Der menschliche Gang, die Möglichkeit zur Fortbewegung ohne externe Hilfsmittel, zählt zum Grundkapital eines jeden gesunden Menschen. Diese Gegebenheit basiert auf dem Zusammenspiel der anatomischen und muskulären Strukturen des Körpers.
Bei vielen Menschen ist dieses Zusammenspiel keine Selbstverständlichkeit, da sie mit anatomischen Deformitäten und muskulären Einschränkungen konfrontiert sind. Weicht einer dieser beiden Faktoren von der Norm ab, so kann der ergänzende Faktor möglicherweise durch seinen verstärkten Einsatz die vorhandene Abweichung ausgleichen.
Eine dieser anatomischen Einschränkungen kann durch Rotations- bzw.
Torsionsfehlstellungen des Femurs oder der Tibia gegeben sein. Geschätzte 1% der
Gesamtbevölkerung weisen laut Krengel und Staheli (1991, p.285) Torsionsfehlstellungen der Tibia auf. Kinder und Jugendliche weisen häufiger als Erwachsene diese Form der Pathologie auf. Führt das Ausmaß dieser Fehlstellungen zu erheblichen funktionalen Problemen, so ist meist eine operative Korrektur notwendig. Der operative Eingriff muss jedoch im Vorfeld geplant werden. Die Vorgehensweise der Operateure, wie eben diese Planung vorbereitet wird, bildete den Anstoß für diese Studie.
Die bisherige Vorgehensweise der Planung der Korrektur von Rotations- bzw.
Torsionsfehlstellungen der unteren Extremität beschränkt sich darauf, dass die
Operateure die Rotationskorrektur aufgrund der Analyse des Computertomographischen Schnittbildes (R- CT) und der klinischen Evaluierung planen. Das Rotations- CT gilt als ‚Goldstandard’, das heißt, als das aussagekräftigste Instrumentarium, das zur Analyse des Ausmaßes von Rotations- bzw. Torsionsfehlstellungen herangezogen wird. Dies wird nicht nur im Orthopädischen Spital in Wien- Speising so gehandhabt. International werden
medizinische Eingriffe auf Grundlage dieses Goldstandards geplant und durchgeführt. Praktizierende Orthopäden sowie zahlreiche medizinische Publikationen verweisen auf diesen Tatbestand (vgl. Seber, Hazer, Köse, Götürk, Günal & Turgut, 2000, 255 pp.; Ounpuu, DeLuca, Davis & Romness, 2002, 139pp.; Dreher, Wolf, Braatz, Patikas & Döderlein, 2006, 16pp.).
[...
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
2 Rotations- und Torsionsfehlstellungen
2.1 Definitionen
2.1.1 Rotation
2.1.2 Torsion
2.1.2.1 Femurtorsion
2.1.2.2 Tibiatorsion
2.1.3 Anteversion
2.1.4 Retroversion
2.1.5 Antetorsion
2.1.6 Retrotorsion
2.1.6.1 Entwicklung der Femurtorsion
2.1.6.2 Entwicklung der Tibiatorsion
2.1.7 Zusammenfassende Bemerkungen zur Definition der Rotations- und Torsionsfehlstellungen
2.2 Ermittlung des Ausmaßes der Torsion des Femurs und der Tibia
2.2.1 CT- Winkelmessung Femorale Antetorsion
2.2.1.1 Genauigkeit und Reliabilität der Methode der Computertomographie bei der Winkelmessung der Femurtorsion
2.2.1.2 Zusammenfassende Bemerkung zur Reliabilität der . Messung der Femurtorsion
2.2.2 CT- Winkelmessung Tibia
2.2.2.1 Genauigkeit und Reliabilität der Methode der Computer- Tomographie bei der Winkelmessung der Tibiatorsion
2.2.2.2 Zusammenfassende Bemerkung zur Reliabilität der Messung der Tibiatorsion
2.3 Klinische Untersuchung
2.3.1 Methode der Klinischen Untersuchung der Antetorsion
2.3.2 Methode der Klinischen Untersuchung der Tibiatorsion
2.4 Osteotomie
2.5 Krankheitsbild und Ursachen von Torsionsfehlstellungen
3 Ganganalyse 32
3.1 Gangzyklus (gait cycle)
3.2 Gangphasen (phases of gait) 33
3.2.1 Standphase (stance phase)
3.2.2 Schwungphase (swing phase)
3.3 Ergänzende Terminologie beim Gangzyklus
3.4 Begriffsbestimmungen zur Beschreibung des menschlichen Ganges
3.5 Physiologisches Gangbild
3.6 Zusammenfassende Bemerkungen über die Ganganalyse
4 Patienten und Methoden
4.1 Auswahl der Probanden
4.2 Diagnosen der ausgewählten Probanden
4.2.1 Präoperativer Teil:
4.2.2 Postoperativer Teil:
4.3 Mittel und Methode
4.3.1 Rotations- CT- Daten
4.3.1.1 Erhebung der Rotations- CT- Daten
4.3.2 Ganganalyse- Daten
4.3.2.1 Verwendete Geräte
4.3.2.2 Ablauf einer Ganganalyse
4.3.2.3 Definition der Gelenkswinkel
4.3.2.4 Beschreibung der graphischen Darstellung der kinematischen Parameter der Ganganalyse
4.3.3 Berechnung gangspezifischer Parameter
4.3.3.1 Beckenwinkel transversal:
4.3.3.2 Hüftgelenkswinkel transversal:
4.3.3.3 Kniegelenkswinkel transversal:
4.3.3.4 Fußöffnungswinkel:
4.3.3.5 Hilfsvariablen
4.4 Statistische Vorgehensweise
4.4.1 Statistische Prüfung
4.4.1.1 Statistische Prüfung auf Zusammenhang vor der Operation/ Variante 1 - 2
4.4.1.2 Statistische Prüfung auf Zusammenhang nach der Operation/ . Variante 3 - 4
5 Ergebnisse
5.1 Ergebnisse Variante 1
5.1.1 Ergebnisse Variante 1.1
5.1.2 Ergebnisse Variante 1.2
5.1.3 Ergebnisse Variante 1.3
5.2 Ergebnisse Variante
5.2.1 Ergebnisse Variante 2.1
5.2.2 Ergebnisse Variante 2.2
5.3 Ergebnisse Variante 3
5.3.1 Ergebnisse Variante 3.1. und Variante 3.2
5.3.2 Ergebnisse Variante 3.3. und Variante 3.4
5.4 Ergebnisse Variante 4
6 Interpretation und Diskussion
6.1 Zusammenfassung der interpretierten Ergebnisse mit Rückschlüssen für die Praxis bzw. die Operationsplanung
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Berechnungstabellen
1 Einleitung
Der menschliche Gang, die Möglichkeit zur Fortbewegung ohne externe Hilfsmittel, zählt zum Grundkapital eines jeden gesunden Menschen. Diese Gegebenheit basiert auf dem Zusammenspiel der anatomischen und muskulären Strukturen des Körpers.
Bei vielen Menschen ist dieses Zusammenspiel keine Selbstverständlichkeit, da sie mit anatomischen Deformitäten und muskulären Einschränkungen konfrontiert sind. Weicht einer dieser beiden Faktoren von der Norm ab, so kann der ergänzende Faktor möglicherweise durch seinen verstärkten Einsatz die vorhandene Abweichung ausgleichen.
Eine dieser anatomischen Einschränkungen kann durch Rotations- bzw. Torsionsfehlstellungen des Femurs oder der Tibia gegeben sein. Geschätzte 1% der Gesamtbevölkerung weisen laut Krengel und Staheli (1991, p.285) Torsionsfehlstellungen der Tibia auf. Kinder und Jugendliche weisen häufiger als Erwachsene diese Form der Pathologie auf. Führt das Ausmaß dieser Fehlstellungen zu erheblichen funktionalen Problemen, so ist meist eine operative Korrektur notwendig. Der operative Eingriff muss jedoch im Vorfeld geplant werden. Die Vorgehensweise der Operateure, wie eben diese Planung vorbereitet wird, bildete den Anstoß für diese Studie.
