Erzeugung, der Wiedergabe, der geistigen oder technischen Verarbeitung, der Verbreitung, der Erhaltung, dem Absatz oder der Vermittlung des Absatzes von Kulturgut“25 mitwirkte. Gelegenheitsschriftsteller/innen und Verfasser/innen wissenschaftlicher Texte waren von der Mitgliedschaftspflicht befreit.26

Am 4. April 1934 wurde die RSK von der Reichspressekammer (RPK) getrennt, um „periodische wie nichtperiodische Veröffentlichungen als Mittel der staatlichen Führung nutzen zu können.27 Die Grenzen zwischen den Verantwortlichkeiten beider Kammern blieben fließend, 28 auch weil beide Kammern ein gemeinsames Ziel verfolgten: Durch ihre Ermächtigung, „produktions- und marktregelnde Vorschriften zu erlassen und soziale Reglements zu treffen“ und durch eine „persönlichkeitsbezogene[n] Mitgliederauslese“ sollten die ideologischen Interessen des NS-Regimes durchgesetzt werden.29

[...]


1 Der Angriff, 1933, zit. n. Aust, J.W; Aust, Thomas: Bundeszentrale für politische Bildung (2008). URL: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/dossier-nationalsozialismus/39570/ literatur-und-presse (20.05.2021)

2 Barch Koblenz R43 II/1149 Bl. 4, in: Barbian, Jan-Pieter (Hrsg.): Literaturpolitik im Dritten Reich. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Frankfurt A.M 1993, S. 82.

3 Mecklenburgische Zeitung, 1933, zit. n. Aust, J.W; Aust, Thomas: Bundeszentrale für politische Bildung (2008). URL: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/dossier- nationalsozialismus/39570/literatur-und-presse (20.05.2021)

4 Strobl, Gerwin: Staging the Nazi Assault on Reason: Hanns Johst's Schlageter and the ‘Theatre of Inner Experience'. Cambridge Jurnals, 2005, 21(4), S.307.

5 Düsterberg, Rolf: Hanns Johst: Der Barde der SS. Karrieren eines deutschen Dichters, Paderborn 2004, S. 408.

6 Riedel, Walter: Der neue Mensch. Mythos und Wirklichkeit. Bonn 1970.

7 Pfanner, Helmut: Hanns Johst. Vom Expressionismus zum Nationalsozialismus, Den Hague 1970.

8 Frei, Norbert: Journalismus im Dritten Reich, München 1989.

9 Tourlamain, Guy: „Völkisch“ Writers and National Socialism. Frankfurt a.M. 2014

10 Kühnert, Jürgen. Die Reichsschrifttumskammer. Geschichte einer berufsständischen Zwangsorganisation, Riga 2010.

11 Klee, Ernst: Kulturlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt a.M. 2014

12 Düsterberg, Rolf: Dichter für das Dritte Reich. Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, Bielefeld 2009.

13 Düsterberg, Rolf: Hanns Johst: Der Barde der SS. Karrieren eines deutschen Dichters, Paderborn 2004, S. 408.

14 Barbian, Jan-Pieter: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, München 1995, S. 102.

15 Faustmann, Uwe Julius. Die Reichskulturkammer. Aufbau, Funktion und rechtliche Grundlagen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im nationalsozialistischen Regime. Diss. jur. Bonn: Universität, 1990, S. 202.

16 Ihde, Wilhelm: Handbuch der Reichsschrifttumskammer, Leipzig 1942, S. 37.

17 Cuomo, Glenn: Hanns Johst und die Reichsschrifttumskammer. Ihr Einfluß auf die Situation des Schriftstellers im Dritten Reich, in: Thunecke, Jörg (Hrsg.): Leid der Worte. Panorama des literarischen Nationalsozialismus, Bonn 1987, S. 109.

18 Alliierte Hohe Kommisssion: Kontrollratsgesetz Nr. 2: Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen. URL: http://www.verfassungen.de/de45-49/kr-gesetz2.htm (11.07.2021)

19 Deutsches Historisches Museum: Die Reichsschrifttumskammer, 2015. URL: https:// www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/kunst-und-kultur/reichsschrifttumskammer.html (04.05.2021)

20 Dahm, Volker. "Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer". Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 34 (1986) 1, 53-84.

21 Düsterberg, Rolf: Reichsschrifttumskammer, 2004, o.S.

22 Anordnung betreffender Listen des schädlichen und unerwünschten Schriftums, R56 V/158 Bl.17 ff, in: Faustmann, Uwe Julius (Hrsg.): Die Reichskulkturkammer, Bonn 1990, S. 204.

23 Ebenda, S. 211.

24 Tourlamain, Guy: Völkisch Writers, S. 103; Cuomo, Glenn: Hanns Johst und die Reichsschrifttumskammer, S. 120

25 Hinkel, Hans: Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1937, S. 27; Düsterberg, Rolf: Reichsschrisfttumskammer (RSK). URL: http://www.polunbi.de/inst/rsk.html (10.05.2021)

26 Adam, Christian: Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich, Berlin 2010, S. 22.

27 Schmidt-Leonhardt, Hans: Die Reichskulturkammer, in: Lammers/Pfundner (Hrsg.): die Verwaltungs-Akademie Bd. 1, S. 35.

28 Barbian, Jan-Pieter: Literaturpolitik im NS-Staat, S. 86.

29 Dahm, Volker: Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer, S. 75.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Hanns Johst. Seine Rolle als Präsident der Reichschrifttumskammer für die literarische Gleichschaltung in der NS-Zeit
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
24
Katalognummer
V1130749
ISBN (eBook)
9783346500557
ISBN (Buch)
9783346500564
Sprache
Deutsch
Schlagworte
hanns, johst, seine, rolle, präsident, reichschrifttumskammer, gleichschaltung, ns-zeit
Arbeit zitieren
Ben Schuster (Autor:in), 2021, Hanns Johst. Seine Rolle als Präsident der Reichschrifttumskammer für die literarische Gleichschaltung in der NS-Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1130749

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