Die bisherige Vorgehensweise der Planung der Korrektur von Rotations- bzw. Torsionsfehlstellungen der unteren Extremität beschränkt sich darauf, dass die Operateure die Rotationskorrektur aufgrund der Analyse des Computertomographischen Schnittbildes (R- CT) und der klinischen Evaluierung planen. Das Rotations- CT gilt als
‚Goldstandard’, das heißt, als das aussagekräftigste Instrumentarium, das zur Analyse des Ausmaßes von Rotations- bzw. Torsionsfehlstellungen herangezogen wird. Dies wird nicht nur im Orthopädischen Spital in Wien- Speising so gehandhabt. International werden medizinische Eingriffe auf Grundlage dieses Goldstandards geplant und durchgeführt. Praktizierende Orthopäden sowie zahlreiche medizinische Publikationen verweisen auf diesen Tatbestand (vgl. Seber, Hazer, Köse, Götürk, Günal & Turgut, 2000, 255 pp.; Ounpuu, DeLuca, Davis & Romness, 2002, 139pp.; Dreher, Wolf, Braatz, Patikas & Döderlein, 2006, 16pp.).
Bei dieser Vorgehensweise wird jedoch der muskuläre Faktor, die dynamische Komponente, nicht berücksichtigt. Um diese quantitativ zu erfassen, wird das Instrumentarium der biomechanischen 3D- Ganganalyse angewandt. Kadaba, Ramakrishnan und Wooten (1989, p. 383) deuten auf die Notwendigkeit und Nützlichkeit der 3D- Ganganalyse einerseits in der Therapieplanung und andererseits in der Evaluierung der Ergebnisse der angewandten Methoden der Therapie hin.
Somit stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine Berücksichtigung und eine Miteinbeziehung der funktionell dynamischen, also der muskulären Struktur zur Operationsplanung sinnvoll wäre. Aus diesen Überlegungen heraus ergaben sich das Thema dieser Arbeit und die folgenden Fragestellungen.
1.1 Fragestellung
Durch die einleitend angeführten Überlegungen kristallisierte sich das Thema dieser Arbeit heraus, das wie folgt lautet:
„Zum möglichen Einfluss einer 3D- Ganganalyse auf die Operationsplanung bei Rotationsfehlstellungen der unteren Extremität“
Um die Auseinandersetzung mit dieser Thematik zu präzisieren ergeben sich zwei weitere Fragestellungen, die es zu untersuchen gilt:
Besteht ein Zusammenhang zwischen präoperativen Rotations- CT- Ergebnissen und präoperativen Ganganalyseergebnissen?
Besteht ein Zusammenhang der Ergebnisse der postoperativen Ganganalyse zum Derotierungsgrad des operativen Eingriffes unter Berücksichtigung der präoperativen Ganganalyse?
Im ersten Teil der Studie gilt es zuerst zu klären, ob eine Korrelation zwischen den statischen Werten (Winkelgrade, mittels R- CT erhoben) und den dynamischen Werten (Winkelgrade, mittels Ganganalyse erhoben) besteht.
Der zweite Teil der Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob die knöcherne Korrektur (operativer Eingriff) ein normales Gangbild bezüglich der Rotationswerte ermöglicht oder ob es zu Über- bzw. Unterkorrekturen im Gangbild kommt. Wenn eine Über- oder Unterkorrektur existiert, gilt es zu prüfen, ob der präoperative Ganganalysewert einen besseren Indikator für die Derotation darstellen würde.
Nachdem der Unterschied zwischen den präoperativen und den postoperativen Daten der Ganganalyse statistisch geprüft wird (postoperative Rotations- CT’s stehen nicht zur Verfügung), wird der Differenzwert der post- und präoperativen Ganganalyse- Daten mit dem Wert, um den operativ derotiert worden ist, auf einen statistischen Zusammenhang geprüft.
Bei Patienten mit Rotations- bzw. Torsionsfehlstellungen wird primär die anatomische Fehlstellung evaluiert und diese auch operativ behandelt. Die funktionelle Kompensation – falls vorhanden – wird nicht berücksichtigt. Dies kann unter Umständen zu Über- bzw. Unterkorrekturen führen. Durch die dreidimensionale Ganganalyse ist ein Erfassen der Fehlstellung dynamisch möglich.
Das Ziel der Untersuchung liegt primär darin, den Zusammenhang zwischen den Ergebnissen des Rotations- CT’s und den Rotations- Ergebnissen aus der 3D- Ganganalyse aufzuzeigen. Das heißt, für die Untersuchung interessant ist, inwieweit die knöcherne Struktur, die Statik, mit der aktiven Komponente, der Dynamik korreliert.
2 Rotations- und Torsionsfehlstellungen
Zur Analyse und zum Verständnis der anatomischen Strukturen der unteren Extremitäten ist eine genaue Definition der unterschiedlichen Begriffe notwendig. In der Literatur (vgl. Eckhoff
& Winter, 1994, p.2) werden die Begriffe Rotation und Torsion häufig synonym verwendet, d. h. es werden unterschiedliche Begriffe für inhaltlich gleiche Aussagen verwendet, was in weiterer Folge die Auseinandersetzung mit der Thematik erschwert und verkompliziert.
In diesem Kapitel werden die verschiedenen Definitionen der Begriffe Rotation und Torsion mit pathologischen Deformitäten, die für diese Arbeit relevant sind, dargelegt und – wenn notwendig – gegenübergestellt.
Anschließend wird festgelegt, welche inhaltliche Bedeutung diverse Begriffe im weiteren Verlauf dieser Arbeit haben werden.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Betrachtung ausschließlich aus der Transversalebene erfolgt. Die Transversalebene oder auch Horizontalebene wird in der Medizin als die Ebene bezeichnet, in der Bewegungen um die eigene Längsachse erfolgen. In der folgenden Abbildung ist diese Ebene mit der Frontalebene (Blick von vorne) und der Sagittalebene (Blick von der Seite) graphisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die Frontalebene, Sagittalebene und die Transversalebene sind mittels der x-, y- und z- Achse dargestellt. Der Schnittpunkt der drei Achsen findet sich in dieser Abbildung im Zentrum des Wirbelkörpers. Die Rotation erfolgt um die z- Achse. (vgl. Klein & Sommerfeld, 2004, S. 26)
2.1 Definitionen
2.1.1 Rotation
Als Rotation im physikalischen Sinne wird die Bewegung eines Körpers oder eines Segments um eine Rotationsachse bezeichnet. Ursache für eine Rotation ist immer die Wirkung eines Drehmoments. Um die Möglichkeit zu bestimmen, inwiefern in einem Gelenk Bewegungen hervorgerufen werden können, müssen zwei Parameter herangezogen werden: die Kraft (F) und der Hebelarm (HA), der sich als kürzester Abstand (cosç X F) zwischen der Wirkungslinie der Kraft und dem Rotationszentrum darstellt. Aus dem Produkt der beiden Parameter ergibt sich das Drehmoment, Ursache der Rotation. (vgl. Klein & Sommerfeld, 2004, S.212)
In biologischen Strukturen verlaufen die Rotationsachsen durch die Gelenke. Das heißt, es rotiert ein Segment (beispielsweise der Oberschenkel- Knochen) um ein oder mehrere Achsen (je nach Bauart des Gelenks), ohne dass sich die anatomische Struktur des Knochens verändert (siehe Abb. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Der Hebelarm (HA) einer Kraft (F) ist stets die kürzeste Verbindung zwischen Wirkungslinie (gestrichelte Linie) und Rotationsachse (ICR). Aus Gründen der einfacheren Darstellung wird diese Abbildung in der Frontalebene gezeigt.(vgl. Klein et al., 2004, S. 213)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eckhoff & Winter (1994, p.2) bezeichnen beispielsweise die Rotation des Femurs und der Tibia als eine Verdrehung des Knochens entlang seiner Längsachse. Die Rotation eines Knochens, die in Richtung und Ausmaß der Norm entspricht, wird als
„Normalversion“ bezeichnet, und eine Rotation, die nicht im definierten Normbereich liegt, wird als
„Torsion“ bezeichnet. Der Rotationswinkel wird durch die Referenzachsen entlang der proximalen und distalen Knochenbegrenzungen bestimmt. Am Beispiel des Femurs präzisieren die Autoren dies als jenen Winkel, der von der Schenkelhalsachse (Achse durch Femurkopf und Schenkelhals) und der Achse entlang der distalen Condylen (Achse entlang der posterioren Begrenzung durch Condylus medialis und Condylus lateralis des Femur) eingeschlossen wird. (siehe Abb. 3)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.: CT- Scan eines Femurs mit eingezeichneten Geraden. Das obere Bild zeigt die Schenkelhalsachse und die Parallele zur Senkrechten des CT’s. Das untere Bild zeigt die Kondylenachse und die Parallele zur Senkrechten des CT’s. (Quelle: Bildmaterial Ganglabor Speising)
Anhand dieses Beispiels wird aufgezeigt, dass häufig eine eigentliche Torsion des Knochens als Rotation bezeichnet wird und umgekehrt. Denn die von den Autoren Eckhoff et al. (1994, p.2) bezeichnete ‚Rotation’ ist eigentlich eine Torsion, die durch die beiden genannten Achsen (Schenkelhalsachse und Kondylenachse) beschrieben wird.
Auf das Verfahren, wie die Achsen ermittelt werden, wird später eingegangen.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird eine Rotation ausschließlich als eine Drehung des Knochens um das Rotationszentrum (meist im Gelenk) bezeichnet, ohne die anatomische Veränderung der knöchernen Struktur zu berücksichtigen.
2.1.2 Torsion
Torsion – im Gegensatz zur Rotation – ist eine Formveränderung fester Körper durch entgegengesetzt gerichtete Drehmomente. Die Knochen der unteren Extremität – Femur und Tibia – sind beide tordiert. Wird der Normbereich überschritten, so spricht man von einer Torsions- Fehlstellung.
Die Torsion der knöchernen Struktur, insbesondere der unteren Extremität hat sowohl für das klinische Gangbild, als auch für eine Vielzahl von medizinischen Erkrankungsbildern eine hohe Relevanz. Um das Ausmaß der Torsion bzw. der Torsionsdeformitäten der unteren Extremitäten zu ermitteln und zu analysieren, ist eine präzise Etagendiagnostik der gesamten Gliederkette erforderlich. In der folgenden Abbildung (Abb. 4) ist die Vorgehensweise grafisch skizziert. In den nächsten beiden Kapiteln wird auf die genaue Technik zur Bestimmung des Torsionswinkels eingegangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Etagendiagnostik zur Ermittlung des Ausmaßes der Torsion von Femur und Tibia. Ein Torsionswinkel von 12° der Femurtorsion und 30° der Tibiatorsion befinden sich im Normbereich. (Jacob, Haertel & Stüssi, zitiert nach Cordier& Katthagen, 2000, S.796)
2.1.2.1 Femurtorsion
Die Torsion des Femurs wird anhand des Winkels, der von der Schenkelhalsachse (Achse durch Femurkopf und Schenkelhals) und der Kondylenachse (diese wird ermittelt durch eine Tangente entlang der stärksten dorsalen Vorwölbung beider Femurkondylen) eingeschlossen wird, bestimmt. Gemessen wird dieser Winkel in der Transversalebene, meist mit Hilfe der Technik der Computertomographie. (vgl. Tönnis & Heinecke, 1999, S.154)
Beim gesunden Erwachsenen weicht die Schenkelhalsachse um ca. 12° - 15° zur Kondylenebene ventralwärts ab. Dieser Normwert wird in der Literatur sehr einheitlich angeführt. Nach Cordier& Katthagen (2000, S. 795) sind die Schenkelhalsachse und Sprunggelenkachse gleichsinnig verdreht – bei frontaler Einstellung der queren Kniegelenksachse steht der Fuß nach außen, die Schenkelhalsachse nach vorne.
In der folgenden Abbildung wird die als „normal“ bezeichnete Torsion noch einmal anschaulich dargestellt. Hier wird die korrekte Position des Femurkopfes in der Hüftpfanne repräsentiert. Der Winkel zwischen Schenkelhalsachse und Condylen ist ident mit dem Winkel, der von der Schenkelhalsachse und der Frontalebene des Körpers eingeschlossen wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1
Abb. 5: Aus transversaler Sicht (der rot eingezeichnete Pfeil kennzeichnet die rechte Seite des Gesäß; Blick Richtung schädelwärts) schließt die Schenkelhalsachse (Gerade durch Kopf und Schenkelhals des Femurs) und die Kondylenachse (Gerade entlang der dorsalen Begrenzung der Femurkondylen) den als ‘normal’ bezeichneten Torsionswinkel von 12°
2.1.2.2 Tibiatorsion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Das obere Bild zeigt die proximale Referenzachse entlang der Dorsalseite der Kondylen der Tibia. Die distale Referenzachse wird im unteren Bild dargestellt. (Quelle: Bildmaterial Ganglabor Speising)
Die Tibiatorsion wird definiert als die Verdrehung ihrer proximalen und distalen Gelenkachsen entlang der longitudinalen Unterschenkelachse. Im transversalen Schnittbild entspricht die proximale Referenzachse meist der Tangente entlang der am weitesten ausladenden Punkte der Dorsalseite des Condylus medialis und des Condylus lateralis des Tibiakopfes. (siehe Abb. 6) Die distale Referenzachse konstruiert sich ebenfalls aus zwei Bezugspunkten. Zum einen aus dem Flächenmittelpunkt einer den Malleolus medialis einhüllenden Ellipse, zum anderen aus dem Flächenmittelpunkt einer Ellipse in der Incisura fibularis tibiae. Der Winkel, der von den beiden Referenzachsen eingeschlossen wird ergibt das Ausmaß der vorliegenden Tibiatorsion. (vgl. Bouchard et al., 2004, S. 1279)
Nicht nur die klinische Torsionsmessung, auch die Bestimmung mittels Computertomographie ist geprägt durch die Problematik, dass die Definitionen der Winkel bestimmenden Bezugsachsen – insbesondere die der proximalen Achse – divergieren. (ebda)
Eckhoff & Johnson (1994, p. 43) gingen dieser Problematik nach, indem sie anhand drei unterschiedlicher Referenzachsen entlang der proximalen Tibia (Achse entlang der posterioren Tibiakondylen, Achse entlang der anterioren Tibiakondylen und transverse Achse in der Mitte des Tibia Plateaus) Differenzen zu erkennen versuchten. Die drei unterschiedlich angelegten Achsen wurden in acht zueinander parallelen Ebenen gemessen. Es wurde jedoch kein signifikanter Unterschied des Ausmaßes der Tibiatorsion zwischen den 3 Referenzachsen nachgewiesen.
Auf die genaue Messung der Tibia- bzw. Femurtorsion wird im folgenden Kapitel (siehe Kapitel 2.2) noch näher eingegangen.
Bei gesunden Erwachsenen beträgt der Torsionswinkel ca. 20°- 23°. (vgl. Lampert et al., 2000, S. 802; Bouchard et al., 2004, S. 1279).
2.1.3 Anteversion
(Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet ante= vor/ vorwärts/voraus/ vorher)
Spricht man von einer Anteversion, so befindet sich der Femur, der eine korrekte anatomische Torsion aufweist, in einer „abnormalen“ Position in der Hüftpfanne. Wie die folgende Abbildung zeigt, resultiert aus dieser Fehlstellung eine Außenrotation des Femurs.2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7: Der Femurkopf – aus transversaler Sicht (der rot eingezeichnete Pfeil kennzeichnet die rechte Seite des Gesäß; Blick Richtung schädelwärts ) - befindet sich in einer abnormalen Position in der Hüftpfanne. Die daraus resultierende Anteversion ist gleich zu setzen mit einer Außenrotation des Femurs.23
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Insbesondere die Ante version wird in der Literatur häufig gleichgesetzt mit der Ante torsion.3
Auch Klein & Sommerfeld (2004, S. 193) beschreiben den Anteversionswinkel des Femurs als eine Abweichung des Schenkelhalses nach ventral von der Frontalebene, der durch eine Torsion innerhalb der Femurdiapyse entsteht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8: Anteversionswinkel nach Klein & Sommerfeld (2004, S.193)
In Abb. 8 bildet die Bezugsachse zur Schenkelhalsachse die Achse durch die Femurkondylen, im Unterschied zu Abb. 7, bei der die Bezugsachse die Frontalachse ist. Es wird beide Male von einer Ante version gesprochen, wobei der Autor Chris Kirtley4 den Anteversionswinkel laut Klein & Sommerfeld (ebda) ausschließlich als Antetorsionswinkel bezeichnet.
In diesem Zusammenhang wird noch einmal auf die Notwendigkeit einer genauen Definition und insbesondere auf die Erläuterung des Bezugssystems verwiesen.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit entspricht eine Anteversion einer Außen rotation des Femurs. Anteversion und Torsion werden strikt getrennt.
2.1.4 Retroversion
Eine Retroversion ist eine Verminderung des Winkels zwischen der Schenkelhalsachse und der Frontalebene des Körpers. Der „normal“ tordierte Femur befindet sich in einer nicht korrekten Position in der Hüftpfanne bzw. der Hüftkopf zeigt nach dorsal. Aus diesem Missverhältnis resultiert eine Innenrotation des Femurs wie in Abb. 9 veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 9: Der Winkel aus transversaler Sicht (der rot eingezeichnete Pfeil kennzeichnet die rechte Seite des Gesäß; Blick Richtung schädelwärts ) zwischen der Schenkelhalsachse und der Frontalebene ist vermindert. Die entstehende Retroversion (Winkel von 6°) verursacht eine Innenrotation des Femurs.5
2.1.5 Antetorsion
Antetorsion bedeutet eine Vergrößerung des Winkels der Schenkelhalsachse relativ zur Achse der Femurkondylen. Der Winkel zwischen Schenkelhalsachse und Frontalebene ist im Normbereich, daher resultiert aus einer Ante torsion ein nach innen tordierter bzw. gedrehter Femur.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 10: Bei der abgebildeten Antetorsion aus transversaler Sicht (der rot eingezeichnete Pfeil kennzeichnet die rechte Seite des Gesäß; Blick Richtung schädelwärts ) vergrößert sich der Winkel zwischen Schenkelhalsachse und Femurkondylen auf 30°.6
2.1.6 Retrotorsion
Bei der Retrotorsion verringert sich der Winkel zwischen der Schenkelhalsachse und der Achse entlang der Femurkondylen. In der folgenden Abbildung beträgt der Winkel annähernd
8 Grad. Der Winkel, den die Schenkelhalsachse mit der Frontalebene einschließt, ist annähernd normal, der Femur ist jedoch zu wenig nach innen torsiert. Die Retrotorsion weist daher einen nach außen rotierten bzw. tordierten Femur auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 11: Durch eine Verminderung des Winkels zwischen der Schenkelhalsachse und der Kondylenachse entsteht eine Retrotorsion. Der Blickwinkel erfolgt aus transversaler Sicht (der rot eingezeichnete Pfeil kennzeichnet die rechte Seite des Gesäß; Blick Richtung schädelwärts ) (siehe Abbildung von beispielsweise 8°).7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1.6.1 Entwicklung der Femurtorsion
Ein Exkurs in die physiologische Entwicklung der Femurtorsion zeigt, dass sich der Femur von einer pränatalen, negativen Torsion (=Retrotorsion) von ca. 26° (vgl. Guidera et. al, 1994, p. 19) bis hin zum Geburtszeitpunkt in eine positive femorale Torsion (=Antetorsion) von durchschnittlich 25° bis 31° entwickelt. Cordier & Katthagen geben sogar einen durchschnittlichen Wert der femoralen Antetorsion von 35° an. Die weitere Femurtorsionsentwicklung im Kleinkindes- und Kindesalter verläuft nicht linear und ist gekennzeichnet durch zwei entscheidende Detorsionsschübe. Der 1. Schub findet zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr, der 2. zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr. Danach normalisiert sich die Antetorsion bis zum Wachstumsabschluss auf einem durchschnittlichen Antetorsionswinkel von 12°-15°. Insbesondere Keppler, Strecker& Kinzl (1999, S. 939) konnten dieses Phänomen durch eine standardisierte CT- Methode bestätigen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, dass zur Beurteilung pathologischer Torsionswinkelabweichungen insbesondere die alters- aber auch die methodenabhängigen Normalwerte bekannt sein müssen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 12: Durchschnittswerte der femoralen Antetorsion durch verschiedene Untersucher. Anatomische Untersuchung, Kurve 1 durch Schmidt (1969) und in Kurve 6 von Lanz u. Wachsmuth (1938). Radiologische Untersuchungen von Fabry (1973) Kurve 2, Schands u. Steel (1958) Kurve
4. In Kurve 3 und 5 von Hamacher (1974) und Zippel (1971) wurde eine Normalpopulation konventionell radiologisch untersucht (N Grenzen des Normbereichs, P Grenzen zu pathologisch erhöhten Antetorsionswerten).(Tönnis & Heinecke, zitiert nach Cordier & Katthagen, 2000, S.796)
2.1.6.2 Entwicklung der Tibiatorsion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 13: Bei der Geburt weist die Torsion der Tibia 0° auf. Im Erwachsenenalter entwickelt sich die Torsion
auf bis zu 18- 23°. Der Blick des Betrachters erfolgt schädelwärts.8
Die Tibia weist zum Geburtszeitpunkt keine Torsion auf, das heißt die Fußachse ist parallel zum Oberschenkel. Sobald sich das
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Individuum aufrichtet und zu gehen beginnt, entwickelt sich eine malleolare Torsion von durchschnittliche 18° - 23°, die im 5.-6. Lebensjahr ausgereift ist. Le Damany (1994, p.7) beobachtete interessanterweise eine stärkere Entwicklung der Torsion der rechten
Tibia im Unterschied zur linken. Diese Differenz wird auf die funktionelle Asymmetrie der Extremitäten, auf die bekannte ausgeprägte Dominanz der mehrheitlich überwiegenden rechten Seite zurückgeführt.
Ein verminderter Wert führt zu einer Innentorsion- bzw. Rotation des Unterschenkels. Dies ist in der Ganganalyse mit einem adduziertem Gangbild gleichzusetzen. Ein erhöhter Wert führt zu einer Außentorsion- bzw. Rotation, was auch als abduzierter Gang bezeichnet werden kann. (vgl. Le Damany, 1994, p.7)
2.1.7 Zusammenfassende Bemerkungen zur Definition der Rotations- und Torsionsfehlstellungen
Durch umfangreiche Literaturrecherche ist ein klarer Sachverhalt einheitlicher Definitionsansätze hervorgegangen, der in aller Kürze noch einmal festgehalten wird.
Ist beim Femur von einer Torsion die Rede, bzw. wird der Torsion swinkel gemessen, so wird die Schenkelhalsachse in Relation zur Achse entlang der Femurkondylen gesetzt, d.h. die proximale Achse des Femurs wird in Relation zur distalen Achse des Femurs gesetzt.
Spricht man von einer Ante- oder Retro version, so wird die Schenkelhalsachse relativ zur Frontalebene bzw. zum Raumkoordinatensystem gesetzt. Antetorsion und Retroversion bewirken eine ‚Innenrotation bzw. Innentorsion’ des Femurs und Anteversion wie auch Retrotorsion bewirken eine ‚Außenrotation bzw. Außentorsion’ des Femurs. (vgl. Cordier & Katthagen, 2000, S.795- 801; Kirtley9)
Als Tibiatorsion gilt die Verdrehung ihrer proximalen und distalen Gelenkachsen entlang der longitudinalen Unterschenkelachse. Der Winkel, der von den beiden Referenzachsen eingeschlossen wird ergibt das Ausmaß der vorliegenden Tibiatorsion. (vgl. Bouchard et al., 2004, S. 1279)
2.2 Ermittlung des Ausmaßes der Torsion des Femurs und der Tibia
Bei vielen Erkrankungen der unteren Extremität im Kindes- und Jugendalter ist zur Therapieplanung eine möglichst genaue Bestimmung der femoralen Torsion und der Tibiatorsion erforderlich. Die Torsionsmessungen können einerseits klinisch und andererseits apparativ erfolgen. Die apparativen Methoden gliedern sich auf in externe Apparaturen, mit denen der Winkel direkt abgelesen werden kann (z.B. Goniometer; wird ausschließlich zur Messung der Tibiatorsion verwendet) und in bildgebende Verfahren, bei denen der Winkel bestimmt werden kann.
Letztere genannte Methoden sind das Röntgen, die Sonographie (Ultraschall) sowie die Computertomographie (CT) und Kernspintomographie. Die Computertomographie sowie die Kernspintomographie sind bildgebende Verfahren, bei denen ein zweidimensionales Bild von einem dreidimensionalem Objekt bzw. Körper wiedergegeben wird. Mittels digitaler Informationsverarbeitung wird ein röntgenologisches Schnittbild, welches entlang einer Rotationsachse gemacht wird, hergestellt.
Die Reproduzierbarkeit, Praktikabilität und damit klinische Wertigkeit der einzelnen Methoden ist sehr unterschiedlich. Die Ultraschallmessung wird in der Praxis weniger für die Feststellung der knöchernen Struktur verwendet, im Gegensatz zur Computertomographie und Kernspintomographie. Die sonographische Methode scheint dennoch ausreichend hoch zur orientierenden Darstellung der femoralen Antetorsion in der Diagnostik, jedoch für operative Eingriffe ist die Genauigkeit dennoch nicht ausreichend. (vgl. Günther, Kessler, Tomczak, Pfeifer& Puhl, 1996, S.295; Lampert et al., 2000, S. 802)
Neben anderen möglichen Methoden kommt heute wegen der hohen Genauigkeit in erster Linie die Methode der Computertomographie zur Bestimmung der Beinachsen zum Einsatz.
Die Computertomographie ermöglicht eine sehr genaue Abbildung der Schenkelhalsantetorsion, auch wenn Fehlermöglichkeiten bei der Bestimmung der Schenkelhalsachse die Messgenauigkeit teilweise einschränken. Die Kernspintomographie wird ebenso als höchst exakt eingestuft, wobei hierbei der hohe Kostenaufwand ein erhebliches Hindernis in der praktischen Anwendung darstellt. (vgl. Günther et al., 1996, S. 300; vgl. Cordier et al., 2000, S.797)
Des Weiteren wird in diesem Kapitel die Vorgangsweise der Torsions- Winkelmessung mittels Computertomographie für den Femur und die Tibia beschrieben. Ergebnisse zur Genauigkeit und Reliabilität der Methode werden am Ende präsentiert und gegenübergestellt.
2.2.1 CT- Winkelmessung Femorale Antetorsion
Es gibt unterschiedliche Methoden der Aufnahme. Bei der Methode von Visser wird der Patient in Bauchlage untersucht.
Am Häufigsten jedoch werden die Aufnahmen in Rückenlage vorgenommen. Die Patienten werden in horizontaler Lage mit gestreckten Hüften und Beinen, die zueinander parallel sind, platziert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 14: Computertomographisches Schnittbild mit abgebildetem Femurkopf, Hüftpfanne und Femurkondylen. Der Patient liegt am Rücken; der Blick des Betrachters erfolgt in Richtung Schädel. (Quelle: Bildmaterial Ganglabor Speising)
In Abb. 14 ist ein transversales Schnittbild dargestellt. Die obere Abbildung zeigt das Becken mit Blick Richtung schädelwärts. Die helleren Konturen bilden den Schenkelhals, den Femurkopf und die Hüftgelenkspfanne. Da die Aufnahme am Rücken liegend gemacht wurde, stellt das Becken auf der linken Bildseite die rechte Körperhälfte und das Becken auf der rechten Bildseite die linke Körperhälfte mit Teilen der unteren Extremität dar.
Das untere Bild zeigt die Kondylen des Femurs in transversaler Ebene. Die Kondylen auf der linken Bildseite stellen wiederum die Kondylen des rechten Femurs dar und umgekehrt.
Um das Ausmaß der Torsion des Femurs zu ermitteln, müssen die beiden Aufnahmen in eine sinnvolle Beziehung zueinander gesetzt werden,
Im Kapitel der Definition der Femurtorsion wurde bereits über die Lokalisation der Referenzachsen gesprochen. Um ein besseres Verständnis zu fördern, ist in der folgenden Grafik (Abb. 15) der genaue Verlauf der vom Untersucher konstruierten Geraden gekennzeichnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 15: CT- Scan eines Femurs mit eingezeichneten Geraden. Der Winkel von 13,72° schließt die Schenkelhalsachse und die Parallele zur Senkrechten des CT’s ein. Der Winkel von 5,78° schließt die Kondylenachse und die Parallele zur Senkrechten des CT’s ein. Aus diesen beiden Winkeln wird das Ausmaß der Femurtorsion ermittelt. Die Femurtorsion beträgt bei diesem Patienten 7,94°. (Quelle: Bildmaterial Ganglabor Speising)
In Theorie und Praxis sind sich Autoren, Orthopäden und Radiologen im Großen und Ganzen darüber einig, entlang welcher Bezugspunkte die Achsen gelegt werden. Grundsätzlich verläuft die proximale Referenzachse- die Schenkelhalsachse- mittig vom Kopf des Femurs durch den Schenkelhals. Die distale Referenzachse wird entlang der posterioren Begrenzung der Femurkondylen gezogen. (vgl. Tönnis & Heinecke, 1999, S.154)
Zu beiden Geraden wird eine Horizontale, bezogen auf den Blattrand, bzw. eine Parallele zur Senkrechten des CT’s gezogen. Eingangs werden zwei separate Winkel, jeweils von der Horizontalen eingeschlossen, ermittelt. Ausgehend vom distalen Winkel in Nähe des Kniegelenks (Winkel, der von der Kondylen- Achse und der Horizontalen eingeschlossen wird) wird bei vorliegender Abweichung nach innen der ermittelte Wert zum proximalen Winkel (Winkel, der von der Kondylen- Achse und der Horizontalen eingeschlossen wird) hinzugezählt, bei einer Abweichung nach außen abgezogen.
Auf diese Art und Weise wird das Ausmaß der Torsion des Femurs ermittelt. (vgl. Cordier et al., 2000, S.798)
Im abgebildeten CT sind die Konturen der anatomischen Strukturen relativ gut ersichtlich. Trotzdem kann es zu geringen Abweichungen beim Vermessen kommen, da die Schenkelhalsachse entlang der Mitte des Schenkelhalses verläuft und dadurch eine geringe Abweichung entstehen kann.
Es wird angemerkt, dass die Angabe der Winkel von Seiten der Orthopäden und Radiologen üblicherweise mit zwei Dezimalstellen erfolgt. Im nächsten Kapitel wird über die Genauigkeit der CT- Messung gesprochen. Es kann darüber diskutiert werden, ob eine Angabe in dieser Präzision erforderlich ist, da doch eine gewisse Schwankungsbreite besteht.
2.2.1.1 Genauigkeit und Reliabilität der Methode der Computertomographie bei der Winkelmessung der Femurtorsion
Von den möglichen Untersuchungsmethoden zur Ermittlung der Torsion wird die Computertomographie als sehr genau bezeichnet. Steht eine Operation bevor, wird das CT analysiert und zur Operationsplanung herangezogen. Aufgrund der Ergebnisse des CT’s wird die Vorgehensweise der Operation seitens des Orthopäden geplant. Weist der Patient eine Rotations- bzw. Torsionsfehlstellung auf, wird bei der Operation eine Derotation vorgenommen. Der Arzt führt ein gezieltes Trennen des Knochens durch (= Osteotomie), damit die der Norm entsprechenden anatomischen Achsenverhältnisse wieder hergestellt werden. Auf das Operationsverfahren der Osteotomie wird in weiterer Folge noch näher eingegangen.
Die Autorengruppe Jaarsma, Bruggemann, Pakvis, Verdonschot, Lemmens& Van Kampen (2004, S. 553) gingen der Verlässlichkeit und Reproduzierbarkeit der CT- Winkelmessung nach, indem die ‚interobserver Variability’ und die ‚intraobserver variability’ erhoben wurde. Bei der interobserver variability vermaßen 3 verschiedene Untersucher die CT’s von 3 Patienten zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Bei der intraobserver variability wurden die CT’s von den 3 zufällig ausgewählten Patienten von ein und demselben Untersucher zu fünf verschiedenen Zeitpunkten wiederholt gemessen. Der Mittelwert der Standardabweichungen ergab die inraobserver variability. Die interobserver variability errechnete sich aus den Mittelwerten der wiederholten Messungen eines jeden Untersuchers.
Das Ergebnis zeigte eine interobserver variability von 15,6° unter den verschiedenen Untersuchern. Die intraobserver varibility ergab durchschnittlich 10,8°. Die dementsprechend große Streuung unter den Untersuchern ist zurückzuführen auf die Ungenauigkeit der Konstruktion der Schenkelhalsachse. Der Vorschlag seitens der Autoren zur Erhöhung der Genauigkeit ist ein zweimaliges Vermessen der CT’s zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. In der Praxis wird das jedoch kaum gemacht, da dies vom zeitlichen Aufwand schwer durchführbar ist.
Günther et al. (1996, S.295ff.) befassten sich ebenso mit der Reliabilität und Praktikabilität unterschiedlicher Messverfahren zur Ermittlung der Torsion bzw. Antetorsion, unter anderem mit der Computertomographie.
Es wurden die klinische Untersuchung, die Sonographie, die Computertomographie und die Kernspintomographie miteinander verglichen. Zur Bestimmung der Reliabilität wurden alle
Messungen durch jeweils zwei Untersucher im Abstand von 4 Wochen zweimal vorgenommen.
Die Inter- Observer- Reliabilität (Messung durch zwei Untersucher A und B) wie auch die Intra- Rater- Reliabilität (Messung eines Untersuchers zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten) ergab bei computertomographischer und kernspintomographischer Bestimmung eine vergleichbar hohe Reliabilität.
In der Untersuchung von Günther et al. (1996, 295ff.) liegt der Fokus auf der Betonung der Genauigkeit des Verfahrens. Die proximale Femur- Achse wurde durch das Hüftkopfzentrum und den durch eine einhüllende Ellipse graphisch aproximierten Flächenmittelpunkt des Trochanter major festgelegt.
Da mit Hilfe eines Computer Systems gearbeitet wurde, ist die Variabilität zwischen zwei Untersuchern in dieser Studie wesentlich geringer als in der von Jaarsma et al. (2004) angeführten.
Nicht nur Günther et al. (1996, S. 295- 300) heben die Reliabilität des CT’s im Vergleich zu anderen möglichen Methoden hervor, auch Berman, Mitchell & Katz (1987) befanden diese Art des Bild gebenden Untersuchungsverfahren als sehr verlässlich.
2.2.1.2 Zusammenfassende Bemerkung zur Reliabilität der Messung der Femurtorsion
Um die femorale Torsion zu ermitteln stehen dem Untersucher und der Untersucherin die Möglichkeit der klinischen Untersuchung oder die Analyse von röntgenologischen Schnittbildern zur Verfügung. Die Computertomographie gilt allgemein als das bildgebende Verfahren, das die anatomische Struktur exakt wiedergibt und somit einen wesentlichen Beitrag zur Operationsplanung liefert. In der Literatur gibt es eine Zahl von Studien und Untersuchungen, die einen aussagekräftigen Vergleich zu anderen möglichen Methoden aufzeigen. (vgl. Günther et al., 1996, S.296; German et al., S.268)
Die Genauigkeit der Winkelmessung des Femurs wird jedoch teilweise in Frage gestellt (Jaarsma et al., 2004, p.552), da der Vermesser bzw. die Vermesserin individuell die Referenzachsen konstruiert und die Bezugspunkte – insbesondere der proximalen Schenkelhalsachse – nicht klar definiert sind.
Keppler et al. (1999, S.940) geben eine Fehlerbreite der CT- Torsionswinkelbestimmung von
±3,5° an.
Dies bleibt ein zu berücksichtigender Faktor in der Ermittlung der Genauigkeit der Winkelmessung.
2.2.2 CT- Winkelmessung Tibia
Die Tibiatorsion bezeichnet den Winkel der proximalen Tibiakondylen gegenüber der Intermalleolarachse, welche weitgehend übereinstimmt mit der Talusrotationsache im oberen Sprunggelenk.
Bei der Ermittlung der Torsion der Tibia liegt – wie auch beim Femur – das Problem der unterschiedlichen Definitionen der Winkel bestimmenden Bezugsachsen vor. Im Folgenden wird die am häufigsten verwendete Vermessungsmethode dargestellt. Andere mögliche Methoden werden aufgezeigt und deren Reliabilität diskutiert.
Im folgenden transversalen Schnittbild bilden die weißen Konturen in der oberen Hälfte des Bildes der Abb. 16.a die Umrisse der Tibiakondylen. Die untere Bildhälfte Abb. 16.b stellt einen Querschnitt durch die obere Sprunggelenksachse dar. Die Aufnahme erfolgte wiederum in Rückenlage; daher repräsentiert die linke Bildseite die rechte Tibia und die rechte Bildseite die linke Tibia.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 16: Darstllung der CT- Methode zur Bestimmung des Torsionswinkels der Tibia. Bild 14.a stellt die Achse entlang der proximalen Tibiakondylen und die Frontalachse dar. Das Bild 14.b zeigt die Intermalleolarachse und die Frontalachse. (vgl. Bouchard et al., 2004, S.1280)
Bei der Vermessung des CT’s bilden die Bezugspunkte der proximalen Referenzachse die am weitesten ausladenden Punkte der Dorsalseite des Tibiakopfes. Die distale Referenzachse konstruiert sich aus zwei Bezugspunkten. Zum einen aus dem Flächenmittelpunkt einer den Malleolus medialis einhüllenden Ellipse, zum anderen aus dem Flächenmittelpunkt einer Ellipse in der Incisura fibularis tibiae. Die Verbindungsgerade beider Ellipsenmittelpunkte bildet die distale Referenzachse.
Zu beiden Geraden wird eine Horizontale bezogen auf den Blattrand, bzw. eine Parallele zur Senkrechten des CT’s gezogen. Ausgehend vom distalen Winkel in Nähe des Sprunggelenks (Winkel, der von der distalen Referenzachse und der Horizontalen eingeschlossen wird) wird bei vorliegender Abweichung nach innen der ermittelte Wert zum proximalen Winkel (Winkel, der von der Kondylen- Achse und der Horizontalen eingeschlossen wird) hinzugezählt, bei einer Abweichung nach außen abgezogen. (vgl. Bouchard et al., 2004, S.1280)
Diese Vorgehensweise beruht auf dem gleichen Schema wie die Messung der Femurtorsion.
Bei diesen ausgewählten CT- Methoden orientieren sich die Bezugspunkte der Messung ausschließlich an der Tibia. Die tibiofibulare Torsion wird in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt.
2.2.2.1 Genauigkeit und Reliabilität der Methode der Computertomographie bei der Winkelmessung der Tibiatorsion
Das computertomographische Verfahren gilt aufgrund der hohen Genauigkeit und guten Reproduzierbarkeit auch bei der Untersuchung der Tibia als „Goldstandard“. Dies betrifft nicht nur die Messungen der Knochendichte oder Frakturklassifikationen, insbesondere auch die Winkelmessung von definierten Achsen. Butler- Manuel et al. (1992, p.125) zeigten in einer Untersuchung, dass der Unterschied zwischen direkter fotografischer Messung am Skelettknochen und computertomographischer Messungen <1° beträgt.
Bouchard et al. (ebda) bestätigten diesen Wert in ihrer Messung mit Varianzen von ±3° bei der Interobservervariabilität der CT’s.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 17: Referenzachsen A, B, C, D zur Messung der Tibiatorsion (vgl. Eckhoff et al., 2004, p. 44)
Da auch bei der Tibia keine exakte Definition der Referenzpunkte zur Konstruktion der Messachsen existiert, hat Eckhoff et al. (1994, p. 44) die Messungen drei unterschiedlich angelegter, proximaler Achsen miteinander verglichen. (siehe folgende Abbildung).
Die Ergebnisse der drei unterschiedlichen Achsen der proximalen Tibia wiesen keine statistische Signifikanz auf.
Zur Ermittlung der Tibiatorsion werden jedoch nicht ausschließlich Bezugspunkte auf der Tibia herangezogen. Reikeras & Hoiseth (1989, p.332) wählten als proximale Achse die Achse entlang der dorsalen Begrenzung der Femurkondylen. Nachdem die Reproduzierbarkeit der Femurachse und der Achse entlang der dorsalen Begrenzung der Tibiakondylen miteinander verglichen wurde, wies die Wahl des Femurs als proximale Referenzachse eine geringere intra- und interpersonale Varianz auf. Eine der möglichen Faktoren begründen die Autoren mit der Hervorhebung der im CT sichtbaren, wesentlich runderen Konturen der Tibia – verglichen mit dem Femur – was die Konstruktion einer definierten Achse erschwert. Da die Femurkondylen als Bezugspunkte herangezogen werden, kann argumentiert werden, dass diese Art der Ermittlung eine indirekte Messung ist. Bei gesunden erwachsenen Personen erlaubt ein gestrecktes Knie keine Rotation im Gelenk, außer es liegt eine Instabilität vor.
Kristiansen, Gunderson, Steen & Reikeras (2001, p. 521) zogen ebenso die dorsale Tangente entlang der Femurkondylen als proximale Referenzachse aufgrund der Ergebnisse ihrer Studie vor. Diese wurde nach dem gleichen Studiendesign wie bei der oben angeführten Autorengruppe durchgeführt.
2.2.2.2 Zusammenfassende Bemerkung zur Reliabilität der Messung der Tibiatorsion
Die Winkelmessung der Tibiatorsion gilt grundsätzlich als sehr verlässlich und in hohem Maße reproduzierbar. (vgl. Bouchard et al., 2004, S.1279; Lampert et al., 2000, S.804)
Auch wenn die Definition der Bezugsachsen zur Ermittlung der Torsion des Femurs und der Tibia nicht immer einheitlich ist, sind – wie verschiedene Untersuchungen zeigen – die intra- und interpersonalen Variabilitäten sehr gering. (vgl. Butler- Manuel et al., 1992, p. 125; Bouchard et al., 2000, S.1283)
Die Konstruktion der Tangente entlang der proximalen Bezugsachse gilt als zuverlässig, reproduzierbar und wird in der Praxis häufig als Referenzachse herangezogen. (siehe Kristiansen et al., 2001, p. 521; Reikeras et al., 1989, p. 332)
Hierbei kommt jedoch das Argument der indirekten Messung zum Tragen, da eine komplette Stabilität des Kniegelenks vorausgesetzt werden muss. Inwieweit dies im Vorfeld überprüft wird, kann zur Diskussion gestellt werden.
2.3 Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung stellt eine wesentliche Basis der Analytik des Rotationsprofils der unteren Extremität dar. Die klinische Evaluation beinhaltet die visuelle Betrachtung der Rotationsstellung der Beine bzw. des Fußes sowie die Untersuchung der Rotationsverhältnisse des Hüftgelenks mit palpatorischer Überprüfung (=ertasten) der Trochanterposition. Die einfach zu erhebenden Befunde liefern schon vor Einsatz jedweder technischer Diagnostik valide Daten als Grundlage zur differenzierten Indikationsstellung weiterer diagnostischer Maßnahmen.
Zur Ermittlung des Ausmaßes der Rotation werden unterschiedliche Techniken angewendet. Die von Ruwe, Gage, Ozonoff, Deluca& Newington (1992, p.822) beschriebene Methode wird sehr häufig genutzt und in weiterer Folge auch beschrieben.
2.3.1 Methode der Klinischen Untersuchung der Antetorsion
Die Genauigkeit der klinischen Überprüfung der femoralen Antetorsion ist statistisch schon mehrfach erhoben worden und wird in der Literatur insgesamt recht hoch eingeschätzt. Insbesondere konnten Ruwe et al. (1992) eine ausreichende Genauigkeit dokumentieren.
Bei dieser Methode liegt der Patient mit gestreckten Hüftgelenken auf dem Bauch, die Knie werden 90° gebeugt. Um die rechte Hüfte zu testen, steht der Untersucher auf der linken Seite. Unter langsam zunehmender Innenrotation der Hüftgelenke aus der Neutralstellung heraus wird die Prominenz des Trochantermassivs unter der Haut ertastet. Diejenige Rotationsstellung, die mit der stärksten lateralen Prominenz des Trochanter major einhergeht, wird als Maß der Antetorsion (Winkel zwischen gebeugtem Unterschenkel und der Vertikalen) interpretiert. (vgl. Ruwe et al., 1992, p. 822 ; Günther et al., 1996, S.296)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.18: Anatomische Schemazeichnung der Antetorsionsbestimmung in Bauchlage (vgl. Ruwe et al., 1992, p. 821)
Abb.18 demonstriert die laterale Position des Trochanter major mit einer Innenrotation der Hüfte.
Um die Genauigkeit der klinischen Untersuchung anderen Untersuchungsverfahren gegenüber zu stellen, verglichen Ruwe et al. (1992) die klinisch ermittelten Daten mit comptertomographischen Messungen sowie mit konventionell radiologischen Messungen der Antetorsionsverhältnisse bei 79 Patienten. Zusätzlich erfolgte jeweils ein Abgleich mit intraoperativ erhobenen Daten.
Die Autorengruppe konnte zeigen, dass eine hohe Korrelation der klinischen Messwerte zu den intraoperativ erhobenen Antetorsionsmessungen besteht.
Günther et al. (1996, S. 299) bestätigten ebenso den hohen Stellenwert der klinischen Bestimmung der Antetorsion, nachdem mittels statistischer Verfahren die Reproduzierbarkeit und Praktikabilität einzelner Techniken miteinander verglichen wurde. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass bei adipösen Patienten eine Schwierigkeit der Trochanter- Palpation besteht, sowie bei Einschränkungen der Innenrotation eine etwas geringere Reproduzierbarkeit der klinischen Untersuchung im Vergleich zu den bildgebenden Verfahren besteht.
Dennoch wird auf den Stellenwert der klinischen Winkelbestimmung verwiesen. Es wird jedoch nahe gelegt, dass zur Planung aufwendiger operativer Eingriffe aus Gründen einer unmissverständlichen Dokumentation und größtmöglicher Genauigkeit auf bildgebende Untersuchungsverfahren zurückgegriffen werden soll.
2.3.2 Methode der klinischen Untersuchung der Tibiatorsion
Die klinische Untersuchung der Tibiatorsion kann auf unterschiedliche Art und Weise ermittelt werden.
Im Orthopädischen Spital in Wien- Speising liegt der Patient am Bauch und das Knie ist 90° flektiert. Der Winkel, der von der queren Kniegelenksachse (Achse durch den Epicondylus medialis und Epicondylus lateralis des Femur) und der transmalleolären Achse (Achse durch den malleolus medialis und den malleolus lateralis) eingeschlossen wird, dient als Maß zur Ermittlung der Tibiatorsion.
Lampert et al.(2000, S.802) beschreiben den Winkel, den die definierte Fußlängsachse (meistens Kalkaneus 2./3. Zehe) und die Oberschenkellängsachse einschließen, als Richtlinie für die Tibiatorsion.
Da auch bei der Winkelmessung der Tibiatorsion die Frage der Reliabilität im Raum steht, wird die Autorengruppe Bouchard et al. (2004, S.1283) erwähnt, die die klinische Bestimmung mit der Computertomographie verglich. Es wird betont, dass der goniometrischen Bestimmung ihr Stellenwert im Erkennen und Abschätzen von Fehlstellungen beigemessen wird. Sie ist aber nicht als exakte Messung des wahren Torsionswinkels zu verstehen.
In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass sämtliche klinische Messverfahren lediglich Näherungswerte ergeben, die zwischen 10° und 15° von der wahren Torsion abweichen und somit allenfalls den Wert einer Schätzung, aber nicht den einer präzisen reproduzierbaren Messung besitzen. (ebda)
2.4 Osteotomie
Torsionsdeformitäten der unteren Extremität heben sich im Laufe des Wachstum und der Entwicklung oftmals auf. Bleibt jedoch eine Rotations- bzw. Torsionsfehlstellung, so wird in den meisten Fällen eine effiziente Therapie in Form einer Korrekturosteotomie durchgeführt. Bei dieser Operationsform wird der Knochen durchtrennt und entsprechend der präoperativen Planung derotiert, um anatomische Fehlstellungen zu beheben.
Um eine Operation zu planen, müssen im Vorfeld einige Faktoren berücksichtigt werden. Savva, Ramesh und Richards (2006, p.190) nennen ein Mindestalter von acht Jahren bei Kindern, um eine Derotationsosteotomie der Tibia durchzuführen. Dies wird von Dodgin, Sewart, Stefko, Wenger und Jih – Yang Ko (1998, p.95) bestätigt. Die Autoren verweisen darauf, dass die Altersgrenze von acht Jahren für derartige Eingriffe allgemein gültig ist.
Liegt eine zusätzliche Fehlstellung vor, sowie neuromuskuläre Ursachen für Rotations- bzw. Torsionsfehlstellung, so muss dies von Seiten der Operateure ebenso berücksichtigt werden.
Bei idiopathischen Fehlstellungen wird eher eine Korrektur vorgenommen als bei PatientInnen mit neuromuskulären Defekten, da bei zweiterem Patientengut häufig erneute Fehlentwicklungen auftreten können.
Bei der Operation an sich wird an der zu operierenden Stelle ein longitudinaler, Hauteinschnitt (=Incision) vorgenommen. Nach der Präparation am Knochen wird die Knochenhaut eingeschnitten. Der Knochen wird mit Spateln umfahren um das umliegende Gewebe zu schützen. Eine transversale Osteotomie wird entweder am Femur, der Tibia und/ oder der Fibula entlang der anatomischen Achse (Achse durch das Zentrum des distalen und proximalen Schafts des Femurs und der Tibia) gemacht. Es gibt drei Methoden der Durchführung der Osteotomie. Entweder erfolgt die Operation
- mittels einer kleinen oszillierenden Säge,
- mittels einer Gigli- Säge oder
- eine Bohrloch und Meissel- Osteotomie.
Die letztere Methode, eine so genannte ‚kalte Osteotomie’ wird am häufigsten gemacht, da sie die beste Regeneration des Knochens aufweist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 19: Schematische Darstellung der Epiphyse, Metaphyse und Diaphyse eines menschlichen Röhrenknochens am Beispiel des Humeru s. (Bearbeitung Grafik nach Plaza, 2005, S. 115)
Die Durchtrennung des Knochens erfolgt an unterschiedlichen Stellen, so genannten Levels. Heute wird beim Femur wie auch bei der Tibia entweder proximal oder distal in der Metaphyse osteotomiert. Zu Beginn der Entwicklung des Operationsverfahrens wurde die diaphysäre Osteotomie empfohlen. Da sich aufgrund schlechter Neubildungen des Knochens eine Operation auf diesem Level als wenig erfolgreich durchsetzte, wird sie heute nicht mehr angewendet (vgl. Savva et al., 2006, p. 192).
Abb. 19 zeigt eine schematische Darstellung der Epiphyse, Metaphyse und Diaphyse eines menschlichen Röhrenknochens am Beispiel des Humerus (Oberarmknochen).
Bei reinen Derotationsosteotomien wird am Femur meist proximal derotiert, um die Kniestreckmuskulatur nicht zu beeinflussen. Bei der Tibia wird aus demselben Grund distal osteotomiert. Bei zusätzlich vorliegenden Valgus- und Varusfehlstellungen im Kniegelenk muss am Femur distal und an der Tibia proximal eine Derotations- Korrektur vorgenommen werden.
Proximal wird ein Einschnitt häufig vorgenommen bei Patienten mit Genu Valgum10 und Genu Varum11 , sowie bei vorliegender Osteoarthritis bei Erwachsenen. Komplikationen treten häufiger auf bei proximalen Osteotomien im Gegensatz zu distalen Osteotomien. (Steel et al., zitiert nach Dodgin et al., 1998, p. 99)
Krengel und Staheli (1992, p.285-289) verglichen die proximale und distale Seite hinsichtlich auftretender Komplikationen. Bei proximal durchgeführten Osteotomien trat in 5% der operierten Fällen eine Lähmung des Nervus Peroneus auf und 13% wiesen gröbere Schwierigkeiten auf. Dagegen verliefen die distal durchgeführten Osteotomien bei allen Patienten reibungslos.
Die operative Korrektur, die sich grundsätzlich in eine Akutkorrektur und eine graduelle Korrektur unterscheidet, kann durch unterschiedliche Methoden fixiert werden. Die Akutkorrektur wird entweder mit Bohrdraht (Kirschner Drähten), einem intramedullärem Nagel oder mit Platten – bzw. Gips fixiert.
In Abb. 20 ist die Fixation eines osteotomierten Femurs mit Nagel und Platte dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 20: Plattenfixation eines osteotomierten Femurs.(vgl. Svenningsen et al., 1989; p.403)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 21: Externer Fixateur (Taylor Spatial
Frame) zur Korrektur von anatomischen Torsionsfehlstellungen (Quelle: Bildmaterial Ganglabor Speising)
Die Fixation der graduellen Korrektur erfolgt mit einem Fixateur extern, wie beispielsweise einem Taylor Spatial Frame. (siehe Abb. 21)
Bei Kindern wird häufiger eine Akutkorrektur vorgenommen, hingegen bei Erwachsenen entscheidet sich der Operateur bzw. die Operateurin meist für eine graduelle Korrektur.
Die Vorteile der Fixateur- externe- Fixation sind in der sofortigen Belastbarkeit und in der schnellen Konsolidationszeit zu finden. (vgl. Lampert, Thomann & Brunner, 2000, S. 805)
2.5 Krankheitsbild und Ursachen von Torsionsfehlstellungen
Die Torsion und Rotation der oberen und unteren Extremität durchläuft bereits im pränatalen Stadion einen ausgedehnten Entwicklungsprozess. Ab der fünften intrauterinen Woche beginnen sich Ansätze der oberen und unteren Extremität zu entwickeln. Nach zirka sieben Wochen resultiert aus dem unterschiedlichen Wachstum des Ektoderms und Endoderms erstmals eine Rotation. Während die obere Extremität nach außen rotiert, findet bei der unteren Extremität eine Innenrotation statt. Im weiteren Verlauf des Rotationsprozesses der unteren Extremität rotiert der Femur nach lateral, bzw. außen und die Tibia dreht nach innen in Richtung medial. (vgl. Guidera et al., 1993, 17pp.)
Nach der einleitend stattgefundenen Rotation beginnt sich ebenso eine Torsion der Extremitäten zu entwickeln. Die ursprünglich negative Torsion des Femurs des menschlichen Embryos verändert sich bis zur Geburt in eine positive femorale Antetorsion von 25- 31°. Die Torsion des Knochens verändert sich im Kindesalter bis zum Abschluss der Reifung der Epiphysenfuge bzw. bis zur vollständigen Ausreifung des Skeletts.
Da bereits im Mutterbauch durch Kräfte wie die Muskelkraft und die durch das Wachstum hervorgerufenen Kräfte eine Rotation und Torsion der Extremitäten ausgelöst wird, ist Staheli (zitiert nach Guidera et al., 1994, p.19) der Meinung, dass sich die meisten Rotations- und Torsionsfehlstellungen bereits vor der Geburt ausformen. Genetisch vorbestimmte Abnormalitäten verstärken sich durch die im Uterus komprimiert auftretenden Kräfte. Nach der Geburt nimmt das Fortschreiten der Fehlstellung ab, da keine so prägende Krafteinwirkung mehr gegeben ist. Laut Eckhoff (1994, p. 409) kann die pathologische Torsion einerseits aus einer von der Norm abweichenden Entwicklung vor der Geburt, aber auch nach der Geburt entstehen, wobei die genetische Disposition eine wichtige Rolle spielen kann. Fraser und Menelaus (1993, 495pp.) führen pathologische Torsionsfehlstellungen des Femurs und der Tibia auf neuromuskuläre Krankheiten wie halbseitige Lähmung (pränatal) und Polio (postnatal) zurück.
Für die genaue Ursache von Fehlentwicklungen gibt es mehrere Ansätze, wenngleich kongenitale Abnormalitäten hauptsächlich auf Störungen in der pränatalen Periode und der ersten Zeit nach der Geburt zurückgeführt werden. (vgl. Katz, Naor, Merlob & Wielunsky, 1990, p. 483; Tonnis & Heinecke, 1990, p. 3; Eckhoff, 1994, p. 409)
Neben strukturellen Deformitäten können auch einwirkende Muskelkräfte sowie zusätzliche Pathologien die so genannten dynamischen Deformitäten auslösen, deren Entwicklung im Kindesalter zum Tragen kommt. Lampert (2000, S. 805) führt die Ursache von Unterschenkelrotationsfehlern (innen oder außen) hauptsächlich auf Spastizität12 , Myeolomeningocele13 und fehlverheilte Frakturen14 zurück. Außenrotationsfehler treten häufiger auf als Innenrotationsfehler und werden hervorgerufen durch idiopathische Ursachen, sekundär zu vermehrter Femur- Antetorsion, Kontraktur15 des iliotibialen Bandes und Ursachen wie Fibulaaplasie zurückgeführt. Innenrotationsfehler entstehen durch Genu Varum (inklusive Rachitis), Kongenitalen Metatarsus varus16 , Hypoplasie17 der Tibia und Morbus Blount18.
Die Ätiologie19 von Rotations- und Torsionsfehlstellungen der unteren Extremität ist vielschichtig und von unterschiedlichen Ansätzen geprägt. Die Ursachen können zusammengefasst auf kongenitale, entwicklungsbedingte, pathologische und traumatische Ursprünge zurückgeführt werden.
[...]
1 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
2 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
3 vgl.: http://www.massgeneral.org, Zugriff am 14.11.2006
4 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
5 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
6 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
7 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
8 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
9 vgl.: http://www.univie.ac.at/cga/faq/torsion.html, Zugriff am 10.11.2006
10 Genu Valgus= X - Beine
11 Genu Varus= O - Beine
12 Spastizität= unwillkürliche Muskelzukungen
13 Meyeolomeningocele= Neuralrohrfehlbildung
14 Fraktur= Knochenbruch
15 Kontraktur= dauerhafte Verkürzung von Sehnen, Muskeln, Bändern, Gelenken
16 Knongenitalen Metatarsus varus= angeborene O- Beine
17 Hypoplasie= Abnahme der Zellzahl
18 Morbus Blount= aseptische Knochennekros
19 Ätiologie= Lehre von den Krankheitsursachen
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